Meine Begegnungen mit der Geheimen Staatspolizei

Wilhelm Busch erzählt von seinen Erfahrungen im 3. Reich
Wilhelm Busch
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Serie | 2 Teile

Meine Begegnungen mit der Geheimen Staatspolizei (Gestapo)

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Eine Abschrift nach einem Vortrag von Wilhelm Busch

Also der heutige Abend ist eine Fortsetzung vom letzten Jahr. - Das Thema, das mir gestellt wurde war: “Meine Erfahrungen mit der geheimen Staatspolizei.” Ich geh also mitten rein in ein Erlebnis.

Sehen Sie, als Hitler auf der Höhe der Macht war, vielleicht so 1937/1938, da fing Doktor Eberhard Müller an - den kennen Sie ja von evangelischen Akademien her - und er sammelte um sich ein Team, mit dem er sogenannte Evangelische Wochen veranstaltete. Das war unheimlich, wie das einschlug. Es war damals nicht diese Trägheit über allem, wie das heute so ist über allem geistigen Leben und geistlichen Dingen.

Und weil die Sache so zu nahm, richtete Eberhard Müller es so ein, dass in allen Provinzen evangelische Wochenenden gehalten wurden. Für’s Rheinland übernahm ich das. Ich veranstaltete also evangelische Samstage und Sonntage in Neuwied, in Kreuznach, in Moers…

Da hatte ich also in Kreuznach ein solches Wochenende veranstaltet. Der Mann, der mir da zu Hand ging, das war ein junger Lehrer. An einem Samstag Morgen fahr ich also nach Kreuznach. Und auf einmal, so bei einer Station vor Kreuznach, kommt auf einmal der junge Lehrer in meinen Zug gestiegen, ganz aufgeregt, und sagt: “Nehmen Sie Ihren Koffer - schnell! “Wir gehen in den letzten Wagen!” Und ich sag: “Warum? Was ist los? Pour quoi?” “Ja, also, ich erkläre es ihnen gleich. Hören sie, am Bahnhof Kreuznach ist die Staatspolizei aufgestellt und will sie am Reden verhindern. Wir wissen nicht, ob man sie gleich abschiebt oder verhaftet. Aber, sie haben nicht den Mut es zu verbieten, weil so furchtbar viele Leute vom ganzen Hunsrück und aus dem Nahetal gekommen. Man will Sie stillschweigend abschieben.”

Ich sollte am Nachmittag und Abend des Samstag reden, am Sonntag waren andere dran.

Der junge Lehrer fuhr fort: “Wir machen es jetzt so: Wir steigen aus dem letzten Wagen aus, und gehen dann in Deckung des Zuges gar nicht durch die Sperre, sondern gleich hinten in den Wald.” Das wurde dann so gemacht. Ich hatte für die 48 Stunden nicht viel Gepäck. Wie der Zug hielt, steigen alle aus, wir ebenfalls - und in der Deckung des Zuges über Gleis und Drähte waren wir dann so im Wald verschwunden.

Und nun machten wir einen großen Bogen um Kreuznach, und überlegten: Wo gehen wir hin? Zum Lehrer konnten wir nicht, zum Pfarrer zweimal nicht. Natürlich wird die Staatspolizei mich in Pfarrhäusern oder bei den Leuten suchen, wenn ich nicht an der Sperre erscheine.

Wir sagten schließlich: das beste ist ein großes Café. Das ist am wenigsten auffällig und kann am besten untertauchen. Da sind viel Fremde - viele Fremde waren ja auch für diese Woche gekommen.

Während wir also nun in einem großen Bogen um Kreuznach uns vor der andern Seite in das Cefé reinschleichen, mach ich einen kleinen Einschub. Denn das dauerte ja doch ungefähr eine Stunde, nicht wahr?!

Wir wissen alles!

Ein kleiner Einschub. Sie haben ja keine Vorstellung mehr! Was war denn die Geheime Staatspolizei? Sehen Sie, das ist das merkwürdige an diktatorischen Staaten, dass ihnen der normale Rechtsweg - Polizei, Gericht, Gefängnis - nicht mehr genügt. Sondern dass sie einen zweiten Rechtsweg auftun. Geheime Staatspolizei, Gestapo-Gefängnisse, Konzentrationslager.

Diese Staatspolizei die war eine riesenhafte Organisation, die sich wie so ein Oktopus über alles Leben in Deutschland legte. Wir haben uns oft gefragt: Ist die Geheime Staatspolizei, Gestapo genannt, ist sie allwissend oder ist sie es nicht? Sie verbreitet gern den Nimbus: Wir wissen alles! Und sie wussten viel. Und sehen Sie, diese Organisation hatte ein solches Maß von Misstrauen geschaffen, das können Sie sich gar nicht vorstellen.

Da sagt man zum andern nur noch, was die Staatspolizei wissen darf. Das ganze Volk wird zum Heuchler. Das sind die grauenvollen Komplexe und Verbiegungen. Das müssen Sie meiner Generation immer zugute halten. Die hat seelische Wunden davongetragen, die gar nicht mehr heilen.

Man erlebt mit dieser Staatspolizei merkwürdige Dinge. Ich würde ein kleines Erlebnis erzählen - wir sind immer noch auf dem Weg zu diesem Café, nicht wahr?! Wir haben noch Zeit!

