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Der Segen Jakobs

Joseph - Durch Leiden zur Herrlichkeit, Teil 11/23
29.05.2024
SERIE - Teil 11 / 23Joseph - Durch Leiden zur Herrlichkeit
Die Ägypter leiden Hunger, sie geben Joseph alles Geld, alles Vieh und das ganze Land. Dadurch bekommt der Pharao alle Macht über das Land. Jakob gibt Joseph seinen letzten Willen bekannt und segnet seine Söhne.

Fortsetzung der Geschichte von Jakob und Joseph in Ägypten

Guten Abend, wir fahren weiter in 1. Mose 47. Beim letzten Mal sind wir bis Vers 10 gekommen, jetzt lesen wir ab Vers 11.

Vers 10 war ein besonderer Höhepunkt. Der alte Jakob kam im Alter von 130 Jahren nach Ägypten, ging in den Palast des Pharao – der damals die Nummer eins der Welt war, der mächtigste Herrscher überhaupt. Und Jakob segnete ihn. Vers 10 sagt: "Jakob segnete den Pharao und ging von dem Pharao hinaus." Schon in Vers 7 wird am Schluss erwähnt: "Und Jakob segnete den Pharao." Das ist ganz gewaltig.

Wir haben gesehen, dass der Hebräerbrief klar macht: Wer den Segen weitergibt, muss größer sein als der, der gesegnet wird. So ist es hier ganz eindeutig. Jakob wusste, dass er der Träger der messianischen Verheißung ist, die schon Abraham gegeben wurde (1. Mose 12,1-3). Dort heißt es, dass alle Völker durch den Nachkommen Abrahams gesegnet werden sollen, nämlich durch den Messias. Jakob wusste, dass er der Träger dieser Linie ist, und deshalb konnte er den Pharao segnen.

Bitte lesen wir nun ab Vers 11 einige Verse:

Und Joseph siedelte seinen Vater und seine Brüder an und gab ihnen ein Besitztum im Land Ägypten, im besten Teil des Landes, im Land Ramses, so wie der Pharao geboten hatte. Joseph versorgte seinen Vater, seine Brüder und das ganze Haus seines Vaters mit Brot, entsprechend der Zahl der Kinder.

Es war kein Brot im ganzen Land, denn die Hungersnot war sehr schwer. Sowohl das Land Ägypten als auch das Land Kanaan verschmachteten vor Hunger. Joseph brachte alles Geld zusammen, das sich im Land Ägypten und im Land Kanaan befand, für das Getreide, das man kaufte. Dieses Geld brachte er in das Haus des Pharaos.

Als das Geld im Land Ägypten und im Land Kanaan ausgegangen war, kamen alle Ägypter zu Joseph und sagten: "Gib uns Brot! Warum sollen wir vor dir sterben? Das Geld ist zu Ende." Joseph antwortete: "Gebt euer Vieh her, und ich will euch Brot geben."

Als das Geld zu Ende war, brachten sie ihr Vieh zu Joseph. Joseph gab ihnen Brot im Tausch gegen Pferde, Kleinvieh, Rindvieh und Esel. So ernährte er sie mit Brot gegen all ihr Vieh in jenem Jahr.

Als jenes Jahr zu Ende war, kamen sie im zweiten Jahr zu ihm und sprachen: "Wir wollen es meinem Herrn nicht verhehlen, dass das Geld ausgegangen ist und der Viehbestand an meinem Herrn gekommen ist. Es bleibt nichts mehr übrig vor meinem Herrn als nur unser Leib und unser Land. Warum sollen wir vor deinen Augen sterben, sowohl wir als auch unser Land?

Kaufe uns und unser Land für Brot, so wollen wir und unser Land Knechte des Pharaos sein. Gib uns Saatkorn, damit wir leben und nicht sterben und das Land nicht wüst werde."

Joseph kaufte das ganze Land Ägypten für den Pharao, denn die Ägypter verkauften jeder sein Feld, weil der Hunger sie drängte. So kam das Land an den Pharao, und das Volk setzte er in verschiedenen Städten von einem Ende der Grenze Ägyptens bis zum anderen Ende an.

Nur das Land der Priester kaufte er nicht, denn die Priester hatten ein bestimmtes Einkommen vom Pharao. Sie hatten ihr Bestimmtes, das der Pharao ihnen gab, deshalb verkauften sie ihr Land nicht.

Joseph sprach zum Volk: "Siehe, ich habe euch und euer Land heute für den Pharao gekauft. Hier ist Saatkorn für euch; besät das Land! Es soll geschehen, dass ihr dem Pharao ein Fünftel des Ertrags gebt. Die vier Teile aber sollen euch gehören, zur Saat des Feldes, zur Speise für euch, für die, die in euren Häusern sind, und zur Speise für eure Kinder."

