Definition
1) Als gewöhnliche Mahlzeit s. d. Art. —
2) Als Gleichnisausdruck kommt das Wort vor: Luk. 14,16-24 in dem darnach benannten Gleichnis vom großen Abendmahl, sowie Offb. 19,9 Abendmahl des Lammes; über diese Stellen, in welchen die himmlische Seligkeit als Abendmahl geschildert wird, s. d. Art. Hochzeit. Dagegen wird Offb. 3,20 „ich werde das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir“ die selige Friedensgemeinschaft Jesu mit den Seinigen im Geist als Abendmahl bezeichnet; dieselbe erscheint dadurch gleichsam als Fortsetzung des traulichen Verkehrs Jesu mit seinen Jüngern auf Erden (vgl. Luk. 24,29 f.). —
3) Abendmahl als das von Christus gestiftete, von allen christlichen Kirchen und Sekten (außer den Quäkern) gefeierte Sakrament.
Das erste Abendmahl am Vorabend des Todes Jesu
Jesus war wie früher mit seinen Jüngern zum Passahfest nach Jerusalem gegangen, aber in der gewissen Erwartung, diesmal seinen Tod in dieser Stadt zu finden. Am Sonntag hatte er seinen feierlichen Einzug in Jerusalem gehalten, am Donnerstag Abend vereinigte das Osterlamm zum letzten Mal Jesus und seine Jünger in friedlichem Beisammensein. Unvergesslich hätte sich von selbst dieses letzte Passahmahl den Herzen seiner Jünger eingeprägt, aber Jesus gab ihm noch eine besondere Weihe durch die erste Feier des Heiligen Abendmahls, einer Feier seines eigenen Todes. Es war ja nicht zufällig, dass Jesus am Passahfest starb.
Während die Klugheit seiner Feinde es gerade vermeiden wollte (Mt. 26,5), musste nach Gottes Rat Jesus, das Gotteslamm, selbst zum Osterlamm werden (1 Kor. 5,7). So wurde das Passahmahl, das Bundesmahl des alten Gottesvolles, zum Abendmahl, zum Bundesmahl des neuen Gottesvolkes. In dieser ersten Feier aber ist beides noch so verflochten, dass, von der einen Seite aus betrachtet, es nur wie eine wenig veränderte Passahfeier aussieht, von der andern Seite aus aber das Neue und Eigentümliche so hervortritt, dass sich leicht von der alttestamentlichen Schale der neutestamentliche Kern loslösen konnte.
Zu den drei Bestandteilen des Passahmahls, welche 2 Mo. 12,8 aufzählt, dem Fleisch des Osterlammes, dem ungesäuerten Brot und den bitteren Kräutern war nach jüdischer Sitte zur Zeit Jesu noch hinzugekommen eine Schüssel mit süßem Brei und ein Kelch mit Wein. Somit hat Jesus mit dem Austeilen von Brot und Wein, das er als Hausvater wie sonst besorgte (vgl. Luk. 24,35), an sich nichts Neues zu dem Passahmahl hinzugefügt; aber was dort nur Nebensache war, hat er zur Hauptsache erhoben; dem Passahbrot und Passahwein hat er eine ganz neue Bedeutung gegeben. Diese Bedeutung ist von ihm selbst dargelegt worden in den bei der Austeilung gesprochenen Worten, wie sie von den Evangelisten $$Matthäus (26,26-29)::Mt 26,26-29$$, $$Markus (14,22-25)::Mk 14,22-25$$ und Lukas (22,19. 20) und von dem Apostel Paulus (1 Kor. 11,24. 25) ziemlich gleichlautend berichtet sind.
