
Ich möchte alle ganz herzlich zu diesem Bibelstudientag heute Morgen begrüßen. Das Thema lautet: Drohnenflug über alle Bücher der Bibel.
Die Bibel ist ein Buch mit zwei Hauptteilen. Ich beginne ganz unten, so wie man mit Menschen sprechen muss, die die Bibel noch nie geöffnet haben, um ihnen zu erklären, wie man in das Buch hineinkommt.
Dies hier ist mein hebräisches Altes Testament. Das Alte Testament besteht aus einer Sammlung von Büchern. In jeder deutschen Bibel kann man im Inhaltsverzeichnis 39 Bücher finden. Was sich von 1. Mose bis zum letzten Buch durchzieht, ist die Verheißung: Einmal wird der Messias kommen, der Erlöser für Israel und alle Völker.
Und dies hier ist mein griechisches Neues Testament. Es besteht aus 27 Büchern. Was das Neue Testament von Matthäus bis Offenbarung wie ein roter Faden auszeichnet, ist, dass hier die Erfüllung der Verheißung im Alten Testament gezeigt wird. Der Messias ist gekommen. Der leitende Messias, Jesus, ist vor zweitausend Jahren in diese Welt gekommen.
So sehen wir, dass das Alte Testament auf Jesus Christus hinweist und das Neue Testament die Erfüllung zeigt. Dabei muss uns klar sein: Jesus Christus ist die Mitte der ganzen Bibel. Ohne den Messias kann man die Bibel gar nicht verstehen.
Von 1. Mose bis Offenbarung finden wir Jesus Christus, sogar in Stellen, die man auf den ersten Blick gar nicht mit dem Messias in Verbindung bringen würde. Je mehr man jedoch in das Wort Gottes eindringt, desto deutlicher wird, dass dies bereits mit dem ersten Blatt der Bibel beginnt.
Die Bibel zeigt uns den ganzen Weg von der Schöpfung. So beginnt das Alte Testament: „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.“ Es führt uns bis in Offenbarung 21, zur neuen Schöpfung: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde.“
Jetzt schauen wir uns das Alte Testament genauer an, und zwar wie die Bücher eingeteilt sind – nicht in der deutschen Übersetzung, sondern im hebräischen Grundtext. Das ist nämlich nicht ganz gleich, und das ist kein Problem.
In der deutschen Übersetzung sind die Bücher etwas anders angeordnet, und zwar mehr nach dem zeitlichen Ablauf. Aber im hebräischen Alten Testament steht in beiden genau dasselbe. Das hebräische Alte Testament teilt die Bücher so ein, dass wir hier drei große Abteilungen haben.
Die erste Abteilung ist das Gesetz Mose, auf Hebräisch nennt man es Torah, was Gesetz bedeutet. Übrigens kommt Torah von der Wortwurzel „Yara“, was „ausstrecken“ heißt, und zwar im Sinne vom Ausstrecken des Fingers. Buber hat in seiner jüdischen Übersetzung sehr schön „Weisung“ für das Gesetz verwendet. Das Gesetz weist schon auf den kommenden Erlöser hin. Das sind also die fünf Bücher Mose.
Dann kommt der nächste Teil, das sind die Propheten, auf Hebräisch Nevi'im. Der Strich nach dem „i“ in Nevi'im deutet den Knacklaut an, wie ein Knacken vor dem „i“. Das sind die Propheten, und sie werden in sogenannte vordere Propheten und hintere Propheten aufgeteilt.
Die vorderen Propheten sind die Bücher Josua, Richter, Samuel und Könige. Aber das sind doch historische Bücher, keine prophetischen Bücher? Ja, es sind historische Bücher, aber sie wurden von Propheten geschrieben. Nachdem Mose mit den fünf Büchern Mose gewissermaßen die Grundlage für die Bibel gelegt hat, wurde diese durch Zeichen und Wunder bestätigt. Solche Zeichen und Wunder hat man in der gesamten Menschheitsgeschichte bis dahin nie gesehen.
Vor Mose, von der Schöpfung über die Sintflut bis schließlich zum Auszug der Israeliten aus Ägypten, finden wir in der Bibel keinen Menschen, der Zeichen und Wunder tut. Das ist vielleicht ein Schock für manche, die gedacht haben, Gott sei immer derselbe und handle immer gleich. Nein! Aber dann gab es eine solche Konzentration von Zeichen und Wundern in Ägypten und anschließend 40 Jahre in der Wüste, um zu bestätigen, dass die Torah von Gott ist.
Darum war die Torah die Richtlinie für alle weiteren Bücher.
