
Herzlich willkommen bei der Christusgemeinde Emmending! Power in the Blood!
Endlich können wir weitermachen. Wir sind jetzt in unserer dritten Einheit.
In der ersten Einheit haben wir das Thema behandelt: Warum ist das Sühneopfer notwendig? In der zweiten Einheit ging es um das Thema: Jesus’ Sühneopfer – ein Ausdruck der Liebe Gottes?
Heute beschäftigt uns das Thema: Welche Kraftwirkung hat das Blut Jesu?
Wir haben uns in den letzten beiden Treffen intensiv mit dem Sühneaspekt beschäftigt. Dieses Thema, die Sühnung unserer Sünde und Schuld, ist oft unterbelichtet und wird heutzutage stark diskutiert. Immer mehr Menschen, darunter Theologen, Prediger und Bibellehrer, leugnen, dass durch das Kreuz Gottes Zorn abgewendet werden musste. Genau das ist jedoch der zentrale Fokus der Sühnung.
Wenn du das Wort „Sühnung“ hörst, geht es dir vielleicht wie mir: Es ist ein altes Wort, und man fragt sich, was es eigentlich genau bedeutet. Jeder weiß ungefähr, dass es etwas mit dem Kreuz zu tun hat, aber was ist der genaue Fokus der Sühnung? Die Sühnung trägt die Schuld ab und wendet den Zorn Gottes vom Menschen, vom Sünder, ab.
Wir lesen in 3. Mose 17,11: „Denn im Blut ist die Lebenskraft. Deshalb habe ich das Blut dazu bestimmt, dass ihr es am Altar verwendet. Dort sorgt es für Sühnung zwischen mir und euch.“
Das zeigt, dass nicht nur der Mensch ein Problem hat, sondern auch Gott. Beziehung ist wechselseitig, und hier gibt es ein Problem zwischen Gott und den Menschen. Auf der Seite der Menschen steht die Sünde. Diese Sünde erregt den gerechten Zorn Gottes gegen die Ungerechtigkeit, die die Menschen verursachen. So stehen beide Seiten einander gegenüber.
Das Blut sorgt für Sühnung zwischen Gott und den Menschen. Denn im Blut, mit seiner Lebenskraft, liegt die Kraft, Sühnung zu bewirken. So hat Gott es eingerichtet, um die Dramatik dessen zu zeigen, was Sünde bewirkt. Adam und Eva haben das schmerzlich erfahren, als Gott sagte, dass der Tod die Konsequenz der Sünde sei, wenn sie von der verbotenen Frucht essen.
Auch im Neuen Testament bleibt das so. Im Römerbrief lesen wir das bekannte Wort: „Der Sünde Sold ist der Tod.“ (Römer 6,23). In einem Teeniegottesdienst wäre das vielleicht schwer zu sagen, aber es ist eine klare Aussage: Der Lohn der Sünde ist der Tod.
Das Sühneopfer ermöglicht wieder Gemeinschaft zwischen Menschen und Gott. In der zweiten Einheit haben wir darüber gesprochen, was dies als Ausdruck von Gottes Liebe bedeutet. Ausdruck von Gottes Liebe ist, dass Gott selbst die Initiative ergreift, seinen eigenen Zorn abzuwenden. Nicht der Mensch befriedet Gott durch sein Opfer, sondern Gott stellt im Alten Testament ein Opfer zur Verfügung, das die Menschen annehmen können.
Dabei bringt der Mensch keine eigene Leistung ein. Es ist immer Gottes Gnade und Initiative, der das Opfer schafft. Tieropfer konnten jedoch nicht dauerhaft von der Sünde befreien. Das konnte nur der eine: Gott selbst, der aus der Ewigkeit kommt und die ewige Konsequenz der Sünde sowie den ewigen Zorn Gottes tragen kann.
In seiner heiligen Liebe sühnt Gott in Jesus Christus unsere Sünden. Jesus Christus opferte sein Leben und trug stellvertretend für uns Gottes Zorn. Er litt die gerechte Strafe für die Sünden der Menschen. Für unsere Gesetzesübertretungen wurde er verurteilt. Wie der Bibellehrer R.C. Sproul sagte, wurde Jesus vom Vater verlassen und erlebte am Kreuz das volle Maß der Hölle.
Das ist das, was Jesus am Kreuz erlebte. Dadurch wurde der Gerechtigkeit Gottes Genüge getan. Gott ist ein gerechter Gott, nicht wechselhaft. Die Entzweihung zwischen Gott und Mensch wurde dadurch beseitigt.
Dies ist eine sehr grobe Zusammenfassung der Wirkung des Blutes Jesu: die Sühnung. Sie ist ein zentraler Punkt, dem wir viel Zeit widmen müssen, da sie am meisten umkämpft und geleugnet wird.
Doch das Blut Jesu hat noch weitere Wirkungen.
Bevor wir uns einen kurzen Überblick verschaffen und anschließend in ein Thema besonders einsteigen, möchte ich eine Frage stellen: Was fällt euch ein? Es muss nicht unbedingt richtig sein, aber was verbindet ihr mit dem Ausdruck „Kraft in dem Blut“?
Welche Kraft hat das Blut Jesu? Was bewirkt es? Dabei ist das Blut Jesu nicht als magischer Trank zu verstehen, sondern als Umschreibung für das Sterben Jesu Christi. Beim Abendmahl sagt Jesus, dass sein Blut vergossen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass er sterben wird. Sein Leben ist in diesem Blut, das Lebenskraft bedeutet, und er gibt es für uns.
Was verbindet ihr mit der Wirksamkeit oder Wirkung des Blutes Jesu? Was kann es tun? Was fällt euch dazu ein? Es ist nicht schlimm, wenn die Antworten falsch sind.
Heilung – durch sein Sterben ist uns Heilung geworden, genau. Befreiung von Gebundenheit – ganz kurz: Befreiung von welcher Art? Also Befreiung vom Satan, würdest du sagen? Also teuflische Gebundenheit, genau. Schutz – wovor? Ja, okay, in die gleiche Richtung. Genau richtig: Schutz vor dämonischer Gebundenheit oder teuflischen Attacken. Man hört das ja auch manchmal in Gebeten: „Stell dich unter das Blut Jesu.“ Schutz, ein interessanter Aspekt.
Was verbindet ihr noch damit? Gemeinschaft – mit wem? Gemeinschaft mit den Heiligen, Abendmahlsgemeinschaft.
