Zum Inhalt

Hesekiel und Daniel

Drohnenflug über alle Bücher der Bibel, Teil 5/20
10.12.2022
SERIE - Teil 5 / 20Drohnenflug über alle Bücher der Bibel
Das Buch Hesekiel beginnt mit der nationalen Katastrophe des Babylonischen Exils und endet mit der herrlichen und hoffnungsvollen Zukunft des messianischen Weltreiches. Diese Schrift gibt uns eine grandiose prophetische Gesamtschau der Heilsgeschichte im Zusammenhang mit Jerusalem, dem Tempel, dem Land und Volk Israel über einen Zeitraum von wenigstens ca. 2600 Jahren hinweg. Daniel: Es geht um „die Zeiten der Nationen“. Sie umfassen die Perioden der vier Weltreiche Babylon, Medopersien, Griechenland und Rom. Während dieser langen Zeitepoche sollte Israel unter der Oberherrschaft der Heidenvölker stehen. Deshalb musste Zedekia den Bund mit Nebukadnezar besiegeln und sich ihm unterwerfen. Auf die Zeit der Nationen soll aber das Reich Gottes folgen, das der Messias bei seinem Kommen in Macht und Herrlichkeit aufrichten wird. Über 200 Prophezeiungen aus diesem Buch haben sich bereits wortwörtlich erfüllt.

Guten Morgen, ich begrüße alle herzlich zu diesem Bibelstudientag mit dem Thema „Drohnenflug über alle Bücher der Bibel“.

Wir fahren jetzt mit Hesekiel fort und bewegen uns dann immer mehr zum Ende des Alten Testaments, bis hin zu Maleachi.

Für diejenigen, die über den Livestream zugeschaltet sind: Unterhalb des Bildes befindet sich in der Beschreibung ein Link, über den das Skript heruntergeladen werden kann. Dieses Skript ist unbedingt notwendig, um gut folgen zu können, da der Stoff sehr dicht ist.

Wir haben drei biblische Studientage vor uns und machen uns einen Überblick über alle Bücher des Alten Testaments. Das ist ein sehr umfangreiches und dichtes Thema.

Es wird anschließend einen weiteren Teil geben, in dem wir eine Übersicht über alle Bücher des Neuen Testaments machen.

Es ist einfach wichtig, diesen „Drohnenflug“ zu machen, damit man nicht vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht. Wir wollen den Wald sehen.

Einführung in das Buch Hesekiel und die historische Einordnung

Wir schlagen Hesekiel 1 auf und lesen ab Vers 1: „Und es geschah im dreißigsten Jahr, im vierten Monat, am fünften Tag des Monats, als ich inmitten der Weggeführten am Fluss Keba war, da öffneten sich die Himmel und ich sah ein Gesicht Gottes.“

Am fünften Tag des Monats, das war im fünften Jahr der Wegführung des Königs Joachim, erging das Wort des Herrn ausdrücklich an Hesekiel, den Sohn Busis, den Priester im Land der Kaldäer am Fluss Keba. Dort kam die Hand des Herrn über ihn.

Auf dem Skript habe ich vermerkt: Das Buch Hesekiel beginnt mit der nationalen Katastrophe des babylonischen Exils und endet mit der herrlichen und hoffnungsvollen Zukunft des messianischen Weltreiches. Diese Schrift gibt uns eine grandiose prophetische Gesamtschau der Heilsgeschichte im Zusammenhang mit Jerusalem, dem Tempel, dem Land und dem Volk Israel – und das über einen Zeitraum von mindestens circa 2600 Jahren hinweg.

Wir haben gleich in den ersten Versen von Hesekiel gelesen, dass der Prophet weggeführt worden war und am Fluss Keba lebte. Der Fluss Keba ist ein Nebenlauf des Euphrat in Babylonien, im heutigen Irak. Er beschreibt hier die Wegführung unter König Joachim, das war die zweite Wegführung der Juden nach Babylon.

Es gab insgesamt vier Wegführungen: 606 v. Chr. belagerte Nebukadnezar, König von Babylon, mit seiner Armee zum ersten Mal Jerusalem. Das entspricht Daniel 1,1. im dritten Jahr Jechonias. Dann gab es eine Teilwegführung von Juden nach Babylon. Unter den Weggeführten waren zum Beispiel Daniel und seine drei Freunde.

Ein Jahr später, im Jahr 597, kam die Wegführung unter König Joachim, die hier in Vers 2 erwähnt wird. Dabei wurde unter anderem Hesekiel in die Gefangenschaft geführt. Die schrecklichste Katastrophe war dann im Jahr 586 die Zerstörung Jerusalems und des Salomonischen Tempels. Dabei wurde die größte Zahl von Juden nach Babylon deportiert.

Alle diese drei Wegführungen sind eindrücklich beschrieben, und zwar zusammen in 2. Chronik 36. Es gab dann noch eine vierte, kleinere Wegführung im Jahr 582 v. Chr., die aber nur in Jeremia 52 erwähnt wird.

Das war der Untergang des Königtums des judäischen Reiches und ein ganz, ganz tiefer Einschnitt in der Geschichte des jüdischen Volkes. Man kann das nicht genügend dramatisch sehen. Dieser Untergang der Königsherrschaft der Nachkommen Davids war besonders gravierend, denn sie hatten die Verheißung, dass einmal der Messias kommen würde, der wie sie auf dem Thron Davids sitzen sollte.

Doch in der Zeit Hesekiels brach alles zusammen. Damit kam auch die Frage auf: Wie geht das mit dem Messias weiter? Wann wird er denn auf dem Thron Davids sitzen, wenn das Königreich Davids jetzt zerstört ist?