Wenn ein Prophet nach Mose aufstand, war das zunächst Joshua, und später zum Beispiel Samuel, der das Buch der Richter sowie einen Teil des Buches Samuel verfasste. Diese Propheten wurden daran getestet, dass keine einzige Voraussage fehlgehen durfte. Eine falsche Prophetie zeigte eindeutig, dass es sich um einen falschen Propheten handelte.
Wenn man diesen Prophetentest heute anwenden würde, wäre das eine Katastrophe. Doch es dient nur dazu, den Unterschied zwischen damals und heute zu erkennen, wo es so viele falsche Propheten gibt, wie der Herr Jesus es für die Endzeit angekündigt hat in Matthäus 24,24 und bereits in Vers 11.
So wurde also Joshua in all seinen Voraussagen, die er im Laufe seines Lebens gemacht hatte, getestet. Der Inhalt musste mit der Lehre der fünf Bücher Mose übereinstimmen. Andernfalls wäre er nicht akzeptiert worden, selbst wenn er richtige Dinge vorausgesagt hätte.
In 5. Mose 13 wird ein Beispiel für einen falschen Propheten gegeben, der etwas voraussagt, ein Zeichen, und dieses trifft ein. Das allein ist jedoch noch kein Beweis dafür, dass er ein echter Prophet Gottes ist. Seine Lehre muss ebenfalls übereinstimmen.
Darum haben wir mit den Büchern Joshua, Richter, Samuel und Könige die sogenannten vorderen Propheten. Die hinteren Propheten sind die Bücher, die wir allgemein als Prophetenbücher bezeichnen: Jesaja, Jeremia, Hesekiel und die zwölf kleinen Propheten. Ich habe hier in Klammern auch Daniel gesetzt.
Das ist ein wichtiger Punkt: Im Judentum wurde Daniel nach Christus offenbar aus den Propheten herausgenommen und in den dritten, hinteren Teil der Schrift verschoben. Dieser Teil wird im Judentum leider sehr wenig gelesen. Das geschah offensichtlich, weil Daniel den genauen Zeitpunkt des Kommens des Messias angekündigt hat, und zwar in den Jahrwochen (Daniel 9). Man kann das nachrechnen und kommt effektiv auf das Jahr 32, als Jesus Christus als Fürst nach Jerusalem einritt.
Diese Prophetie ist ein absoluter Beweis dafür, dass Jesus von Nazaret der Messias ist. Einer der größten Rabbiner des Mittelalters, Rabbi Moshe ben Maimon, auch Moses Maimonides genannt, gilt bis heute als die größte Autorität. Er schrieb einen Brief an die Gemeinde in Jemen, die ein Problem mit einem falschen Propheten hatte.
Darin sagte er, dass Daniel uns die Wissenschaft der Zahlen mitgeteilt hat, diese aber verborgen bleibt. Wir verstehen sie nicht. Deshalb sollte man auch nicht versuchen, die Zahlen in Daniel nachzurechnen. Das würde Ärgernis bereiten und einfache Leute könnten zu Fall kommen, wenn sie sehen, dass die Zeiten in Daniel abgelaufen sind, der Messias aber nicht gekommen ist.
Daniel war für die Evangelisation unter Juden ein großer Gewinn. Aus diesem Grund wurde er offenbar in den dritten Teil der Schrift verschoben, um zu verhindern, dass man sich im Judentum zu sehr mit Daniel beschäftigt.
Der Herr Jesus spricht in Matthäus 24,15 über den Gräuel der Verwüstung, der von Daniel dem Propheten vorausgesagt wurde. Das zeigt klar, dass Daniel zu den Propheten gezählt wurde.
Auch in Qumran, in den Höhlen am Toten Meer, findet sich in außerbiblischen Schriften eine Bezugnahme auf Daniel den Propheten. Daher muss man Daniel zu den Propheten zählen: Jesaja, Jeremia, Hesekiel, Daniel und die zwölf kleinen Propheten.
Dann kommen die Schriften, die auch Psalmen genannt werden, weil das Buch der Psalmen am Anfang dieser letzten Abteilung steht. Diese Abteilung der Schriften heißt auf Hebräisch Ketuvim. Dazu gehören folgende Bücher: Psalmen, Hiob, Sprüche, Rut, Hohelied, Prediger, Klagelieder, Esther und jetzt habe ich Daniel in Klammern gesetzt.
Daniel ist in meiner hebräischen Bibel an dieser Stelle eingeordnet, sollte aber eigentlich wieder zurück an seinen Platz nach Ezechiel. Danach folgen Esra und Nehemia, die ursprünglich eine Schriftrolle bildeten. Dann kommt Chronika. Ich sage nicht Erste und Zweite Chronika, denn das war ursprünglich auch eine Rolle. Später wurde das aufgeteilt, und deshalb haben wir in der deutschen Bibel Erste und Zweite Chronika – das ist kein Problem. Man muss nur wissen, dass es ursprünglich als ein Buch zu sehen ist, das eine Einheit bildet.