Was ich jetzt gleich mit euch machen möchte, sind einige Aspekte, die sehr prominent in den biblischen Schriften vorkommen. Diese sprechen sehr eindeutig davon, welche Wirksamkeit das Blut Jesu hat. Die Dinge, die ihr vielleicht genannt habt, die jetzt nicht in der Liste auftauchen, sind dennoch wahr und gehören auch mit hinein.
Manchmal sehen wir nur einen Halbsatz, der auf etwas hinweist, was das Sterben Jesu bewirkt. Darauf wird aber nicht groß, ich sage mal, keine große Theologie aufgebaut. Doch es gibt einige Themen, die sehr im Zentrum stehen und dadurch auffälliger sind.
Eine Wirkung des Blutes Jesu ist die Rechtfertigung. Das lesen wir in Römer 5,9: „Da wir jetzt durch sein Blut gerechtfertigt sind.“
Dies ist besonders interessant, weil in unseren nachreformatorischen Kreisen die Rechtfertigung meist mit dem Glauben verbunden wird. Rechtfertigung durch Glauben ist das, was Luther berühmt gemacht hat. Er wurde dadurch berühmt, dass er die Rechtfertigung durch Glauben betonte – und nicht durch Gesetzeswerke oder durch andere Priester, die einen gerecht sprechen.
Aus biblischer Sicht ist das natürlich richtig, aber nicht ausschließlich. Unsere Rechtfertigung basiert auch auf dem Blut Jesu Christi. John Stott, den ich häufig zitiere, hat ein sehr gutes Werk zu diesem Thema geschrieben – das beste, was man auf Deutsch bekommen kann. Er sagt: Gottes Gnade ist die Quelle, das Blut Christi der Grund unserer Rechtfertigung, und der Glaube nur das Mittel, durch das wir mit Christus vereint werden.
Hier haben wir drei Komponenten: Gottes Gnade, Christi Blut und den Glauben. Die Gnade ist die Quelle – aus Gottes Herzen kommt der Entschluss, dass wir mit Gott vereint sein können. Wie schafft er das? Er schafft es durch das Blut Christi. Das ist die Basis.
Doch nur weil Gott ein Angebot schafft, heißt das nicht, dass es automatisch aktiv ist. Das geschieht erst durch den Glauben. Das ist das Mittel, durch das wir in diese Vereinigung mit Gott kommen.
Es ist wichtig, hier ein Gleichgewicht zu bewahren. Einige, die sehr stark von der Gnade sprechen, neigen dazu, die Notwendigkeit des persönlichen Glaubens nicht ausreichend zu betonen. Sie sagen: Gott ist so gnädig, er hat alles mit sich versöhnt. Die Versöhnung ist bis zum letzten Winkel der Erde vollständig und komplett.
Aber dann wird nicht darüber gesprochen, wie man denn tatsächlich versöhnt wird. Das sehen wir oft in freikirchlichen Kreisen. Dort wird sehr stark auf der Gnade beharrt, aber es wird kaum erklärt, wie man errettet wird oder wie man in diese Vereinigung mit Gott kommt. Stattdessen wird immer wieder betont, wie gnädig der Herr ist und dass er schon alles mit sich versöhnt hat.
Ja, das hat er. Aber es braucht auch das Mittel des Glaubens, um in diese Vereinigung zu kommen. So wie Jesus am Kreuz sagt: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Das ist ein Angebot, diese Vergebung stellt er bereit. Aber nicht jeder nimmt diese Vergebung an.
Denn sonst würde die Predigt von Petrus zu Pfingsten keinen Sinn machen. Dort ruft er die Menschen auf, von ihrer Sünde umzukehren und zu Gott zu kommen. Das zeigt, dass es kein absolutes, automatisches Vergebungsgeschehen gibt.
Das Blut Christi bietet den Grund, und darauf kommt dann das Mittel – der Glaube.
Eine Wirkung des Blutes Jesu ist also unsere Rechtfertigung. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass wir einen gerechten Stand vor Gott haben. Wir stehen nicht in Selbstvorwürfen vor Gott, und Gott hält uns auch nicht unsere Vergangenheit vor. Stattdessen können wir völlig frei vor Gott treten.
Wir kommen nun zum nächsten Punkt. Einen weiteren Aspekt möchte ich mit den Begriffen Gemeinschaft, Versöhnung und Frieden umschreiben. Man könnte diese Themen auch einzeln betrachten, doch ich sehe sie als ein großes Ganzes. Gemeinschaft, Versöhnung und Frieden hängen alle eng mit Miteinander und Beziehung zusammen. Deshalb nehme ich diese Verse gemeinsam.
In Lukas 22,20 heißt es: „Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird.“ Hier sehen wir die Formulierung mit dem Blut, die ein Bündnis schafft.
In Kolosser 1,20 steht: „Durch ihn alles mit sich zu versöhnen, indem er Frieden gemacht hat durch das Blut seines Kreuzes.“ Hier erkennen wir, dass Versöhnung und Frieden mit dem Blut und dem Kreuz verbunden sind.
Diesen Aspekt finden wir auch in 2. Korinther 5,18: „Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat durch Christus.“ Auch hier wird der Versöhnungsaspekt deutlich, der eine Wirkung des Blutes Jesu ist.
In Hebräer 10,19 heißt es: „Da wollen wir nun, Brüder, durch das Blut Jesu Freimütigkeit haben zum Eintritt in das Heiligtum.“ Die Sätze habe ich etwas abgekürzt, um sie nicht zu lang werden zu lassen. Aber hier sehen wir wieder das Blut und die Freimütigkeit. Es ist auch ein Beziehungsgeschehen. Man fragt sich: Muss ich duckmäuserig kommen? Vielleicht kennt ihr das aus der Kindheit, wenn man etwas verbockt hat und dann zu Mama und Papa geht, am besten nur kurz „Hallo“ sagt und sich schnell wieder verabschiedet.
Ich habe das, glaube ich, schon einmal erzählt: Als ich elf Jahre alt war, habe ich geraucht. Meine Mutter fragte mich, warum ich nach Rauch stinke. Wahrheitsgemäß antwortete ich, wir hätten Feuer im Wald gemacht. Ich habe nicht gelogen, denn ich stank tatsächlich nach Rauch. Ob es eine gute Idee war, im Wald Feuer zu machen, sei dahingestellt. Aber ich wollte nicht lügen.
Obwohl es noch nicht Zeit zum Schlafengehen war, bin ich schnell unter die Dusche, habe die Kleidung in die Wäschebox geworfen und bin ohne Abendessen ins Bett gegangen. Meine Mutter wusste, dass da etwas im Busch war. Sie fragte sich: „Was ist denn da los?“ Dann kam der Tag der Offenbarung. Ich hatte keine Freimütigkeit.
