Einführung und persönliche Eindrücke von der Sommerbibelschule
Live von der Sommerbibelschule – Eindrücke und Gedanken zum Jakobusbrief
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und diese Woche habe ich für euch exklusive Eindrücke von der Sommerbibelschule in Volkenroda.
Ja, Jürgen und Marco, den ihr vorhin gesehen habt, sind irgendwie so die Väter der Sommerbibelschule. Ich sage nicht Großväter, so fies bin ich nicht. Genau, sie sind die Erfinder der OBS, dem Vorläufer der Sommerbibelschule. Ihnen haben wir also zu verdanken, dass es uns gibt. Wir sind dir sehr dankbar, dass du uns noch nicht verlassen hast, sondern uns immer noch als junge Köche aushältst und deine Weisheit mit uns teilst.
Wir schätzen dich als väterlichen Freund und sind sehr dankbar, dass du heute die Predigt halten wirst. Ich würde gern noch dafür beten.
Es gibt diese Momente, von denen Katrin eben gesprochen hat. Man geht wegen einer kleinen OP ins Krankenhaus – es ist eine Herz-OP – aber man denkt sich nichts dabei. Es gibt eine 0,6 Wahrscheinlichkeit, dass es Probleme gibt. Du gehst ins Krankenhaus und greifst voll in diese 0,6.
Du wachst dann 42 Stunden später auf einer Intensivstation wieder auf und hast nicht nur deine ursprüngliche OP hinter dir, sondern gleich noch eine Not-OP, weil alles komplett schiefgelaufen ist. In der Zwischenzeit weiß deine Frau nicht, ob du es schaffst oder nicht.
Und du hast dich an dieser Stelle ja nicht innerlich darauf vorbereitet. Es kommt einfach so. Das ist Leben.
Aufbau der Predigt und thematische Einführung
Ich möchte heute zwei Dinge mit euch tun. Zum einen möchte ich mit euch über Jakobus Kapitel 5, Verse 7 bis 11 nachdenken. Ich werde diesen Abschnitt auslegen.
Danach hat mich meine Tochter gebeten, etwas dazu zu sagen, wie man am Glauben über die Jahrzehnte hinweg dranbleibt. Es gibt also eine Doppelpredigt. Sie wird nicht doppelt so lang, aber dennoch in zwei Teile gegliedert sein. Zuerst lege ich euch den einen Teil aus und anschließend spreche ich zum Thema Dranbleiben.
Dranbleiben mag für die jungen Leute vielleicht eine lustige Sache sein, weil ihr ja noch nicht alle angefangen habt. Trotzdem wird es wichtig sein, durchzuhalten.
Schlagt bitte auf Seite 94 in den Teilnehmerunterlagen auf. Dort findet ihr den Text.
Ich möchte am Anfang sagen, wo wir stehen: Wir waren heute Morgen in der stillen Zeit bei einem Text stehen geblieben, der eine Warnung darstellt – eine Warnung an Großgrundbesitzer. Jetzt geht Jakobus einen Schritt weiter. Er wendet sich an die Unterdrückten.
Die Frage lautet: Wie soll ich reagieren, wenn ich Gewalt erfahre? Die Antwort lautet: Nicht auch mit Gewalt, sondern mit Geduld.
Geduld als christliche Tugend in schwierigen Zeiten
Jakobus 5,7: Habt nun Geduld, Brüder, bis zur Ankunft des Herrn.
Die Antwort auf böse Zeiten ist nicht böses Verhalten, sondern Geduld.
Was ist Geduld? Geduld ist die Fähigkeit, inmitten von Herausforderungen und Provokationen langmütig zu bleiben und nicht aus der Haut zu fahren. Wenn ihr das studiert, werdet ihr feststellen, dass Geduld eine Frucht des Geistes ist. Sie zeigt, dass ich in meinem geistlichen Leben ein reifer Christ bin, dass etwas gewachsen ist und dass Jesus in mir sichtbar wird.
Warum kann ich als Christ einfach geduldig sein, obwohl mir Böses widerfährt? Die Antwort ist ganz einfach: Ich kenne den Gott der Geschichte. Ich kenne den Gott, der wirklich den Überblick hat. Ich kenne den Gott, der genau weiß, was wann dran ist.
Deshalb kann der Psalmist Folgendes formulieren:
Psalm 37,5-8:
„Befiehl dem Herrn deinen Weg und vertraue auf ihn, so wird er handeln.“
Was ist, wenn ich das mache und es dauert jetzt ein wenig? Manchmal handelt Gott ja nicht gleich.
Vers 7:
„Schweige vor dem Herrn und harre auf ihn. Entrüste dich nicht über den, dessen Weg gelingt, über den, der böse Pläne ausführt. Lass ab vom Zorn und lass den Grimm, entrüste dich nicht, es führt nur zum bösen Handeln.“
Oder Psalm 27,14 schlägt eine ganz ähnliche Kerbe:
„Harre auf den Herrn, sei stark, und dein Herz erweise sich als mutig. Harre auf den Herrn.“
Wisst ihr, das, was ihr hier in den Psalmen mitbekommt, nennt man heute intelligente Selbstfürsorge.