Hesekiel als Prophet im babylonischen Exil und seine Berufung

Hesekiel war ein Prophet in Babylonien. Dort empfing er Weissagungen über den Untergang Jerusalems, der einige Jahre nach seiner Wegführung stattfinden sollte. Auch der Untergang des Tempels wird beschrieben. All dies findet sich in den Kapiteln Hesekiel 1 bis 24.

Alles bricht zusammen. Man muss das auch als ein persönliches Schicksal sehen. In Vers 1 heißt es: „Und es geschah im dreißigsten Jahr.“ Damit meint Hesekiel sein Lebensalter. Er war 30 Jahre alt und wurde fünf Jahre zuvor weggeführt. Hesekiel stammte aus priesterlichem Geschlecht. Er hätte also mit 25 Jahren seinen Priesterdienst beginnen sollen. Doch sein ganzer Lebensweg wurde durchkreuzt.

Er konnte sich fragen: Was ist jetzt der Sinn meines Daseins? Eigentlich hätte er das Vorrecht gehabt, als Kohen, als Priester im Salomontempel zu dienen. Stattdessen wurde er nach Babylon weggeführt. Dort verbrachte er fünf Jahre wie auf einem Abstellgleis. Das ist ein persönliches Schicksal: Jemand mit 25 fragt sich, was das soll, was der Sinn seines Lebens ist und welchen Weg Gott für ihn vorgesehen hat.

Doch mit 30 Jahren öffnet sich der Himmel für ihn. In Vers 3 lesen wir, dass das Wort des Herrn ausdrücklich an Hesekiel geschah. Und in Vers 1 heißt es noch: „Da öffneten sich die Himmel, und ich sah Gesichte“, also Visionen Gottes. Mit 30 wird er zum Propheten berufen. Allerdings hat er eine traurige Botschaft.

Zunächst muss er den völligen Zusammenbruch des Landes Israel, Jerusalems und des Tempels prophezeien. All das ist eine Antwort Gottes auf die Treulosigkeit seines Volkes. Dieses Volk hat sich vom wahren Gott abgewandt und über lange Zeit die Götter der umliegenden Völker verehrt. Deshalb sollte es nicht länger Träger des Zeugnisses sein. Darum wurden sie nach Babylon deportiert.

Man muss das im größeren Zusammenhang sehen. Woher stammt eigentlich Israel? Alles geht zurück auf den Stammvater Abraham. Das haben wir in 1. Mose gesehen, wo die Berufung Abrahams aus Ur in Chaldäa beschrieben wird. Der wahre Gott erschien diesem Mann, der zuvor ein Götzendiener war, wie uns das Buch Josua sagt. Abraham erkannte den wahren Gott, erlebte eine Umkehr und reiste aus, um ins verheißene Land, das spätere Land Israel, zu gehen.

Dieser Stammvater kam also aus Babylonien, aus Chaldäa. Er wandte sich dort von den falschen Göttern ab und zog in das verheißene Land, das schließlich auch Heimat seiner Nachkommen werden sollte. Als diese Nachkommen sich jedoch wieder vom wahren Gott abwandten und falsche Götter verehrten, mussten sie zurück ins Ursprungsland.

Darum lesen wir in Vers 3: „Das Wort des Herrn geschah ausdrücklich an Hesekiel, den Sohn Buzi, den Priester, im Land der Chaldäer.“ Das Land der Chaldäer war der Herkunftsort Abrahams. So schließt sich der Kreis wieder.

Die Vision des Thronwagens Gottes und ihre Bedeutung

In Kapitel eins sieht der Prophet eine sehr eindrückliche Vision. Beim Lesen haben Bibelleser oft große Schwierigkeiten zu verstehen, worum es eigentlich geht. Es ist ähnlich wie beim Erlernen einer Fremdsprache: Wenn man eine neue Sprache beginnt zu lernen und dann ins Land geht, um die Menschen sprechen zu hören, erlebt man anfangs Frustration. Man versteht fast nichts. Doch plötzlich merkt man, dass man in kleinen Unterhaltungen, wenn man weiß, worum es geht, viel besser versteht.

Genau so verhält es sich hier. Man kann zwar den Text auf Deutsch lesen, doch er ist schwer verständlich. Wenn man jedoch weiß, worum es geht, fällt das nächste Durchlesen viel leichter. Kurz gesagt: In Kapitel eins sieht Hesekiel den Thron Gottes. Er sieht Gott in Menschengestalt – das ist der Sohn Gottes, der später als Messias in die Welt kommen und ein wirklicher Mensch werden sollte. Diese Vision ist eine Vorwegnahme.

Er sieht Gott in Menschengestalt oben auf dem Thron, der von vier Cherubim getragen wird. Cherubim sind Engel, die den Thron Gottes umgeben und die Aufgabe haben, die Gerechtigkeit Gottes einzufordern. Darum waren es auch Cherubim, die das Osttor des Gartens Eden bewacht hatten, nachdem unsere Vorfahren als Sünder ausgetrieben worden waren.

Der Thron Gottes wird von Cherubim getragen. Neben den Cherubim gibt es Räder. Das bedeutet, dieser Thron ist dynamisch und bewegt sich. Er fährt immer nur vorwärts, kann aber in alle Richtungen gehen. Er dreht sich nie, sondern bewegt sich stets vorwärts.

Es geht hier um den wahren Gott, der in der Offenbarung beschrieben wird, zum Beispiel in Offenbarung 1 und Offenbarung 4, als der da war, der da ist und der da kommt. Nicht einfach der, der da sein wird – obwohl das auch richtig wäre – sondern der, der da kommt. Das bedeutet, Gott ist ein Gott, der handelt und aktiv in der Geschichte eingreift. Deshalb ist dieser Thronwagen beweglich.

