Guten Abend, ich möchte alle herzlich begrüßen. Wir wollen gleich im Johannesevangelium aufschlagen, in Kapitel 2. Das Thema heute Abend lautet: Sieben Dialoge des Herrn Jesus mit Frauen – oder noch besser: Sieben Einzelgespräche des Herrn Jesus mit Frauen.
Es geht wirklich darum, dass der Herr mit Frauen allein spricht. Diese Gespräche findet man nicht in Matthäus, Markus oder Lukas, sondern nur im Johannesevangelium. Irgendwie haben diese Gespräche eine besondere Bedeutung im Zusammenhang mit dem Hauptthema des Johannesevangeliums.
Wir wissen ja – oder vielleicht auch nicht, dann sollten wir es jetzt wissen – dass jedes Evangelium im Neuen Testament den Herrn Jesus von einer anderen Seite zeigt. Das Matthäusevangelium betont: Er ist der König. Im Kontrast dazu zeigt das Johannesevangelium: Er ist der Knecht. Das Lukasevangelium betont, dass der Herr Jesus Mensch ist, ein wirklicher Mensch. Im Kontrast dazu zeigt das Johannesevangelium: Er ist ewiger Gott.
So beginnt es auch in Johannes 1,1, wenn wir kurz das lesen: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ In Vers 14 wird diese Bezeichnung für den Herrn Jesus genannt: „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“
Der Herr Jesus heißt also „das Wort“. Das ist ein typisch jüdischer Ausdruck. In den aramäischen Übersetzungen des Alten Testaments, in den Rabbinerbibeln, wird der ewige Gott, also Jahwe, immer wieder „Memra Dadunay“ genannt als Ersatzname. Aus Ehrfurcht vor dem Namen Gottes spricht man ihn nicht aus, sondern verwendet diesen Ersatznamen in den aramäischen Übersetzungen, den Targumim: „Memra Dadonai“ – das Wort des Herrn.
Wenn im Johannesevangelium Jesus „das Wort“ genannt wird, ist das eine Anspielung auf diese Bezeichnung Gottes in den aramäischen Übersetzungen. Er ist der Memra, der ewige Gott von Ewigkeit her.
Wir haben gelesen: Er wurde Mensch. Das Wort wurde Fleisch. Der ewige Gott – und zwar nicht der Vater, nicht der Heilige Geist, sondern der Sohn – wurde Mensch und kam in diese Welt, um Gott zu offenbaren.
Dazu möchte ich noch Johannes 1,18 lesen: „Niemand hat Gott jemals gesehen; der einzige Sohn, der im Schoß des Vaters ist, der hat ihn kundgemacht.“ Das bedeutet also, der Sohn ist in diese Welt gekommen, um uns zu erklären, um uns zu sagen, wer Gott ist.
Warum wird er „das Wort“ genannt? Wenn man von jemandem nur ein Foto sieht, sagt das schon etwas aus. Aber wenn man jemanden wirklich kennenlernen will, muss man mit ihm sprechen. Im Dialog, im Gespräch kommt das Verborgene heraus. Gerade in Einzelgesprächen offenbart man sich, teilt sich in besonderer Weise mit.
Und da kommen wir nun zu unserem Thema: Sieben einzelne Gespräche mit Frauen im Johannesevangelium.
Wir beginnen in Johannes 2, Vers 1: Am dritten Tag fand eine Hochzeit in Kana in Galiläa statt, und die Mutter Jesu war dort. Auch Jesus war mit seinen Jüngern zu der Hochzeit eingeladen.
Als der Wein ausging, sagte die Mutter Jesu zu ihm: „Sie haben keinen Wein.“ Jesus antwortete ihr: „Was habe ich mit dir zu schaffen, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ Seine Mutter sagte zu den Dienern: „Was er euch sagt, das tut!“
Es standen sechs steinerne Wasserkrüge dort, aufgestellt nach der Reinigungssitte der Juden. Jeder Krug fasste zwei oder drei Maß. Jesus sagte zu ihnen: „Füllt die Wasserkrüge mit Wasser!“ Sie füllten sie bis oben hin.
Dann sagte er zu ihnen: „Schöpft nun und bringt es dem Speisemeister!“ Sie brachten es ihm. Als der Speisemeister das Wasser kostete, das zu Wein geworden war, wusste er nicht, woher es stammte. Die Diener aber, die das Wasser geschöpft hatten, wussten es.
Darauf rief der Speisemeister den Bräutigam und sagte zu ihm: „Jeder Mensch setzt zuerst den guten Wein vor, und wenn sie satt geworden sind, den geringeren. Du aber hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt.“
Dies war der Anfang der Zeichen, die Jesus in Kana in Galiläa tat. Er offenbarte seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn.
Bis hierhin. Im Mittelpunkt steht insbesondere dieser kurze Dialog zwischen Jesus Christus und seiner Mutter Maria im Rahmen dieser Hochzeit.
Es ist bekannt, dass Frauen im Durchschnitt sprachlich begabter sind als Männer. Dies hängt mit der speziellen Struktur des Frauengehirns zusammen. Es ist sehr wichtig, dieses Wissen zu haben, denn heute weiß die Mehrheit der Gesellschaft nicht um solche Unterschiede. Viele meinen, dass Mann oder Frau in dieser Hinsicht ziemlich austauschbar seien. Doch das ist ganz anders.
Jede unserer Milliarden Zellen trägt im Erbgut eine Information: Wenn in einer Zelle XY vorhanden ist, sagt die Zelle „Du bist ein Mann“. Bei Frauen hingegen tragen alle Milliarden Zellen das Erbgut XX, und die Zelle sagt „Du bist eine Frau“. Diese Unterschiede zeigen sich nicht nur im Erbgut, sondern drücken sich im gesamten Wesen, im ganzen Körper sowie im seelischen und geistigen Bereich aus – unter anderem auch im Gehirn.
Aus bestimmten Gründen führt die Beschaffenheit des Frauengehirns dazu, dass Frauen durchschnittlich sprachlich gewandter und begabter sind. Deshalb ist es interessant, dass wir gerade im Johannesevangelium, wo es um das Wort geht, das in diese Welt gekommen ist, sieben einzelne Gespräche mit Frauen finden.
Außerdem sind Frauen von ihrer Beschaffenheit her, so wie der Schöpfer es eingerichtet hat, stärker beziehungsorientiert als durchschnittlich Männer. Das sind Durchschnittswerte, natürlich. Es gibt auch Männer, die Sprachen lieben und stark beziehungsorientiert sind, aber im Allgemeinen ist dies ein besonderes Kennzeichen der Frau. Männer sind dagegen eher sachorientiert.
Dies zeigt sich bereits in der Schöpfung: Gott hat Adam aus Materie, aus dem Erdboden, geschaffen. In unserem Körper finden wir genau diese Atome, die man auch in der Erde findet. Wenn man stirbt und Verwesung erfährt, gehen diese Atome wieder zurück zum Staub.
