Guten Abend, ich möchte alle herzlich begrüßen. Heute sind wir bei Lukas 17,1 angekommen. Wir befinden uns also am Ende des dritten Abschnitts von Teil A im Lukas-Evangelium. Für diejenigen, die heute zum ersten Mal dabei sind, eine kurze Erklärung: Das Lukas-Evangelium ist in zwei Teile gegliedert, Teil A und Teil B.
Teil A behandelt das Thema: Der Mensch Jesus Christus kommt in diese Welt. Teil B hingegen beschreibt, wie der Mensch Jesus Christus diese Welt verlässt und in die Herrlichkeit zurückkehrt. Der zweite Teil beginnt in Kapitel 9, wo der Herr Jesus sein Angesicht fest auf Jerusalem richtet, um dort zu leiden.
Der gesamte zweite Teil wird so dargestellt, dass der Herr Jesus ständig auf einer Reise ist, deren Endziel Jerusalem ist. Dort wird er leiden und anschließend in die Herrlichkeit eingehen.
Jeder der beiden Teile ist wiederum in fünf Abschnitte unterteilt. Wir befinden uns jetzt im dritten von fünf Abschnitten von Teil A. Jeder Teil hat in der Mitte eine Spiegelachse, sodass sich die Abschnitte innerhalb eines Teils spiegeln. Die Struktur ist also symmetrisch aufgebaut.
Diese Symmetrie hilft bei der Auslegung, denn die Abschnitte, die sich spiegeln, erklären einander. Das Prinzip „Die Bibel legt die Bibel aus“ können wir mit dieser Struktur sehr gut umsetzen und praktisch anwenden.
Einführung in die Struktur des Lukas-Evangeliums und heutiger Predigttext
Jetzt kommen wir also zu Kapitel 17, ab Vers 1. Ich darf bitten, uns vorzulesen, und zwar zunächst nur bis Vers 10.
Er sprach aber zu den Jüngern: Es ist unvermeidlich, dass Anstöße zur Sünde kommen. Wehe aber dem, durch welchen sie kommen! Es wäre für ihn besser, wenn ein großer Mühlstein um seinen Hals gelegt und er ins Meer geworfen würde, als dass er einem dieser Kleinen einen Anstoß zur Sünde gibt.
Habt Acht auf euch selbst! Wenn aber dein Bruder gegen dich sündigt, so weise ihn zurecht. Und wenn es ihn reut, so vergib ihm. Und wenn er siebenmal am Tag gegen dich sündigt und siebenmal am Tag wieder zu dir kommt und sagt: „Es reut mich“, so sollst du ihm vergeben.
Und die Apostel sprachen zum Herrn: Mehrere uns den Glauben! Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, so würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: „Entwurzle dich und verpflanze dich ins Meer“, und er würde euch gehorchen.
Wer aber von euch wird zu seinem Knecht, der pflügt oder weidet, wenn er vom Feld heimkommt, sogleich sagen: „Komm her und setze dich zu Tisch“? Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: „Bereite mir das Abendbrot, schürze dich und diene mir, bis ich gegessen und getrunken habe, und danach sollst du essen und trinken“?
Dankt er wohl jenem Knecht, dass er getan hat, was ihm befohlen war? Ich meine nicht. So sollt auch ihr, wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen war, sprechen: Wir sind unnütze Knechte. Wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.
Überblick über den Abschnitt und seine Einordnung in die Evangeliumsstruktur
Ja, vielen Dank. Wir befinden uns hier in unserem Abschnitt, der aus vier Teilen besteht, und zwar in der letzten Kolonne, im vierten Abschnitt. Jeder Abschnitt ist in drei Absätze unterteilt: 1, 2, 3; 1, 2, 3; 1, 2, 3. Jetzt sind wir also bei der vierten Kolonne, im zweiten Abschnitt, in dem der Herr sagt, dass es unmöglich ist, dass keine Ärgernisse kommen.
Beim letzten Mal haben wir uns ausführlich mit dem Jenseits beschäftigt, anhand der Geschichte von dem armen Lazarus und dem reichen Mann. Das ist dieser Abschnitt hier. Es ist sehr eindrücklich, wie dieser Teil sich mit der ersten Kolonne spiegelt.
Wir hatten in Kapitel 13, Verse 22 und folgende gesehen, dass Jesus darüber spricht, dass, wenn einmal die Tür der Gnade geschlossen wird, Menschen hinausgeworfen sein werden und Abraham im Reich Gottes sehen. In der Geschichte von dem reichen Mann und Lazarus sehen wir, dass der reiche Mann im Hades, dem Ort der Verlorenen, ist und von dort aus Abraham sieht. Das ist eine sehr deutliche Parallele.
In der Geschichte über die Tür der Endzeit, der Gnadenzeit, die in der Endzeit zugeht, wird gesagt, dass die Tür verschlossen wird. Dort wird beschrieben, dass zwischen den Geretteten im Paradies, im Schoß Abrahams, und den Verlorenen eine unüberbrückbare Kluft besteht. Menschen rufen vor der verschlossenen Gnadentür: „Herr, tu uns auf!“ Die Antwort lautet: „Nein, es ist zu spät.“
Wir haben gesehen, dass der reiche Mann im Hades sagt: „Sende Lazarus!“ Und Abraham antwortet: „Nein.“
Die Notwendigkeit von Ärgernissen und die göttliche Vorsehung
Im nächsten Abschnitt sagt der Herr, dass es nicht möglich ist, dass Propheten außerhalb von Jerusalem nicht umgebracht werden. Es muss so sein. Deshalb wird der Herr nicht, wie manche meinten, in Galiläa von Herodes Antipas getötet. Nein, er muss nach Jerusalem gehen und dort leiden.
In Jerusalem werden die Propheten verworfen und müssen dort leiden. Es geht nicht anders. Hier kommen wir zu dem Abschnitt, in dem der Herr Jesus sagt, dass es unmöglich ist, dass es keine Ärgernisse gibt. Es muss so sein. Im Ratschluss Gottes, so wie die Propheten in Jerusalem verworfen werden, kommt auch Verführung.
Im nächsten Abschnitt wird berichtet, dass der Herr gewarnt wurde, Herodes Antipas wolle ihn umbringen. Daraufhin sagt er, man solle diesen Fuchs zurechtweisen und ihm eine Ermahnung mitgeben. Heute kommen wir zu dem Punkt, dass, wenn dein Bruder sündigt, du ihn zurechtweisen sollst – genau so, wie der Herr Herodes ermahnt hat.
Dann folgt die Geschichte mit dem wassersüchtigen Menschen. Dort wird deutlich, dass die Rettung eines Menschen über dem Zeremonialgesetz steht und Vorrang hat. Es heißt sogleich, und der Herr heilt diesen Menschen.
