
Wir fahren weiter und waren gerade noch bei dem letzten Vers in 2. Samuel 13, Vers 39, in der Elberfelder Übersetzung: „Und der König David sehnte sich, zu Absalom hinauszuziehen, denn er hatte sich über Amnon getröstet, dass er tot war.“
Eine Beobachtung: Im nächsten Kapitel geht es um das Thema Manipulation. David wird massiv manipuliert, und wir lernen dort auch, welche typischen Elemente von Manipulation vorhanden sind. Es geht also weiter mit Unterricht in Menschenkenntnis.
Gleichzeitig sehen wir, dass Joab durch eine blitzgescheite Frau David manipuliert, damit er schließlich Absalom aus Gesur nach Hause ziehen lässt. Wenn wir hier lesen, dass König David sich sehnte, zu Absalom hinauszuziehen, dann hätte er eigentlich nicht diese massive Manipulation gebraucht.
Das ist manchmal etwas Wichtiges beim Bibelübersetzen: Wenn man merkt, dass es irgendwie nicht ganz aufzugehen scheint, dann muss man den Text noch genauer anschauen.
Kyle und Delitzsch waren zwei der besten Hebräischkenner im 19. Jahrhundert. Delitzsch hat übrigens das Neue Testament damals ins Hebräische übersetzt. Das war noch vor der Zeit von Eliezer ben Yehuda, der Hebräisch wiederbelebt und zu einer gesprochenen Sprache gemacht hatte.
Delitzsch übersetzte das Neue Testament nicht einfach ins Modernhebräische, sondern ins Althebräische. Diese Übersetzung wird nach wie vor in messianischen Gemeinden verwendet, wenn auch nicht von vielen, da sie etwas schwierig ist. Neben den rein modernhebräischen Neuen Testamenten findet diese Version dennoch Anwendung.
Gerade bei der Evangelisation orthodoxer Juden ist diese Übersetzung eine Hilfe. Orthodoxe Juden werden von klein auf gelehrt, dass das Neue Testament ein heidnisches Buch sei, das man nicht anschauen soll. Wenn dann aber jemand doch einmal das Neue Testament zur Hand nimmt, beginnt es mit dem Geschlechtsregister des Herrn Jesus: „Abraham zeugte Isaak, Isaak zeugte Jakob“ – die ganze Königslinie.
So heidnisch klingt das also gar nicht. Es ist das Geschlechtsregister von König David, eigentlich das messianische Geschlechtsregister. Kapitel zwei und drei zeigen deutlich, dass es sich um ein jüdisches Buch handelt. Wenn man es dann noch in Althebräisch liest, ist das wirklich wegbereitend.
Das war ein kleiner Exkurs zu Kyle und Delitzsch. Sie haben einen mehrbändigen Kommentar zum Alten Testament geschrieben. Ich empfehle diesen nicht primär wegen der biblischen und geistlichen Zusammenhänge, sondern besonders wegen der hebräischen Kenntnisse. Dort findet man viele Schätze an Entdeckungen und Beobachtungen grammatikalischer Art. Das Werk ist bis heute eine Fundgrube.
Zu diesem Vers gibt es eine Erklärung, die besagt, dass man den Sinn aus der jeweiligen Wurzel herleiten muss. Daraus ergibt sich folgender Sinn: Es hielt König David davon ab, gegen Absalom auszuziehen.
Der Vers vermittelt also gerade den gegenteiligen Eindruck. Nicht, dass David sich nach Absalom gesehnt hätte, sondern dass ihn etwas zurückhielt, nach Absalom auszuziehen, um ihn zu bestrafen. „Ausziehen“ ist hier im Sinne von hingehen und bestrafen zu verstehen.
Der Rest des Verses bleibt dabei unverändert: David tröstete sich über Amnon, weil dieser tot war.
In Vers 14 wird dann die Erklärung für diese Manipulation gegeben. Diese war notwendig, damit David schließlich Absalom doch ohne Bestrafung nach Hause zurückkehren ließ.
14,1 Joab, der Sohn der Zeruja, bemerkte, dass das Herz des Königs gegen Absalom stand. Dabei ist zu beachten, dass das Wort „gegen“ hier nicht im Sinne von „nach“ verwendet wird, wie es an anderen Stellen im Alten Testament vorkommt, sondern tatsächlich eine gegnerische Haltung ausdrückt. Diese Unterscheidung ist wichtig, da die Elberfelder Übersetzung in wenigen Fällen noch verbessert werden kann. Insgesamt bleibt sie jedoch die beste deutsche Übersetzung.
Joab erkannte also, dass der König Absalom ablehnte, und wollte ihn durch Manipulation wieder für sich gewinnen. Er sandte deshalb nach Tekoa und ließ von dort eine kluge Frau holen. Tekoa ist eine Ortschaft südlich von Jerusalem, nahe bei Bethlehem. Später sollte von dort der Prophet Amos stammen, wie im Buch Amos beschrieben wird. Wenn man vom Herodion, einem von König Herodes errichteten Palast nahe Bethlehem, geradeaus nach Tekoa blickt, sieht man den Ort. Die kluge Frau kam also von dort.
Doch auch hier gilt, wie bei Jonadab, dass es sich um eine teuflische Weisheit handelt. Nach Jakobus 3 sollte man sich trauernd kleiden und wie eine Frau, die lange um einen Toten trauert, zum König gehen und mit Bedacht sprechen. Joab legte der Frau sechs Befehle in den Mund, die alle mit List und Täuschung verbunden waren. Joab hatte einen Plan (Vers 4).