Die Frau hingegen wurde nicht einfach aus der Materie des Bodens erschaffen, sondern aus der Rippe ihres Mannes. Die Rippe, die am nächsten am Herzen liegt, drückt aus, dass der Schöpfer von Anfang an einen starken beziehungsorientierten Hinweis gegeben hat – durch die Art, wie er die erste Frau erschaffen hat.
Und nun ist es so, dass in diesen sieben Dialogen, die wir anschauen, das Thema Beziehung eine ganz wichtige Rolle spielt. Das sehen wir schon im Zusammenhang mit Johannes 2. Es geht ja um diese Hochzeit in Kana, also zwei Menschen, ein Mann und eine Frau, haben miteinander geheiratet.
Das Schöne daran ist, dass bei dieser Hochzeit der Herr Jesus mit eingeladen war. Das ist eigentlich die Grundvoraussetzung für eine Ehe nach Gottes Plan: dass der Herr Jesus eingeladen ist und der Mittelpunkt der Ehe ist.
Ganz interessant ist, dass wir in Vers 1 lesen: „Am dritten Tag war eine Hochzeit in Kana.“ Was bedeutet es, dass hier „am dritten Tag“ gesagt wird? Ein Gedanke dazu: Du sagst, das ist der Dienstag. Wie kommst du darauf?
In der Bibel steht „am dritten Tag“, und du sagst, das ist Dienstag. In der jüdischen Zählung der Wochentage ist der Sonntag der erste Tag. Der Samstag ist der siebte Tag. Das sehen wir auch in der Schöpfungswoche, 1. Mose 1. Der siebte Tag war der Ruhetag. Vom ersten bis zum sechsten Tag hat Gott die Welt, Himmel und Erde, geschaffen, und der erste Tag war in dem Fall Sonntag.
Die Bibel benutzt nicht den heidnischen Ausdruck für die Tage, wie „der Tag, der der Sonne geweiht ist“, sondern sagt einfach „erster Tag“. In Israel ist das bis heute so: Man sagt „Yom Rishon“ für den ersten Tag. Die Sonntagsschule nennt man auf Hebräisch „Yom Bet Sefer“ oder „Yom Rishon Bet Sefer“, also der erste Tag des Hauses des Buches, das ist die Schule.
Der erste Tag entspricht also im Deutschen dem Sonntag, der zweite Tag dem Montag, und der dritte Tag dem Dienstag.
Im Johannes-Evangelium werden in Kapitel 1 mehrere Tage der Reihe nach aufgeführt. Ab Vers 19 wird ein Tag beschrieben, unten am Jordan bei Qasr al-Yahud, wo Johannes der Täufer predigte und taufte. In Vers 29 steht „am folgenden Tag“; jetzt sieht Johannes Jesus zu sich kommen. In Vers 35 heißt es „am folgenden Tag“ stand Johannes wieder da, das ist ein dritter Tag. Und in Vers 43 „am folgenden Tag“ wollte er aufbrechen, das ist ein vierter Tag.
Hier werden also vier Tage hintereinander beschrieben. Und dann plötzlich, in Kapitel 2, heißt es: „Am dritten Tag war eine Hochzeit in Kana in Galiläa.“ Das hat aber nichts zu tun mit diesen vier Tagen aus Kapitel 1, denn das war ja unten in Judäa, in der Wüste, gegenüber von Jericho, an der Stelle, die man heute auf Arabisch „Kass al-Yahud“ nennt. Das ist die Stelle am Jordan, wo Johannes taufte, nahe der Mündung des Jordans ins Tote Meer.
Der „dritte Tag“ in Galiläa ist also nicht einer dieser vier Tage aus Kapitel 1, sondern bedeutet Dienstag. Das Neue Testament liest man auf Hebräisch, und wenn dort „am dritten Tag“ steht, versteht man „am Dienstag“.
Vor zweitausend Jahren empfahlen die Rabbiner, dass man an jedem Tag heiraten konnte, aber sie hielten den Dienstag für den besten Tag. Warum? Weil im Schöpfungsbericht am Dienstag zweimal steht, dass Gott sah, dass es gut war. Die Rabbiner sagten: Heiraten ist eine gute Sache. Deshalb eignet sich der Dienstag besonders gut.
Das ist heute sehr wichtig, weil viele Menschen in unserer Gesellschaft denken, heiraten sei nicht unbedingt eine gute Sache.
Darum kann man hier betonen, indem man daran erinnert: Am dritten Tag war eine Hochzeit in Galiläa, und der Herr Jesus war eingeladen.
Nun, das war eine Hochzeit, eine kurze Geschichte, die durch Verse beschrieben wird. Das Wort Gottes hat eine Tiefe, sodass die Geschichten im Alten und Neuen Testament immer auch eine geistliche, übertragene Bedeutung haben.
Hier haben wir das Problem: Die Hochzeit begann fröhlich und mit Freude, doch dann ging der Wein aus. Es geht also um die Frage, wie das Problem gelöst wird, dass der Wein ausgegangen ist.
In Psalm 104 wird erklärt, dass Wein in der Bibel ein Bild für die natürliche Freude ist, die Gott in die Schöpfung gegeben hat. Normaler Weingenuss steht für diese Freude. Nicht das Übermaß, denn das ist keine Freude mehr, auch wenn manche Leute dann komisch lachen. Aber Wein symbolisiert eben die natürliche Freude.
Nun haben wir hier also eine Hochzeit, bei der der Wein ausgeht. Das ist eine eindrückliche Illustration: Eine Ehe kann ganz oben, bei der Hochzeit, beginnen, doch die Freude kann ausgehen.
Interessant ist, dass eine Frau hier das bemerkt. In Vers 3 heißt es: „Und als es an Wein mangelte, spricht die Mutter Jesu zu ihm: ‚Sie haben keinen Wein.‘“ Sie realisiert, dass etwas nicht mehr stimmt. Im übertragenen Sinn ist das der Fall: Eine Frau merkt, dass in dieser Ehe die Freude fehlt.
Weil Frauen oft beziehungsorientierter sind als Männer – nicht immer, aber oft – haben sie mehr Empfinden dafür, wenn die Freude weg ist. Nun kann man damit hausieren gehen oder es so machen wie Maria: Sie geht zum Herrn Jesus und spricht mit ihm über ihre Beobachtung.
Sie sagt ihm: „Sie haben keinen Wein.“ Es ist erstaunlich, dass der Herr Jesus seine Mutter mit „Frau“ anspricht. Warum sagt er nicht „Mutter“?
Der Punkt ist: Das ist grammatikalisch ein Aussagesatz, „Sie haben keinen Wein“. Aber eigentlich ist das ein Befehl. Man kann Befehle nämlich nicht nur mit Imperativen ausdrücken, also den typischen sprachlichen Mitteln für Anordnungen. Es gibt noch viele andere Möglichkeiten.
