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Weisheit

Weise, Weisheit. A. Gottes Weise, Weisheit, das heißt sein Vermögen, seine allzeit vollkommen guten Zwecke mit den vollkommensten Mitteln zu erreichen, im einzelnen wie im ganzen, wird im Alten Testament besonders am Werke der Schöpfung bewundert Spr. 3,19 f.; Jer. 10,12; 51,15; Ps. 104,24; 136,5; Sir. 1,2-7, ein Gedankengang, der ja auch der heidnischen Weltweisheit nicht fremd geblieben ist und zu dem teleolog. Gottesbeweis geführt hat. Aber das Alte Testament. kennt auch die Tatsache, daß es dem menschl. Verstand keineswegs immer leicht ist, die Spuren der göttl. Weise, Weisheit zu verfolgen; aber es schließt daraus nicht auf eine Berechtigung des Menschen, an Gottes Weise, Weisheit zu zweifeln, sondern nur auf die Erhabenheit der göttlichen Weise, Weisheit, die sich der menschl. Forschung oft verbirgt und nur in besonderer Herablassung sich ihm offenbart Hi. 28,12 ff.; 38,1 ff.; 39,1 ff. Wie in der Weltschöpfung, so hat die Weise, Weisheit Gottes in der Weltregierung ihr Gebiet. Die Weise, Weisheit Gottes im Bund mit seiner Stärke verleiht ihm das Übergewicht über alle feindlichen Gewalten (Hi. 9,4; 12,13; Jes. 31,2; Dan. 2,20; Sir. 15,18 ff.). Dagegen ist es ein nicht ganz bibl. Gedanke, wenn Sir. 33,10-16 ausgesührt wird, die Weise, Weisheit Gottes habe die sich ergänzenden Gegensätze im Leben, darunter auch den Unterschied von gut und bös, geordnet. Im Neuen Testament wird der alttest. Gedanke dahin erweitert, daß namentlich auch in der Welterlösung sich die Weise, Weisheit Gottes offenbart (Röm. 11,33), aber freilich in einer Weise, die dem hochmütigen Menschenverstand als Torheit erscheint, ja absichtlich so erscheinen soll, da er die deutlichen Spuren von Gottes Weise, Weisheit in der Schöpfung so schnöd verkannt hat (1 Kor. 1,21-25). Es ist eine heimliche Weise, Weisheit Gottes, welche nur durch Gottes Geist sich denen erschließt, welche geistlich urteilen lernen (1 Kor. 2), bei ihnen aber sich rechtfertigt (Mt. 11,19) und kundgibt als eine Weise, Weisheit von unerschöpflicher Tiefe und Mannigfaltigkeit (Röm. 11,33; Eph. 3,10, vergl. 1 Kor. 1,30). In alle dem aber bewährt sich schließlich Gott als der allein Weise, Weisheit (Röm. 16,27; 1 Tim. 1,17), und noch die Ewigkeit wird voll sein vom Lob dieser göttlichen Weise, Weisheit (Offb. 7,12).

B. Menschenweisheit, ein im Volk Israel hochgeschätzter Vorzug, und zwar auch da, wo sie rein in den natürlichen Verhältnissen des Lebens sich bewegt. Und zwar ist es durchweg praktische Verstandesanwendung, richtige Beurteilung und Verwertung von Menschen und Verhältnissen, dann aber auch technische Erfindungsgabe und Geschicklichkeit, die als Weise, Weisheit gepriesen wird (2 Sa. 13,3; 14,20; 20,16.

