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Heiligung

Heiligung

Heilig, Heiligkeit, Heiligen, Heiligung. Eine Eigenschaft, die in der Bibel von Gott, von den Engeln, von Menschen und von leblosen Dingen ausgesagt wird und namentlich im Alten Testament von der größten Bedeutung ist. Wir gehen aus von Gottes Heiligkeit.

1) Gott ist der heilige, indem er mit unverbrüchlicher Strenge die unverletzliche Würde seines göttl. Wesens aufrecht erhält. Dies betätigt sich aber in dreierlei Richtung:

a) Gott tut selbst nie etwas, das dieser Würde Eintrag täte; er vergibt sich nie etwas;

b) er läßt auch durch andere nie etwas geschehen, er duldet nichts, was seiner göttlichen Majestät zu nahe träte;

c) alles, was er tut und was er geschehen läßt, muß vielmehr seine göttliche Majestät immer mehr zur Anerkennung bringen. Von diesen Sätzen aus werden sich alle Aussagen der Bibel über Gottes Heiligkeit begreifen und wird sich auch die Übertragung des Begriffs auf Menschen und Dinge verstehen lassen.

a) Die erstgenannte Beziehung der göttlichen Heiligkeit, wonach er selbst seiner göttlichen Majestät nie etwas vergibt, ist nur in wenigen Stellen bestimmt ausgesprochen, aber die notwendige Voraussetzung aller andern Bedeutungen. Es gehört hieher vor allem die Stelle: Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, 3 Mo. 19,2. Diesen Satz kann man etwa so verdeutlichen: Ihr sollt eure Würde als gottangehörige Leute hochhalten, denn ich halte selbst unverbrüchlich auf meiner Würde. Vgl. 3 Mo. 11,44. 45; 20,26. (Näheres über die erste Hälfte des Satzes s. u.) Diese Bewahrung seiner Würde ist es gerade, was schon im Alten Testament Jahveh von den Götzen unterscheidet. Ihnen kommt es nicht darauf an, auch einmal etwas zu tun, was sich für einen Gott nicht schickt (vgl. 1 Kö. 18,27). Aber vom Gott Israels heißt es: Es ist niemand heilig wie der Herr, außer dir ist keiner (1 Sa. 2,2, vgl. 2 Mo. 15,11). Bezeichnend ist namentlich auch die Stelle Hos. 11,9. Es wäre nach ihr für Gott eine Selbsterniedrigung, wenn er vom Zorne sich beherrschen ließe wie ein Mensch; dem steht seine Heiligkeit entgegen. Ebenso wäre es nach Hes. 36,22 seines heil. Namens unwürdig, wenn er sein Eigentumsvolk in der Gefangenschaft verschmachten ließe, statt es wieder zu holen. Ps. 18,26 f. bedeutet, daß Gott jeden behandelt, wie er es verdient, den Verkehrten so, wie wenn er zwar im Sinn hätte, ihn glücklich zu machen, es aber ganz verkehrt angriffe. Heilig ist Gott nicht nur in seinen Werken (Ps. 145,17), sondern auch in seinen Worten; er erniedrigt sich nie zu einer Lüge. Daher ist die Heiligkeit nahe verwandt mit der Wahrhaftigkeit (vgl. Offb. 3,7). Darauf bezieht sich auch 1 Joh. 2,20: Ihr habt die Salbung von dem, der heilig ist, das heißt von dem, dem es nicht möglich ist, euch etwas anderes als die Wahrheit mitzuteilen. Der Eindruck, den die Heiligkeit Gottes in der bis jetzt besprochenen Beziehung auf die Geschöpfe macht, ist der der Erhabenheit und Anbetungswürdigkeit. Daher rufen die Seraphim im Himmel. Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth (Jes. 6,3); daher ruft der Psalmist aus: Betet an zu seinem Fußschemel, denn er ist heilig! (Ps. 99,5). Und der Sänger des 22. Psalms bekennt mitten in seiner Klage: Aber du bist heilig, der du wohnest unter dem Lob Israels, das heißt du bist erhaben über jeden Vorwurf, der dir nahen wollte, und bist mit Recht täglich von den Lobgesängen Israels umgeben (Vers 4). Ja für Israel ist es besonders tröstlich, daß dieser h. Gott, der niemals etwas seiner selbst Unwürdiges tun kann, sein Erlöser ist (Jes. 54,5, vgl. 12,6; 29,19. 23; 41,16; Ps. 71,22). Dagegen ist es die größte Frechheit von Menschen, ihn, den Heiligen, meistern zu wollen (Ps. 78,41). Der in den letztgenannten Stellen mehrfach angezogene Ausdruck „der Heilige Israels“ oder „der Heilige in Israels“ wird allmählich ganz zu einem Namen Gottes, ohne daß die besondere Beziehung desselben zu der Umgebung immer deutlich zu erkennen wäre (zum Beispiel Jes. 5,19. 24), oder es wirkt bereits die zweite Bedeutung von „heilig“ ein.