Ähnlich verhält es sich bei den Vorderen Propheten: Josua, Richter, Samuel – also nicht Erste und Zweite Samuel, sondern einfach Samuel. Auch dieses Buch wurde später aufgeteilt, zum Beispiel in der ältesten griechischen Übersetzung, der Septuaginta. Ursprünglich gab es im Hebräischen nur ein Buch Samuel. Gleiches gilt für Könige, das ursprünglich nicht in Erste und Zweite Könige geteilt war, sondern einfach Könige hieß.
Am Schluss der Schriften stehen also Esra und Nehemia sowie schließlich Chronika.
Interessant ist Folgendes in Lukas 24: Der Herr Jesus geht mit zwei Jüngern. Wenn ich von Jüngern spreche, gibt es Hinweise darauf, dass es sich um einen Jünger und eine Jüngerin handelte – ein Ehepaar, das nach Hause ging und zusammen in Emmaus wohnte. Sie waren sehr enttäuscht nach der Kreuzigung.
Dann kommt der Herr Jesus, geht mit ihnen, doch sie erkennen ihn nicht. Er erzählt ihnen aus dem ganzen Alten Testament. So steht es in Lukas 24,27. Schlagen wir die Stelle auf: Er sagt bereits in Vers 26: „Musste nicht der Christus, das ist griechisch für der Messias, dies leiden und in seine Herrlichkeit eingehen?“ Von Mose und von allen Propheten anfangend erklärte er ihnen in allen Schriften das, was ihn selbst betraf.
Hier haben wir genau diese drei Teile: Er beginnt mit Mose, dann mit den Propheten und erklärt weiter in allen Büchern, die zu den Schriften gehören, das, was ihn betraf. Das heißt, in allen Büchern findet man den Messias, und das hat er ihnen auch erklärt.
Ach, dieser Spaziergang! Von der Distanz her liegt Emmaus dort, wo heute Mozar liegt – ein Vorort von Jerusalem. Man fährt daran vorbei, wenn man vom Flughafen Ben Gurion nach Jerusalem fährt. Der Weg von Jerusalem nach Mozar dauert ungefähr zweieinhalb Stunden und entspricht auch den Distanzangaben in Lukas 24.
Dieser Spaziergang von zweieinhalb Stunden mit dem Herrn Jesus durch das ganze Alte Testament – ja, wir waren nicht dabei. Jetzt müssen wir selbst mit der Hilfe des Herrn studieren. Dabei können wir diese Erfahrung machen. Die Jünger sagten: „Brannte nicht unser Herz, als er uns die Schriften öffnete auf dem Weg?“
Das heißt nicht nur, dass er die Schriften geöffnet hat, sondern auch, dass er ihnen das Verständnis geöffnet hat, um die Schriften zu verstehen. Das griechische Wort „nous“ meint Verständnis, also die Fähigkeit zu begreifen, aber auch Verstand. Unser Verstand kann verschlossen sein, dann verstehen wir die Bibel nicht. Der Herr Jesus muss also nicht nur die Schriften öffnen, sondern auch den Verstand. Es sind zwei verschiedene Schlösser. Wenn beide offen sind, entsteht die Freude an der Bibel.
So hat er das alles erklärt. Übrigens: Hier habe ich noch Lukas 24,44 angegeben. Der Herr erscheint als Auferstandener später den elf Aposteln. Dort lesen wir: „Er sprach aber zu ihnen: Dies sind meine Worte, die ich zu euch redete, als ich noch bei euch war, dass alles erfüllt werden muss, was über mich geschrieben steht im Gesetz Moses, den Propheten und den Psalmen.“
Dann öffnete er ihnen das Verständnis, also den Verstand, die Schriften zu verstehen. Auch hier haben wir diese drei Teile. Der dritte Teil wird übrigens, wie man das auch in den Qumran-Schriften findet, Psalmen genannt.
So haben wir diese drei Teile. Im Judentum, wenn man mit Juden über das Alte Testament spricht, empfinden sie oft den Ausdruck „Altes Testament“ als abwertend. Es klingt so, als wäre es vorbei und hätte keinen Wert mehr. Im Judentum sagt man einfach Tanach.
Tanach setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der drei Teile zusammen: T für Tora, N für Nevi'im und K für Ketuvim. Im Judentum macht man oft neue Wörter aus Anfangsbuchstaben, also T-N-K, und setzt dann einfach A-A als Vokale ein, die im Hebräischen ja nicht geschrieben werden. So entsteht das Wort Tanach.
