Johannes der Täufer, der Vorläufer und Wegbereiter Jesu Christi. Luk. 1,5 ff. berichtet die von bedeutsamen Zeichen begleitete Geschichte seiner Geburt, in welcher bereits der künstige Beruf wie die Bestimmung zum Nasiräat hervortritt. Im übrigen stellen ihn die vier Evangelien auf der Höhe seiner Wirksamkeit dar. Der übereinstimmende Hinweis auf Jes. 40,3-5 legt die Annahme nahe, daß mittelst dieses Wortes Johannes der Täufer selbst seine Berufung geworden ist. Jedenfalls bildet die unbedingte Überzeugung, einen göttlichen Auftrag zu haben — von Jesus ebenso un bedingt geteilt, zum Beispiel Joh. 5,33 ff. —, den Nerv seiner Tätigkeit. Die Stätte derselben war die Wüste, das Ostufer des Jordan, wo das Bethanien (so richtiger statt Bethabara. Joh. 1,28), später auch der Süden von Juda, mo Enon Joh. 3,23 zu suchen ist (nach andern am mittleren Jordan, südlich von Bethsean). Dorthin zog die Macht seiner Persönlichkeit (Mt. 11,7 ff.), deren asketisches Äußere (Mt. 3,4) der unmittelbare Ausdruck des einzig für Gott glühenden Innern war, die Massen in einem Umfang, daß die Machthaber von Jerusalem eine Untersuchung für nötig hielten (Joh. 1,19). Der Mittelpunkt von Johannes der Täufer Wirksamkeit ist Ruf zur Umkehr. Zu der herrschenden Richtung des Pharisäismus fetzt er sich damit in vollkommenen Widerspruch, sofern er die Umkehr nicht in der Häufung religiöaser Übungen, sondern ganz im Geist der alten Prophetie in der entschlossenen Pflege von Recht und Liebe (Luk. 3,10 ff.) sieht, und indem er von seiner Forderung nicht nur niemand — auch die Zöllner nicht — ausschließt, sondern auch niemand davon ausnimmt: „ihr Otterngezüchte“ (Mt. 3,7). Motiviert ist der Bußruf durch die Ankündigung des Reichsanbrnchs (Mt. 3,2), und weil die bloße Reichspredigt Johannes der Täufer der Gefahr aussetzt, selbst für den Verheißenen gehalten zu werden (Luk. 3,15), so schließt sich daran der Hinweis auf den Reichsbringer, den schlechthin Überlegenen (Mt. 3,11), der mit dem h. Geist tauft, das heißt die Erneuerung schafft (vgl. Jer. 31,33 f.; Hes. 36,25 ff.), die Johannes der Täufer nur fordern kann, aber auch mit dem Feuer des Gerichts (Mal. 3,19), in dem Israels Erwählung den Unbußfertigen nicht vor der Verwerfung schützt (Mt. 3,9). Eine tiefere Erkenntnis des Christus bringt die persönliche Begegnung mit ihm, den das Zeichen bei der Taufe auch Johannes der Täufer (Joh. 1,31 ff.) als solchen bestätigt. Er kann ihn nun bezeugen als das Lamm Gottes, das heißt den sanftmütig sich Hingebenden, der der Welt Sünde wegnimmt (Joh. 1,29; vgl. Jes. 53,7; — wohl erst der Evangelist blickt bei dem Wort vom Standpunkt der Erfüllung aus aufs Kreuz). Daß aber dadurch die göttliche Machterweisung nicht aus dem Bild des Messias ausgeschaltet wird, beweist die Anfrage aus dem Gefängnis. Als ein wesentliches Stück seines Auftrags betrachtet Johannes der Täufer — auch dies unter völliger Zustimmung Jesu: Mt. 3,15; 21,25; vgl. Joh. 3,22; 4,2 — das Taufen. Der Ritus (s. Taufe) ist, unter Anknüpfung an alttestamentl. Vorbilder wie an die zeitgenössische Praxis (Proselytentaufe?) von Johannes der Täufer selbständig gestaltet. Das Wesen der Taufe aber bestimmt ihre Beziehung zum Bußruf. Weil die Buße für Johannes der Täufer weder Reflexion noch Gefühlsvorgang, sondern Wille und Tat ist, deshalb fordert er den Entschluß, sich der Taufe zu unterziehen, mit der sich eben deshalb das Bekennen der Sünde verband (Mt. 3,6). Andererseits verbürgt die symbolische