 2 Mo. 31,3 ff.; 2 Chr. 2,6). Drei Männer im Alten Testament gelten als Muster der Weise, Weisheit: Joseph (1 Mo. 41,39), Salomo (1 Kö. 5,9 ff.), Daniel (Dan. 2,48). Besonders gilt Weise, Weisheit als Regenten- und Richtertugend (Spr. 8,15 f.; 1 Kö. 3,28) und als Erfordernis der Ratgeber eines Königs (2 Sa. 16,23). So findet sich in dem Hofstaat verschiedener heidnischer Großmächte eine besondere Klasse von „Weisen“: in Ägypten neben Zauberern u. Wahrsagern (1 Mo. 41,8; 2 Mo. 7,11; Jes. 19,11 f.); in Babylon (Jer. 39,3; 50,35; Dan. 1,20; 2,2 ff.) neben Sternsehern, Zauberern und Chaldäern; in Persien (Esth. 1,13), wo ja auch nach außerbibl. Berichten die „Magier“ eine große Rolle spielten. So werden auch die „Magier aus dem Morgenland“ (Mt. 2) aus solchen Kreisen berufsmäßiger Astrologen hervorgegangen sein, ohne daß es nach den Angaben der Bibel möglich wäre, ihre Heimat genauer zu bestimmen, namentlich zu entscheiden, ob sie mit persisch-parthischen Magiern oder mit babylon. Astrologen in Zusammenhang zu bringen sind. Als Völker, welche im Rufe besonderer Weise, Weisheit standen, nennt das Alte Testament. Ägypten (1 Kö. 5,10), Tyrus und Sidon (Hes. 28,3 ff.; Sach. 9,2), Edom (Ob. 8; Jer. 49,7; vgl. Hi. 2,11). Auch im Volk Israel erscheinen die „Weisen“ oft fast wie ein Stand (Jer. 18,18 neben Propheten und Priestern); doch ist es nach anderen Stellen mehr das persönliche Ansehen, als eine amtliche Stellung, was manchen Männern den Ehrennamen der „Weise, Weisheit“ eintrug, oft vielleicht erst nach dem Tode (1 Kö. 5,11; Spr. 24,23). Aus den Kreisen dieser Weisen, die in Salomo ihr höchstes Vorbild sahen, stammen die „Sprüche Salomos“, und dieses Buch gewährt uns einen Einblick in die dort gepflegte Weise, Weisheit Es ist auch hier durch aus Lebensweisheit, nicht theoret. Forschung; es sind Lebensgrundsätze, die, aus der Erfahrung der „Alten“ u. „Weisen“ stammend, sich fortpflanzen auf die jüngeren Geschlechter. Daher liegt in dieser Weise, Weisheit von selbst eine pädagog. Tendenz. Der Weg zur Weise, Weisheit ist der Umgang mit „Weisen“ (Spr. 1,5. 6; 13,20; 15,12) und die innere Willigkeit, von ihnen zu lernen (Spr. 1,20 ff.; 2,1 ff. u. oft), und ihre „Zucht“ anzunehmen. Materiell aber ist das Bedeutsame an dieser Weise, Weisheit, daß sie, so sehr sie auf die alltäglichen Verhältnisse des Lebens eingeht, doch grundsätzlich sich gebunden weiß an Gottesfurcht, ja sich mit ihr eins weiß (Spr. 9,10; Ps. 111,10; Sir. 1,16). Daher werden in den hieher gehörigen Schriften des Alten Testaments (Sprüche Salomas, ein Teil der Psalmen, Hiob, Prediger; unter den Apokryphen: Weisheit Salomos, Sirach, Baruch) einerseits weise und gerecht oder fromm, andererseits töricht oder gottlos und ruchlos Wechselbegriffe — ein Sprachgebrauch, der tiefer noch auf der Anschauung ruht, daß alles wahre Lebensglück auf der Frömmigkeit ruht oder in der Frömmigkeit besteht, während alles Scheinglück der Gottlosen nur vorübergehend oder nur täuschend ist. Darnach hat auch nur die Frömmigkeit das Anrecht, Weisheit zu heißen (Spr. 1,32 f.; 3,13-18. 21 ff. 35; 4,6-9. 18. 19; 8,18-21. 