Meine Begegnungen mit der Geheimen Staatspolizei

Wilhelm Busch erzählt von seinen Erfahrungen im 3. Reich
Wilhelm Busch
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Serie | 2 Teile

Meine Begegnungen mit der Geheimen Staatspolizei (Gestapo)

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Eine Abschrift nach einem Vortrag von Wilhelm Busch

Einführung des Autors:

Kürzlich schrieb Pfarrer Busch, ob junge Leute von heute, sich überhaupt noch für Geschichten aus dem Dritten Reich interessieren würden. Ob er nicht viel mehr andere Dinge aus seinem Leben erzähle, denn es sei auch außerhalb des Dritten Reichs so einiges bei ihm passiert. Wir sind beim Thema geblieben. Weil Vergangenheit nur dann bewältigt ist, wenn man an sie tippen kann, ohne zusammenzuzucken und gleich in Abwehrstellung zu gehen.

Hinter all dem Terror und den Schikanen, von denen wir hören werden, stammt eine geistige Auseinandersetzung.

Lassen Sie mich das an einem Gedicht deutlich zu machen versuchen, was von einem Mann stammt, der jetzt noch in Spanndau inhaftiert ist; ich meine den früheren Reichsjugendführer, Baldur von Schirach. In folgenden Zeilen himmelt er Adolf Hitler an:

“Wir hörten oftmals, deine Stimme klang,
und lauschten stumm, und falteten die Hände;
da jedes Wort in unsere Seele drang.
Wir wissen alle, einmal kommt das Ende,
das uns befreien wird, aus Not und Zwang.
Was ist ein Jahr der Zeitenwende,
was ist da ein Gesetz, das hemmen will?
Der reine Glaube, den du uns gegeben,
durch Punkt bestimmend, unser junges Leben
Mein Führer, du allein, bist Weg und Ziel.”

Als ich das meinem dreizehnjährigen mittleren Jungen heute Abend vorlas: “Du, wer ist da wohl gemeint?”, da antwortete der: “Der Herr Christus.” Diejenigen, die im Führer, wie es eben hieß, Weg und Ziel sahen, mussten diejenigen hassen, die Jesus Christus als Weg und Ziel erfuhren. - Davon werden wir hören.

Meine Begegnung mit der geheimen Staatspolizei

Also ehe ich zum Eigentlichen komme, muss ich zwei ziemlich ausführliche Vorbemerkungen machen. Ich darf Ihnen sagen, dass ich diese Zeit, das Dritte Reich, bewusst als Christ erlebt habe. Das Wort Christ sagt Ihnen nicht viel. Da kann man alles drunter verstehen, nicht?! Was man nicht definieren kann, das sieht man heute als Christlich an.

Erste Vorbemerkung

Irgendwann in meinem Leben, als ich ein junger Mann war, bin ich auf Jesus gestoßen. Wie wenn man mit dem Auto gegen eine Mauer fährt. So, dass ich nicht mehr ausweichen konnte. Und der, der am Kreuz für die Welt gestorben ist, der wurde mein Herr. Und das verändert das Leben so vollständig, dass man geschieden ist von denen, die ihn nicht kennen.

Ich habe das Leben damals, genau wie jetzt, erlebt als Jünger Jesu Christi. Das wird meine ganzen Ausführungen bestimmen. Und ich fühl mich verpflichtet, Ihnen das von vornherein zu sagen. Es ist heute bisschen üblich geworden, dass man mit irgendeinem Thema anfängt, und dann so heimlich am Schluss mit dem Christentum erscheint. Ich habe das nicht so gern. Darum leg ich’s zum vornherein auf den Tisch. Ich bin Jesusjünger, und wünschte Sie würden es alle. - Ist das klar?! - Danke!

Zweite Vorbemerkung

Und die zweite Vorbemerkung: Es ist die große Gefahr, dass wenn man von sich selber und seinen Erlebnissen erzählt, dass es so ein bischen rauskommt, - na wie ne Rechtfertigung. Ich hab mich einigermaßen anständig durchgebracht. - So. Und darum muss ich hier was dazu sagen: Ist Ihnen Rolf Hochhuth ein Begriff? - Ich hoff es. Wenn’s keiner ist, der schweige beschämt. Das ist also ein junger Lektor, der ein Schauspiel geschrieben hat: Der Stellvertreter. Mit dem Stellvertreter ist der Papst gemeint. Dieses Schauspiel behandelt ein großes Thema, nämlich dies: Die Kirche hat geschwiegen, als vor ihren Augen Juden abtransportiert wurden, nach Ausschwitz.

Der letzte Akt spielt grauenvoll in Auschwitz, an den Verbrennungsöfen; - Feuer, Verbrennungsöfen belodern den ganzen fünften Akt. - Und der Papst wusste davon. Er konnte aus dem Fenster sehen und sehen, wie die Leute verhaftet wurden; die Juden.

Die katholische Kirche, das wissen Sie, das war glaub ich in Stuttgart, hat gegen diese Aufführung demonstriert. Ich bedaure das aufs tiefste. Das muss die un-intelligente Schicht des Katholizismus gewesen sein. Denn es ist ganz offenbar, dass Hochhuth sagen will: Nicht bloß der Papst, sondern ihr Kirchen, habt geschwiegen, als die Juden vor euren Augen abtransportiert wurden, nach Auschwitz, in die Verbrennungsöfen.