Sie antworteten: "Du hast uns am Leben erhalten. Mögen wir Gnade finden in den Augen meines Herrn! So wollen wir Knechte des Pharaos sein."

Joseph legte diese Regel für das Land Ägypten bis auf diesen Tag als Satzung fest: Dem Pharao gehört der fünfte Teil des Ertrags. Nur das Land der Priester kam nicht an den Pharao.

Bis hierhin, danke.

Die Bedeutung des Landes Ramses und die biblische Chronologie

Wir haben gesehen, dass der Pharao der Großfamilie von Jakob das beste Stück Land in Ägypten zur Verfügung gestellt hat, und zwar in Gosen, im fruchtbaren Nildelta. Das finden wir im Vers 11. Dieses Land wird als das Land Ramses bezeichnet, und das ist interessant.

Warum? Später in der biblischen Geschichte, nämlich im 2. Mose, als aus dieser Großfamilie in Ägypten ein Volk herangewachsen war, wurde das Volk von einem späteren Pharao versklavt. Sie hatten den Auftrag, zwei Städte in Ägypten zu bauen. Schauen wir kurz nach, 2. Mose 1,11: „Und sie setzten Frohnvögel darüber, um sie mit ihren Lastarbeiten zu drücken, und sie bauten dem Pharao Vorratsstädte, Pithom und Ramses.“

Daraus hat man geschlossen, man könnte herausfinden, wer der Pharao des Auszugs war. In den meisten Büchern und Lexika liest man, dass es nach der Bibel der Pharao Ramses war. In der ägyptischen Geschichte gab es viele Ramses, und man hat sich entschieden, dass es Ramses der Zweite gewesen sein muss. Warum ausgerechnet Ramses der Zweite und nicht der Dritte, der Sechste oder der Neunte?

Ramses II. war ein besonders bedeutender Pharao in der Geschichte. Er war ein großer Bauherr, und da die Israeliten ja Städte bauen mussten, passt das gut zu ihm. Er lebte um 1240 vor Christus. Daraus wurde geschlossen, dass Israel im 13. Jahrhundert als Sklavenvolk in Ägypten war. Diese Ansicht verbreitete sich im 19. Jahrhundert.

Später gab es jedoch große Probleme mit dieser Chronologie. Zum Beispiel wurde Jericho im 20. Jahrhundert ausgegraben. Dabei stellte man fest, dass die mächtigen Mauern von Jericho, die zur mittleren Bronzezeit gehören, um circa 1550 v. Chr. eingestürzt sind. Danach war Jericho keine befestigte Stadt mehr. Die Mauern wurden erst viele Jahrhunderte später wieder aufgebaut.

Daraus wurde abgeleitet, dass die Bibel ein Märchenbuch sei. Denn wenn es heißt, die Israeliten seien zur Zeit von Ramses II. in Ägypten gewesen, hätten vierzig Jahre in der Wüste gewandert und dann bei der Eroberung von Jericho erlebt, wie die Mauern nach außen einstürzten, könne das nur eine Legende sein. Schließlich gab es zu dieser Zeit keine Mauern.

Man sieht hier, was Schlimmes passiert ist: Der Bibel wurde eine Chronologie aufgezwungen, die sie gar nicht lehrt. Diese Chronologie, die Israel und Ägypten im 13. Jahrhundert vor Christus ansiedelt, widerspricht vollständig den Zahlen der Bibel.

Wenn man die biblischen Zahlen zusammensetzt – und zwar so, dass keine einzelne Zahl als fehlerhaft betrachtet oder nachträglich korrigiert wird – kommt man für den Auszug aus Ägypten auf das Jahr 1606 v. Chr. Damit liegt die Eroberung von Jericho bei 1566 v. Chr. Das ist genau die Zeit, in der die mächtigen Mauern, und es waren tatsächlich vier Mauerringe, eingestürzt sind.

Die Teilnehmer der nächsten Israelreise im September werden, sofern möglich, nach Jericho gehen und die Überreste dieser vier Mauerringe sehen. Überall sieht man, wie die Mauern nach außen eingestürzt sind. Das ist fantastisch, denn normalerweise fällt eine Mauer bei einer Stadtbelagerung nach innen, um nicht auf die eigenen Soldaten zu stürzen. Doch hier sind die Mauern nach außen gefallen, und zwar als Rampe.

Wie in Josua 6 beschrieben, konnten die Israeliten bei der Umrundung der Stadt über diese Rampe in die Stadt einsteigen und sie erobern. Somit darf aus dem Namen Ramses nicht geschlossen werden, dass die Ereignisse zur Zeit von Ramses II. stattgefunden haben.

Man hätte längst merken müssen, dass etwas nicht stimmt. Denn in der Josefsgeschichte, die viel früher spielt, lesen wir ebenfalls vom Land Ramses. Dabei hat das nichts mit Ramses II. oder Ramses I. zu tun. Der Name Ramses war also schon früher gebräuchlich.