Deshalb wurde in der Linguistik die sogenannte Sprechakttheorie entwickelt. Sie erklärt, wie man Dinge auch mit anderen Mitteln ausdrücken kann.
Zum Beispiel kommt ein Mann müde nach Hause, schlägt die Hände auf den Tisch und sagt: „Zasse!“ Das ist kein Imperativ, sondern ein Infinitiv. Trotzdem ist das ein Befehl: Jetzt sollen alle in Fahrt kommen und etwas auftischen.
Das ist zwar nicht die feine Art, aber die Sprechakttheorie sagt, dass das ein Befehl ist.
In unserem Fall sagt Maria: „Sie haben keinen Wein.“ Das ist auch ein Befehl, verbunden mit der Aufforderung, jetzt zu handeln.
Jesus war damals etwa dreißig Jahre alt. Einen dreißigjährigen Sohn behandelt man nicht mehr wie ein Kind. Das war früher anders.
Maria macht ihm gewissermaßen Vorschriften, und deshalb geht Jesus auf Distanz und spricht sie so an: „Was habe ich mit dir zu schaffen, Frau?“ Warum sagt er nicht „Mutter“?
Das ist hebräisch oder aramäisch übersetzt eine höfliche Anrede, ganz freundlich, wie „Madame“ oder „meine Dame“. Im Hebräischen sagt man „Gweret“ oder „Gwerti“ für „meine Frau“. So spricht man eine Frau in Israel an, zum Beispiel „Gweret Levi“, Frau Levi.
Der Herr geht also auf Distanz. Warum? Weil er damit sagen will: Du solltest mir keine Befehle geben. Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Er handelt so, wie der Vater im Himmel es ihm aufträgt. Das ist die Aussage.
Seine Mutter aber ist flexibel und auffassungsfähig. Sie versteht sofort. Sie spricht zu den Dienern: „Was er euch sagt, das tut.“
Das ist übrigens das letzte Wort von Maria in der Bibel. Man könnte sagen, das ist Marias Testament.
Wenn man das nächste Mal mit jemandem, der katholisch überzeugt ist, über den Glauben spricht, wäre es vielleicht nützlich, mal zu fragen: „Kennst du das Testament von Maria?“ Nein? Nie gehört?
Interessant! Das ist das letzte Wort, das Maria im Neuen Testament gesprochen hat und das aufgeschrieben wurde. Sie weist von sich weg auf den Sohn Gottes und darauf, dass man auf ihn hören und die Beziehung zu ihm haben muss.
Ja, und dann gab es diese steinernen Wasserkrüge. Diese Krüge waren ganz besondere Gefäße. Nach 3. Mose 11 werden Krüge sofort unrein, wenn sie mit etwas wie einer toten Maus in Kontakt kommen. Man muss sie dann zerstören. Es ist nicht erlaubt, sie zu schrubben, zu reinigen und wiederzuverwenden. Warum ist das so?
Weil die gefährlichen Bakterien, die sich bei Aas entwickeln, in die Poren der Krüge eindringen. Diese Bakterien kann man durch Spülen nicht mehr entfernen. In 3. Mose wird aber erklärt, dass man ein Metallgefäß, wenn es verunreinigt wird, spülen, reinigen und wiederverwenden darf. Bei Metall dringen die Bakterien nicht ein, sodass man sie wirklich entfernen kann. Bei Krügen aus Stein ist das jedoch anders.
Im Judentum hat man deshalb eine Vorsichtsmaßnahme ergriffen: Man stellte sehr teure Gefäße aus Stein her, also nicht aus Ton, sondern aus Stein. Diese blieben koscher. Deshalb werden hier sechs steinerne Wasserkrüge erwähnt, die für rituelle Reinigungszwecke benutzt wurden. Jesus sagt zu den Angestellten, sie sollen diese Wasserkrüge mit Wasser füllen.
Dann verwandelt er das Wasser in Wein. Als dieser Wein probiert wird, stellt man fest, dass es der beste Wein überhaupt ist. Das bedeutet, der Herr hat ein Wunder vollbracht, sodass die Freude zurückkommt – und zwar noch größer als am Anfang. Dort offenbart er seine Herrlichkeit als Sohn Gottes, wie in Vers 11 steht.
Das kann er auch heute noch tun. In Ehen, in denen die Freude verloren gegangen ist, kann er die Freude wieder zurückschenken. Dabei spielen die Reinigungskrüge eine besondere Rolle. Man muss sich reinigen lassen, Sünden zugeben und erkennen. Nach 1. Johannes 1,9 werden wir unsere Sünden bekennen. Dann ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns von aller Ungerechtigkeit reinigt.
Die Freude, die wiederkommt, entsteht also durch Reinigung – Reinigung von Ungerechtigkeit. Aber wer vollbringt diese Reinigung? Das ist der Herr Jesus. So hat er bei dieser Hochzeit auf besondere Weise mit diesem ersten Zeichen seine Herrlichkeit als Sohn Gottes offenbart.
Nun ist es interessant: An dieser Hochzeit war, wie gesagt, Maria eingeladen. Und warum nicht Joseph? Die, die am Freimütterab sind, also schon auf der Erde, im Himmel schon.
Ja, aber es ist tatsächlich so: Joseph finden wir im Neuen Testament, in den Evangelien, in Verbindung mit der Geburt Jesu. Offensichtlich ist er später verstorben. Als Jesus seinen öffentlichen Dienst begann, mit etwa dreißig bis dreiunddreißig Jahren, wurde Joseph nie mehr erwähnt. Dagegen werden seine Halbbrüder und Halbschwestern sowie Maria weiterhin genannt.
Maria jedoch ist immer allein. Sie wurde offensichtlich früh Witwe. Das Heiratsalter im Judentum vor zweitausend Jahren war sehr, sehr früh. Es lag üblicherweise in der Teenagerzeit. Man muss sich Maria also als ein junges Mädchen vorstellen. Doch dreißig Jahre später war sie keine alte Frau. Man würde sie noch als jung bezeichnen. Wenn man heute etwa 45 Jahre alt ist, gilt das als jung. Zu diesem Zeitpunkt war sie Witwe.
Ein Schwederstand – und als Witwe an eine Hochzeit zu gehen, ist auch nicht ganz einfach. Aber sie war eingeladen, sie war da. Als der Wein ausging, ging sie zum Sohn Gottes. Er griff ein, sodass die Freude wiederkam und sogar noch größer war als zuvor.
Ja, Samuel, warum hätte Jesus noch mehr Unfug gemacht bei einem schlechten Festzeichen? Es wirkt wie Neid, wenn man den Stuck oder das Bild ungeschickt als Schossargument benutzt, wo die Frage eigentlich anders wirkt. Er lenkt ab, ob er in dieser Sekretei wirklich vollkommen sein wird und sie ihn ohne Weggehen lässt, wenn die Bötelis geblieben sind.