b) Gott, der Heilige, duldet nicht, daß andere Wesen ihm zu nahe treten, weder mit Worten, noch mit der Tat. Eine „Entheiligung“ für ihn wäre es schon, wenn man ihn abbilden wollte in einer Gestalt, die seinem Wesen nicht entspricht; das trifft aber bei jeder Abbildung, die Menschen versuchen möchten, zu, daher das Verbot 2 Mo. 20,4, vgl. Jes. 40,25. Namentlich aber kann Gott vermöge seiner Heilig, Heiligkeit, Heiligen, Heiligung keine Lästerung seiner Person, seines „heiligen Namens“ dulden (Jes. 37,23). Solchem Gebaren gegenüber muß Gott mit verzehrenden Gerichten einschreiten: Jes. 10,17; Hes. 39,7, vgl. Offb. 6,10; 16,5. Von größter Wichtigkeit für die Bestimmung des Begriffs Heiligkeit ist es nun aber, daß Gott nicht nur unmittelbare Beleidigungen seiner Person oder Übertretungen seiner Gebote (vgl. Jos. 24,19) sich nicht gefallen läßt, sondern daß er auch keinerlei Antastung und Gefährdung der ihm zugeeigneten „heiligen“ Dinge und Personen duldet. Davon haben wir unten weiter zu reden. Die Heilig, Heiligkeit, Heiligen, Heiligung und Gerechtigkeit unterscheidet sich so, daß es nach jener Gott, wenn man so sagen darf, moralisch unmöglich ist, das Böse mitanzusehen (vgl. Hab. 1,12 f., Grundtext: Du Herr, mein Gott, mein Heiliger, — deine Augen sind zu rein, daß du Böses nicht sehen magst); während diese das Böse bekämpft und abwehrt, weil es den Zwecken seines Reiches zuwider ist. (Siehe Gerechtigkeit.) Der Eindruck der Heiligkeit nach dieser Seite ist naturgemäß vorzugsweise Furcht; 1 Sa. 6,20, vgl. Ps. 99,3; 111,9; Offb. 15,4. Aber Jesus kann auch auf diese allem Bösen sich widersetzende Heiligkeit seines Vaters die Bitte für seine Jünger gründen: Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen! (Joh. 17,11.)

c) Gott, der Heilige, bringt seine „Heiligkeit“ immer mehr zur Anerkennung und Geltung in der Welt; er ist nicht bloß heilig, sondern er wird es auch immer mehr, oder er heiligt sich vor den Menschen, Hes. 38,23. Dies geschieht nun allerdings teilweise gerade durch die Gerichte, die nach b) von der Heiligkeit Gottes ausgehen. Vgl. Jes. 5,16: Gott, der Heilige, wird geheiligt (besser: heiligt sich) in Gerechtigkeit; Hes. 39,7. Aber dies ist noch nicht der einzige Weg: Gott bringt seine Heiligung auch dadurch zur Anerkennung, daß er Personen und Dinge irgendwie teilnehmen läßt an seiner Heiligkeit oder sie heilig macht. Davon haben wir also auch unten genauer zu reden. Gerade in dieser Beziehung ist der Fortschritt vom Alten zum Neuen Testament wohl zu beachten. Diese Seite von Gottes Heiligkeit findet ihre Vollendung in der Lehre vom h. Geist.