Die Frau aus Tekoa trat vor den König, fiel auf ihr Gesicht zur Erde, beugte sich nieder und sprach: „Hilf, o König!“ – auf Hebräisch „Hoschia, Herr Mellech!“. Dieser Ausdruck ist verwandt mit „Hosianna“, das im Neuen Testament gerufen wurde, als Jesus als König vom Ölberg nach Jerusalem einzog. „Hosianna“ bedeutet „Hilf doch bitte“ oder „Rette bitte“. Die Frau rief also: „Rette mich, o König!“
Der König fragte sie: „Was hast du?“ David, der einst Schafhirte und von Gott berufen war, um seinem Volk zu helfen, reagierte sofort mit Hilfsbereitschaft. Die Frau erzählte, dass sie Witwe sei und zwei Söhne gehabt habe, die sich stritten. Im Streit tötete der eine den anderen, und nun verlangte die ganze Familie, den Täter zu töten und auch das Erbe zu vernichten, damit der Name ihres Mannes ausgelöscht werde. Alles war erfunden und gelogen.
Man könnte sagen, das sei ähnlich wie bei Nathan, der David mit einer Geschichte konfrontierte, um ihn zur Erkenntnis seiner Sünde zu führen. Doch Nathan erzählte ein Gleichnis, kein persönliches Erlebnis, und wollte Davids Gewissen wecken. Hier aber wurde eine Lüge erzählt, um Davids Gewissen zu beruhigen und ihn zu manipulieren. Ziel war es, Absalom zurückzuholen und ihm Gnade zu erweisen.
Die Frau sprach weiter, dass sie nun nur noch einen einzigen Sohn habe, und die Verwandtschaft Druck ausübe, ihn zu töten. Sie verglich den Sohn mit einem Kohlefeuer, das ihre einzige Wärmequelle sei. Würde der Sohn sterben, wäre der Name ihres Mannes ausgelöscht. Diese Darstellung war emotional und manipulativ. In Wirklichkeit war Absalom nicht der einzige Sohn Davids, und der Mord war nicht aus Versehen geschehen, sondern kaltblütig geplant.
Nathan wollte das Gewissen wecken, die thekoitische Frau und Joab dagegen wollten es beruhigen – eine völlig andere Zielsetzung. David hätte Amnon als König und oberster Richter richten müssen, ohne Ansehen der Person. Doch er versagte, und Absalom nahm das Gesetz in die eigene Hand. Gott aber kann auch das Böse in der Geschichte zulassen, um Strafe zu vollziehen, wie etwa die babylonische Gefangenschaft Israels oder die späteren Ereignisse mit den Weltreichen.
David hatte zwar überlegt, gegen Absalom auszuziehen, um ihn zu bestrafen, doch er zögerte, da Absalom weit entfernt war und bei einem verwandten König lebte. Die Frau manipulierte David, indem sie eine falsche Geschichte erzählte und falsche Vergleiche zog.
Vers 8: Der König sprach zur Frau: „Geh in dein Haus, ich werde deinetwegen gebieten.“ David gab ihr Sicherheit. Doch die Frau gab nicht auf. Sie sagte: „Auf mir, mein Herr König, und auf dem Haus meines Vaters sei die Ungerechtigkeit, der König aber und sein Thron seien schuldlos.“ Sie wollte David das Gefühl nehmen, ein ungerechtes Urteil zu fällen, indem sie die Schuld auf sich nahm.
Vers 10: Der König sagte: „Wer gegen dich redet, den bring zu mir, und er soll dich nicht mehr antasten.“ David zeigte erneut seine Fürsorge. Doch die Frau forderte weiter: „Der König gedenke des Herrn, deines Gottes, damit der Bluträcher nicht noch mehr Verderben anrichtet und meinen Sohn nicht vertilge.“ Hier missbrauchte sie den Namen Gottes, „Herr“ (Yahweh), der im Alten Testament fast siebentausendmal vorkommt. Das dritte Gebot verbietet den Missbrauch dieses Namens, doch sie tat es bewusst.
Sie appellierte an Davids persönliche Beziehung zu Gott, wie sie in den Psalmen zum Ausdruck kommt. Sie stellte David als jemanden dar, der gegen Gottes Volk handle, wenn er Absalom nicht zurückhole. Das war eine weitere Manipulation, um David Schuldgefühle einzureden.
David schwor: „So wahr der Herr lebt, wenn von den Haaren eines Sohnes eines auf die Erde fällt.“ Er verpflichtete sich damit, dass diesem Sohn nichts geschehen solle. Dabei gibt es solche Haare gar nicht, und die Geschichte war erfunden.
Die Frau bat noch um ein Wort, zeigte Demut und unterwürfige Haltung. In manchen Situationen ist Demut angebracht, doch hier diente sie der Manipulation.
Sie fragte: „Warum hast du etwas gegen Gottes Volk im Sinn?“ und unterstellte David, dass er sich schuldig mache, weil er Absalom nicht zurückhole. Das war eine weitere List, um ihn emotional zu beeinflussen.
Die Frau sprach weiter: „Wir müssen sterben und sind wie Wasser, das auf die Erde geschüttet wird und nicht wieder zurückgeholt werden kann.“ Sie meinte damit, dass Absalom sterben könnte und nie mehr zurückkehren würde. Sie betonte, dass Gott nicht das Leben nehme, sondern den Verstossenen zurückholen wolle, während David das nicht tue.
Dieser Vergleich erinnerte an das Gleichnis vom verlorenen Sohn, in dem der Vater auf die Rückkehr seines Sohnes wartete. Doch Absalom war kein reuiger Sohn, sondern ein Feind seines Vaters.
Vers 15: Die Frau erklärte, sie sei gekommen, um dem König zu sprechen, weil das Volk sie in Furcht versetze. Sie hoffte, dass der König ihr helfen und sie vor dem Mann schützen würde, der sie und ihren Sohn vom Erbteil Gottes vertilgen wolle. Sie schmeichelte dem König, um seine Freundlichkeit zu gewinnen.
Sie sagte, ihr Sohn verliere sein Erbteil, wenn er stirbt. Absalom war zwar im Ausland, doch hätte er Buße getan, wäre Vergebung möglich gewesen.