Gott handelt in der Geschichte. Darum lesen wir in der Bibel sehr oft vom Weg Gottes, der vollkommen ist, zum Beispiel in Psalm 18 und 2. Samuel 22: „Gott, sein Weg ist vollkommen.“ Manchmal wird auch von den Wegen Gottes gesprochen, in der Mehrzahl. Das zeigt, wie sich der Thronwagen in verschiedene Richtungen bewegen kann, aber immer vorwärts.

Das bedeutet, Gott ist ein Gott, der in der Geschichte handelt. Die Geschichte ist so aufgebaut, dass sie linear vorwärts verläuft. Das unterscheidet sich von den Vorstellungen in östlichen Religionen, wo oft der Gedanke eines ewigen Kreislaufs herrscht. In buddhistischen Tempeln spielt das Rad eine große Rolle. Auf den Vorhofmauern buddhistischer Tempel sieht man in kurzen Abständen das Symbol des Rades, weil man meint, alles sei ein Rad, und das Leben habe keinen Sinn. Das Ziel sei, aus diesem Kreislauf auszutreten.

Hesekiel sieht Räder, aber diese drehen sich nicht sinnlos an Ort und Stelle wie ein Hamsterrad. Buddhisten sehen ihr Leben oft als solchen sinnlosen Kreislauf von Geburt und Wiedergeburt. Die Räder in Hesekiels Vision bewegen sich jedoch vorwärts.

Die biblische Heilsgeschichte ist für uns selbstverständlich, weil wir in einer europäischen Kultur aufgewachsen sind, die stark von der Bibel geprägt wurde. Wir haben in der Schule gelernt, Geschichte als Zeitstrahl zu sehen. Geschichte entwickelt sich vorwärts. Es gibt Ursachen, die zu einer neuen Epoche führen, und diese wiederum haben Ursachen, die zu weiteren Epochen führen. Wir haben das linear gelernt, nicht als sinnlosen Kreis, wie es in Indien oder Thailand oft gelehrt wird.

Die Heilsgeschichte der Bibel beginnt in 1. Mose 1 mit der Schöpfung: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“ Die ganze Geschichte spielt sich über verschiedene Heilszeitalter und Heilsepochen ab, in denen Gott verschiedene Bündnisse schließt. Sie führt schließlich zur Vollendung im tausendjährigen Reich des Messias und danach zu einem neuen Himmel und einer neuen Erde.

Dieses lineare Denken ist für Menschen im Osten oft fremd. Wir kennen jedoch den Gott, dessen Thron sich immer vorwärts bewegt und ein Ziel hat. Die Räder drehen, aber sie bleiben nicht an Ort und Stelle.

Wir können das auch am Lauf der Sonne beobachten: Morgens geht sie auf, abends unter. Das wiederholt sich jeden Tag. Doch mit jedem Tag kommen wir der Wiederkunft des Herrn näher. Wir wissen, dass es eine Vollendung, ein Ziel und einen Sinn gibt. Das wird in Hesekiel 1 mit dem Thronwagen Gottes sehr schön dargestellt.

Gott handelt in der Geschichte, die linear verläuft. Gott muss nie umkehren oder Buße tun. Darum wendet sich der Wagen nicht. Für uns Menschen ist das anders. Wir müssen uns ständig korrigieren und umkehren, wenn wir eine falsche Richtung eingeschlagen haben.

Deshalb ist das Lied von Édith Piaf so bedrückend. Ältere Menschen kennen es, Jüngere vielleicht nicht. Édith Piaf erlebte in den 1960er Jahren ein Comeback. Ihre Lieder waren oft autobiografisch und von ihrem Leben geprägt, das auch von Drogen beeinflusst war. In einem ihrer bekanntesten Lieder singt sie: „Rien de rien, non je ne regrette rien.“ Später wurde dieser Stil von Mireille Mathieu imitiert, mit dem rollenden „R“. Was sagt sie? „Nichts! Gar nichts, ich bereue nichts von dem, was ich getan habe.“

Wenn Menschen das sagen, ist das Elend. Wir müssen ständig umkehren und uns korrigieren. Gott hingegen nicht. Deshalb fährt der Thronwagen geradeaus – der Thronwagen des Gottes, der da war, der da ist und der da kommt.

Die göttliche Perspektive auf die Geschichte im Vergleich zur menschlichen Sicht

Das klar vor Augen halten

Wir haben in Vers 1 gelesen: Da öffneten sich die Himmel. Diese Sicht ist eine göttliche Perspektive auf die Geschichte. Wenn wir jedoch nur die Sichtweise des Buches Prediger einnehmen, sehen wir eine ganz andere Haltung. Der Prediger spricht ständig nur von dem, was unter der Sonne ist. Er sagt: „Es ist alles so sinnlos, Eitelkeit der Eitelkeiten, alles ist eitel.“ Salomo beschreibt darin seine Jahre, in denen er fern vom Herrn und seiner Gemeinschaft lebte und Dinge ausprobierte, die ihm keine wahre Sinnerfüllung geben konnten.

Dort wird eigentlich die Welt beschrieben, wie der natürliche Mensch sie sieht – als Mensch unter der Sonne. Deshalb beschreibt der Prediger in Kapitel 1 einen Kreislauf nach dem anderen. Er schildert den Windkreislauf, der von Norden nach Süden weltweit verläuft. Das ist der Kreislauf, den man auch beim Fliegen mit dem Jetstream ausnutzt. Er beschreibt, wie der Wind nach Süden geht, sich wieder nach Norden wendet und immer wiederkehrt. Alles läuft im Kreislauf ab, beim Wind aber nur in Südnord-Richtung, wie im Prediger beschrieben.