Um diese Worte zu verstehen, muss man davon ausgehen, dass Jesus in ihnen aufs bestimmteste ausspricht, sein nahe bevorstehender, gewaltsamer Tod sei ein Opfer, das er zum besten seiner Jünger und vieler (die noch seine Jünger werden) darbringe („mein Leib wird für euch dahingegeben, mein Blut wird für viele vergossen“), und durch dieses Opfer werde ein neuer Bund zwischen Gott und der Menschheit geschlossen („das ist mein Bundesblut,“ heißt es in der kürzeren Fassung bei Matthäus und Markus; in der erklärenden Umschreibung bei Lukas und Paulus: „dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut,“ das heißt der durch mein Blut geschlossen wird). Weiter muss man sich erinnern, dass nach alttestamentlicher Sitte mit vielen Opfern eine Opfermahlzeit verbunden war, bei der das Fleisch des Opfers gegessen wurde, und zwar in dem Sinn, dass die Opfernden eben mit dem Essen ihren Anteil an dem Segen des Opfers selbst empfingen.
So war es jedenfalls bei der Opfermahlzeit, die unter den alttestamentlichen Vorbildern des Abendmahl unbedingt die erste Stelle einnimmt, beim Passahmahl. Von hier aus können wir nun das Abendmahl, wie Christus es seinen Jüngern austeilte, leichter verstehen. Es ist eine Opfermahlzeit, durch welche er ihnen den Segen seines Opfertodes zum voraus schon spendete. Aber auch die Unterschiede des Abendmahl von jeder alttestamentlichen Opfermahlzeit treten deutlich hervor. Der erste, am meisten in die Augen fallende Unterschied ist der, dass hier die Opfermahlzeit dem Opfer selbst vorausgeht, während sie sonst ihm nachfolgt. Jesus konnte aber wohl es so halten, er konnte den Segen seines Opfertodes zum voraus schon austeilen, weil er innerlich das Opfer bereits gebracht hatte (vgl. die Worte des hohepriesterlichen Gebets: ich habe vollendet das Werk, das du mir gegeben hast, Joh. 17,4).
Aber was ist dann die Speise, durch deren Genuss Christus seinen Jüngern den Segen seines Opfertodes vermittelt? An der Beantwortung dieser Frage schieden sich bekanntlich in der Reformationszeit die beiden Zweige evangelischen Bekenntnisses, Lutherische und Reformierte. Luther hielt sich durch das Wörtlein: das ist mein Leib, mein Blut, für gebunden, anzunehmen, dass Christus in, mit und unter dem Brot und Wein zugleich in wunderbarer Weise seinen wirklichen Leib und sein wirkliches Blut ausgeteilt habe und noch immer austeile. Zwingli und Calvin aber glaubten den Einsetzungsworten gerecht zu werden mit der Annahme, dass Christus Brot und Wein zu einem sinnbildlichen Ersatz für seinen Leib und sein Blut bestimmt habe. Jedenfalls wird keine Auffassung den Worten Christi völlig Genüge leisten, welche das Abendmahl bloß als Erinnerungsmahl, nicht wirklich als Opfermahl ansieht. Wenn dabei Jesus nicht etwa Fleisch, sondern Brot, und nicht bloß Brot, sondern daneben noch Wein zu den Bestandteilen seines Abendmahl gemacht hat, so lässt sich das erstere daraus erklären, dass Jesus das Fleisch des Passahlamms, das zunächst gelegen wäre, eben nicht gebrauchen wollte, um den Unterschied des neuen Bundesmahls von dem alten anzuzeigen; das zweite aber, die Hinzunahme des Weins, erklärt sich daraus, dass Jesus durch dieses Sinnbild seines Blutes den Gedanken an seinen blutigen Opfertod, der im Brechen des Brots weniger augenfällig hervortrat, zu seinem Recht kommen lassen wollte.
Der zweite und wichtigste Unterschied des Abendmahl von alttestamentlichen Opfermahlzeiten liegt in der Kraft des Opfers Christi selbst. Dieses stiftet den neuen Bund zwischen Gott und den Menschen, vermittelt Vergebung der Sünden und eine innige Liebesgemeinschaft der Gläubigen untereinander. Und darum war der Segen, den Christus im Abendmahl spendete, der volle Anteil an diesen Gnadengütern des Neuen Bundes.