Und als einer, der die Zeit miterlebt hat kann ich hier nur sagen, diese Anklage Ihrer Generation gegen uns, ist richtig. Und dass man demonstriert dagegen hielt ich für viel richtiger, wenn auch die Kirchen sagten: Jawohl, wir haben schrecklich versagt. Wenn ich geschrieben hätte, wie ich heute weiß, ich hätte schreien sollen, stände ich nicht hier, sondern werde in Plötzensee hingerichtet. Und wenn jemand meiner Generation sagt, sie haben nichts gewusst und ich bin unschuldig daran: Dann glauben Sie ihm das nicht!!! - Hier ist eine Schuld meiner Generation, verstehen Sie. - Wir waren beschäftigt, unsere kleinen Aufgaben zu retten. Wir waren so im Getümmel des Tages, dass wir nicht wussten wie wir es tun sollen.

Gewiss, wir haben - das hat der Papst auch getan - da und dort Juden gerettet, und versteckt. Wie schwierig das war, das mag Ihnen ein kleines Beispiel zeigen.

Sie müssen den Augenarzt rausholen!

Ein Augenarzt in Essen, der sollte nach Amerika, aber zuerst noch in die Schweiz. Und da war immer so ein Hickhack, mit den Stellen, ob man ein Vermögen mitnehmen kann. Sie wollten ihn ohne Geld nicht reinlassen, in die Schweiz. Und da war ich damals in der Schweiz, und rief vom Zürcher Hauptbahnhof aus, von der öffentliche Fernsprechstelle, diese Vermittlungsstelle, die Juden rauslotzte, in Zürich Oerlikon (ein Vorort) an und sagte: “Sie müssen Doktor Elsberg umgehend rausholen! Der ist in allerhöchster Gefahr; auch wenn er sein Vermögen nicht mitkriegt.”

Es ist gelungen. Aber ein halbes Jahr später hat die Staatspolizei mir wörtlich dieses Gespräch auf den Tisch gelegt. Dass ich in Zürich in der Schweiz von der öffentlichen Fernsprechstelle, mit dieser Judenvermittlungsstelle in Oerlikon geführt habe. Die haben mir in der Schweiz das Telefon abgehört. - Das ist natürlich schwierig. - Natürlich haben wir da und dort was getan. Aber, wir haben nicht geschrien wie wir hätten schreien sollen: Hier ist millionenfacher Mord. - Das ist ne Schuld, verstehen Sie? Und das möchte ich ganz offen sagen.

Und wenn ich von meinen kleinen Erlebnissen erzähle, dann ist das wie ne Klammer wo das Minuszeichen davorsteht! Wie ein Mensch meiner Generation leben kann, ohne Vergebung der Sünden, ist mir rätselhaft. Und ich sage Ihnen genauso: Wie ein Mensch ihrer Generation leben kann ohne Vergebung der Sünden, ist mir genauso rätselhaft.

Denn Schuld ist immer Schuld, vor Gott, nicht vor dem Gericht, wissen Sie.

Das Klubhaus

Und nun komm ich zum Eigentlichen. Also meine Begegnung mit der Staatspolizei. Ich kam natürlich in lebhafte Berührung mit der Geheimen Staatspolizei, weil ich Jugendpfarrer in Essen war. Ich hatte ein großes Klubhaus, in dem hunderte von jungen Burschen zwischen 14 und 20 Jahren sich sammelten. Das steht, wieder aufgebaut, und die Arbeite blüht heute noch in Essen. Heißt nach dem eigentlichen Gründer der Arbeit: Weiglehaus. Direkt beim Essener Hauptbahnhof kommen Sie mal nach Essen und besuchen das Weiglehaus. Sonntagnachmittgas waren da sieben- bis achthundert junge Burschen, sechzehn bis achtzehn Jahre alt - die kamen unter Gottes Wort. Das gab es ein großes Rahmen-Programm, aber es gab keinen, der nicht in den ersten drei Minuten erfuhr, dass wir überzeugt sind, dass ein Leben ohne Jesus kein Leben ist, sondern Tod!

Und das war natürlich ärgerlich, so ne Arbeit. Die Nazis sagten: Und wenn so ein Pfarrer einen Mütterchenverein hat, dann lasst ihn! Das stirbt aus! Aber hier: Hunderte von jungen Burchen, das war eine schlechte Sache.

Die Partei hat immer Recht

Und da, schon im ersten Jahr, als wir mit der Staatspolizei noch gar nichts zu tun hatten, gab es schon gefährliche Reibungen zwischen meiner Arbeit und der Partei. Trotzdem eigentlich also, wir waren noch erlaubt - wissen Sie -es gab keinen Grund für Reibung aber, sie waren da. Woran entstanden sie? Sie entstanden an der Grundfrage der damaligen Zeit. Nun passen Sie gut auf!

Wer hat eigentlich über unser Gewissen zu verfügen? ie jungen Burschen, die in mein Weiglehaus kamen, in das Jugendhaus, die wahren gelehrt, dass unser Gewissen, gebunden werden muss ans Wort Gottes.