Ich bin mitten im Chaos und spreche zu mir selbst, zu meiner Seele, die so unruhig ist. Ich sage meiner Seele: „Hör her, Seele, harre auf den Herrn. Hör bloß nicht damit auf, auf Gott zu warten.“
Geduld im Leid – das Bild des Bauern und die Hoffnung auf Gottes Eingreifen
Und in dieselbe Kerbe, die wir hier bei den Psalmisten sehen, schlägt auch Jakobus. In Jakobus 5,7 heißt es: „Habt nun Geduld, Brüder, bis zur Ankunft des Herrn! Siehe, der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde und hat Geduld ihretwegen, bis sie den Früh- und Spätregen empfängt. Habt auch ihr Geduld, stärkt eure Herzen!“
Ich meine, ich bin kein Bauer. Alles, was ich über das Bauersein weiß, habe ich nur aus der Bibel gelernt. Sonst hätte ich noch weniger Ahnung. Aber so ein Bauer weiß, dass seine Ernte, wenn sie etwas werden soll, zwei Regenzeiten braucht. Sie benötigt den Frühregen, der witzigerweise aus unserer Zeitrechnung im Spätherbst stattfindet, und den Spätregen, der, wenn wir darauf schauen, im Frühjahr fällt.
Also braucht er diese beiden Regenzeiten und wartet darauf, dass sie einfach passieren. Ein Bauer wartet – und leidende Christen tun genau dasselbe. Sie wissen, dass ihr Leid Teil einer, ich nenne es mal, größeren Erntegeschichte ist. Es geht darum, dass wir Frucht bringen.
Wenn ich das Neue Testament daraufhin studiere, wie man Frucht bringt und welche Rolle Leid dabei spielt, stelle ich fest, dass Gott Leid einsetzt, um zum Beispiel Rettung, Wachstum und die Ausbreitung des Evangeliums zu fördern. Wenn du Leid erlebst, liest du in der Bibel von Menschen, die leiden und im Glauben gestärkt werden. Wir lesen auch von Menschen, die leiden, und plötzlich merken wir, dass die Gemeinschaft der Gemeinde besser wird. Oder wir lesen von einer Gemeinde, die verfolgt wird und leidet, und plötzlich breitet sich das Evangelium aus.
Zurück zum Bild: Der Bauer wartet geduldig, weil er weiß, dass Zeit gebraucht wird. Und wir dürfen genauso geduldig sein. Auch wir dürfen warten – mitten im Leid, da wo Dinge schwierig sind. Wir dürfen einfach warten, und zwar auf die Ankunft des Herrn.
Die Bedeutung der Ankunft des Herrn und Gottes Eingreifen
Nochmal zu dem Text aus Jakobus Kapitel 5, den Versen 7 und 8:
„Habt nun Geduld, Brüder, bis zur Ankunft des Herrn!“ „Habt auch ihr Geduld, stärkt eure Herzen, denn die Ankunft des Herrn ist nahegekommen.“
Jesus kommt wieder, das wissen wir. Wenn wir hier im Text von der Wiederkunft oder Ankunft des Herrn lesen, dann müssen wir, die wir die Bibel ein wenig kennen, aufpassen, dass wir nicht zu schnell an die Wiederkunft Jesu zum Gericht denken.
Wir wissen, dass Jesus am Ende der Zeit kommen wird. Dann wird plötzlich überall Frieden sein. Ganz unerwartet, in einer Zeit des Friedens, wird der Herr Jesus zum Gericht wiederkommen.
Aber – und das ist jetzt wichtig, dass wir das verstehen – dieses Wiederkommen zum Gericht ist nicht das einzige Kommen Jesu. Er wird vorher schon einmal zum Gericht über Israel kommen. Das hat dann auch tatsächlich siebzig Jahre nach Christus stattgefunden.
Wenn ihr die Offenbarung lest, werdet ihr feststellen, dass der Herr Jesus dort zu unbußfertigen Gemeinden spricht und sagt: „Hey, ich werde auch kommen, nämlich um zu richten.“
Zum Beispiel heißt es in Offenbarung 2,5:
„Denke nun daran!“ Da spricht er an die Gemeinde in Ephesus, die ihre erste Liebe verlassen hat.
Und Jesus sagt zu dieser Gemeinde: „Denke nun daran, wovon du gefallen bist, und tue Buße, und tue die ersten Werke! Wenn aber nicht, so komme ich zu dir und werde deinen Leuchter von seiner Stelle wegrücken, wenn du nicht Buße tust.“
Ich will euch das so zeigen, weil wir, wenn wir von der Ankunft oder Wiederkunft des Herrn reden, gerne ganz weit nach vorne denken. Aber es kann sein, dass Jakobus hier gar nicht dieses spezifische Kommen Jesu am Ende der Zeit vor Augen hat, sondern allgemein, ganz allgemein ein richterliches Eingreifen von dem Herrn Jesus meint.
Man könnte also die Stelle aus dem Jakobusbrief auch ein bisschen freier übersetzen in dem Sinne, dass man sagt:
„Habt Geduld, Geschwister, bis der Herr eingreift und euch rettet; habt Geduld, fasst Mut!“
Warum? Weil sein Eingreifen nahe ist.
Jetzt, inwiefern ist das Eingreifen Jesu nahe?
Antwort: Insofern, als Jesus – oder sagen wir es mal allgemeiner – insofern, als Gott mit uns keine Spielchen spielt. Gott möchte uns nie Böses tun. Wenn Gott Dinge verzögert, aus unserer Perspektive, dann gibt es dafür immer Gründe.
Und die Frage ist: Wenn er nicht sofort handelt und wenn er diese Zeiten zulässt, in denen Schwierigkeiten da sind, wie gehen wir damit um?
