
Guten Abend, ich möchte alle herzlich begrüßen – nicht nur die, die hier sind, sondern auch diejenigen, die über den Livestream jetzt live zugeschaltet sind.
Wir haben in diesen Tagen ein ganz interessantes Thema: das Buch Esther. Dieses Buch ist eines der ungewöhnlichsten Bibelbücher überhaupt. Der Name Gottes fehlt vollständig. Man findet weder „der Herr“, „Gott“, „der Ewige“ noch irgendeinen anderen Gottesnamen.
Zudem wird über Gebet, Opfer, Priester und Propheten überhaupt nicht gesprochen. Diese Ausdrücke kommen im Buch Esther nicht vor. Dabei werden wir sehen, dass in diesem Buch tatsächlich intensiv gebetet wurde, auch wenn es nicht als Gebet bezeichnet wird.
Man fragt sich also: Was bedeutet das? In der Vergangenheit haben Rabbiner darüber diskutiert, warum das Buch Esther überhaupt im Kanon der biblischen Bücher enthalten ist, wenn doch nicht einmal der Name Gottes darin vorkommt.
Es konnte jedoch eine gute Antwort darauf gegeben werden, warum dieses Buch zu den vom Heiligen Geist inspirierten Büchern des Alten Testaments gehört.
Gerade in diesem Zusammenhang – dass der Name Gottes fehlt und Gebet, Opfer, Priester sowie Propheten nicht erwähnt werden – ist es umso verblüffender, wenn man entdeckt, dass grundlegende neutestamentliche Lehren, die besonders in den Briefen an die Galater und an die Römer ausgeführt werden, in bildlicher Form im Buch Esther vorweggenommen und bis ins kleinste Detail veranschaulicht sind.
Es geht also um den Konflikt zwischen Fleisch und Geist. In den kommenden Tagen wollen wir gemeinsam entschlüsseln, wie in dem Buch Esther ein atemberaubendes Drama beschrieben wird.
Und bis man das entdecken kann, muss man zuerst einmal den Schlüssel bekommen. Man muss wissen, was die Personen und ihre Darsteller bedeuten. Wenn man das einmal weiß, zum Beispiel, ich nehme es schon mal vorweg: Ahasveros, der König, bedeutet die Seele; Esther steht für den menschlichen Geist; Mordechai für den heiligen Geist und so weiter.
Sobald man weiß, welche Person was bedeutet, fügt sich alles später zusammen wie ein Puzzle – wirklich bis ins letzte Detail. Das wird uns in diesen Tagen ständig ein Aha-Erlebnis bescheren, das wirklich verblüfft.
Aber eben, man muss den Schlüssel kennen. Wenn ich den Schlüssel am Anfang gebe, wird man vielleicht denken, das klingt ein bisschen gesucht oder phantasievoll. Das kann man gut verstehen, denn es wirkt tatsächlich so im ersten Moment.
Doch wir machen dann den Test. Bei der Bibelauslegung ist der Test: Es muss alles aufgehen. Sobald es irgendwo hakt, wissen wir, dass die Auslegung falsch ist. Es darf nie klemmen.
Man kann sich das vorstellen wie ein Tausend-Puzzle. Man ist überzeugt, dass ein Teil dort hineingehört, aber es passt nicht. Wenn man dann daran herumdrückt und etwas kaputt macht, ist das der Beweis, dass man falsch gearbeitet hat. So ist es auch bei der Bibelauslegung.
Es muss alles aufgehen, dann ist es die richtige Auslegung. Wenn nicht, ist sie falsch und muss verworfen werden.
Alles, was wir im Buch Esther entdecken, hat eine ganz praktische Bedeutung für den Lebensalltag als Christ. Wer die Belehrungen des Buches Esther beherzigt, besitzt auch den Schlüssel zur Lösung vieler geistlicher Probleme und zwischenmenschlicher Konflikte. Dies gilt in allen Bereichen – in Ehe, Familie, Gemeinde und im Beruf.
Manche von euch kennen vielleicht den Namen Professor Wilder-Smith. Er war ein großer Pionier und einer der ersten bedeutenden Naturwissenschaftler, der den Kampf gegen die Ideologie der Evolutionslehre aufgenommen hat. Er hinterließ ein beeindruckendes Lebenswerk. Unter seinen zahlreichen Büchern gibt es eines mit dem Titel „Grundlagen zu einer neuen Biologie“.
Er wollte aufzeigen, wie die Biologie völlig reformiert werden muss, indem man alles entfernt, was mit der Ideologie der Evolution zusammenhängt. In diesen Tagen werden wir sehen, dass das Buch Esther uns die Grundlagen zu einer neuen Psychologie liefert. Diese Psychologie verwirft alle säkularen Theorien, die in den vergangenen Jahrzehnten – beginnend im neunzehnten Jahrhundert – aufgebaut wurden und der Bibel widersprechen.
Jetzt werden wir wirklich von der Bibel her sehen: Wer ist der Mensch?
König David stellt im Psalm 8 die Frage: „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst?“ Er blickt dabei zum Sternenhimmel, wie es im Psalm 8 beschrieben wird, und fragt sich: Was ist der Mensch? Das ist eine der tiefsten Fragen überhaupt.
Es gibt noch eine noch tiefere Frage: Wer ist Gott? Diese beiden Fragen hängen eng zusammen. Der Grund dafür ist, dass die Bibel in 1. Mose 1 sagt, dass Gott den Menschen in seinem Bild erschaffen hat. Das bedeutet, man kann den Menschen nicht wirklich verstehen, ohne eine Gotteserkenntnis zu haben. Denn der Mensch wurde im Bild Gottes erschaffen.
Es gibt eine Anekdote von einem Philosophen, der auf einer Parkbank saß. Ein Polizist kam zu ihm und fragte: „Wer sind Sie?“ Der Philosoph griff sich an den Kopf und antwortete: „Wenn ich das nur wüsste.“ Dabei wollte der Polizist nur eine einfache Antwort, und dann wäre die Sache erledigt gewesen.
