Einführung in die Situation vor dem Passafest
Wir befinden uns in Johannes 12. Beim letzten Mal haben wir bis Vers 19 gelesen, also bis zum Einzug Jesu am Palmsonntag nach Jerusalem. Nun lesen wir Johannes 12,20 bis zum Ende des Kapitels. Bruno, darf ich dich bitten?
Wir sind hier also einige Tage vor dem Passafest. Bereits in Kapitel 11, Vers 55 haben wir gelesen, wie viele zum Fest nach Jerusalem hinaufgingen. Kann das jemand zitieren? Johannes 11,55: „Es war nun nahe das Wasserfest der Juden, und viele aus der Gegend gingen hinauf nach Jerusalem vor dem Fest, damit sie sich reinigten.“
Viele Juden gingen also vor dem Fest nach Jerusalem, um sich in den Ritualbädern zu reinigen und für das Fest bereit zu sein. Nun sehen wir, dass nicht nur Juden kamen, sondern in Vers 20 auch etliche Griechen.
Die geistliche Situation im römischen Reich damals war so, dass viele Menschen genug hatten von den griechischen und römischen Göttern. Diese Götter waren oft unmoralisch dargestellt, und viele waren überdrüssig dieser Überlieferungen. Sie waren offen für die Botschaft von einem ewigen Gott, wie die Bibel ihn vorstellt. Das führte dazu, dass viele auch am Judentum und am Glauben an den einen Gott interessiert waren. Das zog viele an, nach Jerusalem zu kommen.
In den Jahren vor Christi Geburt, ab 19 v. Chr., begannen die Juden, den Tempel massiv umzubauen und seine Plattform auf die doppelte Größe zu erweitern, auf die heutigen 144 Quadratmeter. Dadurch wurde der äußere Bereich, der sogenannte Vorhof der Heiden, wesentlich vergrößert. So gab es eine Plattform, auf der Tausende von Nichtjuden zu den Festen kommen konnten. Sie durften zwar nicht in den inneren Bereich des Tempels hineingehen. Die Zwischenwand der Umzäunung markierte genau, bis wohin Nichtjuden kommen durften. Nur Juden durften weiter zum Tempelhaus vordringen.
Wir sehen also, dass Menschen aus verschiedenen Nationen nach Jerusalem kamen.
Ich muss vielleicht noch erklären: Der Ausdruck „Griechen“ im Neuen Testament bezeichnet gewöhnlich römische Bürger, die griechisch sprachen. Griechisch war die Weltsprache im Römischen Reich, besonders im Osten, und wurde im ganzen Mittelmeerraum verstanden – außer in Spanien. „Griechen“ meint also römische Bürger griechischer Sprache und ist nicht nur auf das Gebiet des heutigen Griechenlands beschränkt.
Ein weiteres eindrückliches Beispiel eines Heiden, der zum Tempel nach Jerusalem kam, ist der äthiopische Kämmerer. Schlagen wir kurz auf Apostelgeschichte 8,27. Wer liest?
„Und er stand auf und ging hin; und siehe, ein Äthiopier, ein Kämmerer, ein Gewaltiger, der Kandake, der Königin der Äthiopier, der über ihren ganzen Schatz gesetzt war, war gekommen, um zu Jerusalem anzubeten.“
Weiter heißt es, dass er auf der Rückkehr saß und den Propheten Jesaja las. Philippus kam zu ihm und fragte: „Verstehst du, was du liest?“ Er war gerade bei Jesaja 53, und Philippus konnte ihm das ganze Evangelium erklären.
Zum Ausdruck „Äthiopien“: Es ist oft schwierig, weil sich die geografische Bedeutung im Lauf der Geschichte verändert hat. Die Königin der Äthiopier, die Kandake, war eigentlich die Königin des heutigen Sudan. Damals wurde das Gebiet südlich von Ägypten als Äthiopien bezeichnet, also das schwarzafrikanische Gebiet. Der Äthiopier war also ein Sudanese, der nach Jerusalem kam, um dort anzubeten – genau wie die Griechen, die zum Fest kamen.
Offensichtlich hatte dieser Schatzmeister aus dem Sudan eine Bibelrolle, denn er las Jesaja offensichtlich in griechischer Übersetzung, der Septuaginta, die im 3. Jahrhundert v. Chr. in Ägypten hergestellt wurde.
Das Tragische ist, dass dieser Äthiopier zwar nach Jerusalem kam und dort Gott anbetete, aber nicht wusste, wer der Messias ist. Auf dem Rückweg konnte ihm durch die Erklärung von Jesaja 53 klargemacht werden, dass der Messias bereits gekommen war. Kurz bevor der Kämmerer nach Jerusalem kam, war der Messias dort verurteilt und hingerichtet worden. So fand er den Messias.
Hier sehen wir auch Griechen, die nach Jerusalem kommen, um eine Beziehung zu dem Gott der Bibel zu bekommen. Sie finden im Tempel auch den Messias – über Philippus. Ist es derselbe Philippus? Nein, das ist einer der zwölf Jünger namens Philippus. In der Apostelgeschichte ist Philippus einer der sieben Diakone der Gemeinde in Jerusalem, die für die Verwaltung der Gaben eingesetzt wurden. Es sind also zwei verschiedene Philippi, aber beide wirkten evangelistisch, indem sie Nichtjuden zum Messias führten.
In Johannes 12, Vers 20 wird dieser Philippus als Evangelist erwähnt. Er hatte übrigens vier Töchter, die später in Apostelgeschichte 21 erwähnt werden.
Zurück zu Johannes 12: Diese Griechen hatten den klaren Wunsch: „Herr, wir möchten Jesus sehen.“ So machten sie die gewaltige Erfahrung, dass sie zum Anbetungsort Gottes in Jerusalem kamen und gleichzeitig die Erfüllung der Verheißung erlebten, die Gott Israel gegeben hatte – dass der Messias einmal zum Tempel kommen wird.
Wo steht das? Malachi 3,1. Wer liest?
„Siehe, ich sende meinen Boten, damit er den Weg vor mir bereite. Und plötzlich kommt zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht, und der Engel des Bundes, den ihr herbeiwünscht; siehe, er kommt, spricht der Herr der Heerscharen.“
Zuerst hört man die Stimme des Messias, dann wird über den Messias gesprochen. Der Bote, der den Weg bereitet, ist Johannes der Täufer. Dann wird gesagt, dass der Messias plötzlich zu seinem Tempel kommen wird, der Herr, den ihr sucht, der Gesandte des Bundes.
Das jüdische Volk musste Jahrhunderte warten, bis der Messias zum Tempel kam. Die Griechen erfuhren, dass dort der wahre Gott in Jerusalem angebetet wird. Sie kamen und erlebten zugleich die Erfüllung des Messias im Tempel.
Jesus spricht dann über seinen bevorstehenden Tod und vergleicht sich mit dem Weizenkorn, das, um Frucht zu bringen, in die Erde gesät werden muss – ein Bild für den Tod. Interessant ist, dass im Zusammenhang mit dem Passa das Weizenkorn erwähnt wird, denn Passamatzen konnten unter anderem auch aus Weizenmehl hergestellt werden. Es besteht also ein innerer Zusammenhang zum Passafest.
Wenn das Weizenkorn in die Erde fällt und stirbt, wächst es auf und bringt viel Frucht. Jesus sagt das im Blick auf die Griechen: Durch seinen Opfertod wird eine große Frucht entstehen, nicht nur unter dem jüdischen Volk, sondern auch unter den Heiden.
Noch eine Frage: Sie sagten, Matzen kann auch Weizen enthalten. Gibt es auch andere Mehle? Ja, es konnte auch anderes Mehl verwendet werden, nicht ausschließlich Weizen. Aber es besteht ein innerer Zusammenhang zum Passafest.
Jesus sieht seinen Opfertod deutlich vor sich. In Vers 27 sagt er: „Meine Seele ist bestürzt. Vater, rette mich aus dieser Stunde!“
Dann kommt ein außergewöhnliches Zeugnis Gottes für das Volk Israel, und zwar im Tempel. Man muss sich vorstellen, dass sie auf dem Tempelplatz sind und plötzlich hören sie eine Bat Kol aus dem Himmel – eine Stimme vom Himmel.
Wir haben schon einmal über Bat Kol gesprochen. Was ist das? Eine Stimme vom Himmel. Im Judentum war klar, dass mit Malachi das Prophetentum beendet war. Nach Malachi gab es keinen weiteren Schriftpropheten mehr. Im Talmud, im Traktat Sanhedrin, heißt es, dass nach dem Tod der Propheten Haggai, Sacharja und Malachi der Heilige Geist von Israel wich.
Es war klar, dass die späteren Bücher, wie zum Beispiel Makkabäer, keine inspirierten Bücher waren. Aber im Talmud wird erwähnt, dass Gott sich in außergewöhnlichen Situationen durch eine Bat Kol, also eine Stimme aus dem Himmel, offenbaren konnte.
Solche Ereignisse gab es wiederholt: Zum Beispiel bei der Taufe Jesu, wo eine Stimme aus dem Himmel zu hören war, und später auf dem Berg der Verklärung – also am Anfang und gegen Ende des Dienstes Jesu. Auch hier in Johannes 12 hören wir wieder eine solche Stimme.
In der Offenbarung lesen wir ebenfalls von Stimmen aus dem Himmel. Offenbarung 14,2: „Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel, wie das Rauschen vieler Wasser und wie das Rollen eines lauten Donners. Und die Stimme, welche ich hörte, war wie von Harfensängern, die auf ihren Harfen spielen.“
Auch hier wird die Stimme aus dem Himmel mit dem Rollen eines Donners verglichen. Das erklärt, warum manche so reagierten. Johannes 12,29: „Die Volksmenge nun, die da stand und zuhörte, sagte, es habe gedonnert. Andere aber sagten, ein Engel habe mit ihm geredet.“
Wie war das bei der Bekehrung von Paulus vor Damaskus? Das war in gewissem Sinn auch eine Bat Kol. Paulus sah eine Erscheinung Jesu, ein Licht und hörte eine Stimme aus dem Himmel. Man könnte das ebenfalls als Bat Kol bezeichnen.
Bei der Taufe im Jordan sprach der Vater, und der Sohn war anwesend. Das war ebenfalls eine Stimme aus dem Himmel, begleitet von Licht – also eine Bat Kol.
Die anderen, die mit Paulus kamen, verstanden den Inhalt der Rede nicht. Sie hörten zwar den Schall, sahen aber keine Person. An einer Stelle heißt es, sie sahen das Licht, aber nicht den Herrn.
Jesus erklärt in Johannes 12,30, dass diese besondere Offenbarung Gottes ein Zeugnis für Israel war – eine klare Bestätigung, dass er der Messias ist. Er sagt, das sei nicht wegen ihm geschehen, sondern für sie.
Dann kündigt er an, dass er als verworfener Messias bald gekreuzigt werden wird. Das deutet er in Vers 32 an: „Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen.“ Johannes erklärt, dass er damit seine Todesart durch Kreuzigung andeutet.
Die Volksmenge hatte ein Problem damit. Sie waren überzeugt, dass, wenn der Messias kommt, er bleiben und sein Reich aufrichten wird. Deshalb sagen sie ihm: „Wir haben aus dem Gesetz gehört.“ Sie meinen damit die rabbinische Lehre aus den Sabbatlesungen, dass der Christus in Ewigkeit bleibt.
Auf welche Stelle beziehen sie sich? Wahrscheinlich auf Daniel 7. Schlagen wir auf Daniel 7,13-14. Wer liest?
„Und ich schaute in Gesichten der Nacht und siehe, mit den Wolken des Himmels kam einer wie eines Menschen Sohn, und er kam zu dem Alten an Tagen und wurde vor denselben gebracht. Und ihm wurde Herrschaft und Herrlichkeit und Königtum gegeben, und alle Völker, Völkerschaften und Sprachen dienten ihm. Seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die nicht vergehen wird, und sein Königtum ist ein solches, das nie zerstört werden wird.“
Für alle war klar: Der Menschensohn hier ist der Messias, der kommt und eine ewige Herrschaft antreten wird.