Warum nicht Tanak? Ganz einfach: Wenn man Hebräisch lernt, muss man wissen, dass gewisse Buchstaben, wenn ein Vokal vorausgeht, weich ausgesprochen werden. Aus „k“ wird „ch“ und aus „b“ wird „w“. Deshalb sagt man nicht Tanak, sondern Tanach. Das heißt Torah (Gesetz), Nevi'im (Propheten) und Ketuvim (Schriften).
Man kann auch einfach Hamikra sagen, wenn man mit Juden spricht. Hamikra ist das Wort für Bibel und bedeutet „das Gelesene“ oder „das, was man lesen muss“. Hamikra ist dabei nicht eindeutig, ob man vom Alten oder Neuen Testament spricht. Durch diese Offenheit kann man einfach von der Bibel, Hamikra, sprechen.
Aber „Altes Testament“ ist schon richtig. Der Apostel Paulus, ein Jude und ehemaliger Schüler von Rabbi Gamliel, einem der größten Rabbiner im Judentum vor zweitausend Jahren, sagt im 2. Korintherbrief 3 etwas Wichtiges zum Lesen des Alten Testaments durch einen nicht bekehrten Juden.
In 2. Korinther 3,14 heißt es: „Aber ihr Sinn, das ist also das Denken von Juden, die nicht bekehrt sind, ist verhärtet worden oder verblendet worden. Denn bis auf den heutigen Tag bleibt beim Lesen des alten Bundes, das ist das Alte Testament – Testament heißt ja Bund auf Lateinisch – dieselbe Decke unaufgedeckt, die in Christus, also im Messias, weggetan wird. Aber bis auf den heutigen Tag, wenn Mose gelesen wird, liegt die Decke auf ihrem Herzen. Wenn es aber Israel zum Herrn umkehrt, so wird die Decke weggenommen.“
Das Problem ist also, dass beim Lesen mit einer Decke auf der Schrift die Schrift nicht geöffnet ist und der Verstand verhärtet wird. So sieht man nicht die Mitte der Bibel, den Messias Jesus.
Damit will ich nur sagen: Für den ersten Teil der Bibel finden wir im Neuen Testament ganz klar den Ausdruck „Altes Testament“. Denn in 2. Mose 19 hat Gott den Bund mit Israel geschlossen und ihnen die Gebote der Tora gegeben. In Jeremia 31,31 wird aber angekündigt, dass Gott einmal mit Israel einen neuen Bund schließen wird.
Das Alte Testament spricht also über einen neuen Bund. So hat das Alte Testament selbst den alten Bund alt gemacht, weil es nicht darum geht, dass Menschen durch das Gesetz gerettet werden. Das Gesetz kann nicht retten, sondern ist ein Spiegel, der uns zeigt: Ich bin verloren, ich brauche einen Retter.
Und dann sieht man, dass der Retter sein Blut gegeben hat als Grundlage für den neuen Bund, den Gott nach Jeremia 31 mit dem zwölfstämmigen Volk Israel in der Zukunft offiziell schließen wird – am Anfang des messianischen Reiches, des Tausendjährigen Reiches.
Der Bund ist aber schon durch das vergossene Blut des Messias am Kreuz grundgelegt. Es ist also absolut alttestamentlich, vom alten Testament, vom alten Bund und vom neuen Bund zu sprechen.
Wir sehen, dass die fünf Bücher Mose tatsächlich aus fünf Büchern bestehen – das ist klar. Die Nevi'im umfassen jedoch nicht neunzehn Bücher, sondern zwanzig, weil das Buch Daniel darin enthalten ist. Die Schriften bestehen nicht aus neun Büchern, sondern aus zehn, da Daniel wieder in diesen Teil zurückversetzt wurde.
Dadurch werden die ungeraden Zahlen Fünf, Neunzehn und Elf korrigiert zu Fünf, Zwanzig und Zehn. Das entspricht viermal fünf und zweimal fünf. Alle Bücher wurden stets an den fünf Büchern Mose gemessen, um als inspirierte prophetische Schriften anerkannt zu werden.
So erkennen wir eine klare Struktur. Diese Struktur geht jedoch noch weiter, denn die Bibel ist nicht nur in drei Teile gegliedert – Gesetz, Propheten und Schriften – sondern in sieben Teile.
Im Neuen Testament haben wir als einen eigenen Teil die vier Evangelien, dann die Apostelgeschichte als einen weiteren Teil, die Briefe mit einundzwanzig Briefen als dritten Teil und schließlich die Offenbarung als letzten Teil.