Doch die Wirkung des Blutes Jesu gibt uns Freimütigkeit vor unserem Vater. Es ist schön, wenn wir in Gemeinschaft mit unserem himmlischen Vater sind. An diesem Abend betete ich zu meinem Vater im Himmel, bekannte meine Sünde und kehrte um. Die Freimütigkeit, die ich beim Vater im Himmel erlebte, führte automatisch auch zu einer Freimütigkeit im Umgang mit meiner Familie.
Es ist schön, wenn man die Freimütigkeit, die das Blut Jesu bewirkt, auch in seinen natürlichen Beziehungen erfahren darf. Das ist eine wunderbare Wirkung des Blutes Jesu – nicht nur auf geistlicher Ebene, sondern auch auf privater und persönlicher Ebene.
Okay, gehen wir mal weiter. Eine weitere Wirkung des Blutes Jesu, die wir eben schon gehört haben, ist die beständige Reinigung.
Hebräer 9,14: Wie viel mehr wird das Blut Christi, der sich selbst durch den ewigen Geist als Opfer ohne Fehler Gott dargebracht hat, euer Gewissen reinigen von toten Werken? Unser Gewissen wird also gereinigt. Das zeigt, dass das, was das Blut Jesu bewirkt, nicht nur etwas ist, das in der Vergangenheit wichtig war. Der Vergebungsausspruch liegt zwar in der Vergangenheit, aber das Blut Jesu hat auch heute noch Wirksamkeit. Es ist bis jetzt immer noch wichtig, welche Kraft das Blut Jesu hat.
Hebräer 10,22: Die Herzen besprengt – auch diese alttestamentliche Sprache, wie das Blut an den Altar gesprengt wird – meint, dass die Herzen besprengt und damit vom bösen Gewissen gereinigt werden. Das ist etwas, das uns immer wieder ereilen kann und auch ereilen wird. Dafür ist die Kraft des Blutes Jesu wichtig: gereinigt vom bösen Gewissen.
Hier wird die Vokabel „besprengt“ verwendet. In 1. Johannes 1,7 heißt es: Das Blut Jesu, seines Sohnes, reinigt uns von jeder Sünde.
Wir haben also jetzt die Rechtfertigung, Gemeinschaft, Versöhnung und Frieden sowie Reinigung, beständige Reinigung. Der letzte Punkt, den ich erwähnen möchte, ist die Bitte.
1. Johannes 1,9: Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit. Der Aspekt des Bekennens zur beständigen Reinigung ist deswegen auch wichtig.
Ich hatte das schon vor längerer Zeit in einer Predigt erwähnt: Es gibt Kreise, die die Meinung vertreten, dass man bei der Hinwendung zu Jesus, bei der Bekehrung, um Vergebung bittet, die Schuld vergeben wird und man danach nie wieder um Vergebung seiner Schuld bitten muss. Das bedeutet, das Vaterunser sei kein Gebet, das ein Christ beten sollte. Das sei etwas, das vor der Kreuzigung galt. Jetzt sei uns alle Schuld vergeben.
Das geht so weit, dass man sagt: Ich brauche nicht darum zu beten, gesegnet zu werden, weil ich ja schon gesegnet bin. Ich bitte nicht um etwas, das ich schon habe.
Ich hatte damals erklärt, dass Christus uns zwar auch unsere zukünftigen Sünden vergibt, aber was ich mit Gott habe, ist eine Beziehung. Wenn ich mit Rainer einen Konflikt habe und weiß, dass Rainer eine wohlwollende Person ist, die mir nichts nachträgt, dann ist das gut. Wenn wir wieder zueinanderkommen, gehe ich aber nicht einfach in sein Wohnzimmer und sage: „Ich weiß, dass du mir vergeben hast, komm, wir trinken jetzt ein Bierchen.“
Dann würde er sagen: „Ja, in meinem Herzen hege ich keinen Groll gegen dich. Ich habe die Vergebung beschlossen, aber es gibt etwas, das wir aufräumen müssen, denn das steht zwischen uns. Und das soll sich nicht wiederholen. Zeige auch deine Reue, dass dir das leidtut.“
Wenn dir ein Mensch wirklich wichtig ist – vielleicht noch mehr beim Ehepartner, weil wir verheiratet sind und uns so schnell nichts trennt, auch wenn wir wollen – dann gehe ich davon aus, dass meine Frau mir vergeben muss. Das hat sie versprochen. Trotzdem, wenn ich Mist gebaut habe, bitte ich um Verzeihung. So funktioniert Beziehung.
Deswegen sagen einige Ausleger, dass 1. Johannes 1 nicht für Christen geschrieben sei, sondern für Nichtchristen. Schön wär’s. Johannes sagt in 1. Johannes 1,9: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit.“ Johannes spricht von „wir“, nicht von „ihr Ungläubigen“. Er nimmt sich da voll mit hinein und weiß: Ich brauche das Blut Jesu zur beständigen Reinigung. Und das geschieht durch persönliches Bekenntnis.
Deswegen ist es gut, das Vaterunser zu beten.
Einen letzten Punkt möchte ich erwähnen, der zentral ist für die Wirksamkeit des Blutes Jesu. Ich nenne nur einen Beispielsatz, weil hier sehr pointiert auf den Punkt kommt, worum es geht.
Pointiert auf den Punkt gebracht: Der Sieg über Satan. Dabei geht es um den Befreiungsaspekt, den wir vorhin hatten, und auch um den Schutzaspekt. In Offenbarung 12,11 heißt es: „Und sie haben den Verkläger der Brüder überwunden wegen des Blutes des Lammes.“ Interessant ist, dass eine längst vergangene Tat am Kreuz von Golgatha eine wichtige, zentrale Stellung einnimmt, wenn es darum geht, Angriffen des Satans zu widerstehen, ihn zu überwinden und ihn, ich sage mal, zu vertreiben.
Das Blut Jesu ist Schutz, und das Blut Jesu hat Kraft. Deshalb sollen wir es anrufen. Mir geht es nicht darum, dass du unbedingt diese Vokabel verwenden musst. Wenn du sagst, im Evangelium ist die Kraft oder im Sterben Jesu ist die Kraft oder im Sterben und Auferstehen Jesu – das sind alles mehr oder weniger Synonyme. Aber wir verwenden hier eine Sprache, die die Bibel selbst auch spricht. Es ist vielleicht auch nicht ganz falsch, dass wir diese Sprache und auch die Vokabeln nicht vergessen. Denn wenn wir diese Sprache nicht verwenden, fehlt uns der Zugang, wenn wir Texte lesen.