Gebet und die Erwartung auf Gottes Rechtfertigung
Und das Spannende ist, dass dieses Problem, nämlich das Leid, und das Warten auf Gottes Rettung, bereits von dem Herrn Jesus aufgegriffen wurde. Hier ein Text aus Lukas Kapitel 18. Es geht eigentlich ums Gebet, und am Ende eines Gleichnisses über das Gebet lesen wir in Lukas 18, Verse 7 und 8:
„Gott aber, sollte er das Recht seiner Auserwählten nicht ausführen, die Tag und Nacht zu ihm schreien? Sollte er es bei ihnen lange hinziehen? Ich sage euch, dass er ihr Recht ohne Verzug ausführen wird. Doch wird wohl der Sohn des Menschen, wenn er kommt, den Glauben finden auf der Erde?“
Du hast also eine Leit-Situation, und jetzt redet Jakobus über Geduld. Er spricht über Geduld, weil Gott dich im Leid drinlässt, obwohl du die ganze Zeit betest. Liegt das denn an Gott? Ist Gott nicht willig oder nicht bereit, dich zu retten?
Hier lesen wir, dass Gott nicht zögert, uns zu retten. Er handelt tatsächlich ohne Verzug. Aber in diesem großen Paket Leben oder Geschichte gibt es noch andere Akteure. Deshalb handelt Gott vielleicht jetzt einfach noch nicht.
Die Frage, die Jesus hier seinen Zuhörern in solchen Situationen stellt – wenn du betest und Gott dein Gebet nicht sofort erhört, sondern dich in der Situation lässt – lautet: „Sag mal, wenn ich dann komme, was werde ich denn bei dir finden?“
Ist da Glaube bei dir, wenn ich komme? Oder ist da vielleicht Resignation? Wirst du ausharren und geduldig warten, einfach weil du mir vertraust? Oder wirst du vielleicht in der Zwischenzeit aufgeben, mich verleugnen und womöglich deinen Glauben wegwerfen?
Jesus sagt, er kommt tatsächlich so schnell, wie die Umstände es erlauben, um dich zu retten. Aber was wird er bei dir finden?
Wenn man das miteinander vergleicht – Lukas 18 und Jakobus Kapitel 5 – merkt man, wie ähnlich Jakobus und sein Halbbruder argumentieren.
Ich muss zugeben, es macht mir total Spaß, mit euch den Jakobusbrief zu studieren. Es macht mir persönlich Freude, diese Bezüge zwischen Jesus und Jakobus herzustellen. Manchmal habe ich den Eindruck, Jakobus ist vielleicht der Briefeschreiber im Neuen Testament, der am besten verstanden hat, wie Jesus „tickt“.
Und es muss ja auch so sein, wenn du mit so jemandem groß wirst und mehr oder weniger zwei Jahrzehnte mit ihm Zeit verbracht hast. Man merkt, er weiß genau, worum es geht.
Umgang mit Frustration und das richtige Seufzen unter Druck
Aber kommen wir zurück zu unserem Text: Jakobus Kapitel 5, Vers 9: „Seuft nicht gegeneinander, Brüder, damit ihr nicht gerichtet werdet; siehe, der Richter steht vor der Tür.“
Bevor ich diesen Text auslege, möchte ich eine Einschränkung machen. Die Einschränkung lautet etwa so: Es ist noch keine Sünde, wenn man mal frustriert ist, okay? Gerade wenn du Gemeindeleiter bist, darfst du auch schon mal kurz über die Begriffsstutzigkeit und die Dummheit deiner Schäfchen seufzen. Das ist völlig in Ordnung.
Ich darf meinen Frust auch artikulieren, sogar gegenüber den Betroffenen. Das ist noch keine Sünde. Wir sehen das bei Jesus, dass er durchaus auch mal bereit ist, seinen Unmut zu äußern. Ich habe euch eine Stelle mitgebracht, Lukas Kapitel 24. Das ist nach der Auferstehung. Eigentlich ist die Sache durch, jeder könnte jetzt verstehen, was passiert ist – natürlich versteht es niemand.
Deshalb lesen wir in Lukas 24, Verse 25 und 26: Da spricht der auferstandene Jesus zu den beiden Emmaus-Jüngern: „Ihr Unverständigen und im Herzen zu träge, an alles zu glauben, was die Propheten geredet haben! Musste nicht der Christus dies leiden und in seine Herrlichkeit eingehen?“ Das darf man auch schon mal sagen.
Deswegen könnte meine Ansprache nächstes Jahr lauten: „Oh, ihr Unverständigen und Trägen, alles zu prüfen und umzusetzen, was euch letztes Jahr auf der SOPS gepredigt wurde!“ Das wäre nicht schlimm.
Ich darf als Bibellehrer tatsächlich erwarten – und wir dürfen das erwarten –, dass ihr unsere Predigten am Wort Gottes prüft. Wenn ihr dann sagt: „Ja, das war richtig, was er gesagt hat“, dann dürfen wir erwarten, dass ihr das umsetzt.
Jedenfalls dürft ihr euch nicht darüber beschweren, dass wir uns über dumme und gleichgültige Zuhörer ärgern. Wir dürfen das auch mal sagen. Das ist noch keine Sünde – das war die Einschränkung.
Kommen wir zurück zu unserem Text, denn das ist nicht das, was Jakobus meint. Hier steht: „Seuft nicht gegeneinander, Brüder, damit ihr nicht gerichtet werdet; siehe, der Richter steht vor der Tür.“
Jesus spricht hier von einem Seufzen, das mit dem Thema Geduld zu tun hat. Man merkt das daran, dass es auch im nächsten Vers gleich wieder mit dem Thema Ausharren und Geduld weitergeht.
Es geht also um ein Seufzen, das so sündig ist, dass Gott mich dafür richten wird. Und es geht darum, dass ich über andere Christen seufze. Es steht ja hier: „Seuft nicht gegeneinander.“
Worum geht es also? Jakobus spricht hier zu Menschen, die unter Druck stehen – unter Stress und Belastung. Wenn in meinem Leben die Probleme zunehmen, fördern diese Dinge Ungeduld.