Dieser Abschnitt steht in engem Zusammenhang mit einem weiteren, den wir noch betrachten werden. Dort wird ebenfalls deutlich, dass der Dienst für den Herrn wichtiger ist als persönliche Interessen und persönliche Ruhe. Auch dort ist das Wort „sogleich“ ein Schlüsselwort.
Die Bedeutung der Vergebung und die Spiegelung der Abschnitte
Der Jesus sagt zu Jerusalem, zu denen, die ihn ablehnen: „Wie oft habe ich euch versammeln wollen, und ihr habt nicht gewollt.“
Dabei geht es um die Frage, wie oft man jemandem vergeben soll. Sieben Mal? Man sieht, wie all dies so wunderbar vom Heiligen Geist konstruiert ist.
Das ist nicht nur im Lukas-Evangelium so, sondern auch im Matthäus-Evangelium und im Markus-Evangelium finden sich ähnliche Strukturen. Auch im Johannesevangelium begegnen wir solchen Aufbauweisen.
Zwischendrin spiegeln sich bestimmte Abschnitte. So hatten wir ab Kapitel 14, Vers 7 bis 24 drei Gleichnisse. Diese spiegeln sich im nächsten Abschnitt ab 15, Vers 3 wider, wo wir ebenfalls drei Gleichnisse finden.
Diese Gleichnisse sind folgendermaßen aufgebaut: Das erste bezieht sich besonders auf Gott, den Sohn. Das zweite auf Gott, den Heiligen Geist, und das dritte auf Gott, den Vater.
Besonders deutlich wird dies im Gleichnis vom verlorenen Schaf. Wer geht es suchen? Der gute Hirte – das ist der Sohn.
Dann wird die verlorene Drachme mit der Lampe gefunden, ein Bild des Heiligen Geistes, der die Welt von der Sünde überführt.
Schließlich folgt das Gleichnis vom Vater, der den verlorenen Sohn wieder aufnimmt.
In dem Abschnitt geht es auch um das Thema Berechnung. Wenn jemand einen Turm baut, muss er zuerst berechnen, ob er die Kosten wirklich aufbringen kann.
In diesem Zusammenhang wird der ungerechte Verwalter erwähnt, der, als er wusste, dass er entlassen wird, sich überlegen musste, wie er weise mit dem Geld umgeht, damit es ihm später nützt – eine Form von Berechnung.
Am Schluss, im dritten Absatz der zweiten Kolonne, kritisieren die Pharisäer den Herrn Jesus. Hier am Ende verhöhnten die Pharisäer ihn.
Diese Struktur ist wirklich perfekt aufgebaut.
Das hilft uns auch jetzt wieder, das Ganze in Beziehung zu setzen. Es geht dabei nicht darum, dass keine Ereignisse kommen. Es ist unmöglich, dass keine Versuchungen oder Verführungen auftreten.
Gott ist niemals der Urheber des Bösen. Doch in seinem Ratsschluss hat er beschlossen, dass Versuchungen und Verführungen in dieser gefallenen Welt sein dürfen. Er verhindert sie nicht.
Die Verantwortung des Menschen bei Versuchungen und die Bedeutung des Ärgernisses
Also, es ist unmöglich, dass es keine Ärgernisse gäbe. Übrigens: Kann jemand erklären, was mit dem Wort Ärgernis gemeint ist? Das deutsche Wort Ärgernis ist nicht so klar. Es bedeutet Anstoß – aber in welchem Sinn?
Korrekt, genau das ist gemeint. Das griechische Wort bezeichnet ursprünglich ein Fallholz, also eine Falle mit einem Holz, in die jemand hineintappt und dann stürzt. Daraus hat es die Bedeutung jeder Art von Falle angenommen. Ein Anstoß wäre also zum Beispiel ein Stein, der im Weg liegt, über den man stolpert, oder irgendeine andere Falle. Das ist richtig.
Es geht also um eine Verführung, die Menschen zu Fall bringt. Aber der Herr sagt: „Wehe dem, durch den sie kommen.“ Hier sehen wir, dass der Mensch verantwortlich ist. Es ist nicht einfach Gott, der der Urheber von allem wäre, was geschieht. Gott lässt es zu, aber er wird die schuldigen Menschen zur Verantwortung ziehen.
Das Gericht über einen solchen Verführer ist wie ein Mühlstein, der um den Hals gehängt wird, sodass man garantiert nicht mehr schwimmen kann, sondern ertrinkt. Das ist eines der ganz wenigen harten Worte des Herrn Jesus in den Evangelien. Aber es zeigt, wie scharf er verurteilt, wenn Menschen irregeleitet werden. Und hier sehen wir auch, wie schlimm Irrlehre ist, durch die Menschen verführt werden.
Wir können ganz kurz als Parallele einen Abschnitt aus der Apostelgeschichte heranziehen. Dort gibt es verschiedene Stellen, die dazu passen. In Apostelgeschichte 20 spricht Paulus im Blick auf die Gemeinde in Ephesus zu den Ältesten dort.
Apostelgeschichte 20,28-30: „So habt nun Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher der Heilige Geist euch zu Aufsehern gesetzt hat, um die Gemeinde Gottes zu hüten, die er durch sein eigenes Blut erworben hat. Denn das weiß ich, dass nach meinem Abschied räuberische Wölfe zu euch hineinkommen werden, die die Herde nicht schonen. Und aus eurer eigenen Mitte werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger abzuziehen in ihrer Gefolgschaft.“
Jetzt ist interessant: Man könnte denken, das müsse alles so sein, da könne man nichts dagegen tun, das müsse einfach kommen. Aber Paulus sagt nicht, wir müssten fatalistisch sein. Was sagt denn Vers 31? Ich lese noch ein bisschen weiter:
„Darum wacht und denkt daran, dass ich drei Jahre lang Tag und Nacht nicht aufgehört habe, jeden Einzelnen unter Tränen zu ermahnen.“
Vers 32: „Und nun, Brüder, übergebe ich euch Gott und dem Wort seiner Gnade, das die Kraft hat, euch aufzubauen und ein Erbteil zu geben unter allen Geheiligten.“
Jawohl, eindringlich hat er sie jahrelang unterwiesen und unter Tränen ermahnt. In Ephesus hat er jahrelang in der Schule des Tyrannus jeden Tag Bibelunterricht gegeben. Darum sagt er dann in Vers 32: „Und nun befehle ich euch Gott und das Wort seiner Gnade an.“
Das Wort Gottes kann uns bewahren und beschützen, auch wenn die Gefahren durch falsche Lehren kommen. Aber eben: Das muss nicht einfach hingenommen werden. Paulus sagt ausdrücklich: „Wacht und denkt daran!“
Die besondere Verantwortung gegenüber den Kleinen im Glauben
Ja, und dann sagt er das ganz speziell in Bezug auf die Kleinen. Es wäre besser, wenn einem ein Mühlstein an den Hals gelegt würde und man ins Meer versenkt würde, als dass man einem dieser Kleinen einen Anstoß gibt.