Die Frau bezeichnete den König als „wie ein Engel Gottes“, was eine extreme Schmeichelei war. Der hebräische Ausdruck „Malach Elohim“ bedeutet „der Engel Gottes“ und ist meist ein Titel für den Herrn Jesus im Alten Testament, nicht für einen gewöhnlichen Engel.
Sie stellte David damit auf die Stufe des Messias, was eine Missachtung des Namens Gottes und eine Täuschung war.
Der König bat die Frau, ihm nichts zu verheimlichen, und fragte, ob Joab hinter der Sache stecke. Die Frau schwor, dass alles, was der König sage, richtig sei, und bestätigte, dass Joab ihr diese Worte aufgetragen habe.
Joab hatte also die Frau geschickt, um die Sache zu manipulieren. David zeigte sich weise, doch die Schmeichelei war teuflisch.
Vers 21: Der König befahl Joab, Absalom zurückzuholen. Joab beugte sich nieder und segnete den König heuchlerisch. Er sagte, er habe Gnade in den Augen des Königs gefunden, weil dieser sein Wort befolge.
Joab ging nach Gesur, holte Absalom zurück, doch der König befahl, dass Absalom sich zu seinem Haus wenden und sein Angesicht nicht sehen solle. So kam Absalom zurück, ohne den König zu sehen.
In ganz Israel war kein Mann so schön wie Absalom. Von der Fußsohle bis zum Scheitel war kein Makel an ihm. Das war ungewöhnlich und gefährlich, denn Schönheit ist ein Geschenk Gottes und kann Gunst bei anderen Menschen bewirken.
Absalom ließ sein Haar jährlich scheren, weil es zu schwer war. Sein Haupthaar wog etwa zweihundert Schekel, über zwei Kilogramm.
Absalom bekam drei Söhne und eine Tochter namens Tama, die ebenfalls schön war. Schönheit zog sich in seiner Familie fort.
Absalom missbrauchte seine Gaben und seine Schönheit. Intelligenz und Talente können Vorteile sein, doch wenn sie missbraucht werden, entstehen Probleme.
Absalom wohnte zwei Jahre in Jerusalem, sah aber das Angesicht des Königs nicht. Er sandte Joab zweimal, um ihn zum König zu senden, doch Joab wollte nicht kommen.
Absalom, der glaubte, alles zu bekommen, was er will, befahl seinen Knechten, das Feldstück von Joab anzuzünden. Dieses Feld lag an seiner Seite und war Teil des verheißenen Landes, das von Milch und Honig floss.
Die Knechte zündeten das Feld an. Joab kam zu Absalom und fragte, warum seine Knechte sein Feld verbrannten. Absalom antwortete, er habe Joab gesandt, um zu erklären, warum er aus Gesur gekommen sei. Er wolle nun das Angesicht des Königs sehen und, falls er schuldig sei, getötet werden.
Absalom zeigte keine Einsicht in sein Fehlverhalten und behauptete, moralisch perfekt zu sein.
Joab berichtete dem König, und Absalom kam zum König, warf sich nieder. Im nächsten Kapitel folgt die Rebellion gegen den Vater.
Tiefste Demut zeigte Absalom, und der König küsste ihn. Im Griechischen bedeutet das, dass David ihn zärtlich mehrfach küsste.
Hier sehen wir eine Parallele zu Lukas 15, dem Gleichnis vom verlorenen Sohn. Doch Absalom war kein reuiger Sohn, sondern ein Feind seines Vaters.
Damit schließen wir hier.
Ja gut, könnte jemand sagen, aber so war es doch auch bei Nathan. Er kam ja auch mit einer Geschichte, und das war eine Geschichte, die das darstellen sollte, was David getan hatte. Sie sollte ihn dazu bringen, ein Urteil zu fällen.
Nathan erzählt jedoch ein Gleichnis. Er sagt nicht: „Ich bin so und so, und so und so ist es mir ergangen, und es ist alles gelogen.“ Stattdessen erzählt er eine Geschichte. David muss erkennen, dass es ein Gleichnis ist, das ein moralisches Dilemma aufzeigt. Er soll ein Urteil fällen, um ein Urteil über sich selbst zu fällen.
Hier hingegen geht es um eine Lüge. Die Frau sagt: „Bei mir war das so“, obwohl es nicht so war. Das ist zwar sehr ähnlich, aber doch ganz anders. Wir merken natürlich, worauf sie abzielt. Es geht um eine Mordgeschichte, einen Mord in der Familie. Ja, das war geschehen. Aber wir müssen beachten: Es war kein vorsätzlicher Mord.
In der Rechtsprechung wird das deutlich unterschieden. Der Jurist gibt mir Recht: Das war nicht vorsätzlich, sondern ein Streit, der schließlich eskalierte und zum Mord führte. Der Vergleich ist also schon mal falsch. Absalom hat zwei Jahre lang kaltblütig den Mord geplant und die Situation geschaffen, um dann zuschlagen zu können. Das ist nicht dasselbe.
Noch etwas: Nathan hat das Gleichnis erzählt, um das Gewissen von David zu erwecken. Die thekoitische Frau und natürlich hinter ihr Joab haben diese Geschichte gebracht, um das Gewissen von David zu beruhigen. „Hol Absalom zurück.“ – „Hol den Mörder zurück und sei ihm gnädig.“ Das wollen sie bewirken.
Auch die Zielsetzung ist unterschiedlich: Gewissen erwecken versus Gewissen unberechtigt beruhigen. Ich weiß, es gibt Situationen, in denen man ein Gewissen beruhigen muss. Es gibt Menschen, die sind überempfindlich im Gewissen, und ihr Gewissen gibt Dinge an, die das Wort Gottes nicht angibt.
Das muss man natürlich nicht denen sagen, die einfach so locker vom Hocker über das Wort Gottes hinweggehen. Aber in der Seelsorge hat man es auch mit Menschen zu tun, die sehr empfindsam sind. Teilweise sind sie so empfindsam, dass sie sogar über das Wort Gottes hinausgehen. Dort muss man beruhigen.