Darum sagen die Leute: „Wieso sagst du so etwas in Andeutung deines Todes? Wir haben gelernt, dass der Messias in Ewigkeit bleibt.“
Aber was hätten sie bedenken sollen? In Daniel 7 kommt der Messias mit den Wolken des Himmels. Doch gerade vorher kam der Messias auf einem Esel – Johannes 12, beim Einzug nach Jerusalem. Dort heißt es in Vers 14-15:
„Fürchte dich nicht, Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.“
Er erfüllt damit Sacharja 9. Er kam nicht auf den Wolken des Himmels, sondern auf einem Eselsfüllen.
Im rabbinischen Judentum gelten beide Stellen als messianisch: Daniel 7,13-14 und Sacharja 9,9. Das führt zu einem Konflikt, der bis heute besteht.
Zum Beispiel Rabbi Ariel Yisrael, Gründer des Tempelinstituts in Jerusalem, schreibt zu diesen beiden Stellen, dass es wohl zwei verschiedene Möglichkeiten gibt: Der Messias könnte auf dem Esel kommen oder auf den Wolken des Himmels. Das hänge vom Zustand Israels ab. Wenn Israel unwürdig ist und das Gesetz nicht hält, kommt er auf dem Esel. Wenn Israel würdig ist, kommt er auf den Wolken des Himmels.
Tatsächlich sind es zwei verschiedene Phasen seines Kommens: Einmal auf dem Eselsfüllen, wo er sterben muss, und einmal auf den Wolken des Himmels, wo er bleibt.
Ein Rabbi aus Australien sagte einmal: Wenn der Messias kommt, wird man ihn fragen: „Herr Messias, waren Sie schon einmal da?“ Aber das ist zu spät. Das sollten wir jetzt klären.
Schlagen wir Sacharja 9 auf, Vers 9. Wer liest?
„Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir, gerecht und siegreich ist er, demütig und auf einem Eselsfüllen reitend.“
Wörtlich steht dort, dass er gerecht und ein Retter ist, demütig und gebeugt. Das zeigt, dass er nicht als erhabener Herrscher kommt, sondern als der gebeugte Elende. Das war sein erstes Kommen, wo er am Kreuz sterben musste – erhöht, aber nicht bleibend.
Sie hätten jedoch sagen können: „Wir haben noch Daniel 7, wo der Messias auf den Wolken des Himmels kommt.“ Er muss zur Zeit des Römischen Reiches kommen – und genau da sind wir jetzt.
In Offenbarung 17 sieht Johannes in seiner Vision auf Patmos das gleiche Tier, das das römische Reich darstellt, wie Daniel es gesehen hatte. Dieses Tier wird in Offenbarung 13 ab Vers 1 beschrieben, und in Offenbarung 17,8 wird erklärt:
„Das Tier, das du gesehen hast, ist gewesen, ist jetzt nicht und wird wieder aufsteigen aus dem Abgrund und wird in die Verdammnis fahren.“
Oder wörtlicher: „Das Tier, das du sahst, war und ist nicht, ist jetzt nicht, sondern wird aus dem Abgrund heraufsteigen.“
Hier werden drei Phasen dargestellt: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das römische Reich soll also in drei Phasen in der Weltgeschichte Bedeutung erlangen: Es war, ist nicht und wird wiederkommen.
In der Schule haben wir gelernt, dass es einmal das römische Reich gab, das unterging, als die Barbaren aus dem Norden kamen und das Reich 476 n. Chr. durcheinanderbrachten. Das Oströmische Reich schrumpfte und fiel 1453 unter dem Ansturm der Türken.
Dann gab es kein römisches Reich mehr – es „ist nicht“. Die innere Zerrissenheit Europas begann mit dem Eindringen der Barbaren und erreichte ihren Höhepunkt im 20. Jahrhundert im Zweiten Weltkrieg.
Nach dem Krieg entwickelte man eine neue Sicht für Europa. Winston Churchill sagte 1946 in Zürich: „Lasst Europa aufstehen! Wir müssen eine Art Vereinigte Staaten von Europa gründen.“
Daraufhin wurden die Römischen Verträge 1957 in Rom geschlossen. Europavisionäre wie Emil Luss beschrieben die europäische Einheit als Wiederherstellung eines neuen römischen Reiches.
Einer unserer ehemaligen Staatssekretäre, Dr. Franz Blankart, sagte: „Ein heiliges römisches Reich europäischer Nationen soll gezimmert werden.“
Das ist eine klare Vision dessen, was jetzt entsteht: Europa der 25, dann der 27 Mitgliedsstaaten, mit Bulgarien, Kroatien und eventuell der Türkei. Das ist das wiedererstandene römische Reich.
Die Offenbarung erklärt, dass in dieser letzten Phase, wenn das römische Reich wieder erscheint, der Messias vom Himmel herkommen wird – nicht mehr auf einem Esel, sondern auf den Wolken des Himmels, reitend auf einem weißen Pferd.
Schlagen wir Offenbarung 19,11 auf. Wer liest?
„Ich sah den Himmel geöffnet, und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf saß, heißt treu und wahrhaftig und richtet und führt Krieg in Gerechtigkeit. Seine Augen aber sind eine Feuerflamme, und auf seinem Haupt sind viele Diademe, und er trägt einen Namen geschrieben, den niemand kennt als nur er selbst.“
Das ist der Gegensatz zum Palmsonntag auf dem Esel. Der Menschensohn kommt vom Himmel her auf einem weißen Pferd.
So geht das auf: Der Messias kam zwar zur Zeit des Römischen Reiches auf dem Esel, um durch seinen Opfertod das Problem der Schuld zu lösen. Dann ging das Römische Reich unter. Nun ist es wieder im Aufbau, seit dem Zweiten Weltkrieg.
Zur Zeit dieses neuen römischen Reiches wird der Messias kommen – aber nicht mehr auf dem Esel, sondern auf den Wolken des Himmels, als Richter.
Das erklärt die Volksmenge damals, die in Johannes 12,34 sagte: „Wir haben aus dem Gesetz gehört, dass der Christus in Ewigkeit bleibt. Wie kannst du da sagen, dass der Sohn des Menschen erhöht werden muss?“
Mit „Gesetz“ meinen sie hier nicht nur die fünf Bücher Mose, sondern das Alte Testament insgesamt, die Thora.
Sie sprechen nicht nur über den Messias, sondern sagen, der Sohn des Menschen – der Menschensohn – kommt, um zu herrschen.
Jesus erklärt nochmals: „Ich bin nur noch für kurze Zeit als Licht unter euch. Nutzt die Chance, damit ihr Söhne des Lichts werdet.“
Warum spricht Jesus hier über Licht im Tempel? Besteht ein Bezug zum Tempel?
Ja, es besteht ein Bezug zur Leuchte beim Laubhüttenfest. In Johannes 7 ist das Laubhüttenfest, und in Johannes 8 nimmt Jesus Bezug auf den Brauch, dass am Laubhüttenfest nachts vier über 27 Meter hohe Leuchter im Frauenvorhof entzündet wurden. Die Lampen waren aus Gold, fassten etwa neun Liter Olivenöl, und als Docht verwendete man abgetragene Priestergewänder. Diese riesigen Lampen verbreiteten nachts das Licht in Jerusalem.
Jesus sagt in Johannes 8,12: „Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben.“
Diese Leuchter wurden nur am Laubhütten- und am Tempelweihfest entzündet, waren aber das ganze Jahr über vorhanden. Wenn man zum Passafest kam, wurde man immer wieder an dieses Licht erinnert.
Jesus nutzt diesen Ansatzpunkt, um zu sagen, dass er selbst das Licht ist. Er ist das Tempellicht.
Nur eine kurze Zeit ist das Licht unter euch. Wandelt, solange ihr das Licht habt, damit euch nicht die Finsternis ergreift. Wer in der Finsternis wandelt, weiß nicht, wohin er geht. Während ihr das Licht habt, glaubt an das Licht, damit ihr Söhne des Lichts werdet.
Später hält Jesus eine weitere Rede. Kann jemand Johannes 12,44-46 lesen?
„Jesus aber rief und sprach: Wer an mich glaubt, der glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat. Und wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat. Ich bin als ein Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt.“
Jesus weist nochmals darauf hin, dass er das messianische Licht ist. Jetzt ist die große Chance, aber nur noch für kurze Zeit, dann wird er weggehen.
Dazu gibt es eine Stelle aus dem Propheten Hosea. Ich habe gestern in Reutlingen eine Übersicht über die zwölf kleinen Propheten gegeben. Das war viel Arbeit an einem Tag. Unter anderem haben wir Hosea 5,15 gelesen, wo die Stimme des Messias zu hören ist.
Wer liest Hosea 5,15?
„Ich gehe und kehre zurück an meinen Ort, bis sie ihre Schuld büßen und mein Angesicht suchen. In ihrer Not werden sie mich suchen.“
Jesus geht zurück an seinen Ort, den Himmel, und überlässt Israel als Volk, bis sie ihre Schuld büßen. In ihrer Not werden sie ihn eifrig suchen.
In der Offenbarung lesen wir, dass in den dreieinhalb Jahren vor der Wiederkunft Christi die große Drangsal stattfinden wird – die größte Not der Weltgeschichte. Dann wird eine große Erweckung in Israel stattfinden.
Jesus geht also weg, nicht für immer, sondern bis Israel umkehrt. Dann kommt er wieder.
Wir haben also zwei Phasen des Erscheinens des Messias.
In dieser Not werden sie ihn suchen. Das wird in Hosea 6 beschrieben. Kann jemand die Verse 1-3 lesen?
„Kommt, lasst uns zum Herrn umkehren, denn er hat zerrissen, er wird auch heilen; er hat geschlagen, und er wird auch verbinden. Er wird uns nach zwei Tagen neu beleben, am dritten Tag uns aufrichten, sodass wir vor seinem Angesicht leben. Lasst uns ihn erkennen, lasst uns nachjagen der Erkenntnis des Herrn! Siehe, wie die Morgenröte ist sein Hervortreten, er kommt wie der Regen zu uns, wie der Spätregen, der die Erde benetzt.“
Sie sprechen von seinem Kommen, seinem Hervortreten, das wie die Morgendämmerung ist – das zweite Kommen Christi. Sie sagen, dass die Nation neu belebt wird, nachdem vieles zerrissen wurde.
Sie sagen: „Er wird uns nach zwei Tagen neu beleben“ und „am dritten Tag uns aufrichten.“ Das ist dasselbe, nur unterschiedlich ausgedrückt.
Sie drücken aus, dass die Wiederbelebung Israels auf der Auferstehung Christi beruht. Christus musste sterben und am dritten Tag auferstehen. Seine Auferstehung gibt die Grundlage, dass Israel als Nation in der Endzeit neu aufstehen kann – wie in Hesekiel 37 beschrieben, das Tal voller toter Gebeine.
Die Totengebeine bedeuten Israel. Sie sagen: „Wir haben keine Hoffnung mehr!“ Dann werden die Gebeine zusammengerückt und lebendig.
Israel war jahrhundertelang zerstreut unter den Völkern, und es sah nicht so aus, als gäbe es eine Wende. Doch in unserem Jahrhundert, in unserer Zeit, kam die Gründung des Staates Israel, die Rückkehr aus aller Welt und die geistliche Erneuerung des Volkes.
Dann stimmt, was Rabbi Ariel gesagt hat: Wenn wir die Tora nicht einhalten, kommt der Messias auf dem Esel. Wenn wir die Tora einhalten, kommt er auf den Wolken des Himmels.
Ein Überrest von einem Drittel der Bevölkerung wird in der letzten Not überleben und bereit sein, ihn zu empfangen.
Es ist eindrücklich, wie man ohne wirkliches Licht das Richtige sagen kann. Wir haben das bei dem Hohenpriester Kajaphas gesehen, der sagte: „Es ist euch nützlich, dass einer stirbt und nicht die ganze Nation umkomme.“ Er wusste nicht, dass er unter Eingebung redete, weil er Hoherpriester war.