Es geht um ein Seufzen, das aus Ungeduld entsteht. Ich seufze, weil andere Christen mit ihren Einschränkungen, ihrem Unverständnis und ihren eigenen Problemen mir im Weg stehen. Ja, ich will meine Probleme lösen, aber ich will jetzt kein Lastenträger für andere sein.
Wenn ich unter Druck stehe, will ich jetzt auch nicht andere Geschwister lieben, sondern erst einmal meine Probleme in den Griff bekommen.
Und wisst ihr, weil meine Probleme, die ich jetzt habe, so viel wichtiger sind als die Probleme aller anderen Leute in der Gemeinde, deshalb: wehe, wehe, wenn die anderen nicht funktionieren, wenn sie mir nicht helfen oder mir nicht so helfen, wie ich mir das vorstelle. Oder schlimmer noch: wenn sie wollen, dass ich, wo ich so viel Druck und Probleme habe, ihnen helfe.
Dass sie plötzlich denken, ihre Probleme seien wichtiger als meine. Wehe, Freunde, wehe! Was bilden die sich ein? Sehen die nicht, wie schlecht es mir geht? Wie kommen die auf den Gedanken, dass ich noch Kraft für ihre Probleme habe? Oder Lust auf ihre Sorgen?
Das ist hier mitgemeint. Versteht ihr das? Dieses „Seuft nicht gegeneinander, Brüder“ meint genau dieses: Ich stehe unter Druck, und die anderen werden mir einfach zur Last.
„Seuft nicht gegeneinander, Brüder, damit ihr nicht gerichtet werdet. Siehe, der Richter steht vor der Tür.“
Bitte vergiss auch, wenn du unter Druck stehst, nie, dass deine Geschwister ein Recht darauf haben, dass du ihnen beistehst. Und ja, wenn ich gerade eigene Probleme habe, dann wird das natürlich schwieriger.
Wenn es mir selbst nicht gut geht, fällt es mir wirklich schwer, auch noch einen Blick für die anderen zu behalten. Aber seufzen – das geht gar nicht.
Wenn wir das tun, verachten wir die Geschwister. Dann fehlt es uns im Umgang mit den Geschwistern tatsächlich an Liebe. Und dann wird Gott – das muss uns einfach klar sein – uns dafür richten.
Geduld und Ausharren – Vorbilder aus der Bibel
Ich hatte gesagt, es geht um ein Seufzen im Kontext von Geduld. Das merkt man jetzt, wenn man weiterliest, denn es geht zurück zu dem Thema aus Jakobus Kapitel 5, Verse 10. Dort heißt es: „Nehmt, Brüder, zum Vorbild des Leidens und der Geduld die Propheten, die im Namen des Herrn geredet haben.“ Siehe, wir preisen die Glückseligen, die ausgeharrt haben.
Ihr merkt, wir sind beim Thema Geduld. Propheten sind hier ein Vorbild, wenn es darum geht, geduldig Leid zu ertragen. Dabei ist es wichtig, dass wir, wenn wir über Propheten nachdenken, eines verstehen: Für uns sind diese Personen, die im Alten Testament beschrieben werden, ganz schnell in unserem Kopf irrtümlicherweise geistige Überflieger.
Diese Menschen haben zwar auch Schlimmes erlebt, aber man kann leicht denken, sie seien einfach ganz besondere Menschen gewesen. Davor müssen wir uns hüten. Jakobus will genau verhindern, dass dieser Eindruck entsteht.
Wenig später, in Jakobus 5,17, lesen wir über Elija. Dort steht, dass Elija ein Mensch mit denselben Gemütsbewegungen war wie wir. Jakobus möchte also sagen, dass die Propheten des Alten Testaments eigentlich ganz normale Menschen waren. Keine geistlichen Überflieger. Und genau weil sie so normal sind, taugen sie für uns als Vorbild, wenn es um Geduld im Leid geht.
Wenn ihr euch mit dem Leben der Propheten im Alten Testament beschäftigt, werdet ihr feststellen, dass sie es oft sehr schwer hatten. Nicht ihr ganzes Leben lang, aber sehr häufig gab es Momente, in denen deutlich wird: Leid gehörte definitiv zum Erfahrungsschatz der Propheten.
Der entscheidende Punkt ist, dass die Propheten Leid immer mit Geduld und Ausharren begegneten. Sie sahen das Leid aus der Perspektive einer, ich nenne es mal, robusten Gottesbeziehung. Sie sind alles andere als leidgeil. Niemand möchte als Märtyrer sterben, niemand strebt danach, möglichst schnell umgebracht zu werden. Die Propheten waren psychisch gesund. Trotzdem gingen sie, wo es nötig war, dem Leid nicht aus dem Weg.
Rückblickend sagt Jakobus in Jakobus 5,11: „Siehe, wir preisen die Glückseligen, die ausgeharrt haben.“ Im Text geht es dann weiter, und Jakobus nimmt ein konkretes Beispiel für Ausharren: Hiob.
Habt ihr von Hiob gehört? Ich weiß nicht, wie es euch geht, wenn ihr Hiob lest. Vielleicht seid ihr ein wenig verwundert. Ist Hiob bei seinem Ausharren nicht der Typ, der den Tag seiner Geburt verwünscht und am liebsten gar nicht geboren wäre? Oder ist Hiob nicht derjenige, der mit seinen Freunden so gar nichts anfangen konnte, als diese kamen, um ihm zu helfen?