Luther sagte auf dem Reichstag zu Worms: “Mein Gewissen ist gefangen in Gottes Wort.” Lassen Sie es mir etwas ausführlicher erklären. Sie haben alle ein Gewissen, jeder. Das heißt, wir wissen alle es gibt Gut und Böse. - Aber wer bestimmt denn was Gut und was Böse ist? Nach welchem Herrn richten Sie sich denn? Wer verfügt denn über Ihr Gewissen? - Die öffentliche Meinung? - Oder Ihre Arbeitskollegen? Etwa, in sexuellen Fragen, ja? - Oder im Umgang mit Geld. - Oder mit der Wahrheit? Mit Lügen? - Wer hat da ihnen zu sagen was Gut und was Böse ist?

Luther sagt: “Mein Gewissen ist gefangen in Gottes Wort.” - Meine jungen Kerls haben gelernt, dass der Herr Jesus über das Gewissen verfügen muss.

Und nun kam der Staat mit der Partei, der Nazi-Partei, und sagten: Wir sagen was Gut und was Böse ist. Verstehen Sie, gleich von Anfang an war hier der Griff ins Innerste des Menschen. Begreifen Sie das? Ins Innerste des Menschen. Die Partei bestimmt was gut ist. Das gibt ganz praktisch Reibungen. Meine jungen Burschen gingen Sonntag Morgens in die Kirche. Denn es ist ein Gebot: Du sollst den Feiertag heiligen. Ich hab ihnen gesagt, ihr braucht nicht in meinen Jugendkreis kommen, das ist kein Gebot Gottes. Aber ob ihr in die Kirche geht oder nicht, das ist Gebot Gottes. Und dann gingen sie.

Nun setzte die Schule morgens um etwa acht Uhr ein Marsch an mit der Hitlerjugend. Da standen die jungen Burschen, und erklärten: Pardon, wir gehen in die Kirche.

Es hat mich damals ungemein gepackt wie meine jungen Kerle an solchen ganz kleinen Fragen schon begriffen man muss von Anfang an Gott gehorsam sein.

Das Tischgebet im Schullandheim

Oder etwa im Schullandheim, da übernahm die Hitlerjugend sofort die äußere Gestaltung. Da gab es ein Tischgebet das hieß so: “Lieber Herr Jesus, bleib uns fern, wir essen ohne dich ganz gern. Amen.” Das war das Tischgebet der Hitlerjugend. Dann…. was macht man jetzt? Dann standen da und dort meine jungen Burschen auf und sagten: “Erlaubt, wir kommen nach diesem Tischgebet. Wir hören diese Lästerung nicht an.”

Es kam sofort an solchen kleinen Stellen zum Konflikt. Ich könnte Ihnen also hundert solche Dinge erzählen, aber das würde zu lange aufhalten.

Leben ohne Gott?

Sind wir eigentlich aus der Situation heraus, liebes junges Volk? Kommen wir eigentlich im ganzen Leben nicht permanent, in die Situation, dass hier ein Gebot Gottes steht und da die öffentliche Meinung oder der Zeitgeist? - Wem wollen Sie Ihr Gewissen anvertrauen? Sagen Sie das, dafür müssen Sie klar sein, sehen Sie, darum sage ich: Wie kann ein Mensch leben ohne Gott?

Ich weiss, dass Gott sehr unerkennbar ist. Aber er hat den Himmel zerrissen und ist in Jesus zu uns gekommen. Dieser Jesus ist die größte Dynamis, die größte Gewalt dieser Erde. Er ist am Kreuz für uns gestorben. Und er ist von den Toten auferstanden. Er ist unter uns. - Dem hab ich mein Gewissen gegeben. Der darf mich beherrschen. Sie müssen sich entscheiden, wen Sie über Ihr Gewissen entscheiden lassen.

Sie müssen entscheiden, wen Sie über Ihr Gewissen entscheiden lassen.

Und das gab also die ersten großen Konflikte: die Frage nach dem Gewissen. Und sehen Sie, das zweite, was wir im ersten Jahre lernten, wie unvorbereitet wir auf eine solche Zeit waren. Wie hilflos wir selber waren, was eigentlich zu tun ist. Das war also das erste Jahr noch die Hilflosigkeit.

Alles in Ordnung?

Ich will hier einfach erzählen von den Jugendfreizeiten im ersten Jahr. Es war unklar zum Beispiel: Dürfen wir unsere Bibelfreizeiten machen oder nicht? Natürlich legten wir es an, um nicht zu arg an die Öffentlichkeit zu gehen. Ich schickte zwei Mann los. Und die fanden im Fichtelgebirge einen einsamen Berg in tausend Meter Höhe. Da konnten wir so ein paar Zelte aufschlagen mit vierzig oder fünfzig Schülern der achten und neunten Klasse.

Und wir wir nun da ankommen, da hören wir, in der Nähe ist ein großes Hitlerjugendlager. Das war natürlich peinlich, denn die machten sich immer eine Ehre draus, uns Schwierigkeiten zu machen. Und die Polizeit war ängstlich genug, ihnen zu helfen. Da brachen wir unsere Zelte ab, und wohnten in einer kleinen Scheune.