2) Heiligkeit von Sachen. Wir stellen diese der Heilig, Heiligkeit, Heiligen, Heiligung von Personen voran, da sie gerade im Alten Testament eine große Bedeutung hat. Da finden wir eine Menge „heiliger“ Sachen; alles namentlich, was zum Gottesdienst gehört: Stiftshütte und Tempel, die ja selbst ein „Heiligtum“ heißen (2 Mo. 25,8; Ps. 74,7 und oft), Priesterkleider (2 Mo. 28,2), und Festtage (3 Mo. 23,4), Opfer (3 Mo. 22,2, „das Heilige der Kinder Israel“) und Schaubrote (1 Sa. 21,5) sind h. Heilig heißen diese Dinge alle nicht wegen irgend einer innerlichen Beschaffenheit, sondern weil sie in einer besonderen Beziehung zu Gott stehen, weil sie sein Eigentum sind und er darum gleichsam etwas von seiner eigenen Heiligkeit auf sie übertragen hat. Nun ist ja zwar die ganze Welt sein Eigentum, aber darum ist doch nicht alles in ihr h.

ganz abgesehen von der Sünde; nur was Gott durch besondere Erklärung als sein Eigentum kenntlich gemacht, die Dinge, denen er gleichsam den Stempel seines heiligen Namens aufgedrückt hat, sollen als h. gelten. Dem „Heiligen“ in diesem Sinn steht entgegen das „Gemeine“ (s. d. Art.), oder das „Natürliche“. Genauere Einsicht in diesen Begriff erhalten wir durch Beantwortung von drei Fragen:

a) wie wird etwas heilig?

b) wie ist das Heilige zu behandeln?

c) wie verliert etwas seine Heiligkeit?

— a) Nach dem schon bisher Bemerkten scheint es selbstverständlich, daß nur Gott etwas heilig machen oder für h. erklären kann. So ist’s zum Beispiel Gott, der die Stiftshütte und den Altar oder den Tempel heiligt (2 Mo. 29,44; 1 Kö. 9,3) u. dgl. Aber öfter wird das „Heiligen“ Menschen zugeschrieben. Doch ist das nur ein scheinbarer Widerspruch mit dem zuerst angeführten Grundsatz. Weil die Dinge, um deren Heiligtum es sich handelt, häufig vorher Eigentum von Menschen waren, so ist es nötig, daß diese sich auch ihrer Rechte begeben, um ihr Besitztum dem Herrn zu schenken, aber Gott muß doch immer eine solche Schenkung annehmen, damit etwas wirklich heilig werde. Etwas zu h. Zwecken widmen heißt es heiligen oder weihen (2 Mo. 13,2; 2 Chr. 2,3). Die Priester können dabei als Mittelspersonen dienen sowohl für die weihenden Menschen, als auch für den das Geweihte annehmenden Gott (3 Mo. 8,10 ff. Mose). Tatsächlich verhält es sich im Alten Testament so, daß 1) manche Dinge, die gar nicht in den Bereich menschlichen Besitzes fallen, von Gott unmittelbar für h. erklärt werden, vor allem die himmlischen Dinge, der Himmel selbst als Gottes Wohnung (5 Mo. 26,15; Mi. 1,2; Hab. 2,20), Gottes himmlischer Thron (Ps. 47,9); auf Erden eine Stätte, wo er erscheint (2 Mo. 3,5; Jos. 5,15) u. dgl. 2) Bei anderen Dingen, die den Menschen gehören, befiehlt Gott, daß sie ihm geheiligt werden, so zum Beispiel alle männliche Erstgeburt von Menschen und Vieh (2 Mo. 13,2. 12), alle Baumfrüchte im vierten Jahre ihres Ertrages (3 Mo. 19,24), alle Zehnten (3 Mo. 27,30) u. dgl.