Daher wird klar, dass aus dem Namen Ramses keine Chronologie abgeleitet werden darf. Das Land, das Joseph der Großfamilie zugeteilt hat, heißt eben Land Ramses. Damit erweist sich die Bibel als glaubwürdig, wenn man die biblische Chronologie genau verfolgt und ernst nimmt.

Joseph als weiser Verwalter und die Versorgung Ägyptens und Kanaans

Gut, gehen wir weiter. In diesem Kapitel sehen wir, wie Joseph ein weiser Verwalter ist. Das hat er von Kindesbeinen an gelernt. Früher hat er den Beruf des Schafhirten erlernt, wie wir in 1. Mose 37 gesehen haben. Das war die erste Vorbereitung, damit er später die Nahrung gut für die Schafe verteilen konnte.

Später wurde er als Sklave nach Ägypten verkauft und stieg im Haus des hohen Beamten des Pharao, Potiphar, bis zur höchsten Position auf. Dort musste er das Haus eines reichen Beamten in Ägypten verwalten. Das war alles Training und Vorbereitung.

Später kam er ins Gefängnis, aber auch dort stieg er auf und wurde schließlich zum internen Verwalter des Gefängnisses, weil er ein so gutes Zeugnis hatte. Im Gefängnis lernte er, wie man sorgt, einteilt und ein Gefängnis führt. Danach kam er aus dem Gefängnis heraus und stieg schnell zur höchsten Person in Ägypten nach dem Pharao auf.

Er war in der Lage, das Management durchzuführen, das sieben Jahre Überfluss umfasste, die dann zur Ernährung aller Hungernden in den sieben Jahren der Not dienen sollten. Hier sehen wir die Weisheit von Joseph ausführlich beschrieben, wie er das gemacht hat.

Joseph hatte nicht nur den großen Dienst an Ägypten und Kanaan vor Augen. In Vers 13 lesen wir: „Und es war kein Brot im ganzen Land.“ Weiter heißt es in Vers 13: „Denn die Hungersnot war sehr schwer, und das Land Ägypten und das Land Kanaan verschmachten und verhungerten.“ Joseph war der Mann, der für Ägypten und Kanaan sorgte, aber er hatte auch ein besonderes Herz für seine eigenen Leute, für seine Familie.

So lesen wir in Vers 12 nochmals: „Und Joseph versorgte seinen Vater und seine Brüder und das ganze Haus seines Vaters mit Brot nach der Zahl der Kinder.“ In 1. Timotheus 5 sehen wir, dass wir gegenüber den Angehörigen der Familie eine besondere Verpflichtung haben. Das hat Joseph hier vorbildlich ausgeführt.

Wir haben aber auch gesehen, dass Joseph nicht einfach gratis die Nahrung verteilte. Die Leute mussten dafür etwas bezahlen. Das ist sehr wichtig. Heute kennen wir in Europa den Sozialstaat als Ideal, bei dem einfach verteilt wird, ohne dass man unbedingt eine Leistung erbringt. Das verführt aber zum Müssiggang. Wenn man merkt, es ist besser, Immigrant zu sein als ein Handwerker, der fünf Kinder zu ernähren hat, dann stimmt etwas nicht.

Bei Joseph war das anders. Es wurde nicht einfach so verteilt, sondern es musste eine Leistung erbracht werden. Die Leute mussten mit ihrem Besitz kommen. In Vers 14 lesen wir, dass Joseph alles Geld zusammenbrachte. Allerdings müssen wir hier die Übersetzung korrigieren. In dieser Zeit gab es noch kein Geld im heutigen Sinne. Münzprägung war unbekannt.

Das hebräische Wort „Kesef“ kann später Geld bedeuten, je nach Kontext, aber grundsätzlich bedeutet es Silber, ähnlich dem französischen „argent“. Es geht hier also um Silber. Die Menschen bezahlten mit Silber, und Joseph sammelte es ein und gab dafür Getreide.

In Vers 15 lesen wir: „Und als das Geld im Land Ägypten und im Land Kanaan ausging, kamen alle Ägypter zu Joseph und sprachen: Gib uns Brot!“ Das gesamte Silbervermögen von Ägypten und Kanaan kam in die Hände von Joseph, und er gab es dem Haus des Pharao. Unglaublich! Die Möglichkeit, mit Geldwert, also mit Edelmetall, zu bezahlen, war am Ende. Trotzdem wussten die Leute, dass es nur eine Adresse gab, wo sie Brot bekommen konnten. Sie kamen zu Joseph und sagten: „Gib uns Brot!“

Das erinnert uns an Johannes 6, wo der Herr Jesus sich als das Brot aus dem Himmel vorstellt. Er sagt, dass jeder, der zu ihm kommt, nicht hinausgestoßen wird und bei ihm das Brot des Lebens bekommt.

