Guten Abend, ich möchte alle herzlich zur dritten Folge über den Ersten Johannesbrief begrüßen. Heute Abend beschäftigen wir uns mit dem Ersten Johannesbrief Kapitel zwei. Zu Beginn lesen wir die Verse eins bis elf. Darf ich bitten?
Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt. Und wenn jemand gesündigt hat, haben wir einen Sachwalter bei dem Vater: Jesus Christus, den Gerechten. Er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht nur für die unseren, sondern auch für die ganze Welt.
Hieran wissen wir, dass wir ihn kennen, wenn wir seine Gebote halten. Wer sagt: „Ich kenne ihn“ und hält seine Gebote nicht, ist ein Lügner; in diesem ist die Wahrheit nicht. Wer sein Wort hält, in dem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet.
Hieran wissen wir, dass wir in ihm sind. Wer sagt, dass er in ihm bleibe, ist schuldig, selbst auch so zu wandeln, wie er gewandelt ist.
Geliebte, nicht ein neues Gebot schreibe ich euch, sondern ein altes Gebot, das ihr von Anfang an hattet. Das alte Gebot ist das Wort, das ihr gehört habt.
Wiederum schreibe ich euch ein neues Gebot, das wahr ist in ihm und in euch, weil die Finsternis vergeht und das wahrhaftige Licht schon leuchtet.
Wer sagt, dass er im Licht sei und hasst seinen Bruder, ist in der Finsternis bis jetzt. Wer seinen Bruder liebt, bleibt im Licht, und kein Ärgernis ist in ihm.
Wer aber seinen Bruder hasst, ist in der Finsternis und wandelt in der Finsternis. Er weiß nicht, wohin er geht, weil die Finsternis seine Augen verblendet hat.
Mit Kapitel 2, Vers 1 beginnt ein neuer Abschnitt. Wir haben beim letzten Mal schon gesehen – und auch zuvor –, dass Johannes ein Ordnungsprinzip für seinen Brief von fünf Kapiteln gebraucht hat. Dieses Prinzip sind die fünf Bücher Mose. Der gesamte Briefverlauf orientiert sich inhaltlich immer wieder an den fünf Büchern Mose in ihrer Abfolge von eins bis fünf. Dabei geht Johannes viermal durch diese Fünfer-Serie hindurch.
Bisher haben wir Kapitel eins betrachtet. Dort beginnt es mit „was von Anfang war“. Hier erkennen wir die Parallele zum ersten Buch Mose. Weiß jemand, wie das erste Buch Mose in der hebräischen Bibel heißt? Man sagt nicht „erstes Buch Mose“, sondern „Sefer Bereschit“. „Sefer“ bedeutet Buch, „Bereschit“ ist das erste Wort des Buches und heißt „im Anfang“. Auf Deutsch sind es zwei Wörter, auf Hebräisch ein Wort: Bereschit. Es ist das Buch der Anfänge.
In diesem Abschnitt wird der Neuanfang gezeigt durch das Kommen des Sohnes Gottes in diese Welt. Ebenso wie im gewichtigen ersten Kapitel des 1. Mose, wo die Schöpfung vorgestellt wird. Dort sagt Gott: „Es werde Licht!“ Und es war Licht. Gott schied das Licht von der Finsternis. In diesem ersten Abschnitt, Vers 5, haben wir gesehen, wie Johannes betont: „Und dies ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen, dass Gott Licht ist und gar keine Finsternis in ihm ist.“
Ab Vers 6 bis 10 folgt ein weiterer zusammengehöriger Abschnitt, der eine Parallele zum zweiten Buch Mose hat. Während das erste Buch Mose das Buch der Anfänge ist, ist das zweite Buch Mose das Buch der Erlösung. Das zentrale Kapitel ist Kapitel zwölf, das Passa in Ägypten, wo das Blut eines Opfers zum ersten Mal erwähnt wird. Bei allen Opfern im ersten Buch Mose wird das Blut nie erwähnt, aber dort wird es besonders betont: „Sehe ich das Blut, so werde ich an euch vorübergehen.“ Die Israeliten mussten das Blut an die Türpfosten und an den Türsturz streichen.
Hier, in Vers 7, heißt es: „Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde.“
Und jetzt kommen wir zu Kapitel 2, Vers 1, der einen eigenen Abschnitt bildet. Dieser steht parallel zum dritten Buch Mose. Dann sehen wir, dass die Verse 3 bis 6 parallel zum vierten Buch Mose verlaufen. Schließlich beziehen sich die Verse 7 bis 11 auf das fünfte Buch Mose.
Das zentrale Kapitel im dritten Buch Mose ist das Herzstück dieses Buches. Es handelt sich um das Kapitel, das den großen Versöhnungstag beschreibt, nämlich 3. Mose 16. Dieser Tag wird oft als Versöhnungstag bezeichnet, doch Jom Kippur bedeutet eigentlich „Tag der Sühnung“. Sühnung und Versöhnung sind nicht ganz dasselbe.
In Vers 2 wird uns Jesus Christus vorgestellt, der die Sühnung für unsere Sünden ist. Hier geht es um die Erfüllung des Jom Kippur aus 3. Mose 16. Wenn wir das heilsgeschichtlich betrachten, ist das wunderbar aufgebaut: In 1. Mose 4 finden wir ein Opfer für einen Menschen – Abel bringt ein Opfer für sich. In 2. Mose 12, beim Auszug aus Ägypten und dem Passahfest, gibt es ein Opfer für eine Familie. Und in 3. Mose 16 wird ein Opfer für eine ganze Nation, das Volk Israel, dargebracht.
Doch hier haben wir ein Opfer, das für die ganze Welt gilt. Die genannten Opfer sind nur Hinweise und Bilder auf das wahre Opfer des Erlösers, das Bedeutung für die ganze Welt hat.
Und wir müssen noch etwas beachten, wenn Johannes hier sagt: Er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein für die unseren, sondern auch für die ganze Welt.
Dann müssen wir Folgendes berücksichtigen: Der Dienst des Johannes richtete sich ganz speziell an welche Menschen? An die Juden.