Genau das ist der große Punkt: Was ist der Mensch? In der säkularen Psychologie hat man seit dem 19. Jahrhundert versucht, dieses Geheimnis zu ergründen. Doch man kann sagen, dass im 20. und 21. Jahrhundert das Geheimnis nicht gelüftet wurde. Warum? Weil ganz wesentliche Aspekte des Menschen weggelassen worden sind.
Wir sehen hier auf der Folie eine schematische Darstellung des Menschen nach der Bibel. Nach der Bibel ist der Mensch eine Dreieinheit aus Körper, Seele und Geist. Der Körper ist hier als äußerer Kreis dargestellt. Diese Dreieinheit entspricht der Dreieinigkeit Gottes, nämlich dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist.
Der Mensch wurde im Bild Gottes erschaffen, und deshalb ist er ebenfalls eine Dreieinheit. Tatsächlich wird im 1. Korinther 2 der Geist des Menschen, der uns zu höherem Denken befähigt, mit dem Geist Gottes verglichen. Es wird gesagt, dass nur der Geist Gottes die Tiefen Gottes erforschen kann. Ebenso weiß nur der Geist des Menschen, was im Menschen selbst verborgen ist.
In der säkularen Psychologie spricht man ebenfalls vom Körper, dem Soma. Daher gibt es auch den Begriff der Psychosomatik, der den Zusammenhang zwischen Seele und Körper beschreibt. Sehr viel wird dort über die Seele gesprochen. Psychologie bedeutet ja die Lehre oder Wissenschaft von der Seele. „Psyche“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet Seele.
Man spricht in der Psychologie auch vom Geist, obwohl man nicht von Pneumatologie spricht, der Lehre vom Geist. Stattdessen heißt es immer Psychologie. Dennoch wird in der Psychologie auch über den Geist des Menschen gesprochen.
Ganz wichtig ist jedoch: In der säkularen Psychologie glaubt man nicht, dass es eine Seele gibt, die immateriell und eine selbstständige Einheit ist, zusätzlich zum materiellen Körper. Ebenso glaubt man nicht an einen Geist, der immateriell und eine eigene Einheit ist, im Gegensatz zum Körper, der aus Materie besteht.
Stattdessen geht man davon aus, dass der Mensch im Grunde eine biochemische Maschine ist. Durch komplexe Prozesse im Gehirn, in den Synapsen und in den Nervenbahnen entsteht etwas, das man als Seele oder Geist bezeichnet. Dies ist jedoch nur ein Ergebnis chemischer und physikalischer Prozesse in der Materie des Körpers.
Natürlich wird gesagt, dass die Seele einen Einfluss auf den Körper hat. Das lässt sich auch bei säkularen Psychologen und Psychiatern beobachten. Dennoch ist die Seele kein zusätzliches Wesen neben dem Körper. Sie beeinflusst den Körper, und der Körper wirkt auf die Seele zurück. Aber die Seele selbst ist das Ergebnis all dieser komplizierten physikalischen und chemischen Prozesse im Körper.
Für Informatiker ist das besonders interessant: In der säkularen Welt glaubt man, dass mit der Zeit, wenn Computer noch komplexer werden, sich eine Art Seele oder Geist entwickeln wird. Man geht davon aus, dass künstliche Intelligenz – ein Begriff, der übrigens sehr problematisch ist – so weit fortschreiten kann, dass schließlich sogar ein Bewusstsein in diesen Maschinen entsteht.
Die Bibel lehrt jedoch etwas anderes. Sie sagt, dass Seele und Geist etwas sind, das Gott erschaffen hat, immateriell und zusätzlich zum materiellen Körper. Diese drei zusammen bilden eine so vollkommene Einheit, dass man sie nicht einfach trennen kann. Sobald eine Trennung geschieht, ist der Tod eingetreten.
Man denke nur an den jungen Mann Eutychus, der im Fenster saß, als Paulus in der Gemeinde in Troas predigte – und zwar ziemlich lange, bis Mitternacht. Dann wurde er vom Schlaf überwältigt, vermutlich weil er den Vortrag nicht so spannend fand. Objektiv war die Predigt sicher spannend, aber subjektiv gibt es Menschen, die sie als langweilig empfinden.
Eutychus fiel aus dem Fenster und wurde leblos aufgehoben. Paulus sagte: „Die Seele ist noch in ihm.“ Er war leblos, also bewusstlos. Das griechische Wort „nekros“, das dort verwendet wird, bedeutet tatsächlich „tot“ im eigentlichen Sinn, kann aber auch „leblos“ oder „wirkungslos“ bedeuten. Es beschreibt jemanden, der das Bewusstsein verloren hat. Später wurde er zur Freude aller in der Gemeinde wieder lebendig.
Das war eine besondere Situation, aber es war nicht so, dass Paulus einen Toten auferweckt hat, weil die Seele noch in ihm war. Wäre die Seele weg gewesen, hätte man vom Tod sprechen müssen.
Das ist alles ein wenig, um einen Vorgeschmack auf das Thema zu geben, das wir in den kommenden Tagen gemeinsam betrachten werden. Ich habe nur einige Bibelstellen erwähnt, aber wir werden Schritt für Schritt genau hinschauen und die Bibelstellen analysieren. Dabei erhalten wir auch im Neuen Testament Licht für das Alte Testament, um das Drama und den Konflikt zwischen Fleisch und Geist gut verstehen zu können.
In der säkularen Psychologie spricht man von Seele, Geist und Körper. Diese Begriffe haben jedoch nicht dieselbe Bedeutung wie in einer biblisch begründeten Psychologie, einer neuen Psychologie.
Weiterhin spielt in der Säkularpsychologie der Begriff „Fleisch“ nicht die Rolle, die er spielen müsste. „Fleisch“ ist ein Begriff, den der Apostel Paulus im Römer- und Galaterbrief wiederholt verwendet. Er bezeichnet damit die böse, sündige Natur des Menschen, die man als böses Verlangen in sich spüren kann – jeden Tag.
In der Psychologie, insbesondere in der Tiefenpsychologie von Freud, ist die Rede vom „Es“. Dieses hat natürlich etwas mit den bösartigen Trieben im Menschen zu tun. Freud hätte jedoch nie gesagt, dass der Mensch im Kern böse und völlig verdorben ist. Das Neue Testament lehrt hingegen, dass der Mensch gefangen ist von dieser Kraft in uns, dem Fleisch. Wir nennen es also nicht „Es“, sondern das Fleisch oder – wie das Neue Testament – die Sünde in der Einzahl. Diese Sünde ist nicht eine bestimmte Tatsünde, sondern die sündige Natur in uns.
