Salomo (= Friedrich, 1 Chr. 22,9 erklärt: Mann der Ruhe, dem Gott Frieden und Stille lebenslang verleiht), der Sohn Davids und Bathsebas, der dritte König Israels, dessen Geschichte 1 Kö. 1-11 und 2 Chr. 1-9 erzählt wird. Als sein älterer Stiefbruder, der jüngere Bruder Absaloms, Adonia im Einverständnisse mit dem Feldherrn Joab und dem Priester Abjathar noch bei Lebzeiten des alten David die Thronfolge zu erschleichen versuchte, bewogen der Prophet Nathan und Bathseba den David, Salomo bestimmt zu seinem Nachfolger zu ernennen. Bei der Gihonquelle, östlich von Jerusalem, salbte ihn der Priester Zadok zum Könige, das Volk fiel ihm jubelnd zu und Adonia war genötigt, seine Schonung anzuflehen; als er aber die Abisag von Sunem, welche den alten David gepflegt hatte und als sein letztes Kebsweib galt, durch die Fürsprache Bathsebas zum Weibe begehrte, erkannte Salomo hierin ungebührliche Herrschergelüste und ließ den immer noch nicht ganz ungefährlichen Nebenbuhler töten. Ebenso führte er die letzten strengen Befehle seines sterbenden Vaters an Joab, dem Mörder der Feldherrn Abner und Amasa, schonungslos aus, lockte den alten Lästerer Davids, Simei, in eine Falle und ließ ihn umbringen und verstieß den Priester Abjathar aus seinem Amte in sein Heimatdorf Anathoth. Diese energischen Maßregeln schienen geeignet, die Herrschaft des jugendlichen Königs wenigstens im eigenen Lande zu befestigen; die unterworfenen Völker dagegen mögen wohl wie immer bei derartigen Thronmechseln sich geregt haben. Wenigstens von Hadad, dem nach Ägypten entronnenen und von dem Pharao freundlich behandelten Flüchtling aus dem königlichen Geschlechte Edoms wird 1 Kö. 11,14 ff. erzählt, er habe den Tod Davids und Joabs zu Aufwiegelungen benutzt und Salomo Verlegenheiten in dem schwer zugänglichen Süden seines Reichs bereitet. Im Nordosten hatte sich schon früher ein Krieger namens Reson von dem Könige von Zoba, den David besiegt, losgerissen, der sich nunmehr mit seinen Anhängern auf Damaskus warf und König von Syrien nennen ließ. Auch Geser an der Philistergrenze muß zu dieser Zeit abgefallen sein, da der Pharao es erst wieder eroberte und dann dem Salomo als Morgengabe seiner Tochter mitgeben konnte (1 Kö 9,16). So mochte es wohl in den stürmischen Anfängen des noch unbewährten Fürsten heißen: Warum toben die Heiden und sinnen die Völker so Eitles, die Könige der Welt stehen auf usw. (Ps. 2). Freundlich stellte sich hingegen die Weltmacht Ägypten zu dem aufstrebenden jungen Reiche, dem wichtigsten Faktor ihrer asiatischen Politik, mit dem sorgfältig zu rechnen war; der letzte Pharao der 21. Dynastie (Amenophis od. Psusennes?) gab Salomo seine Tochter zum Weibe, und nach und nach scheint Salomo, obgleich das einzelne hier mit Ausnahme eines Kriegszugs gegen Hamath (2 Chr. 8,3) nicht berichtet wird, in den unbestrittenen Besitz der Grenzen des Reichs seines Vaters gelangt zu sein (1 Kö. 5,4); auch die noch nicht völlig assimilierten Reste der alten nichtisraelitischen Bevölkerung des Landes selbst unterwarf er und machte sie hinfort zu Hörigen (1 Kö. 9,20. 