Was ist gemeint mit den Kleinen? Sind es frisch Bekehrte, Kinder im Glauben oder was genau? Ja, beides – sowohl frisch Bekehrte als auch Kinder im Glauben.
Es gibt eine Parallelstelle in Matthäus 18. Dort geht es ganz speziell um kleine Kinder. Hier jedoch steht nicht „kleine Kinder“, sondern nur „kleine“. Das griechische Wort kann sowohl für kleine Kinder als auch für Menschen verwendet werden, die in ihrer Stellung unter den Menschen oder in der Gesellschaft niedrig sind. Es kann also auch solche meinen, die am Anfang stehen, schwach sind oder keine Führer sind. Das sind die Kleinen.
Das Wort ist also sehr weit gefasst. Der Herr sagt: „Wehe, wenn man solchen einen Fallstrick legt, sodass sie zu Fall kommen!“ Dann gilt ein sehr, sehr hartes Urteil für diese Menschen.
Im Anschluss folgt gleich der nächste Abschnitt mit der Mahnung: „Habt Acht auf euch selbst!“ Wir haben gerade in Apostelgeschichte 20 gelesen, dass Paulus den Ältesten sagt, sie sollen Acht haben auf die Herde, wo sie als Hirten eingesetzt sind. Aber hier heißt es: „Habt Acht auf euch selbst!“ Das Erste, was man tun muss, ist nicht, auf die anderen Acht zu geben, sondern auf sich selbst.
Die Bedeutung der Selbstprüfung und der Lehre
Wir können dazu 1. Timotheus 4,16 heranziehen, wo Paulus gerade diesem jüngeren Bruder Timotheus etwas ans Herz legt.
Kannst du vielleicht von Vers 15 lesen? Dort heißt es: „Dies soll deine Sorge sein, darin sollst du leben, damit deine Fortschritte in allen Dingen offenbar seien. Habe Acht auf dich selbst und auf die Lehre, bleibe beständig dabei, denn wenn du dies tust, wirst du sowohl dich selbst retten als auch die, welche auf dich hören.“
Hier sagt Paulus, dass Timotheus genau auf das achten müsse, was der Apostel ihm vorher gesagt hat. Er gibt ihm ganz grundlegende Hinweise zur Lehre. Dann fordert er ihn auf, diese Dinge sorgfältig zu bedenken. Timotheus soll nicht nur ungefähr darüber nachdenken, sondern ganz genau und aufmerksam.
Das soll dazu führen, dass er Fortschritte macht und dass diese Fortschritte in seinem geistlichen Leben sichtbar werden. Danach folgt die Ermahnung: „Habe Acht auf dich selbst und auf die Lehre.“
Man muss also auf sich selbst achten: Wo stehe ich? Sich immer wieder prüfen und herausfinden, ob man sich vielleicht in eine Richtung entwickelt, die nicht gut ist. Gleichzeitig muss man auch auf die Lehre achten, damit man nicht davon abweicht. Deshalb wird hinzugefügt: „Beharre in diesen Dingen.“
Du musst ganz klar darauf festbestehen: So ist es und nicht anders. Dabei ist es sehr wichtig, auf sich selbst und seinen geistlichen Zustand aufmerksam zu achten.
Als Pianist hat Rubinstein einmal gesagt: Wenn er einen Tag nicht übt, merkt das das Publikum nicht. Aber seine engsten Leute merken so etwas sehr wohl. Und noch viel besser merkt man es selbst, wenn irgendetwas nicht mehr ganz rund läuft – noch bevor es andere bemerken.
So verhält es sich auch im geistlichen Leben. Wenn man ehrlich zu sich selbst ist, kann man als Erster erkennen, wenn sich in der Gedankenwelt etwas in eine falsche Richtung entwickelt. Deshalb müssen wir auf uns selbst Acht haben.
Der Herr sagt es auch in Lukas 17,3: „Habt Acht auf euch selbst!“
Vergebung im Umgang mit sündigen Brüdern
Und jetzt geht es um das Thema Vergebung. Wenn ein Bruder sündigt, so weist man ihn zurecht, und wenn er es bereut, so vergibt man ihm.
Frage: Und wenn er es nicht bereut, was machen wir dann? Hier steht doch: Wenn er es bereut, so vergib ihm. Ich habe schon gehört, dass gesagt wurde, es sei nicht richtig, wenn man vergibt, solange jemand nicht einsichtig geworden ist. Aber du willst sagen, dass man auch vergeben soll – aufgrund dessen, was wir sagen würden.
Schlagen wir Matthäus 6 auf, Vers 12. Der Herr stellt das Gebet "Unser Vater" vor, ab Vers 9. Sascha, lies bitte Vers 12:
"Und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unseren Schuldnern."
Ja, das ist also eine Selbstverständlichkeit. Wir vergeben unseren Schuldnern ohne Bedingung. Falls sie es einsehen, machen wir das natürlich schon, ja? Wir vergeben unseren Schuldnern.
Noch eine Stelle: Markus 11. Dort geht es im Zusammenhang ums Gebet, und es wird deutlich, dass fehlende Vergebungsbereitschaft ein Hindernis für erhörtes Gebet ist. Es gibt eine ganze Reihe von Punkten, die das Wort Gottes ausdrücklich nennt, was das Gebet hindert. Einer davon ist fehlende Vergebungsbereitschaft. Sascha, lies bitte Markus 11, Verse 24 und 25:
"Darum sage ich euch: Alles, was ihr auch immer im Gebet erbittet, glaubt, dass ihr es empfangt, so wird es euch zuteilwerden. Und wenn ihr dasteht und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemand habt, damit auch euer Vater im Himmel euch eure Verfehlungen vergibt."
Wenn ihr aber nicht vergebt, so wird auch euer Vater im Himmel eure Verfehlungen nicht vergeben.
Hm, und was bedeutet das, wenn der Vater nicht vergibt? Wie wirkt sich das aus? Ist die Schuld noch da? Aber wie wirkt sich das aus, wenn der Vater nicht vergibt?
Ja, da ist der Punkt: Dann kann man die Gemeinschaft mit dem Vater und mit dem Sohn nicht wirklich erleben. Es gibt einen Bruch. Da ist etwas zwischendrin.
Wie sollen wir aber erklären, dass in Lukas 17 steht: "Wenn er es bereut, so vergib ihm"? Und wir haben gesehen, in Markus 11 und Matthäus 6 wird automatisch vergeben.
Gemeindezucht wäre nochmals etwas anderes. Zum Beispiel in 1. Korinther 5: Dort hatte jemand Unzucht in der Gemeinde Korinth begangen und musste von der Gemeinde ausgeschlossen werden. Er kam zur Umkehr, doch die Korinther waren plötzlich zu hart. Zuerst waren sie zu lasch und wollten ihn gar nicht ausschließen. Paulus musste ihnen sagen, dass sie ihn ausschließen müssen.