Wie kommt man darauf? Nun, der Messias selbst, der Herr Jesus, hat in den Abschiedsreden in Johannes 14 bis 17, am Vorabend der Kreuzigung im Kreis der Jünger, über das Kommen des Heiligen Geistes gesprochen.
Er sagt zum Beispiel in Johannes 14,26: „Der Sachwalter aber, der Heilige Geist, den der Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“
Der Heilige Geist hat die Schreiber der Evangelien und überhaupt die Zeugen Jesu, die von Lukas und Markus zu den Ereignissen befragt wurden, an alle Details erinnert. So konnten die Evangelien gewissermaßen durch diese ganz spezielle Erinnerung an die Dinge entstehen.
Die Menschen damals hatten im Allgemeinen ein viel besseres Gedächtnis als der Durchschnitt bei uns heute. Das lag nicht einfach daran, dass das Gehirn besser war, sondern daran, dass sie es geübt hatten. Bei uns hat man schon sehr früh in der Schule gelernt, dass Auswendiglernen etwas Schräges ist – das machen nur diejenigen, die nicht selbst kombinieren können. So bin ich im Gymnasium aufgewachsen.
Dabei ist ein gutes Gedächtnis ein Geschenk, denn man kann sich Dinge merken, auch Jahreszahlen, und darauf aufbauend kombinieren. Natürlich. Aber wenn man nichts zu kombinieren hat, weil das Gedächtnis nicht ausreichend geschult ist, kommt man auch nicht zu diesen Kombinationen.
Im Judentum damals legte man großen Wert auf das Auswendiglernen der Heiligen Schrift und auch der Erklärungen, die man bekommen hatte. So haben die Jünger stark memorisiert, was der Herr Jesus erzählt hat.
Natürlich gab es damals auch eine Art „Laptops“ zum Aufklappen – das waren Wachstafeln, auf denen man in Schnellschrift Notizen machen konnte. Wir können also davon ausgehen, dass auch die Jünger solche Notizen gemacht haben.
Dann kommt das Wunder dazu: Der Heilige Geist kann das Gedächtnis des Menschen aktivieren. So entstanden die Evangelien – aus der Erinnerung.
In Johannes 15,26 heißt es weiter: „Wenn der Heilige Geist kommen wird, dann wird er Zeugnis ablegen von dem Herrn Jesus, und auch ihr werdet Zeugen sein.“
Dieses Zeugnis hat sich ganz besonders in der Inspiration der Apostelgeschichte niedergeschlagen. Sie beschreibt die Geschichte der ersten dreißig Jahre des Christentums. Das ist das Zeugnis des Heiligen Geistes.
Ab der Ausgießung des Heiligen Geistes in Apostelgeschichte 2 haben wir dieses Zeugnis.
In Johannes 16,12 heißt es: „Der Heilige Geist wird kommen und euch in die ganze Wahrheit führen.“ Gerade in den Briefen der neutestamentlichen Apostel und Propheten finden wir die Lehre der Apostel und man kann sagen die Wahrheit.
Dort finden wir auch die Geheimnisse, nämlich die Offenbarungen Gottes, die im Alten Testament verborgen waren – verborgen in Gott, wie es in Epheser 3 heißt. Erst durch das Kommen des Heiligen Geistes wurden diese vollständig mitgeteilt.
Das findet man ganz besonders in den 21, also dreimal sieben Briefen.
In Johannes 16,12-13 sagt der Herr Jesus außerdem: „Und das Kommende wird er euch verkündigen.“
Das hat sich in besonderer Weise in der Inspiration des letzten Buchs der Bibel gezeigt. Dieses ist das einzige vollständig prophetische Buch im Neuen Testament und rundet alle prophetischen Bücher des Alten Testaments ab. Es schließt auch das Geheimnis Gottes ein, das in den Briefen offenbart wurde.
Auf dem letzten Blatt steht: „Wer jetzt noch etwas hier hinzufügt, dem wird Gott von den Plagen hinzufügen.“ Damit wird klar gemacht: Jetzt ist das Wort Gottes abgeschlossen.
Schon Judas schrieb, dass wir für den ein für allemal überlieferten heiligen Glauben kämpfen sollen (Judas 4). Diese Offenbarung wurde uns ein für allemal gegeben.
Kommt nichts mehr dazu? Nein, aber dafür müssen wir hinstehen und kämpfen.
Jetzt sehen wir: Drei plus vier ergibt sieben. Sieben ist die Zahl der Vollkommenheit und zeigt, wie abgeschlossen die Bibel ist.
Nun gehen wir Buch für Buch durch. Ich habe mir vorgestellt, dass wir wahrscheinlich dreimal brauchen werden, um alle Bücher zu behandeln. Heute habe ich vorgesehen, mit diesem Skript – so Gott will – bis zum Buch Esther zu kommen. Beim nächsten Mal behandeln wir die Schriften, die bisher noch nicht behandelt wurden. Beim dritten Mal gehen wir alle Bücher des Neuen Testaments durch.