Als Beleg nehmen wir nur, was schriftlich belegt wird, durch die Schrift. Am besten lesen wir Galater 2, Verse 7 bis 9:
„Sondern im Gegenteil, als sie sahen, dass mir das Evangelium der Vorhaut anvertraut war, wie Petrus das der Beschneidung, denn der, der in Petrus für das Apostelamt der Beschneidung gewirkt hat, hat auch in mir in Bezug auf die Nationen gewirkt. Und als sie die Gnade erkannten, die mir gegeben ist, gaben Jakobus und Kephas und Johannes, die als Säulen angesehen wurden, mir und Barnabas die Rechte der Gemeinschaft, damit wir unter die Nationen, sie aber unter die Beschneidung gingen.“
Paulus macht hier also klar, dass sein Kernauftrag die Heidenvölker sind. Für Jakobus, für Petrus und für Johannes galt ein besonderer Auftrag unter der Beschneidung, also für die Juden.
Nun sagt Johannes, er ist die Sühnung für unsere Sünden, aber eben nicht so eingeschränkt wie beim Jom Kippur, nur auf das Volk Israel, auf das jüdische Volk. Sondern er ist das Opfer im Blick auf die ganze Welt. Das ist gewaltig.
Wir können sagen: Niemand ist von vornherein ausgeschlossen von der Erlösung. Die Erlösung gilt in Bezug auf die ganze Welt.
Johannes 3, Vers 16, obwohl so gut bekannt, wollen wir es trotzdem lesen, denn was man liest und hört, geht einfach besser ins Herz:
„Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“
Ganz klar: Die Liebe Gottes, die bereit war, alles zu geben, seinen Sohn, erstreckt sich auf die ganze Welt.
Hier zeigt sich, dass der Calvinismus in der dritten Säule irrt. Es gibt ja die fünf Säulen des Calvinismus. Kann das jemand gerade aufsagen? Im Englischen gibt es das Merkwort TULIP, das für Tulpe steht, und jeder Buchstabe bedeutet etwas.
Das T steht für total depravity, also totale Verdorbenheit des Menschen. Das an sich wäre richtig. Es wird jedoch gesagt, dass der Mensch so verdorben ist, dass er sich gar nicht bekehren kann. Auch das stimmt. Römer 3,9 sagt ja: Da ist niemand, der Gott sucht. Römer 3,10 sagt: Niemand, der Gott sucht. Aber Gott zieht, wie Römer 2,4 zeigt. Seine Güte und Langmut leiten den Sünder zur Buße.
Man meint, mit der totalen Verdorbenheit, der Mensch sei so verdorben, dass er sich nicht bekehren kann. Gott macht es nur bei bestimmten Menschen möglich, dass sie sich bekehren können, weil Gott sie bekehrt. Die anderen aber gehen verloren. Diese Schlussfolgerung wird aus der totalen Verdorbenheit gezogen, dass der Mensch sich nicht entscheiden kann.
Doch der Mensch ist verantwortlich. Gott zieht nämlich jeden Menschen. Römer 2,4 macht klar: Nach deiner Störrigkeit und einem unbußfertigen Herzen häufst du dir selbst Zorn auf. Das heißt, der Mensch, der diesem Zug nicht nachgibt, sondern bis zum Schluss, bis die Gnadenzeit vorbei ist, widersteht, der geht verloren.
Dann wird der Herr Jesus am großen weißen Thron sagen können: „Ihr habt nicht gewollt“, wie er es in Matthäus 23 gegenüber Jerusalem sagt. Der Mensch ist also verantwortlich. Die Ableitung aus der totalen Verdorbenheit, dass der Mensch letztlich gar nicht verantwortlich sei, weil entweder Gott ihn bekehrt oder er geht verloren, stimmt nicht.
Alle werden gezogen, und wer nicht nachgibt, wird verantwortlich sein, weil er sich dagegen entschieden hat.
Der zweite Punkt ist das U, also die Auserwählung ohne Vorbedingung. Hier können wir sagen, das stimmt auch nicht. Denn 1. Petrus 1,2 heißt es: „Auserwählt nach Vorkenntnis Gottes.“ Die Vorkenntnis ist die Vorbedingung für die Erwählung.
Auch in Römer 8 heißt es: „Die Gott zuvor erkannt hat, die hat er zuvor bestimmt.“ Es gibt also eine Vorbedingung, nämlich das Vorherwissen Gottes. Darum kann man nicht von einer bedingungslosen Erwählung sprechen.
Der dritte Punkt ist jetzt für uns ganz wichtig: das L, also limited atonement, beschränkte Sühne. Das Werk des Herrn Jesus reicht demnach nur für einen Teil der Menschheit aus, nämlich für die, die Gott von vornherein für die Rettung wollte. Für die anderen, die er von vornherein nicht wollte, gibt es keine Möglichkeit.
Hier lesen wir jedoch: „Er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt.“ Die ganz wörtliche und genaue Übersetzung der Elberfelder Bibel ist hier sehr gut. Es heißt nicht „nicht allein, aber für die Unseren, sondern auch für die der ganzen Welt“, sondern: „sondern auch für die ganze Welt ist er die Sühnung.“
Das heißt, Jesus ist die Sühnung im Blick auf die ganze Welt, also nicht nur für das jüdische Volk, sondern auch für die ganze Welt. Nicht nur im Blick auf eine bestimmte Zahl aus den Nationen, sondern im Blick auf die ganze Welt.
Mit anderen Worten: Wir können sagen, der Herr Jesus hat am Kreuz so viel gelitten, dass es möglich ist, für jeden, der kommt, seine Schuld Gott bekennt, bereut und im Glauben das Werk des Herrn Jesus annimmt, gerecht gesprochen zu werden.
Das Werk reicht aus, es würde ausreichen für alle, für die ganze Welt, wenn alle kämen. Wir wissen, dass nicht alle kommen. Es gibt eine ewige Verdammnis.
Dieser Vers hat also gar nichts mit Allversöhnung zu tun, denn das ist der Irrtum in die andere Richtung. Aber das Werk des Herrn Jesus ist im Blick auf die ganze Welt.