Diese Natur ist so verdorben, dass die Bibel sie einfach „die Sünde“ nennt, weil sie nichts anderes kann, als Sünden zu produzieren oder anzuregen, um Sünden zu tun. Wenn man dies in der Seelsorge nicht berücksichtigt, kommt man nicht an die eigentlichen Probleme des Menschen heran.
Auch der Begriff „Schuld“ ist problematisch. Im säkularen Bereich wird oft von Schuldgefühlen gesprochen, aber nicht unbedingt von konkreter Schuld. Wenn man die Probleme auf Schuldgefühle verlagert, versucht man, die Gefühle zu beseitigen, ohne das eigentliche Problem zu lösen.
Das ist vergleichbar mit einer Situation, in der beim Autofahren ein gelbes Lämpchen aufleuchtet, das anzeigt, dass Öl nachgefüllt werden muss. Man sollte dann nicht weiterfahren, sondern unbedingt Öl nachfüllen. Man könnte es sich aber auch einfacher machen, indem man ein kleines Hämmerchen bereit hält und bei Aufleuchten des Lämpchens einfach draufschlägt.
So wird oft versucht, Schuldgefühle zu therapieren, ohne das eigentliche Problem anzugehen. Schuld benötigt jedoch auch Vergebung – nicht nur Vergebung von anderen Menschen, sondern auch Vergebung von Gott. Diese Aspekte werden in einer säkularen Psychologie meist ausgeklammert.
Und dann haben wir hier weiterhin den Heiligen Geist. Das Neue Testament zeigt uns, dass für einen Menschen, der zum Glauben an Jesus Christus gekommen ist, der Heilige Geist eine ganz wesentliche Rolle spielt. Bei der Bekehrung empfängt man den Heiligen Geist.
Ihr wohnt im Körper, sagt 1. Korinther 6. Wisst ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist? Die Kraft des Heiligen Geistes ist natürlich etwas ganz, ganz Wesentliches.
Geht aber ein Gläubiger zu einem säkularen Psychologen oder Psychiater, kann dieser mit dem Begriff „Heiliger Geist“ und seiner Wirkung im Leben eines Gläubigen oft nichts anfangen. Für ihn ist das Phantasie. Dabei ist das etwas ganz Wesentliches, wenn es um Psychologie für einen Christen geht.
Also haben wir hier schon mal ein kleines Licht auf das, was in den kommenden Tagen noch kommen wird. Wir werden sehen, was wir in den nächsten Tagen lernen. Denn diese Dinge sind recht kompliziert: Fleisch, Seele, Heiliger Geist, Körper und wie das alles zusammenwirkt.
Darum hat Gott uns dieses Bilderbuch gegeben, das Buch Esther. Es macht das Ganze so anschaulich, dass man es viel besser im Gedächtnis behält. Das ist der Grund, warum man sagen kann: Das Neue Testament ist im Alten verhüllt, und das Alte Testament ist im Neuen Testament enthüllt.
Dieses Zusammenspiel von Altem und Neuem Testament werden wir auf grandiose Art und Weise beim Studium des Buches Esther erleben.
Nun möchte ich ganz kurz noch etwas zum Namen Gottes sagen. Im Judentum hat es viel Mühe gemacht, dass es ein Buch in unserer Bibel gibt, das den Namen Gottes nie erwähnt. Die Antwort darauf kam, als jemand auf eine Illustration in 5. Mose 32,20 hinwies.
Schlagen wir dort mal auf: Gott spricht zu Israel und zeigt ihnen, was Schreckliches geschehen würde, wenn sie sich von ihm und seinem Wort, der Bibel, abwenden. 5. Mose 32,20 lautet: „Und er sprach, also Gott: Ich will mein Angesicht vor ihnen verbergen, will sehen, was ihr Ende sein wird; denn ein Geschlecht voll Verkehrtheit sind sie, Kinder, in denen keine Treue ist.“
Nun werden wir gleich auch den geschichtlichen Hintergrund des Buchs Esther kennenlernen. Dort sehen wir, dass es sich um das Thema der Wegführung der Juden nach Babylon handelt – die babylonische Gefangenschaft – wegen ihrer Sünde. Der Staat Juda wurde zusammengeschlagen, der Salomonische Tempel dem Erdboden gleichgemacht, und Jerusalem, die Hauptstadt, ging in Flammen auf. Die Juden wurden nach Babylon deportiert, dem heutigen Irak.
Nach Jahrzehnten eroberten die Perser das babylonische Reich. Sie erlaubten den Juden, in ihr Land zurückzukehren, doch es kehrte nur ein Überrest zurück. Viele blieben zurück und breiteten sich sogar noch weiter in Asien aus. So entstand eine Diaspora, eine Zerstreuung der Juden.
Die Rabbiner, die erklärten, warum im Buch Esther der Name Gottes nicht vorkommt, wiesen darauf hin, dass dies eine Zeit war, in der Gott sein Angesicht vor uns verborgen hatte – wegen unserer Sünde. Das ist das, was Martin Buber „Gottesfinsternis“ nannte.
Martin Buber hat zusammen mit Rosenzweig eine Übersetzung des Alten Testaments ins Deutsche gemacht. Diese sollte ein Geschenk an Deutschland sein, weil Deutschland den Juden über Jahrhunderte eine Heimat geboten hatte. Diese Übersetzung war ein Abschiedsgeschenk. Martin Buber konnte noch vor den Nazis nach Amerika fliehen und hielt dort Vorträge mit dem Titel „Gottesfinsternis“.
Dieses Wort „Gottesfinsternis“ hat er selbst erfunden, ebenso wie viele andere Wörter in dieser Übersetzung. Zum Beispiel im Schöpfungsbericht: „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde, und die Erde war wüst und leer.“ Das hebräische Wort „Tohuwawohu“ hat er mit „Irrsal und Wirrsal“ übersetzt. Diese Wörter gibt es so nicht, er hat sie erfunden, aber man versteht sie sofort.