Nun hatten die Menschen das Problem, dass das Geld am Ende war. Joseph fragte, wie es weitergehen solle. Sollen sie das Land verkaufen? Noch nicht. Wie sieht es mit dem Vieh aus? Ja, das Vieh. In Vers 16 spricht Joseph: „Gebt euer Vieh her!“ Der hebräische Ausdruck „Mikne“ ist weit gefasst und bedeutet Rinder, Schafe, Ziegen, Pferde, Esel und auch Kamele. Das ist alles gemeint.

Die Menschen mussten also alle ihre Haustiere einsetzen, um Brot zu bekommen. In Vers 17 lesen wir, dass Joseph ihnen Brot gab im Austausch für Pferde, Kleinvieh (das hebräische Wort „Zohn“ umfasst Schafe und Ziegen), Rindvieh und Esel. Er ernährte sie mit Brot.

Joseph macht seinem ägyptischen Namen große Ehre. Wie hieß er in Ägypten? Zafnatpaneach. Wir finden den Namen in 1. Mose 41, Vers 45, wo der Pharao Joseph diesen Namen gab. Es ist die hebräische Umschrift eines ägyptischen Namens, der „Ernährer des Landes der Lebenden“ bedeutet. Mit „den Lebenden“ ist der Pharao gemeint. Also: Ernährer des Landes des Pharao.

Dieser wunderbare Name weist auf den Herrn Jesus hin, das Brot des Lebens. In Johannes 6 fragt Jesus die Jünger: „Wollt ihr auch weggehen?“ Sie antworten: „Zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens.“ Jesus ist das Brot des Lebens.

Zuerst wurde also das Silber eingesammelt, dann das ganze Vieh. Schließlich kam die dritte Phase, noch bevor sie sich selbst verkaufen mussten. In Vers 18 heißt es am Schluss: „Nichts mehr übrig bleibt vor meinem Herrn als nur unser Leib und unser Land.“ In Vers 19 sagen sie: „Kaufe uns und unser Land für Brot!“ Damit wurden alle Menschen Diener des Pharao. Sie mussten alle ihre Immobilien, also das Land, verkaufen. Dafür bekamen sie Brot.

So wurde die Macht des Pharao in dieser Zeit auf das Höchste gesteigert. Das passt auch zur Geschichte. Wenn man die biblische Chronologie strikt durchrechnet, kommt man für die Zeit, als Joseph vor dem Pharao erscheint (1. Mose 41), auf etwa 1840 v. Chr. In der Ägyptologie entspricht das der Zeit von Amenemhet III.

Das habe ich auch in einer früheren Josephserie schon gesagt. Es passt genau zur Zeit von Amenemhet III., der zur zwölften Dynastie in Ägypten gehört. Dort verliert der Adel alle Macht, die Fürsten haben nichts mehr zu sagen. Alles konzentriert sich auf den Pharao. Das hängt damit zusammen, dass ein gewisser Joseph alles für den Pharao aufgekauft hat.

Die Geschichte verläuft in vier Phasen. Dennoch sind die Menschen Joseph dankbar, und er weist sie zur Arbeit an. Er gibt ihnen Saatgut heraus, wie wir in Vers 23 lesen: „Joseph sprach zum Volk: Siehe, ich habe euch und euer Land heute für den Pharao gekauft. Siehe, da ist Saatkorn für euch, besät das Land!“

Es war nicht so, dass gar nichts mehr wuchs, aber fast nichts mehr. Die Menschen mussten ihre begrenzte Landwirtschaft mit dem Saatgut betreiben, das Joseph gesammelt hatte. Sie mussten arbeiten, und so konnten sie einen Teil der Ernte für sich behalten. Ein Fünftel des Ertrags wurde für den Pharao abgegeben (Vers 24).

Die Menschen sind Joseph dankbar. In Vers 25 lesen wir: „Und sie sprachen: Du hast uns am Leben erhalten. Mögen wir Gnade finden in den Augen meines Herrn, so wollen wir Knechte des Pharaos sein.“ Sie sind dankbar, denn dank Joseph geht es ihnen gut. Ihr Leben ist erhalten. Er ist der Erhalter, der Ernährer des Lebens, und sie möchten in seinen Augen akzeptiert sein. Das bedeutet der Ausdruck „Mögen wir Gnade finden in den Augen meines Herrn.“

Etwas wird hier noch berichtet: Mit den Priestern war es anders. Sie verkauften ihr Land nicht. Warum? Sie bekamen ein Einkommen vom Pharao. Der Pharao hatte schon aus früherer Zeit ein Gesetz, dass die Priester direkt vom Haus des Pharao ernährt wurden. Deshalb konnte er ihnen nicht plötzlich die Nahrung streichen, und sie waren nicht verpflichtet, ihr Land zu verkaufen.