Das ist ähnlich mit dem Begriff Sühne. Sühne ist für viele überhaupt kein Begriff mehr, weil wir diese Sprache nicht mehr verwenden. Deshalb wissen viele nicht mehr, wofür das steht. Dann kann auch der Inhalt verloren gehen, wenn man Vokabeln nicht mehr verwendet. Wisst ihr, was ich meine? Es gibt viele Themen, bei denen wir Dinge vielleicht immer nur umschreiben, aber nicht die Sprache verwenden, die die Bibel verwendet und mit diesen Begriffen ganz bewusst etwas transportieren möchte.
Das Blut Jesu zeigt uns einfach dieses Drama auf Golgatha. Wir werden im Laufe des Abends noch sehen, wie wichtig es ist, das Blut Jesu zu betonen. Hier ist mir wichtig zu betonen, dass das Blut Jesu eine gegenwärtige Wirkung hat – für das Hier und Jetzt. Das Blut Jesu ist nicht einfach etwas, das in der Vergangenheit liegt, das bei deiner Bekehrung wichtig war, wo du sagst: „Okay, ich habe jetzt meine Rechtfertigung vor dem Herrn und habe sozusagen eine weiße Weste.“ Das ist super zentral, aber es ist nur der Startpunkt. Es geht auch weiter.
Deshalb ist das Kreuz Jesu, das Blut Jesu, wichtig für uns, wenn wir ein schlechtes und beflecktes Gewissen haben, wenn wir in Sünde gefallen sind, uns verunreinigt haben und Reinigung brauchen. Dann brauchen wir das Blut Jesu. Und wenn wir im Kampf mit dem Satan sind, vor teuflischen Versuchungen fliehen wollen und ihn überwinden wollen, dann brauchen wir das Blut Jesu. Wir brauchen das Blut Jesu, wir brauchen das Blut Jesu.
Das bedeutet, dass das, was Jesus getan hat, für alle Ewigkeit von Tragweite ist und eine Wirkung hat. Dass Jesus gestorben ist, ist nicht einfach eine Randnotiz seines Lebens. Ich hatte vor einiger Zeit erwähnt, dass es auch in unserem Baptismus einige Strömungen gibt, wo ein Pastor gesagt hat: Jesus musste halt sterben, weil er ein Mensch war und jeder Mensch stirbt. Dass er am Kreuz starb, sei ein Resultat seiner Opposition, weil er sich zu viele Feinde gemacht hat. Deshalb war er am Kreuz, aber nicht unbedingt, weil hier Heil verborgen ist. Wow!
Dann reicht es nicht einfach zu sagen: „In Jesus haben wir Vergebung.“ Ich plädiere dafür zu sagen: „Im Blut Jesu habe ich Vergebung.“ Versteht ihr? In anderen Kreisen wird nicht mehr über Jesus gesprochen, sondern nur noch über Gott. Man verliert Vokabeln. Weil man die Vokabeln „Jesus, Christus, Sohn Gottes“ nicht mehr ausspricht – vielleicht nicht in freikirchlichen Kreisen, aber ich möchte jetzt nicht auf fremde Kirchen schießen – verliert man Inhalt. Dann spricht man nur über den Schöpfergott, weil Jesus Christus aneckt.
So kannst du das weiterführen. Wir müssen zurück zur biblischen Sprache, damit wir den Inhalt nicht verlieren. Denn er hat Bedeutung für uns. Wenn ich weiß, dass das, was Jesus Christus am Kreuz getan hat, mir ewiges Leben gegeben hat, und ich weiß, ich bin in Gottes Hand geborgen, bin aber jetzt in einem Glaubenskampf und in Anfechtung, dann weiß ich, dass die Wirksamkeit, die mich zum Leben erweckt hat, auch die Kraft hat, diesen Kampf zu kämpfen, zu besiegen, zu überwinden und zu triumphieren.
Deshalb ist es wichtig, von der Wirksamkeit des Blutes Jesu, von der Wirksamkeit des Todes überzeugt zu sein, daran zu glauben, darauf zu vertrauen und zu erleben, wie Gott dadurch Wunder wirkt in unserem Leben, in unseren Kämpfen, die wir alle haben – auch in den kleinen Dingen.
Amen, wir sind lange noch nicht fertig. Das war jetzt erst mal ein kleiner Überblick.
Ich möchte jetzt auf einen Punkt eingehen, eine Wirkung des Blutes Jesu, die ich für eine der prominentesten im Neuen Testament halte. Es geht um die Erlösung.
1. Petrus 1,18-19 ist eine der zentralen Passagen dazu: „Denn ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichen Dingen, mit Silber oder Gold, erlöst worden seid von eurem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel, sondern mit dem kostbaren Blut Christi als eines Lammes ohne Fehler und ohne Flecken.“
Wir hatten, glaube ich, schon in der ersten Einheit darüber gesprochen, dass Petrus hier stark die Bildsprache aus dem Alten Testament und den Opferritualen benutzt. Wenn man den Opferritus im Alten Testament wegnimmt, versteht man nicht, was Jesus getan hat. Manche sagen, das Alte Testament sei brutal gewesen mit all den Tieropfern, und Gott habe das später anders gedacht und diese Rituale für überholt erklärt. Das stimmt aber nicht. Diese Opfer waren ein Schatten auf etwas viel Größeres und Massiveres: dass Gott selbst Mensch wird und sich als Opfer darbringt.
Das ist viel gewaltiger als die alten Tieropfer. Natürlich hat Gott die Tiere gut geschaffen, und wir sollen gut auf sie achten und sie gut behandeln. Ein gutes Wort dazu finden wir auch in den Sprüchen, auch wenn ich es gerade nicht genau im Kopf habe. Tiere sind Geschöpfe Gottes und verdienen unseren Respekt.
Aber die alttestamentliche Bildsprache der Opfer ist die absolute Grundlage für das, was hier geschieht. Das Neue Testament spricht wiederholt davon, dass wir durch Jesus sterben, durch Jesu Blut erlöst worden sind.
Was heißt es, erlöst zu sein? Hier steht nicht „errettet“, sondern „erlöst“. Ist das dasselbe? Geht es um Befreiung? Etwas, das angebunden oder angekettet war, wird jetzt gelöst. Auslösen – was genau bedeutet das? Wer kennt dieses Wort? Einige wissen es vielleicht nicht.
Im Alten Testament wurden Besitztümer wie Ländereien, Tiere, Personen – wir hatten gerade das Beispiel von Ruth und Boas – und auch Völker, zum Beispiel das Volk Israel, erlöst. Dieser Begriff findet sich bei all diesen Dingen. In der Regel bedeutet Erlösung die Zahlung eines Preises. Es gibt einen Preis, den ich zahle, um etwas zurückzuerwerben, um es wieder in meinen Besitz zu bekommen.