Das Flugblatt

Da sollte an einem Sonntag eine Abkündigung der bekennenden Kirche verlesen werden. Die Nazis hatten sich aller Organisationen bemächtigt, auch der Kirche, und da war eine bekennende Kirche entstanden, zu der also Teile der Pfarrer gehörten, Teile der Presbyterien, in Württemberg ist das nicht so scharf gewesen gegenüber uns im Rheinland, wo wir unsere Gehälter selber aufbringen mussten.

Und da sollte eine Erklärung der bekennenden Kirche gegen die Euthanasie vorgelesen werden. Das war so durchgesickert. Wir wollten eine Erklärung dagegen abgeben. Und diese Erklärung sollte gleich als Flugblatt in der Gemeinde verteilt werden.

Die Staatspolizei kriegt Wind davon. Am Samstag kommen zwei an. Die kamen immer zu zweit. Einer war der Begleiter, der stand so an der Tür und der andere setzte sich auf einen Stuhl in meinem Studierzimmer an meinen Tisch. Und da liegen die Flugblätter, ein ganzer Stapel. Und er stellte sich da hin und legte seine Arm darauf und sagte: “Herr Pfarrer, haben Sie Flugblätter?” Ich sage: “Darüber bin ich Ihnen keine Auskunft schuldig.” - “Dann muss ich eine Hausdurchsuchung machen!” - “Kann ich nicht vermeiden.”

Da guckt er sich so rum. Da sind riesige Bücherschränke. Hinter jedem könnten die Flugblätter sein. Ich sagte: “Ich kann sie beruhigen, Sie wissen, ich lüge Sie nicht an, da sind sie nicht. Suchen Sie weiter.” Er steht auf, durchsucht das ganze Haus, setzt sich dann wieder auf den Stuhl, seinen Arm auf die Dinger und sagt: “Tja, scheint keine zu haben!” Ich würde ja glauben, dass das ein freundlicher Mann war, dass er die Flugblätter nicht sehen wollte. Aber ich kannte den Burschen! Ich kannte ihn! Wen der ein einziges gefunden hätte, hätte er die Flugblätter und mich mitgenommen.

Und sehen Sie, das war das unheimliche: Als sie den Kampf gegen uns eröffneten, da eröffneten sie einen Kampf mit einer Front, wo der lebendige Herr mitspielt! Es heißt in der Bibel manchmal, dass Leuten die Augen gehalten wurden. Ich bin überzeugt, diesem Mann waren die Augen gehalten worden. Er sah nicht, was direkt unter seinem Arm lag!

Wir haben alles unserer eigenen Wahrheit angepasst

Nun es ging nicht immer so herrlich ab. - Wir gehen immer noch zu den Café, ich hab noch einen Moment Zeit - das war ein langer Weg. -

Ich hab mich oft gefragt: Warum haben sie gerade uns so gehasst und so schrecklich verfolgt? Sie hassten nur, wenn klare biblische Botschaft verkündigt wurde. Denn es ging uns immer mehr auf, dass jedes Wort der Bibel ein Widerspruch war gegen alles, was diese Leute glaubten! Und wenn der Satz sie zur Weißglut reizte:

Du, du nur du bist meine Zuversicht alleine,
sonst weiss ich keine.

Dann darf ich Sie mal eben fragen: Was ist denn Ihre Zuversicht? Geben Sie sich Antwort!

Aber nun sind wir also in dem Café angekommen. Der Einschub ist zu Ende.

Sturm auf die Kanzel in Kreuznach

Wir kommen in das Café, setzen uns in einer Ecke an den Tisch; ein paar von den Mitveranstaltern sind dazugekommen. Und nun wird beraten: Was machen wir? Es kommen Boten und sagen: “Die Staatspolizei hat Sie am Bahnhof nicht gefunden; die haben sich jetzt um die Kirche aufgestellt. Und sie haben offenbar alle eine Fotografie von Ihnen (also von mir), um sie an der Kirchtüre abzufangen, um sie am Reden zu hindern.”

Nun war’s ne alte Erfahrung: Wenn man im Talar auf der Kanzel stand, da taten sie nichts. Da hatten sie irgendwie das Gefühl, das sie das fürchten müssten. Aber an der Tür wollten sie mich abfangen.

Nun, das hab ich verschiedentlich erlebt, dass sie dann an den Türen stehen, rechts und links, mit der Fotografie n der Hand. So weit hab ich mich nie herabgelassen, dass ich mir einen falschen Bart angeklebt hätte. Aber beinahe so! Da wurde beschlossen, wir verkleiden den Pastor Busch. Ich kriegte einen Talar angezogen, in so einem Hinterhof im Café, der wurde mit zwei Stecknadeln hochgesteckt, dass ich also nur zu ziehen brauchte, dann fiel er mir bis an die Füße runter. Darüber ein toller Mantel, so ein gelber Kamelhaar-Mantel, eine Schlägermütze, Zigarette links im Mundwinkel …

Ich sagte: “Es ist ein bisschen übertrieben!” - “Ja!”, sagten sie, “Das kann gar nicht übertrieben genug sein! Sie sehen jetzt aus wie ein SA-Spitzel!” Und so warteten wir dann ein bisschen ab, bis in der Kirche ein großer Volksschwarm rein ging. Dann drängte ich mich so rein und die guckten den Kerl an: Schlägermütze, Zigarette. Ich blieb auf der Kirchentreppe stehen und warf die Zigarette in großem Bogen runter.