Dann beschreibt er auch, wie die Sonne aufgeht und untergeht. Ebenso den Kreislauf des Wassers, das vom Regen über Bäche und Flüsse ins Meer gelangt. Er sagt, das Meer wird nicht voll. Warum? Weil das Wasser wieder an seinen Ursprungsort zurückkehrt – durch Verdunstung. Dann fällt es wieder als Regen über das Festland. So gibt es einen Wasserkreislauf, der übrigens genau ausgeglichen ist. Genau gleich viel Wassermenge, die verdunstet, wird wieder abgeregnet. Weltweit gibt es einen geschlossenen Kreis.

Man könnte sagen: Als Mensch unter der Sonne, was ist der Sinn davon? Alles ist ein Kreis – genau so, wie die Menschen im Osten das denken und eben keine Sinnerfüllung finden. Sie denken, irgendwie müssen wir aus diesem Kreis ausbrechen. Und was ist das Ziel? Im Osten sagt man das Nirwana oder im Buddhismus Nibbana. Das ist das gleiche Wort. Es ist ein Partizip und bedeutet „ausgelöscht“. Eine Kerze – das war’s. Und das soll das Endziel sein.

Daran erkennt man, warum das Evangelium nicht nur in Asien verkündigt werden muss. Die Menschen dort glauben, das sei das Ziel. Aber das Buch Hesekiel zeigt uns: Nein, ganz anders. Gott hat völlig die Kontrolle, Gott ist noch auf dem Plan, und alles ist ihm untertan, wie es in seinem Lied heißt. Darum sieht Hesekiel zuerst diesen Thronwagen, und erst danach wird ihm mitgeteilt: Alles wird zusammenbrechen.

Jerusalem wird untergehen, der Tempel wird zerstört werden, und es ist nicht so, dass die Gefangenen einfach schnell wieder zurückkehren können. Nein, es kommt zu noch mehr Wegführung nach Babylon. Das klingt so hoffnungslos, aber ich habe bereits gelesen: Das Buch Hesekiel beginnt mit der nationalen Katastrophe des babylonischen Exils, endet aber mit der herrlichen und hoffnungsvollen Zukunft des messianischen Weltreiches.

Der erste Teil, Kapitel 1 bis 24, wird gespiegelt durch die Kapitel 33 bis 48. Dort wird die Endzeit beschrieben. Es wird klar gemacht, dass in der Endzeit das jüdische Volk nicht nur aus Babylon, sondern aus allen Völkern aus der Zerstreuung heimkehren wird ins Land der Väter.

Ich lese Hesekiel 36,24: „Dann wird die Zeit sein, wenn der Messias kommen wird und Israel eine völlige Wiederherstellung erleben wird.“ Dort haben wir also genau das Gegenteil von der Wegführung nach Babylon – die Rückkehr aus aller Welt.

Ab Hesekiel 33 wird beschrieben, dass in der Endzeit das jüdische Volk eine Wiederherstellung erleben wird – in mehreren Phasen. Zuerst wird es heimkehren ins Land der Väter, aber noch im Unglauben, im unreinen Zustand, wie gerade Kapitel 36 sagt. Erst später wird es zu einer geistlichen Erneuerung Israels kommen. Der Messias wird kommen und den Hesekiel-Tempel bauen.

Dieser Tempel wird ausführlich beschrieben in Hesekiel 40 und den folgenden Kapiteln. Er wird beschrieben als ein alttestamentlicher Tempel mit zwei Vorhöfen auf einem 500 Ellen Quadrat, also auf 162,5 mal 162,5 Metern. Dann gibt es einen dritten Vorhof von 500 auf 500 Ellen. Eine Elle sind sechs Königsellen, das sind 3,15 Meter. Das heißt ungefähr 1,5 mal 1,5 Kilometer. Ein gigantischer Tempel wird gebaut werden.

Dieser Tempel wird den Salomontempel, in dem Hesekiel hätte dienen sollen, aber dem es verwehrt wurde, weit übertreffen. Der Salomontempel war im Vergleich zum Hesekiel-Tempel etwas verschwindend Kleines. Das wird ein so gigantischer Bau sein, und das wird alles hier beschrieben.

Das Land wird dann auch unter die zwölf Stämme neu verteilt werden. Hesekiel 40 bis 48 beschreibt das tausendjährige Friedensreich, wenn Jesus Christus von Jerusalem aus in Gerechtigkeit und Frieden über die ganze Welt regieren wird.

Die Kapitel davor, nämlich 33 bis 39, zeigen, wie in mehreren Phasen in der Endzeit das jüdische Volk eine Wiederherstellung erleben wird, bis es dann zu diesem vollkommenen Zustand kommen wird.

Also, der langen Rede kurzer Sinn: Hesekiel, erster Teil (1-24) spiegelt sich im letzten Teil (33-48). Im ersten Teil geht es um den Untergang Jerusalems, des Tempels und des jüdischen Volkes. Im letzten Teil geht es um die völlige, grandiose, eindrückliche Wiederherstellung von Jerusalem, dem Tempel und dem jüdischen Volk, dem Volk Israel.

So sehen wir: Dieser Thronwagen Gottes macht klar, dass Gott alles in seiner Hand hat, auch wenn die Dinge hier auf Erden oder in unserem persönlichen Leben zusammenbrechen. Aber es gibt Hoffnung auf eine Wiederherstellung und Vollendung. Das wird uns im Buch Hesekiel so eindrücklich vorgestellt.

Der mittlere Teil des Buches Hesekiel und die Herrschaft Gottes über alle Nationen

Es gibt noch einen Zwischenteil, den ich im Skript bisher nicht vorgelesen habe. Im Mittelteil prophezeit Hesekiel über sieben heidnische Nationen und Städte. Diese Prophezeiungen finden sich in den Kapiteln 25 bis 32.

