Zum Inhalt

Sintflut

Bedeutung: große Flut.

So wurde im Altdeutschen und noch von Luther geschrieben. Erst nach Luther wurde die Schreibung „Sündflut“ allgemein. Die revidierte Übersetzung ist zu Sintflut zurückgekehrt.

Der biblische Bericht

 1Mo 6-9 berichtet von einer großen Verderbnis auf Erden, weshalb Gott die Vernichtung aller lebenden Wesen auf Erden beschließt. Nur Noah findet Gnade bei Gott (6,9-13 und 6,5-8). Worin die Verderbnis, die nach der ersten Erzählung nicht nur die Menschen, sondern „alles Fleisch“ (6,12) ergriffen hatte, bestand, ist nicht näher gesagt; wenn aber nach der Sintflut Gott das Leben des Menschen sowohl gegen Tiere als gegen andere Menschen in Schutz nimmt (1 Mo. 9,5), so liegt die Vermutung nahe, es sei hauptsächlich eine weitverbreitete Mordlust unter Menschen und Tieren die Ursache der Sintflut gewesen.

Für Noah und seine Familie wird als Rettungsmittel die Arche bestimmt (6,14-17), siehe → Arche. Gott befiehlt Noah, die Arche mit seiner Familie und mit Repräsentanten aller Tierarten zu beziehen, die um seinetwillen dem Todesgericht entzogen werden (6,18-22 und 7,1-5). Von allen Tieren soll ohne Unterschied ein Paar (6,19), von den reinen Tieren 7 Paare in die Arche (7,2), was mit Rücksicht auf das nachher berichtete Opfer geschieht (8,20). 7 Tage nach dem Befehl des Einzugs in die Arche beginnt die Flut (7,4). 1Mo 7,6-16 beschreibt diesen Einzug näher und gibt sowohl das damalige Alter Noahs, 600 Jahre, als auch den Monatstag des Eintritts der Flut, 17. Tag des zweiten Monats.

Die Flut selbst wird durch ein Aufbrechen der Brunnen der Tiefe und das Öffnen der Fenster des Himmels herbeigeführt (→ Abgrund und → Fenster), übersteigt die höchsten Berge und dauert 150 Tage (1Mo 7,11.18.22.24). Sie wird durch einen 40tägigen Regen bewirkt und vernichtet ebenfalls alle lebenden Geschöpfe außer den in der Arche befindlichen (1Mo 7,12.17.23).

Bei der Abnahme der Sintflut werden 4 Tage markiert: am 17. Tag des 7. Monats ruht die Arche auf dem Gebirge Ararat; am 1. Tag des 10. Monats erscheinen die Gipfel der Berge; am 1. Tag des 1. Monats im folgenden Jahr vertrocknet das Gewässer; und am 27. Tag des 2. Monats, also 1 Jahr und 10 Tage nach Beginn der Flut, ist der Boden ganz trocken und Noah verlässt mit allen die Arche (1.Mo 8,1-5; 8,13-19).
Es gibt außerdem noch vier weitere Haltpunkte: 40 Tage nach dem Aufhören des Regens lässt Noah einen Raben fliegen, und dann dreimal je nach 7 Tagen eine Taube, die ihm das allmähliche Abnehmen und schließlich das Verschwinden der Wassermassen kundtun (1Mo 8,2-13).

Den Schluss macht der Segen Gottes über die neuen Stammväter der Menschheit und der Bund Gottes mit allen lebenden Geschöpfen, keine Sintflut mehr kommen zu lassen (9,1-17). Noch davor wird von einem Opfer Noahs nach der Flut und — kürzer gefasst — von demselben Versprechen Gottes erzählt (8,20-22).

Weitere Sintfluterzählungen

Eine ganz ähnliche Erzählung findet sich bei den alten Babyloniern und Assyrern. Diese babylonische Erzählung war zwar längst aus Schriftstellern des griechischen Altertums bekannt, ist nun aber auch in assyrischen Keilschrifttexten gefunden worden, die eine Abschrift uralter babylonischer Dokumente sind. Einem Maun (König) Xisuthros oder Chasisadra wird die bevorstehende Flut angekündigt und er zum Bau eines Schiffes aufgefordert, in dem er mit den Seinigen und mit manchen Tieren vor dem Untergang bewahrt wird (). Auch hier landet das Schiff, nachdem alles andere von den Fluten verschlungen ist, in Armenien, und es bringen ausgesandte Vögel (Taube, Schwalbe, Rabe) Kunde vom Sinken und Verschwinden des Wassers. Der Gerettete bringt ein Opfer dar und wird in den Himmel versetzt.