Besonders im Alten Testament ist der Begriff der Erlösung eng verbunden mit dem Kauf eines Gegenstandes oder einer Person. Wir denken oft schnell, Erlösung sei gleichbedeutend mit Errettung. Das stimmt auch teilweise, denn es geht um einen Freiheitsakt. Aber die Bildsprache der Erlösung will noch mehr aussagen.
Wir schauen kurz ins Alte Testament, um zu verstehen, woher dieser Begriff stammt. Nur wenn man das alttestamentliche Bild kennt, versteht man, was das Blut Jesu bewirkt, wenn es von Erlösung spricht.
In 3. Mose 25,25-28 lesen wir: „Wenn dein Bruder verarmt und etwas von seinem Eigentum verkauft, dann soll als sein Löser sein nächster Verwandter kommen und das Verkaufte seines Bruders einlösen. Wenn aber jemand keinen Löser hat und seine Hand bringt auf und findet, was zu seinem Loskauf ausreicht, dann soll er die Jahre seines Verkaufs berechnen und das, was darüber hinausgeht, dem Mann zurückzahlen, an dem er verkauft hat, und so wieder zu seinem Eigentum kommen. Und wenn seine Hand das Ausreichende nicht gefunden hat, um ihm zurückzuzahlen, dann soll das von ihm Verkaufte in der Hand dessen, der es kauft, bleiben bis zum Jobeljahr. Im Jobeljahr soll es frei ausgehen, und er soll wieder zu seinem Eigentum kommen.“
Wir werden uns das ganze Thema des Jobeljahres, in dem alles sozusagen wieder auf null gesetzt wird, nicht im Detail ansehen. Jesus spricht dieses Wort auch über sich selbst aus, wenn er das Jubeljahr, das Gnadenjahr des Herrn, ausruft. Aber das ist ein eigenes Thema.
Wichtig ist: Es geht darum, dass etwas, was mir einmal gehörte, nicht mehr in meinem Besitz ist. Durch die Zahlung eines Preises – den ich oder jemand anders zahlt – kommt es wieder in meinen Besitz zurück. Das „Lösen“ ist also möglich, indem jemand anderes mich erlöst oder ich mich selbst erlöse.
Zunächst klingt das so, als könnte ich mich selbst erlösen – aber das ist nur ein theoretischer Gedanke. Der Preis ist enorm hoch, und man muss ihn erst einmal erarbeiten. Erst dann kann man sein Eigentum zurückerwerben, das man aus der Hand gegeben hat, weil man verarmt war.
Der Löser kauft durch die Zahlung eines erforderlichen Preises etwas zurück und befreit dadurch das Erlöste von Gefangenschaft, Schulden, Sklaverei oder Exil. So wird das Volk Israel zum Beispiel aus dem Exil erlöst. Man kann auch Menschen vor Todesurteilen erlösen.
Diese Bilder sind alle enthalten, wenn es um das Erlösen geht.
Warum habe ich gesagt, Erlösen ist nicht dasselbe wie Erretten? Ja, Jesus ist unser Erretter, aber auch unser Erlöser. Es gibt Parallelen, aber die Erlösungssprache spricht eine ganz besondere Sprache. Wenn ich sage, jemand errettet mich, holt er mich aus meiner Misere heraus. Aber wenn ich sage, jemand erlöst mich, zeigt das, dass meine Befreiung einen Preis hat und nicht einfach per Dekret geschieht.
Deshalb beschreibt Paulus Christus als den, der sich selbst als Lösegeld für alle gegeben hat. Das basiert auf Markus 10,45, wo Jesus über sich sagt: „Denn auch der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.“
Damit greift Jesus genau dieses Bild auf: „Ihr seid verarmt, ihr seid in Sklaverei, ihr könnt euch nicht selbst herauskaufen.“ Das Interessante ist, dass wir selbst nicht in der Lage sind, uns aus unserem Zustand zu befreien. Wir brauchen einen Löser, der uns erlöst und befreit aus der Knechtschaft, aus der Zwangshaltung, in der wir sind.
Aber Gott sagt nicht einfach: „Jetzt raus, bitteschön!“ Die Sache funktioniert nur, wenn ein Preis bezahlt wird. Deshalb gebraucht Jesus selbst die Begrifflichkeit des Lösegelds. Es muss ein Preis gezahlt werden für das, was gelöst werden soll.
John Stott sagt, diese Bildsprache impliziert, dass wir uns in einer Gefangenschaft befinden, aus der uns nur die Zahlung eines Lösegeldes befreien kann. Dieses Lösegeld ist nichts Geringeres als das Leben des Messias selbst.
Das ist der Kostenpunkt, um in die Freiheit zu kommen – Gottes Perspektive.
Hebräer 9,11-12 sagt: „Christus aber ist gekommen als Hoherpriester der zukünftigen Güter und ist nicht mit Blut von Böcken und Kälbern, sondern mit seinem eigenen Blut ein für allemal in das Heiligtum hineingegangen und hat uns eine ewige Erlösung erworben.“
Hier sehen wir wieder, dass eine ewige Erlösung erworben wurde – nicht nur eine kurzfristige, temporäre oder zeitweilige, sondern ein für allemal. Mit seinem eigenen Blut hat Christus, der Hohepriester, diese Erlösung geschaffen. Er ist Priester und Opfer in einem, bringt alles zusammen und schafft diese Erlösung.
Die Erlösersprache betont, wie hoch der Preis zur Befreiung war. Allein das sogenannte kostbare Blut Christi wird heute in einigen Gebeten zitiert, oft mit einem Verweis auf 1. Petrus 1,18-19. Wer kein Insider ist, fragt sich vielleicht, worüber hier gesprochen wird.
Wenn wir uns aber vergegenwärtigen, was Erlösung bedeutet – dass sie einen Preis fordert und dieser Preis das Leben Jesu und sein Blut ist – dann ist es nur richtig, von etwas Kostbarem zu sprechen.
Es braucht einen enorm hohen Wert, um diese Erlösung zu bewirken, um uns herauszukaufen. Dabei wird deutlich, was für eine enorme Leistung und Hingabe nötig war. Das sind keine Lappalien.
Hier ist es nicht so, dass Gott einfach mal eben sagt: „Ich nehme sie mit in den Himmel.“ Nein, es hat alles von Gott verlangt. Es gibt nichts Kostbareres, was Gott hätte zahlen können, als dass sein Sohn sein Blut für uns vergießt.