Im zweiten Brief sieht man: Der Mann kam zur Einsicht, zur Umkehr, und jetzt waren sie zu hart und wollten ihn nicht wieder aufnehmen. Paulus sagt in 2. Korinther 2, dass sie ihm jetzt vielmehr vergeben sollen.
Diese Vergebung der Gemeinde bedeutet, dass sie, genauso wie erklärt wurde, dieser Mensch ist ausgeschlossen, diese Schuld liegt auf ihm, ihn wieder in die Gemeinde und Gemeinschaft aufnehmen und erklären, dass die Sache mit der Gemeinde bereinigt ist. In diesem Sinn vergibt die Gemeinde.
Hier geht es aber gar nicht um Gemeindezucht, sondern ganz allgemein, auch im persönlichen Umgang: Wenn dein Bruder sündigt, weise ihn zurecht. Es geht hier also nicht um Gemeindezucht, sondern ganz allgemein. Doch hier wird gesagt: Wenn er es bereut, so vergib ihm.
Matthäus 6 und Markus 11 sprechen davon, sofort im Herzen zu vergeben. Das sind zwei verschiedene Arten von Vergebung, und das kennen wir auch als Gläubige.
Die erste Art von Vergebung finden wir in Kolosser 2. Können wir das aufschlagen? Das ist die grundsätzliche Vergebung, wenn ein Mensch sich bekehrt, seine Schuld Gott bekennt und das Opfer des Herrn Jesus im Glauben annimmt.
Dann gilt für jemanden, der von Herzen umgekehrt ist, Kolosser 2, Vers 13:
"Er hat auch euch, die ihr tot wart in den Übertretungen und dem unbeschnittenen Zustand eures Fleisches, mit ihm lebendig gemacht, indem er euch alle Übertretungen vergab. Und er hat die gegen uns gerichtete Schuldschrift ausgelöscht, die durch Satzung uns entgegenstand, und hat sie aus dem Weg geschafft, indem er sie ans Kreuz nagelte."
Jawohl, der Schuldbrief, der uns anklagte, ist wie im alten Rom: Ein Krimineller war im Gefängnis, und an seiner Zellentür hing der Schuldbrief, der genau angab, warum er eingekerkert war. Wenn jemand die Strafe abgesessen hatte, war die Sache gesühnt, und der Schuldbrief konnte ausgelöscht oder zerrissen werden.
Hier wird gesagt, dass der Schuldbrief ausgelöscht wurde – also aus der Schrift weggemacht – und zwar, indem er ans Kreuz genagelt wurde.
Es wird von Gott gesagt, dass er uns alle Vergehungen vergeben hat. Das Verb steht im Aorist im Griechischen. Diese Zeitform bezeichnet eine Handlung in der Vergangenheit, die abgeschlossen ist. Es ist also ein Punkt, keine fortdauernde Handlung. Er ist nicht dauernd am Vergeben, sondern er hat vergeben.
Und zwar: Was hat er vergeben? Alle Vergehungen, nicht nur fast alle.
In einem amerikanischen Gerichtsfall musste definiert werden, was in diesem Zusammenhang das Wort "alles" bedeutet. Die Richter definierten: "The word 'all' includes everything but excludes nothing." Das Wort "alles" schließt jedes Ding ein und schließt nichts aus.
Hier ist es auch so: Wenn sich jemand fragt: "Ich habe an Jesus Christus geglaubt, ich habe sein Opfer in Anspruch genommen – welche Sünden sind mir vergeben?" Alle? Ja, aber alle bis zu meiner Bekehrung? Ja, sicher. Und alle bis heute? Ja, auch. Jetzt sei meine Bekehrung bis heute. Und was ist mit der Zukunft? Auch. Ja, weil Jesus Christus am Kreuz, bevor wir eine Sünde getan hatten – wir haben ja noch nicht existiert – sie vorwegnehmend gesühnt hat.
Mit der Bekehrung haben Gott uns beziehungsweise wir uns mit dem Herrn Jesus identifiziert. Darum wird sein Opfer vollständig uns zugerechnet, und zwar im Blick auf das ganze Leben.
Da merkt man: Viele Leute könnte man jetzt von Depressionen heilen. Nicht alle Depressionen haben mit diesem Problem von Schuld zu tun, aber viele Formen von Depressionen bei Gläubigen hängen damit zusammen, dass sie Angst haben – vielleicht doch, wer weiß, und in der Zukunft – und sie könnten vielleicht doch verloren gehen und so weiter.
Diese Menschen könnte man wirklich zur Ruhe bringen, indem man ihnen das erklärt: Alles vergeben.
Die fortwährende Reinigung durch das Blut Jesu
Aber jetzt kommt erst Johannes 1 dazu. In 1. Johannes 1, Vers 7 kannst du lesen: „Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde.“
Was ist das jetzt für eine Zeitform? „Reinigt uns von aller Sünde“ – wie? Noch lauter: kontinuierlich. Es ist eine andauernde Handlung. Was hast du gesagt? Ja, kontinuierlich, auf Deutsch: immer wieder. Und was hast du noch gesagt? Durativ. Also er erklärt hier, was im Griechischen steht, nicht nur das, was im Deutschen steht.
Auf Deutsch ist es einfach ein Präsens, ja? Auf Griechisch auch, aber das Präsens im Griechischen ist eben nicht einfach dasselbe wie im Deutschen. Es bedeutet zwar etwas in der Gegenwart, das aber fortdauernd ist. Der Sinn hier ist also: Das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns immer wieder von aller Sünde.
Und jetzt müssen wir dazu aus Vers 9 lesen: „Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“
Das sind jetzt alles Verben, die auch auf Deutsch im Präsens stehen. Das bedeutet im Griechischen durativ. Der Sinn ist dieser: Wenn man es umschreibend übersetzen würde – was unnatürlich klingt, aber manchmal notwendig ist, um zu verstehen, was gemeint ist – dann hieße es: Wenn wir unsere Sünden immer wieder bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden immer wieder vergibt und uns immer wieder reinigt von aller Ungerechtigkeit.
Ja, aber wieso sollte Gott uns immer wieder vergeben, wenn doch alles vergeben ist? Das ist eben die zweite Art von Vergebung. Es gibt die grundsätzliche Vergebung, die durch die Bekehrung geschieht – und ich muss immer betonen: die echte Bekehrung. Es gibt auch Scheinbekehrungen.
Durch die echte Bekehrung ist jemand in seiner Stellung vor Gott so, dass alles geordnet ist. Wie es heißt in Hebräer 10: Er hat auf immer da vollkommen gemacht. Auch abgeschlossen, vollkommen gemacht. Vor Gott ist er in seiner Stellung vollkommen.