Dazu können wir noch Johannes 1,29 heranziehen. Dort sieht Johannes der Täufer den Herrn Jesus in der Wüste beim Jordan, nahe der Mündung ins Tote Meer. Johannes 1,29 lautet: Am folgenden Tag sieht er Jesus zu sich kommen und spricht: „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt.“ Ja, die Sünde der Welt. Auch hier sehen wir das Opfer im Blick auf die ganze Welt.
Aber nun ist ein wichtiges „Aber“ zu beachten. Wir müssen noch zwei weitere Stellen anschauen: Markus 10,45 und 1. Timotheus 2.
Markus 10,45 sagt: „Denn auch der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.“ Hier steht also, dass Jesus als Lösegeld für viele gestorben ist.
Wenn wir das offenlassen und zusätzlich 1. Timotheus 2 aufschlagen, wird dort nochmals betont, dass Gott das Heil für alle Menschen möchte. Aber auch hier gibt es ein „Aber“. 1. Timotheus 2,3-6 lautet: „Denn dies ist gut und angenehm vor unserem Heiland Gott, der will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn Gott ist einer, und einer ist Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gab als Lösegeld für alle, wovon das Zeugnis zu seiner Zeit verkündigt werden sollte.“
Hier steht das Lösegeld für alle, in Markus dagegen Lösegeld für viele. Wie gehen wir damit um? Oberflächliche Menschen sagen, es sei ein Widerspruch, und für sie ist die Sache erledigt. Wenn wir jedoch das Wort Gottes studieren, müssen wir darüber nachdenken, warum es hier „für viele“ heißt und dort „für alle“. Was gilt nun?
Das Angebot ist für alle da, aber nicht jeder nimmt es an. Im Griechischen ist das nicht dasselbe. „Für viele“ heißt auf Griechisch anti viele, „für alle“ heißt hyper alle. Hyper bedeutet im Blick zu Gunsten. Das heißt, Jesus hat sich als Lösegeld hingegeben, das bereitsteht zugunsten aller.
Der entscheidende Punkt ist: Wer kommt und sich mit dem Opfer des Herrn Jesus identifiziert, also bei der Bekehrung wirklich in Anspruch nimmt, dass das Opfer Jesu für ihn persönlich geschehen ist – und nicht nur allgemein für die Menschen –, der profitiert davon. Es reicht nicht, einfach zu glauben, Jesus Christus sei für alle gestorben. Man muss wirklich sehen: „Für meine persönlichen Sünden ist dieses Opfer geschehen. Ich habe dieses Opfer gebraucht. Der Herr Jesus hat den Platz eingenommen, den ich verdient habe.“
Das entspricht dem alttestamentlichen Opferdienst, einem Sündopfer, bei dem der Opfernde seine Hände auflegt. „Auflegen“ heißt hier nicht nur leicht auflegen, sondern aufstützen. Das ganze Gewicht der Person wird auf das Opfer übertragen. Symbolisch überträgt der Sünder so seine Schuld auf den Kopf des unschuldigen Opfers, das dann an seiner Stelle stirbt.
Es braucht also Identifikation. Man kann nicht einfach sagen: „Ja, schön, Gott liebt alle Menschen und möchte das Heil für alle.“ Nein, man muss zu dem Punkt kommen, an dem man sagt: „Das Opfer des Herrn Jesus am Kreuz ist genau für mich und meine Sünden geschehen.“ Dann wird das Opfer Jesus zugerechnet, und so ist er an Stelle von vielen das Lösegeld.
Das Lösegeld steht bereit, aber wenn die Menschen nicht kommen und sich nicht mit dem Opfer identifizieren, können sie vor dem großen weißen Thron nicht sagen: „Ja, Jesus Christus hat alles bezahlt.“ Nein, man hätte sich mit ihm identifizieren müssen.
Er ist das Opfer, das Lösegeld nur an Stelle der vielen, die es in Anspruch genommen haben. Aber sein Opfer hätte für alle ausgereicht. Das ist ein weiterer Punkt.
Darum haben wir beide Aussagen in der Schrift: Dieses Opfer für alle, und dann Stellen wie Jesaja 53,12: „Er aber hat die Sünden vieler getragen.“ Dort steht nicht „aller“, sondern „vieler“. Auch in Hebräer 9 wird das nochmals gesagt: Er ist gekommen, um die Sünden vieler zu tragen.
Aber wir haben trotzdem Johannes 1,29: „Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt trägt.“ Das heißt, der Herr Jesus hat den Zorn Gottes erduldet – und zwar in dem Ausmaß, dass es für die ganze Welt, für alle, die kommen, reicht.
Und das ist nun der Punkt mit der Sühnung.
Ich habe gesagt, Sühnung und Versöhnung sind nicht dasselbe. Beginnen wir mit dem Einfacheren: Wie können wir Versöhnung definieren? Wenn zwei Menschen Streit hatten und dann Frieden schließen, ist der Streit beendet und die Ursache für den Konflikt ist beseitigt.
Ich wiederhole das für den Livestream, damit es auch gehört wird: Wenn zwei Menschen miteinander Streit haben und dann übereinkommen, dass das, was zwischen ihnen steht, ausgeräumt wird, dann versöhnen sie sich.
Interessant ist das biblische Wort für Versöhnung, das eigentlich „umwandeln“ bedeutet. Schauen wir uns dazu die große Stelle über Versöhnung in 2. Korinther 5 an. Wir lesen ab Vers 18 bis 21:
„Alles aber von dem Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat durch Christus und uns den Dienst der Versöhnung gegeben hat. Nämlich, dass Gott in Christus war, die Welt mit sich selbst versöhnend, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend, und er hat in uns das Wort der Versöhnung niedergelegt. So sind wir nun Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns ermahnte, wir bitten an Christi Statt: Lasst euch versöhnen mit Gott.“
Noch Vers 21: „Damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm.“
Man kann sich merken, dass das griechische Wort für versöhnen im Neuen Testament apo katalasso oder katalasso lautet. Darin ist immer das Grundwort alasso enthalten. Die alten Griechen benutzten dieses Wort zum Beispiel für Geld wechseln. Wenn man also von hebräischer Währung in römische Währung wechselte, bezeichnete man das mit alasso.
