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Buße

Buße ist nach altem deutschen Sprachgebrauch (vgl. Art. Büßen) die Genugtuung, die wir einem von uns Geschädigten oder Beleidigten leisten; und in diesem Sinn ist das Wort Esra 7,26 „Buße an Gut“ wirklich gebraucht. Überall sonst in der Bibel aber bezeichnet es die Pflicht des Sünders gegenüber dem von ihm beleidigten Gott. Da muß nun uns als evangel. Christen sofort einfallen, daß wir ja selbst Gott in keiner Weise eine Genugtuung für unsere Sünden leisten können. Und wirklich hat das im hebräischen und griechischen Grundtext stehende Wort eine ganz andere Bedeutung als „Genugtuung“. Es bedeutet: Reue, Sinnesänderung. Es ist ein Beweis, wie weit die kathol. Kirche des Mittelalters von der Erkenntnis des bibl. Heilswegs abgekommen war, daß in ihr das Wort „Buße“ das anfänglich auch in ihr richtig gebrauchte Wort „Reue“ ganz verdrängte, wo es sich um Erlangung der Sündenvergebung handelt. Luther hat nun zwar das Wort Buße in seiner Bibelübersetzung beibehalten, aber demselben einen ganz neuen, eben den biblischen Inhalt gegeben. Für etwas Buße tun, heißt jetzt nichts andres, als sich einen Fehler leid sein lassen, ihn bereuen und ablegen, wenigstens mit der Ablegung einen ernstlichen Anfang machen. Das griechische Wort steht auch da, wo man dem Nebenmenschen gegenüber seinen Fehler bereut (zum Beispiel Luk. 17,3. 4, wo Luther übersetzt: es reuet mich). Das deutsche Wort Buße aber steht immer davon, daß wir unsere Sünden Gott gegenüber bereuen; teils bestimmte Sünden (2 Kor. 12,21; Offb. 9,21), teils unser ganzes sündhaftes Wesen (Mt. 4,17). Die Buße ist ein innerlicher Schmerz über sich selbst, verbunden mit Demütigung vor Gott und Anerkennung der eigenen Schuld, wie dies Jesus im Gleichnis vom verlorenen Sohn beschrieben hat (Luk. 15,17-19). Das Herz wird von dem anklagenden Gewissen geängstet und zerschlagen (Ps. 51,19); alle selbstzufriedenen und stolzen Gedanken des Geistes werden zerbrochen (Jes. 57,15; 66,2). Äußerlich kann die Buße von allen Zeichen des Schmerzes begleitet sein; die Bibel erwähnt als solche: Weinen (Luk. 7,38; Mt. 26,75), sich auf die Hüfte oder an die Brust schlagen (Jer. 31,19; Luk. 18,13), in der Asche sitzen (Hi. 42,6), Säcke anziehen (Jon. 3,5), die Kleider zerreißen (1 Kö. 21,27; Esra 9,3), Fasten (Joel 2,12; Jon. 3,5). Auch die Johannestaufe war eine sinnbildliche Bußhandlung (Mk. 1,4). Aber wo man mit solchen äußeren Zeichen den Mangel der wahren Herzensbuße ersetzen will, sind sie Gott nicht angenehm (Joel 2,13; Jes. 58,3-5; Mt. 3,7: 6,16). Die wahre Buße kann auch ohne alle solche Gefühlsäußerungen da sein. Wichtiger ist als Bewährung der echten Buße das Bekenntnis der Sünde (s. d. Art.) und die Hervorbringung rechtschaffener Früchte der Buße (Mt. 3,8; Apg. 26,20), die Besserung des Lebens. Aber Gott wartet das Reifen dieser Früchte der Buße nicht ab, ehe er sich dem bußfertigen Sünder gnädig zuwendet. Vielmehr, wenn nur mit der Buße der kindliche Glaube an die Gnade Gottes sich verbindet, so tritt sofort Vergebung der Schuld u. Erfahrung der vollen Vaterliebe Gottes ein (Luk. 15,20-24; 18,14, vgl. weiter den Art. Vergebung). Zugleich bildet allerdings die Buße den Anknüpfungspunkt für den Antrieb des Buße Geistes zu einem neuen Leben (Ps. 51,12 vergl. mit 3-11; Mt. 5,3. 6; Röm. 6,3 ff.). Aus all dem geht die große Wichtigkeit der Buße hervor. Schon im Alten Testament wird sie durch die Einrichtung des Sündopfers (s. d. Art.) als notwendig bezeugt und von den Propheten mit nachdrücklichem Ernst gefordert als die unerläßliche Bedingung der göttlichen Gnade (Joel 2,12 ff.; Jer. 3,12 ff.; Hes. 33,11 f. usw.), wenn auch das Wort Buße vor dem Ausdruck „Bekehrung“ (s. d. Art.), von der die Buße ein Teil ist, zurücktritt. Wenn Gott in seiner Gnade manchmal dem noch Unbußfertigen Sünder doch wieder Gutes tut und ihm aus seiner Not hilft, so erwartet er, daß diese unverdiente Güte ihn umsomehr beschäme und zur Buße leite (Hes. 36,16-32, vgl. Röm. 2,4). Ergreifende Ergüsse eines bußfertigen Herzens enthalten die Psalmen (vgl. die sieben „Bußpsalmen“ 6. 32. 38. 51. 102. 130. 143) und andere Stellen des Alten Testaments (Jes. 59,9-15; 64,5; Jer. 31,18. 19; $$Klag. 3,40-42::Klgl 3,40-42$$; Dan. 9,3-19). Ja Jes. 53,4-6 bezeugt bereits, daß die tiefste Buße aus dem Anblick des unschuldigen Leidens unseres Erlösers entsteht.