Denn wenn man alle Schuld in meinem Leben von mir wegnimmt, was bleibt noch übrig? Ich wage es gar nicht zu sagen, aber es ist so: Da ist ein Gerechter. Darum sagt Römer 5, dass wir durch den Glauben von der Stellung der Sünder in die Stellung der Gerechten versetzt worden sind.
Ja, aber was ist jetzt mit dem praktischen Leben?
Die Bedeutung des Bekenntnisses und der fortwährenden Buße
Zwischendurch noch eine Frage: Heißt bekennen, dass man zu Gott sagt: „Bitte vergib mir“ oder „Danke, dass du mir vergeben hast“?
Ja, bekennen bedeutet, dass man die Sünde zugibt und sagt, worin man gesündigt hat. Das entspricht alttestamentlich 3. Mose 5, wo es um das Schuldopfer geht. Dort heißt es: „Das Schuldige, der das Opfer bringt, so bekenne er, worin er gesündigt hat.“ Man musste also nicht nur ein Opfer bringen, sondern ganz konkret die Schuld benennen.
Bekenntnis bedeutet wirklich, dass wir unsere Schuld benennen. Das ist übrigens auch etwas Wichtiges uns selbst gegenüber, nicht nur Gott gegenüber. Man spricht gerne von Fehlern anstatt von Sünden. Es gibt viele sprachliche Tricks, um etwas abzuschwächen. Wenn wir jedoch die Ausdrücke verwenden, die das Wort Gottes verwendet, zeigen wir, dass wir das Böse der Sünde anerkennen und Gott das sagen.
Dann heißt es einfach, Gott ist treu und gerecht, so dass er uns die Sünden vergibt.
Jetzt zu deiner Frage: Müssen wir beim Bekennen auch um Vergebung bitten oder reicht es, einfach „Danke“ für die Vergebung zu sagen? Wie ist das?
Wir können beides tun. In der Bibel gibt es Stellen, vor allem in den Psalmen, wo gebetet wird: „Vergib unsere Vergehungen.“ Allerdings gibt es Ausleger, die sagen, im Alten Testament müsse man um Vergebung bitten, aber seit dem vollendeten Werk Christi nicht mehr. Das ist jedoch falsch.
In den Psalmen wird prophetisch der gläubige Überrest Israels angesprochen, der nach der Entrückung zum Glauben kommen wird. Dieser betet durch den Heiligen Geist auch nach dem Werk Christi. Es geht dabei nicht um Vergebung im grundsätzlichen Sinne der Sündenvergebung, sondern darum, das zu entfernen, was eine Barriere zwischen dem Betenden und Gott, dem Vater oder Jesus, darstellt.
Vergebung bedeutet hier, dass das, was trennt, weggetan wird. So ist es auch, wenn jemand gegen uns sündigt: Wir vergeben im Herzen, aber die Beziehung ist belastet. Sie ist belastet.
Man lernt viel beim Kindererziehen: Wenn Kinder frech sind, vergibt man im Herzen sofort. Aber nach so einem Vorfall plötzlich wieder ein schönes Spiel zu machen, wäre falsch. Das Kind könnte denken, das Verhalten sei nicht schlimm gewesen. Nein, dann ist etwas blockiert in der Beziehung zu den Eltern.
Das Kind bleibt dabei ein Kind. Es kann machen, was es will, ohne seine Stellung zu verlieren. Aber die Beziehung ist belastet. Bei größeren Kindern kann das noch schlimmer sein als nur ein bisschen belastet. Im Herzen vergibt man, aber erst wenn das Kind einsichtig wird und seine Schuld bekennt, kann der Schleier weggehen. Das ist der Punkt.
So ist es auch mit Gott: Wir haben die grundsätzliche Vergebung, aber wenn wir Sünde in unser Leben lassen und sie nicht vor Gott bekennen – im Sinn von 1. Johannes 1,9 – dann ist ein Schleier da, der die Gemeinschaft belastet. Im Extremfall ist die Gemeinschaft sogar ganz verloren.
Es gibt immer mehr Menschen, die sagen, wenn wir um Vergebung bitten, tun wir so, als wäre das Werk Christi nicht vollendet. Sie meinen, wir würden das Werk Christi damit kleinmachen. Deshalb sagen sie, man solle einfach nur danken für die Vergebung und nicht mehr um Vergebung bitten.
So wird argumentiert: Wenn Gläubige als Kinder Gottes sagen „Vergib mir“, dann schmälern sie das Werk Christi, weil Jesus ja alles gut gemacht hat.
Das ist falsch. Wir glauben daran, dass der Herr Jesus grundsätzlich alles vergeben hat (Kolosser 2). Aber wir glauben auch, dass Sünde konkret die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn stört und den Heiligen Geist betrübt (Epheser 4,30). Erst durch das Bekennen und diese Art von Vergebung wird die Gemeinschaft wiederhergestellt.
Wenn ein Kind Gottes betet „Vergib mir“, dann meint es: „Vergib mir so, dass die Gemeinschaft wiederhergestellt ist.“ Das ist keine Wortspielerei. Man muss nur genau erklären, was gemeint ist, dann ergibt alles Sinn.
So ist auch Lukas 17 zu verstehen: „Wenn er zurückkehrt, so vergib ihm.“ Das bedeutet die wiederherstellende Gemeinschaft, die durch diese Vergebung möglich wird.
Die Bedeutung der Buße im Leben eines Gläubigen
Ja, Carlo? Das ist ja immer wieder etwas, was man hört: Man soll Buße tun.
Ist Buße tun eine einmalige Sache, die man nur einmal macht? Oder soll man innerhalb des Glaubenslebens auch immer wieder Buße tun, wenn man etwas falsch macht?
Das Wort „Buße tun“ – wenn ich das ganz festhalte – sagen viele Ausleger, dass ohne Buße keine wirkliche Veränderung möglich ist. Aber wie ist das, wenn man schon Christ ist? Müssen wir dann auch immer wieder Buße tun?
Die Bekehrung besteht darin, dass man Buße tut. Nun stellt sich die Frage: Als Bekehrter, muss man da immer wieder Buße tun?
Im Neuen Testament heißt das Wort für Buße tun „metanoeo“. Was bedeutet das genau? Das wissen viele: Es bedeutet Sinnesänderung, Sinneswandel, also eine innerliche Umkehr.
Genau, wer seine Sünde bekennt und lässt, wird Barmherzigkeit erlangen – das meinst du. Buße tun heißt einfach bereuen, im Denken umdenken. Das heißt, das, was ich vorher als richtig angesehen habe, nun als falsch zu erkennen.
Und das müssen wir als Gläubige ständig tun, nicht wahr? Wir müssen immer wieder umkehren, wenn wir merken, dass wir vom Wort Gottes abgewichen sind.
Der Thronwagen Gottes in Hesekiel 1 hat Räder in alle Richtungen. Von diesem Thronwagen heißt es, dass er immer geradeaus fährt, sich nie wenden oder drehen muss. Aber er kann sich in alle Richtungen bewegen.
