Gericht.
1) Menschliches Gericht. Wie es im Volk Israel bei einem Gerichtsverfahren herging, erfahren wir weniger aus bestimmten Anordnungen etwa im Gesetz Moses — denn das blieb Sache des Herkommens —, sondern mehr aus einzelnen Erzählungen oder andern gelegentlichen Bemerkungen. Das Gerichtsverfahren fand meist im Freien statt, 5 Mo. 21,19. Nur Salomo baute sich eine Gerichtshalle (1 Kö. 7,7). Die Klage wurde entweder von dem Beschädigten selbst vorgebracht (wenn ein solcher da war) oder auch von einem andern (ersteres zum Beispiel 5 Mo. 21,18 ff.; 1 Kö. 3,16 ff., letzteres in dem angenommenen Fall 2 Sa. 12,1 ff.). Wo kein Beschädigter da war, sondern sonst ein Verbrechen vorlag, da hatte nicht, wie heutzutage ein besonderer Beamter (Staatsanwalt), sondern jedermann, namentlich in der betreffenden Gemeinde, das Recht und die Pflicht, es zur Anzeige zu bringen (5 Mo. 13,2 ff.; 13 ff.; 1 Kö. 21,13). In einzelnen Fällen entschied der Richter ohne weiteres, wenn alles klar war (zum Beispiel 2 Sa. 12,5; 5 Mo. 21,21). Meist aber wurden Zeugen aufgerufen, um die Wahrheit an den Tag zu bringen (vgl. Zeugen). Nur in einem Fall war eine Art Gottesurteil vorgesehen, bei einem in seiner ehelichen Treue verdächtigten Weib (4 Mo. 5,11 ff.). Öfter scheint in zweifelhaften Fällen die Entscheidung des Loses angerufen worden zu sein (Jos. 7,14 ff.; Spr. 18,18). Das Gerichtsamt galt in Israel durchweg als ein im Namen Gottes zu führendes Amt und lag daher wesentlich den sonstigen Vertretern Gottes in Israel, Priestern und Königen ob. (Vgl. darüber weiter Art. Richter.) „Das Gerichtsamt ist Gottes“ (5 Mo. 1,17; 2 Chr. 19,6 f.). Daraus folgt für den Richter die Pflicht höchster Gewissenhaftigkeit, Unbestechlichkeit und Unparteilichkeit, wie sie ihm oft — namentlich den Armen und Schutzlosen gegenüber — eingeschärft wird. „Keine Person sollt ihr im Gericht ansehen“ (5 Mo. 1,17; 16,18 f., vgl. 3 Mo. 19,15; Spr. 18,5; 24,23, s. Ansehen). Oft genug haben die Propheten ungerechtes Gerichthalten als eine schwere Schuld zu rügen (Jes. 1,23; 5,23; Jer. 5,28; Am. 5,7 usw.). Aber auch Weisheit ist ein Erfordernis des Richteramts; in dieser Beziehung galt Salomo als Ideal (1 Kö. 3,9 ff. 28, vgl. Spr. 16,10). Dem Volkwird unbedingter Gehorsam gegen die Aussprüche des Richters eingeschärft (5 Mo. 17,10-13). —
2) Über göttliche Gerichte s. Richten.