3) Bei noch anderen Dingen, die im Besitz des Menschen sind, erlaubt Gott, sie ihm zu weihen. In letzterer Beziehung ist an sich keine Schranke gesetzt; nur insofern als Gott „unreine“ Dinge nicht annimmt, ist die Erlaubnis gegeben, solche doch Gott zu schenken und mit Geld zu lösen — eine Bestimmung, die auch schon bei der Erstgeburt unreiner Tiere zutrifft (3 Mo. 27,11 ff.; 2 Mo. 13,13). b) Was nun so geheiligt ist, das nimmt irgendwie teil an der göttlichen Heiligkeit und muß demgemäß behandelt werden. Es ist allerdings, wie der Hebräerbrief sich ausdrückt, nur eine äußerliche Heiligkeit (9,10); darum ist es vor allem die äußere Unverletzlichkeit, welche das Heilige auszeichnet. Dem gewöhnlichen menschlichen Gebrauch muß das Heilige entzogen, es muß aus der Gemeinschaft des Unheiligen irgendwie abgesondert werden. Vgl. die Abschließung der Stiftshütte mit der Vorhofwand (2 Mo. 27,9 ff.), die Absonderung der h. Zeiten, Sabbat, Feste usw.; demselben Zweck dienen alle die gesetzlichen Vorschristen über die besondere Anfertigung der h. Geräte, damit sie schon dem äußeren Anblick nach sich von andern ihresgleichen unterscheiden, was bei dem h. Räuchwerk so weit ging, daß seinesgleichen gar nicht angefertigt werden durfte (2 Mo. 30,37 f.). Ferner dürfen mit dem Heiligen nur solche Leute sich befassen, die selbst irgendwie heilig sind. Gewöhnliche Leute dürfen die Schaubrote nicht essen (3 Mo. 24,9), dürfen das Heiligtum nicht betreten usw. Daher die ganze Einrichtung des Priesterstandes. Endlich muß das Heilige vor Verunreinigung (im levitischen Sinn) bewahrt, oder, wenn es je verunreinigt wurde, wieder gereinigt werden (3 Mo. 16,16). Von diesen Schutzmaßregeln abgesehen, haben alle diese heiligen Dinge eine zweifache Bedeutung: entweder dienen sie dem Gottesdienst und ähnlichen Zwecken, in letzter Linie der Darstellung des Volkes Israel als eines heiligen Volks; oder aber müssen sie dem vernichtenden Zorngericht anheimfallen und die Heiligkeit Gottes nach der Seite, die wir oben unter 1 b besprochen haben, zur Anschauung bringen. Vgl. darüber Bann. Übrigens gibt es in beiden Beziehungen verschiedene Grade der Heiligkeit: einen Unterschied von Heiligem und Allerheiligstem; so in der Stiftshütte und im Tempel. Zum Allerheiligsten gehören alle Geräte des Heiligtums; zum Heiligen das Gerüste der Stiftshütte und des Vorhofs (4 Mo. 4,1-20 u. 25 ff.); ein Allerheiligstes sind die Sünd- und Schuldopfer, welche nur von Priestern gegessen werden dürfen (3 Mo. 6,22), nicht aber die Dankopfer, die der Opfernde selbst zur Opfermahlzeit verwenden darf u. dgl. Übrigens gilt jede bewußte Versündigung am Heiligen im Alten Testament als todeswürdiges Verbrechen — zum deutlichen Beweis, daß eben Gottes Heiligkeit selbst in den heiligen Dingen verletzt wird. c) Die Frage, wie ein Ding seine Heiligkeit verliert, ist teils schon im Vorangehenden beantwortet, nämlich durch Verunreinigung oder sonst menschliche Schuld. Aber — und das ist im Unterschied von abergläubischen heidnischen Vorstellungen wichtig — auch Gott selbst kann seine Heiligkeit aus den heiligen Sachen zurückziehen, so daß sie seinen Schutz verlieren (Hes. 24,21, vgl. Jer. 7,12 ff.).