Der Punkt ist: Ja, genau das. Und trotzdem finde ich es genial, dass Jakobus genau Hiob als Vorbild für Ausharren nennt. Warum? Weil wir bei Ausharren wahrscheinlich zuerst an Passivität denken – so eine stoische Passivität. Man steht wie ein Fels in der Brandung, und nichts kann einen umwerfen. So ein „Ich lasse Gottes komische Ideen von Leben über mich ergehen“, ein Monolith.
Wenn du dir Hiob anschaust, merkst du, dass das falsch ist. Natürlich gibt es Momente, in denen man sich vor Leid versteckt. Die gibt es immer. Gott ist mein Schild, hinter dem ich mich bergen darf. Ich darf mich im Leid verstecken. Aber ich muss auch begreifen, dass Ausharren im Leid viel mehr ist, als sich nur vor dem Leid zu verstecken.
Hiob ist hier ein großartiges Beispiel. Wenn du dir Hiob anschaust, erkennst du, dass er als Vorbild für Ausharren wirklich beeindruckend ist. Ich habe mal überlegt, wofür Hiob steht. Und ich habe gemerkt, dass es eine ganz verrückte Mischung ist.
Es ist eine Mischung aus absoluter Ehrlichkeit – die Freunde sagen ihm, er habe gesündigt, aber er sagt: Nein, habe ich nicht, Punkt. Dann absolute Sturköpfigkeit und ein unglaubliches Durchhaltevermögen. Dazu kommt das Ringen mit Gott und die tiefen geistlichen Überzeugungen, die er immer wieder einbringt.
Das ist die Mischung, aus der Hiobs Ausharren besteht. Er lässt sich weder von den seltsamen Vorschlägen seiner Frau, noch von der falschen Theologie seiner Freunde, noch von den Umständen unterkriegen. Das ist beeindruckend! Er hält einfach an Gott fest und läuft weiter und weiter und weiter.
Weil er an Gott festhält – und zwar an Gott als Person, als Freund und als Hoffnung – erlebt er, was ich kognitive Dissonanzen nenne. Es entsteht eine Spannung: Hier ist Gott mein Freund, von dem ich weiß, dass er mich liebt. Und doch verstehe ich ihn nicht. Ich verstehe nicht, wo er ist, ich verstehe nicht, was er gerade mit mir macht. Aber ich möchte ihn als Freund nicht verlieren.
Versteht ihr diese Spannung? Ich verstehe Gott nicht, aber ich will ihn auch nicht verlieren. In dieser Spannung findet Ausharren statt. Nicht als etwas Passives, bei dem ich wie ein Monolith dastehe und mich von dem, was passiert, nicht berühren lasse. Sondern als Ringen mit Gott.
Ich bleibe dran, wie Hiob – im Glauben und nicht im Schauen. Hiob weiß nicht, wie die Geschichte ausgeht. Er erträgt den Verlust seines Besitzes, den Verlust seiner Kinder, den Verlust seiner Gesundheit und seines guten Rufs. Er erträgt eine dumme Frau, dumme Freunde und eine Gesellschaft, die ihn meidet.
Aber er bleibt die ganze Zeit an Gott dran. Er läuft einfach immer weiter. Er hört nicht auf mit Glauben, Geduld und Ausharren. Er macht einfach immer weiter und wartet auf Gott, darauf, dass Gott ihn rettet.
Dann heißt es hier: „Und das Ende des Herrn habt ihr gesehen, dass der Herr voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist.“ Wenn hier „das Ende des Herrn“ steht, ist nicht das Ende Gottes gemeint, sondern das Ende der Leidensgeschichte Hiobs. Ein Ende, das seinen Ursprung in Gott hat.
Also, wenn hier steht „das Ende des Herrn habt ihr gesehen“, dann ist das gemeint: das Ende der Leidensgeschichte, so wie Gott dieses Ende bewirkt. Für alle, die sich dafür interessieren: Das ist ein Genitivus auctoris, ein Genitiv des Ursprungs.
Die Art und Weise, wie Gott am Ende mit Hiob umgeht und alles wieder gut macht, zeigt etwas von dem Mitgefühl und der Barmherzigkeit Gottes. Wir können das nachlesen, studieren und uns davon inspirieren lassen. Wir können es als Vorbild nehmen.
Deshalb lasst uns, wenn Zeiten kommen, in denen du sagst: Das ist mir einfach viel zu heftig, wie Hiob ganz aktiv einsteigen. Ihr dürft sogar klagen, aber ihr solltet nicht anklagen. Wenn ihr Fragen habt, dann müssen die raus.
Lasst uns an dieser Stelle die Lektion von Jakobus wirklich lernen: Ausharren, Dranbleiben, Weiterlaufen – das ist nötig, um im geistlichen Leben zu überleben und am Ende anzukommen.
Praktische Tipps zum Dranbleiben im Glauben über Jahrzehnte
So, das war Teil eins. Es ging um die Auslegung von Jakobus Kapitel fünf, Verse sieben bis elf. Ein relativ einfacher Text, wie ihr gemerkt habt. Man kann dazu nicht viel sagen, aber gerade weil er sich so einfach predigen lässt, kann ich euch jetzt schon versprechen: Ihr dürft ihn ein Leben lang einüben. Das ist einfach so. Es sind so simple Wahrheiten, bei denen du jedes Jahr neu dazulernen kannst.
Dann kam meine Tochter auf mich zu und sagte: „Papa, du hast doch dieses Thema Ausharren. Kannst du etwas dazu sagen, wie man als Christ so länger durchhält, über Jahrzehnte hinweg? Also nicht nur ausharren im Jakobusbrief, sondern ausharren grundsätzlich.“
Ich dachte mir: Ich habe mich 1987 bekehrt und seit dieser Zeit tatsächlich eine Menge erlebt – eine Menge erlebt mit Gott und auch mit Menschen. Ich kenne die Schattenseiten von Gemeinden, ich kenne Verrat, Arroganz und Videos, die mich als Irrlehrer diffamieren. Ich kenne Geschwister, die meine Predigten hören, aber bei denen sich nichts im Leben ändert. Ich bin schon ausgenutzt worden, angelogen worden, man hat mich in diverse Schubladen gesteckt, in die ich gar nicht rein wollte, und so weiter.
