Grundbedeutung
Engel, das heißt „Boten“ Gottes, sind Geschöpfe höherer Natur als wir Menschen, Glieder der unsichtbaren Welt (Kol. 1,16), ihrem Wesen nach mit Gott verwandt, daher auch Söhne Gottes (Hi. 1,6; 38,7. Luther: Kinder Gottes, Ps. 29,1 Luther: Gewaltige) genannt.
Wesen und Dienst
Einen weiteren Fingerzeig für ihr Wesen gibt das Wort Jesu, daß die Seligen einst den Engeln gleich sein werden (Mt. 22,30). Wo von Engelerscheinungen erzählt wird, werden sie wie Menschen geschildert (1 Mo. 18,2; 19,5; Ri. 13,6 usw.), doch öfters von himmlischem Licht umleuchtet (Mt. 28, 3; Luk. 2,9). Flügel schreibt die Heilige Schrift nur den Seraphim zu (Jes. 6,2). Ihre Wohnung haben sie im Himmel, wo sie vor Gottes Thron erscheinen, um Aufträge zu empfangen (1 Kö. 22,19; Hi. 1,6), oder um ihm zu dienen und seinen Ruhm zu verkündigen (Dan. 7,10; Jes. 6,2 f., vielleicht gehören hieher auch die Ältesten in Offb. 4,4). Ihre Zahl ist groß (Dan. 7,10), und wo sie in Menge erscheinen, da heißen sie himmlische Heerscharen (1 Kö. 22,19; Luk. 2,13; Mt. 26,53). Sie sind Gottes Begleiter, wenn dieser auf der Erde erscheint (5 Mo. 33,2; Ps. 68,18); ebenso Christi Begleiter beim Gericht (Mt. 25,31; 2 Th. 1,7 f.; Offb. 19,14).
Sonst werden sie auf die Erde von Gott gesandt, um seine Befehle auszurichten (Ps. 103,20 f.), teils haben sie den Menschen Botschaften zu überbringen (1 Mo. 22,11 f.; Ri. 2,1 f.; Sach. 1,9; Luk. 2,10 usw.), teils haben sie in die Geschichte des Reiches Gottes einzugreifen als die starken Helden Gottes (2 Mo. 23,20; Jos. 5,14; Ri. 5,20; 2 Sa. 24,16; Jes. 63,9 usw.), namentlich auch am Ende (Mt. 13,41; 24,31; Offb. 8,2 ff.; 15,1; 18,1; 20,1); endlich haben sie einzelne Fromme zu beschützen und zu erretten (Ps. 34,8; 91,11; Mt. 4,11; 18,10; Apg. 12,7).
Verschiedene Engel
Daß aber Gott sich nicht deswegen der Engel bedient, weil er der Erde zu fern oder über die Menschen zu sehr erhaben wäre, zeigt sich am deutlichsten daran, daß namentlich bei vielen Engelerscheinungen im Alten Testament der Engel („Engel des Herrn“ genannt) so redet, wie wenn er Gott selbst wäre (zum Beispiel 1 Mo. 16,10; 22,15 f.; 2 Mo. 3,2 ff. und sonst; vgl. auch 1 Mo. 48,16 „der Engel, der mich erlöset hat“ [Goël]), was nicht anders zu erklären ist, als daß dem Engel Gott selbst nahe ist und sich des Engels nur bedient, um seine Herrlichkeit zu verhüllen. Ähnlich bedeutet der Name „Engel des Angesichts“, daß das Angesicht Gottes in dem Engel verborgen sei (Jes. 63,9 Luther: der Engel so vor ihm ist: vgl. 2 Mo. 33,14 f.; 5 Mo. 4,37; 2 Mo. 23,20). Ob damit eine besonders hohe Stellung eines einzelnen Engel angezeigt ist, muß dahinstehen.
Deutliche Unterschiede unter den Engeln finden sich (außer Jos. 5,14, Fürst über das Heer des Herrn) erst im Buch Daniel, wo die Namen einiger solcher „Fürsten“ genannt sind (Michael = Wer ist wie Gott, 10,13. 21; 12,1. Gabriel = Mann Gottes 8,16; 9,21), und ihnen eine besondere Beziehung zu einzelnen Völkern gegeben wird (vgl. Michael). Ebenso bedeuten die Ausdrücke: Thronen, Herrschaften, Fürstentümer, Obrigkeiten (Kol. 1,16, vgl. 1 Kor. 15,24) verschiedene Rangstufen von Engel.
Daß auch den Engel persönliche Willensfreiheit zukommt, und also ihre „Heiligkeit“ (Mt. 25,31) keine bloß anerschaffene, sondern eine sittlich bewahrte ist, würden wir nirgends aus der Heiligen Schrift erfahren, wenn sie uns nicht vom Dasein böser, gefallener Engel sagte (siehe Teufel). Obgleich mehrfach angedeutet wird, daß die Engel ihres Dienstes am Reiche Gottes mit liebender Teilnahme gegen uns Menschen warten (Luk. 15,10; 1 Pe. 1,12), so ist doch uns jetzt noch verwehrt, dies persönlich zu erwidern; und es hat immer nur zu Verirrungen geführt, wenn man diese uns gesetzte Schranke nicht beachtete (Kol. 2,18 Grundtext: einhergehen in demutsvollem Wesen und Dienst der Engel); insbesondere wird auch in der katholischen Kirche die Gefahr der Engelanbetung zu wenig beachtet (Offb. 19,10; 28,8 f.). Über Cherubim und Seraphim.