Gideon, bedeutender Richter Israels, Ri. 6-8, Sohn des Joas aus dem Haus Abieser des Stammes Manasse, 6,11. 15. Seit sieben Jahren hatten die Midianiter Israel schwer bedrängt, 6,1-6; in welcher Angst man vor ihnen lebte, zeigt der Umstand, daß Gideon seinen Weizen statt auf der offenen Tenne in der Kelterkufe, einer ausgemauerten Vertiefung, drasch — als er in seiner Vaterstadt Ophra durch den Engel des Herrn zum Befreier seines Volkes berufen wurde, 6,11 ff. Erst im Lauf des Gesprächs erkennt Gideon den ihm Erschienenen als den Engel des Herrn (Vers 17), und als derselbe das ihm von Gideon angebotene Opfer annimmt und durch Feuer aus dem Felsen verzehren läßt und dann verschwindet, zweifelt Gideon nicht mehr, erschrickt aber zum Tode darüber, daß er den Herrn gesehen (Vers 22. 23, vgl. Jes. 6,5), wird aber von dem Herrn beruhigt und baut zum Gedächtnis einen Altar, den er, weil der Herr ihn am Leben gelassen hat, Herr des Friedens nennt, V. 24. Aber ehe Gideon sein Volk befreien kann, muß er unter den Seinigen die Sünde abtun, durch welche Israel die midianitische Plage sich zugezogen hatte (6,1. 7-10); Gott befiehlt ihm, seines Vaters Baalsaltar mit der dabeistehen den Aschera (s. d. Art., Luther: „Hain“) zu vernichten und auf einem dem Herrn erbauten Altar mit dem Holz der Aschera einen Farren zum Brandopfer darzubringen (man übersetze V. 25: „nimm den Farren deines Vaters und zwar den zweiten siebenjährigen“, und V. 26: „nimm den zweiten Farren“). Gideon vollbringt die gefährliche Tat bei Nacht, 6,27, wird aber doch hernach als Täter erkannt und soll getötet werden. Aber das Wort seines Vaters: „wenn Baal Gott ist, rechte er um sich selbst,“ macht Eindruck auf die Leute und rettet den Gideon, der nun den Beinamen Jerubbaal, „Baal rechte“ oder „streite“, bekommt, V. 28-32, vgl. 7,1; 9,1. 5; 1 Sa. 12,11 (der Name Jerubbeseth, den er 2 Sa. 11,21 führt, erklärt sich daraus, daß statt „Baal“ der verächtliche Ausdruck Beseth = „Schande“ als Bezeichnung für ein Götzenbild gesetzt ist). Dem Namen den Sinn von „Streiter wider Baal“ zu geben, hat man um so weniger nötig, als die Benennung des Altars Gideons „Herr des Friedens“ zeigt, daß solche Beinamen nicht notwendig eine Eigenschaft der Person oder Sache, denen sie beigelegt sind, ausdrücken müssen. Mit einem aus Manasse, Asser, Sebulon und Naphthali gesammelten Heer zieht Gideon, durch ein doppeltes Zeichen von Gott des Erfolges versichert, 6,36-40, den Midianitern, die sich in der Ebene Jesreel, 6,33, gelagert hatten, entgegen, muß aber zuerst allen Verzagten die Heimkehr gestatten, 7,2 f. (vgl. 5 Mo. 20,8) und auch die ihm treu gebliebenen 10000 Mann bis auf die 300 entlassen, welche ihre Kampfesfreudigkeit dadurch bewiesen hatten, daß sie sich nicht Zeit nahmen, zum Trinken niederzuknieen, sondern mit der Hand schöpften und das Wasser aus der Hand leckten, 7,4-8. Da Gideon zum sofortigen Angriff („geh hinab“ V. 9) noch nicht den Mut hat, heißt ihn Gott mit seinem Knappen Pura sich dem Lager nähern, um dort einen für ihn Glück verheißenden Traum