21). Das glänzendste Werk seiner Regierung ist der Tempelbau. Nach 2 Sa. 7 hatte sich schon David mit einem solchen Vorhaben getragen; Salomo schloß, um es auszuführen, einen Vertrag mit König Hiram von Tyrus, welcher schon mit David befreundet gewesen, daß dieser ihm das erforderliche Zedernholz vom Libanon durch sach verständige Arbeiter liefere und dafür bedeutende jährliche Getreide- und Ölsendungen beziehen sollte (1 Kö. 5). Später mußte Hiram dem durch die großen Bauten hart mitgenommenen Schatze Salomos noch mit einem Darlehen von 120 Talenten Gold aufhelfen, wogegen dieser ihm 20 galiläische Städte abtrat (1 Kö. 9,10-14). Mit Hilfe phönikischer Werkleute und unter ausgiebiger Benutzung israelitischer Fronden (1 Kö. 5,13 ff.) begann der Tempelbau im 4. Jahre Salomos, im 480. nach dem Auszug aus Ägypten (1 Kö. 6,1), und nach 7 jähriger Arbeit stand das Heiligtum, abgesehen von der inneren Ausstattung, vollendet da (1 Kö. 6,38). Diese besorgte im wesentlichen ein Tyrier, mütterlicherseits von israelitischer Abstammung, Hiram, im Erzguß höchst erfahren (1 Kö. 7,13 ff.), welcher die zwei ehernen Säulen mit ihrem reichen Schmuck für die Halle des Tempels, das eherne Meer auf den 12 Rindern, den Brandopferaltar und eine Menge kleinerer Geräte für den heil. Dienst anfertigte, wozu eigens eine Erzgießerei am Jordan eingerichtet wurde (7,46). Über die Einzelheiten vgl. den Art. Tempel. Gleichzeitig baute Salomo sich selbst einen Palast (Salomo417 f.), einen andern seiner ägypt. Gemahlin, ferner das Haus des Waldes Libanon, das heißt ein Arsenal auf dem Zion, aus Holz vom Libanon errichtet (7,1-12), und vervollständigte die Befestigung Jerusalems (11,27). Erst nach Vollendung aller dieser Werke, im 24. Jahre seiner Regierung, wurde beim Laubhüttenfest die Bundeslade in das neue Gebäude gebracht und dasselbe mit reichen Opfern unter festlicher Beteiligung des ganzen Volkes eingeweiht (1 Kö. 8). Bei diesem Anlasse hielt Salomo selbst das Weihegebet, den Herrn erinnernd an seine vergangenen Wohltaten, wie an seine Zukunftsverheißungen, und ihn anflehend, daß er für alle Zeiten seine Gnadengegenwart in diesem Hause kräftig erweise.
Die Regierung Salomos ist ferner merkwürdig durch die von 3 zu 3 Jahren in Verbindung mit den seekundigen Phönikiern unternommenen Ophirfahrten (s. Ophir Salomo 536). Da Salomo die edomitische Hafenstadt Elath und den benachbarten Hafen Ezeon-Geber (jetzt Akabah) besaß, so konnten die Schiffe durch das Rote Meer auslaufen; die Bergwerke Ophirs wurden, da sonst die Zeit der Fahrten zu lang bemessen scheint, von den Seeleuten selbst ausgebeutet und Gold in schwerer Menge, nebstdem auch andere dort einheimische oder schon aus dem Osten eingeführte Artikel, Silber, Elfenbein, Affen, Pfauen, Sandelholz und Edelsteine heimgebracht (1 Kö. 9,26-28; 10,11. 22), wogegen die Tauschgegenstände der Phönikier und Israeliten nicht erwähnt werden. Der König verstand seine Einnahmen auch sonst ungemein zu vermehren. Zu den 420 Talenten Ophirgoldes (1 Kö. 9,28, wo die griech. Übers. 120 liest; nach 2 Chr. 8,18 gar 450 und nach 1 Kö. 10,14 jährlich 666 Talente) flossen Einkünfte aus dem Tribut der unterworfenen Könige, Abgaben der Händler und gelegentliche Gastgeschenke in den Schatz des Königs; das Land wurde in 12 Steuerbezirke mit je einem Einzieher geteilt, die abwechselnd monatlich für den ungeheuren Bedarf des weitschichtigen königlichen Haushaltes aufkommen mußten (1 Kö. 4,7 ff.; 5,2. 3. 