Nebukadnezar, genauer Nebukadrozor (vgl. griech. bei Strabo Nabokodrosoros, sonst Nabuchodonosoros), aus babyl. Nabû-kudurrî-uzur „o Gott Nebo, mein Gebiet (oder: meine Bau-Frohnkappe?) schütze!“ der erste große Chaldäerkönig des neubabyl. Reiches, der seinem Vater Nabopolassar (s. den Art. Babylonien) im Jahre 604 v. Chr. folgte, 43 Jahre (bis 562) regierte und im Alten Testament, speziell im 2. Königsbuch (Kap. 24 u. 25, vgl. dazu 2 Chr. 36), im Buch Esra (und vgl. Neh. 7,6) und in den prophetischen Büchern Jeremias u. Hesekiels (und vgl. auch $$Daniel,Kap. 1::Dan 1$$, während in Kap. 2-4 Nebukadnezar aus Nabonid verschrieben ist) erwähnt wird.
Schon als Kronprinz hatte Nebukadnezar Gelegenheit, sich kriegerische Lorbeern zu holen. im Jahre 609 zog nämlich der ägyptische Pharao Necho (609-595) „gegen den König von Assyrien“ (2 Kö. 23,29) u. eroberte das Gebiet zwischen Mittelmeer und Euphrat. Als dann 607 Ninive dem Angriff der Meder und Babylonier erlegen war, sandte der Babylonierkönig Nabopolassar (625-605) seinen Sohn Nebukadnezar gegen den Pharao, um diesem das von ihm eroberte Gebiet wieder zu entreißen, wobei es 605 v. Chr. bei Karchemis zur Entscheidungsschlacht kam, in der Necho gänzlich geschlagen wurde. Während der Sieger noch im Feld stand, ereilte ihn die Nachricht vom Tod seines Vaters, wodurch er selbst König von Babylonien wurde. Noch bevor Nebukadnezar nach Babylonien zurückkehrte, scheint er (oder, wenn er doch gleich zurückkehrte, in seinem Auftrag einer seiner Feldherrn) gegen Jerusalem gezogen zu sein, wo damals der König Jojakim (608-598) herrschte; vgl. 2 Kö. 24,1-6. Zu der damit irgendwie in Zusammenhang stehenden Angabe des Buches Daniel, Kap. 1,1 f., ist schon im Art. Gefangenschaft, S. 210, das nötige bemerkt worden. Dort war auch kurz schon von den übrigen Unternehmungen Nebukadnezars gegen Judäa die Rede, von denen die für die Juden folgenschwerste die Einnahme Jerusalems (vgl. auch noch den Art. Zedekia) 587 v. Chr. gewesen ist, mit welcher das sog. babylonische Exil begann. Auf andere auswärtige Züge Nebukadnezars ist im Alten Testament wenigstens angespielt, so auf die schließlich aufgegebene 13 jähr. Belagerung von Tyrus (wahrscheinlich 585-573), vgl. einerseits Hes. 26,1 ff. und andererseits ebenda 29,17 f. und überhaupt die Orakel über Tyrus Hes. 27-28, und auf die mit mehr Glück geführten Kriege Nebukadnezars gegen Ägypten 572 v. Chr. (gegen Hophra, vgl. daselbst) und 568 (gegen Hophras NachfolgerAmasis, wovon auch ein Keilschriftfragment Kunde gibt). Von einem Kriege Nebukadnezars gegen die kedarenischen Araber berichtet sogar als einzig dafür in Vetracht kommende Geschichtsquelle nur das Alte Testament., Jer.49,28-33; die babyl. Quellen, nämlich der nur in Auszügen bei Josephus u.Eusebius erhaltene griechischschreibende babyl. Priester Berosus (Zeitgenosse Alex. d. Gr.) und Nebukadnezars eigene zahlreich erhaltene Inschriften aus Babel und andern babyl. Städten und aus Wadi Brissa (am Ostabhang des Libanon, wo Nebukadnezar Zedern fällen ließ), die fast nur von seinen Bauten handeln, sagen nichts von einem Feldzug gegen die Araber, aber die arab. Überlieferung selbst hat in den Legenden von dem großen Eroberer Buchtnassar eine Erinnerung daran erhalten.
Über die Bauten Nebukadnezars in seiner Hauptstadt ist schon im Art. Babel, S. 60 f., alles wichtige zusammengestellt. Aber auch in den übrigen babyl. Städten (zum Beispiel Borsippa, Kutha, Erech, Sippar, Larsa) hat er Tempelbauten aufgeführt, zwischen Euphrat und Tigris hat er den alten „Königskanal“ neu gegraben und ihn nördlich davon durch die sogen. „medische Mauer“ geschätzt. Daß in Dan.,Kap. 2-4 (sicher in Kap. 4) Nebukadnezar Schreibfehler für Nabonid, den Vater Belsazars, ist, wurde schon früher (S. 65) erwähnt; so bezieht sich denn auch die Dan. 4 erzählte Ausstoßung Nebukadnezars in die Wüste auf den keilinschriftlich bezeugten Wahnsinn Nabonids, worauf auch eine ähnliche Stelle bei Eusebius geht, nach welcher Nebukadnezar folgende Weissagung ausgesprochen habe: „Kommen wird das persische Maultier (das heißt Cyrus), um euch Knechtschaft zu bringen, nicht ohne Mitschuld des Sohnes einer Mederin, des Stolzes der Assyrer (das heißt des letzten Babylonierkönigs Nabonid), welchen das Meer vernichte und der sich wegbegebe und (wahnsinnig) in der Wüste herumgetrieben werden möge; ich aber (Nebukadnezar) möge dies nicht mehrerleben!“ — Das Original der beigegebenen Abb. 1 stellt das Onyxauge einer Mardukstatue dar, mit folgender Umschrift: „dem Marduk, seinem Herrn, hat Nabu-kudurrî-usur, König von Tintir (= Babel), zu seinem Leben (es) geschenkt“. Der nachträglich eingravierte Kopf stellt nicht den Nebukadnezar vor, sondern ist griechische Arbeit aus hellenistischer oder gar erst römischer Zeit.