Wenn es um die Erlösung geht, liegt der Fokus auf dem großen Kraftakt Gottes zur Befreiung. Diesen beschreibt der Begriff des Erlösens besonders gut. Andere Begriffe wie Errettung sind ebenfalls wichtig und beschreiben andere Facetten, aber dieser immense Kraftakt und die außerordentliche Hingabe werden besonders in der Bildsprache des Erlösens deutlich.
Um die Erlösekraft, die Kraft des Blutes, richtig zu erfassen, müssen wir uns noch anschauen, aus welcher Lage wir überhaupt freigekauft wurden. Wo sind wir zu verorten, dass Jesus uns herauslösen muss? Anders gesagt: Was sind die Gebundenheiten, an die wir verkauft sind? Wo muss der Preis gezahlt werden, damit wir herauskommen?
Es gibt zwei Punkte, die ganz deutlich so benannt werden. Die schauen wir uns jetzt an.
Christi Blut erlöst uns aus der Knechtschaft der Sünde. Das ist das, was Rainer in Römer 6 und Epheser 1,7 meint: „In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen nach dem Reichtum seiner Gnade.“ Also die Erlösung durch sein Blut – die Wirkung geschah wegen unserer Vergehungen.
In Kolosser 1,14 finden wir fast dieselbe Sprache: „In ihm haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden.“ Dafür brauchen wir eine Lösung, dafür brauchen wir Befreiung. Dort sind wir geknechtet und gefangen in Vergehungen, in Sünden. Es geht auch weiter in Offenbarung 1,5: „Jesus Christus, der uns liebt und uns von unseren Sünden erlöst hat durch sein Blut.“
In Titus 2,13-14 heißt es: „Der hat sich selbst für uns gegeben, damit er uns loskaufte von aller Gesetzlosigkeit, und sich selbst ein Eigentumsvolk reinigte, das eifrig sei in guten Werken.“ Hier haben wir wieder diese Sprache des Eigentums, merkt ihr das? Ich bin ehrlich: Vor der Beschäftigung mit dem Thema habe ich das Eigentumsvolk mit der Begrifflichkeit des Erlösens und Loskaufens überhaupt nicht in Verbindung gebracht.
Wenn wir uns jedoch ins Alte Testament hineinversenken und verstehen, was Erlösen bedeutet – nämlich aus einem Zustand befreien, dafür einen Preis zahlen, damit etwas wieder ins Eigentum zurückkehrt – dann wird klar, warum Paulus schreibt: „Losgekauft von aller Gesetzlosigkeit und sich selbst ein Eigentumsvolk reinigte.“
Hebräer 9,15 sagt: „Und darum ist er Mittler eines neuen Bundes, damit der Tod geschehen ist zur Erlösung von den Übertretungen unter dem ersten Bund.“ Hier haben wir es mit all dem zu tun, was wir gegen das Gesetz Gottes tun – zum Beispiel die Zehn Gebote und ähnliches. Die Berufenen empfangen die Verheißung des ewigen Erbes. Der Tod ist geschehen zur Erlösung von den Übertretungen.
1. Petrus 1,18 erinnert uns daran, dass wir „erlöst worden sind von unserem eitlen Lebenswandel.“ Das sind nur einige der zentralen Passagen, in denen ganz konkret von Erlösung gesprochen wird und was Erlösung bedeutet.
Christi Blut erlöst uns also aus der Knechtschaft der Sünde. Dafür braucht es den Preis des Blutes Jesu. Das zweite ist: Christi Blut erlöst uns vom Verdammungsurteil des Gesetzes.
Galater 4,4-5 sagt: „Als aber die Fülle der Zeit kam, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau, geboren unter dem Gesetz, damit er die loskaufte, die unter dem Gesetz waren, damit wir die Sohnschaft empfingen.“ Hier sehen wir wieder das Ziel: Wenn der Vater sich etwas zum Eigentum macht – ihr kennt die Geschichte vom verlorenen Sohn –, dann wird dieser wieder eingesetzt mit dem Siegelring zum Sohn. Auch hier dient die Erlösung dazu, dass wir unsere Identität als Kinder Gottes zurückbekommen, nah am Herzen des Vaters. Also losgekauft, die unter dem Gesetz waren.
Warum ist das so ein Problem? Warum müssen wir losgekauft werden, die unter dem Gesetz waren? Galater 3,13 gibt uns eine Antwort: „Christus hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes, indem er ein Fluch für uns geworden ist; denn es steht geschrieben: Verflucht ist jeder, der am Kreuz hängt.“ Losgekauft von dem Fluch des Gesetzes – also dem verhängten gerechten Urteil, das Gott über den spricht, der sein Gesetz bricht. Unter dem stehen wir, und von dem können wir nicht einfach so weg.
Wenn wir wissen, dass wir von der Sünde erlöst sind, in dem Sinne, dass wir erkauft, also losgekauft worden sind, verstehen wir die Dringlichkeit und Notwendigkeit, dass Jesu Blut für uns fließen musste. Jesus’ Sterben war nicht einfach ein Akt seines Menschseins, so wie dein Sterben und mein Sterben. Dahinter steckt ein Plan. Es ist notwendig, weil wir aus der Machenschaft und Knechtschaft der Sünde von allein nicht herauskommen können.
Dafür braucht es diesen Preis. Ansonsten macht das ganze Reden von Lösegeld, das Jesus selbst in den Mund genommen hat, überhaupt keinen Sinn. Darum sagt Jesus in Lukas 9,22: „Der Sohn des Menschen muss vieles leiden und verworfen werden von den Ältesten, Hohenpriestern und Schriftgelehrten, und getötet und am dritten Tag auferweckt werden.“
In Lukas 24,26 fragt Jesus auf dem Weg mit den Emmaus-Jüngern: „Musste nicht der Christus dies leiden und in seine Herrlichkeit eingehen?“ Die Jünger stellten diese Frage, als Jesus noch verborgen war. Das ist sehr spannend.
Hebräer 2,17 sagt: „Daher musste er in allem den Brüdern gleich werden, um die Sünden des Volkes zu sühnen.“ Warum muss er das? Warum ist das Kreuz unausweichlich für Jesus? Weil Erlösung auf dem Spiel steht. Wenn er nicht erlösen müsste, bräuchte er auch nicht ans Kreuz zu gehen.
Deshalb müssen wir das verstehen. Vielleicht klingt das für eure Ohren altmodisch, aber wir werden in den nächsten Jahren eine große Umwälzung in unseren Freikirchen erleben – ich verspreche es euch. Dort werden diese Wahrheiten absolut negiert. Der Nährboden wird gerade gelegt von prominenten Leuten. Das sickert sehr schnell in die Gemeinden ein, da können wir kaum hinterhersehen.