Dabei wird deutlich gemacht, dass Gott nicht nur der Gott auf dem Thron über das Volk Israel, das auserwählte Volk, ist, sondern auch über die anderen Völker herrscht. Die ganze Menschheit liegt in seiner Hand, und er hat die Kontrolle.

Im Buch Hesekiel gibt es viele Prophezeiungen – sowohl über Israel als auch über die Nationen, die Heidenvölker. Gott ist Gott über alle Nationen und lenkt ihre Geschichte. Immer wieder taucht im Buch Hesekiel ein Refrain auf: Es wird etwas vorausgesagt, und dann heißt es, „Und sie werden erkennen, dass ich der Herr bin“ oder in verschiedenen Variationen. Ähnlich wie in der Musik, wo ein Refrain ständig variiert wird, gibt es im Buch Hesekiel siebenundsiebzig solcher Variationen.

Das zeigt uns, wie wichtig das prophetische Wort und seine Erfüllung sind. Es ist grundlegend, um zu erkennen, dass der Gott der Bibel der wahre Gott ist. Die Aussage „Sie werden erkennen, dass ich der Herr bin“ zieht sich als zentrales Thema durch das Buch.

So ist das Buch Hesekiel ein wirklich stärkendes Buch. Es zeigt, wie vollkommen Gottes Wege sind, auch wenn er uns durch Nöte führt. Am Ende aber kommt die Befreiung und die Vollendung.

Der Name Hesekiel bedeutet „Gott stärkt“. Durch dieses Buch stärkt Gott seine Leser.

Einstieg in das Buch Daniel und die vier Weltreiche

Wir wenden uns nun dem Buch Daniel zu. Wir machen sozusagen einen Drohnenflug und haben bereits 48 Kapitel überflogen. Jetzt lesen wir Daniel 1,1:

Im dritten Jahr der Regierung Joachims, des Königs von Juda, kam Nebukadnezar, der König von Babel, nach Jerusalem und belagerte die Stadt. Der Herr gab Joachims, den König von Juda, in seine Hand sowie einen Teil der Geräte des Hauses Gottes. Diese Geräte brachte er ins Land Schinear, in das Haus seines Gottes, genauer gesagt in das Schatzhaus seines Gottes.

Hier beginnt die Erzählung im Jahr 606 v. Chr. Ich habe zuvor erklärt, dass es vier Wegführungen nach Babylon gab. Die erste wird hier beschrieben. Bei dieser Wegführung wurden unter anderem Daniel und seine Freunde zusammen mit vielen anderen nach Babylon gebracht.

Im Skript steht: Israel sollte im Falle des Gehorsams gegenüber Gottes Wort zur höchsten Nation der Welt werden. Diese Verheißung erhielt Israel in 5. Mose 28, den Versen 1, 10 und 13. Israel als auserwähltes Volk sollte die oberste Nation der Welt werden und Weltherrschaft erlangen. Das hat also nichts mit einer zionistischen Verschwörung zu tun, sondern ist Gottes Verheißung an Israel – jedoch nur im Falle des Gehorsams gegenüber der Bibel.

Weiter im Skript: Gott erwählte David als König nach seinem Herzen und schloss mit ihm einen Bund. Dieser Bund wird in 2. Samuel 7 beschrieben und ausdrücklich als Bund in Psalm 89, Vers 3 genannt. Von David sollte der Weltherrscher, der Messias, abstammen (Psalm 89, Vers 36; Psalm 132, Vers 11; und sehr klar Jeremia 23, Vers 5). Der Messias sollte ein Spross aus David sein.

Da sich jedoch die meisten Nachkommen Davids auf dem Thron als untreu und götzendienerisch erwiesen hatten, beendete Gott das Königtum und übergab die Weltherrschaft den Heiden. Genau an diesem Punkt setzt das Buch Daniel an.

Daniel kam als junger Mensch nach Babylon. Dort musste er zwangsweise an der Hochschule sechs Semester studieren. Im Bibeltext steht drei Jahre, aber das ist dasselbe, um danach in Staatsdienste gestellt zu werden. Dieser Mann wurde von Gott auserwählt, dort Prophet zu sein.

Gerade in dieser Zeit fällt der Traum von Nebukadnezar, der in Kapitel 2 beschrieben wird. Nebukadnezar hatte von Gott einen prophetischen Traum erhalten. Niemand in Babylon, also auch nicht seine Intellektuellen, war in der Lage, diesen Traum zu deuten.

Nebukadnezar war sehr intelligent. Er erzählte zuerst seinen Weisen am Hof nicht den Traum, damit sie nicht einfach raten konnten. Er sagte sich: Wenn sie übernatürlich wissen, was der Traum bedeutet, dann können sie mir auch sagen, was ich geträumt habe, ohne dass ich etwas erzähle. Doch niemand konnte es sagen. Dabei standen sie in Verbindung mit Nabu, dem Gott der Weissagung in Babylon, und all den anderen babylonischen Göttern, die jeweils ihre definierten Funktionen als Offenbarer von Geheimnissen hatten. Sie waren dennoch nicht in der Lage, den Traum zu deuten. So wurde klar: Die Götter von Babylon können nichts.

Dann wurde Daniel von Nebukadnezar gerufen. Nach Gebet war es ihm möglich, dem König genau zu sagen, was er geträumt hatte. Nebukadnezar hatte eine eindrückliche, schreckliche Statue gesehen: einen Kopf aus Gold, Arme und Brust aus Silber, Bauch und Hüften aus Bronze sowie Beine aus Eisen.

Daniel erklärt ihm, dass es sich um einen prophetischen Traum handelt, der die weitere Weltgeschichte klar macht. Vier große Weltreiche werden einander folgen. Der Kopf aus Gold steht für Babylonien, das Reich, das Nebukadnezar beherrschte.