Ach so, eine sehr gute Frage: Warum hat Jesus Wein gemacht, obwohl man hier bereits Wein gehabt hatte? In Johannes 2, Vers 10 sagt der Speisemeister zum Bräutigam: „Jeder Mensch setzt zuerst den guten Wein vor, und wenn die Leute betrunken geworden sind, den geringeren.“ Je nach Übersetzung kann das Wort „betrunken“ in negativen Zusammenhängen verwendet werden. Es kann aber auch einfach „satt“ bedeuten, also wenn man genug hat und nicht betrunken ist.
Die Bibel verurteilt Alkoholmissbrauch und Rauscherfahrungen im Zusammenhang mit Alkohol sehr streng, besonders im Alten Testament. Wahrscheinlich im Buch der Sprüche finden wir eine eindrückliche Beschreibung von jemandem, der der Trunkenheit verfallen ist – grausam, aber abschreckend. Auch das Neue Testament warnt klar vor Alkoholmissbrauch. Zum Beispiel heißt es in Epheser 5,18: „Und berauscht euch nicht mit Wein, in dem Ausschweifung ist, sondern werdet voll Geistes.“ Das ist ein klarer Imperativ, ein Befehl, sich nicht mit Wein zu berauschen. Das ist für Christen ein No-Go.
Die Folge von Trunkenheit ist Ausschweifung, also Dinge zu tun, die man sonst nie tun würde. Der Heilige Geist hingegen ist der Geist der Selbstbeherrschung, wie es in 2. Timotheus 1,7 heißt: „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Furchtsamkeit gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ Das Wort für Besonnenheit bedeutet auch gesunder Sinn und Selbstkontrolle.
Der Heilige Geist steht also im direkten Gegensatz zur Trunkenheit, bei der man die Kontrolle verliert. Darum heißt es hier: „Berauscht euch nicht mit Wein, sondern werdet voll Geistes.“ Der Heilige Geist hilft uns, uns besser zu kontrollieren.
Man muss in Johannes 2,10 übersetzen: „Wenn sie sich satt getrunken haben.“ Nach dem Duden sagt man sowohl „satt essen“ als auch „satt trinken“. Beides ist gebräuchlich. Wenn das Sprachgefühl dagegen spricht, ist das Sprachgefühl falsch. Also: satt essen, satt trinken. Der Speisemeister sagt, wenn man genug getrunken hat, kommt höchstens noch Wein von schlechterer Qualität. Hier ist es aber genau umgekehrt: Der bessere Wein kam nach dem schlechteren.
Im Judentum, besonders im Alten Testament, war Berauschung ein No-Go. Das macht klar, dass das Wort, das „satt trinken“ bedeuten kann, hier nicht mit „betrunken“ übersetzt werden darf.
Samuel, um deine Fragen zu beantworten: Der Herr wollte damit zeigen, dass er die größere Freude geben kann – am Ende oder später – größer als am Anfang. Früher war es im Judentum so, dass Hochzeiten über mehrere Tage gefeiert wurden. Je mehr das Fest sich hinzog, desto schlechter wurde der Wein. Das Hochzeitsfest war also nicht nur an einem Tag, sondern über mehrere Tage verteilt.
Darum wurde normalerweise der beste Wein am Anfang serviert und der schlechtere später. Hier aber kam am gleichen Tag dieser Wechsel. Das ist sehr wichtig.
Sehr gut, Kurt, das ist ein hilfreicher Zusatz. Es geht hier darum, den Gedanken klarzumachen, dass die große Freude durch den Sohn Gottes gegeben wird. Er schenkt diese Freude für die Ehe.
Und nun gehen wir weiter zu Johannes 4, wo wir einen zweiten Dialog finden.
Johannes 4,1: Als der Herr erkannte, dass die Pharisäer gehört hatten, dass Jesus mehr Jünger machte und taufte als Johannes – obwohl Jesus selbst nicht taufte, sondern seine Jünger – verließ er Judäa, also Südisrael, und zog wieder nach Galiläa, nach Nordisrael.
Er musste aber durch Samaria ziehen. Jesus kommt nun in eine Stadt Samarias, genannt Sichar, nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn Joseph gegeben hatte. Dort war eine Quelle, die Jakobsquelle genannt wurde.
Jesus, ermüdet von der Reise, setzte sich an der Quelle nieder. Es war um die sechste Stunde. Da kommt eine Frau aus Samaria, um Wasser zu schöpfen. Jesus spricht zu ihr: „Gib mir zu trinken.“
Seine Jünger waren in die Stadt gegangen, um Speisen zu kaufen. Die samaritische Frau spricht nun zu ihm: „Wie bittest du, der du ein Jude bist, von mir zu trinken, die ich eine samaritische Frau bin?“ Denn Juden verkehren nicht mit Samaritern.
Zuerst einmal bis hierhin: Der Herr Jesus musste von Judäa nach Galiläa reisen. Der Weg, den man damals wählte, führte außerhalb des Gebietes von Samaria durch. Man machte also extra einen Umweg – übrigens ganz ähnlich wie heute. Die meisten Israelis reisen von Judäa nach Galiläa niemals durch das Westjordanland, weil sie dort sehr leicht von Terroristen angegriffen werden könnten. Stattdessen machen sie den großen Umweg. Doch es geht halt schneller durchs Westjordanland.
Damals war es genau gleich: Durch Samaria, das ist der nördliche Teil des heutigen Westjordanlandes, lebten die Samaritaner. Diese hatten ein Problem mit den Juden. Es gab Streit über die Frage, wo der richtige Ort der Anbetung sei: in Jerusalem oder auf dem Berg Garizim? Dieser Berg liegt im Norden von Samaria, im heutigen Westjordanland oberhalb von Nablus.
Hier lesen wir aber, dass er durch Samaria ziehen musste. Warum musste er das? Eine kleine Hausaufgabe ist es, alle Stellen in den Evangelien herauszusuchen, an denen das Wort „müssen“ vorkommt. Zum Beispiel: Der Sohn des Menschen muss erhöht werden, oder musste der Christus leiden. Dabei macht man wunderbare Entdeckungen über göttliches Muss, über das göttliche Muss im göttlichen Plan.
Auch hier haben wir ein göttliches Muss, etwa in Johannes 3,14 oder 3,7: „Ihr müsst von neuem geboren werden.“ Hier heißt es, er musste durch Samaria ziehen. Warum? Normalerweise macht man den Umweg, also muss es nicht geografisch bedingt sein. Der Herr musste diese Begegnung mit der samaritischen Frau haben. Er musste ein persönliches Gespräch mit ihr führen und ihr einen Dienst erweisen.