Und dann rein, nimm den Mantel, den Hut ab. Zwei reißen diese Nadel raus und ich die Kanzeltreppe hoch. Aus…! Da gaben sie es auf.

Zwei nahmen einen Stuhl, das war so ne hohe Kanzeltreppe, die ging nicht so rum, sondern senkrecht runter und die setzten sich rechts und links hin. Diese erste Rede konnten sie nicht verhindern. Und das war schön. Wissen Sie, es ist geistlich eine tote Gegend, nicht so lebendigt wie Württemberg. Und es war einfach herrlich diese große Kirche da in Kreuznach. Voll, in Gängen standen sie. Bauern vom Hunsrück, aus dem Nahtal, die Weingärtner. Von der Mosel.

Und dann hab ich das Evangelium verkündigt. Und dann hab ich gesagt, was wir erleben. Dass unser Herz friedlos ist. Bis es Frieden mit Gott hat. Und dazu braucht man den, der uns versöhnt, den Herrn Jesus.

Aber während ich da redete, war ich in meinem Unterbewusstsein dauernd am Wühlen: Wie kann ich jetzt entkommen? Ich muss doch am Abend nochmal reden! Und da fiel mir ein wunderbarer Trick ein!

Wissen Sie, es ist etwas merkwürdig, dieses Lied: Unser Herr, eine feste Burg. Diese evangelische Nationalhymne, nicht!? Da dachte ich: “Das passt da hin, wie die Faust aufs Auge!” Und ich sagte zum Organist - er ist in der Kirche ein paar Schritte hinter der Kanzel, auf gleicher Höhe wie der Prediger: “Und nun wollen wir ganz am Schluss singen: Unser Herr ist eine feste Burg.

Der Organist war begeistert mit allen vier Registern - alles. Wenn sie das Lied singen, steht alles sofort auf. Alle standen auf und die Beamten bemühten sich, auch aufzustehen. Und während dieser “heiligen Handlung” konnten sie mich nicht gut verhaften. - Ich die Treppe runter, draußen meinen Mantel genommen, die Schlägermütze - und ich war verschwunden.

Ganz alleine

Dann wird’s Abend, so um 17 Uhr war es, ein Herbsttag. Ich konnte jetzt in kein Café mehr gehen. In kein Haus. Das wurde alles abgesucht. Dann führten sie mich ans Ende des Kuhrparkes. Und da fings an zu regnen. Und da gingen alle weg; damit es nicht auffiel. Und dann saß ich in der Dunkelheit im Regen und fror. Ganz alleine. Später brachte mir einer in einem Korb ein bisschen was zu essen. Und sehen Sie, damals erlebte ich eine grenzenlose Einsamkeit. Gewiss waren viel Leute gekommen, mir zuzuhören.

Wer ist denn bereit, den Herrn Jesus zu bekennen, wenn es ernst wird?

Aber wer von denen war denn bereit, den Herrn Jesus zu bekennen wenn es ernst galt? Da kann einem eine Mutlosigkeit überfallen - “Mensch ist doch alles vergeblich! Du kommst doch gegen eine ganze Staatsmacht nicht an. Wenn doch ein Mensch da wäre!” Da lernen Sie beten, können Sie verstehen?

Ich kann noch sagen, am andern Abend bekam ich eine andere Kleidung gebracht und ging dann ein zweites Mal rein und hatte meine Abendversammlung gehalten. Und dann schnappte mich die Gestapo und beschwor mich abzureisen; dann sagte ich, das hätte ich sowieso vor gehabt. Und dann reiste ich ab. Am nächsten Tag sprachen dort dann Leute, die noch nicht verdächtigt waren.

Die Macht der Lüge

Aber lassen Sie mich jetzt mal bei dieser entsetzlichen Einsamkeit stehen. Das war die Lage von Christen mit der Bibel im Dritten Reich. Im Grunde war das immer unsere Lage. Die Lage, die ich dort in dem Kurpark hatte. Man stand so grenzenlos allein. Und gegenüber: Mauern. Mauern einer dämonischen Macht. Lassen Sie mich so ein bisschen diese Mauern schildern.

Da war die Macht der Lüge. Es verwunderte mich einfach, wie diese Staatspolizei, und auch alles übrige der Lüge verschworen war. Wissen Sie, darum sind wir so empfindlich, wenn im Bundestag gelogen wird. Wenn die Staatspolizei mich verhaftete - das ist ein paar Mal passiert - dann kamen zwei Mann, und sagten: “Wir müssen Sie verhören, Sie müssen mitkommen!” Sage ich: “Sie können mich ja hier verhören.” - “Nein, sie müssen mitkommen!” Dann wusste ich schon: das bedeutet eine Verhaftung. “Sagen Sie: sollen Sie mich verhaften? Lassen Sie mich noch die Zahnbürste mitnehmen!” - “Nein, nein! Sie kommen mit, sie sind in einer Stunde wieder hier. - Nur eben nach Gelsenkirchen.” “Sagen Sie doch, sie wollen mich verhaften!” - “Nein! Wirklich nicht! Ist nur ein Verhör, aber weil sie alle in Gelsenkirchen sind, müssen sie dahin mit!”