Dann folgt ein anderes Reich. Das war natürlich wie ein Schlag in die Magengrube für die Weisen. Wenn diese vor dem König erschienen, sagten sie auf Aramäisch „Der König lebe ewiglich.“ Doch dem war nicht so. Nebukadnezar sollte sterben und sein Reich durch ein anderes Reich abgelöst werden.

Daniel erklärt weiter, dass nach diesem Reich wieder ein anderes Reich kommen wird. In der Erfüllung war das so: Nach dem babylonischen Weltreich, das eine nie dagewesene Glanzzeit und Souveränität kannte – dargestellt durch das Gold –, wurde es vom medo-persischen Reich abgelöst. Dieses wird durch die Arme dargestellt. Das Medo-Persische Reich war ein Doppelreich aus zwei Nationen, Meder und Perser, und ersetzte Babylon.

Es war jedoch nicht mehr so souverän, weshalb es mit Silber dargestellt wird. Danach sollte wieder ein Reich kommen, dargestellt durch Bauch und Hüften aus Bronze. Das weist auf das griechische Reich Alexanders des Großen hin. Dieses Reich erstreckte sich über drei Kontinente, von Europa bis nach Asien und auch über afrikanische Gebiete.

Danach folgt das vierte Reich mit den Beinen, das das Römische Reich darstellt. Die Beine sind der längste Teil, was darauf hinweist, dass die Geschichte des Römischen Reiches die längste sein sollte. Mit den Füßen sollte dieses Reich bis in unsere Zeitepoche hineinreichen.

Daniel erklärt, dass die Füße nicht nur aus Eisen, sondern aus Eisen und Ton gemischt waren. Zum Teil wird dieses Reich stark sein, zum Teil schwach. Das entspricht genau dem neuen Europa.

Zum Teil ist es stark, wenn man an die Wirtschaftskraft Deutschlands und die enormen intellektuellen und ingenieurtechnischen Fähigkeiten Frankreichs denkt. Man kann noch weitergehen. Dann gibt es andere Nationen, die sind wie Ton: Sobald man daran stößt, fallen sie auseinander.

Daniel erklärt auch, dass dieses Reich zum Teil in sich vereint sein wird und zum Teil zerfallen möchte – wie Ton. Genau diese zwei Kräfte sehen wir heute in Europa: Einerseits der Drang nach Integration und noch mehr Integration, andererseits starke Kräfte, die dagegenhalten und das Reich zersetzen wollen.

Dazu gehören der Brexit und die Zerstückelung in der jüngeren Geschichte Osteuropas. Jugoslawien war zu groß und musste zersplittert werden in Kroatien, Serbien und andere Staaten. Die Tschechoslowakei war ebenfalls zu groß und wurde in zwei Nationen geteilt. Diese Kräfte in Europa wollen zersetzen.

Daniel macht klar, dass dies so sein wird bis zum Schluss. Dann sieht er einen Stein, den er in Nebukadnezars Traum beschreibt. Dieser Stein löst sich ohne menschliche Vermittlung aus einem Felsen und schlägt gegen die Füße der Statue, wodurch die ganze Statue vernichtet wird.

Dieser Stein wird zu einem großen Berg. Daniel erklärt, dass dies das Reich Gottes ist. Nach der Geschichte der vier Weltreiche wird schließlich ein Stein kommen – der Messias –, der all diese Reiche vernichten und sein Friedensreich aufrichten wird.

Auch hier haben wir somit eine grandiose Übersicht.

Die Zeiten der Nationen und die Hoffnung auf das Reich Gottes

Ich lese mal vor aus dem Skript:

An dieser Stelle setzt das Buch Daniel an. Es geht um die Zeiten der Nationen. Jesus spricht über diese Zeit ab Daniel bis heute in Lukas 21,24 als die Zeiten der Nationen. Dabei ist nicht Israel die oberste Nation, die das Sagen hat, sondern die anderen Völker. Israel ist diesen unterstellt.

Praktisch war das die ganze Zeit so, dass Israel von anderen Nationen beherrscht wurde. Auch heute, wo Israel bereits einen Staat hat, sagt die UNO, was sie tun dürfen und was nicht. Sie haben kein Recht, dort zu siedeln usw. Israel hat noch nicht die völlige Freiheit. Es sind immer noch die Zeiten der Nationen.

Diese Zeiten umfassen die Perioden der vier Weltreiche: Babylon, Medopersien, Griechenland und Rom. Daniel 2 spricht davon mit der Statue im Traum von Nebukadnezar. Auch Daniel 7 beschreibt die vier wilden Tiere im Traum von Daniel. Ich komme gleich darauf zurück.

Während dieser langen Zeitepoche sollte Israel unter der Oberherrschaft der Heidenvölker stehen. Deshalb musste Zedekia den Bund mit Nebukadnezar besiegeln und sich ihm unterwerfen. Dieser Zedekia-Bund ist bis heute von Bedeutung. Israel musste anerkennen: Jetzt herrschen die Nationen über uns.

Auf die Zeit der Nationen soll das Reich Gottes folgen, das der Messias bei seinem Kommen in Macht und Herrlichkeit aufrichten wird (Daniel 7,13-14). Es ist ganz wichtig, Daniel 2 mit Daniel 7 zu vergleichen.

Diese vier Teile der Statue werden in Daniel als vier wilde Tiere dargestellt. Das babylonische Reich ist ein Löwe mit Adlersflügeln, majestätisch. Dann kommt ein Bär, ein gefräßiger Bär. Er stellt das Medopersische Reich dar, das plumper war als Babylon, aber viel größer. Medopersien war sehr gefräßig und konnte sich zu einem Riesenreich ausdehnen.