Wie kommt nun die Bedeutung „versöhnen“ zustande? Es bedeutet eben „wechseln“ oder „umwandeln“. Ein Feind wird in einen Freund umgewandelt. Das ist Versöhnung.
Interessant ist auch, dass man, wenn man alle Stellen im Neuen Testament über Versöhnung liest, nie findet, dass Gott mit uns versöhnt werden musste. Genau wie wir in 2. Korinther 5 gelesen haben, mussten wir mit Gott versöhnt werden. Gott war nicht unser Feind.
Wir und unsere Vorfahren haben gegen Gott rebelliert und sind durch den Sündenfall zu Gottes Feinden geworden. Gott wurde gewissermaßen als Lügner bezeichnet, weil sie dem Wort der Schlange geglaubt haben. Sie akzeptierten, dass Gott lügt – das war Rebellion. Durch die Versöhnung werden wir in Freunde Gottes umgewandelt.
Der Herr Jesus sagt in Johannes 15: „Ich habe euch Freunde genannt.“ Das ist Versöhnung.
Nun zum Wort Sühnung. Manche verwechseln es im Deutschen, weil es ähnlich klingt. Im Griechischen ist es jedoch ein ganz anderes Wort: hilasmos. Hilasmos bedeutet „den Zorn stillen“. Das ist die Grundbedeutung bei den alten Griechen.
Das heißt: Der Herr Jesus ist mit unseren Sünden beladen in das Gericht Gottes gegangen. In den drei Stunden der Finsternis wurde er, wie wir in 2. Korinther 5,21 lesen, „zur Sünde gemacht“, obwohl er keine Sünde kannte: „Den, der keine Sünde kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht.“
Darum musste Gott den Herrn Jesus als Mensch verlassen. Deshalb schrie er: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ In diesen drei Stunden der Finsternis nahm er den ganzen Zorn Gottes auf sich, den wir in Ewigkeit verdient hätten – im Feuersee.
So hat er den Zorn Gottes gestillt, und so ist er die Sühnung geworden für unsere Sünden.
Ja, jetzt haben wir eigentlich bei diesen zwei Versen, die eine Parallele zum dritten Buch Mose bilden, hinten angefangen – aber aus pädagogischen Gründen. So verstehen wir nämlich auch den Anfang besser.
Johannes spricht die Gläubigen an und erklärt, warum er diesen Brief geschrieben hat. Wenn jemand einen Aufsatz über den ersten Johannesbrief schreiben müsste, dann müsste er unbedingt erklären, warum dieser Brief verfasst wurde. Die Antwort lautet: Johannes will uns Mut machen, nicht einfach sorglos zu sündigen.
Es ist sogar eine Punktualform, also eine Wortform, die die Handlung als einmaligen Akt ausdrückt. Er schreibt: „Ich schreibe euch dieses, damit ihr nicht sündigt.“ Und dann fügt er sofort hinzu, weil er die Problematik unseres Lebens kennt: Wenn jemand gesündigt hat, gibt es dennoch einen Ausweg.
Johannes will damit klar machen, dass Gläubige nicht denken sollen, Sünde sei nicht so wichtig. Jesus Christus hat ja alles gut gemacht am Kreuz, also sei es nicht so tragisch, wenn wir sündigen. Aber eigentlich sollten wir jede Sünde in unserem Leben ernst nehmen. Allerdings nicht so, dass wir verzweifeln. Das habe ich auch schon in der Seelsorge erlebt: Menschen, die völlig verzweifelt sind. Oft sind das sehr feinfühlige Leute, die wirklich konsequent mit dem Herrn leben möchten. Andere gehen oberflächlich mit dem Thema um. Dadurch geraten manche in Niedergeschlagenheit.
Johannes schreibt: „Wenn jemand gesündigt hat“, und benutzt dabei nicht die Form für wiederholtes Sündigen, sondern die Punktualform. Damit will er nicht sagen, dass Sünde keine Rolle spielt. Sogar Jakobus, der als der Gerechte in Israel bekannt war und im Volk als gerechter Mann anerkannt wurde, schreibt in Jakobus 3,1: „Brüder, seid nicht viele Lehrer, denn wir alle straucheln oft.“ Johannes erwähnt Jakobus nicht direkt, sondern sagt: „Meine Kinder, ich schreibe euch dieses, damit ihr nicht sündigt.“ Er möchte, dass wir das Thema Sünde ernst nehmen, aber nicht verzweifeln, wenn Sünde geschieht.
Wenn jemand gesündigt hat, haben wir einen Sachwalter bei dem Vater. Das soll nicht die Sünde bagatellisieren, sondern zeigen, welche wunderbare Einrichtung wir als Gläubige haben. Sonst wären wir alle verloren, wenn wir diesen Reichtum des Glaubens nicht hätten. Wir haben einen Sachwalter bei dem Vater: Jesus Christus, den Gerechten.
Jetzt wollen wir das Punkt für Punkt erarbeiten. Was meint das Wort Sachwalter? Vielleicht hat jemand eine andere Übersetzung oder ein anderes Wort. Man beachte auch die Fußnote: „Fürsprecher“. Fürsprecher ist das schöne deutsche Wort für das Fremdwort Advokat. Anwalt ist ebenfalls ein deutsches Wort für Advokat.
Es geht also um jemanden, der sich für eine andere Person einsetzt – und zwar so, als wäre er die Person selbst. Wenn der Anwalt vor den Richter tritt, vertritt er die Person wirklich und zieht alle Register seiner Gesetzeskenntnis, um die Sache gerecht darzulegen. Ziel ist, den Wind aus den Segeln des Anklägers zu nehmen.
Den Advokaten braucht man, weil es einen Ankläger gibt. Herr Jesus kennt das Wort Gottes vollkommen, denn er hat es ja gegeben – es ist sein Wort. Er setzt sich beim Vater ein, wenn ein Kind Gottes gesündigt hat.
Wir wissen also schon: Wer ist der Richter? Der Vater. Wer ist der Advokat? Der Sohn Gottes. Und wer ist der Ankläger? Satan, der Teufel.