Und wenn ich dann reinkam, da lag der rote Schein auf dem Schreibtisch, ich guckte hin: Busch. Ich sagte: “Das ist ein Verhaftungsbefehl!” - “Jawohl, Sie sind verhaftet!” Ich hab sie mal gefragt: “Warum lügen Sie denn da? Warum sagen Sie nicht ‘Wir verhaften dich!’?” Da sagten sie: “Ach wissen sie, dann machen die Weiber so ein Geschrei und die Kinder heulen, das wollen wir immer vermeiden.” Ich sag: “Das wissen Sie ganz genau, dass meine Frau keine Szenen macht! - Und meine Kinder auch nicht! Das wissen sie ganz genau! Warum lügen sie?” Und da ging mir auf, blitzartig: Man kann lügen, dass es eine Sucht wird.

Wissen Sie, in der Bibel sagt der Herr Jesus, dass der Teufel ein Vater der Lüge sei. Und mit jeder Lüge laufen Sie in sein Lager und nehmen Sie die Hand vom Teufel. Und es ist das Merkwürdige, wie man die erste Lüge leicht nimmt, die zweite, wie man irgendwann richtig lügen muss! Obwohl es gar nicht nötig ist. Vielleicht haben Sie diese Erfahrung bei sich auch schon gemacht. Dieses entsetzliche Lügen müssen der Leute!

Es ging ja bis ins Konzentrationslager, wenn sie die Juden in die Gaskammern trieben, sagten sie: “Ihr bekommt ein Bad.” Jeder wusste, dass sie vergast werden. Aber das sagte man nicht, man sagte hier noch, angesichts des Grauens des Todes “Jetzt wollen wir euch baden!” - Ganz sinnlos! - Man musste lügen! -

Wer Sünde tut, sagt Jesus, der ist der Sünde Knecht. Und nun war das ganze öffentliche Leben, vergiftet mit dieser Lüge.

Ich vergesse nicht, dass mein verehrter Professor Heim einmal eine Predigt hielt über einen Psalmtext, in dem es darum geht, dass man im Reich dieses Königs das Recht liebhat. Er hat das nur ausgelegt, gar nicht mit solchen Seitenhieben, so wie ich das oft tue. Da gab es einen riesen Sturm, die wurde beschlagnahmt, wurde verboten. Denn das traf ins Herz. Die Auflösung des Rechtes!

Der Revolver

Ich habe gleich am Anfang, bei einer der ersten Erfahrungen mit der Staatspolizei, davon einen erschütternden Eindruck bekommen. Da war ein SS-Mann, den ich kannte. Der war ab und zu in meinem Gottesdienst gewesen, am Anfang ging das noch. Er war in Schuld gefallen, er hatte Unterschlagungen gemacht. Ach, wissen Sie, nicht schlimm. Er hatte seiner Truppe Anzüge besorgt. Und an jedem Anzug 20 Pfennig verdient. Aber das ging nun nicht. Und da war er verhaftet. Und, nun wünscht er den Pastor Busch. Die Staatspolizei genehmigt das. Ich geh ins Präsidium. Und da sind die Beamten der Staatspolizei, ein paar höhere SS-Führer und sagen: “Herr Pfarrer, der Mann möchte Sie sprechen!”

“Ja,” sag ich, “ist nett, dass Sie mir erlauben, zu ihm zu gehen.” - “Also sehen Sie, wir können ja kein Verfahren machen wegen der Sache, da kriegt er drei Monate - aber das ist ja unmöglich. Für den gibt’s nur einen Weg, der muss sich erschießen! Wir haben ihm einen Revolver in die Zelle gelegt. Dürfen wir Sie bitten, dass Ihre Seelsorge ganz in der Linie geht, dass Sie dem Mann zureden, sich zu erschießen?”

Mir graust’s. Ich sag: “Das können Sie von mir nicht verlangen!” Noch einmal wurden sie drohend: “Wir verlangen von Ihnen, dass sie dem Mann zureden, endlich diesen erlösenden Schuss zu tun!” Ich sag: “Also was ich in der Seelsorge tue, dass müssen sie mir überlassen!”

Und dann ging ich in die Zelle. Das war entsetzlich. Dieses Loch und da oben ein Licht. So sperrt man nicht mal Tiere ein! - Dass ich später in genau dieser Zelle wochenlang sitzen soll, ahnte ich damals noch nicht. - Da saß dieser Mann. Verzweifelt. Und auf dem kleinen Tisch, da lag der Revolver. “Herr Pfarrer - soll ich?!”- “Nein, du sollst nicht! Gott will nicht den Tod des Sünders! Sondern er will, dass er lebe! Mein lieber Freund, das heißt aber mal erst, dass du vor Gott Buße tust! Und den annimmst, der das Leben gibt, den Herrn Jesus!”

Das war ne erschütternde Besprechung. Er hat es dann nicht getan, und das war wohl der erste Anlass, dass die Staatspolizei mir böse war, dass ich ihnen den Gefallen nicht tat, den Mann zum Selbstmord zu treiben. Aber damals ging mir erschütternd auf: Das Recht ist machtlos.

Im Propheten Habakuk heißt es mal von der Endzeit: Keine Sache des Rechtes kann mehr gewinnen. Das Recht ist ohnmächtig geworden. Das ist entsetzlich, wenn das eintritt. Und sehen Sie, so war es nun geworden. Und da standen Christen unsagbar einsam. Und wissen Sie, mit dieser Vereinsamung ging manchmal eine tiefe Verzweiflung Hand in Hand. Was hab ich in den ersten Tagen, als ich verhaftet wurde, immer für Abgründe von Verzweiflung mitgemacht?!