Als nächstes kommt ein Leopard mit Flügeln und vier Köpfen. Das ist das schnellste Tier und steht für Alexander den Großen, der in nur dreizehn Jahren die damalige Welt erobern konnte. Von Europa, aus Griechenland kommend, bis nach Indien, über den Indus hinaus und auch über afrikanische Gebiete.

Dieser Leopard hat vier Köpfe. Manche von uns könnten denken, es wäre fantastisch, vier Festplatten zu haben. Mit einer vergesse ich doch immer so viel. Aber ich bin glücklich, nur einen Kopf und eine Festplatte zu haben. Die vier Köpfe weisen darauf hin, dass nach dem Tod von Alexander dem Großen sein Reich zerfiel. Seine Generäle stritten sich und zerrissen das Reich. Das wird durch die vier Köpfe dargestellt.

Als viertes Tier kommt ein ganz besonders grausiges Tier mit zehn Hörnern und eisernen Zähnen. Wieder Eisen, so wie die Beine und Füße aus Eisen in der Statue. Das stellt das römische Reich dar. Ein Tier, das alles zertritt, was ihm entgegensteht.

Dann schaut Daniel zum Himmel und sieht in den Wolken den Messias kommen, den Sohn des Menschen. Ich lese Daniel 7, weil das so zentral ist in diesem Buch. Bei meiner aramäischen Abschlussprüfung musste ich diesen Text übersetzen und die Formen erklären. Denn Daniel 2,4 bis Kapitel 7 ist aramäisch geschrieben. Das war die damalige Weltsprache im babylonischen Reich. Daniel hat diese Kapitel aufgeschrieben, damit auch die Heiden diese Prophetie verstehen können.

Ich schaute in den Gesichten der Nacht und sah: Mit den Wolken des Himmels kam einer wie ein Menschensohn. Er kam zu dem Alten an Tagen und wurde vor ihm gebracht. Ihm wurde Herrschaft, Herrlichkeit und Königtum gegeben. Alle Völkerschaften und Sprachen dienten ihm.

Seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die nicht vergehen wird. Sein Königtum ist ein solches, das nie zerstört werden wird.

Also, nach diesen vier Weltreichen sieht Daniel das Reich Gottes. Der Messias kommt als Mensch – darum sagt er „wie eines Menschen Sohn“ – und übernimmt die ganze Weltherrschaft. Das ist das tausendjährige Friedensreich.

Die Geschichte und Spaltung des Römischen Reiches und Europas

Jetzt muss ich noch etwas erklären. Wie war das eigentlich mit dem Römischen Reich? Auf jeden Fall ist das interessant. Wir haben in der Geschichte gesehen, dass immer ein Weltreich durch ein anderes abgelöst wurde. So hätten wir das im Geschichtsunterricht lernen sollen: das Babylonische Reich, das Mediopersische Weltreich, dann das Griechische Weltreich und schließlich das Römische Weltreich.

Aber wie war das eigentlich beim Römischen Reich? Das Römische Reich spaltete sich im Jahr 395 nach Christus in Ost- und Westrom. Damit war es aber nicht am Ende, sondern einfach gespalten – so wie wir zwei Beine haben. Diese Spaltung wird auch durch die zwei Beine dargestellt.

Im fünften Jahrhundert drangen dann die Barbaren aus dem Norden und Osten in das Weströmische Reich ein. Sie bildeten unabhängige Königreiche und spalteten das Römische Reich von innen auf. Es wurde jedoch kein anderes Reich an die Stelle gesetzt, sondern es kam zu einer Aufsplitterung.

Doch das Römische Reich war damit nicht am Ende. Das Oströmische Reich, auch Byzanz genannt, bestand weiter und blieb bis 1453 bestehen. Erst dann wurde es durch die Eroberung von Byzanz durch die Türken zerstört.

Einmal war ich auf dem Flug nach Tadschikistan einen Nachmittag in Istanbul gestrandet. Was macht man, wenn man Freizeit auf einer Missionsreise hat? Ich bin in die Stadt hineingegangen und habe auf dem Markt einen Mann im T-Shirt gesehen. Auf seinem Rücken stand eine Zahl: 1453. Das ist in der Türkei sehr lebendig präsent. Dieses Jahr markiert den Sieg der Türken über die Europäer und den Untergang des Oströmischen Reiches. Auch in den Museen und an Denkmälern wird das bis heute gepflegt und erhalten. Überall ist es präsent: Die Türken haben Europa besiegt, das Römische Reich.

Aber auch das war nicht das Ende. Denn schon um 800 hat Karl der Große das Weströmische Reich wiederhergestellt als das Heilige Römische Reich. Später wurde es das Heilige Römische Reich Deutscher Nation genannt, weil die Kaiser typischerweise deutsche Römer waren. Dieses Reich bestand bis ins frühe 19. Jahrhundert. Man sieht also, die „langen Beine“ des Römischen Reiches waren wirklich lang. Das Römische Reich ist nicht wirklich untergegangen, und es kam kein anderes Reich an seine Stelle.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts legte der letzte Kaiser seine Krone des Römischen Reiches selbst ab. Er wollte nicht, dass die Franzosen die Macht übernehmen. In dieser Zeit führte Napoleon seine Feldzüge und sah sich selbst als römischer Kaiser, sogar bis nach Russland. Doch in der Völkerschlacht bei Leipzig war sein Schicksal besiegelt. Damit endete das Römische Reich – allerdings nur für kurze Zeit.