Im Neuen Testament ging Johannes der Täufer mit der Bußpredigt und Bußtaufe dem Herrn voran, zum Zeugnis, daß auch das Heil des Neuen Bundes nur für bußfertige Herzen da sei (Mt. 3,2-10 u. Parall.). Und der Herr selbst eröffnete ebenso seine Predigt mit dem Ruf: Tut Buße! (Mk. 1,15 u. Parall.) verkündigte es als seine eigentliche Aufgabe, Sünder zur Buße zu rufen (Luk. 5,32), und erklärte die Buße Eines Sünders als einen Gegenstand der Freude bis in den Himmel hinauf (Luk. 15,7). Die Bußpredigt des Herrn aber bestand nicht bloß in Schärfung des gewissens (Mt. 5,20-48), sondern er gab den Menschen die einzigartige Seligkeit des Lebens in Gott und mit Gott zu empfinden, um sie dadurch zugleich von der Nichtigkeit des Lebens ohne Gott zu überzeugen (Mt. 5,3-10; 11,28-30; Joh. 4,10 ff.). Er stellte freilich auch als Probe echter Buße die hohe Forderung der Selbstverleugnung (Mt. 16,24, s. d. Art.) auf. In diesem Sinn haben dann die Apostel die Buße ganz in Zusammenhang mit der Person Jesu Christi gestellt und sie ein Sterben, ein Gekreuzigtwerden mit Christo genannt (Röm. 6,3-11); denn in der Hingabe an Christus findet die Anhänglichkeit und Gebundenheit an das sündige Weltleben ihren Tod (Gal. 6,14). Von einer solchen Buße ist es begreiflich, daß der Hebräerbrief lehrt, sie könne sich nicht zweimal im Leben wiederholen (6,4-8). für gläubigwerdende Juden und Heiden faßt die Buße in Beziehung auf ihr vergangenes Leben sich in der Taufe zusammen (Apg. 2,38; 11,18). Aber auch uns, die wir in der Kindheit getauft wurden, hält nichts so eindringlich als unsere Taufe die Pflicht vor Augen, daß unser ganzes Leben eine fortgehende Buße sein müsse (Gal. 3,27, vgl. 5,24).

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