Jochen Klepper

Ich weiß nicht, ob Jochen Klepper für Sie ein Begriff ist. Sonst nehmen Sie sich mal einen Abend für Jochen Klepper. Ein Christ, dessen Frau Jüdin war, die konnten nicht mehr miteinander ausreisen. Er sagt: “Ich kann nicht dulden, dass meine Frau vergast wird.” Er soll gezwungen werden, sich scheiden zu lassen. Da hat er sich das Leben genommen. Wer mag hier richten? Ich ahne, durch welche Dunkelheit der Verzweiflung dieser Mann gegangen ist…

Ehepaare

Ich lernte eine Frau kennen, der Mann war Arzt. Sie waren glücklich verheiratet. Die Frau war Jüdin. Und dann wird dem Mann gesagt: du musst dich scheiden lassen! - Er lässt sich scheiden. Verjagt seine Frau. Mit der er 30 Jahre glücklich lebte. - Die Frau steht eines Tages vor mir. Welche Dunkelheiten von Verzweiflung! Sie ist dann vergast worden, sie ist abgeholt worden. - Welche Dunkelheiten!

Lassen Sie mich jetzt wieder mal einen kleinen Einschub machen. - Eine kleine Atempause, ehe ich da weiter mache, von der Einsamkeit, Verzweiflung und Angst.

Warum darüber reden?

Warum darüber reden? - Sind doch längst vergangene Zeiten?! Es wurde am Anfang die Frage aufgeworfen: Warum reden wir eigentlich davon? Sind das nicht vergangene Zeiten?! -

1. Grund: jeder ist mitverantwortlich

Ich habe zwei Gründe. Der erste Grund ist ein Politischer. Wir leben in einer Demokratie. Demokratie heißt, dass jeder Bürger mitverantwortlich ist. Denken Sie, dass Hitler ja nicht mit einem Staatsstreich an die Macht kam, sondern legal! Völlig legal. Bis zur letzten Leitersprosse, so sagte er. Er wurde gewählt, sie wurden die stärkste Partei, der Präsident Hindenburg übergab ihm die Regierungsbildung. Völlig legal. Er bringt ein Gesetz ein, dass ihm alle Vollmachten gibt und alles übrige entmächtigt. Das wird angenommen. Und damit wars erledigt. Völlig legal!

Sehen Sie, darum bin ich der Ansicht, wir dürfen über diese Dinge nicht einfach schweigen. Wir haben eine Verantwortung!

2. Grund: Jesus kommt wieder

Und der zweite Grund, warum ich mit Ihnen darüber spreche, ist ein - wie soll ich sagen? - ein geistlicher Grund. Aber das kann ich jetzt nur den anwesenden Christen sagen. Sehen Sie, die Bibel spricht davon, dass die Entwicklung der Weltgeschichte hinzielt auf ein ganz gewaltiges Ereignis, dass Jesus wieder kommt und König wird. Ich rechne mit der Wiederkunft Jesu.

Und die Bibel sagt, dass dieser Wiederkunft noch einmal eine dunkle Mitternacht der Weltgeschichte vorausgeht. Ein letztes diktatorisches Weltreich. Das heißt, wie es auch gehen werde, wir erleben noch eine Weltdiktatur. Sieht ja so aus, als wenn die Dinge gewaltig auf uns zustürzen, nicht!? Diese apokalyptischen Linien der Bibel.

Ein Christ sollte sich immer fragen: Wie werde ich dastehen, wenn ich in solche Zeiten komme?

Und da sollte sich ein Christ immer fragen: Wie werde ich denn stehen, wenn ich in solche Zeiten komme? Wie werde ich dastehen? - Werde ich auch sagen: Mann muss mitmachen, alle machen’s, ich muss, ich muss. So, wie jetzt all die Mörder vor Gericht sagen “Wir mussten das.” - Oder werden sie dem Herrn aller Herrn gehören, der sie mit seinem Blut erkauft hat?

Die Christenheit kommt noch in letzte große Bewährungsproben. Wo ich mit ein bisschen Christentum - so 50 Prozent, 60 Prozent Christentum - nicht durchkomme, sondern wo es darum geht, wo ich geprüft werde, ob ich dem Herrn gehöre oder nicht. Und darum rede ich mit Ihnen davon. Um Ihnen an diesem kleinen Beispiel des Dritten Weltreiches, Ihnen die Frage ins Gewissen zu schieben: Wie stehe ich denn eigentlich? Könnte ich mal standhalten? -

Schweigt Gott?

Und jetzt drängt sich ja die Frage auf: Ja und Gott? Schwieg der denn einfach?! Als alles schief ging und die Bomben krachten, und die Städte brannten - wo war er denn, warum schweigt er?! Ich möchte Ihnen in aller Deutlichkeit sagen: Der lebendige, heilige Gott, kann einem ganzen Volke schweigen und nichts mehr zu sagen haben. Aber er redet zu seinen Kindern. Und ich möchte Ihnen mitgeben: Fürchten Sie nichts so sehr als dass Sie unter Gottes völliges Schweigen geraten! Er spricht zu seinen Kindern!