Zurück zu Johannes 12: Der Ausdruck „Söhne des Lichts“ ist interessant. Das war ein Ausdruck mit besonderer Bedeutung für die Gemeinschaft von Qumran. Sie hatten sich im 2. Jahrhundert v. Chr. vom Judentum abgesondert, weil sie den Tempel mit seinen illegalen Hohenpriestern als unrein ansahen. Sie konnten nicht mehr am Gottesdienst teilnehmen und zogen sich in die Wüste am Toten Meer zurück, um auf den Messias zu warten.
Sie bezeichneten sich als „Söhne des Lichts“ und sahen alle anderen als „Söhne der Finsternis“. In ihren Rollen wird beschrieben, dass die Söhne des Lichts die Söhne der Finsternis hassen sollten.
Jesus benutzt diesen Ausdruck ebenfalls, aber nicht im Sinne von Qumran. Die wahren Söhne des Lichts sind die, die an sein Licht glauben. Sie hassen nicht die Söhne der Finsternis, sondern Jesus sagt in der Bergpredigt: „Liebet eure Feinde.“
Schlagen wir Matthäus 5,43-44 auf. Wer liest?
„Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde, segnet die, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und betet für die, die euch beleidigen und verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters seid, der im Himmel ist.“
Die Pharisäer lehrten nicht, man solle den Feind hassen, auch die Sadduzäer nicht. Bibelkritische Theologen sagten daher, dieses Jesuswort sei nicht echt, weil im Judentum nicht gelehrt werde, den Feind zu hassen.
Dann wurden die Handschriften von Qumran gefunden, und dort steht, dass die Söhne des Lichts die Söhne der Finsternis hassen sollen.
Jesus sagt aber nicht, dass er das lehrt, sondern dass das gesagt worden sei. Er kritisiert damit alle, die das lehrten, wie die Gemeinschaft in Qumran, und fordert: Liebt eure Feinde!
Die wahren Söhne des Lichts sind also die, die an ihn glauben, das Licht der Welt, und die ihre Feinde lieben.
Wir machen hier eine Pause von zwanzig Minuten.
In der Pause kam noch eine Frage zu Johannes 12,32: „Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen.“ Leitet das die Allversöhnung her?
Nein. Es ist wunderbar, dass Gott will, dass alle Menschen gerettet werden (1. Timotheus 2,4) und dass er jeden Menschen zieht. Aber das heißt nicht, dass alle errettet werden.
In Römer 2,4-5 lesen wir: Wer liest?
„Oder verachtest du den Reichtum seiner Güte, Geduld und Langmut und erkennst nicht, dass die Güte Gottes dich zur Buße leiten will? Aber wegen deiner Härte und unbußfertigen Herzens häufst du dir selbst Zorn auf am Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes.“
Gott will jeden Menschen zur Buße leiten. Der Mensch kann diesem Zug Gottes nachgeben oder sich ihm widersetzen. Durch die Unbußfertigkeit häuft man Schuld an, und das Gericht kommt.
Der Zug Gottes ist da, und Jesus zieht an allen Menschen, aber nicht alle kommen zu ihm.
Gibt es noch Fragen bis hierher?
Wir haben einen Verweis auf Johannes 3,14 gemacht: „Wie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so muss der Sohn des Menschen erhöht werden.“ Jesus sagt hier, dass er durch die Kreuzigung erhöht wird, wie Mose die Schlange an einer Stange erhöhte. Das ist der innere Zusammenhang.
Zurück zu Johannes 12, Vers 26: „Wenn mir jemand dient, so folge er mir nach, und wo ich bin, da wird auch mein Diener sein.“ Ist das der Heilige Geist? Nein, hier spricht Jesus über diejenigen, die ihm nachfolgen wollen. Er nimmt den Nachfolger persönlich an.
Vers 25: „Wer sein Leben liebt, wird es verlieren; wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es zum ewigen Leben bewahren.“ Jesus spricht hier über einzelne Menschen.
Gibt es noch Fragen? Sonst gehen wir weiter.
Nun ein ernster Kommentar von Johannes ab Vers 37, wo er zusammenfasst: „Obwohl er so viele Zeichen vor ihnen getan hatte, glaubten sie nicht an ihn. Die Menge erkannte das Licht der Welt nicht.“
Johannes erklärt, dass das genau das ist, was der Prophet Jesaja vorausgesagt hatte. Jesaja 53,1: „Herr, wer hat unserer Verkündigung geglaubt? Und wem ist der Arm des Herrn offenbart worden?“
Das Kapitel beschreibt den leidenden Messias. Die Rabbiner im Altertum bezogen Jesaja 53 auf den Messias – nicht nur eine nachträgliche christliche Interpretation.
Das steht sogar im Babylonischen Talmud, Traktat Sanhedrin 98b.
Schlagen wir Jesaja 52,13 auf, da beginnt die Beschreibung des leidenden Knechtes.
Wer liest?
„Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln, er wird erhoben und erhöht werden und sehr hoch sein.“
Bevor der Prophet über die Leiden des Messias spricht, beginnt er mit seinem Triumph: Er wird aus dem Grab erhoben und in der Himmelfahrt erhöht werden.
Dann werden seine Leiden beschrieben. Vers 14:
„Gleichwie sich viele über dich entsetzt haben, so entstellt war sein Aussehen mehr als irgendeines Mannes und seine Gestalt mehr als der Menschenkinder.“
Er wird viele Nationen in Staunen setzen, und Könige werden ihren Mund verschließen, weil sie sehen, was ihnen nicht erzählt worden war.
Sein Aussehen war so entstellt durch Geißelung und Marter, dass er nicht mehr menschenähnlich aussah.
Viele Nationen werden staunen, obwohl sie es nicht selbst gesehen haben. Sie werden davon hören.
Dann folgt der enttäuschte Satz: „Wer hat unserer Verkündigung geglaubt?“ Das bezieht sich auf das jüdische Volk.
Jesaja 53 macht deutlich, dass die Botschaft des leidenden Messias bei den Heiden ein großes Echo findet, aber nicht beim jüdischen Volk.
So ist es auch gekommen: In 2000 Jahren sind Millionen unter allen Völkern zum Glauben gekommen. Es war immer nur eine kleine Minderheit aus dem jüdischen Volk, die sich bekehrte.
Heute beginnt sich das zu ändern. Man schätzt etwa 300 bekehrte Juden weltweit bei 14 Millionen Juden. Seit 60 Jahren haben sich etwa 100 Juden bekehrt.
Für die Schweiz mit sieben Millionen Einwohnern sind das etwa 50 Bekehrte, die nicht aus christlichen Familien stammen.
Für Deutschland gilt Ähnliches.
Ein messianischer Jude, der bei uns in der Gemeinde einen Vortrag hielt, schätzt, dass es in Israel höchstens 5000 messianische Juden gibt, die sich vorsichtig bewegen müssen, um nicht vom Oberrabbinat angegriffen zu werden.
Die meisten bekehrten Juden leben nicht in Israel, sondern in der Diaspora, vor allem in den USA und Kanada. Dort wird die beste Arbeit unter Juden geleistet, zum Beispiel von „Jews for Jesus“.
Die große Erweckung unter Juden wird aber erst nach der Entrückung der Gemeinde kommen.
Insgesamt gibt es ein riesiges Echo unter den Heidenvölkern. Allein in China gibt es heute etwa 80 Millionen Christen, die sich im Untergrund versammeln.
Das sind Abermillionen, die sich in 2000 Jahren echt bekehrt haben, aber das Echo unter dem jüdischen Volk war bis vor kurzem sehr gering.
Im ersten Jahrhundert gab es noch Zehntausende jüdischer Gläubiger, aber im Vergleich zum gesamten Volk war es eine kleine Minderheit.
Das ist der Zusammenhang von Jesaja 53. Johannes nimmt das in Johannes 12,38 auf. Er schreibt, dass Jesus vor Gott aufgeschossen ist, wie ein Wurzelspross aus dürrem Erdreich – das Volk war geistig ausgetrocknet.
Das jüdische Volk sagt: „Er hatte keine Gestalt und kein Ansehen, dass wir ihn begehrt hätten.“
Unter den Nationen wird es eine Reaktion geben.
Johannes bezieht sich hier auf Jesaja 53 und sagt in Vers 39:
„Darum konnten sie nicht glauben, weil Jesaja gesagt hat: Er hat ihre Augen verblendet und ihr Herz verstockt, damit sie nicht mit den Augen sehen und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren und ich sie heile.“
Das ist ein anderes Jesaja-Wort, aus Kapitel 6.
Das ist für die liberale Theologie ein Problem, die lehrt, dass es drei Jesajas gibt: der erste von Kapitel 1 bis 39, der zweite von 40 bis 55 und der dritte von 56 bis zum Schluss.
Diese Aufteilung beruht auf der Annahme, dass Jesaja nicht selbst den König Kyrus in Kapitel 45 namentlich nennen konnte, da er 170 Jahre vor dessen Erscheinen lebte.
Die liberale Theologie lehnt übernatürliche Prophetie ab und behauptet, die späteren Kapitel seien von anderen Autoren geschrieben.
Aber hier wird Jesaja 53 klar Jesaja zugeschrieben, ebenso Vers 39 mit dem Bezug auf Kapitel 6.
Wenn man glaubt, dass Jesaja von mehreren Autoren stammt, müsste man Jesus einen Irrtum unterstellen. Die Frage betrifft letztlich die Person Jesu und ist fundamental für den Glauben.
Jesaja spricht in Kapitel 6 von der Verstockung Israels.
Schlagen wir Jesaja 6 auf. Wer liest Vers 1?
„Im Jahr, als König Usija starb, sah ich den Herrn sitzen auf einem hohen und erhabenen Thron, und sein Gewand füllte den Tempel.“
Jesaja sah Gott auf hohem und erhabenem Thron im Tempel. Die Bundeslade wird in den Klageliedern als der Schemel Gottes bezeichnet, und die Cherubim als der Ort, über den Gott thront (Psalm 80).
Vers 3, wer liest?
„Und einer rief dem anderen zu und sprach: Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heerscharen; die ganze Erde ist erfüllt von seiner Herrlichkeit.“
Vers 5:
„Da sprach ich: Wehe mir, denn ich bin verloren! Denn ich bin ein Mann mit unreinen Lippen, und ich wohne mitten in einem Volk mit unreinen Lippen. Denn meine Augen haben den König, den Herrn der Heerscharen, gesehen.“
Jesaja sieht den Herrn, Yahweh, auf einem hohen und erhabenen Thron im salomonischen Tempel.
Das Allerheiligste war etwa drei Meter höher als das Heilige. Der Hohepriester ging über eine Rampe mit dem Scheidevorhang ins Allerheiligste.
Das erklärt, warum es heißt, dass Gott auf hohem und erhabenem Thron sitzt.
Jesaja 6,10, wer liest?
„Verstocke das Herz dieses Volkes und lass ihre Ohren taub sein und ihre Augen geschlossen, damit sie nicht sehen mit ihren Augen, noch hören mit ihren Ohren, noch verstehen mit ihrem Herzen und sich nicht bekehren und geheilt werden.“
Gott kündigt hier die Verstockung Israels als Gericht an. Gott gibt dem Menschen eine Gelegenheit, und wenn er sie verpasst, kann Gott sein Herz verstocken.
Das ist wie beim Pharao: Er verstockte sich sechsmal selbst, dann verstockte Gott ihn.
Über Israel wird die Verstockung als Folge des Nichtglaubens kommen.
Johannes nimmt darauf Bezug und sagt, das sei so gekommen, weil Jesaja das vorausgesagt hatte.
Johannes 12,41: Wer liest?
„Dies sprach Jesaja, weil er seine Herrlichkeit sah und von ihm redete.“
Jesaja sah Gottes Herrlichkeit und redete von ihm.
In Johannes 12 bezieht sich das auf Jesus.
Das zeigt, dass Jesus und Gott eine Person sind.
