Kleider, Kleidung
1) bei den Israeliten. Eine Schwierigkeit bietet hier dem Bibelieser die das Verständnis mancher Stellen beeinträchtigende Ungleichheit in Luthers Bibelübersetzung, die hauptsächlich die beiden Bezeichnungen „Rock“ und „Mantel“ braucht, während schon dem hebr. Altertum eine gewisse Reichhaltigkeit in der Bekleidung nicht fremd ist und bei dem weniger raschen Wechsel der Mode nicht selten eine für unsere Begriffe erstaunliche Häufung von Garderobestücken bei Begüterten sich fand, auch Pracht- und „Feierkleider“ als Ehrengeschenke wie als Kriegsbeute. Aus dem N. T. ist die Erwähnung des Kleidervorrates eines Reichen, den Motten fressen können, sprichwörtlich (vgl. 1 Mo. 24,53; 45,22; 1 Kö. 10,25; 2 Kö. 5,5; Ri. 5,30; 2 Kö. 7,8; Mt. 6,19 f.; Jak. 5,2). In der späteren Königszeit finden wir bei den israelit. Königen als Bestandteil ihres Reichtums ein eigenes Kleiderhaus, dessen Vorsteher ein besonderer Hofbeamter, der Kleiderhüter (Garderobemeister) ist (2 Kö. 10,22; 22,14).
Die folgende Übersicht stellt kurz zusammen, aus welchen Stoffen und Bestandteilen die Kleidung im Orient bestand und welche Anschauungen sich damit verbanden. 1) Die einfachste Bedeckung, ein Lendenschurz aus Baumblättern wird 1 Mo. 3,7 erwähnt; schon V. 21 wird ein ganzes Kleid, eine Art Rock aus Tierfell vorausgesetzt. Ein Schaffell mit der Wolle, ein Ziegenfell mit den Haaren, oder auch mehrere zusammengenäht, vielleicht auch eine Kamelshaut mögen zu den ältesten Kleidungsstücken gehört haben. Aber schon in der frühesten Zeit war das Scheren der Schafe und Ziegen, die Abtrennung der Wolle und Haare und natürlich auch deren Verarbeitung zu Kleidungsstücken bekannt; 31,19; 38,12. Bei dem warmen Klima wurde aber Baumwolle und Linnen vorgezogen, und letzteres in größter Feinheit hergestellt. Vermischung von Wolle und Linnen scheint das Gesetz 3 Mo. 19,19; 5 Mo. 22,11 zu verbieten (das nur an diesen beiden Stellen vorkommende hebr. Wort ist nicht ganz sicher zu deuten). In der Zeit des Hesekiel (16,10. 13) war wohl auch schon Seide, aus Indien eingeführt, in Gebrauch. —
2) Von dem Lendenschurz abgesehen, war die einfachste, manchmal einzige Bekleidung ein um den Leib geschlungenes, mit dem einen Ende über die Achsel geschlagenes, mit oder ohne Gürtel festgehaltenes Stück Tuch, wie es noch im Neuen Testament die Fischer bei der Arbeit (Joh. 21,7) oder, aus seinem Stoff, der Reiche bei Nacht zu brauchen pflegte (Mk. 14,51). Dazu kam der „Rock“ (χιτών, tunica) namentlich für die städtische Bevölkerung, mehr der Gestalt angepaßt u. mit langen, offenen Ärmeln, durch den Gürtel geschlossen, und von buntem Stoff. Zur vollen Kleidung gehörte, namentlich für die Vornehmeren, und im Freien zum Schutz gegen Kälte und Regen der „Mantel“ (ἱμάτιον), in doppelter Form a) als Chrenkleid (ebr. me‘îl) wie es Saul trägt (1 Sa. 24,4). von Jonathan an David gegeben wird (18,4), von den Pharisäern (Luk. 20,46), von den Überwindern in weißer Farbe (Offb. 7,13). Josephs bunter Rock, das von Hanna jährlich dem Samuel gebrachte Kleid (1 Sa. 2,19) wird auch hieher gehören, wohl auch der ungenähte Rock Jesu. Als