In Vers 26 wird gesagt, dass diese Sitte, dem Pharao den fünften Teil abzugeben, von da an Gesetz für spätere Zeiten in Ägypten wurde.

Jakobs Leben in Ägypten und sein letzter Wunsch

Dann wird zusammengefasst: Ab Vers 27 liest du weiter, Jerry?

Israel wohnte im Land Ägypten, im Land Gosen. Dort machten sie sich ansässig, waren fruchtbar und mehrten sich sehr. Jakob lebte siebzehn Jahre im Land Ägypten. Die Tage Jakobs, also die Jahre seines Lebens, waren hundert siebenundvierzig.

Als die Tage Israels herannahten, dass er sterben sollte, rief er seinen Sohn Joseph und sprach zu ihm: „Wenn ich denn Gnade gefunden habe in deinen Augen, so lege doch deine Hand unter meine Hüfte und erweise Güte und Treue an mir. Begrabe mich doch nicht in Ägypten. Wenn ich bei meinen Vätern liegen werde, so führe mich aus Ägypten und begrabe mich in ihrem Grab.“

Joseph antwortete: „Ich werde tun nach deinem Wort.“ Da sprach Israel: „Schwöre mir!“ Und Joseph schwor ihm. Israel betete am Kopfende des Bettes. Nochmals wird wiederholt: Israel hatte den besten Platz im Land Ägypten eingenommen, in Gosen, und war dort wirklich zu Hause.

Aber etwas ganz Wichtiges, das wir noch nicht gesehen haben: Joseph war ja wirklich darauf aus... Hast du noch eine Frage? Gleich, aber darauf kommen wir gleich.

Joseph hatte das Anliegen, seine Großfamilie und damit das Volk Israel, das dann in Ägypten entstehen sollte, aus dieser Großfamilie in einem Bereich wohnen zu lassen, abgesondert in Ägypten, in Gosen.

Warum war ihnen diese Absonderung so wichtig? Die Familien könnten ja irgendwie verteilt im ganzen Land Ägypten wohnen. Fruchtbar könnten sie auch irgendwo sein. Aber warum genau in Gosen, und zwar dort eben abgesondert für sich?

Damit ihre Identität und auch die Wahrheit ihres Glaubens erhalten bleibt. Das war sein Anliegen. Sie sollten sich nicht mit Ägypten vermischen und auch nicht die ägyptische Religion übernehmen.

Joseph hat nicht plötzlich die Priester abgeschafft – das konnte er nicht, denn er war doch Nummer zwei und nicht der Pharao. Aber er konnte dafür sorgen, dass seine Familie abgesondert bleibt und ihr Glaube an den wahren Gott nicht zerstört oder beschädigt wird.

Die Vermischung mit Ägypten und die Folge der Sklaverei

Wie kam es eigentlich schlussendlich heraus? Es gab doch eine Vermischung. Und zwar?

Ja, es gab tatsächlich eine Vermischung. In Apostelgeschichte 7 wird der Prophet erwähnt, der sagt, dass sie die Götter, Rephes und Sternbilder verehrten. Während der Wüstenwanderung gab es ganz offensichtlich Götzendienst in Israel, wie es in Apostelgeschichte 7 beschrieben wird. Das hatten sie natürlich aus Ägypten übernommen.

Das goldene Kalb – woher hatten sie das? Es war nichts anderes als der Abyssstierkult aus Ägypten.

Noch schrecklicher ist, dass in Ezechiel gezeigt wird, dass in Ägypten selbst eine Vermischung stattfand. In Ezechiel 23 wird Israel in Ägypten beschrieben. Dort heißt es, dass sie sich mit den Götzen verunreinigt haben.

Bitte beachten Sie besonders Vers 8: „Und auch ihre Hurereien von Ägypten her ließ sie nicht, denn sie hatte bei ihr gelegen, in ihrer Jugend, und hatte ihnen ihren jungfräulichen Busen betastet und ihre Hurerei über sie ausgegossen.“

Der Götzendienst wird hier mit Unzucht verglichen, und es geht um die Unzucht, die aus Ägypten stammt. Das bedeutet also, es gab tatsächlich eine Vermischung.

Das erklärt nun, warum es die Sklaverei in Ägypten gab. Diese war eine Zucht Gottes über Israel. Obwohl Joseph damals sehr weise angeordnet hatte, dass Israel abgesondert in Großen wohnen sollte, sind sie mit der Zeit doch durch Anpassung an die Kultur und Religion in den ägyptischen Götzendienst hineingefallen.

