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Demut

Demut, demütig, demütigen. Demut, demütig, demütigen — das Gegenteil von Hochmut — ist eine Gesinnung, die von der eigenen Person weder selbst zu hoch denkt, noch verlangt und erwartet, daß andere von ihr hoch denken sollen. —

1) Solche Gesinnung ziemt uns vor allem gegenüber von Gott; seine Größe und Heiligkeit bringt uns ja unsere Schwäche, Bedürftigkeit und Sündhaftigkeit deutlich genug und fortwährend ins Bewußtsein. Die Bibel enthält eine Reihe demütiger Bekenntnisse aus dem Munde der größten Gottesmänner, zum Beispiel 1 Mo. 18,27 (Abraham); 1 Mo. 32,11 (Jakob); 2 Sa. 7,18 (David); Hi. 42,2 ff.; vgl. 40,4 f. (Hiob); Luk. 1,38 (Maria); Luk. 18,13 (Zöllner); 1 Kor. 3,5 ff.; 1 Kor. 15,9; 1 Tim. 1,13 ff. (Paulus). Vgl. auch Ps. 8,5; 103,15.

Überblickt man diese Zeugnisse, so beweisen sie, daß mehr noch als Gottes Größe und Macht es Gottes überfließende Güte und Erbarmung ist, was das stolze Menschenherz demütigt. Freilich macht es der Trotz desselben oft notwendig, daß Gott zu seinen Gerichten greift zur Demütigung; die Bibel ist voll von Zeugnissen, wie er das in und außer Israel getan hat (Jes. 2,17; 5,15; 13,11; 25,5; 1 Kö. 11,39 usw.); aber nicht immer erreichen diese Gerichte ihren Zweck so wie bei einem David (vgl. Ps. 18,36); der Trotz kann sich auch denselben gegenüber verhärten, wie bei Pharao. Ja wie es bei der klarsten Einsicht in Gottes Größe und Macht und in menschliche Schwäche und Unvollkommenheit doch an der rechten Demut, demütig, demütigen fehlen kann, zeigt das Beispiel Hiobs in seinen Klagen (zum Beispiel Kap. 9). Welchen Wert aber Gott auf die Demut, demütig, demütigen legt, bezeugen viele Stellen der Schrift, die gerade den Demütigen alle Gnadensülle verheißen. Denn Gnade kann ja nur von den Demütigen gewürdigt werden; Hochmut ist das stärkste Hindernis für Gottes huldvolles Entgegenkommen (vgl. 3 Mo. 26,41 ff.; Mi. 6,8; $$Zef. 2,3::Sach 2,3$$; Jes. 57,15; Hi. 22,29; Mt. 18,4; Luk. 18,14; 1 Pe. 5,5 f.; Jak. 4,6. 10). Dabei sieht Gott natürlich ganz nur auf das Herz. Auch die Demut, demütig, demütigen hat wohl ihre äußeren Kennzeichen (zum Beispiel sich neigen, knien, niederfallen beim Gebet — s. d. Artt.

ferner das Fasten, das im Hebr. ein Demütigen des Leibes genannt wird, vgl. 3 Mo. 16,31 u. dgl.). Aber nirgends ist der bloße Schein ohne das Wesen gefährlicher als bei der Demut, demütig, demütigen, sie ist eine Krone auf dem Haupt, von der am wenigsten weiß, der sie trägt. Falsche Demut, demütig, demütigen ist Gott von Grund aus zuwider (vgl. 2 Mo. 4,13. 14; Jes. 7,12 f.; Mt. 6,16; Kol. 2,18. 23 — in letzteren Stellen ist ohne Zweifel die Verehrung der Engel als falsche Demut, demütig, demütigen getadelt; diese Leute meinten, es sei demütiger, wenn man nicht Gott selbst mit Gebeten in Anspruch nehme). —

2) Den Menschen gegenüber beweist sich die Demut, demütig, demütigen dadurch, daß jeder mäßiglich von sich hält (Röm. 12,3) und den andern höher achtet denn sich selbst (Phi. 2,3). Letzteres ist auch geistig Bevorzugten dadurch möglich, daß sie nicht das Maß der eigenen Vorzüge mit dem anderer Menschen vergleichen, sondern mit Paulus sprechen: von Gottes Gnaden bin ich, was ich bin (1 Kor. 15,10); und daß sie gegenüber dem unersetzlichen Wert der Seele des geringsten Nebenmenschen auf jede Geltendmachung der Ansprüche, die sich auf Vorzüge gründen, verzichten. In diesem Sinn steht Jesus selbst als das unerreichbare Vorbild der Demut, demütig, demütigen vor uns (Mt. 11,29)

— der Demut, demütig, demütigen, die in selbstvergessener Liebe allen zu dienen bereit ist (Mt. 20,25-28; Joh. 13,12 ff.; Röm. 15,3). Daß mit solcher Demut, demütig, demütigen ein wahrheitsgemäßes Bewußtsein der eigenen Leistungen und Vorzüge wohl vereinbar ist, zeigt neben dem Herrn selbst das Beispiel des Paulus (1 Kor. 15,10). Eingeschlossen aber ist in dieselbe ein ruhiges Anerkennen und gelten lassen der eigentümlichen Vorzüge anderer (Mt. 7,1; Röm. 12,3-6; 1 Kor. 3,6-8). Der hohe Wert der Demut, demütig, demütigen erweist sich teils in der Bewahrung der Demütigen selbst vor den Gefahren der Verblendung u. Unfruchtbarkeit (vgl. Hochmut), teils in dem Segen, der durch sie der Gemeinschaft der Kinder Gottes zufließt, dem Segen des Friedens und der Einigkeit (Eph. 4,2; Phi. 2,2. 3, vgl. Mt. 5,5. 9).