eines Midianiters zu vernehmen, 7,9-15 (das Brot ist in dem Traum Sinnbild eines ackerbautreibenden Volkes, also Israels, und ein Gerstenbrot, also ein geringes Brot ist es, weil Israel damals durch die Midianiter gering geworden war). Dadurch gestärkt, unternimmt Gideon einen nächtlichen Überfall des midianitischen Lagers von drei Seiten. Der Schall der zahlreichen Posaunen und die vielen Fackeln der Israeliten täuschen die aus dem Schlaf aufgeschreckten Midianiter über die Zahl ihrer Feinde, und in der Verwirrung kehrten sie ihre Waffen gegeneinander; der Überfall endigt mit der Flucht der Midianiter. Zur Verfolgung werden die zuvor entlassenen Streiter von Gideon aufgeboten, und die Ephraimiten, Gideons Aufforderung folgend, verlegen den in südöstlicher Richtung dem Jordan zu Fliehenden den Weg, wobei ihnen die Midianiterfürsten Oreb und Seb in die Hände fallen, V. 23-25. Einen Haufen verfolgt Gideon über den Jordan, zersprengt ihn und fängt die Könige Sebah und Zalmuna. Dann bestraft er die Obersten und Ältesten von Sukkoth, sowie die Bewohner von Pnuel im Ostjordanland, die, obwohl Israeliten, Gideons Aufforderung, sein ermattetes Heer mit Lebensmitteln zu unterstützen, mit Hohn zurückgewiesen hatten, und tötet die Midianiterfürsten, weil sie seine Brüder ermordet hatten, 8,4-21; die Ephraimiten aber, die sich verletzt fühlten, weil Gideon sie nicht gleich anfangs zum Kampfe aufgerufen, weiß er klug zu beschwichtigen, 8,1-3 (diese Verse stehen wohl nur um des sachlichen Zusammenhangs mit 7,24 f. an dieser Stelle, während das, was sie berichten, sich erst nach Gideon’s Übergang über den Jordan im Ostjordanlande zugetragen hat). Die ihm angetragene erbliche Königswürde lehnt Gideon echt theokraschen Sinnes ab, V. 22 f., verfehlt sich aber durch eigenmächtige Anfertigung eines Ephod, wodurch er Israel Anlaß zu ungesetzlichem Gottesdienst gibt, 8,24-27. Da Ephod sonst das priesterliche Schulterkleid (Luther: „Leibrock“) bezeichnet, so ist es gewagt, hier (und 17,5; 18,14. 17. 18, zumal in diesen Stellen das Ephod von den Bildern unterschieden ist, vgl. auch noch 17,3 f.) wegen der Menge des dazu zur Verfügung stehenden Goldes ein Gottesbild darunter zu verstehen. Da das Ephod das Brustschildlein mit den Urim und Tummim enthielt, so diente es zur Erfragung des göttl. Willens, und diesen Zweck mag Gideon bei Anfertigung seines Ephod vornehmlich im Auge gehabt haben. Nach Gideons Tod vergalten ihm die Bewohner Sichems seine Verdienste um Israel damit, daß sie dem Abimelech, einem Sohn Gideons von einer Nebenfrau, halfen, die 70 Söhne Gideons bis auf einen umzubringen, 9,1 ff. So wurde Gideons Sünde an seinem Hause gerichtet.
In der Geschichte Gideons kommt besonders deutlich der Gedanke zur Darstellung, wie Gott durch Geringes Großes wirkt, damit ihm die Ehre bleibe, vgl. 6,15 f.; 7,2. 4. 7. Kein Ereignis der Richterzeit scheint so tiefen Eindruck auf das Volk Israel gemacht und sich so lebendig in der Erinnerung erhalten zu haben als die Errettung durch Gideon, vgl. Jes. 9,3; 10,26; Ps. 83,10. 12.