Darum hat Gott sie fallen lassen. Deshalb gab es die Sklaverei. Sie mussten Ramses und Pithom bauen. Es kam sogar zu diesem ersten Holocaust in der Geschichte Israels. Der Pharao, dieser spätere Pharao, verordnete, dass alle neugeborenen Jungen getötet werden sollten.

Dann begann Israel in Ägypten, sich wieder auf den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs zu besinnen. Sie schrien zu ihm, und Gott sagt in 2. Mose 3, dass er das Geschrei Israels in Ägypten gehört hat. Er ist herabgekommen, um sie zu befreien. Und dann kam diese Befreiung aus Ägypten.

Das erklärt den Grund für diese Not in Ägypten. Sie war direkt mit der Sünde des Götzendienstes verbunden. Doch Joseph wollte sie in seiner Weisheit und Voraussicht davor bewahren.

Das Wachstum Israels in Ägypten und die Bedeutung der Zeitangaben

Wenn wir zu 1. Mose 47 zurückgehen, sehen wir, dass sie dort wohnten, ansässig wurden, fruchtbar waren und sich sehr vermehrten. Das Bevölkerungswachstum war überdurchschnittlich hoch. Das erklärt, warum aus Jakobs Großfamilie in der relativ kurzen Zeit von ihrer Ankunft in Ägypten bis zum Exodus ein Volk werden konnte – und zwar in 215 Jahren.

Die 430 Jahre, von denen gesprochen wird, zählen ab dem ersten Besuch Abrahams in Ägypten (1. Mose 12). Deshalb heißt es in 2. Mose 12, Vers 40, dass die Wohnzeit der Kinder Israels in Ägypten 430 Jahre betrug. Diese Zeitrechnung beginnt mit Abrahams Aufenthalt in Ägypten. 215 Jahre später kam Jakob mit seiner Großfamilie, und weitere 215 Jahre später erfolgte der Exodus. So ergeben sich zusammen die 430 Jahre, in denen sie zu einem Volk wurden.

Wenn man das mit Formeln der Bevölkerungsstatistik berechnet, sieht man, dass diese Zeitspanne ausreicht. Es war jedoch eine außergewöhnlich große Vermehrung, die hier betont wird. Bereits in 2. Mose 1 wird dies hervorgehoben: Sie vermehrten sich sehr. In 2. Mose 1, Vers 7 heißt es: „Und die Kinder Israel waren fruchtbar und wimmelten und vermehrten sich und wurden sehr, sehr stark, und das Land wurde voll von ihnen.“

Man erkennt hier eine Konzentration von Ausdrücken wie „fruchtbar“, „wimmelten“ und „vermehrten sich sehr, sehr stark“. Das Land wurde voll von ihnen.

In Vers 28 finden wir einen wichtigen chronologischen Hinweis, der für eine strikte Chronologie durch die gesamte Bibel entscheidend ist. Diese Chronologie beginnt ganz vorne in 1. Mose und bricht nie ab. Anfangs mag es so erscheinen, als würde der Faden unterbrochen, doch immer wieder findet man Stellen mit Zahlenangaben. So entsteht ein roter Faden ohne Unterbrechung durch das Alte Testament, der über die Jahrwochen aus Daniel bis ins Neue Testament reicht. Bis zum Jahr 70 nach Christus lässt sich dieser chronologische Faden nahtlos verfolgen.

In 2. Mose 1, Vers 28 steht: Wie lange war Jakob in Ägypten? Siebzehn Jahre. Das waren seine besten Jahre. Ab 130 Jahren begann sein Leben richtig. Davor war er in seinen Wegen noch verdreht, doch seit der Ankunft in Ägypten sieht man einen alten Mann, der zur Ruhe kommt.

Das haben wir auch schon beim letzten Mal betrachtet. In Vers 31, im letzten Satz, heißt es: „Da sprach er: Schwöre mir!“ Und er schwor ihm. Israel betete an am Kopfende des Bettes. Je nachdem, wie man die Konsonanten liest, bedeutet das „am Kopfende des Bettes“ oder „über der Spitze seines Stabes“.

Was ist richtig? Im Hebräerbrief Kapitel 11 haben wir das zuletzt aufgeschlagen: Durch Glauben hat Jakob am Ende seines Lebens über der Spitze seines Stabes angebetet. Das heißt, die Lesung mit dem Stab ist die richtige. Er lag also nicht im Bett. Das Bett wird erst später erwähnt, in Kapitel 48.

Der alte Jakob betet also kurz vor seinem Tod Gott an – über seinem Stab. Das ist sehr schön, denn was für ein Stab ist das? Es ist der Stab, an dem er seit seinem Kampf mit dem Engel des Herrn geht. In 1. Mose 32 hat er mit Gott gerungen. Der Sieg bestand darin, dass er von da an hinkte, schwach wurde. Er musste lernen: „Ich bin stark, wenn ich schwach bin“, weil er ganz auf den Herrn angewiesen war.