Sven sagt es auf Hebräisch, und wir sagen es auf Griechisch: Teufel. Das Wort kommt vom griechischen „Diabolos“. Sprachgeschichtlich ist aus „Diabolos“ später im Deutschen „Teufel“ entstanden. „Diabolos“ bedeutet „Der Durcheinanderbringer“ oder „Durcheinanderwerfer“, wenn man die Wortherkunft betrachtet.
„Dia“ heißt „durch“, „Bolos“ kommt vom Wort „werfen“. Unser deutsches Wort „Ball“ ist verwandt mit „Bolos“. Also ist der Teufel der Durcheinanderwerfer.
Sven hat gesagt, das bedeutet auch Verleumder. Im Altgriechischen ist das normale Wort für Verleumder „Durcheinanderwerfer“. Man kennt das: Jemand macht über eine andere Person Bemerkungen, die nicht ganz wahr sind und feindlich gesinnt. Diese Bemerkungen werden weitergegeben, und am Ende herrscht ein Zustand wie in einem Porzellanladen, in den jemand mit einem Ledersack voller Fußbälle wirft. Alles gerät durcheinander, und die Beziehungen untereinander werden durch Verleumdung zerstört.
Du hast vorher gesagt, der Vater ist der Richter, und Johannes schreibt, dass das Gericht dem Sohn übergeben wird. Wie ist das nun mit dem Gericht über die Ungläubigen, das dem Sohn übergeben wurde? Für die Gläubigen auf dem Richterstuhl wäre der Vater noch der Richter, oder ist das das gesamte Gericht?
Jesus sagt in Johannes 5, dass der Vater das ganze Gericht dem Sohn übergeben hat. Das bedeutet, der Herr Jesus wird auf dem großen weißen Thron sitzen, wie in Offenbarung 20, Vers 10 beschrieben, wenn alle Ungläubigen nach dem Tausendjährigen Reich auferstehen.
Wenn die Gläubigen in den Himmel kommen, werden sie zuerst vor den Richterstuhl Christi gestellt. Das kann man sich gut merken, denn in Römer 14, Vers 10 und 2. Korinther 5, Vers 10 wird vom Richterstuhl Christi gesprochen.
Der Herr Jesus wird also über unser Leben als Gläubige urteilen und den Lohn zusprechen.
Aber in der heutigen Zeit geht der Ankläger, der Teufel, in den Himmel und klagt vor Gott an. Das geschieht vor dem Vater, wo er anklagt, und der Sohn setzt sich als Advokat für uns ein.
Wir können kurz in Offenbarung 12 nachschlagen. Das ist noch Zukunftsmusik, noch nicht geschehen. In Offenbarung 12, Vers 7 wird beschrieben – ich meine Vers 7, nicht 6 – dass der Teufel und die mit ihm abgefallenen Engel, die ein Drittel der ganzen Engelwelt ausmachen, gegen Michael und seine Engel kämpfen.
Dann heißt es in den Versen 7 bis 11: „Und es entstand ein Kampf im Himmel. Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen, und der Drache kämpfte mit seinen Engeln, aber er gewann nicht die Oberhand. Ihre Stätte wurde nicht mehr im Himmel gefunden, und der große Drache, die alte Schlange, genannt Teufel und Satan, der die ganze Erde verführt, wurde auf die Erde geworfen. Seine Engel wurden mit ihm hinabgeworfen. Und ich hörte eine laute Stimme im Himmel sagen: Nun ist das Heil und die Macht und das Reich unseres Gottes und die Gewalt seines Christus gekommen, denn der Verkläger unserer Brüder ist hinabgeworfen worden, der sie Tag und Nacht vor unserem Gott verklagte. Sie haben ihn überwunden durch das Blut des Lammes und durch das Wort ihres Zeugnisses, und sie haben ihr Leben nicht geliebt bis zum Tod.“
Hier wird beschrieben, dass der Teufel aus dem Himmel geworfen wird. Das wird gerade zu Beginn der letzten dreieinhalb Jahre geschehen, bevor Jesus Christus als König der Welt kommt.
Gerade vor dem letzten Weltkrieg, dem schlimmsten Weltkrieg, der noch stattfinden wird, der großen Drangsal, wird der Teufel definitiv aus dem Himmel geworfen. Aber bis zu diesem Zeitpunkt hat er noch Zugang zum Thron Gottes.
Das ist uns nicht unbekannt, zum Beispiel aus dem Buch Hiob, Kapitel 1 und 2. Der Teufel kommt von seinen Weltreisen vor den Thron Gottes und greift Hiob an, obwohl er keinen Grund hat, ihn anzugreifen.
Hier sehen wir das Verleumderische. Er wird auch „Verkläger“ genannt. Das bedeutet, wo Satan einen Grund zur Anklage hat, bringt er diesen vor. Aber er bringt auch Dinge, die nicht stimmen.
Im Fall von Hiob behauptete er, Hiob sei nur gerecht, weil er im Wohlstand lebt. Wenn er den Wohlstand verlieren würde, würde er sich von Gott lossagen. Das ist nicht geschehen. Das war Verleumdung.
Das Wort „Teufel“ in Offenbarung 12, Vers 9 lautet: „Der große Drache, die alte Schlange“, in Erinnerung an die Verführung im Garten Eden (1. Mose 3).
Darum die alte Schlange. „Teufel“ ist griechisch „Diabolos“, Verleumder, also jemand, der Dinge sagt, die nicht richtig sind. „Satan“ ist hebräisch und bedeutet feindlicher Ankläger vor Gericht. Das ist der Fachausdruck im Hebräischen für einen Ankläger mit böser Gesinnung.
Hier erfahren wir, dass er uns ständig verklagt: „Denn hinabgeworfen ist der Verkläger unserer Brüder, der sie Tag und Nacht vor unserem Gott verklagte“ (Offenbarung 12, Vers 10).
Er ist also ständig bemüht, uns vor Gott schlecht zu machen – mit unbegründeten Anklagen.