letzter Überrrest bei uns mag der Talar der Geistlichen und Richter verglichen werden. Schwerer war der eigentliche Mantel (ebr. simlā), der auch zur Bedeckung während der Nacht diente (2 Mo. 22,26) und während der Arbeit abgelegt wurde (Mt. 24,18). Eine Art Hosen (Pumphosen) trug nur der Priester (2 Mo. 28,42) und die persische Zeit (Dan. 3,21). Die Kopf- und Fußbekleidung spielte namentlich bei der weiblichen Bevölkerung eine große Rolle, so daß die Aufzählung der weiblichen Kleidungsstücke in Jes. 3 einem Gelehrten Stoff zu einem dicken Buch über „die Ebräerin am Putztisch“ gegeben hat, ohne daß wir all die dort aufgezählten Luxusgegenstände mit Sicherheit bestimmen könnten. Die beste Anschauung von dem übertriebenen Schmuck späterer Zeit geben die vielen in Palmyra aufgesundenen Frauenbüsten. —
3) Wenn nach 1 Tim. 3,8 „Nahrung und Bedeckung“, wobei unter „Bedeckung“ sowohl Kleider, Kleidung als Obdach zu verstehen ist, die zwei nötigsten Lebensbedürfnisse sind, so kommt von den drei Zwecken, denen die Kleider, Kleidung dient, Schutz, Anstand und Schmuck, für den Orientalen der erste weniger in Betracht. Viel mehr spricht sich schon in seiner nicht auf die Arbeit eingerichteten Kleider, Kleidung die Grundanschauung der Orientalen aus, daß das Hauptgut des Lebens die Ruhe ist, und manche Bilder für die jenseitige Seligkeit sind, wie von Essen und Trinken, von der Kleider, Kleidung hergenommen. Nicht unbekleidet erfunden zu werden, ist der sehnliche Wunsch des Apostels (2 Kor. 5,3), angetan mit den „Kleidern des Heils“, dem „Rock der Gerechtigkeit“ (Jes. 61,10), dem „hochzeitlichen Kleid“ (s. Art.), den „weißen Kleider, Kleidung“ der Überwinder (Offb. 3,18; 7,13).
— Wie in Jes. 3 der Prophet im Alten Bund eine Strafpredigt hält gegen den verabscheuungswürdigen, törichten Luxus mit den Kleider, Kleidung, die doch so vergänglich sind und leicht dem Verderben anheimfallen (Jes. 50,9; 51,6. 8; Hi. 13,28), so enthält das Neue Testament ähnliche Warnungen, vgl. 1 Tim. 2,9; 1 Pe. 3,3. Christus warnt vor Sorgen hinsichtlich der Kleider, Kleidung, Mt. 6,25-32.
Dagegen gibt es hier Liebespflichten zu erfüllen, die nicht unbelohnt bleiben, Jes. 58,7 f.; Mt. 25,36. 41.
Die Kleider, Kleidung auszuschütteln war eine leicht verständliche Gebärde des Abscheus, Apg. 18,6, das Zerreißen der Kleider, Kleidung ein Zeichen des Schreckens, des Entsetzens und der Trauer, 1 Mo. 44,13; 2 Kö. 11,14; 2 Sa. 1,11; Mt. 26,65; 2 Kö. 19,1 u. oft; die Kleider, Kleidung auszutanschen war ein Zeichen der Freundschaft, 1 Sa. 18,4. Dagegen war es eine große, schwere Beschimpfung, einem die Kleider, Kleidung abzuschneiden, 1 Chr. 19,4, oder vom Leibe zu reißen, wie es den Verurteilten widerfuhr, Apg. 16,22.
Stellen wie Jes. 50,3; 59,17 und ähnliche, wo Kleid und kleiden in uneigentlichem Sinn vorkommt, sind leicht verständlich. Über den Aussatz an Kleider, Kleidung s. Art. Aussatz. Da aus dem alten Palästina selbst kaum irgend welche Abbildungen erhalten sind, mögen solche aus Agypten und Babylonien verglichen werden, zum Beispiel oben Abb. 1. 6. 8. 11. 20. 28. 30. 36 f. 40. 54. 56. 68 u. a., Tafel 2. 4. 8.