Die Zeugen Jehovas leugnen die ewige Gottheit Christi und sagen, der Sohn sei die erste Schöpfung Jehovas. Die Bibel identifiziert den Sohn Gottes jedoch mit Yahweh, dem Herrn.
Jesaja sah Jesus Christus als den ewigen Gott.
Jesaja 6,11, wer liest?
„Ich aber sprach: Herr, wie lange? Er sprach: Bis die Städte wüst werden ohne Einwohner und die Häuser ohne Menschen sind und das Land sehr verlassen daliegt.“
Die Verstockung Israels soll dauern, bis Städte und Häuser verwüstet sind und das Land öde ist.
Die Römer zerstörten etwa tausend Städte und Dörfer im Ersten Jüdischen Krieg (66-73) und im Zweiten Jüdischen Krieg (132-135).
Bei der Belagerung Jerusalems 70 n. Chr. starb etwa eine Million Juden, weitere hunderttausend wurden deportiert.
Viele Juden flohen nach Babylonien, außerhalb des Römischen Reiches, um Zuflucht zu suchen.
Der Prozess der Verwüstung ging weiter: Nach den Römern und Byzantinern kamen die muslimischen Eroberer 638 n. Chr.
Die Juden wurden unterdrückt, mussten Kopfsteuer zahlen und durften zum Beispiel nicht auf einem Esel in Sichtweite eines Muslims reiten.
Das führte zu weiterer Entvölkerung des Landes und zu Wüstenbildung.
Die Römer zerstörten das Land mit einer Politik der verbrannten Erde.
Unter den Türken gab es Baumsteuern, die viele zum Fällen der Bäume zwangen.
Die Scharon-Ebene, eine der fruchtbarsten Regionen nördlich von Tel Aviv, wurde für Dampflokomotiven abgeholzt.
1867 besuchte Mark Twain das Land und schrieb in seinem Buch „Innocents Abroad“: „Das Land ist spärlich bewohnt, es gibt nichts Liebliches fürs Auge, es ist ein Land gebrochen ohne Hoffnung.“
Die Entvölkerung und Verwüstung des Landes war ein Prozess über Jahrhunderte.
Jesaja 6,12-13, wer liest?
„Auch wenn nur der zehnte Teil darin bleibt, so wird es wieder verheert werden, doch über einer Eiche und Linde, von denen beim Fällen noch ein Stumpf bleibt, ein heiliger Same wird solcher Stumpf sein.“
Die Verstockung dauert, bis die Entvölkerung ein volles Maß erreicht hat, bis die jüdische Bevölkerung unter ein Zehntel sinkt.
Dann gibt es noch eine weitere Vertilgung, doch ein heiliger Same bleibt als Hoffnung.
1882 begann die erste Rückführungswelle, und Millionen kamen zurück ins Land.
Die Verstockung Israels endet mit der Wende im 19. Jahrhundert, als sich die Judenmission intensivierte.
Martin Luther hatte große Hoffnung, Juden in Deutschland zu bekehren. Er war enttäuscht, dass das nicht gelang, und verfiel später in schlimme Aussagen gegen Juden.
Die Judenmission erlebte im 19. Jahrhundert eine Wende, parallel zur Entvölkerung des Landes.
Heute ist es wahrscheinlicher, dass sich ein Jude bekehrt als ein Schweizer.
Die große Erweckung kommt aber noch.
Diese Prophetie, die Johannes anführt, wurde erfüllt: Die Verstockung Israels begann vor der Entvölkerung des Landes.
Wir können auf 2000 Jahre zurückblicken und sagen, dass die Verstockung Israels fast 2000 Jahre andauerte, aber nun in der Endzeit eine Wende erfährt.
Es ist verblüffend, dass die Juden ihr Heil nach 134 n. Chr. in der Flucht nach Babylon suchten – das Land, in das sie ursprünglich verbannt worden waren.
Der Prophet Jeremia sagte voraus, dass die Juden in der Endzeit aus Babylon fliehen würden – was im 20. Jahrhundert geschah.
Die Propheten sagten, dass die Juden zerstreut würden von einem Ende der Erde bis zum anderen (5. Mose 28,64), aber ein kleiner Überrest wird im Land bleiben.
Das Heilige Land wird nie „judenrein“ werden – um einen Ausdruck der Nazis zu verwenden.
Durch 2000 Jahre gab es immer eine jüdische Präsenz in Israel.
Die wichtigsten Städte waren Tiberias am See Genezareth, Safed in Galiläa und Jerusalem zusammen mit Hebron.
Interessant ist, dass Jerusalem mit dem jüdischen Viertel in Ostjerusalem nach UNO-Vorstellung zu den illegal besetzten Gebieten gehört, und Hebron mitten im besetzten Westjordanland liegt.
Diese Gebiete waren die wichtigsten Zentren der dauerhaften jüdischen Bevölkerung im Land.
Das ist wichtig für die Argumentation gegen die Frage, warum Juden heute Anspruch auf das Land erheben, obwohl sie es 2000 Jahre nicht hatten.
Die Verbindung zum Land wurde nie völlig abgerissen.
Andere Gebiete wurden gekauft, und die Juden leben dort.
Es ist wichtig zu sehen, dass es keinen völligen Bruch mit dem Land gab.
Viele Gebiete, die sie gekauft haben, gehören auch zu den Gebieten, auf die Palästinenser Anspruch erheben.
Sind wir jetzt am Schluss für heute.
Beim nächsten Mal werden wir mit Johannes 13 weitermachen.
Wenn es noch Fragen zu Kapitel 12 gibt, können wir darauf zurückkommen.
Zum Schluss wollen wir noch beten.
Die Sehnsucht der Griechen und die messianische Verheißung
Zurück zu Johannes 12: Diese Griechen hatten den klaren Wunsch: „Herr, wir möchten Jesus sehen.“ So machen sie eine gewaltige Erfahrung. Sie kommen zum Anbetungsort Gottes in Jerusalem und erleben gleichzeitig die Erfüllung der Verheißung, die Gott Israel gegeben hatte. Diese Verheißung besagt, dass der Messias einmal zum Tempel kommen wird.
Wo steht das? In Maleachi. Schlagen wir Maleachi 3,1 auf. Wer liest? Zuerst hört man die Stimme des Messias, und dann wird über den Messias gesprochen. Wer liest?
„Siehe, ich sende meinen Boten, damit er den Weg von mir her bereite. Und plötzlich kommt zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht, und der Engel des Bundes, den ihr herbeiwünscht. Siehe, er kommt“, spricht der Herr der Heerscharen.
Also zuerst hört man den Herrn selbst, den Sohn Gottes, sprechen: „Siehe, ich sende meinen Boten, dass er den Weg bereite vor mir her.“ Damit ist Johannes der Täufer gemeint. Dann wird über den Messias gesprochen: Plötzlich wird er zu seinem Tempel kommen, der Herr, den ihr sucht, der Gesandte des Bundes, den ihr begehrt. Er kommt.
Das jüdische Volk musste Jahrhunderte warten, bis schließlich der Messias zum Tempel kam. Diese Griechen erfuhren in Jerusalem, dass dort der wahre Gott angebetet wird. Sie kommen dorthin und erleben zugleich die Erfüllung der Messias-Verheißung im Tempel.
Gut, und dann spricht der Herr über seinen bevorstehenden Tod. Er vergleicht sich mit dem Weizenkorn, das, um Frucht zu bringen, unbedingt in die Erde getan werden muss. Das ist ein Bild für den Tod. Es ist interessant, dass er hier im Zusammenhang mit dem Passa das Weizenkorn erwähnt. Denn die Passamatzen wurden unter anderem auch aus Weizenmehl hergestellt. Es besteht also ein innerer Zusammenhang zum Passafest.
Wenn das Weizenkorn in die Erde fällt und stirbt, wächst es auf und bringt viel Frucht. Das sagt der Herr natürlich im Blick auf diese Griechen. Durch seinen Opfertod wird eine große Frucht entstehen – und zwar nicht nur unter dem jüdischen Volk, sondern auch unter den Heiden, dem nichtjüdischen Volk.
Bis dahin noch eine Frage: Sie sagten eben, in den Matzen ist unter anderem oder kann unter anderem auch Weizen enthalten sein. Gibt es auch eine andere Möglichkeit?
Ja, es konnte auch anderes Mehl verwendet werden. Es war nicht ausschließlich Weizen. Aber es besteht dennoch ein innerer Zusammenhang, weil es hier um das Passafest geht. Und...
Die Bestürzung Jesu und die Stimme vom Himmel
Der Herr Jesus sieht schon deutlich seinen Opfertod vor sich. In Vers 27 sagt er: „Meine Seele ist bestürzt. Vater, rette mich aus dieser Stunde!“
Dann folgt ein ganz außergewöhnliches Zeugnis Gottes für das Volk Israel, und zwar im Tempel. Man muss sich vorstellen, dass sie auf dem Tempelplatz sind, als plötzlich eine Stimme aus dem Himmel zu hören ist. Wir haben schon einmal über die Bat Kol gesprochen. Was ist das? Es ist eine Stimme vom Himmel.
Im Judentum war klar, dass mit Malachi das Prophetentum beendet war. Nach Malachi kam kein einziger Schriftprophet mehr. Im Talmud, im Traktat Sanhedrin, heißt es sogar, dass nach dem Tod der Propheten Haggai, Sacharja und Malachi der Heilige Geist von Israel wich. Es war also klar, dass alle Bücher, die danach geschrieben wurden, wie zum Beispiel die Makkabäerbücher, keine inspirierten Schriften mehr waren.
Doch im Talmud wird darüber gesprochen, dass Gott sich in außergewöhnlichen Situationen durch eine Bat Kol, also eine Stimme aus dem Himmel, offenbaren konnte. Solche Ereignisse wurden wiederholt überliefert. Das erste Mal war bei der Taufe Jesu. Man könnte sagen, dass die Stimme aus dem Himmel dort eine Bat Kol war. Später, auf dem Berg der Verklärung, also zu Beginn und gegen Ende des Dienstes des Herrn, kam es erneut zu einer solchen Offenbarung.
Auch in der Offenbarung des Johannes finden wir Hinweise auf solche himmlischen Stimmen. In Offenbarung 14,2 heißt es: „Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel, wie das Rauschen vieler Wasser und wie das Rollen eines lauten Donners, und die Stimme, welche ich hörte, war wie von Harfensängern, die auf ihren Harfen spielen.“
Auch hier ist eine Stimme aus dem Himmel zu hören, die im Klang dem Rollen eines Donners ähnelt. Das erklärt, warum einige so reagierten. In Johannes 12,29 heißt es: „Die Volksmenge nun, die da stand und zuhörte, sagte, es habe gedonnert.“ Andere erkannten jedoch, dass es nicht einfach ein Donner war, sondern eine deutlich artikulierte Stimme. Deshalb sagten sie, ein Engel habe mit ihm geredet.
Wie war das bei der Bekehrung von Paulus vor Damaskus? Auch das war in gewissem Sinn eine Bat Kol, eine Stimme aus dem Himmel. Gleichzeitig war es eine Erscheinung Jesu. Paulus sah Jesus, es gab ein Licht und eine Stimme aus dem Himmel.
Kann man das als Bat Kol bezeichnen? Ja, durchaus. Bei der Taufe im Jordan spricht der Vater, und der Sohn spricht ebenfalls. Das war ein Licht aus dem Himmel, begleitet von einer Stimme aus dem Himmel. In diesem Sinne entspricht das auch einer Bat Kol.
Die anderen, die mit Paulus gekommen waren, verstanden den Inhalt der Rede nicht. Es heißt, sie verstanden die Stimme nicht, hörten aber den Schall. Sie sahen keine Person, wie an einer anderen Stelle steht, aber sie sahen das Licht, das die Stimme begleitete. Sie sahen also den Herrn nicht, aber das Licht, das mit der Stimme verbunden war.