Aber hier geht es um etwas ganz anderes: falsch beruhigen – und das geht nicht.
Und sie drückt das so ergreifend aus: Jetzt hat sie nur noch einen einzigen Sohn. Die Verwandtschaft macht Druck und möchte ihn wegnehmen. Sie sagt dazu: „Und so wollen sie meine Kohle auslöschen, die mir übrig geblieben ist.“
Man muss sich das vorstellen, als hätte man ein Kohlefeuer zu Hause, das die einzige Wärmequelle im Winter ist. Wenn jemand einem die Kohle auslöscht, ist das sehr schlimm. Für sie war dieser Sohn quasi die einzige Kohle, die noch brannte. Er war auch die Garantie dafür, dass ihre Linie weitergeht und der Name ihres Mannes nicht auf dem Erdboden ausgelöscht wird.
Auch hier sehen wir, dass Absalom nicht der einzige Sohn war. Wenn dieser nicht zurückkommt, dann ist keiner mehr da. Es gab noch viele Königssöhne. Der Vergleich ist nicht ganz sauber und nicht dasselbe. Aber es geht darum, David emotional so zu beeinflussen, dass er aus seiner Gefühlsbewegung heraus ein Urteil fällt, das falsch wäre.
David war als König der oberste Richter. Er hätte Amnon richten müssen. Das Gesetz, die Tora, verlangt ohne Ansehen der Person zu urteilen. Er durfte also nicht als König sagen: „Bei meinem Sohn mache ich es anders als bei anderen Leuten.“ Das hat er nicht getan. Stattdessen geschah das Unrecht durch den Mord von Absalom.
Absalom hätte das nicht tun dürfen. Amnon hätte vor Gericht gestellt werden müssen bei König David. Man kann sagen, das Gericht Gottes kam über Amnon – aber es geschah durch ein Unrecht. Das ist sehr wichtig zu verstehen. Wer das nicht begreift, versteht die ganze Weltgeschichte nicht. Auch die Bibel ist voll davon, wie Gott in seiner Souveränität über die ganze Welt regiert. Er kann genau bestimmen, wo etwas nicht geschehen darf.
Es ist so, dass Gott sogar das Böse an bestimmten Stellen zulässt – als ein Gericht. Zum Beispiel fiel Israel in den Götzendienst. Daraufhin ließ Gott zu, dass die Babylonier das Gericht über Israel ausführten und die Juden in die babylonische Gefangenschaft führten. Das Wort Gottes macht jedoch klar, dass die Babylonier in eigener Bosheit handelten und dafür verantwortlich waren. Deshalb wurden sie später durch das medopersische Weltreich bestraft.
Die Medoperser waren jedoch keine Leute mit weißer Weste. Als im medopersischen Reich der Antisemitismus überhandnahm, ließ Gott zu, dass ein Zwanzigjähriger namens Alexander mit ein paar Tausend Soldaten von Makedonien aus aufbrach, Griechenland und die ganze Welt bis nach Indien eroberte und das medopersische Reich bestrafte.
Doch auch dort kam später großer Antisemitismus auf. Gott ließ zu, dass das Römische Reich schließlich die letzten Reste des Alexanderreiches besiegte. So ging die Geschichte weiter. Später kamen die Barbaren von Norden und Osten und führten zum Zusammenbruch des Weströmischen Reiches.
Diese Kette geht weiter bis ins zwanzigste und einundzwanzigste Jahrhundert. Gott kann sogar das Böse in der Geschichte benutzen, um Strafe dort auszuführen, wo es nötig ist. So war es auch in diesem Fall. Aber David hatte versagt.
Im Fall von Absalom haben wir gesehen, dass David eigentlich darüber nachdachte, nach Gesur auszuziehen, um Absalom zu bestrafen. Er hat es dann aber doch nicht getan. Dies hielt König David zurück, weil Absalom so weit entfernt war und bei einem König lebte, der wiederum verwandtschaftlich mit David verbunden war.
Gehen wir nun weiter. Die Frau manipuliert David, indem sie Emotionen durch eine Geschichte auslöst, die nicht wahr ist. Das ist Manipulation. Außerdem benutzt sie Vergleiche, die nicht wirklich stimmen. Es geht nicht um einen einzigen Sohn, und der Mord war nicht vorsätzlich.
In Vers 8 spricht der König zu der Frau: „Geh in dein Haus, und ich werde deinetwegen gebieten.“ David, der wohlwollende Hirte Israels, freut sich innerlich, dieser Frau Sicherheit geben zu können. Er sagt ihr also, sie könne beruhigt nach Hause gehen, denn er sorge für ihre Sicherheit.
Doch die Frau gibt nicht auf, sie hat ihr Ziel noch nicht erreicht. Die thekoitische Frau spricht zum König: „Auf mir, mein Herr König, und auf meinem Haus, auf dem Haus meines Vaters sei die Ungerechtigkeit; der König aber und sein Thron seien schuldlos.“
Sie sagt damit: Falls du als Richter eine Entscheidung fällst, die nicht ganz gerecht ist, nehme ich die Schuld auf mich. Du bist unschuldig. So könne man niemanden unschuldig machen. Man kann nicht einfach sagen: Ich übernehme die Schuld, und dann ist der andere, der etwas zu schulden hat, schuldlos.
Auch die Art und Weise, wie sie argumentiert, ist bemerkenswert. Sie will ihm das Gefühl geben, dass er sich vielleicht durch ein ungerechtes Urteil schuldig machen könnte. Dieses Gefühl versucht sie ihm mit einem inhaltslosen Versprechen einfach wegzunehmen.