6-8). Kein Wunder, daß die Rede ging, zu jener Zeit sei in Jerusalem Silber so gemein wie Steine, Zedernholz wie wildes Feigenbaumholz gewesen (10,27). Indessen wußte der ungemessene Aufwand und Prunk des Königs mit all diesen Reichtümern fertig zu werden. Die Bauten verschlangen die größten Summen; das Zeughaus wurde mit 200 goldenen Schildern u. 300 goldenen Tartschen geschmückt; ein kunstvoller Thron aus Elfenbein und mit Gold überzogen angefertigt, mit 2 Löwen an den Seitenlehnen und 12 Löwen auf den 6 Stufen, die zu ihm emporführten; das Geschirr der königlichen Tafel war golden und kostspielig war besonders auch die Liebhaberei des Königs für eine glänzende Reiterei, welche von dem pferdereichen Ägypten befriedigt werden konnte (1 Kö. 10,16-21. 26. 28. 29; 5,6). Wenn die Ereignisse unmittelbar nach dem Tode Salomos in Betracht gezogen werden, so unterliegt keinem Zweifel, daß der Volkswohlstand sich nicht im Verhältnis zu diesem königlichen Aufwande hob; aus 1 Kö. 5,5; 8,66 läßt sich in finanzpolitischer und wirtschaftlicher Beziehung noch kein günstiges Urteil ziehen und den Druck der Abgaben, welche in den unersättlichen Königsschatz flossen, sowie die auferlegten großartigen Fronden übertünchte nur notdürstig und vorübergehend der Glanz dieser Herrschaft. „Erleichtere das Joch, das dein Vater über uns hart gemacht hat“, verlangt später stürmisch das Volk, und Salomos Sohn bestätigt es: mein Vater hat euch mit Geißeln gezüchtigt (1 Kö. 12). Einen weiten Blick und eine glückliche Hand verrät immerhin die Anknüpsung auswärtiger Handelsbeziehungen, die Israels geistigen Gesichtskreis bedeutend erweiterten und die Unternehmungslust anregten, und wenn Tadmor in der Wüste, 1 Kö. 9,18, welches Salomo nebst andern Handelsstationen baute, wirklich Palmyra und nicht vielmehr Thamar im Süden Palästinas wäre, so müßte diese für Handel und Kultur der nächsten Jahrhunderte so wichtige Gründung Salomo zum besonderen Verdienste angerechnet werden.
Wenn die Spätern in Salomo das Urbild aller Weisheit, den Kenner aller Geheimnisse priesen, so fehlt dieser übertreibenden Verklärung doch der geschichtliche Ausgangspunkt nicht. Über Gold, langes Leben und Sieg ging ihm wenigstens in seinen Anfängen ein weises Herz; eigen war ihm eine scharfblickende Menschenkenntnis und die Gabe, seine Gedanken volkstümlich und originell auszuprägen oder sich in witzigen Rätselreden zu ergehen (1 Kö. 3). Sein Ruf in dieser Beziehung drang sogar weit über die Grenzen seines Landes hinaus (1 Kö. 10,1 ff.). Gewiß liefen schon zu seinen Lebzeiten viele seiner die mannigfaltigsten Gebiete berührenden Sentenzen im Volksmunde um, und wenn er auch nicht ein Naturkundiger im heutigen Sinne des Wortes war, so verstand er doch in der Natur als dem Spiegel und Gleichnis menschlichen Handels und Wandels zu lesen, 1 Kö. 5,9-14. Diese Stelle nötigt bei der Anzahl der Salomo zugeschriebenen Sprüche und Lieder an Aufzeichnung zu denken, und stimmt auch ihr Inhalt nicht mit demjenigen der „Sprüche Salomos“ zusammen, so sieht man doch in ihm mit Grund den Anfänger der Spruchpoesie, von welchem manches unvergessene Wort in den ältesten Teilen der Sammlung aufbewahrt ist. Jene scharfgeprägten, witzigen Zweizeiler im Grundstock derselben sind unmittelbar oder mittelbar ein Ausfluß seines reichen Geistes, der den Anstoß zu dieser volkstümlichen und fruchtbaren Lehrdichtung gegeben hat. Ihm sind auch der 72. u. 127. Psalm zugeschrieben; fraglich ist, ob Salomo der Verfasser des Hohen Liedes war, und außer Frage steht, daß der „Prediger Salomo“ nicht von seiner Hand herrührt.