Das drückt aus: Gott muss nie etwas bereuen, was er getan hat. Er muss nie Buße tun oder umdenken. Aber wir müssen das ständig tun.
Und wie war das mit dem Comeback von Édith Piaf in den 1960er Jahren? Sie war ein Kennzeichen von Drogenabhängigkeit und so weiter. Dann kam das große Comeback. Die meisten kennen das noch, als sie sang: „Rien de rien, non je ne regrette rien.“
Also: „Nichts, nichts bereue ich.“ Wir Menschen müssen ständig bereuen, wenn wir falsche Wege gegangen sind. Nur Gott kann sagen, dass er nichts zu bereuen hat.
So ist das Wort „metanoeo“ anwendbar auf die Bekehrung, aber auch auf jede Art von Umkehr im Leben des Gläubigen.
Die Notwendigkeit des Bittens um Vergebung nach Golgatha
Nochmal zum Blitten vergeben: Apostelgeschichte 8,22. Jawohl, Apostelgeschichte 8,22. Dort wird ausführlich gesagt, dass... Apostelgeschichte 8,22. Ja, genau. Das ist ein Schriftbeweis. Petrus sagt zu diesem scheinbekehrten Simon – wichtig festzuhalten: Das geschieht nach dem Kreuz von Golgatha.
Da heißt es: „Lies du, Simon, äh, Sascha, über Simon, wie das Gehirn funktioniert, ja?“ So tue nun Buße über diese deine Bosheit und bitte Gott, ob dir die Tücke deines Herzens vielleicht vergeben werden mag. Er muss also quasi um Vergebung bitten – und das nach Golgatha. Danke!
Zum Beispiel gibt es auch die Siegung. War er wirklich deutlich genug? Hätte er wirklich noch einmal Buße tun müssen? Für mich ist es ja noch schwierig, Buße zu tun, das ist klar. Simon war nicht bekehrt, er war ein Scheinbekehrter, das habe ich ja gesagt. Aber er musste quasi um Vergebung bitten. Es geht hier um das Grundprinzip: Wenn jemand sagt, seit dem Kreuz von Golgatha müsse man nicht mehr um Vergebung bitten – ist das ein Beleg?
Auch in den Psalmen sehen wir, wie der Überrest Israels in der Zukunft um Vergebung bitten wird. Das zeigt: Bitte um Vergebung ist auch nach Golgatha möglich. Mir sagen wir gar nicht. Gut, da gehen wir zurück zu Lukas 17. Der Herr zeigt dort, dass man ebenso bereit sein soll zu vergeben, auch wenn sich die Vergehung wiederholt. Darum sagt er sieben Mal: Und wenn er zurückkommt, soll man ihm wieder die Möglichkeit für einen Neuanfang geben.
Ja, das ist Epheser, korrekt. Ich muss den Livestream wiederholen. Jemand hat gefragt: Steht nicht irgendwo, wir sollen so vergeben, wie Gott uns in Christus vergeben hat? Und schon wird das gemeldet: Epheser 4,32. Lies du, Sascha: „Seid aber gegeneinander freundlich und barmherzig und vergebt einander, gleichwie auch Gott euch vergeben hat in Christus.“
Jawohl, das unterstreicht einfach, was wir hier haben: Vergib ihm. Und zwar eben nicht so, dass man sagt: Jetzt ist das schon so oft geschehen, jetzt ist Schluss. Auch da gibt der Herr keine Begrenzung vor, wie oft wir vergeben sollen.
Die Bitte um Mehrung des Glaubens und die Kraft des lebendigen Glaubens
Und nun kommen wir zum nächsten Abschnitt, Vers 5, in dem die Apostel um Mehrung des Glaubens bitten. Es fällt auf, wie die Jünger hier genannt werden. In Lukas 17, Vers 5 heißen sie „die Apostel“. Normalerweise spricht Lukas über die Jünger, doch der Begriff „Apostel“ findet sich nur an wenigen Stellen: zum Beispiel in Kapitel 6, wo der Herr die Zwölf auswählt und ihnen den Titel „Apostel“ gibt, dann einmal in Kapitel 9 und 11, hier und wieder in Lukas 22 beim letzten Passah, als der Herr mit den zwölf Aposteln versammelt war.
Irgendwie muss es eine Bedeutung haben, dass Lukas hier plötzlich sagt: „Die Apostel sprachen zu dem Herrn.“ Ihr Wunsch ist, dass ihr Glaube vermehrt wird, also dass die Menge an Glauben wächst. Es ist erstaunlich, dass der Herr sagt: „Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn.“ Speziell der schwarze Senf in Israel war sprichwörtlich wegen der ganz kleinen Samen, der ganz, ganz kleinen Körnchen.
Der Herr sagt: „Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn.“ Aber er sagt nicht „wie ein Sandkorn“, das ist der Punkt, sondern „wie ein Senfkorn“. Die Apostel denken, es sei wichtig, ganz viel Glauben zu haben. Doch der Herr macht klar: Es ist wichtig, dass es ein lebendiger Glaube ist, kein toter Glaube, wie es in Jakobus 2 beschrieben wird. Sogar ein so kleines Korn wie der schwarze Senf kann eine große Pflanze hervorbringen und sich entwickeln. Aber es muss ein lebendiger Glaube sein – das ist entscheidend.
Dann sagt der Herr zu den Aposteln: „Wenn ihr diesen lebendigen Glauben habt, könntet ihr zu einem Maulbeerbaum sagen: ‚Werde entwurzelt und pflanze dich ins Meer!‘ – und er würde euch gehorchen.“ Interessant ist die Frage, warum gerade ein Maulbeerbaum genannt wird und nicht irgendeine andere Pflanze.
Ein Maulbeerfeigenbaum ist etwas anderes. Das ist nicht dasselbe. Verzeihung, dass ich einem Spezialisten widerspreche. Philipp, schau mal – genau, wir sind uns einig, wunderbar, so schnell haben wir uns gefunden. Die Feigenbäume gehören zur gleichen Familie wie der Maulbeerbaum. Der Maulbeerbaum produziert Früchte, die Brombeeren ähneln, länglich sind. Der Maulbeerfeigenbaum ist eng verwandt und produziert Früchte, die Feigen gleichen, daher der Name „Maulbeerfeigenbaum“.
Um dich zu trösten: Im Hebräischen, im Altebräischen, nannte man beide Bäume „Schikma“, also hatten sie denselben Namen. Aber hier verwendet Lukas ein anderes Wort, das wirklich den Maulbeerbaum bezeichnet. Wo kommt der Maulbeerfeigenbaum vor? Im gleichen Lukasevangelium, Kapitel 19, Vers 4. Dort liest man von Zachäus, der den Herrn Jesus sehen wollte. Er lief voraus und stieg auf einen Maulbeerbaum, um ihn zu sehen, weil Jesus dort vorbeikommen sollte.