Wunderbar: Der Herr Jesus sprach zu Tausenden von Menschen gleichzeitig. In den Evangelien finden wir Hinweise, dass sogar Abertausende zu seinen öffentlichen Reden unter freiem Himmel kamen. Dabei entdecken wir, wie der Herr Jesus mit einzelnen Menschen spricht und alle anderen lässt, um mit einer Person speziell zu sprechen. Das entspricht ganz Lukas 15, wo der Herr vom guten Hirten spricht, der, wenn er hundert Schafe hat, neunundneunzig stehen lässt und sich nur um ein Schaf kümmert.
Hier war es ebenso: Es ging um diese samaritische Frau. Der Herr war die ganze Nacht hindurch unterwegs. Das ist auch ein guter Trick: Wenn man durch ein gefährliches Gebiet gehen muss, ist es am besten, nachts zu gehen, denn dann schlafen die Terroristen meistens.
Der Herr kam um die sechste Stunde, Vers 6. Das war gerechnet ab zwölf Uhr nachts. In der römischen Kultur gab es nicht nur die Zählung ab Sonnenaufgang, also im Frühjahr ab sechs Uhr zwölf Stunden, sondern auch die Zählung ab Mitternacht. Diese Zählung haben wir bis heute beibehalten. Im Neuen Testament finden sich beide Zählungen. In Matthäus, Markus und Lukas wird ab Sonnenaufgang gezählt.
Deshalb wird gesagt, dass der Herr Jesus, der um neun Uhr gekreuzigt wurde – also um die dritte Stunde gekreuzigt –, um die sechste Stunde starb. Um die neunte Stunde starb er. Um die sechste Stunde, also um zwölf Uhr mittags, kam die Finsternis, und um die neunte Stunde, also um 15 Uhr, starb der Herr Jesus.
Ab dem Johannesevangelium in der Leidensgeschichte wird gesagt, dass der Herr Jesus um die sechste Stunde vor Pilatus stand. Das war gerade um die Zeit des Sonnenaufgangs, als er vom Sanhedrin weiter zu Pilatus geführt wurde. So sehen wir hier diese Zeitrechnung.
Auch in Johannes 1 heißt es zum Beispiel, dass zwei Johannesjünger zu dem Herrn Jesus gehen wollten, um einen Tag bei ihm zu verbringen. Es heißt dort, sie blieben einen Tag bei ihm. Es war um die zehnte Stunde. Wenn die zehnte Stunde vier Uhr nachmittags wäre und der Tag um sechs Uhr endet, wäre das nicht möglich. Deshalb ist anzunehmen, dass die Zählung ab Mitternacht erfolgt. Ab zehn Uhr blieben sie also den Rest des Morgens und Nachmittags bei ihm. So haben wir diese Zählung.
Der Herr kam also ermüdet an, Vers 6, um sechs Uhr morgens, nach der ganzen Nacht Wanderung. Diese Frau ging um sechs Uhr morgens hinaus, noch vor den anderen Leuten, um Wasser zu schöpfen. Darum war sie allein am Brunnen. Der Herr kam jedoch mit einer ganzen Schar von Männern. Damit diejenigen, die nicht bei diesem Gespräch dabei sein sollten, nicht stören oder zuhören, schickte er sie einkaufen.
Er musste durch Samaria ziehen, um dieses Gespräch mit der Frau zu führen. Er bittet sie, ihm zu trinken zu geben. Sie ist völlig überrascht. Johannes erklärt, dass es eine Feindschaft zwischen Juden und Samaritanern gab – eine religiöse Feindschaft von Jahrhunderten.
Die Samaritaner waren ein Mischvolk, das nur die fünf Bücher Mose akzeptierte. Den Rest der Bibel verwarfen sie. Alle Stellen in den Chroniken und Königen, die klar machen, dass der ausgewählte Ort der Anbetung Jerusalem ist und nicht Garizim, wurden von ihnen als nicht inspiriert verworfen. Deshalb konnten die Juden keine Gemeinschaft mit ihnen haben. So bestand ein Bruch.
Die Frau ist erstaunt, denn der Jude war sofort an der Kleidung erkennbar – so wie man heute einen Samaritaner an seiner Kleidung erkennt, wenn er die traditionelle Tracht auf dem Berg Garizim trägt. Unverkennbar war er ein Jude. Und dennoch bittet er eine samaritische Frau, ihm zu trinken zu geben.
Der Herr gab ihr eine Aufgabe, um ihr zu zeigen, dass er sie wertschätzt, bevor er sonst etwas mit ihr sprach. Das war ein Zeichen der Wertschätzung.
Und dann antwortete Jesus und sprach zu ihr: „Wenn du die Gabe Gottes kennst und wüsstest, wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.“
Die Frau sprach zu ihm: „Herr, du hast kein Schöpfgefäß, und der Brunnen ist tief. Woher hast du denn das lebendige Wasser? Du bist doch nicht größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gab, aus dem er selbst trank, ebenso seine Söhne und sein Vieh.“
Jesus antwortete und sprach zu ihr: „Jeder, der von diesem Wasser trinkt, wird wieder dürsten. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, den wird nicht dürsten in Ewigkeit. Das Wasser, das ich ihm gebe, wird in ihm eine Quelle Wassers werden, die ins ewige Leben quillt.“
Die Frau sprach zu ihm: „Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich mich nicht dürste und nicht mehr hierher kommen muss, um zu schöpfen.“
Der Herr beginnt also zuerst mit einer Aussage, und dann sagt er ihr: Wenn du diese Gabe, die Gott geben will, kennen würdest und wüsstest, wer es ist, der jetzt zu dir spricht – sie wusste es nicht –, das ist das Wort, das von Ewigkeit her war. Sie wusste nicht, dass es Memra Dadunaj ist, der ewige Gott, nämlich Gott der Sohn, der in diese Welt gekommen ist. Er sagt: Wenn du wüsstest, wer mit dir spricht, nämlich das Wort, das ewige Wort, das zu dieser Frau ganz allein und persönlich spricht, dann hättest du zu mir gesagt: Gib mir zu trinken.
So gibt der Herr zuerst diese Aufgabe, um dann eine Überraschung auszulösen. Dann kann er auf das Thema eingehen: Ich kann dir auch etwas geben, und das wäre noch viel größer. Sie ist sehr erstaunt. Der Herr sagt, ich hätte dir lebendiges Wasser gegeben.
Was bedeutet lebendiges Wasser? Man macht schon eine Übertragung und sagt, lebendiges Wasser bedeutet ewiges Leben. Aber wenn der Herr der Frau lebendiges Wasser sagt, meint er Quellwasser, frisches Quellwasser. Denn im Hebräischen und auch in der nahe verwandten Sprache Aramäisch, die Sprache der Samaritaner, sagt man „maim chayim“, lebendiges Wasser, und das ist der normale Ausdruck für Quellwasser.