In dieser Höhe war nämlich so eine Baude - eine Baude nennt man das da oben, so ein Gasthaus. Und da hatten sie so einen Wirt reingesetzt vor der Machtergreifung. Und der hatte in irgend so einer Saalschlacht ein Bier auf den Kopf bekommen, und da hatte er so einige Zellen zerstört und war nicht so hundertprozentig dabei. Und der war also Wirt da oben, ein Bursche, so ein Ur-Bayer. Und wir haben uns also sehr angefreundet. “P-Pastor B-Busch, wenn ihnen einer was tun will, ich bin alter Kämpfer.” sagte er zu mir.

Der Gendarm

Ja, und dann tat uns einer was. Eines Tages kommt einer schreckensbleich gesaust und sagt: “Ein Gendarm ist da. Sie sollen sofort ins Gasthaus rüberkommen!” Ich - das war selbstverständlich, dass es erste Anordung war, ihr habt jetzt eine Gebetsgemeinschaft, während ich da rübergehe. Und während meine Jungs sich da hinter die Scheune ins Gras hockten und mit Jesus redeten, wir rechnen damit, dass er lebt - und ich ging nun da hin.

Der Gendarm war schweißtriefend vom Tal raufgestiegen. Ich bestell also gleich ein Kaffee; der Wirt, der alte Kämpfer, hatte so gute Heidelbeerpfannkuchen … - und ich bestellte mal für den Gendarm einen mit. Dann endlich kamen wir zum Punkt. “Was haben sie auf dem Herzen?”

Und da zieht er ein Brief raus von der Geheimen Staatspolizei. - Das Lager ist umgehend aufzulösen. Pfarrer Busch hat sich morgen früh, auf dem Landratsamt (da war so eine Stelle eingerichtet) in Wunsiedel zu melden. Ich wurde bleich. Ich ging zu meinen Leuten zurück.

Habt ihr gebetet?

Ich habe sie gefragt: “Habt ihr gebetet? Ja, Pastor! Wir rechnen damit, dass unser Herr uns hört. Nun, damit rechnete ich ja auch …

Am nächsten Morgen machte ich mich auf ins Tal, runter aus 1000 Metern Höhe. Wie ich ging, stand auf einmal mein Freund mit seinem Gamsbart auf dem Hut da, mein alter Kämpfer, und sagt: “Ich geh mit!” Wissen sie, wenn sie bei den Behörden sind, dann geh ich in den Kneipen rum, da sitzen all die alten Kämpfer, und dann erzähl ich denen mal, was los ist. Und dann gingen wir beide also runter, und an der Bahnstation war so ein Wirtshaus. Wir fragen, wo wir die Fahrkarten kriegten, die Frau war in der Waschküche, und sagte: “Sie sind im Küchenschrank, da ist ne Kasse, tun sie das Geld rein, die Fahrkarten liegen daneben.”

Na, und so kommt man zu Fahrkarten, und so fuhren wir mit dem Bähnchen nach Wunsiedel. Und dann also trennen wir uns, er ging also die alten Kämpfer aufsuchen, um Stimmung zu machen; und ich stand nicht der Gestapo gegenüber, sondern einem jungen Landrat. Einem Preußen, der in dieses Bayrische Städtchen da reinpasste wie der Schnee zum Winterspiel nach Engst.

Da fuhr der auf mich los: “Wie können Sie eine solche Freizeit machen?!” Ich sag: “Das ist nicht verboten.” - “Also, ich diskutiere mit ihnen nicht; es gibt eine Anordung von München, das Lager ist umgehend aufgelöst!” -

“Schräg!” sag ich. “Darf ich ihnen noch was erklären?” - “Ja, aber schnell!” - Ich sag: “Ganz schnell! Wir sind mit dem Omnibus gekommen und fahren mit dem Omnibus zurück. Der Omnibus ist bereits bezahlt. Der kommt in 14 Tagen. Wie ich die Jungen jetzt nach Hause befördern soll, ist mir rätselhaft, ich hab weder Geld noch Möglichkeiten, das Lager aufzulösen! Jetzt schick ich ihnen morgen die 50 Burschen runter, Herr Landrat, dass sie Geld haben, dass sie sie heimspendieren und Mittel, sie zu verpflegen.” “Ja, aber hören Sie, die wollen sie einfach hierher schicken?” - “Ja was soll ich denn sonst tun?” - “Ja aber, wie geht das zu?” “Ja die erscheinen hier, brüllen vor Hunger. - Und Sie werden für Essen sorgen! Vielleicht singen sie noch einige unserer geistlichen Lieder; die werden Sie schon in Bewegung bringen!”

Ich seh’ den Mann noch da stehen, sagt er: “So geht das doch nicht!” Ich sage: “Natürlich geht’s so nicht, wer hat denn behauptet, dass es so ginge, Sie doch nicht, ich!” - “Ja, also da muss ich in München rückfragen.” …

Ich sollte also noch nichts tun, ich kriegte also Nachricht. “Die Sache ist also nicht aufgelöst?” - “Nein, warten Sie die Nachricht ab!” - Ok. Ich fischte meinen Halodrie wieder auf und fuhr zurück. Und wir gingen ins Lager zurück. Die empfingen mich da mit Freude, weil wir damit ja schon wieder einen Tag gewonnen hatten.