Das griechische Wort dort ist „Sykomoraja“. In Kapitel 17 hingegen heißt es „Sykaminos“. Beide Wörter sind ähnlich, aber unterschiedlich. Interessant ist, dass in der antiken Medizin sowohl der Maulbeerbaum als auch der Maulbeerfeigenbaum verwendet wurden. Lukas war Arzt, wie in Kolosser 4 erwähnt – der geliebte Arzt –, und er kannte diese Pflanzen genau.
Übrigens verwendet Lukas auch bei anderen Stellen, zum Beispiel bei dem Nadelöhr, durch das ein Kamel hindurchgehen soll, ein anderes griechisches Wort als Matthäus. Lukas verwendet das Wort für eine medizinische Nadel, während Matthäus das gewöhnliche Wort für Nadel nutzt. So hinterlässt Lukas sogar im Evangelium Spuren seines ärztlichen Hintergrunds.
Zurück zum Maulbeerbaum: Er wird hier erwähnt, weil seine Wurzeln sehr speziell verfächert sind. Sie sind nicht besonders tief, sondern vor allem im oberen Bereich weit verzweigt. Wenn man einen Maulbeerbaum im Garten pflanzt, muss man darauf achten, dass man genügend Abstand lässt – etwa die Hälfte seiner ausgewachsenen Höhe von bis zu 15 Metern – zu anderen Pflanzen. Er benötigt unter der Erde viel Platz für seine Wurzeln, weil er vor allem die Nährstoffe im oberen Bodenschichtbereich aufnimmt.
Deshalb ist er so gut geeignet, um im Boden verpflanzt zu werden. Der Herr sagt, der Baum werde entwurzelt. Das ist schwierig, da man ihn nicht leicht vollständig herausbekommt. Im Internet, besonders im englischen Bereich, findet man viele Seiten mit Anleitungen „How to kill a mulberry tree“ – wie man einen Maulbeerbaum tötet. Wenn man ihn abschlägt, treibt er wieder aus. Die Wurzeln müssen mit Salz oder ähnlichem behandelt werden, um ihn wirklich zu vernichten.
Darum erwähnt der Herr einen Baum, der so gut verwurzelt ist, der entwurzelt und ins Meer gepflanzt wird – und er würde gehorchen. Wir haben zwar kein Beispiel, wie die Apostel dieses Wunder vollbracht haben, wie in der Apostelgeschichte beschrieben, aber es war so: Die Apostel mussten Zeichen, Wunder und mächtige Taten vollbringen.
Das können wir in 2. Korinther 12 nachlesen. Paulus wurde von manchen Korinthern in Frage gestellt. Von außen kamen Leute, die die Gläubigen in Korinth gegen Paulus aufwiegelten. Es gab einen frechen Aufstand gegen ihn in der Gemeinde, und Paulus musste sich ständig verteidigen. Er sagt: „Ihr habt mich gezwungen, ein Tor zu werden.“ Wenn man sich selbst verteidigen muss, wird man ein Tor.
Paulus tat das den Korinthern zuliebe, um ihnen zu beweisen, dass die Vorwürfe falsch sind. Die Gegner behaupteten, Paulus komme nur wegen Geld zu ihnen und habe falsche Motive. Nun musste Paulus beweisen, dass er echt ist. Unter all seinen Argumenten sagt er in 2. Korinther 12, Vers 11: „Ich bin töricht geworden mit meinem Rühmen, ihr habt mich dazu gezwungen. Denn ich sollte von euch empfohlen werden, da ich den bedeutenden Aposteln in nichts nachstehe, wenn ich auch nichts bin. Die Zeichen eines Apostels sind unter euch gewirkt worden in aller Geduld, in Zeichen und Wundern und Kraftwirkungen.“
Hier finden wir die drei Begriffe „Zeichen“, „Wunder“ und „Kraftwirkungen“ (oder „mächtige Taten“). Diese waren die Bestätigung, die Gott den Aposteln gegeben hatte. Man muss sich überlegen: Die Apostel zeigten nicht nur, wie sich alles aus dem Alten Testament in Jesus Christus erfüllt hatte, so wie es im Hebräerbrief beschrieben wird. Nein, sie gingen weiter.
Der Apostel Paulus bringt in seinen Briefen acht Geheimnisse zur Sprache. Er sagt, dass es Wahrheiten sind, die von Ewigkeit her in Gott verborgen waren und die im Alten Testament nicht offenbart wurden. Jetzt aber hat Gott sie geoffenbart. Das heißt, die Apostel teilten Dinge mit, die nirgends im Alten Testament stehen.
Das wäre ein starkes Argument für orthodoxe Juden gewesen: „Seht ihr, diese Männer sind Betrüger! Sie erzählen euch Dinge, die es im Alten Testament nicht gibt.“ Dazu gehört auch die Lehre von der Gemeinde als Leib Christi, bestehend aus Juden und Nichtjuden – Nichtjuden, die nicht beschnitten sind und nicht ins Judentum übergetreten sind. Das galt als Irrlehre.
Doch Gott bestätigte diese neue Lehre durch Zeichen, Wunder und mächtige Taten, wie wir es in der Apostelgeschichte finden. Deshalb waren diese Zeichen sehr wichtig, besonders für die Apostel. In Markus 16 sagt der Herr den Elf als Auferstandener: „Diese Zeichen werden denen folgen, die zum Glauben kommen.“ Damit wird gesagt, dass nicht nur die Apostel, sondern auch die, die durch sie zum Glauben kommen, Zeichen und Wunder tun würden.
Das sehen wir in der Apostelgeschichte. Welche Personen werden im Neuen Testament erwähnt, die keine Apostel waren, aber trotzdem Zeichen und Wunder vollbrachten? Stephanus, Philippus, Krums, Barnabas – in Apostelgeschichte 14. Gibt es noch weitere? Keine mehr.
Das ist erstaunlich, denn oft hat man den Eindruck, dass viele Zeichen und Wunder getan haben. Es wird gesagt, dass auch andere Dämonen ausgetrieben haben – in Jesu Namen. Aber in der Apostelgeschichte finden wir nur diese wenigen Personen außerhalb der Zwölf, die solche Wunder vollbrachten. Für die Evangelien gibt es noch einzelne Beispiele, aber insgesamt ist die Schrift sehr zurückhaltend, wenn es um Wundertäter außerhalb der Apostel geht.
Die erste Generation, die Apostel, tat diese Zeichen und Wunder, um das Neue zu bestätigen. Oft wird argumentiert: „Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit. Gott ist unwandelbar, er ändert sich nie, also handelt er auch immer gleich.“ Das ist ein Fehlschluss. Gott ist unwandelbar, aber er handelt nicht immer gleich.