Dem gegenüber steht der Advokat, der Herr Jesus, der für uns spricht. Johannes sagt: „Und er ist die Sühnung für unsere Sünden.“ Jesus kann bei berechtigten Anklagen sagen: „Ja, das war nicht richtig, was der Gläubige getan hat, aber ich bin für ihn gestorben, alles ist gut gemacht.“
Darum steht in Vers 11: „Sie haben ihn überwunden durch das Blut des Lammes und durch das Wort ihres Zeugnisses.“ Das heißt, die Gläubigen sagen sich: „Ich möchte wirklich treu mit dem Herrn den Weg gehen und in diesem Leben ein Zeugnis sein.“
Das ist eine Motivation, nicht zu sündigen, treu zu bleiben und auch in schwierigen Situationen den Auftrag zu sehen, ein Zeugnis zu sein. Auch in Schwierigkeiten kann man ein Zeugnis sein und nicht nachgeben.
So ist der Herr Jesus für uns die Garantie, dass diese Anklagen abgeschmettert werden.
Neben dem Beispiel von Hiob gibt es in der Bibel noch ein weiteres Beispiel, in dem der Teufel anklagt: Zacharja. Eine sehr wichtige Stelle findet sich auch in Lukas 2.
Jesus sagte zu Petrus und den Jüngern: „Der Satan hat euer Begehrt, euch zu sichten wie den Weizen.“ Das ist genau diese Anklage und Feindschaft. Schauen wir nun einmal in Zacharja 3. Dieses Kapitel gehört zu den acht Nachtgesichten des Propheten Zacharja. Es ist das vierte Nachtgesicht, Kapitel 3, Verse 1 bis 5.
Um die Vision besser zu verstehen, muss man wissen, was dort zu sehen ist. Zacharja sieht den Hohenpriester Jeschua zu seiner Zeit. Jeschua war der erste Hohepriester des zweiten Tempels in Jerusalem. Er wird in der Vision durch Satan angeklagt. Im Hebräischen bedeutet „Satan“ Ankläger. Er versucht, ihm zu widerstehen. Das Wort „widerstehen“ heißt auf Hebräisch ebenfalls „Satan“. Satan bedeutet also sowohl „der Widersacher“ als auch „widerstehen“. Dieses Wort wird hier bewusst verwendet.
Dann sieht Zacharja in der Vision den Engel des Herrn. Der Engel des Herrn kommt im Alten Testament häufig vor. Er ist der Gesandte des Herrn und wird immer wieder mit Yahweh gleichgesetzt. Er ist Yahweh, Gott der Sohn, unterschieden von Gott dem Vater. So versteht man die Vision besser.
Zacharja sieht den Hohenpriester Jeschua, der vor dem Engel des Herrn steht. Satan steht zu seiner Rechten, um ihm zu widerstehen. Der Herr spricht zum Satan: „Der Herr schelte dich, Satan! Ja, der Herr, der Jerusalem erwählt hat, schelte dich! Ist dieser nicht ein Brandschatz, der aus dem Feuer gerettet ist?“ Jeschua war mit schmutzigen Kleidern bekleidet und stand vor dem Engel.
Der Engel hob an und sprach zu denen, die vor ihm standen: „Zieht ihm die schmutzigen Kleider aus!“ Und zu Jeschua sagte er: „Siehe, ich habe deine Ungerechtigkeit von dir weggenommen und kleide dich in Feierkleider.“
Ich sprach: „Man setze einen reinen Kopfbund auf sein Haupt.“ Sie setzten den reinen Kopfbund auf sein Haupt und zogen ihm Kleider an. Der Engel des Herrn stand dabei auf der rechten Seite von Jeschua.
Interessant ist, dass in Vers 2 nicht „der Engel des Herrn“ zum Satan spricht, sondern „der Herr“, also hebräisch Yahweh, der ewige Gott. Er spricht zu Satan: „Yahweh schelte dich, Satan!“ Man erkennt, dass hier zwei Personen angesprochen werden: Der Engel des Herrn, der Gesandte des Vaters, und der Herr, der schelten soll, ist der Vater.
Man kann also unterscheiden: Jesus ist der Advokat, der die Sache gut spricht. Hier gibt es einen berechtigten Anklagepunkt: Der Hohepriester, der das ganze Volk vor Gott repräsentiert, steht in schmutzigen Kleidern. Das zeigt: Es gibt Schuld in Israel! Der Hohepriester repräsentiert das ganze Volk mit seinen schmutzigen Kleidern.
Wenn hier „Engel“ steht, darf man nicht an ein gewöhnliches Engelwesen denken, einen geschaffenen Geist. Das Wort „Engel“ bedeutet auf Hebräisch „Malach“, also „Gesandter“. Es handelt sich um den Gesandten, nicht um einen geschaffenen Engel, was Verwechslungen vermeidet.
Der Gesandte hob an und sprach zu denen, die vor ihm standen: „Zieht ihm die schmutzigen Kleider aus!“ Und zu Jeschua sprach er: „Siehe, ich habe deine Ungerechtigkeit von dir weggenommen.“ Interessant ist, dass dieser Gesandte Sünden vergeben kann. Das kann doch nur Gott, wie wir aus Markus 2 wissen. Die Pharisäer sagten damals, Jesus von Nazareth lästere, wenn er sagt: „Deine Sünden sind dir vergeben.“ Wer kann Sünden vergeben außer Gott?
Richtig, nur Gott kann vergeben. Aber Jesus von Nazareth ist Gott, und darum kann er Sünden vergeben. Dieser Gesandte des Herrn ist der Herr selbst. Deshalb kann er sagen: „Ich habe die Sünden weggenommen.“
Dann wird Jeschua ein wunderbares Kleid und ein reiner Kopfbund angezogen. So handelt der Herr Jesus bis heute. Er spricht unsere Sache gut. Weil er alles bezahlt hat, kann er sagen, dass uns diese schmutzigen Kleider weggenommen werden und wir schöne Kleider anziehen dürfen.
Darum ist seine Aufgabe als Advokat auch die, dass er an uns wirkt, damit wir dort, wo wir unsere Sünde nicht einsehen, einsichtig werden. Er will uns dazu führen, dass wir dann ein paar Verse vorher in 1. Johannes 1,9 praktizieren: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“
Im Alten Testament finden wir noch weitere Stellen über diesen Advokaten. Schauen wir zum Beispiel in das Buch Hiob. Für alle, die am Hiob-Seminar teilgenommen haben, ist das nur Wiederholung. Doch die Römer sagten: Die Wiederholung ist die Mutter des Lernens. Deshalb dringt es so noch besser ein.