3) Heiligkeit von Personen. Von ihr gilt im Alten Testament bis zu einem gewissen Grad ganz dasselbe wie von Sachen: auch Personen haben teil an dieser äußerlichen Heilig, Heiligkeit, Heiligen, Heiligung, welche ruht teils auf göttlicher Erwählung, teils auf menschlicher Weihe. Beides trifft zum Beispiel zusammen bei der Heilig, Heiligkeit, Heiligen, Heiligung der Leviten (5 Mo. 10,8, göttliche Aussonderung und Erwählung, vgl. 4 Mo. 16,7; 4 Mo. 8,16, Geschenk der Kinder Israel an Gott). Heilig ist das ganze Volk Israel, 2 Mo. 19,6; Gott ist es, der dasselbe heiligt, 2 Mo. 31,13; 3 Mo. 20,8; 21,8; Hes. 37,28; eine höhere Heilig, Heiligkeit, Heiligen, Heiligung, aber wieder in verschiedener Abstusung haben Leviten, Priester, Hohepriester (2 Chr. 23,6; 1 Chr. 23,13). Die Heilig, Heiligkeit, Heiligen, Heiligung verleiht auch diesen Personen eine Unverletzlichkeit, die respektiert werden muß (3 Mo. 21,8, der Priester „soll dir heilig sein“); daher weigern sich die Knechte Sauls, „ihre Hand an die Priester des Herrn zu legen“ (1 Sa. 22,17). Weil Israel „dem Herrn heilig“ (Luther: des Herrn eigen) war, so mußte, „wer sie fressen wollte, Schuld haben und Unglück über ihn kommen“ (Jer. 2,3). Dagegen kommt nun bei Personen neu hinzu, daß.

a) solche auch selbst sich dem Herrn weihen können, um heilig zu werden, natürlich nur unter Einhaltung der von Gott festgesetzten Bedingungen. Auf solchem Weg wurden namentlich die Nasiräer heilig (4 Mo. 6,5. 8, s. d. Art.).

b) Zu der Verpflichtung anderer, sich an den h. Personen nicht zu vergreifen, tritt deren eigene Pflicht, ihrer Heiligkeit gemäß sich zu verhalten. Auch da sind es zunächst äußere Vorschriften, die heilige Personen zu beobachten haben. So ist den Priestern verboten, sich an Leichen zu verunreinigen, wenn es nicht die nächsten Blutsfreunde sind, dem Hohepriester selbst in diesem Fall, usw. (3 Mo. 21,1-15). So sollen die Israeliten als h. Leute sich nicht verunreinigen durch den Genuß unreiner Tiere (3 Mo. 11,44, vgl. 2 Mo. 22,30). Allein gerade hier ist nun der Anknüpfungspunkt für eine äußerst wichtige Verinnerlichung und Vertiefung des Begriffs der Heiligkeit, die schon im Alten Testament beginnt und im Neuen Testament sich vollendet. Indem nämlich ganz allgemein die Forderung auftritt: ihr sollt h. sein, denn ich bin h. (3 Mo. 19,2), wird die göttliche Vollkommenheit selbst als das Vorbild ausgestellt, hinter dem heilige Leute nicht zurückbleiben dürfen, und wird immer mehr das Gottwidrige überhaupt, das heißt die Sünde als das erkannt, das mit der Würde heiliger Leute nicht vereinbar ist. Damit erhält der Begriff heilig mit Einem Wort sittlichen Inhalt, während er nach dem früher Besprochenen nur in gottesdienstl. Sinnbildern die göttl. Vollkommenheit zum Ausdruck brachte. Hiefür ist aber 3 Mo. 19,2 von größter Wichtigkeit; ferner im Alten Testament Stellen wie Ps. 15; 24,3 ff. Doch steht im Alten Testament noch beides, äußere und innere Heiligkeit, sittliche und gottesdienstliche Vollkommenheit, gleichberechtigt nebeneinander; erst im Neuen Testament wird in durchschlagender Weise die sittliche Vollkommenheit zum Hauptinhalt der Heiligkeit erhoben.