Treten wir endlich auf die religiöse Bedeutung Salomos ein, so kann er entfernt nicht seinem großen Vorfahr zur Seite gestellt werden. Es ist bedeutsam, daß der Nachwelt wohl seine ziemlich weltlich gefärbte Weisheit, aber nicht seine Frömmigkeit und Gemeinschaft mit dem Herrn vorbildlich erschien; kein Prophet gedenkt seiner wie seines Vaters David, und das zusammenfassende Zeugnis 1 Kö. 11,6 lautet nicht günstig. Wohl war ihm von David auch ein reiches geistliches Erbe zugefallen (2 Sa. 12,24. 25); nannte ihn doch bei seiner Geburt der Prophet Nathan „Jedidja“ = den von Jahveh Geliebten; aber seine Anfänge versprachen mehr, als der Fortgang hielt. Schon die Entfaltung der übermäßigen Pracht einer orientalischen Despotie, worin er sich gefiel, verträgt sich nicht mit der Strenge des von dem ewigen Königtum Jahvehs überschatteten israelitischen Königtums; das Königsgesetz 5 Mo. 17,14-20 ist in mehreren Zügen ein denkwürdiges Gegenstück zum Königtum Salomos (vgl. auch 1 Sa. 8,10-18). Wohl zeigt das Weihegebet 1 Kö. 8 einen erhabenen Schwung des Geistes, sogar prophetischen Blick, und wird dieser König besonderer Offenbarungen gewürdigt (1 Kö. 3 u. 9), aber daneben hält er nicht nur ganz nach der Weise heidnischer Machthaber einen großen Harem (1 Kö. 11,1-3; Hohel. 6,7), sondern verfällt mit unklarer Religionsmischerei sogar in den Götzendienst seiner heidnischen Weiber (1 Kö. 11,4-8). Dieser Fall zog ihm die Strafe zu, daß die Prophetie sich jetzt schon von ihm abwandte und die Zerreißung des Davidsreiches verkündigte (1 Kö. 11,29 ff.). Aus dem von alters her seiner Macht wohlbewußten und eifersüchtigen Stamme Ephraim trat ein von Salomo selbst wegen seiner Tüchtigkeit in ein hohes Amt gebrachter Mann, Jerobeam, der Sohn Nebats, wohl auf die allgemeine Unzufriedenheit rechnend, mit gefährlichen Absichten hervor und entzog sich, als Salomo davon Kunde erhielt, seiner Rache durch die Flucht nach Ägypten, wo das Aufkommen einer neuen Dynastie die früheren guten Beziehungen zu Salomo getrübt hatte, so daß Pharao Scheschenk dem Bedrohten ein Asyl gewährte. Er sollte dem Hause Davids bald genug noch gefährlicher werden. Salomo selbst hatte noch Zeit, nach 40 jähr. Regierung (nach Neueren 962-930?) ruhig zu sterben, ehe die Empörung hell aufloderte. Seine Herrschaft schließt den Höhepunkt der Geschichte Israels, aber auch schon die Wendung zum Niedergange ein; er wußte trotz mancher großer Charakterzüge sich selbst nicht zu bewahren, deshalb bewahrte er auch seinem Hause das anvertraute großartige Erbe nicht.