Vers 10
Und der König sprach: „Wer gegen dich redet, den bringe zu mir, und er soll dich fortan nicht mehr antasten. Denn es ist für ihn eine Befriedigung, dir Schutz geben zu können.“
Ich schaue da zum Recht, und in jedem Fall kannst du einfach die Leute zu mir schicken. Dann werde ich dir Recht verschaffen.
Aber das reicht ihr immer noch nicht. Sie sprach: „Der König gedenke doch des Herrn, deines Gottes, damit der Bluträcher nicht noch mehr Verderben anrichtet und meinen Sohn nicht vertilgt.“
Jetzt wird es immer schlimmer. Wir haben gesehen, dass sie nun den Namen des Herrn in den Mund nimmt – und zwar in der deutschen Übersetzung „Herr“ mit Großbuchstaben. Das ist der Eigenname Gottes im Alten Testament, der fast siebentausendmal vorkommt: Yahweh.
Das ist nicht nur ein Name, der beschreibt, wie Gott ist, sondern es ist Gottes Eigenname, Yahweh, der Ewigseiende, der Unwandelbare.
Das dritte Gebot sagt: „Du sollst den Namen des Herrn nicht missbrauchen.“ Dabei ist der Name Yahweh gemeint – und genau das tut sie hier.
„Der Herr gedenke doch des Herrn, der König gedenke doch des Herrn, deines Gottes!“ – damit betont sie: „Du hast ja so eine tiefe Beziehung mit Gott.“
Schauen wir uns die Psalmen von David an: Er sagt nicht einfach „Gott ist der Fels“ oder „Gott ist die Burg“, sondern „Mein Fels, meine Burg, mein Retter“, zum Beispiel in Psalm 18, die ersten Verse. Dort ist eine Konzentration von Gottes Namen, die aber die tiefe Herzensbeziehung Davids mit dem Herrn zum Ausdruck bringt.
Und da nimmt sie ihn auch bei seiner persönlichen Beziehung zum Herrn. Das ist alles so hinterhältig.
„Der König gedenke doch des Herrn, deines Gottes, damit der Bluträcher nicht noch mehr Verderben anrichtet und meinen Sohn nicht vertilgt.“
Also sagt sie: „Ja, natürlich könnte ich die Leute zu dir schicken vor Gericht und du gibst mir Recht. Aber wenn dein Bluträcher einfach ohne nach dem Richter zu fragen in Eigenregie handelt und dann diesen einzigen Sohn tötet, das wäre für mich eine Katastrophe.“
Sie macht die Sache also noch dramatischer.
Was soll David tun?
Und er sprach: So wahr der Herr lebt, wenn von den Haaren eines Sohnes eines auf die Erde fällt. Sie zwingt ihn, sie zwingt David, ohne dass er es merkt – das ist eben Manipulation. Man wird zu etwas gedrängt, das man eigentlich gar nicht von sich aus tun würde. Das ist Manipulation.
Und was macht David? Er schwört. Dieser Ausdruck „So wahr der Herr lebt“ ist im Alten Testament eine ganz übliche, typische Schwurformel. Man muss sich vorstellen, eine erfundene, gelogene Geschichte, und sie bringt ihn im Zusammenhang damit dazu, den Namen Gottes in einem Schwur anzurufen: „So wahr der Herr lebt, wenn von den Haaren deines Sohnes eines auf die Erde fällt.“ Und solche Haare gibt es gar nicht. Aber er schwört, dass er quasi die ganze Garantie übernimmt, dass diesem Sohn nichts passiert, diesem Kohlenfeuer, dieser armen Witwe.
Die gibt nicht auf. Und die Frau sprach: „Lass doch deine Magd ein Wort zu meinem Herrn, dem König, reden.“ Diese Unterwürfigkeit – sie bietet an: Darf ich noch etwas sagen? Natürlich kann man in Situationen kommen, in denen man schon irgendwie Demut zeigen muss.
Ich erinnere mich noch: Einmal bin ich nach Pennsylvania geflogen für ein paar Vorträge an einem Wochenende. Es ging hin und zurück. Man kann also nach Amerika gehen für ein Wochenende, und das war ganz toll. Ich war am Freitag losgeflogen und am Freitagnachmittag in Pennsylvania angekommen.
Dann ist mir aber etwas Dummes passiert. Ich stand vor dem Zollbeamten, und er fragte: „Was machen Sie da?“ Ich antwortete: „Es gibt ein paar Vorträge in einer Gemeinde.“ Er fragte weiter: „Haben Sie eine Erlaubnis?“ Ich sagte: „Nein, ich gehe ja auch nach Deutschland, und da habe ich auch keine spezielle Erlaubnis, um Vorträge zu halten.“ Er erwiderte: „Nein, natürlich nicht. Wissen Sie, dass ich Sie sofort zurückschicken kann?“ „Oh,“ dachte ich, „was soll ich sagen?“
Er fragte weiter: „Was verdienen Sie?“ Wir reden über Geld. Glaubt ihr, der glaubt das? Da kommt ein Prediger nach Amerika, und Geld ist kein Thema. Aber das war wirklich so. Ich sagte: „Ja, die werden mir wohl etwas mitgeben, aber das sind keine Forderungen, das sollt ihr mir glauben.“
Ich musste mich wirklich demütig geben und durfte ihnen ja nicht widersprechen. Ich fragte dann: „Jetzt muss ich wirklich noch mal wissen, was müsste ich dafür beantragen, wie müsste ich das ganz genau machen?“ Das hat ihn wohlwollend gemacht. Am Schluss sagte er: „Die Sache ist erledigt.“
Ja, aber wenn ich da etwas arrogant einem Beamten gegenüber gesprochen hätte, das wäre gar nicht gegangen.
Aber hier geht es um Manipulation. Darum sagt die Frau: „Darf ich noch ein Wort?“ Die ganze Zeit schwatzt sie Lügen. Und dann sagt sie: „Darf ich dem König noch etwas sagen?“ Aber das schmeichelt natürlich dem König, wenn seine Autorität so respektiert wird.