Das klappt wirklich. So schaffen wir es, Ihnen einen Überblick zu geben. Natürlich haben wir die Zukunft nicht in der Hand. Deshalb sage ich immer: ein bisschen wahrscheinlich, vielleicht, möglich, ziemlich sicher.
Das mussten wir auch mit unseren Kindern so einführen. Wir sagten: Wir gehen dann dorthin. Doch wenn dann etwas dazwischenkam, sagten sie: Ihr habt gelogen. Aber wir konnten ja nicht vorhersehen, dass etwas dazwischenkommt. Und bei unserem Versprechen haben wir nicht gesagt: Wir machen das, auch wenn etwas dazwischenkommt.
Der Gedanke war sowieso klar, nach Jakobus 4: So der Herr will und wir leben. Diese Bedingungen von Jakobus müssen wir bedenken. Aber man muss das ja nicht jedes Mal ausdrücklich sagen. Deshalb begannen wir zu sagen: Ja, wir gehen dorthin, vielleicht. Ja, möglicherweise.
Das war für die Kinder weniger angenehm. Als Kind fühlt man sich geliebt, wenn man hört: Doch, wir gehen dorthin, und wir wollen auch dorthin, wenn wirklich nichts dazwischenkommt.
Der Apostel Paulus erlebte dasselbe in 2. Korinther 1. Er hatte gesagt, er komme nach Korinth. Dann kam etwas dazwischen. Die Leute sagten: Paulus, mal sagst du so, mal so. Paulus erklärte daraufhin: Nein, das ist so, wenn der Herr es eben verhindert, dann kann ich nicht kommen. Aber eines könnt ihr wissen: Meine Verkündigung war bei euch nicht Ja und Nein, sondern Ja und Amen in Christus.
Wenn aber gesagt wird: Ich komme, und dann kommt etwas dazwischen, sieht die Sache ganz anders aus. Dann muss man das nochmals bedenken können. Es ist wichtig, so eine Zusage nicht als Gelübde zu verstehen.
Darum sagt das Neue Testament, wir sollen auch gar nicht schwören, weil Schwören eigentlich eine Selbstüberschätzung ist, als hätten wir die Zukunft in der Hand. Wir gehen von einem Tag zum anderen und wissen nicht, ob es wirklich so sein kann.
Der Herr könnte uns jederzeit wegnehmen. Dann wäre es der letzte Tag.
Nun wenden wir uns dem ersten Buch Mose zu. In der deutschen Übersetzung heißt es "Erstes Mose", das nächste "Zweites Mose". Das ist nicht besonders einfallsreich. In der hebräischen Bibel ist es jedoch anders: Dort nimmt man immer ein Wort aus dem ersten Satz des jeweiligen Buches als Titel.
Das erste Buch Mose beginnt so: "Bereshit, bara Elohim et haschamajim we et haaretz." "Bereshit" ist ein Wort, das im Deutschen zwei Wörter ergibt: "Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde." So nennt man das Buch einfach "Bereshit". Wenn ich in Israel predige und sage, man solle im ersten Buch Mose, Kapitel 1, nachschlagen, sage ich "Likra be-sefer Bereshit" – lasst uns im Buch Bereshit lesen. Dann wissen alle, dass das das erste Buch Mose ist.
Dieser Titel ist wunderbar, denn er erklärt gleich den Sinn des Buches. Ich habe auf dem Skript notiert: Das erste Buch Mose beschreibt die Zeit von der Schöpfung bis zu Israels Aufenthalt in Ägypten im letzten Kapitel. Dieses Buch ist das Buch der Anfänge und Ursprünge. Es erklärt uns nämlich, woher das Universum kommt, der Himmel und die Erde als Planet.
Weiterhin zeigt es, woher die Pflanzen und Tiere kommen, woher der Mensch stammt und woher die biologischen Geschlechter Mann und Frau kommen. Viele Menschen in unserer Gesellschaft wissen das heute nicht mehr. Doch in der Bibel steht, dass Gott den Menschen männlich und weiblich schuf. Dort steht nicht einfach "Mann" und "Frau", sondern im Hebräischen "Sachar" (männlich) und "Neqewar" (weiblich).
Man sieht, dass Gott als Schöpfer diese zwei biologischen Geschlechter eingerichtet hat. Dann fügte er auch den ersten Mann und die erste Frau zu einer Ehe zusammen – zu einer Ehe von einem Mann und einer Frau. Das erste Buch Mose zeigt uns also, woher die Ehe kommt.