Es war herrlich, am nächsten Morgen, die Bibelarbeit unter Tannen! Die Sonne schien in 1000m Höhe. Das war ein Geschenk! Und hier wurde das Wort von diesem Sohne Gottes gesagt, der Sünder errettet. In so einer Umgebung bekommt das Wort Gottes so eine ganz neue Herrlichkeit und Gewalt.

An dem Tag passierte nix, wir hatten also noch mal einen Morgen mit einer herrlichen Bibelarbeit. Und dann kommt einer gesaust: Der Gendarm ist da!

Na, ich bestell wieder Heidelbeerpfannkuchen, bestelle Kaffee. Und, dann zieht er einen Brief raus. Ich habe innerlich zu Gott geschrien, jetzt gib, dass ich die Nerven nicht verliere. Denn Sie müssen verstehen, man ist ja sehr, sehr einsam, in der ganzen Geschichte, nicht? - Und da stand drin: “Es bleibt bei der Verfügung, dass das Lager aufgelöst ist. Aber sie bekommen 14 Tage Zeit, das Lager abzubrechen. Wenn am so und sovielten noch ein Junge gesichtet wird, dann…”

Wir machten fröhlich unser Lager, schlugen die Zelte auf, zogen an jedem Tag wieder ein Zeltpfosten raus, und so… 14 Tage lang. - Aber, wissen Sie, das Schöne war dann doch, dass der Gendarm sagte: “Jetzt freu ich mich für Sie, dass das so gekommen ist.” - Ich sagte: “Ich nehme an, Sie sind katholisch. Interessiert Sie, was ein evangelischer Pfarrer tut?” Da sagt er: “Ich möchte eigentlich gern mal mit ihnen sprechen!” - “Oh?!” - sag ich, “schön!” Heidelbeerpfannkuchen her. Und dann legt er los - und ich war erschüttert.

Da sagt er: “Ich hab neulich eine evangelische Beerdigung mitgemacht. Und da sangen sie ein Lied. Und da kommt am Ende jeder Strophe vor:

Mein Gott, mein Gott,
ich bitt durch Christi Blut
mach’s nur mit meinem Ende gut.

Pastor Busch, wissen Sie: wir müssen ja mal sterben; das geht mir auf meinen Gängen dauernd durch den Kopf. ‘Mein Gott, ich bitt durch Christi Blut, mach’s am Ende gut.’ Ich versteh’ es aber nicht. Was hat das Blut Jesu dabei zu tun?” Und dann hab ich ihm gesagt: “Sie sterben und sie stehen vor Gott. Und entweder nehmen sie all ihre Sünden mit, auch die, die sie geleugnet haben. Und es ist schrecklich, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. Das steht im Neuen Testament. - Oder sie finden zu dem, der uns in Vollmacht sagen kann: Dir sind deine Sünden vergeben. Zu Jesus, der das sagen kann weil er für uns am Kreuz bezahlt hat. Ich kann ihnen sagen, ich gehöre diesem Jesus!”

Und dann sprachen wir miteinander. Das schönste Ende kam, nach 5 Tagen kommt ein Junge angesaust und sagt: “Der Schutzmann ist wieder da mit einem hohen HJ-Führer!” - “Och,” sagten wir, “jetzt fängt die Hitlerjugend wieder an. Die alte Geschichte.”

Ich werde geholt, ich komme rüber, Heidelbeerpfannkuchen, Kaffee. Der HJ-Führer sagt “Heil Hitler!” - Und dann haut es mich beinahe vom Stuhl als der Schutzmann sagt: “Das ist mein Sohn. Und der ist hoher HJ-Führer. Und der hat heute mehr zu sagen als ich. Und außerdem ist er ganz gottlos geworden. Und darum klappt es zu Hause nicht mehr. Er ist derartig frech seiner Mutter. Wenn er auch mehr zu sagen hat, aber zu Hause habe ich mehr zu sagen! Und es klappt nicht mehr.”

Und da hab ich ihm gesagt: “Mein Junge; da oben am Berg ist ein Pastor, der sagt uns, wie alles in Ordung kommt. Wir gehen mal hin. Pastor Busch, erzählen sie mal dem dasselbe, was sie mir erzählt haben, von Jesus!”

Keine Rede davon, das Lager aufzulösen. Vor mir steht ein armer Mensch mit dieser einen Frage: “Wie werde ich frei?” Und wissen Sie, es ging mir damals auf, was ich bei der Staatspolizei immer wieder merkte: was der Mensch auch ist, oder was er markiert, hier dreht sich ein friedenloses Herz das nach Frieden schreit! Hier ist ein Herz, das weiß, es ist soviel Schmutz und Schuld da. Und es stellt sich die Frage: Wie werde ich frei? Wie komme ich ans Licht? Hier ist ein Herz, das schreit nach Jesus! - Das hab ich immer mehr gelernt. Ich habe gelernt, dass der Mensch von heute genau wie vor 2000 Jahren ein armer Mensch ist ohne Gott. Der nichts nötiger braucht als, den Heiland, den Sohn Gottes, der den Frieden mit Gott schenkt.