Der Herr erklärt hier in Johannes 12,30, dass diese ganz spezielle Offenbarung Gottes ein Zeugnis für Israel war. Es war eine klare Bestätigung: Das ist der Messias. Darum sagt er: „Das ist nicht wegen mir geschehen, sondern es ist für euch.“
Dann kündigt er an, dass er als der verworfene Messias bald gekreuzigt wird. Das deutet er in Vers 32 an: „Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde ich alle zu mir ziehen.“ Johannes erklärt, dass er damit seine Todesart durch Kreuzigung andeutete.
Die Erwartung des Volkes und die messianische Herrschaft
Und das gab nur ein Problem für die Volksmenge: Sie war der Überzeugung, dass, wenn der Messias kommt, er hierbleiben und sein Reich aufrichten würde. Darum sagen sie zu ihm: „Wir haben aus dem Gesetz gehört.“ Sie sagen nicht „Wir haben gelesen.“ Das war also das, was sie als rabbinische Lehre von den Sabbatlesungen her mitbekommen hatten, nämlich dass der Christus – das ist Griechisch für das hebräische Wort Messias – in Ewigkeit bleibe.
Auf welche Stelle könnten sie sich da berufen? An welche Stelle haben sie wohl gedacht? Schlagen wir mal Daniel 7 auf. Das war damals eine sehr beliebte und bekannte messianische Stelle. In Daniel 7 geht es um die vier Weltreiche, die als wilde Tiere dargestellt werden: zuerst das Babylonische Reich, dann das Persische, das Griechische und schließlich das Römische Reich.
Und in Verbindung mit diesem Römischen Reich heißt es in Daniel 7, Verse 13 bis 14: „Und ich schaute in Gesichten der Nacht und sah, mit den Wolken des Himmels kam einer wie eines Menschen Sohn, und er kam zu dem Alten an Tagen und wurde vor denselben gebracht. Und ihm wurde Herrschaft und Herrlichkeit und Königtum gegeben, und alle Völker, Völkerschaften und Sprachen dienten ihm. Seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die nicht vergehen wird, und sein Königtum ein solches, das nie zerstört werden wird.“
Für alle war klar: Der Menschensohn hier ist der Messias. Er kommt und wird dann eine ewige, bleibende Herrschaft antreten. Darum sagen sie: „Ja, wieso sagst du so etwas eben in Andeutung seines Todes? Wir haben gelernt, dass der Messias in Ewigkeit bleibt.“
Aber was hätten sie da gut bedenken sollen? In Daniel 7 kommt der Messias wie? In die Folge des Himmels. Jawohl. Aber gerade vorhin kam der Messias auf einem Esel, beim Einzug nach Jerusalem, in Johannes 12. Dort wird zitiert – liest jemand Vers 14 und 15 von Johannes 12? „Fürchte dich nicht, Tochter Zion!“ Schon Vers 14: „Dies ist auch erfüllt: Ein junger Esel, und er ritt darauf, wie geschrieben steht: ‚Fürchte dich nicht, Tochter Zion, siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.‘“
Da hat er also Zacharien 9 erfüllt. Er kam nicht auf den Wolken des Himmels, sondern auf einem Eselsfüllen. Im rabbinischen Judentum erklärt man beide Stellen als messianisch: Daniel 7,13-14 und auch Zacharien 9,9. Das bildet aber einen Konflikt – noch heute.
Noch heute, zum Beispiel, sagt Rabbi Ariel Yisrael, der Gründer des Tempelinstituts in Jerusalem, wo Geräte wie der Schaubrotisch und der Räucheraltar für den dritten Tempel hergestellt werden, zu diesen beiden Stellen: „Das sind wohl zwei verschiedene Möglichkeiten. Der Messias könnte auf dem Esel kommen, er könnte aber auch auf den Wolken kommen. Das ist abhängig vom Zustand Israels. Wenn Israel unwürdig ist und die Tora, das Gesetz Mose, nicht einhält, dann kommt er auf dem Esel. Wenn Israel würdig ist, dann kommt er auf den Wolken des Himmels.“
Nun, es sind nicht zwei Möglichkeiten, sondern beides ist eine klare prophetische Aussage. Es sind zwei verschiedene Phasen des Kommens: Einmal sollte er auf dem Eselsfüllen kommen und dann nicht bleiben, sondern sterben. Und einmal sollte er auf den Wolken des Himmels kommen und dann bleiben.
Ein Rabbi aus Australien hat einmal gesagt: „Wenn der Messias kommt, dann wird er ihn fragen: ‚Herr Messias, waren Sie schon einmal da?‘“ Aber das ist ein bisschen spät; das sollten wir jetzt klären.
Wenn wir jetzt noch Zacharja 9 aufschlagen, fällt uns etwas ganz Interessantes auf. Sacharja 9, Vers 9: „Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir, gerecht und siegreich ist er, demütig und auf einem Esel reitend, und zwar auf einem Fohlen, einem jungen Esel.“
Jetzt ist es interessant: Es heißt hier „gerecht“ und „ein Retter“ ist er, beziehungsweise „siegreich“. Wörtlicher wäre: „Ein mit Rettung Begabter, gerecht und ein Retter“ oder „ein mit Rettung Begabter“. Dann heißt es weiter „demütig“, und dieses Wort bedeutet zugleich „gebeugt“ oder „elend“. Das zeigt, er kommt nicht als der erhabene Herrscher, wie in Daniel 7, sondern als der gebeugte Elende.
Mit Rettung begabt – das war sein erstes Kommen. Da musste er sterben am Kreuz, eben erhöht werden, aber nicht bleiben. Aber die hätten dann sagen können: „Ja halt, aber wir haben doch noch in Daniel 7 ganz klar die vier Weltreiche – Babylon, Persien, Griechenland, Rom – und dann kommt der Messias auf den Wolken des Himmels. Also muss er zur Zeit des Römischen Reiches kommen.“
Und da sind wir jetzt. Das ist genau die Zeit, da war das Römische Reich. Aber wir müssen in Offenbarung 17 nachschlagen. Dieses vierte Reich, das Römische Reich, sieht Johannes in seiner Vision auf Patmos noch einmal als dasselbe Tier, das das Römische Reich darstellte, das Daniel gesehen hatte.
Dieses Tier wird beschrieben in Offenbarung 13, ab Vers 1. Und dann in Offenbarung 17, Vers 8, wird im Blick auf dieses Tier, das Römische Reich, erklärt: „Das Tier, das du gesehen hast, ist gewesen, ist jetzt nicht und wird wieder aufsteigen aus dem Abgrund und wird in die Verdammnis fahren.“
Oder noch etwas wörtlicher: „Das Tier, welches du sahst, war und ist nicht – also ist nicht, ist jetzt nicht –, sondern ist nicht und wird aus dem Abgrund heraufsteigen.“ Hier werden drei Phasen dargestellt, entsprechend den drei grammatischen Zeiten: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Diese werden hier absolut genommen.
Das Römische Reich soll also in drei Phasen in der Weltgeschichte Bedeutung erlangen: Phase A – es war, Phase B – ist nicht, Phase C – es wird wiederkommen.
Wir haben in der Schule gelernt, dass es einmal ein Römisches Reich gab, das dann unterging, als eure Vorfahren – die Barbaren aus dem Norden – kamen und das ganze Reich durcheinanderbrachten, im Jahr 476. Auch aus dem Osten kamen sie, und dann blieb das Oströmische Reich, das schrumpfte und schrumpfte, bis es unter dem Ansturm der Türken 1453 fiel.
Dann gab es kein Römisches Reich mehr, es „ist nicht“. Diese innere Zerrissenheit Europas, die mit dem Eindringen der Barbaren im fünften Jahrhundert begann, erreichte ihren Höhepunkt im zwanzigsten Jahrhundert im Zweiten Weltkrieg.
Aber gerade nach dem Weltkrieg entwickelte man eine ganz neue Sicht für Europa. Das war sehr eindrücklich, als Winston Churchill 1946 in Zürich sagte: „Lasst Europa aufstehen! Wir müssen eine Art Vereinigte Staaten von Europa gründen.“ Der Weg dahin ist einfach, und wie er zu gehen ist, wurde beschrieben.
Dann begann man diesen Weg zu gehen, und 1957 wurden in Rom die Römischen Verträge geschlossen. Vorreiter dieser Europavisionäre wie Emil Luss beschrieben die neue Europakonstruktion so, dass Europa, die europäische Einheit, nicht geschaffen, sondern lediglich wiederhergestellt werden müsse.
Das war die Europavision nach dem Zweiten Weltkrieg: ein neues Römisches Reich. Einer unserer ehemaligen Staatssekretäre, Dr. Franz Blankart, sagte: „Ein heiliges Römisches Reich europäischer Nationen soll gezimmert werden.“
Es ist also eine ganz klare Vision dessen, was jetzt entsteht: Europa der 25, dann Europa der 27, wenn Bulgarien und Kroatien dazukommen, und wenn die Türken auch noch beitreten. Das ist das Römische Reich, das wiederersteht.
Nun erklärt die Offenbarung: In dieser letzten Phase, wenn das Römische Reich wieder erscheint, wird der Messias vom Himmel herkommen – nicht mehr auf einem Esel, sondern mit den Wolken des Himmels. Und dort, sogar in Offenbarung 19, Vers 11 und folgende, reitend auf einem weißen Pferd.
Können wir das kurz aufschlagen? So als Gegensatz zum Palmsonntag auf dem Esel: Der Menschensohn vom Himmel her auf einem weißen Pferd, Offenbarung 19,11. Wer liest? „Ich sah den Himmel geöffnet, und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf saß, heißt Treu und Wahrhaftig, und er richtet und führt Krieg in Gerechtigkeit. Seine Augen aber sind eine Feuerflamme, und auf seinem Haupt sind viele Diademe, und er trägt einen Namen geschrieben, den niemand kennt als nur er selbst.“
Und so geht das auf: Der Messias ist zwar zur Zeit des Römischen Reiches gekommen, aber auf dem Esel, um das Problem unserer Schuld durch seinen Opfertod zu lösen. Dann ging das Römische Reich unter, und nun ist es seit dem Zweiten Weltkrieg wieder im Aufbau.
Zur Zeit dieses neuen Römischen Reiches wird der Messias kommen, aber nicht mehr auf dem Esel, sondern auf den Wolken des Himmels. Eben nicht mehr als Retter, sondern als Richter.
Das wäre die Erklärung für die Volksmenge damals, die sagte: „Wir haben aus dem Gesetz gehört.“ Mit „Gesetz“ meinen sie hier nicht nur die fünf Bücher Mose, sondern das Alte Testament insgesamt, die Thora, also die fünf Bücher Mose oder auch das ganze Alte Testament, dass der Christus in Ewigkeit bleibe.
Und wie sagst du, dass der Sohn des Menschen erhöht werden müsse? Sehen wir den Zusammenhang mit Daniel 7: Sie sprechen nicht einfach über den Messias, sondern sie sagen, der Sohn des Menschen, der Menschensohn, kommt, um zu herrschen.
Und Jesus erklärt nochmals: „Ich bin jetzt nur noch für eine kurze Zeit da als Licht unter euch. Jetzt müsst ihr die Chance wahrnehmen, damit ihr Söhne des Lichts werdet.“
Das Licht im Tempel und die Bedeutung für die Nachfolger
Wieso spricht der Herr hier über das Licht im Tempel? Oder besser gefragt: Besteht ein Bezug zum Tempel, wenn er vom Licht spricht? Gemeint ist die Leuchte beim Laubhüttenfest.
Darüber haben wir ja in Johannes 8 gesprochen, als der Herr am Laubhüttenfest war. Das Laubhüttenfest findet in Johannes 7 statt, und in Johannes 8 nimmt der Herr Bezug auf diesen Brauch. Am Laubhüttenfest wurden nachts vier über 27 Meter hohe Leuchter im Frauenvorhof aufgestellt. Deren Lampen waren aus Gold und wurden entzündet. Diese riesigen Lampen fassten etwa neun Liter Olivenöl. Als Docht verwendete man abgetragene Priestergewänder. Das waren also recht flammende Lampen, die nachts gewissermaßen das Licht in Jerusalem verbreiteten.