Im Hiob Kapitel 16 wird Hiob von seinen drei Freunden angeklagt. Doch eigentlich sind es die Freunde, die angeklagt werden sollten. Sie handeln genau so, wie es der Satan, der Diabolos, wünscht. Hiob klagt zu Gott über seine Freunde.
Lies du, Sascha, bitte Hiob 16,19: „Sogar jetzt, siehe, im Himmel ist mein Zeuge, und der mir Zeugnis gibt, ist in den Höhen. Meine Freunde sind meine Spötter. Zu Gott tränt mein Auge, dass er schiedsrichterlich entscheide, Gott gegenüber, für einen Mann und für einen Menschensohn hinsichtlich seines Freundes.“
Hiob weiß, dass es im Himmel einen Zeugen gibt, der zu seinen Gunsten vor Gericht aussagen kann. Dieser Zeuge ist in den Höhen. Seine Ankläger sind seine Freunde, die zu Spöttern geworden sind. Hiob sagt, dass sein Auge zu Gott tränt, damit Gott schiedsrichterlich entscheide.
Dieser Zeuge ist Gott. Hiob weint und bittet, dass dieser Zeuge sich für ihn einsetzen möge. Doch wogegen soll Gott entscheiden? Wenn man es genau liest, heißt es: „Zu Gott tränt mein Auge, dass er schiedsrichterlich entscheide, Gott gegenüber.“
Es gibt nur einen Gott, doch innerhalb der Gottheit gibt es drei Personen. Hiob spricht den Zeugen an, der der Sohn ist. Er bittet Gott, den Vater, um eine schiedsrichterliche Entscheidung. Dabei geht es um das Verhältnis zwischen Hiob und Gott, dem gerechten Richter. Hiob bittet um eine Entscheidung für einen Mann, einen Menschensohn, hinsichtlich seines Freundes.
Es gibt also zwei Probleme: das Verhältnis Hiob zu seinen Mitmenschen, den drei Freunden, und das Verhältnis Hiob zu Gott. In beiden Fällen muss der Advokat Recht sprechen.
Am Ende des Buches Hiob wird klar, dass die Anklage der Freunde ungerecht und falsch war. Gott sagt, sie müssen Buße tun und ein Opfer bringen. Hiob soll für sie beten. Das ist eine klare Rechtfertigung Hiobs.
Im Herzen Hiobs wird aufgedeckt, dass ein verborgener Stolz vorhanden war. Deshalb hat er in seinem größten Leiden Gott angeklagt. Auch darüber musste er Buße tun.
Der Advokat im Himmel, Jesus, wirkt in uns, damit wir Dinge erkennen, die wir vorher nicht gesehen haben. Er führt uns zur Wiederherstellung.
Wenn wir an die Stelle in Lukas 22 denken, die Sven erwähnt hat, können wir sie kurz aufschlagen: Lukas 22, Vers 31.
Der Herr sprach: „Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sichten wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebetet, damit dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du einst umgekehrt bist, stärke deine Brüder.“
Simon antwortete: „Herr, mit dir bin ich bereit, auch ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.“
Doch Jesus erwiderte: „Ich sage dir, Petrus, der Hahn wird heute nicht krähen, ehe du dreimal geleugnet hast, mich zu kennen.“
Beim Sichten geht es also darum, zu unterscheiden zwischen dem Weizen und dem, was nicht brauchbar ist und schließlich weggeworfen wird. Der Teufel wollte die Echtheit von Simon Petrus und auch der anderen Jünger prüfen. Denn der Herr spricht in der Mehrzahl: „Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch alle zu sichten.“
Mit der ganzen Leidensgeschichte des Herrn gerieten die Jünger in eine solche Verzweiflung, dass ihr Glaube im Fundament erschüttert wurde. Sie verstanden nicht, warum der Messias sterben sollte. Sie erwarteten doch, dass er kommen würde, um das Reich aufzurichten.
Doch der Herr Jesus sagt: „Ich habe für dich gebetet, damit dein Glaube nicht aufhöre.“ Er sieht schon den Moment voraus, in dem Petrus umkehren wird. Petrus wird sogar einen Dienst übernehmen, nämlich die Brüder stärken.
Das ist der Advokat, der schon im Voraus weiß, wo wir zu Fall kommen werden, und der für uns betet. So eine Fülle an Trost und Zuspruch liegt darin. Wenn jemand gesündigt hat, haben wir einen Sachwalter beim Vater: Jesus Christus, den Gerechten.
Im Neuen Testament wird der Herr Jesus siebenmal als „der Gerechte“ bezeichnet.
Und jetzt gehen wir noch ein bisschen weiter zu Vers 3. Hieran wissen wir, dass wir ihn kennen, wenn wir seine Gebote halten.
Wie kann man eigentlich wissen, ob man wiedergeboren ist? Auf diese Frage gibt Johannes eine Antwort. Der Brief wurde nicht nur geschrieben, damit ihr nicht sündigt. Es gibt noch einen zweiten Grund für den Brief, unter anderem in Kapitel 5, Vers 13: „Dies habe ich euch geschrieben, damit ihr wisst, dass ihr ewiges Leben habt, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes.“
Also wurde der Brief ausdrücklich geschrieben, damit man Heilsgewissheit hat, Heilsgewissheit bekommt. Wenn jemand sagt, das sei Hochmut oder Stolz, wenn jemand sagt, „Ich weiß, ich bin gerettet“, dann ist es nur der Glaube an das, was die Schrift sagt. Wir machen Gott zum Lügner, wenn wir sagen, man könne es nicht wissen. Gott schreibt und lässt uns durch Johannes schreiben, dass wir wissen sollen. Er gibt uns in diesem Brief eine ganze Reihe von Gründen, wie man wissen kann: Bin ich wirklich wiedergeboren? Bin ich echt bekehrt oder nicht?