Ich fragte dann den Jungen: “Klappt’s nicht zu Hause?” “Nein.” “Bist du wie du sein sollst?” “Nein.” - Ich nannte ihn einfach ‘du’. Ich sagte: “Du brauchst ein neues Leben!” “Brauch ich - wie geht das zu?” Und dann erzähl ich eine Stunde lang von Jesus. Dann rief ich meine Burschen rein, dann sangen wir ihnen Lieder vor. “Ha!”, sagt der junge Gebietsführer, “wenn wir sowas hier hätten!” Sehen Sie, ich wurde froh am Evangelium. Ich armer Hund da oben. Verjagt und rechtlos, nicht? Ich wurde froh am Evangelium.

Die offene Tür

Aber dann wurde es ernster. Das war das erste Jahr, wo all das noch im Aufbau war. Die Staatspolizei war aufgebaut. Und dann fing die Zeit an, wo wir nicht mehr diskutierten und nicht mehr durch Lücken schlupfen konnten, wo man einfach um des Gewissens willen, ohne Verein und alles, um Gottes Wort zusammen kam. - Und wo dann immer wieder mich die starke Hand traf und ins Gefängnis warf.

Und jetzt muss ich Ihnen davon noch ein wenig erzählen. Ich erzähle Ihnen ein aufwühlendes Erlebnis: meine erste Verhaftung. Das war in Darmstadt. Wir hatten damals eine evangelische Woche eingerichtet. Etwa zugleich in Darmstadt, Kassel und Mannheim. In Mannheim sprach ich über Liebe und Ehre in der evangelischen Jugenderziehung . Da war die riesige Christuskirche in Mannheim, mit 3000 Plätzen rammelvoll - nachmittags um zwei!

Das war Auseinandersetzung, Geisteskämpfe, wobei wir immer mit dem Leben spielten; denn sie konnten bei jedem Satz sagen: “Die haben die offizielle Weltanschauung der Partei angegriffen.”

Ich hatte in Mannheim gesprochen und fahre gegen Abend nach Darmstadt; ein Freund holt mich im Auto ab, und sagt: “Mein lieber Wilhelm,” (so heiß ich nämlich - ich bin aus der Zeit, wo der Kaiser Wilhelm noch regierte) “ Also die Pauluskirche die ist voll; aber die Staatspolizei, und die Uniformierte Polizei hat sämtliche Türen besetzt, um dich festzunehmen, um dich zu hindern, zu reden. Ich setzt dich in der Seitenstraße ab. Du musst alleine sehen, wie du reinkommst.”

Ich warte den ganzen Abend auf dich in der Seitenstraße. Und dann setzt er mich ab, und sagt “Ich bleibe hier stehen, falls du abhauen musst. Jetzt sieh, wie du weiter kommst.” Und dann geh ich die Straße entlang, komm auf den großen freien Platz, die große Pauluskirche, furchtbar viel Menschen, wilde Aufregung und in den Kirchtüren, den erleuchteten (es war draußen schon dunkel), da stand Staatspolizei, die erkannte man an ihren Gesichtern. Das war eine Mischung von Spießbürgern und Bulldoggen. Und uniformierte Polizei - die kontrollierten jeden, der noch rein wollte. Da war mir klar, da kann ich nicht rein. Draußen hatte sich das neugierige Volk gesammelt und ich stand unter dem Volk und sah zu, wie sie mich da suchten.

Da sah ich, hier komm ich nicht durch; ich wollte doch meine Predigt halten. Und, nun sah ich mir das Gelände an. Da war die Kirche und neben der Kirche war ein Gitter, dahinter war so ein stiller Hof. Und, der Hof wurde am andern Ende abgeschlossen, mitten im Pfarrhaus. Da sah man das Pfarrhaus, das Gitter war vor dem Pfarrhaus, und dieser Hof. Und der Eingang im Pfarrhaus ging in eine Nebenstraße.

Wie ich mir das Gel nde so ankuckte, so als alter Offizier aus dem ersten Weltkrieg, da sagte ich mir: Die einzige Möglichkeit, hier reinzukommen ist durch den Hof, der ist nicht bewacht. Ich gehe um die Ecke, da ist das Pfarrhaus dunkel, die Haustür steht offen. - Ist das nun ne Falle, stehen die drinnen und warten, dass ich komme? Oder hat der Pfarrer mir die Tür öffnen wollen? - Können Sie sich vorstellen, wie man mutterseelenallein in diesem ganzen Betrieb da steht vor der offenen Tür? Soll ich durch oder nicht? - Ach wissen Sie, man sagt der Mensch heute ist sehr einsam, ich glaub es. Aber so eine Einsamkeit wie in diesem Augenblick habe ich selten gespürt. Völlig preisgegeben.

Und ich kanns nur so bezeugen, in dem Augenblick wo ich diese grauenvolle Einsamkeit erlebte, da war mir, als ob ich greifbar spürte: ER ist neben mir! Jesus hat gesagt: “Ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.”

Ich wurde so glücklich, das kann ich ihnen gar nicht sagen. ER hat mich erkauft, ER hat sein Blut bezahlt, ER lebt, ist bei mir. Ich bin auf der Seite des Siegers. Ich möchte ihnen nochmals sagen: Schieben Sie es nicht so lange auf, Christ zu werden. Ihr Leben kommt auch in solche Krisensituationen. Da muss man’s haben! Verstehen Sie?! Da muss man’s haben! Da kann man’s nicht ersuchen.

