Philemon, ein angesehener Christ in oder bei Kolossä (vgl. Kol. 4,9. 17 u. Philem. 2), Vorsteher einer „Gemeinde“ in seinem Hause. An ihn schreibt Paulus einen kostbaren Brief. Onesimus, ein Sklave des Ph., war diesem entlaufen, war dann aber mit Paulus bekannt und von ihm zum Christentum bekehrt worden. Nun mußte er natürlich sein Unrecht einsehen und zu seinem Herrn zurückkehren. Damit aber O. freundliche Aufnahme sinde, gibt Paulus ihm diesen Brief an seinen Herrn mit. In demselben steckt die Lösung, welche das Christentum für die Sklavenfrage hat. Wird ein Sklave Christ, so gehört er deswegen doch noch seinem Herrn, ja gerade jetzt gehört er ihm recht und ist er ihm recht nützlich (Vers 11); aber zugleich ist ein solcher „Knecht mehr denn ein Knecht, ein lieber Bruder“ (Vers 16), und der Herr sieht ihn als solchen an. Damit ist die Geringschätzung des Sklaven, ja überhaupt die Sklaverei nicht mehr verträglich. Das Christentum muß zur Aufhebung der Sklaverei führen; aber nicht zwangsweise, sondern freiwillig wird Ph. mehr tun, als Paulus sagt (Vers 21), und werden auch künftig die Herren der Sklaven mehr tun, denn ihnen äußerlich geboten werden kann.
Die rührend zarte Bitte des Apostels, die er an Ph. richtet, der feine Takt, mit dem er die Sache des Onesimus vertritt, der liebenswürdige Humor, den er in den scherzhaften Wendungen: er wolle es bezahlen, V. 19, und in dem Wortspiel mit der Bedeutung des Namens Onesimus (= nützlich) V. 11 und 20 (statt: „gönne mir, daß ich mich an dir ergötze“, heißt es eigentlich: laß mich dich etwas ausnützen), die große Liebe, mit der er von dem Sklaven redet, („mein eigen Herz“, V. 12, einen „lieben Bruder“, V. 16), das alles läßt uns recht tief in des Apostels zartes, liebreiches und liebenswertes Gemüt hineinsehen. Aus welcher Gefangenschaft der Brief geschrieben ist, ist nicht sicher. Deißmann vermutet, wegen der geringen Entfernung zwischen Kolossä u. Ephesus, daß Paulus in Ephesus gefangen gewesen sei und dort den O. kennen gelernt habe.