Und sehen Sie, als ich in der Gewalt der Staatspolizei war, jetzt muss ich Ihnen erzählen, wie Gott mich vor der Angst der Staatspolizei befreite, weil ich eine größere Angst kennen lernte. Das war das erste mal im Gefängnis. Am Anfang eine furchtbare Angst und Verzweiflung und Not. Bis ich auf einmal merkte, dass Gott mir mir reden will. Und dann fing Gott an, mit mir zu reden über mein Leben. Und ich hab das bei jeder Haft so erlebt.

Zuerst ist das Herz empört, bis es stille wurde und dann fing Gott an zu reden und nahm mein Leben mit mir durch. Allen Hochmut, alle Unreinigkeit und Lüge und Lieblosigkeit. Und auf einmal merkte ich, dass Gott ja zornig ist. Gottes Zorn, sagt die Bibel, entbrennt über alles sündige Wesen der Menschen. Gottes Zorn loderte in meiner Zelle!

Und sehen Sie, wenn Ihnen so Gedanken kommen, dass Gott mit ihnen reden will, dann laufen Sie weg, dann gehen Sie ins Kino oder machen Betrieb. Aber hier konnte man nicht weglaufen. Das war der Schauerliche und der Segen dieser Sache, dass Gott mich zwischen diesen zwei Wänden festhielt: “Ich rede jetzt mit dir! - Sünder, verfluchter!”

Und alles, was man getan hat, lag in Scherben zu Boden. Ich weiß heute, wie es am jüngsten Tage sein wird. Das kann ich Ihnen sagen. Wo Gott ihnen Ihr Leben vor die Füße wirft. Und ihre Sünden stehen da. Nackt und bloß. Irrt euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten! - Ich habe damals gelernt, was die Hölle ist. Hölle ist, dass man in Ewigkeit unter diesem Zorn Gottes bleibt. Ich weiß noch nicht, wie die Hölle aussieht, aber das weiß ich: Weggeworfen, ausgetan von IHM. - Ich verlor die Angst von diesen lächerlichen SS-Leuten und Gestapo-Leuten, weil ich die Angst vor Gott lernte!

Und ich möchte Sie mal fragen: Haben Sie schon mal Angst vor Gott gehabt? - Sonst haben Sie überhaupt noch nicht angefangen, die Wirklichkeit zu sehen! Sehen Sie endlich die Wirklichkeit, dass ein heiliger Gott uns umgibt, und sieht; und dass die Menschheit sich nicht um ihn kümmert und seine Gebote mit Füßen tritt. - Das geht doch nicht!

Aber vielleicht muss er Sie auch irgend so in die Stille führen, ich weiß es nicht. Dass Sie IHM nicht mehr weglaufen können. Und dann als ich dachte: “Mann, ich bin verloren”, dann kam Jesus. Dann kam Jesus und zeigte mir seine Hände mit den Nägelmahlen. Und auf einmal begriff ich, was ich draußen immer gewusst hatte. Er hat meine Sünde weggetragen! Die Strafe liegt auf IHM, die hat er auf Golgatha getragen, damit ich Frieden haben darf. ER macht mich gerecht vor Gott. ER ist unser Friede.

Es wurde hell in meiner Zelle. Es wurde ein Tempel Gottes. Es wurde so, dass es mir beinahe ging wie den Priestern des König Salomos, als der Tempel eingeweiht wurde. Da wurde der Tempel so voller Herrlichkeit des Herrn, dass die Priester nicht mehr stehen konnten, die mussten raus. Ich konnte nicht raus, nicht!?

Ich hielt es beinahe nicht mehr aus vor Freude, dass ich einen Heiland habe…

Der vom Kripplein bis zum Grabe,
bis zum Thron, der Mann in Ehren,
mir dem dem Sünder zugehöret.

Einer, der mir Frieden mit Gott schenkt. Frieden ins Herz. Frieden wie ein Strom. Der mich zum Kinde Gottes macht. Dass ich die ganze Welt auslachen kann, dem Teufel ins Gesicht lachen kann, und seinen Trabanten zwei mal. - Gott, er kann einem ganzen Volke schweigen. Aber er redet mit seinen Kindern.

Und wenn ich so ne Schar junger Menschen sehe, dann wünsch ich ihnen das, dass sie aus religiösen Gefühlen und Vorstellungen und unklaren Sachen da raus kommen zur Erkenntnis der Wirklichkeit “Ich bin ein verlorener Mensch. Das ist Tatsache!” Gott lässt sich nicht spotten.

Und das Wunder, was Luther im Katechismus sagt: Der mich als verlorenen, verdammten Menschen erlöst hat. Erworben und gewonnen von allen Sünden. Nicht mit Gold oder Silber, sondern mit seinem heiligen teuren Blut; auf dass ich sein Eigen sei.

Lassen Sie mich zum Schluss jetzt noch eine kleine Frage beantworten, die sich aufdrängt: Das waren doch nun Menschen, diese Staatspolizei-Beamten. Das waren doch Menschen. Was waren denn das für Männer? Das waren ja nicht nur Beamte. Dahinter war doch ein Mensch, nicht!? - Und sehen Sie, wenn ich so in der Zelle saß oder ein Verhör hatte, dann versuchte ich manchmal, mich zu fragen: “Gibt es denn eine Möglichkeit, durch diese Schicht von Hass und von Feindschaft und von Beamtenmäßigkeit durchzubrechen, an euer Herz und Gewissen?”