Also nochmals: „Lass doch deine Magd ein Wort zu meinem Herrn, dem König, reden“, nachdem sie schon so viele Worte gesprochen hat. Und er sprach: „Rede.“ David erweist gerne seine Freundlichkeit und Güte.
Da sprach die Frau: „Und warum hast du so etwas gegen Gottes Volk im Sinn?“
Denn da der König dieses Wort gesprochen hat, ist er schuldig, weil er seinen Verstoßenen nicht zurückholen lässt. Das ist Manipulation im größten Maße.
Was sagt sie hier? Eigentlich meint sie: Dadurch, dass David Absalom im Exil lässt und ihn nicht zurückholt, handelt er gegen das Volk Gottes. Nein, das war nicht gegen das Volk Gottes gerichtet. Aber sie versucht jetzt, ihm Schuldgefühle einzureden.
Du hast dich verschuldet, und zwar gegenüber dem Volk, über das du als König gesetzt bist. Warum hast du so etwas gegen Gottes Volk im Sinn? Ganz klar, er müsste als König den Verstoßenen wieder nach Hause bringen.
Heute könnte man sagen: Das entspricht ganz dem Sinn des Gleichnisses vom verlorenen Sohn. Der Vater stand bereit, jeden Tag wartend, ob der Sohn wieder nach Hause kommt. Er wollte den Sohn zurückhaben.
Und du, David, du willst ihn nicht zurückholen. Du hast dich schuldig gemacht.
An der Stelle, wo David eigentlich keine Schuldgefühle haben müsste, versucht sie ihm welche einzureden. Und dort, wo sie ihm vielleicht Schuldgefühle nehmen könnte, tut sie es nicht.
Das ist Manipulation.
Die Frau war wirklich blitzgescheit. Das zeigt soziale Intelligenz. Wie kann man Menschen in Beziehungen so fein beeinflussen, dass sie es nicht merken und am Ende etwas tun, was sie eigentlich gar nicht tun wollten?
Ja, sie geht weiter. Denn wir müssen gewiss sterben und sind wie Wasser, das auf die Erde geschüttet ist und das man nicht wieder sammeln kann.
Hm, was will sie damit sagen? Schau mal, König David: Wir Menschen sind so zerbrechliche Wesen. Ich sage es mit einem anderen Vergleich – sie sagt, wir sind wie Wasser, und wenn man Wasser auf die Erde ausschüttet, kann man es nie mehr zurückholen. Stell dir vor, Absalom würde in Gesur sterben. Er wäre nie mehr bei dir, das kannst du nicht mehr zurückholen.
Also auch die Vergleiche erwecken Emotionen. Ja, tatsächlich: Absalom stirbt wie Wasser am Boden und geht dann in die Ewigkeit, ohne dass wir versöhnt waren.
Und dann heißt es weiter in ihrer Rede: „Und Gott nimmt nicht das Leben weg, sondern er sinnt darauf, dass der Verstossene nicht von ihm wegverstossen bleibe.“ Jetzt sagt sie ihm: Schau mal, Gott ist ganz anders als du. Gott möchte Versöhnung, Gott holt den Verstossenen zurück – und du machst das nicht.
Siehst du jetzt, wie wichtig es war, den Vers 39 im Kapitel vorher richtig zu übersetzen? Das gibt ja die Dramatik.
Ja, und das sehen wir doch auch im Gleichnis vom verlorenen Sohn. Der Vater ist ja ein Bild von Gott im Gleichnis, der eben auf den Sohn wartete. Und warum? Er sah den Sohn von weitem kommen. Natürlich wird vorausgesetzt, dass er jeden Tag den Weg ging, um zu schauen, ob er kommt. Er kam nicht zurück – das ist ein Vaterherz. Aber der Punkt ist: Der Verstossene kommt zurück, nachdem er Buße getan hatte. Er hat in der Ferne wirklich bei den Schweinen den Zusammenbruch erlebt und hat gesagt: „Ich will zu meinem Vater gehen und sagen, ich habe gesündigt gegen dich und gegen den Himmel.“ Da war echte Reue und Umkehr innerlich da. Weiß Absalom das Gegenteil?
Und nun sagt sie in Vers 15, dass sie gekommen ist, um dieses Wort zum König, ihrem Herrn, zu reden. Das ist, weil das Volk sie in Furcht versetzt hat. Da dachte deine Magd: Ich will doch zum König reden, vielleicht wird der König das Wort seiner Magd tun, denn der König wird erhören, um seine Magd aus der Hand des Mannes zu erretten, der sie und ihren Sohn zusammen aus dem Erbteil Gottes vertilgen will.
Jetzt schmeichelt sie. Sie sagt ihm: Weißt du, ich erwarte natürlich von dir, König, dass du in deiner Freundlichkeit auf das hören wirst, was ich dir sage. Und das macht etwas mit dem König.
Und dann sagt sie: „Und eben mein Sohn, der wird, wenn er stirbt, dann hat er das Erbteil hier auf Erden von dem verheißenden Land verloren.“ Ja, und natürlich war Absalom im Ausland, aber er hätte Buße tun müssen, dann hätte es Vergebung gegeben – also wiederherstellende Vergebung.
Eine Magd dachte, das Wort ihres Herrn, des Königs, möge doch zur Beruhigung sein, denn wie ein Engel Gottes ist ihr Herr, der König, um das Gute und das Böse anzuhören. Und der Herr, dein Gott, sei mit dir.
Es wird immer schlimmer. Übrigens hat Elbefelder in der Fußnote bei „ein Engel Gottes“ geschrieben „Der“ oder „der“, aber hier müsste man nicht „oder“, sondern „der“ schreiben. Der hebräische Text sagt wirklich „der Engel Gottes“, nämlich „mal’ach ha’Elohim“ mit Artikel. Dann ist eben das Wort vorher determiniert. Deshalb muss man im Deutschen nicht „ein Engel“, sondern „der Engel Gottes“ übersetzen. Das ist grammatikalisch klar.