Darauf nimmt der Herr Jesus Bezug in Johannes 8, Vers 12. Wer liest? „Wiederum nun redete Jesus zu ihnen und sprach: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben.“
Diese Leuchter wurden nur am Laubhüttenfest und am Tempelweihfest angezündet. Das hatten wir ja im Jahr 2010 behandelt. Aber die riesigen Leuchter standen das ganze Jahr über. Wenn man auch zum Passafest zum Tempel kam, wurde man immer wieder an dieses Licht erinnert.
So hat der Herr hier natürlich einen Ansatzpunkt, wenn er widerspricht und erklärt, dass dieses Licht eigentlich auf ihn hinweist. Er ist dieses Tempellicht.
„Nur eine kleine Zeit ist das Licht unter euch. Wandelt, während ihr das Licht habt, auf dass nicht Finsternis euch ergreife. Und wer in der Finsternis wandelt, weiß nicht, wohin er geht. Während ihr das Licht habt, glaubt an das Licht, auf dass ihr Söhne des Lichts werdet.“
Später hielt der Herr nochmals eine Rede. Kann jemand lesen? Johannes 12, Verse 44 bis 46: „Jesus aber rief und sprach: Wer an mich glaubt, der glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat. Und wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat. Ich bin als ein Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt.“
Also weist er nochmals darauf hin: Er ist dieses messianische Licht. Jetzt ist die große Chance, aber nur noch für kurze Zeit, dann wird er weggehen.
Wir können dazu über diesen Weggang des Messias eine Stelle aus dem Propheten Hosea lesen. Ich habe gestern in Reutlingen eine Übersicht über alle zwölf kleinen Propheten gegeben. Das war eine Menge Arbeit an einem Tag. Dort haben wir unter anderem auch Hosea 5, Vers 15 gelesen. Da hört man die Stimme des Messias.
Wer liest? Hosea 5, Vers 15: „Ich gehe, kehre zurück an meinen Ort, bis sie ihre Schuld büßen und mein Angesicht suchen. In ihrer Not werden sie mich suchen.“
Er geht also wieder zurück in den Himmel, an seinen Ort, wo er hergekommen ist. Er überlässt Israel als Volk, bis sie an den Punkt kommen, an dem sie sein Angesicht suchen werden. Das wird ganz besonders in größter Bedrängnis geschehen.
In der Offenbarung lesen wir, dass in den dreieinhalb Jahren vor der Wiederkunft Christi vom Himmel her die große Drangsal stattfinden wird – die größte Not der Weltgeschichte. Dann wird die große Erweckung in Israel stattfinden, unter dem jüdischen Volk.
Er geht weg, aber nicht für immer. Bis sie ihre Schuld büßen, in ihrer Bedrängnis werden sie ihn eifrig suchen. Dann kommt er wieder.
So haben wir ganz klar diese zwei Phasen der Erscheinung des Messias.
In dieser Not werden sie ihn suchen. Das wird beschrieben in Hosea 6, Verse 1 bis 3. Dort findet man das Bußgebet der Juden in der Zeit des Endes:
„Kommt, lasst uns zum Herrn umkehren, denn er hat zerrissen, er wird auch heilen. Er hat geschlagen, und er wird auch verbinden. Er wird uns nach zwei Tagen neu beleben, am dritten Tag uns aufrichten, so dass wir vor seinem Angesicht leben. So lasst uns ihn erkennen, ja, lasst uns nachjagen der Erkenntnis des Herrn. Siehe, wie die Morgenröte ist sein Hervortreten, er kommt wie der Regen zu uns, wie der Spätregen, der die Erde benetzt.“
Sie sprechen also von seinem Kommen. Sein Hervortreten ist sicher wie die Morgendämmerung – das ist das zweite Kommen Christi. Als Nation werden sie wieder neu belebt, nachdem so vieles zerrissen und zerschlagen wurde.
Sie sagen: „Er wird uns nach zwei Tagen wiederbeleben.“ Das ist eine Verszeile. Die parallele Verszeile sagt: „Am dritten Tag wird er uns aufrichten.“ Das ist also das Gleiche wie nach zwei Tagen.
Damit drücken sie aus, dass die Wiederbelebung und die Wiederauferstehung Israels auf der Grundlage der Auferstehung Christi stattfinden. Der Messias sollte sterben, aber am dritten Tag auferstehen. Seine Auferstehung gibt die Basis, dass in der Endzeit Israels Nation neu aufstehen kann – wie in Hesekiel 37 beschrieben, ein Tal voller toter Gebeine.
Die Totengebeine bedeuten Israel. Sie sagen: „Wir haben keine Hoffnung mehr!“ Dann werden diese Totengebeine zusammengerückt und lebendig.
Israel als Volk war zerstreut unter den Völkern. Jahrhundertelang sah es so aus, als gäbe es keine Wende im Schicksal der Juden.
Dann, in unserem Jahrhundert oder in unserer Zeit, kam die Gründung des Staates Israel, die Rückkehr aus aller Welt und zukünftig auch die geistliche Erneuerung dieses Volkes.
Dann stimmt das, was Rabbi Ariel gesagt hat: „Wenn wir die Tora nicht einhalten, dann kommt er auf dem Esel. Und wenn wir die Tora einhalten, dann kommt er auf den Wolken des Himmels.“
Dann wird ein Überrest, ein Drittel der Bevölkerung, der in dieser letzten Not überleben wird, bereit sein und ihn empfangen.
Die Haltung der Söhne des Lichts und die Liebe zu den Feinden
Es war schon eindrücklich, wie man ohne wirkliches Licht das Richtige sagen kann. Das haben wir doch auch bei dem Hohenpriester Caiaphas gesehen, der sagte: „Es ist euch nützlich, dass einer sterbe und nicht die ganze Nation umkomme.“ Aber er wusste nicht, dass er eigentlich unter Eingebung redete, weil er Hoherpriester war.
Gut, gehen wir zurück zu Johannes 12. Der Ausdruck „Söhne des Lichts“ ist noch interessant, denn er hatte damals eine sehr besondere Bedeutung. Die Gemeinschaft von Qumran verwendete diesen Ausdruck. Sie hatten sich im zweiten Jahrhundert vor Christus vom Judentum abgesondert, weil sie sagten, der Tempel mit diesen illegalen Hohenpriestern sei unrein. Sie konnten nicht mehr am Gottesdienst teilnehmen.
Daraufhin zogen sie sich in die Wüste am Toten Meer zurück und warteten, bis der Messias kommt. Sie bezeichneten sich als die „Söhne des Lichts“, also in ihrer Sektenrolle. Man hat mehrere Exemplare ihrer Schriften gefunden, in denen genau beschrieben wird, was die Grundsätze ihrer Gemeinschaft sind. Sie nennen sich natürlich nicht Sekte, sondern „Yachad“, Gemeinschaft.
Dort wird erklärt, dass sie die „Söhne des Lichts“ sind und alle anderen die „Söhne der Finsternis“. Es heißt auch, dass die „Söhne des Lichts“ die „Söhne der Finsternis“ hassen sollen.
Nun benutzt der Herr diesen Ausdruck hier ebenfalls: „Söhne des Lichts“. Aber damit sind nicht die Leute von Qumran gemeint, sondern die, die an das Licht, an sein Licht glauben. Das sind die wahren „Söhne des Lichts“. Und diese hassen nicht die „Söhne der Finsternis“.
Herr Jesus sagt in der Bergpredigt: „Liebet eure Feinde.“ Er sagt dort: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist, ihr sollt euren Nächsten lieben und den Feind hassen.“ (Matthäus 5,43-44). Wer liest mit? „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde, segnet die, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und betet für die, die euch beleidigen und verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters seid, der im Himmel ist.“
Ja, es ist so: Die Pharisäer haben nicht gelehrt, man solle den Feind hassen, die Sadduzäer auch nicht. Darum haben bibelkritische Theologen gesagt, dieses Jesuswort hier sei ganz eindeutig nicht echt, denn im Judentum habe man nicht diese Lehre, man solle den Feind hassen.
Dann mussten sie warten, bis man die Handschriften von Qumran gefunden hat. Dort steht die Lehre, dass die „Söhne des Lichts“ die „Söhne der Finsternis“ hassen sollen. Der Herr sagt ja nicht, die Pharisäer oder die Sadduzäer sagen das. Er sagt einfach: „Ihr habt gehört, was gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.“ Aber er, der Herr, kritisiert damit alle, die das lehrten, wie die Gemeinschaft in Qumran, und sagt: „Liebt eure Feinde!“
Also sind die wahren „Söhne des Lichts“ die, die an ihn glauben, an den, der das Licht ist, das Licht der Welt. Und das sind solche, die ihre Feinde lieben.
Die Bedeutung von Johannes 12,32 und der Zug Gottes zur Buße
Machen wir jetzt hier zwanzig Minuten Pause.
In der Pause kam noch eine Frage in Bezug auf Johannes 12,32: „Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen.“ Ist das eine Stelle, die Allversöhnung lehrt? Nein. Es ist gerade das Wunderbare, dass wir sagen können: Gott will, dass alle Menschen gerettet werden (1. Timotheus 2,4) und darum zieht Gott jeden Menschen.
Aber das heißt nicht, dass jeder Mensch dann errettet wird. In Römer 2 lesen wir diesbezüglich Verse 4 und 5. Möchte jemand das bitte lesen?
„Oder verachtest du den Reichtum seiner Gütigkeit und Geduld und Langmut, nicht wissend, dass die Güte Gottes nicht zur Buße leitet? Nach deiner Störlichkeit und deinem unbußfertigen Herzen aber häufst du dir selbst Zorn auf am Tage des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes.“
Gott will jeden Menschen zur Buße leiten. Diesem Zug Gottes kann der Mensch nachgeben oder sich ihm entgegenstellen. Hier wird erklärt, dass durch die Störigkeit des unbußfertigen Herzens die Schuld noch mehr aufgehäuft wird, wenn man diesem Zug Gottes widersteht. Schlussendlich kommt das Gericht. Aber der Zug Gottes war da.
Gott will jeden Menschen zur Buße leiten, und Herr Jesus zieht an allen Menschen. Das heißt aber nicht, dass alle dann wirklich zu ihm kommen. Das ist aus anderen Stellen ja ganz deutlich.
Ist noch etwas bis hierher? Ja, bitte.
Wir haben einen Verweis auf Johannes 3,14 gemacht und die Geschichte mit der erhöhten Schlange: „So muss der Sohn des Menschen erhöht werden, wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat.“
Ja, weil der Herr auch hier sagt: „Wenn ich von dieser Erde erhöht bin“, also durch die Kreuzigung ans Kreuz erhöht werde. Mose hat die Schlange an einer Stange erhöht, was auch die Kreuzigung eben vorschatten sollte. Da besteht also ein innerer Zusammenhang.
Dann gab es hier hinten noch eine Frage. Johannes 12,26 heißt es: „Wenn mir jemand dient, so folge er mir nach, und wo ich bin, da wird auch mein Diener sein.“ Ist das der Heilige Geist?
Nein, da spricht der Herr über diejenigen, die ihm nachfolgen wollen. „Mein Diener“ – er nimmt quasi den Nachfolger ganz persönlich an.
In Vers 25 heißt es: „Wer sein Leben liebt, wird es verlieren; und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es zum ewigen Leben bewahren.“ Der Herr spricht hier über Menschen in der Einzahl. Und dann geht es weiter: „Wenn mir jemand dient“, es geht immer noch um den Einzelnen, „so folge er mir nach.“ Es bezieht sich also auf den einzelnen Nachfolger Christi.
Ja, gut. Noch etwas bis hierher? Dann gehen wir weiter.
Die Ablehnung Jesu und die Erfüllung der Jesaja-Prophezeiung
Nun folgt hier ein sehr ernster Kommentar von Johannes ab Vers 37, in dem er zusammenfasst: Wiewohl er so viele Zeichen vor ihnen getan hatte, glaubten sie nicht an ihn, denn die Masse erkannte das Licht der Welt nicht.
