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Zeit

Zeit, Zeitrechnung. Zeit im allgemeinen ist die von Gott für die Entwickung der Welt bestimmte Frist. Doch ist in Offb. 10,6 nicht gesagt, daß die Zeit einst mit ihrer Einmündung in die Ewigkeit aufhören, sondern daß von dem genannten Zeitpunkt an kein Aufschub mehr eintreten werde. Überhaupt hält sich die Bibel wenig mit allgemeinen Betrachtungen über die Zeit auf, sondern wo das Wort vorkommt, sind meist bestimmte Zeiträume, zum Beispiel die Lebensdauer eines Menschen, 2 Sa. 7,12; Hi. 14,5, oder Zeitpunkte, Apg. 1,7, gemeint. In besonderem Sinn heißt die Zeit eines Menschen die von Gott bestimmte Stunde seines Todes, 5 Mo. 31,14; Pr. 9,12, oder auch die Zeit der Geduld und Gnadenanbietung Gottes, Luk. 19,42. Oft wird die irdische Lebenszeit eine böse Zeit, Zeitrechnung genannt, 1 Mo. 47,9; Eph. 5,16, sofern aber dem Christen in ihr Gottes Gnade nahe kommt, ist sie auch für ihn die angenehme Zeit, Zeitrechnung des Heils, 2 Kor. 6,2. Darum gilt es sowohl sich in die Zeit zu schicken, Röm. 12,11, als sie auszukaufen, Eph. 5,16 (nach richtiger Übers.). Die Zeit, Zeitrechnung ist in Gottes Hand, Ps. 31,16, er bestimmt das Zeitmaß, welches voll sein muß, bis sein Rat ausgeführt wird, Gal. 4,2. 4; Apg. 1,7, und Jesus achtet sorgsam darauf, wann seine vom Vater bestimmte Zeit, Zeitrechnung gekommen ist, Joh 7,6.

Zur Einteilung der Zeit, Zeitrechnung dienen dem Menschen die Gestirne des Himmels, 1 Mo. 1,14. Auf der Umlaufszeit des Mondes und der scheinbaren der Sonne beruhen Monat u. Jahr (s. d. Artt.). Allein die Geschichte bedarf noch einer weiteren Zeitbestimmung, eines einheitlichen Punktes, von dem aus die Jahre gezählt werden. Ein solcher fehlt den bibl. Aufzeichnungen fast durchweg. Erst in den apokryph. Makkabäerbüchern werden die Zeitbestimmungen an die Ära der Seleukiden (… „Jahr des griech. Reiches“, 1 Makk. 1,11) angeknüpft, welche vom Herbst des J. 312 v. Chr. ihren Ausgang nimmt. Vorher werden in wechselnder Weise die Jahre von irgend einem bedeutungsvollen Ereignis an gezählt, so zum Beispiel vom Auszug aus Ägypten, 2 Mo. 16,1; 19,1; 1 Kö. 6,1 [oder von der Eroberung des Ostjordanlands an (bis auf Jephtah) 300 J. Ri. 11,26 (eine überaus wichtige Angabe)] oder vom Anfang des babyl. Exils an, Hes. 1,2. Die Aufeinanderfolge und den Abstand der Ereignisse der israel. Geschichte können wir zum Teil nach den Angaben über Lebens- oder Regierungsdauer der bibl. Männer bestimmen. Doch geht es auch hier nicht ohne Lücken ab, zum Beispiel wissen wir nicht, wie lange Samuel Richter und Saul König gewesen ist. Was aber die Sache noch schwieriger macht, ist der Umstand, daß, wo parallele Reihen dargeboten werden, wie z. V. in den Regierungszeiten der Könige beider Reiche ihre Verechnung kein übereinstimmendes Resultat ergibt. So wird uns zum Beispiel 2 Kö. 9 gesagt, daß Joram von Israel und Ahasja von Juda gleichzeitig ihren Tod gefunden haben; rechnet man aber rückwärts, so hätten die vorangegangenen jüd. Könige zusammen 95, die israelitischen 98 Jahre regiert, während wir doch auf ein übereinstimmendes Jahr der Reichsspaltung geführt werden sollten. Einen zweiten Vergleichungspunkt bietet die Angabe, daß Samaria im 9. Jahr Hoseas = dem 6. Jahr Hiskias [s. jedoch d. Art. Hiskia, wonach das 6. Jahr wohl sicher eine irrige Berechnung statt des 3. Jahres ist], zerstört worden sei (2 Kö. 18,10); rechnen wir aber die Jahre zusammen, welche vom gleichzeitigen Regierungsantritt Athaljas und Jehus bis auf diesen Zeitpunkt gezählt sind, so erhalten wir auf der judäischen Seite 165, auf der israelitischen 143 Jahre. Zur Erklärung einer so beträchtlichen Differenz reicht es nicht aus, an die Ungenauigkeiten zu erinnern, welche sich aus der meist angewandten Abrundung der Regierungszeiten auf volle Jahre ergaben. Es geht daraus hervor, daß auch wo die Nachrichten reichlich fließen, sie doch für die Herstellung einer genauen Chronologie nicht sicher genug sind.