Und der Engel Gottes, „Malach“, heißt „der Bote“. Das ist nicht ein geschaffener Engel, sondern dieser Bote, den wir kennen, zum Beispiel aus 1. Mose 16, wo Hagar ihn nennt: „Du bist ein Gott des Schauens“ – und er wird „Yahweh“ genannt, „Yahweh gesandt von Yahweh“. Wer ist der Engel Gottes? Sogar in der rabbinischen Literatur findet man eine Stelle, in der erklärt wird, dass der Engel Gottes nicht ein geschaffener Engel ist, sondern Gott selbst.
Das ist immer der Herr Jesus im Alten Testament, der Gesandte, der ewige Sohn, gesandt vom Vater. Und jetzt sagt sie ihm: „Denn wie der Engel Gottes, so ist mein Herr.“ Das ist die schlimmste Art von Schmeichelei. Sie stellt David auf die Stufe des Sohnes Davids, des späteren Sohnes Davids, des Herrn Jesus. Das ist so etwas von übel.
Und sie missbraucht den Namen Gottes, den König, um das Gute und das Böse anzuhören. Und der Herr, Yahweh, dein Gott, mit dem du so eine Beziehung hast, der möge mit dir sein – und das alles aus einer Lüge heraus.
Da antwortete der König und sprach zu der Frau: „Verhehle mir doch ja nichts, wonach ich dich fragen will.“ Jetzt merkt er etwas. Also, irgendetwas stimmt in der ganzen Angelegenheit nicht. Er hat schon eine Ahnung, aber noch nicht genügend Klarheit.
Die Frau sprach: „Möge doch mein Herr, der König, reden.“ Und der König fragte: „Ist die Hand Joabs mit dir in all diesem?“ Er hat Lunte gerochen, da steckt Joab dahinter.
Die Frau antwortete und sprach: „So wahr deine Seele lebt, es schwört sie, mein Herr König, wenn zu rechten oder zu linken zu weichen ist von allem, was mein Herr der König redet.“ In diesem Schwur sagt sie, dass alles, was der König entscheidet, richtig ist. Da kann man weder nach rechts noch nach links gehen. Alles, was du sagst, ist einfach korrekt. Das ist totale Schmeichelei.
Sie verhält sich so, als wäre der König wie der Messias, jemand, der immer richtig entscheidet. Dann sagt sie weiter: „Denn dein Knecht Joab hat es mir geboten, und er hat deiner Magd alle diese Worte in den Mund gelegt.“ Damit sagt sie noch nicht, dass die ganze Geschichte gelogen war. Aber jetzt ist klar: Joab hat gesagt, geh mit deinem Anliegen zum König. Die Sache ist aber nicht aufgeflogen.
Um das Aussehen der Sache zu wenden, hat ein Knecht Joab dieses getan. Das war schon bei ihm eine Absicht. Er wollte eigentlich mit meinem Fall den Fall Absalom lösen. Aber mein Herr ist weise, gleich der Weisheit – nicht nur Davids, sondern auch Malachas Elohim, der Weisheit des Engelgottes.
Sie widerschmeichelt ihm. Er ist so weise wie Gott, weiß alles, was auf der Erde vorgeht. Ich weiß, es gibt manchmal Leute, die sagen: Wenn man so mit Sicherheit sagt, die Bibel sagt das so, und die Entrückung findet vor der Drangsal statt. Es gibt Leute, die meinen wirklich, er wisse alles. Das war ja überhaupt nicht ein solcher Anspruch.
Aber sie sagt zu ihm: „König David, der weiß alles, der ist allwissend.“ Schmeichelei, Schmeichelei – aber wirklich teuflische Schmeichelei.
Vers 21
Und der König sprach zu Joab. Es wird nicht gesagt, wie es genau ablief. Jetzt kommt Joab ins Spiel – ob er gerufen wurde oder schon draußen gewartet hat, bleibt offen. Jedenfalls ist er jetzt da, sein Name ist gefallen.
Der König sagte zu Joab: „Sieh doch, ich habe dies getan. Geh hin und hole den Jüngling Absalom zurück.“ Die Manipulation hat gewirkt.
Da fiel Joab auf sein Angesicht zur Erde, beugte sich nieder und segnete den König. Tiefste Ergebenheit, ähnlich wie die thekoitische Frau, und dazu noch heuchlerisch segnen. Der König wird für eine falsche Entscheidung gesegnet.
Joab sprach: „Heute weiß dein Knecht, dass ich Gnade gefunden habe in deinen Augen, mein Herr König, weil du das Wort deines Knechtes getan hast.“ Er schmeichelt und sagt: „Du meinst es so gut mit mir.“ Das tut David wohl.
Es tut uns doch wohl, wenn jemand dankbar ist. Das ist doch so. Aber Vorsicht, wenn Manipulation dahintersteckt.
Joab machte sich auf, ging nach Gesur und brachte Absalom nach Jerusalem. Doch der König sprach, Absalom solle sich zu seinem Haus wenden und sein Angesicht nicht sehen.
Es gibt also eine Zwischenlösung: Der Verstoßene kehrt zurück, aber David will ihn nicht sehen.
Absalom wandte sich zu seinem Haus und sah das Angesicht des Königs nicht.
Und in ganz Israel war kein Mann wegen seiner Schönheit so sehr zu preisen wie Absalom. Von seiner Fußsohle bis zu seinem Scheitel war kein Fehler an ihm. Das ist etwas Besonderes: Ein Mann, der wirklich Schönheit in Perfektion verkörperte. Solche Menschen gibt es nicht viele. Und das ist gefährlich, nicht wahr?