Also, ich habe das alles erlebt, aber ihr seht, ich bin immer noch dabei. Warum?
Als Katrin das so sagte, dachte ich mir: Macht es überhaupt Sinn, wenn ich euch das mal so zeige? Jetzt kommen sieben absolut subjektive Punkte – sieben Dinge, bei denen ich sage: Die stehen da halt, und sie sorgen dafür, dass mein Leben mit Gott weiterläuft.
Wenn du sagst, ich kann damit nichts anfangen, hey, ist geschenkt! Das ist jetzt nicht Wort Gottes, das ist einfach nur Jürgen, der mal so sagt, was er so ein bisschen treibt. Ich bringe einfach mal sieben Punkte, die mir halt helfen. Und vielleicht ist ein oder zwei dabei, bei denen du sagst, da denke ich noch mal drüber nach.
Gut, also sieben Tipps, die mir dabei helfen, einfach dran zu bleiben und nicht auszubrennen.
1. Heiliger Egoismus – die Entscheidung für die Ewigkeit mit Gott
Fangen wir mit dem ersten Tipp an. Der erste Tipp heißt heiliger Egoismus. Ich habe mich entschieden, die Ewigkeit mit Gott verbringen zu wollen. Ihr habt diese Entscheidung ebenfalls getroffen. Und ich gebe auf dem Weg dahin keinem Menschen das Recht, mich von diesem Weg wieder abzubringen.
Ich bin da ein bisschen schräg, das wisst ihr schon. Ich sage zum Beispiel Dinge wie: Mein Lieblings-Anbetungslied ist „Nothing Else Matters“ von Metallica – und das ist wirklich so. In diesem Lied, falls ihr es nicht kennt, gibt es eine Strophe, in der es heißt: „Never cared for what they do, never cared for what they know.“
Mir ist wirklich egal, was andere Leute denken oder wissen, und mir ist auch egal, was sie tun. Das ist das Credo meines Lebens. Mir ist egal, was die anderen tun, und mir ist egal, was die anderen meinen zu wissen. Mir ist das in letzter Konsequenz wirklich egal, denn ich will die Ewigkeit mit Gott verbringen.
Wenn Menschen mich enttäuschen, wenn diese Welt sich als Vorhölle entpuppt oder wenn ich über meine eigenen persönlichen Grenzen nur noch heulen könnte, dann hole ich mein Credo heraus und gehe weiter.
Ich bin derjenige, der morgens aufwacht, sein Kreuz aufnimmt und einfach weitergeht. Ich erwarte von dieser Welt nichts. Natürlich freue ich mich riesig über das, was Gott mir schenkt. Ich habe da gar kein Problem mit. Aber ich mache für den Ausgang meines Lebens nur eine Person verantwortlich – und das bin ich selbst.
Ich habe mich entschieden, am Ende bei Gott anzukommen. Weder meine Hormone, noch andere Menschen, noch der Zeitgeist, noch der Teufel mit seinen Lügen geben mir das Recht, mich davon wieder abzubringen.
Das ist der erste und vielleicht wichtigste Punkt. Wenn ich manchmal schräg rüberkomme, denke ich an mein Credo: Ich will ankommen. Und ich kann nur jedem raten, sich zu trauen, diesen heiligen Egoismus zu leben.
Ich weiß, das ist ein ganz komisches Wort – heiliger Egoismus. Es klingt widersprüchlich, dass man das so ausdrückt. Aber ihr habt vielleicht ein bisschen verstanden, worum es dabei geht.
2. Gottes Wort im Herzen als Lebensfundament
Ein weiterer Punkt, der mich ebenso hat dranbleiben lassen, ist Gottes Wort im Herzen. Ich komme aus einer desaströsen Kindheit, in der die Ideen von Menschen, die für mich verantwortlich waren, mein Leben ruiniert haben.
Deshalb habe ich mit dem Moment meiner Bekehrung eine Entscheidung getroffen: Ich baue mein Lebenshaus auf den Felsen. Ich vertraue Gottes Wort. Ich will es lesen und studieren, darüber nachdenken und es im Herzen tragen. Ich werde danach leben.
Dabei möchte ich es nicht einfach von anderen Leuten übernehmen. Das hat viel mit meiner Kindheit zu tun. Ich misstraue jedem, sogar jedem Prediger. Deshalb will ich es selbst lesen, selbst durchdenken und mir eigene Gedanken machen. Ich will es auswendig lernen.
Ich gebe dem Wort Gottes das Recht, in jeden einzelnen Bereich meines Lebens hineinzusprechen und mich überall so zu verändern, wie Gott es sich vorstellt. Ich möchte wirklich alles an Dummheit, Lüge, Sünde und Selbstbetrug aus meinem Leben entfernen. Ich will das loswerden – so schnell wie möglich.
Deshalb werde ich genau das tun, was Gottes Wort sagt. Ich bin da absolut gnadenlos. Wenn das Wort Gottes sagt, segne deine Feinde, dann werde ich sie segnen, obwohl ich ihnen eigentlich die Pest an den Hals wünschen möchte.