Johannes erklärt nun, dass dies genau mit dem übereinstimmt, was der Prophet Jesaja vorausgesagt hatte. In Jesaja 53,1 heißt es: „Herr, wer hat unserer Verkündigung geglaubt? Und wem ist der Arm des Herrn geoffenbart worden?“ Dieses Kapitel beschreibt den leidenden Messias. Am Anfang dieses Kapitels wird die Frage gestellt: Wer hat das geglaubt? Wer hat diese Verkündigung angenommen? Hier wird deutlich, dass die Masse das nicht glauben wollte.
Schlagen wir Jesaja 53 auf und bedenken, dass die Rabbiner im Altertum dieses Kapitel auf den Messias bezogen haben. Das ist also keine nachträgliche christliche Interpretation, sondern im Judentum bekannt. Diese Auffassung steht sogar im Babylonischen Talmud, im Traktat Sanhedrin 98b, wo auf Jesaja 53 Bezug genommen und es auf den Messias bezogen wird.
Nun betrachten wir den Zusammenhang dieses Wortes. Ab Jesaja 52,13 beginnt die Beschreibung des leidenden Knechtes: „Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln, er wird erhoben und erhöht werden und sehr hoch sein.“ Bevor der Prophet über die Leiden des Messias spricht, beginnt er mit seinem Triumph. Er wird erhoben aus dem Grab, erhöht in der Himmelfahrt und sehr hoch sein, indem er den Platz zur Rechten Gottes einnimmt.
Nun werden seine Leiden beschrieben, Vers 14: „Gleichwie sich viele über dich entsetzt haben, so entstellt war sein Aussehen mehr als irgendeines Mannes und seine Gestalt mehr als der Menschenkinder.“ Ebenso wird er viele Nationen in Staunen versetzen, über ihn werden Könige ihren Mund verschließen, denn sie werden sehen, was ihnen nicht erzählt worden war, und was sie nicht gehört hatten, werden sie wahrnehmen.
Hier wird gesagt, dass der leidende Messias so leiden wird, dass er nicht mehr menschenähnlich aussah. Das Hebräische ist schwierig zu übersetzen, aber der Sinn ist, dass sein Aussehen so entstellt war, „weg von einem Mann und seiner Gestalt, weg von den Menschenkindern“. Das drückt aus, dass sein Aussehen nicht mehr menschenähnlich war – noch krasser als wenn man sagte „mehr als irgendeines Mannes“, also weg von einem Mann, so dass er nicht mehr wie ein Mensch aussah. So entstellt war er durch die Geißelung und die ganze Marter, die ihm angetan wurde.
Dann wird erklärt, dass er so leiden wird, aber viele Nationen, also die Heidenvölker, werden staunen. Sie werden davon hören, von diesen Ereignissen, obwohl sie sie selbst nicht gesehen haben. Denn sie werden sehen, was ihnen nicht erzählt worden war, und was sie nicht gehört hatten, werden sie wahrnehmen. Das wird ihnen verkündet, und das wird eine gewaltige Reaktion unter den Heidenvölkern auslösen.
Der Prophet fährt weiter: „Wer hat unserer Verkündigung geglaubt, und wem ist der Arm des Herrn offenbar geworden?“ Trotz der gewaltigen Reaktion vieler Nationen folgt dieser enttäuschte Satz: „Wer hat schon unserer Verkündigung geglaubt?“ Das bezieht sich auf das jüdische Volk.
Jesaja 53 macht deutlich, dass die Botschaft vom leidenden Messias unter den Heidenvölkern ein riesiges Echo bekommen wird, aber nicht unter dem jüdischen Volk. Und so ist es auch gekommen. In den letzten 2000 Jahren sind Millionen Menschen unter allen Völkern auf allen fünf Kontinenten zum Glauben gekommen. Es war jedoch immer nur eine kleine Minderheit aus dem jüdischen Volk, die zur Bekehrung kam.
Heute beginnt sich das zu ändern. Man rechnet weltweit mit etwa 300 bekehrten Juden bei einer Gesamtzahl von 14 Millionen. Das ist nicht schlecht, denn seit den 1960er Jahren haben sich schätzungsweise etwa 100 Juden bekehrt. Ich rechne das für die Schweiz hoch: Dort leben sieben Millionen Menschen. Wir könnten sagen, dass seit den 1960er Jahren etwa 50 Schweizer Juden zum Glauben gekommen sind. Und zwar nicht aus christlichen Familien, denn die Juden, die sich bekehren, stammen meist nicht aus einem gläubigen Elternhaus.
In der Schweiz könnte man daher von einer größeren Erweckung sprechen. Aber das ist nicht der Fall. Heute sieht es so aus, dass es sogar mehr Juden mit christlichem Hintergrund gibt, die sich bekehren, als Schweizer. Für Deutschland ist es ähnlich.
Ein messianischer Jude, der bei uns in der Gemeinde einen Vortrag gehalten hat, schätzte, dass es in Israel höchstens 5000 messianische Juden gibt. Diese müssten sich sehr vorsichtig bewegen, um nicht vom Oberrabbinat angegriffen zu werden.
Ich sprach nicht von Israel, sondern von den Juden insgesamt. Die meisten Juden, die sich bekehren, tun dies nicht in Israel, sondern in der Diaspora. Die meisten in den USA und Kanada. Dort wird auch die beste Arbeit unter Juden geleistet, etwa durch „Jews for Jesus“. Durch diese Organisation sind viele Juden zum Glauben gekommen.
Es ist also einfacher, in der Diaspora zum Glauben zu kommen als im Land Israel. Das wird sich jedoch nach der biblischen Prophetie noch ändern – allerdings erst nach der Entrückung der Gemeinde.
Was wir hier sehen, ist ein riesiges Echo unter den Heidenvölkern, und das ist in den letzten 2000 Jahren tatsächlich geschehen. Millionen haben eine Bekehrung erlebt. Allein in China gibt es heute etwa 80 Millionen Christen, die sich im Untergrund versammeln. Man kann davon ausgehen, dass es echte, wiedergeborene Christen sind – 80 Millionen!
Im Rückblick auf 2000 Jahre sind das Abermillionen, die sich echt bekehrt haben. Das Echo unter dem jüdischen Volk war jedoch bis in jüngste Zeit sehr, sehr mager. Im ersten Jahrhundert gab es noch Zehntausende, die zum Glauben kamen, aber im Vergleich zum ganzen Volk war es eine kleine Minderheit.
Das ist der Zusammenhang von Jesaja 53: Wer hat unserer Verkündigung geglaubt? Johannes nimmt das auf und sagt in Johannes 12, Vers 38, bezogen auf Jesaja 53: Er ist vor ihm aufgeschossen – wer ist „ihm“? Das ist Gott gemeint, nicht das Volk. Denn es heißt vorher: „Wem ist der Arm des Herrn offenbar geworden?“ Er ist wie ein Reis vor ihm, vor dem Herrn aufgeschossen.
Das bedeutet, der Herr Jesus, der Messias, ist in Gemeinschaft mit Gott als Kind aufgewachsen. Wie ein Wurzelspross aus dürrem Erdreich – das heißt, das Volk war geistig ausgetrocknet. In dieser Situation ist er in Nazareth aufgewachsen.
Dann spricht das jüdische Volk: Er hatte keine Gestaltung, keine Pracht, und als wir ihn sahen, da hatte er kein Ansehen, dass wir seiner begehrt hätten. Aber unter den Nationen sollte eine Reaktion kommen.
Johannes bezieht sich hier in Johannes 12 auf das Jesaja-Wort. Dann sagt er in Vers 39: „Darum konnten sie nicht glauben, weil Jesaja wiederum gesagt hat: Er hat ihre Augen verblendet und ihr Herz verstockt, dass sie nicht mit den Augen sehen und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren und ich sie heile.“ Damit zieht er sich auf ein anderes Jesaja-Wort, nämlich Jesaja 6,10.
Das bringt jedoch ein Problem für die liberale Theologie. Sie lehrt, es gäbe drei Jesajas. Der erste Jesaja umfasst Kapitel 1 bis 39, dann kommt der Deutero-Jesaja ab Kapitel 40 bis 55, und der Dritto Jesaja von Kapitel 55 bis zum Schluss. So wurde Jesaja in der liberalen Theologie aufgesplittert.
Der Grund dafür ist, dass in Kapitel 45 der König Kyros mit Namen erwähnt wird und was er für Israel tun werde. Wenn Jesaja das geschrieben hätte, hätte der Prophet etwa 170 Jahre vor Kyros aus Persien in der Geschichte ihn mit Namen genannt. Die liberale Theologie beruht auf der Aufklärungsphilosophie, die kein übernatürliches Eingreifen Gottes zulässt. Daher könne es nicht von Jesaja sein, weil echte Prophetie nicht existiere.
Darum wird gesagt, das müsse ein anderer Jesaja gewesen sein. Doch hier wird Jesaja 53 ganz klar Jesaja zugeschrieben, auf dass das Wort Jesajas des Propheten erfüllt werde (Johannes 12,38). Auch Vers 39, wo aus Kapitel 6 zitiert wird, schließt an: „Darum konnten sie nicht glauben, weil Jesaja wiederum gesagt hat“ – derselbe Jesaja.
Jetzt könnte irgendein Pfarrer, wenn man ihn darauf anspricht, was er eigentlich glaubt und was er im Studium gelernt hat, sagen: „Das ist alles nicht so wichtig, ob es nun einen ersten und zweiten Jesaja gibt, Hauptsache, wir verstehen die Botschaft Gottes in seinem Wort.“ Aber halt!
Wenn man glaubt, dass das Buch Jesaja von mehreren Autoren stammt, dann hat man Jesus Christus hier in Verlegenheit gebracht. Man müsste ihm Irrtum unterstellen. Die ganze Frage greift letztlich die Person des Sohnes Gottes direkt an. Es geht um die Frage: Ist er wirklich der Sohn Gottes oder nicht? Das ist keine nebensächliche Frage, sondern sie erschüttert das Fundament des Glaubens.
Jesaja spricht auch in Kapitel 6 über die Verhärtung, die Verstockung Israels als Nation. Schlagen wir Jesaja 6 auf, das Kapitel, in dem der Prophet in einer Vision Gott sah, sitzen auf einem hohen und erhabenen Thron, umgeben von Seraphim, die rufen: „Heilig, heilig ist der Herr der Heerscharen!“
Jesaja 6,1: „In dem Jahr, als der König Usija starb, sah ich den Herrn sitzen auf einem hohen und erhabenen Thron, und sein Saum füllte den Tempel.“ Hier sieht Jesaja Gott im Tempel, im salomonischen Tempel damals. Die Bundeslade wird in den Klageliedern 2 als der Schemel Gottes bezeichnet, die Cherubim als der Ort, über den Gott thront (Psalm 80).
Jesaja sieht den Herrn auf dem hohen und erhabenen Thron im Tempel sitzen, und die Seraphim rufen: „Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heerscharen. Die ganze Erde ist erfüllt von seiner Herrlichkeit“ (Jesaja 6,3).
In Vers 5 reagiert Jesaja: „Da sprach ich: Wehe mir, denn ich bin verloren, denn ich bin ein Mann mit unreinen Lippen, und mitten in einem Volk mit unreinen Lippen wohne ich, denn meine Augen haben den König, den Herrn der Heerscharen, gesehen.“
Jesaja sieht Gott, Yahweh, den Ewigen und Unwandelbaren, auf dem hohen und erhabenen Thron. Die Bundeslade war nicht sehr hoch, aber das Ganze erklärt sich so, dass das Allerheiligste im salomonischen Tempel direkt auf dem Felsen gebaut war, der heute im Felsendom zu sehen ist. Das ist die Bergspitze des Tempelbergs.
Dieser Fels bildet eine natürliche Rampe gegen Osten hinunter, etwa drei Meter fünfzehn. Der Felsboden östlich von diesem Felsen war das Heilige. Das Allerheiligste lag also etwa drei Meter höher als das Heilige davor.
Der Hohepriester ging im salomonischen Tempel vom Heiligen über die Rampe hinauf ins Allerheiligste. Auf der Rampe war der Scheidevorhang.