Es gibt Menschen, die sind kritisch, wenn andere schön sind. Schönheit wird oft als Minuspunkt gesehen. Doch Schönheit ist ein Geschenk Gottes. Es wird ausdrücklich von Rebekka gesagt, dass sie schön war. Ebenso von Sarah, die selbst mit 65 Jahren noch unglaublich schön war. So schön, dass der Pharao sie heiraten wollte, weil er dachte, sie sei unverheiratet. Auch von anderen wird die Schönheit erwähnt.
Wer schön ist, hat es oft leichter im Leben. Die Leute reagieren auf Schönheit und erweisen Gunst, die sie anderen nicht geben würden. Das war bei Absalom besonders gefährlich.
Jahr für Jahr ließ er sein Haupt scheren, denn es war ihm zu schwer. So ließ er es scheren, und sein Haupthaar wog zweihundert Schekel, über zwei Kilo. Nach dem Gewicht des Königs.
Absalom und der König bekamen drei Söhne und eine Tochter. Ihr Name war Tamar. Sie war eine Frau von schönem Aussehen, und hatte denselben Namen wie seine Schwester. Auch sie war schön. Das ist klar: David war schön, Absalom war schön, und Tamar war wieder schön.
Ich hatte auch eine Großmutter, die ich nie gesehen habe, sie starb 1920. Ich habe ein Bild von ihr, und sie war bildschön, unglaublich. So ging das über die Generationen weiter. Bei mir ist es zumindest bei der Großmutter stehen geblieben. Aber es ging auf jeden Fall weiter. Sie war eine Frau von schönem Aussehen.
Absalom missbrauchte diesen Vorteil. Es ist wichtig, mit den Gaben, die Gott gibt, auch verantwortungsvoll umzugehen. Intelligenz kann oft im Umgang mit Menschen ein Vorteil sein. Aber wehe, wenn man diese Dinge missbraucht. Das hat Absalom getan, und das ist das Problem.
Man muss nicht von Anfang an Minuspunkte geben. Aber dort, wo diese Dinge missbraucht werden, gibt es Abzug.
Absalom wohnte zwei volle Jahre in Jerusalem. Man merkt, er hat irgendwie eine große Geduld. Zwei Jahre bis zum Mord, dann drei Jahre in Gesur, und jetzt wartet er weitere zwei Jahre in Jerusalem.
Während dieser Zeit sah er das Angesicht des Königs nicht. Deshalb sandte Absalom zu Joab, damit dieser ihn zum König sende. Doch Joab wollte nicht zu ihm kommen.
Auch auf eine zweite Aufforderung hin kam Joab nicht. Joab war nicht einfach unkritisch; er wollte nicht von Absalom missbraucht werden. Er hatte zwar seinen eigenen Willen und gebrauchte andere, aber sich selbst wollte er nicht gebrauchen lassen.
Was macht Absalom? Er ist ein Mann, der meint, er könne alles haben, was er will.
Da sprach er zu seinen Knechten: „Seht, das Feldstück Joabs liegt an meiner Seite. Es ist sein Stück vom verheißenden Land, das in Sacharja sogar als das heilige Land genannt wird. Es ist das Land, von dem Gott sagt, es sei mein Land, und der Ertrag ist reich.
Nicht wahr, die sieben Früchte in 5. Mose 8 gehören zum verheißenden Land. Dazu gehört auch Gerste. Seht, das Feldstück Joabs liegt an meiner Seite, und er hat dort Gerste. Das ist eines der Erzeugnisse des Landes, das von Milch und Honig fließt.
Geht hin und zündet es mit Feuer an.“
Das zeigt, dass dieser skrupellose Absalom keine Achtung vor dem Segen Gottes hat. Er lässt das Feldstück zerstören, weil er es nicht will.
Und die Knechte Absaloms zündeten das Feldstück mit Feuer an. Wieder einmal machen sie einfach, was er sagt.
Da machte sich Joab auf und kam zu Absalom ins Haus. Er sprach zu ihm: „Das hat gewirkt. Er weiß genau, wer die Leute dazu bringt, das zu tun, was er will. Warum haben deine Knechte das Feldstück, das mir gehört, mit Feuer angezündet?“
Absalom antwortete Joab: „Sieh, ich habe zu dir gesandt und dir sagen lassen, du sollst kommen, damit ich dich zum König sende. Ich will ihm sagen, warum ich von Gesur zurückgekommen bin. Es wäre besser für mich, wenn ich noch dort wäre. Nun aber möchte ich das Angesicht des Königs sehen. Und wenn eine Ungerechtigkeit an mir ist, so soll er mich töten.“
Man sieht, dieser Mann sagt: „Ja, es ist doch ganz klar, dein Feld hat gebrannt, weil du nicht gern machst, was ich will.“
Das ist die Gesinnung von Absalom, einem so üblen Menschen. Er erkennt keine Spur von Ungerechtigkeit in seinem Leben. Er sagt sogar, er gehe zum König, und wenn wirklich etwas Ungerechtes an ihm ist, könne man ihn umbringen. Aber natürlich ist nichts da. Er hält sich für moralisch vollkommen, so wie er sich gibt.
Da begab sich Joab zum König und berichtete es ihm. Der König rief daraufhin Absalom. Absalom kam zum König und warf sich auf sein Gesicht zur Erde nieder.
Im nächsten Kapitel folgt dann die Revolution gegen den Vater. So ein Heuchler! Tiefste Demut zeigt Absalom in diesem Moment, und der König küsste ihn.
Hier haben wir eine Parallele zu Lukas 15, dem Gleichnis vom verlorenen Sohn, der in den Armen des Vaters liegt. Der Vater küsst ihn nicht nur einmal. Der griechische Ausdruck bedeutet, dass er ihn zärtlich viele Male küsste.
Doch jetzt küsst David Absalom, der eben nicht ein verlorener Sohn war, der Busse getan hatte, sondern ein verlorener Sohn, der seinen Vater hasste. Das werden wir heute Nachmittag noch genauer sehen.
Wir schließen hier.
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