Und wenn dort steht, du sollst deine Sorgen bei Gott abgeben, dann werde ich das tun, obwohl es sich manchmal richtig gut anfühlt, auch mal Opfer zu sein. Egal, was da ist, ich werde Sünden bekennen, weil Gott sagt, gib sie ihm zurück und so weiter.
Ich werde einfach genau das tun, was Gottes Wort sagt. Und ich kann nur sagen: Nach all den Jahren – ich weiß nicht genau, seit 1987, ich kann selbst rechnen – hat sich das unglaublich bewährt. Ich bin an dieser Stelle einfach nur glücklich.
3. Gelassenheit durch das Buch Prediger
Dritter Punkt: Ich liebe das Buch Prediger, ich liebe es unendlich. Ich liebe es, weil es so grundehrlich ist. Deshalb weiß ich: Die Welt, in der ich lebe, ist laut Bibel nichtig und kaputt. Und sie wird auch durch meine Bekehrung nicht wieder heil.
Es ist wichtig, dass wir das verstehen. Wir leben auf Hoffnung hin, in einer nichtigen Schöpfung, die nicht fair, nicht logisch und auch nicht gerecht ist. Wir leben in einem Flickenteppich aus Zufall und Vergänglichkeit, wo das Unvorhergesehene einfach von der Seite hereinkommt und alles kaputtmachen kann.
Und wisst ihr, was dieses Wissen um die Kaputtheit der Schöpfung bei mir auslöst? Die Schöpfung, in der ich lebe und die ich nicht repariert kriege? Bitte seid nicht überrascht: Es löst bei mir Gelassenheit aus. Ich bin unglaublich gelassen. Der Prediger hat mich gelassener gemacht als jedes andere Buch der Bibel.
Warum? Weil ich weiß, dass ich da, wo ich heute stehe, am Ziel bin. Ich sage den Satz noch einmal, weil er so wichtig ist – und ihr könnt dazu Prediger 9,7 auswendig lernen: Ich weiß, dass da, wo ich heute stehe, ich am Ziel bin. Ich muss wirklich nur das tun, was in meiner Kraft steht. Ich muss nur den Weg gehen, den Gott vor mir öffnet.
Ich kann völlig humorvoll damit umgehen, dass Dinge nicht in meinem Sinn verlaufen. Das muss ja auch irgendwo sein. Ich weiß, dass Zeit und Geschick mich jederzeit treffen und mir jederzeit einen Strich durch die Rechnung machen können.
Ich weiß nicht, wie lange die Gemeinde, die ich gründen durfte, bestehen wird. Wisst ihr, einfach mal nüchtern bleiben – das ist super wichtig. Ich erwarte nicht, dass diese kaputte Welt mich glücklich macht oder dass ich sie durchschaue. Sie ist ein Auslaufmodell.
Ich seufze, weil die Schöpfung seufzt. Die Schöpfung seufzt – ich seufze mit. Und ich hoffe, ihr wisst, worauf: auf eine neue Welt. Da will ich hin.
4. Geistliche Erholung und Gemeinschaft als Kraftquelle
Der vierte Punkt ist für mich sehr, sehr wichtig, weil ich manchmal dazu neige, zu viel zu arbeiten. Deshalb gönne ich mir bewusst Freude und viel Ruhe. In den meisten Wochen des Jahres nehme ich mir sogar einen richtigen Ruhetag.
Neben meiner großartigen Frau habe ich auch ein paar wirklich tolle geistliche Freunde. Sie sind für mein Leben eine absolute Bereicherung. Natürlich achte ich darauf, dass das Gute in meinem Leben nie zum Götzen wird – das ist logisch. Aber ich weiß auch um die Kraft, die schiere Kraft, die aus einem geistlichen Genuss erwächst, für den ich Gott dankbar sein kann.
Das geistliche Leben ist ein Marathon. Das sollten wir nie vergessen. Auch sollten wir nie vergessen, dass Sünde und Entmutigung besonders in einem stressigen Leben ohne ausreichend Ruhe gedeihen. Zu wenig Ruhe, zu wenig Intimität und zu wenige gute Freunde sind eigentlich ein Garant für Ausbrennen und Aufgeben.
Deshalb gibt es bei mir den Ruhetag. Deshalb gibt es auch die Eheabende, romantische Wochenenden und eine gesunde Feier- und Genusskultur. Wenn wir nach Hause kommen, gibt es nach einem langen Tag immer eine Pizza – das ist einfach so.
Man sitzt im Auto und weiß: Jetzt sind wir in der Rufweite von Corle Pizza. „Komm, ja, jetzt, ja, dreiviertel Stunde, lass überlegen.“ Das ist immer der Fall, und das ist auch schön. Wenn der kleine Workaholic in mir mal wieder Amok läuft, erinnere ich ihn daran, dass Gott als der Herr der Arbeit mir auch mal sagen darf, wann es genug ist.
5. Intensives Gebetsleben als Lebensquelle
Nächster Punkt: Ein intensives Gebetsleben.
Dazu muss ich eigentlich nicht viel sagen, oder? Jakobus schreibt: „Ihr habt nicht, weil ihr nicht bittet.“ Die Qualität meines Gebetslebens ist ein direktes Abbild meiner Beziehung zu Gott.
Jesus verbringt sehr viel Zeit allein mit Gott. Ich versuche das auch und merke, dass mir diese Zeit sehr guttut. Immer dann, wenn Frust und Stress zunehmen, achte ich besonders darauf, mehr Zeit allein mit Gott zu verbringen.
Das tue ich einfach, weil ich seine Nähe brauche. Ich brauche diese Ausrichtung, die ich dadurch bekomme. Ich brauche Segen, Trost, Weisheit und Vergebung.