Betrachten wir die Geschichte: Von Adam bis Noah, zehn Generationen, 1656 Jahre, gab es keine Zeichen und Wunder. Von Noah bis Abraham, wiederum zehn Generationen, gab es ebenfalls keine. Welche Wunder hat Abraham vollbracht? Keine. Das gilt bis Mose.
Erst bei Mose gibt es eine enorme Konzentration von Zeichen und Wundern in Ägypten: die aussätzige Hand des Mose, der Stab, der sich in eine Schlange verwandelt, die anderen Stäbe, die von Schlangen gefressen werden, die zehn Plagen, der Durchzug durchs Rote Meer, vierzig Jahre in der Wüste mit dem täglichen Manna. Es gibt ständig Zeichen, Wunder und mächtige Taten.
Dann kommen die Israeliten ins Land, die Wanderung hört auf, und die Wunder auch. Diese Konzentration diente der Bestätigung, dass Mose der erste Mann war, der Bibelbücher schrieb. Dieses Neue, Gottes Wort als Heilige Schrift, musste durch Zeichen und Wunder bestätigt werden.
Später in der Richterzeit gibt es keine Wunder mehr. Gideon fragt frustriert: „Wo sind die Zeichen und Wunder, von denen unsere Väter erzählt haben?“ Es passiert nichts. Später gibt es wieder eine Konzentration bei den Propheten Elija und Elisa. Besonders eindrücklich bei Elija und dann bei Elisa, der sogar doppelt so viele Wunder vollbrachte wie Elija, da er ein doppeltes Maß des Geistes wünschte.
Es ist interessant, alle Zeichen zu zählen und zu vergleichen. Dann hören sie wieder auf. Damit wurden die Propheten bestätigt. Das Alte Testament umfasst Gesetz und Propheten, die stellvertretend nach Mose diese Bestätigung erhielten.
Dann erscheint der Herr Jesus als Messias. In den Evangelien und gleich danach in der Apostelgeschichte mit dem Beginn der Gemeinde gibt es wieder viele Zeichen, Wunder und mächtige Taten. Im zweiten Jahrhundert geht es plötzlich anders weiter. Augustinus schreibt um 400, dass das Sprachenreden damals aufgetreten und wieder verschwunden sei.
Es war damals wichtig, um zu zeigen, dass Gott jetzt zu allen Völkern sprechen will, wie Augustinus in seinem Kommentar zum ersten Johannesbrief auslegt. In der Endzeit aber finden wir wieder eine Konzentration von Zeichen und Wundern. Die gleichen drei Ausdrücke finden wir in 2. Thessalonicher 2, wenn der Antichrist kommt.
In 2. Thessalonicher 2, Vers 9 heißt es, dass der Herr Jesus kommen wird und den Antichristen durch den Hauch seines Mundes bei seiner Erscheinung vernichten wird. Es geht um den Antichristen und dessen Ankunft. Dort lesen wir, dass in der Endzeit die Menschen sehr empfänglich für Zeichen und Wunder sein müssen, denn der Antichrist wird die Massen damit verführen.
Es sind die gleichen Ausdrücke wie in 2. Korinther 12: Macht oder Machttaten, Zeichen und Wunder – aber mit dem Zusatz, dass es sich um Lügen handelt.
Warnung vor falschen Zeichen und Wundern in der Endzeit
Christoph, hast du noch etwas hinzuzufügen?
Ja, genau. Würdest du also ausschließen, dass jemand in der Gemeinde in der Lehre ist?
Es ist so: Wir müssen noch mehr Zeit aufwenden, um das zu belegen. Es ist keine bloße Behauptung, dass diese Zeichen und Wunder nur für das erste Jahrhundert bestimmt waren und danach aufgehört haben. Für die Endzeit hat der Herr jedoch vorausgesagt, dass es eine Konzentration solcher Ereignisse geben wird.
Der Antichrist wird zwar der Höhepunkt sein, aber in Matthäus 24 sagt Jesus genau, dass in der Endzeit – also in der Zeit, in der das jüdische Volk wieder heimkehrt – falsche Propheten aufstehen und viele verführen werden. Es werden solche kommen, die Zeichen und Wunder tun, große Zeichen und Wunder, um, wenn möglich, auch die Auserwählten zu verführen.
Zeichen in der Endzeit – so erstaunlich wie das Original – sind also gefährlich für die wahren Gläubigen.
Diese Zeichen und Wunder wurden für die Anfangszeit gegeben, um das Neue zu bestätigen. Im zwanzigsten Jahrhundert sehen wir in der Christenheit, wie sie plötzlich wiedergekommen sind.
Die Begründung ist: Wir leben in der Endzeit, und jetzt möchte Gott das neu bestätigen.
In der Bibel steht jedoch nirgends, dass Gott in der Endzeit für die Gemeinde diese Zeichen und Wunder wieder zurückgibt. Aber er sagt in Matthäus 24, dass viele Zeichen und Wunder geschehen werden, die so gefährlich sind, dass die Gläubigen in Gefahr geraten.
Hier können wir den Kreis wieder schließen: Es ist unmöglich, dass nicht Ärgernisse kommen, aber wehe denen, durch die sie kommen.
Größere Werke als die Wunder Jesu Christi
Es gibt größere Dinge, die Jesus tun kann, oder? Und es gibt ja auch Menschen, die Wunder wirken können, oder? Aber ich kann größere Dinge tun als Jesus, oder? Ich finde, dabei fehlt Gott.
Sehr gut, dass du das gerade noch zum Schluss gesagt hast. Jetzt müssen wir gleich abschließen, wir sind schon fünf Minuten darüber hinaus.
Jesus sagt in Johannes 14 als Verheißung für die Jünger: „Ihr werdet größere Werke tun als ich.“ Er sagt dort aber nicht größere Wunder, Zeichen oder mächtige Taten, sondern größere Werke. Das ist neutraler, oder?
Der Herr Jesus wirkte missionarisch im Land Israel und sogar bis nach Libanon und Jordanien. Aber stell dir vor, all die Missionare, die bis nach Neuseeland gegangen sind oder nach Amerika zu den Indianern – das hat der Herr Jesus nicht gemacht. Und all die, die im Laufe der Jahrhunderte die Bibel in viele verschiedene Sprachen übersetzt haben – das sind Werke, die der Herr meint, wenn er von größeren Werken spricht. Werke, die Jesus selbst nicht getan hat, weil er genau den Auftrag erfüllt hat, den er hatte. Nun hat er die Jünger in diese Aufgabe hineingestellt.
Aber „Werke“ ist eben ein weiter gefasster Begriff als „Wunder“.
Ja, wir müssen jetzt zum Schluss kommen. Beim nächsten Mal werden wir mit Kapitel 17, Vers 7 weitermachen, dort geht es um die Knechte. Dazu sind wir heute noch gar nicht gekommen – auch nicht zu den unnützen Knechten und den Aussätzigen.
