Viehzucht
Bedeutung
Vieh, Viehzucht war die ursprüngliche Beschäftigung der Erzväter, ihre Herden ihr vornehmster Reichtum (1 Mo. 12,16; 13,2.5; 30,43; 32,6; 47,17). Dies prägt sich auch sprachlich darin aus, daß das Wort für Vieh (mikneh) ursprünglich Besitz überhaupt bedeutet. In Ägypten bewohnen die Israeliten den für Viehweiden geeigneten Landstrich Gosen, 1 Mo. 46,33 ff.; 47,1 ff., und auch nach der Eroberung Kanaans bleibt neben dem Ackerbau die Viehzucht ihr Hauptnahrungszweig, 1 Sa. 16,11; 25,2 f., namentlich wird ausgedehnter Herdenbesitz als wichtiger Teil königlicher Reichtums erwähnt, 1 Sa. 21,8; 1 Chr. 27,29-31; 2 Chr. 26,10. Insbesondere scheint im Ostjordanland die Viehzucht fast die ausschließliche Beschäftigung gebildet zu haben, 4 Mo. 32,1; Baschan war hier für seine trefflichen Weiden berühmt, Jer. 50,19, vgl. 5 Mo. 32,14; Ps. 22,13; Hes. 39,18; Am. 4,1, wo die „fetten“ Ochsen, Kühe, Widder nach dem Grundtext sprichwörtlich Ochsen usw. von Baschan heißen. Im Westjordanland ist besonders die blumenreiche Ebene Saron als gutes Weideland bekannt (Hohes lied 2,1; 1 Chr. 27,29; Jes. 33,9; 65,10.)
Waren bei den Ägyptern die Hirten verachtet, 1 Mo. 46,34, so sehen wir sie bei den Israeliten in hohem Ansehen. Der König David und der Prophet Amos gehen aus dem Hirtenstand hervor; vom Hirtenleben hergenommene Bilder bezeichnen den Beruf des Königs (2 Sa. 5,2; Ps. 78,72), ja die Fürsorge Jahwes für sein Volk (Ps. 23; Jes. 40,11; Hes 34,11 ff). Auch der Umstand, daß der fromme Abel und der Erbe der Verheißung, Jakob, Hirten, dagegen Kain der Vertreter von Ackerbau und Handwerk (1 Mo. 4,2.17.22), Esau von Ackerbau und Jagd (1 Mo. 25,27) sind, gibt dem Hirtenberuf eine fast religiöse Weihe. So macht auch den Rechabiten ihr Stammvater das Festhalten am Hirtenleben zur strengen Pflicht, Jer. 35.
Haltung
Die Herde blieb, soweit immer möglich, unter freiem Himmel, Dan. 4,22. 29 f.; 5,21, wurde nachts in Hürden eingeschlossen, 4 Mo. 32,24; 2 Chr. 32,28; Jes. 13,20; Jer. 9,9; 50,6; Hes. 34,14; Luk. 2,8; für die Außeher waren Wachttürme errichtet, 1 Mo. 35,21; 2 Chr. 26,10; 27,4 (Luther: Schlöffer), auch hatte man Hunde zur Bewachung der Herden, Hi. 30,1; Jes. 56,10. Als Weideplätze dienten teils die Berghänge hauptsächlich für Schafe und Ziegen, teils die fruchtbaren Ebenen vorzugsweise für die Rinderherden, vielfach haben wir uns unter den „Wüsten“ der luther Übersetzung Weidetriften zu denken, Joel 1,19; Jer. 9,9; 23,10. Während der Regenzeit stand das Vieh in Ställen, 2 Chr. 32,28; Ps. 50,9; Mi. 2,12; Hab. 3,17; Joh. 10,16, für welche, wie noch heutzutage, meist natürliche Höhlen benützt worden sein mögen. Auch Krippen werden erwähnt, Spr. 14,4; Jes. 1,3; Luk. 2,7.
Vieharten
Das Kleinvieh (zon) bestand aus Schafen und Ziegen, deren Milch, Fleisch, Fell, Wolle und Haare benützt wurden, das Grossvieh (bakar) aus Rindern, welche Milch und Fleisch (Mastvieh) lieferten und — namentlich die Ochsen, unter denen wir uns nicht verschnittene (3 Mo. 22,24), sondern die männlichen Tiere zu denken haben — zum Ziehen des Pflugs, (5 Mo. 22,10; Ri. 14,18; 1 Sa. 11,5; 1 Kö. 19,19 ff.; Hi. 1,14; Jes. 30,24; Am. 6,12,) der Egge, (Hos. 10,11), des Wagens, (1 Sa. 6,7; 2 Sa. 6,6.) zum Dreschen (5 Mo. 25,4), sowie als Lasttiere (1 Chr. 12,40), verwendet wurden. Zum Treiben diente ein Stecken, (Ri. 3,31; Jes. 9,3, oder Stachel, 1 Sa. 13,21; Apg. 9,5).
Daß das Rindvieh der Israeliten eine kräftige und stattliche Rasse gewesen sein muß, darauf deuten der poetische Ausdruck abbir = der Starke für den Stier, und Stellen wie Ps. 22,13 f. Als Lasttiere dienten jedoch hauptsächlich Kamel und Esel(1 Mo. 12,16; Hi. 1,3; 1 Sa. 27,9), die ersteren scheinen in Palästina selten gewesen zu sein, die letzteren waren die gewöhnlichen Reittiere in Friedenszeit (1 Sa. 25,20; 2 Sa. 17,23; 1 Kö. 2,40; 2 Chr. 28,15). Pferde haben sich, vorzugsweise aus Ägypten bezogen, 1 Kö. 10,29, bei den Israeliten spät eingebürgert; sie waren wohl immer nur das Reittier der Vornehmen, Pr. 10,7; Jer. 17,25. Auf gebirgigen Pfaden tat das Maultier bessere Dienste, 2 Sa. 13,29; 18,9; 1 Kö. 1,33; 1 Chr. 12,40; Jes. 66,20. Schweinezucht war ausgeschlossen, 3 Mo. 11,7; 5 Mo. 14,8; Jes. 65,4; 66,17. Tauben werden mehrfach erwähnt (1 Mo. 8,8; 15,9; 3 Mo. 5,7; Jes. 60,8), dagegen ist von Hühnern oder Gänsen im Alten Testament nirgends die Rede.