Dann kam die Zeit des Nationalismus. Europa spaltete sich in viele Nationen, und jeder war stolz: „Ich bin Deutscher“, „ich bin Franzose“, „ich bin Italiener“. Das spiegelt sich übrigens auch in der Musik wider. In manchen Musikstücken wird die Nationalität besonders betont. Auch in der Kunst wird sichtbar, wie wichtig der Nationalismus wurde.

Das an sich ist noch nichts Schlechtes. Wenn man Freude hat am Matterhorn und an sauberen Straßen, dann heißt das nicht „die Schweiz über alles“. Das wäre hässlich und böser Nationalismus. Wenn man aber dankbar ist für ein geordnetes Land und schöne Berge, dann ist das ein schöner Nationalismus.

Doch der Nationalismus in Europa wurde immer schlimmer. Das führte zum Ersten Weltkrieg. Dieser war eigentlich nicht beendet, und so war der Zweite Weltkrieg eine Fortsetzung. 1945 lag Europa am Boden.

Dann kam Winston Churchill nach Zürich. Er hielt einen Vortrag an der Universität und sagte: „Let Europe Arise“, also „Lasst Europa aufstehen“. Wir müssen eine Art Vereinigte Staaten von Europa schaffen. Der Weg dahin sei nicht schwer, es brauche nicht mehr als das, und so weiter. Ich muss nicht alles zitieren.

In den folgenden Jahren begann Europa, sich zu integrieren. Mit all den Problemen, die Daniel voraussagt – mit Ton und Eisen. Europa wird gespalten sein, es wird schwach sein, teilweise stark, es wird Probleme geben. Aber man hatte ganz klar die Vision im 20. Jahrhundert, Europa wieder zu vereinigen – und zwar als Römisches Reich.

Emil Luss, einer der Europavisionäre, sagte in den 1950er Jahren: „Die europäische Einheit brauchen wir nicht zu schaffen, sondern lediglich wiederherzustellen.“ So sehen wir heute diese Beine und die Füße aus Eisen und Ton am Ende.

Wir stehen also vor dem Moment, an dem der Stein kommen muss, um alles zu zerschmettern und das Reich Gottes aufzurichten.

Das Ende des römischen Reiches und die zukünftige Diktatur Europas

An dieser Stelle muss ich noch etwas erklären, das einen Schlüssel zum Verständnis der Prophetie liefert. In der Offenbarung wird das gleiche vierte Tier, das römische Reich mit den zehn Hörnern, nochmals beschrieben – und zwar als eine furchtbare Diktatur am Ende der Zeiten.

In Offenbarung 17,8 heißt es: Das Geheimnis des Tieres, also etwas, was im Alten Testament nicht mitgeteilt wurde. Dort wird das römische Reich einfach als ein Tier dargestellt. Es wird erklärt, dass zu einer Zeit, als es das römische Reich noch gab – die Offenbarung wurde im Jahr 95 unter Kaiser Domitian geschrieben – das Tier war, ist nicht, und wieder heraufkommen wird aus dem Abgrund und ins Verderben gehen.

Das bedeutet, das römische Reich hat drei Phasen. Es wird nicht von einem anderen Reich abgelöst, sondern durchläuft diese drei Phasen. Phase A war bis Anfang des 19. Jahrhunderts das römische Reich. Danach kam eine kurze Phase, in der das römische Reich „nicht ist“ – diese Phase dauerte bis 1945.

Anschließend sehen wir, wie Europa sich wieder vereinigt. Es wird aus dem Abgrund heraufsteigen und ins Verderben gehen. Das Wort „Abgrund“ ist im Griechischen „Abyssos“, das gleiche Wort, das in Römer 10 für das Totenreich verwendet wird.

Effektiv kam das neue Europa aus der Asche des schrecklichsten Krieges der ganzen Menschheitsgeschichte hervor – es stieg aus dem Abgrund empor. Wir sehen dieses Europa mit all seinen Problemen. Am Ende aber kommt der Diktator (Offenbarung 13), und auch Daniel 7 spricht über dieses Horn, das dann heranwächst und die totale Macht übernimmt.

Diese Diktatur steht noch bevor, und dann geht Europa in den Abgrund. Wir leben also in einer sehr speziellen Zeit. Europa wackelt, um sich darauf vorzubereiten, dass ein Mann alle Probleme lösen will – ein starker Mann. Doch dann geht das Ganze zugrunde.

Aber danach kommt das Reich Gottes, und das zeigt uns eben das Buch Daniel.

Die Erfüllung der Prophezeiungen im Buch Daniel als Beweis der göttlichen Offenbarung

Zum Schluss möchte ich noch betonen, wie im Skript beschrieben: Über zweihundert Prophezeiungen aus diesem Buch haben sich bereits wortwörtlich erfüllt.

Ich habe ein Büchlein geschrieben mit dem Titel Weltgeschichte im Visier des Propheten Daniel. Darin behandle ich ausschließlich die erfüllten Prophezeiungen. Es sind über zweihundert Prophezeiungen, die ich mit Geschichtsliteratur belege. Dabei zeige ich, wie sich jede einzelne Aussage genau erfüllt hat.

Außerdem führe ich Belege an, dass das Buch Daniel tatsächlich vor den Ereignissen verfasst wurde. Es wird erklärt, wie man das beweisen kann. Deshalb ist dieses Werk so beweiskräftig – ganz im Sinn des Buches Ezechiel, wo es heißt: „Ihr werdet erkennen, dass ich der Herr bin.“

Das Buch umfasst zwölf Kapitel und dokumentiert über zweihundert erfüllte Prophezeiungen. Es ist ein gewaltiger Beweis dafür, dass die Bibel Gottes Wort ist.

Nun machen wir eine Viertelstunde Pause.

Vielen Dank an Roger Liebi, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!

Noch mehr Inhalte von Roger Liebi gibt es auf seiner Webseite unter rogerliebi.ch