Ich glaube, mehr als alles andere hat intelligentes Gebet und dieses Alleinsein mit Gott mich in meinem Leben davor bewahrt, alles hinzuschmeißen und sowohl aus meiner Ehe als auch aus der Gemeinde zu fliehen.
Jetzt wisst ihr Bescheid.
6. Konsequente Heiligung und Selbstreflexion
Heiligung, okay? Ich habe das jetzt. Wer jetzt nicht Bescheid weiß, war bei den Seminaren nicht dabei.
Aber Ping – wenn Gott mich anpingt, das heißt, wenn ich den Eindruck habe, dass er durch eine Predigt, durch Bibellese, durch ein Buch oder durch ein Gespräch in mein Leben hinein spricht und sagt: „Jürgen, da musst du etwas ändern“, dann werde ich dafür sorgen, dass dieser Ping etwas bewirkt.
Ich werde ihn nicht ignorieren, ich werde ihn nicht vergessen, ich werde darüber nachdenken. Außer Auswendiglernen von Bibelversen, nur so als Stichwort.
Warum? Weil wir ernten, was wir säen. Und deswegen nehme ich jede Abweichung vom Wort Gottes ernst.
Mit dem Bild aus dem Hohelied: Ich werde jeden kleinen Fuchs, der sich in meinem Leben zeigt, versuchen zu erschlagen.
Ich werde Probleme erkennen, ich werde sie benennen, ich werde mir Hilfe holen, ich werde sie lösen. Das werde ich tun, so schnell es geht.
Ich werde sündiges Verhalten nicht übersehen, nicht tolerieren. Ich werde es bekennen und vor Gott und, falls es Menschen betrifft, auch vor Menschen wirklich wieder in Ordnung bringen.
Ich werde der Heiligung nachjagen, einfach nur, weil die Bibel sagt: Wenn du es nicht tust, wirst du Jesus nicht sehen.
Das macht natürlich nicht viel Spaß, das ist schon klar, aber es ist super wichtig, super wichtig, um langfristig in der Spur zu bleiben.
Denn wenn du dir eine kleine Abweichung gönnst, wird dich das irgendwann am Ziel vorbeiführen.
7. Biografische Grenzen annehmen und feiern
Letzter Punkt. Und dieser letzte Punkt – ich weiß nicht, ob ihr das nachvollziehen könnt, denn nicht jeder von euch kennt meine Vergangenheit. Noch einmal: Das sind meine Punkte, ihr könnt andere haben.
Meine Tochter wollte wissen, was mir wichtig ist. Biografische Grenzen feiern – das ist wahrscheinlich so ein typischer Jürgen-Punkt. Wir bringen unsere Biografie in unser geistliches Leben mit ein, und wir tun gut daran, uns dieser Tatsache immer bewusst zu sein.
Was heißt das? Ich mache mal ein Beispiel. Paulus spricht davon, dass wir uns unserer Schwachheiten rühmen sollen. Das bedeutet, wir sollen eigentlich nicht mit den Dingen angeben, die wir gut können, sondern mit den Dingen, in denen wir nicht so gut sind. Wir sollen das feiern, wo wir schwach sind.
Deshalb hasse ich es, wenn mich hier vorne jemand vorstellt. Denn dabei werden natürlich nicht all die Schwächen meines Lebens erwähnt. Da sagt niemand: „Wir haben hier einen Prediger, der sich Dinge nicht gut merken kann, der nicht sonderlich empathisch ist, der lispelt und Senk- und Spreizfüße hat.“ Das sind ja nicht die Dinge, die man sagt. Stattdessen hört man eher sowas wie: „Er hat eine Gemeinde gegründet, ein Buch geschrieben und solche Sachen gemacht.“
Aber eigentlich müsste man sagen: Es sind die Schwächen, mit denen wir angeben müssen. Warum sind das unsere Schwächen? Ganz einfach: Gerade in den Bereichen, in denen wir nicht so gut sind, kann Gott sich in seiner ganzen Herrlichkeit und Stärke beweisen. Da wirkt er mächtig durch uns.
Deswegen darf ich – und werde ich auch weiterhin – meine Senk- und Spreizfüße feiern. Ich werde meine Grenzen feiern. Ich darf barmherzig mit mir umgehen, ich darf über mich selbst ein bisschen schmunzeln und ich darf wirklich ehrlich aus Gnade leben.
Jakobus würde vielleicht sagen: Der Niedrige rühme sich seiner Hoheit. Wisst ihr, ich darf mich sehen als genau den, der ich bin. Ich darf mit den Talenten wuchern, die Gott mir gibt, ja, aber den ganzen Rest – ist das nicht herrlich? – den Erfolg, das geistliche Wachstum, darf ich ganz ruhig in Gottes Hand geben. Er darf entscheiden. Er darf wirklich entscheiden, ob ich gutbezahlter Pastor einer Mega-Church werde oder ob man mich als Häretiker auf dem Scheiterhaufen verbrennt. Das liegt in Gottes Hand, nicht in meiner.
Wisst ihr, mir ist als Prediger eines klar: Es kommt nicht auf mich an. Gott kann mich benutzen, aber er muss es nicht. Er kann – er könnte, wie im Fall von Bileam – einfach mal eine Eselin reden lassen, versteht ihr? Ich bin tatsächlich nicht wichtig. Und dieses Wissen tut mir unendlich gut.
Deswegen habt ihr hier sieben Tipps von einem, der erst mal dran geblieben ist. Vielleicht könnt ihr aus dem ein oder anderen Tipp etwas mitnehmen, wo ihr sagt: „Ach ja, da denke ich noch mal drüber nach.“
Wenn ihr das Skript sucht, dann findet ihr es auf frogwords.de.
Amen. Das war’s für heute. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