c) Auch davon gibt das Alte Testament. schon Proben, daß das Berhältnis des heiligenden Gottes zu den geheiligten Personen selbstverständlich ein ganz anderes ist als zu heiligen Sachen; ist doch bei dem Verhalten wie bei dem Ergehen seiner Heiligen seine eigene Ehre gleichsam mit auf dem Spiel. Darum wacht er mit eifersüchtiger Liebe darüber (vgl. Eifer; Mal. 2,11: Juda entheiligt das Heiligtum des Herrn, das er lieb hat, das heißt eben sein Volk); und seine Heiligen sollen ihn fürchten und auf ihn trauen (Ps. 34,10, vgl. 9). Diese ganze Ordnung heiliger Dinge und Personen im Alten Testament hatte für Israel die Bedeutung eines sinnbildlichen Anschauungsunterrichts und einer sittlichen Einübung. Das dem Ungeweihten unzugängliche Heiligtum sollte lehren, daß niemand mit ungeweihtem Herzen zu Gott nahen dürfe. Die Unverletzlichkeit der h. Dinge sollte eine Scheu vor dem h. Willen Gottes dem Gemüt einprägen. Und die strengen Forderungen, welche der Geheiligte an sich stellen mußte, sollten zum Bewußtsein bringen, wie viel überhaupt die Hingabe an Gott vom Menschen verlange usw. Es war allerdings ein Joch, das diese Satzungen dem einzelnen auferlegten, aber sie sollten zum Zuchtmeister auf Christum werden, der mit der inneren Heiligkeit auch die Freiheit vom äußeren Joch gebracht hat. Auch Christus bezeichnet es als einen Hauptzweck des göttlichen Handelns in der Welt, daß Gottes Name geheiligt werde. Darum hat er als erste Bitte im Vaterunser hingestellt: Geheiligt werde dein Name! Wodurch aber dies erreicht werden soll, zeigt die Bitte Jesu selbst im hohenpriesterlichen Gebet: Heilige sie in deiner Wahrheit (Joh. 17,17), und die in den apostolischen Briefen so oft bezeugte Tatsache, daß die Christengemeinden Gemeinden von „Heiligen“ sind (Röm. 1,7 und ost). Heilige Personen sind im R. T. durchweg die Bausteine, aus denen ein neues Heiligtum erbaut werden soll (1 Pe. 2,5; 1 Kor. 3,17). Ihre Heiligkeit beruht wie bei Christus selbst auf innigster Verbindung und Durchdringung göttlicher Erwählung und menschlicher Selbsthingabe. Christus sagt einerseits von sich, daß ihn der Vater geheiligt, zum „Heiligen“ erwählt habe (Joh. 10,36, vgl. Mk. 1,24), andererseits, daß er sich selbst heilige, daß er sein Leben und zwar bis in den Tod weihe (Joh. 17,19). Dieses Handinhandgehen göttlicher Erwählung und menschlicher Hingabe an Gott wünscht Jesus auch für seine Jünger, damit sie geheiligt seien „in Wahrheit“; das zu ermöglichen und zu verwirklichen, hat er sich selbst Gott hingegeben (Joh. 17,19, vgl. darüber Jesus Christus). Und daß dies bei den Christen der apostolischen Gemeinden wirklich zutrifft, beweist einerseits die Benennung derselben als berufene Heilige (Röm. 1,7), andererseits die Aufforderung an dieselben, ihre Leiber Gott als ein heiliges Opfer darzustellen (Röm. 12,1). Das Band aber, welches den heiligenden Gott in Christus mit dem Geheiligten aufs innigste verbindet, ist Gottes heiliger Geist (vgl. Geist, 1 Pe. 1,2; 2 Th. 2,13; Röm. 15,16). Seine Einwohnung verleiht den Christen den Charakter heiliger Unverletzlichkeit, aber nicht sowohl gegenüber den Angriffen äußerer Feinde, als gegenüber den Versuchungen der Sünde. Und darüber zu wachen, daß dieser heilige Tempel Gottes nicht verderbt werde, ist vor allem Aufgabe der Geheiligten selbst (1 Kor. 3,16 f.). So fordert denn der Stand der Heiligkeit, in dem die Christen stehen, von ihnen immer erneute und vertiefte Hingabe an Gott, aber auch immer entschiedenere Lossagung von der Welt (Röm. 6,19). Das geschieht aber im Neuen Bund nicht mehr durch Beobachtung äußerer Satzungen, das Halten heiliger Tage, die Vermeidung unheiliger Speisen (Gal. 4,9. 10; Kol. 2,16), sondern durch einen heiligen, in der Furcht Gottes geführten Wandel (1 Pe. 1,15-17; 2 Kor. 7,1), der unter dem Gesetz des Geistes, nicht unter dem des Buchstabens steht. Vgl. Artikel Heilige, Kirchenler. I, 729 f.

4) Engel heißen heileg, weil sie der heiligen Himmelswelt angehören, die ganz ein Schauplatz der Heiligkeit Gottes ist, Hi. 5,1; Ps. 89,8; Sach. 14,5; Mt. 25,31. Daß sie auch innerlich an dieser Heiligkeit teilnehmen durch Hingabe an Gottes Dienst, darüber s. Engel.