Bei „Gottesfinsternis“ sagt er: Wenn die Sonne durch den Mond verfinstert wird, sprechen wir von einer Sonnenfinsternis, aber die Sonne ist immer noch da. Gottesfinsternis bedeutet, dass Gott zwar existiert, wir ihn aber nicht mehr gleich wahrnehmen.
Das ist ein Problem des Menschen im 20. und 21. Jahrhundert in unserer westlichen, nachchristlichen Gesellschaft. Viele sagen, sie spüren nichts von Gott. Das ist genau der Ausdruck dieser Gottesfinsternis. In früheren Jahrhunderten war das ganz anders. Da war für die meisten Menschen klar, dass Gott existiert. Jeden Tag musste man nur die Augen öffnen, um Bäume, die blühen, oder Tiere in ihrer Vielfalt zu sehen, um Gottes Weisheit und Größe zu erkennen. Den Sternenhimmel anzuschauen war ebenfalls klarer Beweis. Aber für den modernen Menschen ist das nicht mehr so.
Martin Buber nennt das Gottesfinsternis. Darum hat die Zeit des Buchs Esther viel mit unserer Zeit zu tun. Es ist auch eine Zeit, in der Gott sagt: „Ich will mein Angesicht vor ihnen verbergen.“ Doch man hat gesucht, bis man doch etwas gefunden hat.
So hat man im Buch Esther vier Wörter entdeckt, deren Anfangsbuchstaben zusammengenommen den Namen Gottes ergeben – „Herr“ im Hebräischen „Jahwe“. Im Judentum wird dieser Name aus Ehrfurcht nicht ausgesprochen, um ihn nicht zu missbrauchen. Man darf ihn zwar aussprechen, aber nicht zum eitlen Gebrauch, wie das dritte Gebot sagt.
Diese vier Wörter findet man beispielsweise in Esther 1,20. Dort sind die Anfangsbuchstaben H, W, H und J, die zusammen den Namen Jahwe ergeben. Man schreibt nur die Konsonanten JHWH. Der Name kommt also vor, aber am Anfang der Wörter und rückwärts gelesen.
Eine zweite Stelle ist Esther 5,4. Dort spricht Esther: „Jawo ha-melech we-hamman ha-yom.“ Auch hier ergeben die Anfangsbuchstaben den Namen Jahwe, diesmal vorwärts gelesen.
Ein drittes Mal findet man den Namen in Esther 5,13, diesmal mit den letzten Buchstaben der Wörter, rückwärts gelesen.
Das vierte Mal ist in Esther 7,7. Auch dort steht der Name am Wortende, diesmal vorwärts gelesen.
Diese viermalige Erscheinung des Namens Gottes im Buch Esther – zweimal am Anfang der Wörter (vorwärts und rückwärts), zweimal am Ende (vorwärts und rückwärts) – ist ungewöhnlich. Man könnte sagen, das sei Zufall, doch ich habe das mit einem speziellen Programm im Alten Testament überprüft. Es zeigt sich, dass diese Dichte in einem Buch mit nur zehn Kapiteln sehr ungewöhnlich ist.
Außerdem kommt der Name an Schlüsselstellen vor, an denen sich im Buch inhaltlich eine Wende vollzieht. Das werde ich an den betreffenden Stellen später noch genauer erläutern.
Das heißt also: Der Name Gottes ist da, aber ganz versteckt, gerade dort, wo sich das Schicksal des Volkes Israel wendet. Das ist erstaunlich und zeigt, dass auch in Zeiten der Gottesfinsternis, in denen viele Menschen fragen: „Wo ist Gott?“, Gott wirkt und handelt.
Wichtig ist, sich an Sprüche 3 zu halten. Dort sagt König Salomo: „Vertraue auf den Herrn, das ist im Hebräischen Jahwe, den Ewigseienden, den Unwandelbaren. Vertraue auf Jahwe mit deinem ganzen Herzen und stütze dich nicht auf deinen Verstand.“ Das heißt nicht, dass man nicht denken soll. Salomo war der weiseste König seiner Zeit. Aber er sagt: Vertraue nicht darauf, dass dein Verstand die letzte Instanz ist, sondern vertraue auf Gott und sein Wort.
Weiter heißt es: „Erkenne ihn auf allen deinen Wegen, und er wird gerade machen deine Pfade.“ Man muss also genau hinschauen und auf Gottes Führung und Fügungen achten. Dann erkennt man, wie Gott in der Geschichte der Völker und im persönlichen Leben handelt.
Das ist etwas Wunderbares: Je älter man wird, desto mehr kann man zurückblicken und erkennen, wie Gott gewirkt hat. Ich erinnere mich noch an meine Kindheit, als ich zuhörte, wie meine Mutter mit einer alten Freundin sprach, die sie in der französischen Schweiz wiedergetroffen hatte. Sie sagte: „Vor zwanzig Jahren ...“ Für mich als Kind war das eine lange Zeit. Heute kann ich sagen: Das war vor fünfzig Jahren. Ich erinnere mich ganz genau daran.
Man kann über große Zeiträume zurückblicken, über ein halbes Jahrhundert und mehr. Meine erste Erinnerung habe ich mit zwei Jahren im Zürcher Zoo, an die Flamingos. Die sehe ich noch vor mir, gleich nach dem Eingang. So kann ich sechzig Jahre zurückdenken.
Wenn ich mein Leben betrachte, sehe ich einen roten Faden. Ich musste genau mit diesen Menschen zusammenkommen. Es war ganz wichtig, dass sich manche Türen öffneten und andere schlossen. Es ist wunderbar: „Erkenne ihn auf allen deinen Wegen, und er wird gerade machen deine Pfade.“
Das ist etwas Wunderbares, was wir aus diesem ersten Teil vor der Pause mitnehmen wollen: Gott handelt oft ganz verborgen, aber er handelt. Wenn man die Augen offenhält, erkennt man Gottes Namen in den Wendungen des Lebens und in der Weltgeschichte.
Dann machen wir jetzt eine Pause von zehn Minuten. Dabei öffnen wir die Fenster, um die Aerosole hinauszulüften. Man kann auch ein bisschen aufstehen. Danach machen wir um halb weiter.