Hier geht es nicht um irgendwelche Musikinstrumente oder stilistische Fragen. Hier geht es um das absolut Wesentliche: ob wir einen Erlöser brauchen. Nicht nur einen Erretter, sondern einen Erlöser, der den erforderlichen Preis auch zahlt, damit wir aus der Knechtschaft der Sünde befreit werden können.
Wenn er nicht erlöst hat, wenn er nicht erlösen musste, dann sind wir erbärmlich und bleiben in unseren Sünden verstrickt. Wichtig ist an dieser Stelle, gerade wenn wir aus dem Alten Testament kommen und sehen: Da gibt es die Option, erlöst zu werden oder sich selbst zu erlösen. Jesus ist da völlig eindeutig: Die Möglichkeit der Selbsterlösung, wie im Alten Testament, gibt es nicht.
Ich sage nicht, dass Gott dir zur Seite springt, wenn du nicht mehr weiterkommst, als eine Art Lückenbüßer nur für die Schwachen. Nein, das ist nicht der christliche Glaube. Ihr kennt diese Gedanken und Thesen. Jesus macht das klar: Er ist derjenige, der das Lösegeld gibt – für alle.
So sagt Paulus: Er ist das Lösegeld für alle. Es gibt niemanden, der sich selbst auslösen könnte. Wir brauchen den Erlöser, der einen Preis zahlt, den wir nicht zahlen können, der zu teuer für uns ist.
Das Bild der Erlösung hilft uns zu verstehen: Es gibt einen erforderlichen Preis. Und das Blut Jesu hat die Kraft, diesen Preis vollständig zu zahlen. Deshalb klingt es für unsere Ohren oft merkwürdig, über diese blutigen Dinge zu sprechen. Aber es ist Kraft im Blut Jesu. Es ist die Kraft, diesen Preis zu zahlen und uns das Leben zu geben.
Ich habe eine Frage, die etwas knifflig ist. Wenn ich jemanden erlöse und den Preis bezahle, damit diese Person aus Knechtschaft und Gefangenschaft befreit wird, dann stellt sich die Frage: An wen wird dieser Kaufpreis eigentlich bezahlt? Wer ist die Gegenseite, die den Preis empfängt und sagt: „Alles klar, ich nehme Abstand davon“?
Man könnte sagen, der Preis wird dem Vater im Himmel bezahlt. Aber was noch? Gibt es noch andere Gedanken? Es muss nicht richtig sein, aber diese Frage stellt man sich selten. Was denkt ihr? Wird der Preis dem Richter gezahlt?
Bei der Erlösung geht es ja darum, dass derjenige, der den Preis bezahlt, auch etwas wieder zurücknimmt. Also: Wem wird der Preis bezahlt? Dem Vater? Aber dann gehört es ja schon vorher dem Vater. Nun will er erlösen und muss es dann wieder zurücknehmen. Er springt also einmal auf diese Seite und dann auf die andere. Wer bekommt da die Quittung ausgestellt?
Das ist eine schwierige Frage, weil es im Neuen Testament keine klare Antwort darauf gibt. Es wird zwar gesagt, dass wir aus der Macht der Finsternis gerettet werden, aber zu keiner Zeit wird der Satan von Gott ausgezahlt.
Es gibt die Theorie, dass das Lösegeld an Satan bezahlt wird. Dazu möchte ich Folgendes sagen: Ich finde den Gedanken spannend und danke, dass er eingebracht wurde. Aber ich möchte einige Statements hinzufügen, die meiner Meinung nach etwas Klarheit schaffen.
Die Theorie des Lösegeldes an Satan sieht Satan als viel mächtiger an, als er tatsächlich ist. Sie nimmt an, dass er die Macht habe, von Gott alles zu verlangen, was er will. Aber in Wirklichkeit ist Satan jemand, der aus dem Himmel hinabgestoßen wurde und kein Recht hat, irgendetwas von Gott zu fordern.
Nirgendwo in der Bibel steht, dass wir als Sünder dem Satan etwas schulden. Das sagt auch Wayne Grudem. John Stott weist darauf hin, dass das Neue Testament die Bildsprache des Erlösens nie so weit treibt, dass es einen Hinweis darauf gäbe, an wen das Lösegeld bezahlt wurde. Diese Bildsprache wird genutzt, um zu beschreiben, was geistlich geschieht, aber der Vergleich hat auch seine Grenzen.
Es ist nur ein Bild, um das geistliche Geschehen zu veranschaulichen. Jedes Bild, das als Vergleich verwendet wird, hat seine Grenzen. Sonst könnte man sagen: Wenn du die Sprache des Erlösens wählst, dann wähle ich die Sprache der Selbsterlösung. Das funktioniert aber nicht, denn das Bild hat seine Grenzen.
Die Möglichkeit des Erlösens, die eigentlich im Alten Testament steckt, findet hier keine direkte Anwendung. Und noch einmal: An wen wird der Preis bezahlt? An Satan? Nein.
Erlösung bedeutet einen Besitzwechsel. Wenn Gott uns von Satan befreit, gibt er dem Satan nicht das, was ihm zusteht. Wenn wir aus der Machenschaft und Macht des Satans befreit werden, dann werden Satan und seine Gefolgschaft gerichtet und entmachtet. Gott triumphiert über ihn, und er wird besiegt. Aber es ist nicht so, dass Gott dem Satan etwas auszahlt.
Ich glaube, es ist verständlich, solche Gedanken zu haben, und das ist auch nicht verwerflich. Aber wenn man sich das bewusst macht, dann sieht man, dass wir, wenn Gott dem Satan etwas auszahlen würde, zwei Spieler auf Augenhöhe hätten. Das ist aber nicht der Fall.
Satan ist nicht in einer Verhandlungsposition. Er ist ein Räuber, ein Dieb und ein Lügner. Er beansprucht etwas, das ihm nicht gehört. Jesus kommt, treibt ihn aus und sagt nicht: „Komm, wir machen einen Deal.“ Mit Satan werden keine Deals gemacht.
Auch die Vorstellung, dass der Preis dem Vater bezahlt wird, gibt es. Aber ich denke, wir sollten es so machen, wie Johannes Calvin sagt: An Stellen, wo die Schrift schweigt, sollten wir nicht weiter spekulieren. Wir sollten einfach sagen, dass die Bibel dazu nichts sagt.
Deshalb ist es nicht so wichtig, auf diese Frage eine definitive Antwort zu finden. Wir wissen nur, dass ein Preis bezahlt werden muss.