Hier ist also nicht die Idee gemeint, dass es etwas Übertragenes oder das ewige Leben ist, sondern einfach frisches Quellwasser. Darum müssen wir in Europa, wenn wir diese Kultur nicht so gut kennen, uns immer wieder daran erinnern. Wenn man denkt, man wüsste schon alles, könnte man glauben, diese Frau sei ein bisschen beschränkt gewesen. Doch sie hat verstanden, dass es um Quellwasser geht.
Jesus will ihr ein ganz besonderes Quellwasser anbieten, aber er hat nicht mal ein Schöpfgefäß. Der Brunnen war wirklich tief – etwa 41 Meter tief im 19. Jahrhundert. Heute ist der Jakobsbrunnen am Fuß des Berges Garizim nur noch 23 Meter tief, da sich geologisches Material angesammelt hat. Ursprünglich war er also etwa 40 Meter tief.
Die Frau sagt: „Der Brunnen ist tief, woher hast du denn das lebendige Wasser?“ Nun meinte der Herr mit der Gabe Gottes natürlich den Heiligen Geist. Er meinte es wirklich übertragen. Die Gabe Gottes – das sind hier zwei Dinge: Wenn du den Heiligen Geist kennen würdest und wüsstest, wer mit dir spricht, nämlich Gott, der Messias, das Wort, dann hättest du gebeten: Gib mir lebendiges Wasser.
Aber diese Frau denkt zuerst noch ganz praktisch und konkret. Für sie geht es um normales Quellwasser.
Und dann sagt sie: Unser Vater Jakob – ich habe gesagt, die Samaritaner seien ein Mischvolk. Nachdem Sanherib die zehn Stämme deportiert hatte, wurden sie in den heutigen Nordirak, nach Assyrien, gebracht. Aus dem Mittleren Osten wurden andere Völker deportiert und in Nordisrael, in Galiläa, angesiedelt. Diese Menschen haben sich mit den armen Israeliten aus den zehn Stämmen vermischt, die nicht deportiert wurden.
Die Masse wurde deportiert, aber einfache Leute blieben zurück. Diese vermischten sich mit den neu angesiedelten Völkern. Deshalb haben die Samaritaner genetisch nachweislich israelitisches Genmaterial – es handelt sich also um ein Mischvolk. Darum behaupten sie, sie seien Israeliten. Auch heute betrachten sich die Samaritaner als die wahren Israeliten aus den zehn Stämmen.
Deshalb sagt sie: Unser Vater Jakob. Sie meint: Du bist doch nicht größer als unser Vater Jakob, der mit diesem Brunnen und diesem Wasser zufrieden war, und du willst ihm ein besseres Wasser geben? Sie denkt also immer noch, derjenige, der mit ihr spricht, sei sicher nicht so groß wie der Stammvater Israels, Jakob.
Jakob war von Natur aus ein sehr eigensinniger Mensch, doch durch viele Umwege hat der Herr ihn geführt. Am Ende betete er würdig, gebeugt über seinem Stab. Das war die Zeit, als er den mächtigsten Herrscher der damaligen Welt, den Pharao von Ägypten, dreifach segnete. Er wusste, dass immer der Größere den Geringeren segnet (vgl. Hebräer 7). Er konnte den Pharao segnen, weil er der Verheißungsträger war.
Aber sie denkt: „Du bist doch nicht größer als unser Vater Jakob.“ Sie weiß immer noch nicht, wer mit ihr spricht. Dann sagt der Herr: Jeder, der von diesem Wasser trinkt, wird wieder dursten. Aber er kann Wasser geben, das wirklich den Durst stillt und sättigt.
Da denkt sie: Fantastisch, ich möchte solches Wasser. Dann muss ich nie mehr um sechs Uhr morgens, vor allen anderen Leuten, hierher kommen, um Wasser umzuschöpfen. Und das war ein weiter Weg, denn Sichar ist heute Askar, am Fuß des Berges Ebal.
Wenn man das geographisch betrachtet – man kann das auf Google Maps nachschauen – dann war das eine beträchtliche Distanz von Askar (Sichar) bis zu dem Brunnen. Der originale Brunnen befindet sich heute noch in einer orthodoxen Kirche am Fuß des Berges Gerizim, dem Berg des Segens.
Sie kam aus der Stadt am Fuß des Berges des Fluches – ich weiß nicht, wofür sie sie siebenundzwanzig nennt. Der Ebal ist der Berg des Fluches, und dort in der Nähe ist auch der Gerizim, der Berg des Segens. Sie geht also aus der Stadt am Fuß des Berges des Fluches zum Fuß des Berges des Segens, um dort Wasser zu schöpfen.
Und jetzt trifft sie hier jemanden, der ihr noch besseres Wasser gibt. Hm, sie möchte das. Der Herr erklärt, dass dies eine Quelle Wasser sein wird, die ins ewige Leben quillt.
Jetzt kommt das mit dem ewigen Leben. Klar. In Vers 15 sagt die Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich nicht mehr dürste und nicht mehr hierher kommen muss, um zu schöpfen. Jesus spricht zu ihr: Geh hin, rufe deinen Mann und komm hierher.
Wieso kommt der Herr auf diese Idee? Ja, er möchte nicht nur dieser Frau dieses Wasser geben, sondern auch ihrem Ehemann. Es geht hier um das Thema Beziehung.
Die Frau antwortet ihm: „Ich habe keinen Mann.“ War sie eine Witwe? Dann wäre sie allein. Oder war sie Single? Das werden wir sehen. Später haben wir Dialoge mit Maria, der Schwester von Lazarus, und mit Martha. Sie waren ledige Frauen, Single, aber hatten zu dem Herrn eine ganz innige, besondere Beziehung.
Hier jedoch geht es nicht um eine Frau, die Single war, auch nicht um eine Witwe. Sie sagt: „Ich habe keinen Mann.“ Und der Herr erklärt ihr: „Du hast recht gesagt, Vers 17: Ich habe keinen Mann, denn fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Hierin hast du die Wahrheit gesagt.“ Das war natürlich unerwartet, dass das in diesem Gespräch ans Licht kommen würde.
Also gibt die Frau zu, sie war fünfmal verheiratet. Beziehungsweise der Herr deckt es auf, sie sagt, sie habe keinen Mann. Und er sagt: Ja, fünfmal warst du verheiratet, und jetzt lebst du mit einem Mann zusammen, der nicht dein Mann ist. Man muss sich vorstellen, sie hat geheiratet in der Hoffnung, das bringe das große Glück. Viele denken, Heiraten sei das Wichtigste im Leben, das große Glück. Aber das hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Es ist wesentlich, ob Jesus eingeladen ist oder nicht. Und dann ist es wichtig, dass man wirklich den heiratet, den der Herr bestimmt hat. In 1. Mose 2 sehen wir, dass Gott gesehen hat, was Adam braucht, bevor er es selbst gemerkt hat. Gott sagte: „Es ist nicht gut, dass der Mann allein sei.“ Adam hat nichts davon gesagt und es an einem Tag nicht unbedingt gemerkt.