Wir wollen jetzt auch noch etwas zur Geschichtlichkeit des Buches zusammen anschauen. Ich lese zu Beginn Esther 1, Vers 1:
„Und es geschah in den Tagen des Ahasveros, das ist der Ahasveros, der von Indien bis Äthiopien über hundertsiebenundzwanzig Landschaften regierte. In jenen Tagen, als der König Ahasveros auf dem Thron seines Königreiches saß, der in der Burg Susan war, im dritten Jahr seiner Regierung, da gab er ein Gastmahl allen Fürsten und Knechten und den Mächtigen von Persien und Medien, den Vornehmen und Fürsten der Landschaften vor ihm. Er zeigte also den herrlichen Reichtum seines Königreichs und die glänzende Pracht seiner Größe viele Tage lang, hundertachtzig Tage.“
Als diese Tage vollendet waren, gab der König allem Volk, das sich in der Burg Susan befand, vom Größten bis zum Kleinsten, ein Gastmahl von sieben Tagen im Hof des Gartens des königlichen Palastes.
Weißes und purpurblaues Leinen war befestigt mit Schnüren aus Büssus und Purpur, an silbernen Ringen. Es gab weiße Marmorsäulen, Polster aus Gold und Silber. Diese lagen auf einem Pflaster von Alabaster, Marmor, Perlmutter und schwarzem Marmor. Man reichte das Getränk in goldenen Gefäßen, und die Gefäße waren voneinander verschieden. Wein gab es in Menge.
Nach der Freigebigkeit des Königs und dem Trinken geschah alles der Anordnung entsprechend ohne Zwang. Denn so hatte der König allen Obersten seines Hauses befohlen, dass sie tun sollen, nach jedermanns Belieben.
Auch die Königin Wasti gab ein Gastmahl für die Frauen im königlichen Haus des Königs Ahasveros.
Am siebten Tag, als das Herz des Königs vom Wein fröhlich war, befahl er Mehuman, Bista, Harbona, Bigda, Abagda, Seta und Carcas, den sieben Hofbeamten, die vor dem König Ahasveros dienten, die Königin Wasti mit der königlichen Krone vor den König zu bringen. Er wollte den Völkern und Fürsten ihre Schönheit zeigen, denn sie war schön von Aussehen.
Aber die Königin Wasti weigerte sich, auf das Wort des Königs zu kommen. Da sie jedoch den Hofbeamten überbracht wurde, da erzürnte der König sehr, und sein Zorn entbrannte in ihm.
Zunächst einmal bis hierhin: Das Buch Ester wird eröffnet. Man könnte sagen: Der Vorhang geht auf, die Szene auf der Bühne. Ahasveros sitzt auf seinem Thron – und zwar, wie ausdrücklich gesagt wird, im dritten Jahr seiner Regierung.
Aus der Geschichte wissen wir: Ahasveros, den die alten Griechen Xerxes nannten – daher wird er in Geschichtsbüchern als Xerxes I. bezeichnet – regierte von 486 bis 465 vor Christus. Er wurde schließlich im Schlafzimmer ermordet.
Dieser Mann war sprichwörtlich reich. Wir wissen aus der Geschichte, dass er großen Reichtum anhäufte und ein Heer aufstellte, wie es die alte Welt bis dahin offensichtlich noch nie gesehen hatte.
Nun wird dieser Mann als Herrscher über das Persische Reich vorgestellt. Auf der Karte sieht man, dass sein Reich von Äthiopien reichte. Im Hebräischen steht für Äthiopien „Kusch“. Kusch meint zunächst eigentlich den Nord-Sudan, das Land südlich von Ägypten. Im weiteren Sinn kann es auch mehr umfassen, aber Kusch bezeichnet also den Bereich vom Sudan über Ägypten, Libyen und dann bis nach Indien – also bis über den Indus hinaus. Das entspricht heute etwa Pakistan.
Das war dieses Reich. Man stellt fest, dass es sich über drei Kontinente erstreckte – sensationell. Das ist das persische Weltreich, das er beherrschte. In Vers 1 wird von 127 Landschaften gesprochen.
Man muss sich darüber im Klaren sein: Gottlose Akademiker haben in der Vergangenheit versucht, alles in der Bibel infrage zu stellen – natürlich auch das Buch Ester. Es wurde als ein jüdischer Roman, eine jüdische Novelle abgetan, also als historisch ohne Wert. Bibelgläubige wurden als Menschen dargestellt, die an Legenden glauben.
Wenn man jedoch wissenschaftlich an die Sache herangeht und sich fragt: „Warum im dritten Jahr seiner Regierung veranstaltete er ein riesiges Fest, das ein halbes Jahr dauerte, und zeigte seinen ganzen Pomp – 180 Tage? Und dann noch eine Spezialeinladung für das Volk in der Hauptstadt Susan?“ – dann wird es interessant.
Warum genau im dritten Jahr? Wir wissen aus der Geschichte: Vom ersten Jahr seiner Herrschaft bis zu diesem Zeitpunkt gab es eine schwierige Zeit von zwei Jahren mit Aufständen in Ägypten. Dort gab es einen massiven Aufstand, unterstützt übrigens von Athen in Griechenland, gegen das Persische Reich. Die Ägypter wollten sich unabhängig machen, und die persische Armee musste eingreifen.
In dieser Zeit gab es auch einen Aufstand in Babylon. Auch Babylon kämpfte um Unabhängigkeit. 483 waren all diese Aufstände niedergeschlagen.
Das erste Jahr von Ahasveros begann nicht am 1. Januar, sondern etwas versetzt zu unserem Kalender. Darum werden Jahre in der Bibel oft über zwei Jahre gezählt: 486, 485 – das ist das erste Jahr; dann das zweite Jahr 485, 484; und das dritte Jahr 484 bis 483. Im Jahr 483 war Xerxes, also Ahasveros, auf der Höhe seiner Macht. Deshalb fand dieses große Fest statt.
Wir haben aber gerade von einem Drama gelesen: Die Frau Wasti wollte nicht zum Höhepunkt der Festlichkeiten kommen. Sie verweigerte den Gehorsam – und das löste eine Riesensache aus.