Die Einreihung der israelit. Geschichtsereignisse in die allgemeine Weltgeschichte und der Anschluß an unsere christliche Zeitrechnung ermöglicht hauptsächlich der sog. ptolemäische Kanon, welcher von Nabonassar an die babylonischen, dann die persischen und griech.-macedon. Könige und zuletzt die röm. Kaiser nach ihren Regierungszeiten aufzählt. Der Ausgangspunkt dieser durch die beigefügten astronom. Beobachtungen in wünschenswerter Weise kontrollierbaren Geschichtstabelle ist das J. 747 v. Chr. Mit Hilfe derselben gewinnen wir für die Eroberung Babylons durch Cyrus das Jahr 538 v. Chr., für die Heimkehr der verbannten Juden das Jahr 536, ferner für Nebukadnezars Sieg bei Karchemisch 606, für die Zerstörung Jerusakems 586. [Als weiteres noch viel wichtigeres Hilfsmittel treten dem ptolem. Kanon die assyr. Eponymenlisten (s. Assyrien) zur Seite. Nach ihrer Angabe muß die Eroberung Samarias ins Jahr 722, der Zug Senacheribs gegen Hiskia ins Jahr 701 und vorher das letzte Jahr Ahabs ins Jahr 854/53, das erste Jahr Jehns ins Jahr 842 v. Chr. (s. oben S. 50 im Art. Assyrien) gesetzt werden. Daß das 14. Jahr des Hiskia als Angabe des Zuges Senacheribs eine Verwechslung mit dem Datum der Krankheit Hiskias und der Gesandtschaft Merodach-Baladans ist (711 v. Chr.), wurde schon im Artikel Hiskia als die wahrscheinlichste Lösung hingestellt. Mit der Annahme von Mitregentschaften muß man, um die Abweichung zwischen den Angaben der israelit. Königsbücher und den assyr. Inschriften zu erklären, sehr vorsichtig sein, denn wo solche stattfinden, sind sie auch wirklich ausdrücklich erwähnt, so 2 Kö. 15,5 bei Jotham und Ussia. Dagegen mag die Auseinanderhaltung des Pekach und des Pekachja (ersterer richtig 2 J., der letztere irrig 20 J., die einfach auszuscheiden sind) auf sog. Dittographie beruhen; der betr. König hieß wahrscheinlich Pekachja, abgekürzt Pekach, vgl. umgekehrt bibl. Ahas, assyr. voller Jauhasi.

Als annäherungsweise richtige Daten für die israelitische Königszeit von ihren Anfängen bis zum Schluß dürfen etwa folgende gelten: Was den König Ussia anlangt, so ist dieser Name, der sich statt des Namens Asarja der Königsbücher (2 Kö. 14,21 und 15,1 ff.) bei den Propheten findet (s. d. Art. Usia), offenbar der richtige. Es ist kaum anzunehmen, daß er einen Doppelnamen führte, sondern eher, daß die doch nicht vor dem Exil schreibenden Zusammensteller der bibl. Königsbücher den Usia von Jehuda mit seinem nordsyrisch. Zeitgenossen Asarjau von Ja’udi, der uns aus assyrischen (und sein Land Ja’udi auch aus nordsyrischen) Quellen bekannt ist, verwechselt haben.

Was die Zeit von Saul ab nach rückwärts anlangt, so wäre zunächst für die Zeit der Richter (inkl. Samuels), aus der wir die oben erwähnte vereinzelte Angabe besitzen (Ri. 11,26) ein fester Anfangspunkt gegeben, wenn nur das Datum des Exodus und damit dann auch das der Eroberung Kanaans schon sicherer bestimmbar wäre. Das wahrscheinlichste bleibt immer, daß Thutmes III. (etwa 1480-1450 v. Chr.) der Pharao der Bedrückung war und nicht erst Ramses II. (1324-1258), und daß der Auszug etwa 1398 v. Chr. unter Amenhotep III. (vgl. auch Manetho bei Josephus) erfolgt ist; in diesem Fall würde die Eroberung des Westjordanlandes unter Josua etwa 1358 v. Chr. begonnen haben] — Leichter als die frühere, ist die spätere Geschichte Israels zeitlich zu bestimmen. Denn je mehr sie in die Geschichte des persischen, macedonischen, ptotemäischen, seleukidischen und römischen Reiches hereinragt, desto zahlreicher werden die festen Punkte, an denen wir die biblischen Ereignisse messen können. Wir können hier die obige Zeittafel ungefähr folgendermaßen fortsetzen der Juden unter Serubabel u. Josua 536. Ein zweiter Zug von Exulanten unter Esra 458. Nehemia wird Statthalter 445. Nehemia kehrt nach Persien zurück 433. 100 Jahre der Stille: Entwicklung des pharisäischen Judentums. Alexander der Große in Palästina 332. Ptolemäus Lagi wird Herr von Palästina 320. Oberherrschaft der Ptolemäer über Juda 301-221. Kämpfe der Ptolemäer u. Syrer um Juda 221-175. Antiochus Epiphanes Herr Palästinas 175. Judas Makkabäus 166. Johannes Hyrkanus 135. Alexander Jannäus 104. Pompejus erobert Jerusalem 63. Herodes König der Juden 40. Herodes stirbt 4 vor Chr. Bekehrung Pauli 33 nach Chr. Herodes Agrippa I. 37. Derselbe König von Palästina 41. Apostelkonvent 48. Agrippa II. 52. Abfassung des Römerbriefs 55. Neronische Christenverfolgung 64. Zerstörung Jerusalems durch Titus 70.

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