Der Herr sorgte dafür, dass es wirklich eine Frau sein sollte, die aus seiner Rippe ist, also ganz nahe am Herzen. Nicht aus einem Knochenstück von oben, damit sie ihn beherrscht oder intellektuell über ihn steht. Man stimmt ja auch mit dem Kopf zu, aber nicht aus einem Fußknochen, damit sie eine Art Sklavin ist, auf der man herumtreten kann. Sondern ganz nahe am Herzen.
Gott sagt in 1. Mose 2: „Ich will ihm eine Hilfe schaffen, ihm entsprechen.“ Das Wort „Hilfe“ drückt aus, dass es nicht eine Gehilfin ist. Im Psalm 70 wird Gott genannt „meine Hilfe“, das gleiche Wort „Ezer“. Das bedeutet nicht eine Gehilfin, sondern eine echte Hilfe, die ausfüllt, was der Mann nicht hat, eine Ergänzung und totale Unterstützung.
Dann heißt es „ke negdo“ auf Hebräisch, was „gleichsam ihm gegenüber“ bedeutet. Eine Gleicheinsprechung, die ihm im seelischen, geistigen und körperlichen Bereich genau entspricht, also nicht irgendjemand. Darum denken manche, Hauptsache heiraten, dann wird man glücklich. Aber das ist gefährlich. Es muss wirklich die richtige Person sein.
Eine Person, die Verständnis für die Dreieinigkeit hat, die gegenübersteht: Geist, Körper und Seele. So sehen wir, diese Frau hat geheiratet, und es ging zweimal in die Brüche. Sie endete mit Scheidung. Dann dachte sie, vielleicht geht es beim nächsten Mal besser, doch auch das ging in Brüche. Wenn man sich vorstellt, dass das fünfmal so geschehen ist.
Offensichtlich war sie so stark frustriert, dass sie sagte, man müsse nicht unbedingt heiraten. Aber auch damals war klar: Eine Ehe wurde als Bund geschlossen. Wir haben drei Stellen im Alten Testament – Sprüche, Hesekiel 16 und Maleachi 2 –, wo die Ehe als Bund beschrieben wird, offiziell, öffentlich, rechtlich und staatlich anerkannt.
Sie war ihm nicht verheiratet. Darum sagte der Herr: „Der Mann, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann.“ Ein Konkubinat ist nach der Bibel ein No-Go. Sexuelle Beziehungen außerhalb der Ehe gelten als Hurerei. Das Wort „Pornaja“ wird in der Bibel nicht nur für Perversionen benutzt, sondern generell für Sexualität außerhalb der Ehe.
Darum sagt der Herr: „Er ist nicht dein Mann.“ Interessant ist die Reaktion der Frau in Vers 19. Sie spricht zu ihm: „Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist.“ Jetzt merkt sie schon mehr, wer mit ihr redet: ein Prophet. Vater Jakob ist zwar größer als viele Propheten, aber mindestens ein Prophet.
Dann kommt sie auf die Idee, das Thema zu wechseln. Sie sagt: „Unsere Väter haben auf diesem Berg“ – offensichtlich meint sie den Berg, an dessen Fuß der Brunnen war, Garizim – „angebietet. Ihr Juden sagt, dass in Jerusalem der Ort sei, wo man anbeten müsse.“ Die Samaritaner haben nur die fünf Bücher Mose angenommen. In 5. Mose wird 21-mal vom Ort gesprochen, den der Herr auswählen wird, um seinen Namen dahin zu setzen.
Die Samaritaner haben sogar einen Vers in den Zehn Geboten gefälscht, der besagt, man müsse auf dem Garizim anbeten. Sie sagen, der ausgewählte Ort sei Garizim. Hätten sie aber die späteren Bücher der Bibel von Josua bis Maleachi akzeptiert, hätten sie gewusst: Nein, der ausgewählte Ort ist Jerusalem. Das wird in 5. Mose 21 mehrfach erwähnt.
Jetzt sagt sie: „Ah, ein Prophet, der könnte mir erklären, was die richtige Antwort auf diese Streitfrage ist, die wir mit den Juden haben. Wo ist der Ort der Anbetung?“ Man könnte sagen, der Frau wurde das Thema zu heiß, und sie wollte wechseln. Das kann eine Rolle gespielt haben. Aber es war ihr wirklich ein Anliegen, die richtige Antwort zu finden. Das war eine geistige Frage, die sie hatte.
Der Herr musste durch Samaria gehen, um ihr alle Fragen zu beantworten. Das ist schön, nicht wahr? Jetzt denkt sie, man müsse nicht mehr über das traurige Thema ihrer Vergangenheit sprechen, sondern sie möchte die Glaubensfrage klären. Der Herr geht darauf ein. Deshalb wechselt er nicht das Thema, sondern fährt fort.
In Vers 21 spricht Jesus zu ihr: „Frau, glaube mir, es kommt die Stunde, da ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet. Ihr betet an und wisst nicht was. Wir Juden beten an und wissen, was wir anbeten, denn das Heil ist aus den Juden. Es kommt aber die Stunde – und sie ist jetzt –, da die wahrhaftigen Anbeter den Vater in Geist und Wahrheit anbeten werden, denn auch der Vater sucht solche als seine Anbeter. Gott ist Geist, und die, die ihn anbeten, müssen in Geist und Wahrheit anbeten.“
Die Frau sagt zu ihm: „Ich weiß, dass der Messias kommt, der Christus genannt wird. Wenn er kommt, wird er uns alles verkündigen.“ Jesus antwortet: „Ich bin es, der mit dir redet.“ Das ist gewaltig. Der Herr geht auf dieses Thema ein und sagt, jetzt kommt eine neue Zeitepoche.
Jerusalem wird die Bedeutung als Stätte der Anbetung auf dem Tempelberg verlieren. Damit kündigt er an, dass die Zeit der Gemeinde kommt, in der die Anbetung weltweit geschieht. Wie der Herr in Matthäus 18, Vers 20 erklärt hat: „Da, wo zwei oder drei zu meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“
Der Herr kündigt das der Frau an. Der Garizim wird für die Samaritaner an Bedeutung verlieren, ebenso Jerusalem. Es wird eine ganz neue Zeit der Anbetung geben. Wahrhaftige Anbeter werden den Vater in Geist und Wahrheit anbeten.
Wahrhaftig ist hier nicht das Gegenteil von lügenhaft, sondern bedeutet auch „wirklich“ oder „echt“. Man kann das im Johannes-Evangelium nachverfolgen, wo „wahrhaftig“ oft vorkommt. Zum Beispiel das wahrhaftige Brot aus dem Himmel im Gegensatz zum Manna oder in Johannes 15: „Ich bin der wahre Weinstock“ im Gegensatz zum Weinstock Israel, der keine Frucht brachte.