Nicht Rebellion in Ägypten oder Babylon, sondern Rebellion im eigenen Haus. Die Frau akzeptierte nicht, was der Mann wollte. Das führte dazu, dass Wasti als Königin abgesetzt wurde. Eine andere Königin sollte gesucht werden.
So werden wir sehen, dass schließlich dieses jüdische Mädchen Ester an die Spitze des persischen Weltreichs gelangt.
Wenn man sich nur schon jetzt vorstellt: Was für ein Moment das war, als Ahasveros, wie wir noch sehen werden, bei einem Gastmahl zu Ester sagt: „Was möchtest du von mir? Bis zur Hälfte meines Königreiches soll es dir werden.“ Wow, das wäre die Gelegenheit für ein Groß-Israel gewesen – die Hälfte dieses Reiches auf drei Kontinenten.
Doch sie wollte das nicht. Sie hatte einen anderen Wunsch: das jüdische Volk, das vor der Totalvernichtung stand – man kann sagen, eine Vorwegnahme der Shoah, ähnlich wie unter Hitler – sollte gerettet werden.
Ich will damit sagen, dass dieses Volk nicht einfach ausgelöscht wurde.
Also kam es zu dieser großen Wende: Wasti wurde abgesetzt, und es sollte eine andere Königin kommen. Diese wurde gesucht, wie wir noch sehen werden.
Und wann wird Esther Königin? In Kapitel 2, Vers 16 lese ich: „Und Esther wurde zum König Ahasveros in sein königliches Haus geholt, im zehnten Monat, das ist der Monat Tebet, im siebten Jahr seiner Regierung. Und der König gewann Esther lieb mehr als alle Frauen, und sie erlangte Gnade und Gunst vor ihm mehr als alle Jungfrauen. Und er setzte die königliche Krone auf ihr Haupt und machte sie zur Königin anstelle von Wasti.“
Ja, aber das ist ja das siebte Jahr, und das Drama geschah ja im dritten Jahr. Nun stellt sich ein aufmerksamer Bibelleser die Frage: Warum diese lange Zeit?
Da muss man in den Geschichtsbüchern nachschauen. In dieser Zwischenzeit fallen nämlich die Kriege, die wir in der Schule im Geschichtsunterricht hatten: die Perserkriege. Vielleicht kommt das einem witzig vor, hatten wir doch mal das Thema „Perserkriege“. Das waren diese verheerenden Kriege. Die Perser wollten nämlich ihr Reich ausdehnen und auch Griechenland richtig erobern. Die Griechen haben sich heldenmütig gewehrt, und das endete mit einer Katastrophe.
Ich habe schon gesagt: Ahasveros, Xerxes der Erste, hat ein Heer auf die Beine gestellt, wie man das noch nie zuvor in der Geschichte gesehen hatte, und ist gegen die Griechen losgegangen. Die Griechen haben sich so tapfer gewehrt, und dann kam es – vielleicht erinnert man sich – im Jahr 480 zu dieser Niederlage von Salamis, einer ganz berühmten Seeschlacht mit der Flotte der Perser. Die Griechen haben die Perser so gedemütigt. Man muss sich vorstellen: ein kleines Volk gegen dieses riesige Reich – und sie haben gewonnen.
All das fällt in diese Zeit hinein, diese Perserkriege bis hin zu dieser schändlichen Niederlage. Nach dieser Niederlage ging Xerxes, der mit dabei war und das Heer führte, nach Hause nach Susa. Ja, da sind wir im Jahr 480 oder 479. Da wird Esther Königin. Das passt so genau mit der Geschichte zusammen. Das ist fantastisch.
Die Bibel erwähnt das jetzt nicht, weil hier nicht das wichtige Thema die Niederlage der Perser ist, sondern es geht um diesen Wechsel, was Esther betrifft. Und Esther wird schließlich zur Retterin des jüdischen Volkes. Aber so detailliert und präzise ist Gottes Wort, nicht wahr? Da wird genau gesagt: im zehnten Monat, das ist der Monat Tebet, im siebten Jahr seiner Regierung.
Es gibt Leute, die sagen, das sei ein Märchenbuch. Im Märchenbuch, da bin ich zum Beispiel bei Hänsel und Gretel: „Es war einmal.“ Ja, wann? Vielleicht in der Zeit von Karl dem Großen, um achthundert. Ja, das weiß man nicht, es war einmal. Und dann haben sich Hänsel und Gretel im Wald verirrt. Wo? Es wird nicht gesagt, vielleicht könnte man denken: der Schwarzwald, aber das wird nicht gesagt. Warum? Weil es für Märchen auch nicht wichtig ist. Es geht da nicht um Dinge, die in Raum und Zeit stattgefunden haben.
Aber in der Bibel finden wir eine Chronologie durch die ganze Bibel hindurch, vom Alten Testament bis ins Neue Testament. Warum? Weil es hier um den wahren Gott geht, der in Raum und Zeit handelt und eingreift. Und wenn man die Augen offen hat und ihn erkennt, dann sieht man, wie Gott handelt und alles in der Hand hat – die Fäden der Geschichte in seiner Hand.
Darum wird das eben alles so präzise in der Bibel angegeben.
In der Geschichte heißt er Xerxes, weil die Griechen dieses schwierige Wort vereinfacht haben. Ich habe das am Anfang des Skripts aufgeführt. Im Altpersischen wurde das „x“ verwendet. Im Elamitischen, der Sprache, die speziell die Region von Susan, der Hauptstadt, kennzeichnete, sagte man „ich scherscha“. Im Hebräischen heißt er Achaschveros. Das ist der Name, der auf Deutsch als Ahasveros bekannt ist, während man im Hebräischen Achaschveros sagt.
Er war der Sohn von Darius dem Ersten, auch Hystaspes genannt. Dieser spielt in der Bibel eine wichtige Rolle, insbesondere in der Zeit von Sacharja und Haggai, den drei Propheten, sowie beim Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem. Ahasveros war also ein Sohn dieses Darius, der in Haggai 1 und Sacharja 1 erwähnt wird. Auch im Buch Esra ist er von Bedeutung.