Das Abendmahl als Gemeindefeier
Jesus schloss seine Worte bei der ersten Feier des Abendmahl mit dem Satze: „das tut zu meinem Gedächtnis;“ er hat damit selbst eine Wiederholung dieses Mahls nach seinem Hingang angeordnet. Und so finden wir denn auch die Feier desselben von Anfang an in den Christengemeinden.
Nach Apg. 2,46 wurde in Jerusalem das Brotbrechen, das heißt die Feier des h. Abendmahl „in den Häusern hin und her“ gehalten, also noch ganz im Kreis der einzelnen Familien wie das Passah. Bald aber muss eine Gemeindefeier daraus geworden sein. Nach Apg. 20,7 wurde es Sitte, das Abendmahl jeden Sonntag zu feiern. In Korinth finden wir mit der Feier des Abendmahl die Liebesmahle verbunden (vgl. d. Art.). Vom Wesen und Segen des Abendmahl reden die Apostel wenig in ihren Briefen. Aber das sehen wir doch deutlich, dass sie dasselbe keineswegs als bloßes Erinnerungsmahl feierten, sondern immer wieder als Opfermahl, durch das sie den Segen des Opfers Christi selbst empfingen. Und dazu hatten sie volles Recht, weil ja die Bedeutung des Opfers Christi eine bleibende ist, und er selbst den Segen desselben für viele, also auch noch für spätere Geschlechter bestimmt hatte. In diesem Sinn stellt Paulus das Abendmahl der Christen den Opfermahlzeiten der Heiden und der Israeliten gegenüber (1 Kor. 10,16-22). Nirgends sei es ein bedeutungsloses Essen, sondern der Essende trete in eine geheimnisvolle Gemeinschaft mit der Macht ein, um deren willen die Feier gehalten wird; er stelle sich unter den Einfluß dieser Macht, sei sie nun eine segen- oder eine fluchbringende. Der Christ tritt durch den Abendmahlsgenuss in Gemeinschaft mit dem Leib und Blut Christi, stellt sich unter die vom Kreuz Christi ausgehende Segenswirkung, die ja auch darin sich zeigt, daß sie die Abendmahlsgenossen zu Einem geistigen Leibe vereinigt (Vers 17). Ähnlich ist Hbr. 13,10 das Abendmahl als ein Opfermahl bezeichnet, wenn es heißt: wir haben einen Altar, davon nicht Macht haben zu essen, die der Hütte pflegen, das heißt die alttestamentl. Priester.
Eine Anspielung auf das h. Abendmahl enthält auch die Stelle 1 Kor. 10,3. 4, wo für die beiden Sakramente des N. B. alttestamentliche Vorbilder angeführt werden: für das h. Abendmahl die wunderbare Speisung und Tränkung der Israeliten in der Wüste; mittelbar kommen also die hier gebrauchten Namen einer geistl. Speise und eines geistl. Trankes auch dem h. Abendmahl zu, weil es das geistl. Leben stärkt. Einige Regeln für den Genuss des heiligen Abendmahl stehen endlich 1 Kor. 11,26-34.
Durch jede Feier des heiligen Abendmahl wird des Herrn Tod verkündigt, das heißt wird laut bezeugt, was die Christengemeinde dem Tod des Herrn verdankt. Daher ist es eine Versündigung am Leib und Blut, das heißt an dem Opfer Christi selbst, wenn man unwürdig am Abendmahl teilnimmt, als wäre es eine gewöhnliche Mahlzeit. Die Gesinnung und das Betragen der Abendmahlsgenossen muss der heiligen Feier angemessen sein; wer nicht ein göttliches Gericht sich zuziehen will, der prüfe daher zuvor sich selbst, ob er in der rechten Verfassung sei.
Siehe Blut, Brot, Fleisch, sowie Weiterentwicklung in „Kirchenlex.“ I, 3.