Im übrigen wird in der babylonischen Erzählung der heidnische Hintergrund deutlich. Dort sind es einzelne Götter, die im Widerspruch mit andern die Sintflut anrichten und sich nachher von ihnen darüber tadeln lassen müssen; und wieder ein anderer Gott ist es, der den Chasisadra errettet. In der Bibel ist es der heilige und barmherzige Gott, aus dessen Ratschluss das Gericht wie die Gnade hervorgeht.

Und selbst wo der Ausdruck ganz ähnlich lautet, ist doch der Unterschied ein himmelweiter, wenn es zum Beispiel in der Bibel heißt: der Herr roch den lieblichen Geruch (von Noahs Opfer); in dem Keilschrifttext: „die Götter kamen wie Fliegen über dem Opfer zusammen, als es brannte“. Auch sonst ist manches phantastisch und unwürdig in der babylonischen Erzählung; zum Beispiel heißt es von den Göttern: „als die Flut kam, flüchteten sie in den Himmel von Anu hinauf und kauerten wie Hunde mit eingezogenem Schweif sich zusammen“. Wie einfach und klar steht da die biblische Erzählung da.

Allein ihre Bedeutung ist damit noch nicht erschöpft, denn bei einer Reihe von Völkern fand und findet man die Erzählung von einer großen Flut, die einmal Menschen und Tiere dahinraffte und aus der nur einer oder einige gerettet wurden (Griechen, Inder, vielleicht auch bei manchen amerikanischen, afrikan. und australischen Stämmen. Vgl. die bekannte Münze von Apamea in Phrygien, ).

Fazit

So kann man sagen: die Geschichte von der Sintflut gehört zu den Urüberlieferungen der Menschheit; und es ist sehr wahrscheinlich, dass all diesen sehr verschieden ausgestalteten Sagen die Erinnerung an eine Katastrophe der Urzeit zu Grunde liegt. Die Spuren dieser Katastrophe auch in der jetzigen Gestalt des Erdbodens aufzusuchen, hat man übrigens gegenwärtig mit gutem Grund aufgegeben.

Was nun aber die biblische Erzählung vor den heidnischen allen auszeichnet, ist nicht sowohl die richtigere Überlieferung über alle äußeren Einzelheiten des Vorgangs - obwohl sie trotz den einzelnen Verschiedenheiten ihrer beiden Berichte auch darin ihnen sicherlich überlegen ist - sondern vor allem die richtige Beleuchtung und Beurteilung des ganzen Ereignisses. Wohl setzen auch einige heidnische Überlieferungen (namentlich die babylonische) die Flut in Beziehung zum Sündenverderben der Menschen und sehen den Grund der Errettung des einzigen in der Gnade eines Gottes. Aber aus dem gerechten Gericht Gottes wird dort ein unüberlegter Zornausbruch eines Gottes; aus der freien Gnade die willkürliche Bevorzugung etlicher durch einen andern Gott.

Übrigens ist die Sintflut nach der Anschauung des Alten Testaments nicht bloß ein Beispiel von Gottes Gericht, das mit dem größten Haufen sicherer Sünder gründlich aufräumen kann (Mt 24,37ff), und des göttlichen Erbarmens, das um weniger Gerechten willen ein Mittel der Rettung erfindet (1Petr 3,20), sondern zugleich ein tatsächlicher Beweis dafür, dass durch die schwersten und umfassendsten Gerichte Gottes die Sünde nicht von der Erde vertilgt werden kann (1Mo 8,21). Wenn aber Gott verspricht, dass er nun kein solches Gericht mehr kommen lassen werde, so ist das nicht ein Geständnis, dass die Sintflut ein verfehlter Versuch gewesen sei, sondern - in der kindlichen Sprache des Alten Testaments - ein Beweis, dass Gottes Gnade von Anfang höhere Gedanken gehabt hat, als völlige Ausrottung des von ihm geschaffenen Menschengeschlechts. Siehe auch → Noah.

Zur Übersicht