Seine Mutter war die Prinzessin Atossa. Sie wiederum war eine Tochter von Kyros dem Zweiten. Kyros war jener König, der das babylonische Weltreich besiegte und den Juden erlaubte, wieder nach Hause zu gehen. Das war eine großartige Tat. Er gestattete auch den Wiederaufbau des Tempels und der Stadt Jerusalem.
All dies wurde bereits in Jesaja 44 und 45 vorausgesagt. Kyros wurde dort mit Namen prophezeit, etwa 170 Jahre bevor er in der Geschichte auftrat. Im Hebräischen heißt er Koresh, während die Griechen ihn Kyros nannten. So sagt man in der Geschichte Kyros oder Kyros, im Hebräischen jedoch Koresh.
Koresh war also der Vater von Ahasveros.
Und jetzt gibt es noch etwas Interessantes: In Daniel 11 wird Ahasverus prophezeit. Wir können das Kapitel aufschlagen und nachlesen. Daniel lebte zur Zeit von König Kyros, auch Chores genannt. Dieser gab den Juden die Erlaubnis, zurück in ihr Heimatland zu gehen. Ein Überrest von Zehntausenden kehrte zurück, baute die Stadt und den Tempel wieder auf. Viele blieben jedoch in der Zerstreuung.
In Daniel 11 lesen wir, dass ein Engel zu Daniel kam und ihm die Zukunft Israels voraussagen musste. Daniel 11, Vers 1 lautet: „Und auch ich stand im ersten Jahr Darius des Meders, der Unterkönig von Kyros, der über die Provinz Babylon regierte, ihm bei als Helfer und Schutz“, sagte der Engel. „Und nun will ich dir die Wahrheit kundtun: Siehe, es werden noch drei Könige in Persien aufstehen, und der vierte wird größeren Reichtum erlangen als alle. Wenn er durch seinen Reichtum stark geworden ist, wird er alles gegen das Königreich Griechenland aufreizen.“
Also lebt Daniel zur Zeit von Kyros, dem ersten König des persischen Weltreichs, nachdem das babylonische Weltreich besiegt worden war. Übrigens bilden die Kapitel 10, 11 und 12 in Daniel eine Einheit. In Daniel 10, Vers 1 heißt es: „Im dritten Jahr Chores des Königs von Persien wurde Daniel, der Belsatsar genannt wird, eine Sache offenbart.“ Dann wird alles in den Kapiteln 10 bis 12 mitgeteilt.
Jetzt sagt der Engel: „Ich sage dir die Wahrheit, es werden noch drei Könige in Persien aufstehen.“ Man muss also nach Kyros zählen: der erste, dann der zweite, dritte und vierte König. Gehen wir sie durch: Kyros, dann Kambyses, dann Gaumata, dann Darius der Erste, und schließlich der vierte, Xerxes.
Man wusste, dass dieser vierte König besonders reich sein würde. „Der Vierte wird größeren Reichtum erlangen als alle, und wenn er durch seinen Reichtum stark geworden ist, wird er alles gegen das Königreich Griechenland aufreizen.“ Und genau das hat er getan. Er stellte ein Heer auf und führte die berühmten Perserkriege, die schließlich zur Katastrophe führten – mit der Schlacht von Salamis. Danach kehrte der König mit Schimpf und Schande zurück und widmete sich anderen Themen, wie zum Beispiel der Heirat.
Man sieht, mit welcher Präzision das hier prophezeit ist. Auf dem Skript habe ich alle diese Könige – Kambyses, Gaumata, Darius, Ahasverus – mit Fußnoten versehen. Dort sieht man, dass sie in der Bibel mit hebräischen Namen bezeichnet werden. Ich habe überall Bibelstellen angegeben, in denen sie im Bibeltext vorkommen.
Der vierte König ist der Mann, der im Buch Esther als Ahasverus erscheint.
Ich möchte der Vollständigkeit halber noch etwas zu Daniel 11 hinzufügen, und zwar Vers 3: „Und ein tapferer König wird aufstehen, und er wird mit großer Macht herrschen und nach seinem Gutdünken handeln. Und sobald er aufgestanden ist, wird sein Reich zertrümmert und nach den vier Winden des Himmels hin zerteilt werden. Aber nicht für seine Nachkommen wird es sein, und nicht entsprechend der Macht, mit der er geherrscht hat. Denn sein Reich wird zerstört und anderen zuteil werden unter Ausschluss von jenen.“
Das klingt ein bisschen mysteriös, oder? Aber jedes Wort war Deutsch. Nun, wir werden gleich sehen: Dieser tapfere König, der hier beschrieben wird, ist ganz genau Alexander der Große. Er selbst war zwanzig Jahre alt, als er mit zehntausend Soldaten von Griechenland aus aufbrach. In der sagenhaften Zeit von dreizehn Jahren eroberte er das ganze persische Reich bis nach Indien, über den Indus hinaus. Unglaublich!
Was hat diesen Mann motiviert, das ganze Perserreich zu zerschlagen? Seine Motivation war Rache für das, was die Perser den Griechen damals angetan hatten, unter Ahasverus. Ja, die Griechen haben gewonnen. Aber das, was die Perser ihnen durch diese Kriege angetan hatten, hinterließ beim Volk einen Hass auf die Perser, der von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Darum wird das in Daniel hier erwähnt, nachdem Xerxes genannt worden ist: dass dann ein tapferer König kommt, der mit großer Macht herrschen und nach seinem Gutdünken handeln wird.
Sobald er aufgestanden ist – ja, dreizehn Jahre später – starb er mit 33 Jahren, wahrscheinlich an Malaria, in Babylon, als er den Turm von Babel wieder aufbauen wollte. Kaum aufgestanden, lag ihm ein riesiges Reich zu Füßen. Es gibt eine Anekdote, die zwar nicht stimmt, aber etwas ausdrückt: Als Alexander alles erobert hatte, soll er geweint haben, weil es nichts mehr gab, was er erobern konnte.
Doch eben so schnell, wie er aufgestanden war, war alles vorbei. Dann heißt es: Sobald er aufgestanden ist, wird sein Reich zertrümmert und nach den vier Winden des Himmels zerteilt werden. Kaum war er gestorben, stritten sich seine Generäle um das riesige griechische Weltreich. Sie führten lange Bürgerkriege, die in der Schule vielleicht als die Diadochenkriege bekannt sind. „Diadochen“ bedeutet „Nachfolger“. Diese Kriege führten dazu, dass das große Reich in vier größere Blöcke auseinandergerissen wurde.