Und dann ging ich da hinein, in dieses dunkle Pfarrhaus. Und dann packt mich jemand am Arm und flüstert: “Kommen Sie mit!” War das die Staatspolizei? Führt mich eine Kellertreppe runter, ich stolpere so halb. Durch den Keller, durch die Türe durch den Heizungskeller, ich merke, ich bin im Heizungskeller der Kirche, das war offenbar unter dem Hof - es war stockdunkel! Und der Mann, der mich führt, macht mir eine Taschenlampe an, zeigt auf eine kleine Wendeltreppe und sagt: “Gehen Sie da rauf!”

Ich geh rauf und bin auf einmal in der Kirche. Rammelvoll. Ich wusste nicht, wer der Mann war. Denn ich bin so rausgekommen ohne ihn zu treffen; und habe erst nach ein paar Jahren beim Kirchentag erfahren wer es war. Da steht dort Generalsekretär der Ökumene Visser’t Hooft, ein bekannter Mann, und sagt: “Bruder Busch, sie sind mein Kirchenkampf Erlebnis!” Ich sag: “Wieso?” “Ja, ich war der Mann in Darmstadt! Ich war gekommen, um ein wenig mitzukriegen, und hab dem Pfarrer gesagt: ‘Wenn der Busch klug ist, kommt er hier rein!’ - Aber sie dürfen ihn nicht reinlotsen, sonst werden sie verhaftet! Gehen sie mit ihrer Familie ab und lassen mich als Ausländer das machen!”

Ausländer konnten mehr riskieren, nicht? Das erfuhr ich erst nach Jahren. Und nun war ich in der Kirche. Ich ging nach vorne. Ich hatte einen hellen Regenmantel, den warf ich dem erstbesten Besucher in den Arm und stieg auf die Kanzel. Von der Kanzel holt sie nie jemand runter …

Mein Thema war: Jesus Christus der Herr. Seitdem ich in das Pfarrhaus gegangen war, war eine Ruhe über mich gekommen. Da stand die uniformierte Polizei und andere und wollten mich kriegen und ich stand oben und konnte nur sagen: “Lassen sie jetzt mal alle Unruhe sein, wir wollen jetzt vom herrlichsten reden, was es gibt. Von dem, der aus der ewigen Welt zu uns gekommen ist als Heiland, von Jesus!”

Es waren Lautsprecher außerhalb der Kirche aufgestellt, weil die Kirche von vornherein nicht reichte. Und die Staatspolizei hatte furchtbar viel zu tun, das schleunigst abzuschneiden, dass wenigstens draußen die Leute diese schreckliche Botschaft nicht hören. Und dann hab ich eine Stunde gesprochen. Mein Generalthema war eigentlich nur dieser Liedervers:

Wüssten’s doch die Leute wie’s beim Heiland ist, sicher würde mancher heute noch ein Christ!

Gott gab mir eine Fröhlichkeit, dass ich nur einfach zeigen konnte, was es heißt, dass der Mann von Golgatha, Ströme von Vergebung und Gnade in mein Leben gibt. Dass ich mit dem Auferstandenen leben kann; das ist was wundervolles, nicht?!

Ich bin dann runter, hab wieder mein Mantel gepackt. Die Leute haben schnell geschaltet - sofort waren 20 um mich rum, die Polizei kam angerannt: “Wo ist Pfarrer Busch?!” Und da mussten sie zuerst die Leute um mich herum kontrollieren: “Ist er das?” Das hat mir Zeit verschafft. In dieser Zeit war ich also entronnen; durchs Pfarrhaus, durch den Keller raus, und dann stand ich draußen und sah mir dieses lächerliche Affentheater an, wie sie jeden rauskommenden kontrollierten. Sie hatten Fotografien von mir - ist er das, oder nicht? - Und ich stand draußen und sah mir das friedevoll an.

Eine Zelle mit Herrlichkeit erfüllt

Dies war der erste Teil des Erlebnisses; ich denke, es wird Zeit, dass ich verschwinde. Ich gehe zu meinem Auto hin, und dann war da eine Laterne in so einer stillen Straße und ich denke, mein Chauffeur ist eingeschlafen, der sitzt so regungslos. Ich sage: “Günther!” Und da kommt hinter dem Auto einer hervor und sagt: “Stopp! Geheime Staatspolizei, sie sind verhaftet!” Darum saß der so regungslos, dem hatten sie also befohlen, “Sie rühren sich nicht!” Dass er mich nicht warnte. Und nun wurde ich zurückgeschleift in die Sakristei der Pauluskirche. Das gab natürlich ungeheures Aufsehen. Es wurde mir gesagt: “Sie müssen heute Abend noch abfahren!” Und da hab ich gesagt: “Das kann ich nicht. Ich muss morgen früh hier predigen!” “Sie reisen ab!” Ich sage: “Wir sind im deutschen Reich, sie können mich nicht aus Hessen ausweisen!” Na, ist doch lachhaft, nicht? - “Also, wir setzen Sie in die Bahn!” “Dann fahre ich mit dem nächsten Zug fahr zurück. Ich werde morgen früh hier predigen!” “Dann müssen wir Sie verhaften!”