Manchmal hab ich das so andeutungsweise erlebt.

Heimweh

Zum Beispiel einmal - ich war Jugendpfarrer. Ich hatte etwa 50 junge Mitarbeiter, die jeden Sonntag Hausbesuche machten. Und dann wurde ein großer Schlag gegen mein Jugendhaus geführt. Man machte mit ca. 50 Mann eine Hausdurchsuchung und alles mögliche wurde beschlagnahmt und abgeführt auf dem LKW. Und dann wurden die 50 Leiter vorgenommen. Jeder bekam eine Hausdurchsuchung. Und am Schluss ich. Nachdem sie 50 junge Männer einzeln verhört hatten, die ich vorher nicht instruieren konnte.

Und da erlebte ich mal, wie so eine Kruste brach. Da sagt der Beamte: “Pastor Busch, wir haben 50 ihrer jungen Leute verhört. Und es hat uns keiner angelogen. Sie haben offen gesagt, dass sie heimlich Freizeiten gemacht haben, sie haben sich zum Schaden geredet, aber sie haben uns nicht belogen. Was ist da für eine Welt?”

Da sagte ich: “Das ist die Welt, die Sie hassen!”

In dem Moment spürte ich, er war erschüttert von der Tatsache: Es gibt eine Welt wo man nicht lügt. - Das waren so Augenblicke, wissen Sie, wo man spürte, jetzt fällt mal die Kruste und sie haben Heimweh. - Und ich bin überzeugt, dass jeder Mensch dieses Heimweh hat.

Sie waren arme Leute, als alles zusammenbrach. Da fielen sie ins Nichts. Und begingen haufenweise Selbstmord. Der Chef unserer Staatspolizei hat sich aufgehängt in einer Zelle. Es war nichts mehr da. Wissen Sie, dass jedes Menschenleben im Grunde mal zu einer Grenze kommt, wo man fragt: Was hast du eigentlich? Und da bleibt nichts als das Heil Gottes in Jesus.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie das haben! Und ich hoffe, es wird Ihnen deutlich, dass es mir vor allem darauf ankommt, Ihnen zu sagen: In dem Augenblick, wo ich mich auf die Seite Gottes stelle, spielt Gott geheimnisvoll mit. In geradezu unheimlicher Weise.

Die Bananenschale

Da war mein Bruder Johannes verhaftet gewesen in Bochum. Und dann hörte ich: Er wird heute Morgen entlassen. Dann fuhr ich hin und holte ihn da ab. Und die zwei Stunden waren mir unvergesslich. Er hatte dasselbe erlebt wie ich. Zwei Tage eine abgrundtiefe Verzweiflung und Angst. Und dann endlich ein Ohr, das hören kann. Und wie Gott im Gericht redet. Und man dann ganz neu Jesus als Heiland erkennt.

Und da sagt er: “Für mich war eins der erschütterndsten Erlebnisse folgendes: Da war in dem Präsidium so eine kleine Marmortreppe, zwei, drei Stufen. Die waren ziemlich glatt.” Und sie hatten ihn abends verhaftet. Und das gab ziemliche Aufregung, wenn so ein bekannter Pfarrer da ins Gefängnis kam. Das stand sofort in ausländischen Zeitungen in der Schweiz, in Dänemark und in Holland - und so war natärlich bei den Beamten da auch eine wilde Aufregung. Und es gab Diskussionen darüber, ist es richtig, ist es nicht richtig? Und einer schrie immer: “Das ist richtig und den Pfaffen gehöt das Maul gestopft!” und so weiter.

Und dieser Schreier geht am dem Abend aus dem Haus raus, aus dem Präsidium; und da hat irgendjemand eine Bananenschale auf diese drei Stufen geschmissen. Und der rutscht auf den drei Stufen so unselig aus, dass er mit dem Kopf hinten aufschlägt und sofort tot ist. Können sie sich die Situation vorstellen? Da wurde ein Pfarrer eingeliefert, den man als Zeugen Jesu kennt; einer schreit: “Es ist richtig!” - Und eine halbe Stunde später liegt er tot auf der Treppe.

Nat rlich können Sie sagen: Das ist Zufall. Natürlich. Das kann ich ihnen nicht widerlegen. Aber das weiß ich: dass die Staatspolizeibeamten nicht mehr an Zufall glauben.

Mein Bruder sagte: “Dann fing das mit der Seelsorge an. Da kam einer nach dem andern völlig aufgelöst zu mir und sagte: ‘Sagen Sie, gibt’s einen Gott der töten kann?’ - ‘Ja. Das ist nun ein Kinderspiel: auf der Treppe ausrutschen und tot sein. Aber was dann kommt! …’ - ‘Ja, wie sollen wir errettet werden?’”

Mein Bruder sagte: “Die paar Tage waren eine Evangelisation, wie ich sie in meinem Leben nicht wieder erlebt habe!”