Natürlich brauchte er eine Gehhilfe. Als Hirte hatte er sowieso einen Hirtenstab. Das ist der lange Stab, mit dem man die Herde auf Distanz führen kann, ohne sie zu schlagen. Er dient dazu, die Schafe zu leiten.

Dieser Stab wurde auch über dem Eingang des Schafhofes gehalten, wenn man zurückkam. Die Schafe wurden einzeln gezählt, jedes Mal, wenn man unter dem Stab durchging: eins, zwei, achtundneunzig, neunundneunzig. Wenn eines fehlte, ging der Hirte auf die Suche.

Wenn David sagt: „Dein Stecken und dein Stab trösten mich“ (Psalm 23), meint er den Stecken, den der gute Hirte verwendet, um Feinde abzuwehren. Satan versucht ständig, unser Glaubensleben zu stören und uns Angst einzujagen, wie ein brüllender Löwe. Doch wir haben einen guten Hirten, der uns schützt.

Wir dürfen wissen: Wenn wir uns einsam fühlen, sind wir es nicht. Er hat uns gezählt. Über diesem Zählstab betet Jakob an. Wir werden gleich noch auf dieses Thema zurückkommen, wie Gott als der gute Hirte ihn geführt hat, in Kapitel 48. Das war nur eine kleine Andeutung, auf der wir dann aufbauen.

Jakob hatte noch einen besonderen Wunsch an Josef. In Vers 29 ruft er ihn speziell. Was möchte er von ihm? Dass er ihn mitnimmt, damit er bei seinen Vätern begraben wird. Nicht dass Josef ihn mitnimmt, sondern dass er seinen Leichnam ins Land Israel führt und dort begräbt.

Im Vers 29 heißt es: „Begrabe mich doch nicht in Ägypten, wenn ich bei meinen Vätern liegen werde. So führe mich aus Ägypten und begrabe mich in ihrem Grab.“ Später, in 1. Mose 50, stirbt Jakob, und er wird überführt nach Kanaan. Nicht sofort, sondern beim Auszug aus Ägypten.

Beim Auszug wurden die Gebeine von Josef mitgenommen. Sie kamen nach Sichem, wo sich Josefs Grab befindet. Dieses Grab wurde mehrfach von Palästinensern verbrannt. Sie haben bis heute einen Hass auf dieses Grab, und es wird immer wieder geschändet – erst vor kurzer Zeit zuletzt.

Dorthin wollte Joseph begraben werden. Das geschah tatsächlich beim Auszug aus Ägypten, als die Gebeine mitgenommen wurden. Darauf werden wir später noch näher eingehen.

Jakob wurde nach seinem Tod und der Trauer in Ägypten überführt, bereits ins Land Kanaan, nach Hebron, zur Grabstätte in der Höhle Machpela. Dort waren auch Sarah und Abraham begraben.

Warum wollte er nicht in Ägypten bleiben und dort begraben werden? Weil Gott Kanaan versprochen hatte. Er wusste um die Verheißung Gottes an Abraham, Isaak und auch an ihn selbst: Die Nachkommen würden das Land Kanaan bekommen, nicht Ägypten.

Darum wollte er auch im Land der Verheißung begraben sein. Das zeigt seinen Glauben und auch seinen Glauben daran, dass Israel einmal aus Ägypten ausziehen und ins verheißene Land gehen würde.

Joseph musste einen Schwur ablegen, dass er diesen Wunsch erfüllen würde. Das geschah in 1. Mose 47, Vers 29. Der Schwur war ziemlich speziell: Hand an die Hüfte.

Das ist die heikle Stelle, an der Jakob hinkt, weil seine Sehne verletzt wurde (1. Mose 32). Joseph musste diese Stelle berühren. Das erinnerte Jakob an sein frühes Versagen, doch auch daran, wie er lernen musste, nicht mit eigener List, sondern mit Vertrauen auf Gottes Wege zu handeln.

Im Blick auf sein Begräbnis und seine Auferstehung im Land Kanaan wollte Jakob, dass Joseph ihm das verspricht. Dabei berührte Joseph die heikle Stelle an Jakobs Hüfte.

Begegnung Jakobs mit Joseph und seinen Enkeln in Kapitel 48

Wir gehen weiter in Kapitel 48.

Und es geschah nach diesen Dingen, dass man Joseph sagte: Siehe, dein Vater ist krank. Er nahm daraufhin seine beiden Söhne, Manasse und Ephraim, mit sich.

Man berichtete Jakob und sprach: Siehe, dein Sohn Joseph kommt zu dir. Israel machte sich stark und setzte sich auf im Bett.

