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Lukas

Lukas als Freund des Apostels Paulus, der in der Gefangenschaft zu Rom (oder Cäsarea? s. Epheser- u. Kolosserbrief) bei ihm war, neben anderen Kol. 4,14; Philem. 24 genannt; nach 2 Tim. 4,11 hielt er aus, als alle andern den Apostel verließen. Aus Kol. 4,11, das man übersetzt: diese sind’s allein aus der Beschneidung, die sich als Mitarbeiter halten für das Reich Gottes — schließt man, daß der nachher genannte Lukas Heidenchrist gewesen sei. Über die Vermutung, daß er auch auf den Reisen des Paulus zeitweise dessen Begleiter gewesen sei, s. Apostelgeschichte. Nach Kol. 4,14 war er Arzt. Man hat beobachtet, daß manche seiner Ausdrücke bei Erwähnung von Krankheiten u. dgl. unwillkürlich diesen seinen Beruf verraten. Die alte Überlieferung macht ihn zum Verfasser des 3. Evangeliums und der Apostelgeschichte. Zu einem Heidenchristen, dem einzigen unter den neutestamentl. Schriftstellern, paßt die Angabe Luk. 1,2, daß er kein Augenzeuge des Lebens Jesu war. Die Einleitung V. 1-3 zeigt, daß Lukas deshalb die mündliche und schriftliche Überlieferung, soweit sie ihm zugänglich war, sorgfältig benützte. Und die Vergleichung mit den zwei ersten Evangelien lehrt, daß er namentlich auch die Aufzeichnung der Aussprüche Jesu durch Matthäus u. die Aufzeichnung der Erzählungen Petri aus dem Leben Jesu durch Markus (s. Evangelien) kannte. An die Spitze stellt er die ausführlichste Vorgeschichte, Luk. 1 u. 2, von der Geburt Johannis des Täufers und Jesu — vielleicht auf Grund der Erzählungen von Maria selbst (s. Jesus Christus I. 3). Von Kap. 3 an bildet deutl. die Erzählung des Markusevangeliums den Grundstock auch seiner Darstellung. Kleinere Verschiebungen (zum Beispiel Lukas stellt die Geschichte von der Predigt Jesu in Nazareth an die Spitze der galiläischen Tätigkeit Jesu, 4,16-30, im Sinn von Joh. 1,11; nach Markus müßte sie am Ende von Luk. 8 stehen), Auslassungen (zum Beispiel die Berufung der vier Jünger, Mk. 1,16-20, fehlt; statt dessen die Geschichte von Petri Fischzug, Luk. 5,1-11; Tod Johannes des Täufers, Mk. 6,17-29, fehlt, wahrscheinlich weil nicht zur Geschichte Jesu gehörig; die Notiz über seine Gefangennahme hatte Lukas schon 3,19 f. gebracht; weiteres s. unten) und Einschaltungen (Stammbaum Jesu, Luk. 3,23 ff., gehört eigentlich noch zur Vorgeschichte; ausführl. Versuchungsgeschichte, 4,2-13; Zachäus, 19,1-10; Gleichnis von den anvertrauten Pfunden, 19,11-27; Klage über Jerusalem, 19,41-44; Streit der Jünger, 22,24-27; Verhör vor Herodes, 23,6-16; Gang nach Emmaus, 24,13-35, und noch manche einzelne Züge der Leidens- u. Auferstehungsgeschichte) erklären sich, wie angedeutet, leicht aus schriftstellerischen Gründen und aus dem Vorhandensein weiterer schriftlicher oder mündlicher Quellen. Bedeutender sind zwei größere Einschaltungen: Luk. 6,20 bis 8,3 ist nach Mk. 3,19 und Luk. 9,52 bis 18,14 ist nach Mk. 10,1 eingeschoben. Der Inhalt dieser Einschaltungen (a. Bergpredigt, Hauptmann von Kapernaum, Jüngling zu Nain, Anfrage des Täufers, große Sünderin, dienende Frauen; b. überwiegend Reden u. Gleichnisse) ist, wie sich aus der Vergleichung mit den zu vielen Stücken vorhandenen Parallelen des ersten Evangeliums mit großer Wahrscheinlichkeit schließen läßt, dem verloren gegangenen Buch des Matthäus („Aussprüche Jesu“ s. oben u. Evangelien) entlehnt, und Lukas hat also an zwei wichtigen Einschnitten der Markuserzählung, nach der Berufung der zwölf Apostel und nach dem Antritt der letzten Reise Jesu nach Judäa, den Hauptinhalt dieser zweiten Quelle, die ihm schriftlich vorlag, eingeschaltet. Es ist natürlich, daß nicht gerade alles, was er so einschob, auch der Zeitordnung nach hieher gehört. Insbesondere fällt dies in die Augen bei der großen Einschaltung 9,52 bis 18,14, deren Inhalt sonst ganz auf die letzte Reise Jesu verlegt werden müßte; dazu paßt aber schon das Vorkommen Bethaniens (10,38, denn das ist doch sicher gemeint) ganz im Anfang nicht; auch sind die Gleichnisse Kap. 15 und 16 offenbar absichtlich zusammengestellt, schwerlich nacheinander geredet u. dgl. Der Zuverlässigkeit der einzelnen Berichte selbst aber schadet dieser Sachverhalt gar nicht, vielmehr verbürgt er dieselbe, da sie von einem Augen- und Ohrenzeugen stammen. Derselben Quelle sind wohl auch einzelne der kleineren oben erwähnten Einschaltungen entnommen (zum Beispiel die Versuchungsgeschichte). Und aus diesen erklären sich ferner die meisten oben noch nicht erwähnten Auslassungen aus dem Markustext: Lukas hat sie weggelassen, weil er dieselbe oder eine ähnliche Geschichte auch in seiner Matthäusschrift fand und lieber in der Form, die sie dort hatte, wiedergab, zum Beispiel die Verhandlung vom Teufelaustreiben durch Beelzebub Mk. 3,22 ff. hat er Luk. 11,14 ff., das Gleichnis vom Senfkorn Mk. 4,30 ff. hat er Luk. 13,18 f., das Wort von der Ehescheidung Mk. 10,11 hat er Luk. 16,18. Zu dem Schlußwort vom verdorrten Feigenbaum Mk. 11,23 hat er eine Parallele Luk. 17,6; zu der Frage nach dem größten Gebot Mk. 12,28 ff. s. Luk. 10,25 ff. Die Geschichte von der Salbung in Bethanien Mk. 14,3-9 hat er ohne Zweifel mit Rücksicht auf die Geschichte von der großen Sünderin, Luk. 7,36 ff., weggelassen. Nur eine, die größte Auslassung des Lukas, ist auffallend: alles was $$Mk. 6,45 bis 8,26::Mk 6,45-8,26$$ von der ersten bis zur zweiten Speisungsgeschichte erzählt ist, fehlt bei Lukas, obgleich von diesen Stücken auch in seiner andern Quelle fast nichts erzählt war. Vermutungen über die Ursache dieses Ausfalls anzustellen, ist zu unsicher, um es hier zu versuchen. Überblicken wir aber das Gesagte über die Entstehung des Lukasevangeliums, so ergibt sich, daß wir ihm in doppelter Beziehung besonderen Wert beilegen müssen:

1) Weil er aus der verlorenen Matthäusschrift und aus andern mündlichen und schriftl. Quellen uns vieles erhalten hat, was die zwei ersten Evangelien nicht bieten;

2) weil er aller Wahrscheinlichkeit nach an dem Bestand jener Matthäusschrift wenig geändert, sondern sie der Hauptsache nach in zwei großen Stücken seinem Buche einverleibt hat; daß er auch am Wortlaut des einzelnen nichts Wesentliches geändert hat, können wir daran, wie er die Erzählungen des Markusevangeliums benützt hat, sehen; ja da er, wo er die Wahl hatte zwischen dem Bericht der Markusschrift und der Matthäusschrift über dieselbe Sache, meist der letzteren den Vorzug gegeben hat (s. oben), ist anzunehmen, daß er auch ihren Wortlaut im einzelnen eher noch genauer wiedergegeben habe. Dagegen darf man bei ihm nach dem Stufengang des Wirkens Jesu am wenigsten forschen; dieser ist durch die Art der Zusammenarbeitung seiner Quellen vielfach verdeckt.

— Gewidmet hat er seine Schrift (wie die Apostelgeschichte) einem Theophilus (1,3), nach der Anrede „hochgeehrter Theophilus“, einem vornehmen Mann, wie man vermutet, einem Römer; mit der Absicht, einen zuverlässigen Bericht der Tatsachen und Worte zu liefern, auf die sich der Christenglaube gründet (1,1 ff.). Andere Absichten waren ihm sicherlich fremd. Wenn man in der Auswahl des Stoffs eine gewisse Vorliebe für solche Geschichten und Worte entdeckt hat, welche die Freundlichkeit Gottes und des Heilandes gegen die Elenden, gegen die leiblich und geistig Armen bezeugen und uns dasselbe Erbarmen lehren (zum Beispiel 4,18 ff.; 6,20-38; 7,36 ff.; 10,30 ff.; 12,33; 13,11 ff.; 15,1 ff.; 16,19 ff.; 18,13 ff.; 23,43), so hat dieselbe gewiß nicht ihren Grund in einer Rücksicht auf besondere Verhältnisse der Leser, sondern nur darin, daß eben diese Seite des Evangeliums dem Lukas selbst das Herz abgewonnen hatte. Und dabei kann man sich allerdings an seine Vertrautheit mit Paulus, dem großen Verkündiger der Gnade Gottes, erinnern. Auch teilt Lukas die Einsetzungsworte des h. Abendmahls fast wörtlich wie Paulus 1 Kor. 11 mit. Über die Abfassungszeit s. Evangelien 2, Apostelgesch.

    Das Evangelium nach Lukas

    Botschaft, Aufbau und Ziel
    Dass sich Lukas als brillanter Historiker erwiesen hat, dürfte vielen Bibellesern bekannt sein. Weniger bekannt scheint jedoch, dass Lukas im gleichnamigen Evangelium historische Genauigkeit mit einem damals üblichen Stilmittel – der literarischen Symmetrie – verbunden hat. David Gooding, emeritierter Professor für alttestamentliches Griechisch, weist im vorliegenden Standardwerk überzeugend nach, dass Lukas bei seiner Auswahl des Stoffes erstaunlich systematisch vorging, und begründet auch, warum er sich dieses Stilmittels der Symmetrie bediente. Dieser Kommentar der besonderen Art legt den Schwerpunkt auf Jesus als den Sohn des Menschen und sein Vorbild in den verschiedenen Facetten. Wertvolle und aufschlussreiche Hintergrund-Informationen erleichtern das Verständnis. Sowohl der lehrmäßige Gehalt als auch die Umsetzung in die Praxis werden berücksichtigt, während auf Spekulationen verzichtet wird. Ein Werk, das Freude daran weckt, im Wort Gottes auf Entdeckungsreise zu gehen …