Und da haben wir Kapitel 2, Vers 3: Hieran wissen wir, dass wir ihn kennen, also eine persönliche Beziehung zu ihm haben, den Herrn Jesus. Was ist jetzt der Grund? Woran merkt man das? Weil man seine Gebote beachtet, also seine Gebote hält.
Mit anderen Worten: Woran kann man das merken? Wenn man das tut, was der Herr Jesus geboten hat, wenn man nach der Bibel lebt. Und wenn das, was die Bibel uns sagt, wirklich Autorität für uns ist, dann möchte man es tun.
Manche sagen: „Ich bin gläubig, aber ich nehme das jetzt nicht so ernst.“ Oder: „Mir hat auch schon mal jemand gesagt, das Thema ist bei mir nicht so dran.“ Aber es ging darum, etwas, was die Bibel ausdrücklich sagt. Wie bitte? Das ist gerade das Kennzeichen des Wiedergeborenen: Er möchte das tun, was Gott ausdrücklich in seinem Wort sagt.
Hier in diesem Abschnitt geht es um das praktische Christsein, den praktischen Lebenswandel.
In Vers 4 heißt es: „Wer sagt, ich kenne ihn, und hält seine Gebote nicht, ist ein Lügner, und in diesem ist die Wahrheit nicht.“ Wichtig ist, dass Johannes hier das Wort „sagen“ gebraucht. Wir hatten das schon in Kapitel 1 und werden es immer wieder im Brief finden. Er macht einen Unterschied zwischen „sagen“ und „bekennen“. Wenn er „bekennen“ sagt, meint er wirklich das echte Herzensbekenntnis. „Sagen“ ist einfach etwas behaupten.
Wer also sagt: „Ich kenne ihn“, und man sieht, dass er gar nicht nach der Bibel lebt, der ist ein Lügner. In diesem ist die Wahrheit nicht. Man kann also schon erkennen, ob jemand wiedergeboren ist oder nicht. Wenn sich jemand über das Wort Gottes hinwegsetzt, ganz locker, dann stellt sich die Frage: Wo ist die Wiedergeburt?
In Vers 5 lesen wir nochmals: „Wer aber sein Wort hält, in diesem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet. Hieran wissen wir, dass wir in ihm sind.“
Wenn jemand sein Wort hält – vorhin haben wir „seine Gebote halten“ gehabt, und jetzt „sein Wort halten“ – ist das nicht das Gleiche?
Wenn die Mutter sagt: „Heute Nachmittag gehe ich in die große Stadt einkaufen, und bitte, nimm um zwei Uhr die Wäsche ab“, das ist ein Gebot. Wenn die Tochter um zwei Uhr die Wäsche abnimmt, hat sie das Gebot befolgt.
Aber wenn die Mutter sagt: „Heute gehe ich in die große Stadt einkaufen“, und sie geht, ohne etwas weiter zu sagen, die Wäsche hängt, und um zwei Uhr vierzehn beginnt es zu regnen, dann nimmt die Tochter die Wäsche ab. Dann hat sie ihr Wort gehalten. Es gab keinen ausdrücklichen Befehl, aber sie weiß ganz genau, wie die Mutter denkt.
Das Wort ist der Gesamtzusammenhang, das Gebot ist ein einzelner Befehl in der Bibel. Die Tochter weiß, wie die Mutter denkt, und das ist das Worthalten.
So gibt es manche Dinge, die klar werden durch das gesamte Wort, wenn man die ganze Bibel liest und studiert. Es gibt Dinge, die sind ganz ausdrücklich als Gebot gesagt, und andere ergeben sich durch die Art, wie Gott in der Bibel handelt, wie Gott ist und wie Gott beschrieben wird.
Darum werden dann plötzlich auch andere Themen klar, die die Bibel nicht ausdrücklich erwähnt, aber durch das Halten des Wortes können wir so in Übereinstimmung mit dem Herrn leben.
Beides haben wir hier.
Dann wird gesagt, gerade dadurch können wir wissen, dass wir in ihm sind, also mit ihm fest verbunden.
In Vers 6 heißt es: „Wer sagt, dass er in ihm bleibe, ist schuldig, selbst auch so zu wandeln, wie er gewandelt ist.“
Der gesamte Lebenswandel nach den Geboten und nach dem Wort richtet sich eigentlich an dem Beispiel des Herrn Jesus in den Evangelien aus. Wenn wir die vier Evangelien lesen, sehen wir, wie der Herr Jesus gewandelt ist, und das ist unser vollkommenes Vorbild.
Wer sagt, ich bin wiedergeboren, das heißt, dass er in ihm bleibe, der ist schuldig, sich nach diesem Beispiel auszurichten.
Und wie ist das im vierten Buch Mose? Das große Thema dort lässt sich knapp zusammenfassen: die Wüstenwanderung, der Wandel in der Wüste. Im Hebräischen heißt das Buch nach dem ersten Vers „Bemidbar“, was „in der Wüste“ bedeutet.
Das Buch beschreibt die Wanderung über die Jahre hinweg. Israel war 40 Jahre in der Wüste, und genau das wird dort dargestellt. Es geht also um den praktischen Wandel.
In diesem Abschnitt, nachdem zuvor das Thema des großen Versöhnungstages behandelt wurde, geht es nun um den Wandel. Wir sehen, wie Israel in diesen 40 Jahren versagt hat. Aber wir sehen auch solche, die dem Herrn die Treue gehalten haben. Zwei Personen werden besonders hervorgehoben: Kaleb und Josua. Sie sind dem Herrn völlig nachgefolgt. Sie gelten gewissermaßen als Paradebeispiel für das, was es bedeutet, in ihm zu bleiben und selbst so zu wandeln, wie er gewandelt ist.
Man könnte einwenden, dass es gar nicht möglich war, auf der Wüstenwanderung treu zu bleiben. Doch wir haben Beispiele, die Gott hervorhebt und sagt: „Diese zwei sind mir völlig nachgefolgt.“
An dieser Stelle wollen wir stoppen und dann mit Vers sieben weitermachen, wo es um das fünfte Buch Mose geht.
Vielen Dank an Roger Liebi, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
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