35 f.; Ps. 37,35 ff. usw.). Und so ist ihnen die Weise, Weisheit Überhaupt das höchste Gut (Spr. 8,11), ein Gedanke, der noch durch den Hinweis gestützt wird, welche Stelle die Weise, Weisheit bei Gott, insbesondere bei der Weltschöpfung einnimmt (Spr. 8,22-31; über die von hier ausgehende Personifikation der Weise, Weisheit siehe Schöpfung). Indes sind diese Schriften darum doch nicht blind gegen den Mißbrauch, der auch mit der Weise, Weisheit getrieben werden kann. Vor allem verurteilen sie den Dünkel, der sich auf Weise, Weisheit etwas einbilden will (Spr. 3,5); wahre Weise, Weisheit ist bescheiden (Spr. 11,2), denn sie weiß sich als Gottesgabe (Spr. 2,6, vgl. 2 Mo. 28,3; 31,3). Ferner wissen die Weise, Weisheit bücher und weiß namentlich auch sonst das Alte Testament. wohl von einer Weise, Weisheit, die von ihren Besitzern zu selbstsüchtigen, gottlosen Zwecken verwendet wird (Jer. 4,22; Jes. 47,10). Eigentümlich ist die Stellung des Predigers: ihm gilt nach der Überlieferung der Weise, Weisheit bücher die Weise, Weisheit als das höchste der irdischen Güter (2,13 f.; 4,13; 8,1; 9,13 ff.), aber seine Betrachtung, daß alles Irdische eitel sei, macht auch vor der Weise, Weisheit nicht Halt; auch zwischen ihr und der Narrheit vermag er schließlich keinen Unterschied zu entdecken (1,13. 17 f.; 2,15 f.). Die Apokryphen nehmen scheinbar ganz dieselbe Stellung ein wie die Spr. Salomos; auch ihnen ist die Weisheit das höchste Gut (Wsh. 7,8 ff.; Sir. 4,12 ff.; 6,18 ff.; 24,1 ff.; 51,18 ff.) und zugleich eins mit Gerechtigkeit (Wsh. 1,4; 6,10; Sir 19,18 ff., 21,13 u. oft). Aber es mischt sich doch in ihren Weise, Weisheit- begriff ein intellektualist. Zug, in der Weish. ein Zug von philosoph. Erkenntnis (7,17 ff., 8,8), in Sirach von Schriftgelehrsamkeit (38,38 f.; 39,1 ff.). Im Neuen Testament ist es bezeichnend, daß gegenüber der im damaligen Judentum herrschenden Verehrung der Schriftgelehrsamkeit und seiner Weise, Weisheit in den Reden Jesu zunächst das gegensätzliche Verhältnis zwischen Weise, Weisheit und Reich-Gottessinn viel mehr zutage tritt als ihre Verwandtschaft. Jesus preist den Vater, daß er das Evangelium den Weisen und Klugen verborgen hat (Mt. 11,25; Luk. 10,21). Auf der andern Seite zeigt aber auch Jesus, daß es die einzig richtige Weise, Weisheit, oder wie er gern sagt: „Klugheit“ ist, seine Worte nicht bloß zu hören, sondern auch zu tun (Mt. 7,24). Hat man doch schon den ganzen letzten Abschnitt der Bergpredigt von 6,19 an als eine Predigt über die christl. Klugheit bezeichnet. Und von Jesus selbst wird schon im Kindesalter sein Wachstum an W gerühmt (Luk. 2,40. 52), wie auch die Weissagung seine Erfüllung mit dem Geist der Weise, Weisheit verkündigt hatte (Jes. 11,2). Im ganzen aber tritt doch der Begriff der W sehr zurück im Vergleich zum Alten Testament Ähnlich in den Briefen der Apostel. Auch sie kennen die falsche Weise, Weisheit, welche die Annahme des Evangeliums erschwert, namentlich vermöge des Dünkels, den sie verbreitet (1 Kor. 1,19 ff.; 3,20); eine fleischliche, ja eine teuflische Weise, Weisheit (2 Kor. 1,12; Jak. 3,15), die nicht nur selbst dem Reich Gottes fern bleibt, sondern auch andere davon abhält (Kol. 2,8). Aber die Apostel wissen auch, daß Christus uns von Gott zur Weise, Weisheit gemacht ist (1 Kor. 1,30; Kol. 2,3), daß der Geist des N. B. ein Geist der Weise, Weisheit ist (Eph. 1,17), daß Weise, Weisheit zu den Gaben gehört, die jeder Christ (Jak. 1,5), besonders aber jeder Diener der Gemeinde braucht (Apg. 6,3. 10; 1 Kor. 12,8; 2 Petr. 3,15) und sich erbitten darf. An die alttest. Lobpreisungen der Weise, Weisheit erinnert am meisten die schöne Schilderung der Weise, Weisheit von oben her bei $$Jakobus (3,17)::Jak 3,17$$.