Das Heilige ist im Tempelhaus der vordere, größere Raum. Dahinter liegt das Allerheiligste.
Das erklärt, warum es heißt, Gott sitzt auf einem „hohen und erhabenen Thron“ – drei Meter Fels, dann die Bundeslade, und über den Cherubim thront der Herr der Heerscharen. Drei Meter sind mehr als anderthalb Mann hoch.
Im Zweiten Tempel war das nicht mehr so. Dort wurde mit großen Fundamentsteinen das Gelände angeglichen, so dass das Allerheiligste noch drei Finger breit höher war als das Heilige.
Im Zusammenhang damit wird das Wort der Verstockung Israels zitiert. Jesaja 6,10: „Verstocke das Herz dieses Volkes und lass ihre Ohren taub sein und ihre Augen blind, damit sie nicht sehen mit ihren Augen, noch hören mit ihren Ohren, noch verstehen mit ihrem Herzen und sich nicht bekehren und genesen.“
Gott kündigt hier die Verstockung Israels als Gericht an. Das muss man so verstehen: Gott gibt dem Menschen eine Gelegenheit. Wenn der Mensch diese Gelegenheit verpasst, kann Gott sein Herz verstocken, weil er nicht möchte, dass der Mensch sich bekehrt. Wenn die Chance nicht wahrgenommen wird, kann es zum Gericht kommen, dass Gott ihn verstockt.
Das ist wichtig, wie beim Pharao. Der Pharao verhärtete sich sechsmal selbst zur Zeit der Plagen in Ägypten. Ab dem siebten bis zum zwölften Mal verhärtete Gott ihn.
So sollte es auch über Israel sein: Weil sie die Chance nicht wahrnahmen, an das Licht zu glauben, solange das Licht noch da war, sollte die Verstockung kommen.
Darauf nimmt Johannes Bezug und sagt, das war so, weil Jesaja es vorausgesagt hatte.
Nun haben wir noch Folgendes gelesen. Lassen wir Jesaja offen, Johannes erklärt in Johannes 12, Vers 41, in welchem Zusammenhang Jesaja dieses Verstockungswort sprach: „Dies sprach Jesaja, weil er seine Herrlichkeit sah und von ihm redete.“
Von wem redete Jesaja? Wessen Herrlichkeit hat er gesehen? Gottes Herrlichkeit, des Herrn der Herrschaft. Jesaja fühlte sich unrein wegen seiner Lippen.
Im Zusammenhang in Johannes 12 heißt es: „Dies sprach Jesaja, weil er seine Herrlichkeit sah.“ Auf wen nimmt er Bezug? Auf Jesus.
Das Ganze beginnt ja in Vers 37: „Wie wohl er so viele Zeichen vor ihnen getan hatte, glaubten sie nicht an ihn.“ Es ist Jesus, an den sie nicht glauben.
Dann Vers 41: „Dies sprach Jesaja, weil er seine Herrlichkeit sah und von ihm redete.“ Wir ziehen den Schluss: Für Jesaja ist der Herr der Herrscher, und Jesus ist eine Person. Er sah den Sohn Gottes.
Die Zeugen Jehovas leugnen die ewige Gottheit Christi. Sie sagen, Jehova sei nur eine Person, der Vater, und der Sohn sei die erste Schöpfung Jehovas. Nein! Die Bibel identifiziert den Sohn Gottes mit Yahweh, dem Herrn der Herrschaft.
Jesaja hatte Jesus Christus als den ewigen Gott gesehen.
Das Ganze ist noch aus einem weiteren Grund interessant. Der Prophet stellt die Frage, wie lange diese Verstockung Israels dauern soll.
Jesaja 6,11: „Ich aber sprach: Herr, wie lange? Er sprach: Bis die Städte wüst werden ohne Einwohner und die Häuser ohne Menschen, und das Feld ganz wüst daliegt. Denn der Herr wird die Menschen weit weg tun, so dass das Land sehr verlassen sein wird.“
Auch wenn nur der zehnte Teil darin bleibt, so wird es abermals verheert werden. Doch über einer Eiche und Linde, von denen beim Fällen noch ein Stumpf bleibt, wird ein heiliger Same sein.
Der Prophet fragt, wie lange die Verstockung Israels dauern wird. Gott antwortet: Bis nicht ewig, sondern bis die Städte verwüstet sind ohne Bewohner.
Die Römer zerstörten etwa 1000 Städte, Dörfer und Festungen im Ersten Jüdischen Krieg von 66 bis 73 nach Christus, als Jerusalem fiel, und im Zweiten Jüdischen Krieg von 132 bis 135.
Bei der Belagerung Jerusalems im Jahr 70 sollen etwa eine Million Juden ums Leben gekommen sein. Hunderttausende wurden in Kriegsgefangenschaft deportiert.
In diesen beiden Kriegen flohen etwa eine Million Juden nach Babylonien, denn das war außerhalb des Römischen Reiches ein Zufluchtsort.
Der Prozess ging weiter. Nach den Römern und Byzanz kam die Zeit der muslimischen Eroberung 638 nach Christus.
Die Juden wurden durch die Muslime als Dhimmis unterdrückt, Bürger zweiter Klasse. Sie mussten Kopfsteuer zahlen und durften beispielsweise nicht auf einem Esel reiten in Sichtweite eines Muslims. Sie mussten absteigen und neben dem Tier hergehen, bis der Muslim außer Sichtweite war.
Dieser Druck führte zu einer weiteren Entvölkerung des Landes. Das Land wurde auch öde und wüstenartig, wie es in Jesaja heißt.
Die Römer hatten im Zweiten Jüdischen Krieg eine solche Wut gegen die Juden, dass sie das Land zerstörten, wo sie konnten. Sie zerstörten die Ökologie bewusst, eine Politik der verbrannten Erde.
Unter der Herrschaft der Türken in Palästina wurden sogar Baumsteuern erhoben. Wer Bäume auf seinem Grundstück hatte, musste dafür Steuern zahlen, was viele dazu brachte, ihre Bäume zu fällen.
Die Scharon-Ebene nördlich von Tel Aviv, eine der fruchtbarsten Ebenen Israels, wurde durch Abholzung für Dampflokomotiven und Eisenbahnen, etwa die Bagdadbahn, zerstört.
1867 besuchte Mark Twain das Land der Bibel. Später schrieb er in seinem Buch „Innocents Abroad“: „Das Land ist spärlich bewohnt, es gibt nichts Liebliches für das Auge, es ist ein Land gebrochen ohne Hoffnung.“
So war es ein Prozess über Jahrhunderte hinweg, eine Entvölkerung des Landes.
Jesaja 6,12 sagt: „Bis die Städte verwüstet sind ohne Einwohner, die Häuser ohne Menschen, das Land wüst und verlassen, und der Herr die Menschen weit entfernt hat, und viele verlassene Orte mitten im Land sind.“
Vers 13: „Und wenn noch ein Zehntel darin bleibt, so wird es wieder dem Niederbrennen anheimfallen, wie die Terrebinte und die Eiche, an denen beim Fällen ein Stumpf bleibt. Ein heiliger Same ist dieser Stumpf.“
Wenn noch ein Zehntel der jüdischen Bevölkerung bleibt, wird es nochmals dezidiert vernichtet. Doch diejenigen, die bleiben, sind wie ein Wurzelstock einer gefällten Eiche oder Terrebinte. Dieser Wurzelstock ist eine Hoffnung für die Zukunft, ein heiliger Same, der später wieder sprossen kann.
Die Verstockung soll also dauern, bis die Entvölkerung und Verwüstung des Landes ihr volles Maß erreicht hat, sodass die jüdische Bevölkerung unter ein Zehntel sinkt.
1882 begann dann die erste Rückführungswelle, und Millionen kehrten ins Land zurück.
Das heißt, die Zeit der Verstockung Israels ist die Zeit der Entvölkerung und Verwüstung des Heiligen Landes. Danach kommt eine Wende, und die Verstockung nimmt ein Ende.
Interessanterweise hat sich seit dem 19. Jahrhundert in der Judenmission das Blatt gewendet. Seitdem bekehren sich so viele Juden wie nie zuvor.
Martin Luther hatte eine große Hoffnung, dass Juden in Deutschland sich sofort bekehren würden, wenn man ihnen die Bibel erklärte. Als dies nicht geschah, wurde er enttäuscht und äußerte später schlimme antisemitische Aussagen. Das kam aus seiner Frustration über die nicht funktionierende Judenmission.
Doch seit dem 19. Jahrhundert hat die Judenmission eine Wende erlebt. Das ist auch die Zeit, in der die Entvölkerung des Landes ihren Höhepunkt erreicht hat.
Jetzt beginnt die Zeit der Veränderung. Heute kann man eher erwarten, dass sich ein Jude bekehrt als ein Schweizer.
Die große Erweckung steht jedoch noch aus und wird noch kommen.
Es ist beeindruckend, wie Johannes damals diese Prophetie anführte, noch bevor das Land entvölkert wurde.
Wir können heute auf 2000 Jahre zurückblicken und sagen: Ja, tatsächlich war diese Verstockung der Anfangspunkt für fast 2000 Jahre Verstockung Israels, die nun in der Endzeit eine Wende erfahren soll.
Die dauerhafte jüdische Präsenz im Land Israel
Was mich so verblüfft, ist, dass Sie Ihr Heil nach 134 in der Flucht nach Babylon gesucht haben – das Land, in das Sie ursprünglich verbannt worden waren. Ja, ganz genau.
Wir haben ja gesehen, als ich diese Präsentation über Babylon machte, dass der Prophet Jeremia vorausgesagt hat, dass in der Endzeit die Juden aus Babylon fliehen und ausziehen werden. Das ist ja erst im zwanzigsten Jahrhundert geschehen. Diese Prophetie ist sehr eindrücklich, denke ich.
Sie zeigt auch, dass, obwohl die Propheten sagten, die Juden würden zerstreut werden unter alle Völker, von einem Ende der Erde bis zum anderen (5. Mose 28,64), ein kleiner Überrest im Land bleiben wird – das ergänzt Jesaja. Das Heilige Land wird also nie „judenrein“ werden, um einen Ausdruck der Nazis zu verwenden.
Durch 2000 Jahre hindurch hat es immer eine jüdische Präsenz im Land Israel gegeben. Die wichtigsten Städte waren, wie ich schon früher erzählt habe, Tiberias am See Genezareth, Safed, die Künstlerstadt in Galiläa, sowie Jerusalem zusammen mit Hebron.
Interessant ist Jerusalem mit dem jüdischen Viertel in Ostjerusalem, das nach UNO-Vorstellung zu den illegal besetzten Gebieten gehört. Hebron liegt mitten im besetzten Gebiet des Westjordanlandes. Diese Gebiete waren quasi die wichtigsten Orte der dauerhaften jüdischen Population im Land.
Das ist sehr wichtig, wenn man mit Leuten argumentiert, die sagen: „Was wollen die Juden in diesem Land? Sie haben es doch schon zweitausend Jahre nicht mehr gehabt und können jetzt plötzlich wieder Anspruch darauf erheben.“ Man muss dann sagen: Ja, sie waren weitgehend zerstreut, aber es gab immer eine jüdische Präsenz. Die Verbindung zum Land wurde also nie völlig abgerissen. Das hat Jesaja so eindrücklich vorausgesagt.
Andere Gebiete haben die Juden gekauft. Warum sollen sie also nicht dort leben, wo sie Eigentum erworben haben? Es ist wichtig zu sehen, dass es nie einen völligen Abbruch der Verbindung zum Land gegeben hat.
Eine Reihe von Gebieten, die sie gekauft haben – nicht nur die, in denen sie geblieben waren – gehören heute zu den Gebieten, auf die die Palästinenser Anspruch erheben.
Ja, genau.
Wir sind jetzt am Schluss für heute. Beim nächsten Mal werden wir mit Johannes 13 weitermachen. Falls noch Fragen zu Kapitel 12 offen sind, können wir jederzeit auf Verse zurückkommen, die wir bisher nicht ausdrücklich behandelt haben.
Zum Schluss wollen wir noch beten.