Wenn man diese Teilreiche im Geschichtsatlas, zum Beispiel im Putzger, anschaut – zu meiner Zeit war der Putzger der große Geschichtsatlas, den wir benutzen mussten – gibt es eine wunderbare Darstellung dieser vier Teilreiche. Genau so, wie es hier steht: eines im Norden, eines meist nach Süden, eines nach Osten, das andere nach Westen. Exakt nach den vier Winden des Himmels wurde das Reich zerteilt.
Aber nicht für seine Nachkommen wird es sein. Ja, Alexander hatte einen Sohn, der ihm geboren wurde. Doch das war ein kleiner Junge, und er bekam nicht die Herrschaft. Die Generäle teilten das Reich unter sich auf. So wurde kein Nachkomme von Alexander Herrscher nach ihm. Die, die das Reich aufgeteilt hatten, herrschten nicht entsprechend der Macht, mit der Alexander geherrscht hatte. Denn sein Reich wurde zerstört und anderen zuteil, unter Ausschluss von jenen, also seinen Nachkommen.
Jedes Wort geht auf.
So können wir übrigens mit Daniel 11 weitergehen. Ich habe mal durchgezählt, wie viele einzelne Prophezeiungen sich in der Geschichte erfüllt haben. Ich bin auf über 150 erfüllte Prophezeiungen nur in diesem Kapitel gekommen. Das ist sensationell.
In der Wahrscheinlichkeitsrechnung spielt auch die Reihenfolge der Ereignisse eine wichtige Rolle. Wenn man die genaue Reihenfolge angibt, wird alles noch schwieriger. Und alles hat sich genau in der richtigen Reihenfolge erfüllt.
Ich habe ein Büchlein darüber geschrieben: „Weltgeschichte im Visier des Propheten Daniel“. Darin behandle ich alle Prophezeiungen aus dem Buch Daniel, natürlich auch die über 150 aus Kapitel 11. Das ist einfach sensationell.
Ich erinnere mich noch, wie ich als Teenager zum ersten Mal in einem Kommentar aus dem 19. Jahrhundert davon gelesen habe. Der Kommentar war geschrieben ohne Untertitel, ohne Zwischentitel, überhaupt nicht aufgelockert – so ein richtiger Bandwurm. Wer liest heute noch Bücher aus dem 19. Jahrhundert, obwohl sie so gut sind? Es war ein Kommentar von Davy und Kelly über das Buch Daniel. Ich war fasziniert, und das hat mich sehr geprägt. Ich hatte auch nie das Problem mit Zweifeln an der Bibel.
Wenn man das selbst mal so durchstudiert, jeden Punkt, wie sich alles erfüllt hat, ist das unglaublich. Damit kann man jeden Kritiker widerlegen – keine Chance.
Ich erinnere mich an einen Blog, in dem jemand über die Bibel hergezogen ist. Als Beispiel für die Glaubwürdigkeit habe ich aus meinem Buch mit Copy-Paste die über 150 Prophezeiungen eingefügt. Daraufhin hat sich der Atheist bei den anderen Atheisten entschuldigt: „Du hast Recht, dass ich so einen Blödsinn gemacht habe.“ Es war ihm so peinlich, dass er nichts mehr zu sagen hatte.
Aber das bin nicht ich, sondern das ist das Wort Gottes. Das Wort Gottes ist so kraftvoll, so präzise und so genau – das ist wunderbar. Darum können wir all das, auch was wir jetzt im Buch Esther anschauen, mit vollem Vertrauen lesen. Es ist die Wahrheit.
Aber jetzt ist es noch schöner. Wir werden sehen, dass nicht einfach alles so passiert, wie es scheint. Es stimmt genau, wie es im Buch Esther beschrieben wird: Dieses ganze Drama und der Plan zur Vernichtung Israels, und dann wird dieses Volk auf wunderbare Weise gerettet.
Doch es ist noch mehr. Das ganze Buch hat eine übertragene Bedeutung und illustriert, wie es bei Menschen mit Geist, Seele, Körper und Fleisch ist. Wir werden noch mehr sehen. Das war ja nur vereinfacht, so als Einstieg, aber es wird alles wunderbar erklärt.
Das erinnert mich an die Genetik. Es ist eine großartige Entdeckung seit etwa 1950, dass wir in all unseren Zellen ein Riesenmolekül haben, die DNA. Darauf ist ein Programm gespeichert, das genau angibt, wie in allen meinen Zellen Milch gebildet wird, beim Krokodil, wie ein Krokodil entsteht, und in einer Erbse, wie die Erbsenpflanze wächst.
Diese Entdeckung zeigt, dass in jeder Zelle ein Code mit vier Zeichen enthalten ist. Je nachdem, wie diese Zeichen angeordnet sind, in welcher Reihenfolge, bedeutet das etwas anderes. Der ganze Bauplan ist aufgeschrieben – sensationell!
Doch jetzt hat man noch mehr herausgefunden. In den Zellen wird dieser Code abgelesen, meist von Anfang an, und nach diesem Ablesen werden Proteine produziert, und alles weitere läuft ab. Aber man hat bemerkt, dass es Fälle gibt, in denen der Code nicht ab dem Anfang, sondern verschoben abgelesen wird. Und das bedeutet etwas anderes.
Man muss sich das so vorstellen: Wir schreiben ein Buch, eine Familiengeschichte zum Beispiel. Wenn man aber ab dem 500. Buchstaben zu lesen beginnt, entsteht eine ganz andere Geschichte. Es ist wirklich so.
Auch in der Bibel ist das so. Wir sehen die Geschichte mit Esther, Asweros, Mordochai, Haman und den anderen. Doch wenn wir die Geschichte nach einem anderen Code lesen, erkennen wir eine weitere Bedeutung. Diese zeigt uns den Römerbrief, den Galaterbrief und andere Schriften.
Das ist Gottes Wort. Ich hoffe, wir haben Hunger, um morgen weiterzufahren.
Vielen Dank an Roger Liebi, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
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