Ich habe einmal darüber nachgedacht, und wir finden diese Beschreibung des Erlösers auch beim Volk Israel – als Erlös aus Ägypten. Schauen wir dazu in 2. Mose 6,6: „Darum sage zu den Söhnen Israel: Ich bin der Herr, ich werde euch herausführen unter den Lastarbeiten der Ägypter hinweg, euch aus ihrer Arbeit retten und euch erlösen mit ausgestrecktem Arm und durch große Gerichte.“
Hier sehen wir die Sprache des Erlösens. Offenbar erwähnt Gott hier seinen ausgestreckten Arm und große Gerichte, weil es ein Kraftakt ist, den Gott durchführt. Das bedeutet jedoch nicht, dass er nur kraftvoll handelt, sondern dass er leidenschaftlich und mit Hingabe handelt.
In 2. Samuel 7,23 heißt es: „Und wer ist wie dein Volk, wie Israel, die einzige Nation auf Erden, für die Gott hingegangen ist?“ Spannend, oder? Gott ist für dieses Volk hingegangen, um es zu erlösen, sich einen Namen zu machen und an ihnen Großes zu erweisen. Er vollbrachte furchtgebietende Taten an ihrem Land, indem er vor seinem Volk, das er aus Ägypten erlöst hat, Nationen und ihre Götter vertrieb.
Hier haben wir eine Situation des Volkes Israel unter der Gefangenschaft in Ägypten. Auch hier wird von Erlösung gesprochen. Gott vollbringt eine außerordentliche Anstrengung, um sein Volk aus Verstrickungen zu befreien, aus denen sie selbst nicht herauskommen können – no way. Er kommt mit der Erlösung. Aber wer bekommt den Preis? Gibt es einen Verhandlungspartner auf der anderen Seite? Bekommen die Ägypter irgendwie etwas ab? Nein, sie haben keinen Gewinn davon, sondern werden sogar noch ausgeplündert.
Interessant ist, dass im Neuen Testament, in Lukas 24,21, die Emmaus-Jünger sagen: „Wir aber hofften, dass er, also Jesus, der ja anscheinend im Grab liegen geblieben ist – für die Emmaus-Jünger zumindest nicht auffindbar –, der sei, der Israel erlösen solle.“ Auch hier im Neuen Testament ist unter den Jüngern die Vorstellung präsent, dass Israel eine Wiedererlösung braucht. Aber nicht zwangsläufig, dass es dafür einen Gegenpreis geben muss, weil es keinen Verhandlungspartner gibt.
Ägypten ist kein Verhandlungspartner für Gott, sondern ein Volk, ein Geschöpf. Wenn Gott in die Erlösung geht, so ist meine Überzeugung: Er spielt nicht in unserer Liga, dass er jemanden ausbezahlen müsste. Vielmehr leiht er sich diese Sprache, um zu zeigen: Du weißt, wie es ist, jemanden auszulösen. Das erfordert manchmal jahrelange Arbeit. Deine ganzen Ersparnisse gehen für jemand anderen drauf, damit er in Freiheit leben kann.
So stelle ich mir Gott vor: Er sagt, ich werde alles auf eine Karte setzen, ich werde mich aufreiben für dich, weil ich dich liebe. Darum die Sprache des Erlösens – aber nicht punktuell eins zu eins. Wer ist da auf der Gegenseite, der das Geld bekommt? Neben der Betonung dieser großen Kraftanstrengung in diesem Erlösungsbild für Gottes Rettungstat liegt der Fokus auf dem Eigentumsrecht des Erlösers.
Das ist, glaube ich, der Grund, warum Gott diese Sprache in unserer Errettung und in der Wirksamkeit des Blutes Jesu verwendet: dass wir sein Eigentum werden. In Apostelgeschichte 20,28 lesen wir ein Wort an die Ältesten: „Habt acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welche der Heilige Geist euch als Aufseher eingesetzt hat, die Gemeinde Gottes zu hüten, die er sich erworben hat durch das Blut seines eigenen Sohnes.“
Zum einen schützt dieser Vers vor Machtfantasien von Ältesten, die sagen könnten: „Meine Gemeinde, das ist meine Herde.“ Nein, die gehört jemand anderem. Andererseits soll dieser Vers die Ältesten motivieren, ihren Dienst treu und leidenschaftlich zu tun. Warum? Weil Jesus den Preis aufgebracht hat und die Gemeinde für sich beansprucht. Wenn er so viel investiert hat, wie viel mehr sollten wir sagen: Auch wir leben für den Herrn.
Die Erlösung erinnert uns daran, dass wir uns nicht mehr selbst gehören, sondern Gottes Eigentum sind und zu seiner Ehre leben. Nun kommen wir in die Sprache des Erkaufs – nicht verkauft, sondern erkauft. Wir sind nicht verkauft, das wäre ja nicht so gut, sondern in die Erkaufs-Sprache, auf die du vorhin hingewiesen hast.
In 1. Korinther 6,20 heißt es: „Denn ihr seid um einen Preis erkauft worden.“ Hier haben wir genau diese Bildsprache wieder. Verherrlicht nun Gott mit eurem Leib! Das ist auch der Gedanke des Erlösens. Du gehörst jetzt nicht mehr der Knechtschaft, sondern hast sozusagen einen Herrschaftswechsel vollzogen. Du bist jetzt an diesem Standort und gehörst jemand anderem – in Freiheit und Frieden.
Noch einmal, in 1. Korinther 7,23 heißt es: „Ihr seid um einen Preis erkauft, werdet nicht Sklaven von Menschen, seid nicht menschengefällig, sondern dient dem Herrn.“ Ihr gehört jetzt jemandem.
Darum endet unser Thema wunderbar in Offenbarung 5,9: „Und sie singen ein neues Lied und sagen: Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen, denn du bist geschlachtet worden und hast durch dein Blut Menschen für Gott erkauft aus jedem Stamm und jeder Sprache und jedem Volk und jeder Nation.“
Ja, und bis heute gilt: Durch das Blut Jesu wurden wir nicht verkauft, sondern erkauft. Danke, es ist spät, und wir gehören ihm. Dadurch haben wir eine neue Berufung in unserem Leben, eine neue Ausrichtung, ein neues Ziel. Und wir wissen: Wenn er uns erlöst und erkauft hat und nicht verkauft, dann wird er uns auch bis ans Ziel tragen und sich um uns kümmern.
Darum ist die Sprache der Erlösung eine sehr zentrale und außerordentliche Wirkung des Blutes Jesu. Deshalb dürfen wir sie besingen und jetzt auch einüben. Wir lesen es hier, und wir werden es in alle Ewigkeit tun. In der Offenbarung gilt das immer noch. Amen.