Weiter wird erklärt, woher die Familie stammt. Im Zusammenhang mit dem Sündenfall erfahren wir, woher Sünde und das Böse in der Welt kommen. Die Schöpfung lässt uns staunen, doch warum gibt es das Böse? Warum ist die Welt so widersprüchlich? Das wird hier erklärt.
Ebenso wird erläutert, woher der Tod kommt und warum wir sterben müssen. Warum können wir den Tod nicht verhindern? Auch das wird hier beantwortet. Woher kommen Leiden? Und woher kommen die Völker der Welt?
Diese Frage nach den Völkern hat übrigens in Griechenland die Entstehung der griechischen Philosophie ausgelöst. Die Griechen wunderten sich, warum es Barbaren gibt, die so komisch sprechen. "Barbaroi" ist der Plural von "Barbaros" – Barbaren.
Sie fragten sich: Woher kommen diese Völker? Das führte dazu, dass sie begannen, systematisch zu philosophieren. Doch sie fanden keine Antwort. Man braucht die Bibel, die uns erklärt, dass alle Menschen nur eine Familie sind.
Woher kommen die verschiedenen Sprachen? Auch das war für die Griechen seltsam. Die Barbaren sprachen so merkwürdig, während sie selbst sich verständlich fühlten. Aus ihrer Sicht – und auch aus der der Römer, die ihre Kultur übernommen hatten – war das ein Rätsel.
Im Buch Mose wird das alles erklärt, im Zusammenhang mit der Sintflut, dem Turmbau zu Babel und der Sprachenverwirrung.
Weiterhin erfahren wir, woher das Volk Israel kommt. Es gibt ein auserwähltes Volk in der Welt mit einer ganz einzigartigen Geschichte bis heute. Die ganze Welt beschäftigt sich ständig mit Israel. Wenn man die Nachrichten verfolgt, kommt man nicht daran vorbei.
Woher kommt dieses Volk? Das wird uns im ersten Buch Mose erklärt.
Ich habe oft das Beispiel der ersten Missionare genannt, die auf die britischen Inseln kamen. Abends war es dunkel, die Fackeln brannten, das Fenster war offen, und ein Vogel flog hinein und machte seine Kreise. Dann fragten die Einheimischen: „Wir sind wie dieser Vogel. Wir wissen nicht, woher wir kommen und wohin wir gehen.“ Der Vogel flog durch das andere Fenster wieder hinaus.
Sie sagten: „Wenn ihr uns sagen könnt, woher wir kommen und wohin wir gehen, wollen wir Christen werden.“ Die Missionare erklärten ihnen das, was in der Bibel steht: Woher wir kommen (im ersten Buch Mose) und wohin wir gehen (in der Offenbarung, dem letzten Buch der Bibel).
Noch etwas: Gott stellt in 1. Mose Kapitel 16 Hagar, die aus prekären familiären Verhältnissen Hals über Kopf in die Wüste geflohen war, die Frage: „Hagar, woher kommst du und wohin gehst du?“ Das ist die grundlegende Frage.
Nach dem Sündenfall stellt Gott die allererste Frage. Auf Hebräisch heißt sie „Ajeka“ – „Wo bist du?“ Dieses Wort wird im modernen Hebräisch kaum noch verwendet, im Althebräischen aber ist es ein einzelnes Wort, das genau diese Frage ausdrückt.
Unser ältester Sohn war einmal am Flughafen in Tel Aviv, und ich fragte ihn: „Ajeka!“ Die Leute schauten komisch. Das ist die Frage: Wo bist du? Als Sünder wurde Adam so gefragt: „Wo bist du?“ Wo stehst du? Und wenn er antworten kann: „Herr, ich bin in Rebellion gegen dich, ich bin davongelaufen und habe dieses Elend angerichtet.“
Danach wird der Erlöser angekündigt, in 1. Mose 3,15.
Das erste Buch Mose zeigt uns also, woher wir kommen und wohin wir gehen.
Ganz interessant ist auch die Schöpfungsgeschichte: In 1. Mose 1,2 sehen wir, wie Gott Adam erschafft. In Kapitel 2, Vers 7 wird beschrieben, wie Gott Adam aus dem vorgeformten Körper erschafft, aus den Materialien des Erdbodens. Aus diesen chemischen Stoffen, die in der Erde sind, bestehen wir.
Gott hauchte dann den Odem des Lebens in Adam ein, und der Mensch wurde eine lebendige Seele.
Aber wie endet das erste Buch Mose? Hm, es endet so: Ganz zum Schluss geht es um Joseph, Kapitel 50, Vers 26. Joseph starb im Alter von hundertzehn Jahren. Man balsamierte ihn ein und legte ihn in eine Lade in Ägypten.