Reinigung der Buße ihren Erfolg, die Vergebung (Mk. 1,4; Luk. 3,3). Freilich konnte mit dieser Vergebung das definitive Verhältnis zu Gott nicht hergestellt sein, da ja Johannes der Täufer das Reich als zukünftiges verkündigt hat, aber die Anwartschaft auf das Reich war damit gegeben. Und wenn auch Johannes der Täufer die Sammlung einer Gemeinde dadurch ausdrücklich ablehnte, daß er die Getanften in ihre alten Verhältnisse zurückkehren heißt, Luk. 3,12 ff., daß die künftige Gemeinde mit dem derzeitigen Bestand Israels nicht zusammenfalle, sondern auf die persönliche Entscheidung des Einzelnen für Gott gegründet sei, das hat er durch das sichtbare Zeichen der Taufe anschaulich und eindrücklich gemacht. Mit dem Gesagten steht es nicht in Widerspruch, daß sich um Johannes der Täufer ein Jüngerkreis sammelte: Mt. 11,2; 14,12; Joh. 3,25; — Mt. 9,14 (siehe Lappen) und Luk. 11,1 kann sich auf die von Johannes der Täufer Getauften überhaupt beziehen, vgl. Apg. 18,25; 19,3. Nach Joh. 1,35 ff. haben sich aus diesem Kreis auf das Zeugnis des Johannes der Täufer Andreas und Johannes, wohl auch die andern dort Genannten, Jesu angeschlossen. Daß andere bei Johannes der Täufer verblieben, erklärt sich aus der abwartenden Haltung, welche Johannes der Täufer selbst weiterhin Jesus gegenüber einnahm und die sich in der Botschaft aus dem Gefängnis zum Zweifel steigert. Die Gefangensetzung und Hinrichtung des Täufers durch Herodes Antipas (s. d.) — wie es scheint nicht lange nach der Begegnung mit Jesus — wird von den Evangelien auf seinen Vorhalt wegen Herodes Ehebruch zurückgeführt, während Josephus bloß politische Motive dafür angibt. Abgesehen davon, daß Josephus auch das Auftreten des Johannes der Täufer ungenau und sehr von seinem Standpunkt aus darstellt, sind die beiden Berichte an und für sich betrachtet nicht unvereinbar. Politische Bewegungen konnten, so fern sie Johannes der Täufer lagen, immerhin von Herodes befürchtet und sehr wohl als Deckmantel für eine Tat persönlicher Rache benützt werden. In Wahrheit ist Johannes der Täufer den Zeugentod gestorben, der seinem Prophetenberuf das letzte Siegel der Echtheit aufdrückt. Und es war ein Sterben zur rechten Zeit: der Letzte des Alten Testamentss mußte abtreten, wenn der Bringer des Neuen auf dem Schauplatz stand, Joh. 3,30. Die abschließende Charakteristik der tragischen Gestalt des Täufers gibt das Wort Jesu, Mt. 11,7 ff.: Johannes der Täufer ist der größte der Propheten, weil er den Kommenden nicht bloß verheißen, sondern ihm den Weg bereiten durfte, rechtverstanden trotz Joh. 1,21 — Mt. 11,14; 17,12; Luk. 1,17 — der andere Elia, der das Erbe der Väter machtvoll vertritt einem abgefallenen Geschlecht gegenüber. Aber keine Reaktion schafft eine neue Zeit; im Himmelreich ist, wer kleiner ist, größer als er. Das menschlich Große an Johannes der Täufer aber bleibt, daß er ganz war, was er sein sollte, und mehr als das nicht sein wollte.
Johannes der Täufer sagt es werbend: Bereitet den Weg des Herrn! Ohne Straßenbau bleibt Weihnachten im Dreck stecken. Es geht um das Abräumen unserer hohen Einbildung, das Aufräumen unserer tiefen Sicherheit, das Wegräumen unserer krummen Tour. - Adventspredigt aus der Stiftskirche Stuttgart
Viele fragen sich wie Johannes der Täufer: Gibt es noch einen Weg für mich? Nur wer sich vom Herrn auf den heiligen Weg rufen lässt, der entdeckt eine heiße Spur und weiß: Das ist der Ausweg. - Adventspredigt aus der Stiftskirche Stuttgart