Bitte, ich wusste noch nicht, das das bedeutete. Ich wusste es wirklich nicht. Und dann kam ein schrecklicher Augenblick, wo sie mich in ein offenes Auto setzten. Vorne ein SS-Mann, einer daneben und hinten ich und der Kommissar. Ein großer Mercedes war es, ein bisschen altmodisch. - Und ringsum tausende von Menschen, die mittlerweile von innen rausgekommen waren, und draußen waren Leute dazugekommen, sowas spricht sich ja ganz schnell rum. Und ich hatte Angst: Wenn die Leute mich jetzt befreien, das wäre schrecklich, was mir da geschehen könnte. Dann würde wohl sofort meine Familie festgenommen. Ich konnte nur zu Gott schreien, dass die Leute ruhig bleiben.

Und dann geschah etwas, was ich mein Leben lang nicht vergessen werde. Es war eine Erregung, eine knisternde Spannung, nicht? Die Leute schrien: “Der hat doch gar nicht politisch geredet! Jesus Christus der Herr! - Darf man davon nicht mehr reden?!” Und dann steht ein junger Mann oben auf der Kirchtreppe. Ich hab ihn nie wieder gesehen. Und ruft über die erregte Menge hin den Vers von Blumhardt:

Dass Jesus siegt,
bleibt ewig ausgemacht.
Sein wird die ganze Welt.

Er sagte das mit Vollmacht!

Denn alles ist
nach seines Todes Nacht
in seine Hand gestellt.

Was es bedeutet, neben der Allmacht Hitlers, die Allmacht Jesu Christi öffentlich zu proklamieren!

Nachdem am Kreuz er ausgerungen
hat er zum Thron sich aufgeschwungen.
Ja, Jesus siegt!

Ehe sie ihn packen konnten, war er in der Menge verschwunden. “Fahr doch los!”, brüllt mein Kerl dem Fahrer zu. Und der ist schon lange am wurschteln, und der Wagen springt nicht an. Es war, als wenn ihn einer hinten festhielte. Guter Wagen, sicher, nicht? - “Fahr doch!!!” Da stimmt die Menge an:

Ist Gott für mich so trete
gleich alles wider mich.
So oft ich ruf und bete weicht
alles hinter sich!

Ein Brausender Gesang!

Hab ich das Haupt zum Freunde,
und bin geliebt bei Gott.
Was kann mir tun der Feinde.
Und wie der Widersacher Rott?

“Fahr doch!” Und dann fuhr er. - Gott hat ihn festgehalten, das mussten sie erst mitkriegen, dieses Zeugnis.

Und ich ging in die Zelle hinein - wir kamen nie in ordentliche Gefängnisse, müssen Sie wissen, sondern in die Gefängnisse der Staatspolizei. Das waren besondere Gefängnisse. Ich hatte meistens, außer einmal, eine Zelle, die war so breit, dass wenn ich die Arme anwinkelte, da konnte ich beide Wände gleichzeitig berühren. Oben ein Fenster; zweieinhalb Schritte hin. Da werden sie nach zwei Tagen wahnsinnig. Nichts zu lesen. Kaum zu essen. Ich dachte, ich werde verrückt in diesen Zellen.

Und dann erlebte ich immer dasselbe. Dass mir auf einmal, an der Grenze des dunklen Reiches, aufging: Mensch, du gehörst doch dem, der dich erkauft hat für Gott. Und Gott lässt sein Eigentum nicht los. Und ich kann es nur so ausdrücken: Dann kam Jesus zu mir in die Zelle!

Da verlieren sie alle Schwärmerei in diesen schmutzigen Gestapo-Zellen. Da lernen Sie die Realitäten kennen, die Wirklichkeit. Da lernt man sein Herz kennen, wo Gott mir alle meine Sünden vorhielt. Ich sah mich auf einmal, wie ich bin: ein verlorener Mensch. Und dann sah ich Jesus - für mich gekreuzigt. Und er kam zu mir.

Und dann sah ich Jesus - und er kam zu mir.

Als mich meine Frau einmal bei einer Verhaftung sprechen durfte, da sagte sie: “Wie siehst du aus?! Bleich und unrasiert und mager.” Dieser Zustand ist längst vorbei, nicht?! - Und da sagte ich: “Moment mal, um euch muss man Angst haben! Wieviel Zeit habt ihr zum Beten? Wieviel Zeit hast du, um Gott zu loben?

Mein Tageslauf ist so: Von 7 bis 8 Gott loben; von 8 bis 9 Fürbitte tun für andere, von 9 bis 10 die Psalmen hersagen, die ich kann, von 10 bis 11 mach ich Turnübungen, damit ich nicht einroste. Von 11 bis 12 fang ich wieder an, Gott zu loben. Dreimal eine volle Stunde Gott loben! Da war das eine Zelle von Herrlichkeit Gottes! Ich sagte: Um euch muss man Angst haben! Die ihr ja gar nicht mehr mit der Wirklichkeit, mit der Lebendigkeit Gottes rechnet! Um euch muss man Angst haben. Um mich nicht!

Ich danke Ihnen für’s Zuhören!