Ja oder Nein

Wissen Sie, dieses merkwürdige Mitspielen Gottes in den Ereignissen… Ich war mal in Essen im Gefängnis, sehr elend. Ich hatte Fieber, ich fror, ich war hungrig, ich war völlig ‘down’. Bereit zu jeder Niederlage. Und dann werde ich rausgeholt. Und zur Staatspolizei geführt. Und da sitzen die drei führenden Männer. Der eine hieß Schweim. Wir sagten, der hat Glück gehabt. Ein bleicher Bursche. Und die waren auf einmal katzenfreundlich. Und da verkrampfte sich mein Herz. Ich dachte: “Wenn ihr freundlich seid, dann …”

Da sagten sie: “Pastor Busch, wir haben gesehen, dass sie gar nicht so übel sind. Und sehen Sie, der einzige Unsinn ist, dass sie unter allen Umständen Jugendpfarrer sein wollen. Wir garantieren ihnen in 10 Jahren wird kein junger Mensch in Deutschland mehr wissen, wer ihr imaginärer Jesus ist! - Das garantieren wir ihnen! Dafür sorgen wir! Und darum braucht man keine Jugendpfarrer mehr. Wir offerieren ihnen, Pfarrer Busch: Sie können jetzt entlassen werden, auf der Stelle. Und bekommen einen Stelle als Oberregierungsrat, wenn Sie versprechen, dass dass sie zu keinem Menschen mehr ihre Botschaft zu sagen. Sie selbst können glauben, was Sie wollen. Wir geben Ihnen 24 Stunden Bedenkzeit.”

Meine Freunde, das ist grauenvoll. Sie sitzen in der Zelle. Unsagbar hungrig, sie frieren und sind fiebrig. Und denken: Jetzt raus! - Und ich kann ja glauben, was ich will. Ich soll ja bloß nicht mehr reden. Und dann bin ich auf der Stelle raus und der ganze Druck hört auf, die ganze Verfolgung ist vorbei. Ich konnte doch nicht mehr! Und ich brauche nur zu sagen, dass ich darüber nicht mehr reden will. Ich kann für mich glauben, was ich will.

Da waren alle Dämonen der Hölle in meiner Zelle, verstehen Sie das? “Tu das doch! Tu das doch.” Und dann trat ER auf. Er der lebendig ist. Und ich sehe vor Augen, wie herrlich mein Dienst für IHN war. Und dann machte er mir klar: das kann man nicht halbieren. Du kannst ja für dich alleine glauben aber schweigen - das geht nicht! - Dann sag mir ab! Dann sag mir ab! - Dem Mann, der mich auf Golgatha erkauft hat, absagen?! Keine Versöhnung mit Gott mehr? Kein Frieden? Kein Heiland? Kein seliges Sterben? Keine Hoffnung des ewigen Lebens? - Unmöglich!

Am nächsten Morgen trat ich vor die Leute und sagte: “Ich kann ihre Offerte nicht annehmen.”

Meine Freunde, Sie kommen auch in solche Proben. Das braucht gar keine Staatspolizei dazu. Wo stehen Sie eigentlich? Haben Sie in Ihrem Leben mal eine Entscheidung gefällt? Meinen Sie Gott reißt sich seinen Sohn vom Herzen und schickt ihn in die Welt damit wir darüber diskutieren? Dass wir weiterleben und sagen: Ich kann ohne ihn auskommen?! Wie denken Sie sich das? Der Tatsache von Golgatha gegenüber wird mein ganzes Ja oder mein ganzes Nein gefordert. Und zwar immer von neuem.

Alarm! - Leben Sie denn noch?!

Es war ein paar Jahre später, kurz vor Kriegsschluss. Da bin ich in der Stadt. Da kommt ein Alarm! Sofort Vollalarm! Und dann krachen schon die ersten Bomben. Und ich weiß nicht, wohin und da ist so einen Anlage, da ist ein Eingang in einen tiefen Bunker gemacht, aber der war noch nicht fertig.

Wissen Sie, da wurden so ganz tiefe Bunker in die Erde gebaut, mit Treppen. Aber die Treppe war noch nicht gemacht, da war bloß der schräge Schacht. Aber wenn’s hinter Ihnen kracht, dann fragen Sie nicht nach Treppen. Ich also da rein. Und es war so feuchter Lehm. Ich komm also ins Rutschen und sause mit atemberaubender Geschwindigkeit in den Bunker rein. Unten steht ein Soldat und fängt mich auf. Es war so blaues, ganz trübes Licht. Der Soldat fängt mich auf - und dann erkennen wir uns: Der Chef der Geheimen Staatspolizei.

Er erwartet schon den Einmarsch der Amerikaner er hat sich verkleidet als schlichter Infanterist. Ein paar Tage später waren die Amerikaner dann auch da. Und dann stammelt er so in diesem fahlen, blauen Licht ganz erschrocken: “Pfarrer Busch, leben sie denn noch?!”

Es wurde schrecklich gestorben. Man wurde hingerichtet, man wurde umgelegt, liquidiert. Man kam in KZs, man wurde von Bomben getroffen. “Leben sie noch?!” - Und da packte mich der Übermut des Glaubens und ich sage: “Herr Noles, wir überleben noch viele!” Er verstand. “Wir”, da sah ich Jesus an der Spitze, und die ganze Schar, die an ihn glaubt. Wie war das vor ein paar Jahren: “In 10 Jahren wird kein junger Mensch mehr wissen, wer Jesus ist.”? - “Herr Noles, wir überleben noch viel!”

Acht Tage später hatte er sich erhängt.

Ich stehe heute vor Ihnen und rühme den Heiland, ohne den zu leben kein Leben ist! - Aber nun erlauben Sie, dass ich aufhöre.