Es endet also mit einer Leiche, in der Enge eines ägyptischen Sarges, in der Fremde, in Ägypten. Und das zeigt uns etwas Wichtiges in diesem Buch. Es beginnt in der Weite des Gartens Eden, in Gemeinschaft mit Gott. Gott wandelte dort im Garten und hatte Gemeinschaft mit den Menschen – in der Heimat, in Gemeinschaft mit Gott. Und das Ende ist eben eine Leiche in der Enge eines Sarges, in der Fremde, in Ägypten, im Land der Götzendiener.
Wie kommt man von dort nach hier? 1. Mose 3 ist der große Wendepunkt: der Sündenfall. Der Mensch, der Mann, hat sich bewusst gegen Gott aufgelehnt und den Bund mit Gott gebrochen. Seine Frau wurde verführt und handelte in Verblendung, bewusst – das war noch schlimmer. Das ist das Elend, der Sündenfall.
Nun wenden wir uns dem zweiten Buch Mose zu. Dort werden gleich die zwölf Namen der zwölf Söhne Jakobs genannt, den Stammesvätern der zwölf Stämme Israels. Und weil im ersten Satz das Wort „Schmott“ vorkommt – das heißt „Namen“ –, ist „Schmott“ der Name für das zweite Buch Mose.
Das zweite Buch Mose beschreibt die Sklaverei Israels in Ägypten (Kapitel 1) und in den folgenden Kapiteln seine Befreiung durch das Blut des Passalamers. Diese Befreiung führte zum Auszug aus Ägypten. Am Sinai (Kapitel 19) schloss Gott mit Israel einen Bund. Israel wurde als Gottes Volk anerkannt und erhielt das Gesetz, verbunden mit ausführlichen Anweisungen zum Bau der Stiftshütte. Diese wird ab 2. Mose 25 bis zum Schluss in Kapitel 40 beschrieben.
Gott wollte inmitten seines Volkes wohnen, in der Stiftshütte, inmitten des erlösten Volkes. Dieses Buch zeigt uns, dass das entfremdete Volk in Ägypten ganz wörtlich nach Hause zurückkehren durfte – in die Gemeinschaft mit Gott.
Ist das nicht schön? Das zweite Buch Mose beginnt in der Fremde, in der Enge der Sklaverei Ägyptens – genau dort, wo das erste Buch Mose endet, mit dem Verhängnis des Todes. Alle Jungen sollten als kleine Babys in den Nil geworfen werden, um sie zu töten. Doch sie werden herausgeführt und kommen nach Hause.
Das Schöne ist: Im letzten Kapitel ist die Stiftshütte vollendet, und dann erscheint die Wolkensäule, die Feuersäule der Nacht – die Schechina, die Herrlichkeit des Herrn. Sie erfüllt das Haus.
Jetzt sehen wir, dass das erste und zweite Buch Mose zusammengehören. Das erste beginnt mit der Herrlichkeit Gottes. Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Psalm 19,1 sagt: „Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes und die Ausdehnung seiner Hände Werk.“
1. Mose 1 beginnt also mit der Herrlichkeit Gottes und endet mit dem Verhängnis des Todes in der Fremde. Das zweite Buch Mose beginnt mit dem Verhängnis des Todes in der Enge der Sklaverei in Ägypten und endet damit, dass die Herrlichkeit Gottes das Haus erfüllt und Israel wirklich nach Hause kommt.
Wir sehen hier einen klaren Plan in der Abfolge und Zusammensetzung der Bücher. Der Wendepunkt ist 2. Mose 12: das Blut des Passalams. Schon im ersten Buch Mose werden Opfer erwähnt, aber nie wird das Blut der Opfer genannt. In 2. Mose 12 wird das Blut ganz ausgeprägt erwähnt. Gott sagt, das Blut des Passalamers soll an die Türpfosten und den Sturz gestrichen werden. Wenn ich das Blut sehe, werde ich schonend an euch vorübergehen.
Das ist der Kontrast zu 1. Mose 3: Tod, Krankheit, Leiden und Elend kamen durch den Sündenfall. In 2. Mose kommen Befreiung, Erlösung und Nachhauseführung durch das Blut des Lammes – ein Hinweis auf das Opfer des Herrn Jesus.
Kapitel 1 zeigt uns, wovon Israel erlöst wurde: von Härte, Druck und dem Verhängnis des Todes. Kapitel 2 bis 12 erklärt, wie sie erlöst wurden. Kapitel 13 bis 40 zeigt, wozu sie erlöst worden sind.
Jetzt machen wir eine Pause von einer Viertelstunde, und dann geht es weiter mit dem dritten Buch Mose.
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