Die wahrhaftigen Anbeter sind diejenigen, die nicht nur symbolisch mit Opfern anbeten, sondern wirklich in der Kraft des Heiligen Geistes. Sie beten im Geist, in der Kraft des Heiligen Geistes, und in der Wahrheit. Das heißt, sie haben ihr Leben in Ordnung gebracht und alles beseitigt, was nicht in die Gegenwart Gottes gehört.
Damit hat der Herr das Thema auf feine Art zurückgedreht. Nicht verletzend, aber deutlich wollte er sagen: „Ja, die wahre Anbetung ist ein wichtiges Thema, aber man muss das Leben ordnen.“
Schließlich sagt die Frau: „Ja, ich weiß, wir Samaritaner erwarten den Messias.“ Es gibt fünf Glaubensgrundsätze der Samaritaner, an denen sie auch heute noch festhalten. Zum Beispiel die fünf Bücher Mose, Moses als großen Propheten usw. Der fünfte Punkt ist: Der Messias wird kommen.
Sie sagt: „Ja, einmal wird der Messias kommen, und er wird uns alles sagen, was Gott uns erklären will.“ Damit beruft sie sich auf 5. Mose 18, Vers 15, wo der Messias als großer Prophet angekündigt wird, der alles sagen wird, was Gott ihm aufträgt.
Nun sagt Jesus: „Ich bin es, der mit dir redet.“ Er ist nicht nur ein Prophet, nicht nur ein Jude, nicht einfach geringer als Vater Jakob. Er ist nicht nur ein Prophet, sondern der Messias.
Die Frau ist überwältigt. In Vers 27 kommen seine Jünger und wundern sich, dass er mit einer Frau redet. Dennoch sagt niemand: „Was suchst du?“ oder „Was redest du mit ihr?“ Sie sind vom Einkaufen zurückgekehrt. Sie denken, das stört, aber sie kommen im richtigen Moment zurück.
Sie haben Gedanken zu diesem Gespräch. Ist das nicht ein bisschen seltsam? Sie sind verwundert, aber sie wagen nicht, ihn zu fragen, warum er mit ihr spricht. Das hätten sie dürfen, und er hätte es ihnen erklärt: „Ich musste durch Samaria gehen, um mit dieser Frau zu sprechen.“ Aber sie hatten ihre Schwierigkeiten mit diesem Gedanken.
Es war genau der richtige Moment. In Vers 28 lässt die Frau ihren Wasserkrug stehen und geht in die Stadt. Sie sagt zu den Leuten: „Kommt, seht einen Menschen, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe. Dieser ist doch nicht etwa der Christus?“ Sie geht aus der Stadt hinaus und kommt zu ihm.
Die Frau geht den langen Weg zurück nach Aska, Zichar, überwältigt. Sie ruft die Leute, die sie normalerweise gemieden hatten, weil sie ein Problem mit ihr und ihrem Lebensstil hatten: „Kommt, da gibt es jemanden, der hat mir mein ganzes Leben ins Licht Gottes gestellt.“ Dabei hat er nur gesagt: „Fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann.“
Aber die Frau war völlig im Licht Gottes und bereit, auf diesen einen hinzuweisen – den Messias, der mit ihr gesprochen hat, das Wort, das Fleisch geworden ist. So wird diese Frau zur Zeugin für die Leute in der Stadt östlich.
Das war keine „Siderotenstunde“, in der Frauen nicht beteiligt waren, sondern Evangelisation in der Öffentlichkeit. Sie gibt klar Zeugnis: „Kommt, seht!“ Die Massen kommen und erkennen, wie die weiteren Verse zeigen, dass der Herr Jesus wirklich der Messias ist.
Ganz viele Samaritaner kommen durch diese Frau zum Glauben. Der Herr sah das Potenzial und setzte sich deshalb so stark für diese Frau ein. Das geht eindrücklich weiter.
Das werden wir beim nächsten Mal sehen, wenn wir weitergehen mit diesen Dialogen. Zum Beispiel hat der Herr auch bei Maria ein spezielles Potenzial gesehen und sich so bei ihr investiert (Johannes 11). Dann mit Martha. Es gibt noch mehr Dialoge.
Wir hatten den Dialog mit Maria in Johannes 2, den mit der Samaritanerin in Johannes 4, Maria und Martha als Einzelgespräche in Johannes 11. Wir werden auch noch das Gespräch mit der Ehebrecherin in Johannes 8 anschauen – ebenfalls nur im Johannes-Evangelium.
Dort haben wir wieder einen anderen Fall: nicht verheiratet, nicht verwitwet, nicht Single, kein Konkubinat, sondern Ehebruch. Weiterhin werden wir das Gespräch am Kreuz betrachten, wo der Herr Jesus Johannes den Auftrag gibt, Maria zu unterstützen.
Die Witwe weiß nicht, wie sie aufnehmen soll. Der Herr hat Maria nicht seinen Halbbrüdern anvertraut, denn die waren damals noch nicht gläubig. Er hat sie den Jüngern anvertraut, die sich am meisten der Liebe des Herrn bewusst waren – Johannes, der sich im Johannes-Evangelium wiederholt „der Jünger, den Jesus liebte“ nennt.
Der Herr liebte alle Jünger, aber Johannes war sich dessen auf besondere Weise bewusst. Dort sehen wir, wie der Herr Generationen verbindet: Johannes, die jüngere Generation, und Maria, die quasi wie eine geistliche Mutter für Johannes als geistlichen Sohn wird.
Dann gibt es das Einzelgespräch in Johannes 20 mit Maria Magdalena. Das sind die sieben Dialoge, und wir sehen, es geht ständig um Beziehungen oder beschädigte Beziehungen.
Wir denken an die samaritische Frau oder an die Ehebrecherin in Johannes 8. Auch bei den Single-Frauen im gleichen Haushalt, Maria und Martha, die mit Lazarus, ihrem Bruder, zusammenlebten. Der Verlust von Lazarus war schlimm. Es war eine Familie mit Zusammenhalt, aber auch dort geht es um Beziehung.
Ebenso bei Maria am Kreuz und Maria Magdalena am Auferstehungsmorgen. Es geht jedes Mal um das Thema Beziehung. Maria Magdalena hatte die Beziehung zum Herrn verloren. Sie sagte: „Man hat meinen Herrn weggenommen.“ Sie war gläubig, aber an dem Punkt, wo sie fragte: „Wo ist der Herr?“ Er kam nicht mehr.
Der Herr spricht mit ihr und stellt alles wieder her, so dass die Freude, wie sie früher war, und noch größere Freude wiederkommt. Wir fahren weiter mit Johannes 2 und 4, beim nächsten Mal mit Johannes 8 und 11. An dieser Stelle schließen wir.
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