Jakob sprach zu Joseph: Gott, der Allmächtige, erschien mir in Luz im Land Kanaan. Er segnete mich und sprach zu mir: Siehe, ich will dich fruchtbar machen und dich mehren. Ich will dich zu einer Schar von Völkern machen und dieses Land deinem Nachkommen nach dir zum ewigen Besitztum geben.

Nun aber sollen deine beiden Söhne, die dir im Land Ägypten geboren wurden, ehe ich zu dir nach Ägypten kam, mein sein. Ephraim und Manasse sollen mein sein wie Ruben und Simeon. Deine Nachkommen, die du nach ihnen gezeugt hast, sollen dein sein. Nach dem Namen ihrer Brüder sollen sie genannt werden in ihrem Erbteil.

Denn ich, als ich aus Paddan kam, starb Rahel bei mir im Land Kanaan auf dem Weg, als noch eine Strecke Landes war, um nach Ephrat zu kommen. Ich begrub sie dort auf dem Weg nach Ephrat. Das ist Bethlehem.

Israel sah die Söhne Josefs und sprach: Wer sind diese? Josef antwortete seinem Vater: Das sind meine Söhne, die Gott mir gegeben hat. Da sprach er: Bring sie doch zu mir her, dass ich sie segne.

Die Augen Israels aber waren sehr schwer vor Alter, und er konnte nicht sehen. Er führte sie näher zu sich, küsste sie und umarmte sie.

Israel sprach zu Josef: Ich hatte nicht gedacht, dein Angesicht zu sehen, und siehe, Gott hat mich so gar deinen Nachkommen sehen lassen.

Josef führte sie von seinen Knien weg und beugte sich auf sein Gesicht zur Erde nieder. Dann nahm Josef beide, Ephraim mit seiner rechten Hand zur Linken Israels und Manasse mit seiner linken zur Rechten Israels, und führte sie näher zu ihm.

Israel streckte seine rechte Hand aus und legte sie auf das Haupt Ephraims. Ephraim war der Jüngere. Seine linke Hand legte er auf das Haupt Manasses. Er legte seine Hände absichtlich so, denn Manasse war der Erstgeborene.

Er segnete Joseph und sprach: „Der Gott, vor dessen Angesicht meine Väter Abraham und Isaak gewandelt sind, der Gott, der mich geweidet hat, seitdem ich bin, bis auf diesen Tag, der Engel, der mich erlöst hat von allem Bösen, segne die Knaben!

In ihnen werde mein Name genannt und der Name meiner Väter Abraham und Isaak. Sie sollen sich mehren zu einer Menge inmitten des Landes.“

Als Joseph sah, dass sein Vater seine rechte Hand auf das Haupt Ephraims legte, war es ihm übel, und er fasste die Hand seines Vaters, um sie vom Haupt Ephraims wegzutun und auf das Haupt Manasses zu legen.

Joseph sprach zu seinem Vater: Nicht so, mein Vater! Denn dieser ist der Erstgeborene. Lege deine rechte Hand auf sein Haupt!

Doch sein Vater weigerte sich und sprach: Ich weiß es, mein Sohn, ich weiß es! Auch er wird zu einem großen Volk werden und auch er wird groß sein. Aber doch wird sein jüngerer Bruder größer sein als er, und seine Nachkommenschaft wird eine Fülle von Nationen werden.

Er segnete sie an jenem Tag und sprach: In dir wird Israel segnen und sprechen: „Gott mache dich wie Ephraim und wie Manasse!“

Er setzte Ephraim vor Manasse.

Israel sprach zu Joseph: Siehe, ich sterbe, und Gott wird mit euch sein und euch in das Land eurer Väter zurückbringen. Ich gebe dir einen Landstrich über deine Brüder hinaus, den ich aus der Hand der Amoriter genommen habe, mit einem Schwert und mit meinem Bogen.

Jakob rief seine Söhne und sprach: Versammelt euch, und ich will euch verkünden, was euch in künftigen Tagen begegnen wird.

Kommt zusammen und hört, ihr Söhne Jakobs, und hört auf Israel, euren Vater.

Jakobs Segen über seine Söhne und die Bedeutung des Erstgeburtsrechts

Wir merken, wie oft in diesem Kapitel von Segen die Rede ist. Es geht weiter in Kapitel 49, wo Jakob, im Sterben liegend, den Segen über jeden der zwölf Söhne ausspricht. Diese Söhne sollten die Stammväter der zwölf Stämme Israels werden.

Jakob, der in seinem Leben durch seinen Ungehorsam und Eigensinn viel Schmerz und Fluch erfahren hat, lebt nun in Ägypten. Besonders am Ende dieser siebzehn Jahre erlebt er einen geistlichen Höhepunkt. Es ist sehr schön zu sehen, wie ein alter Mann in seiner Beziehung zur Familie wirkt. Er hat nicht nur eine Beziehung zu Joseph, sondern auch zu seinen Söhnen.

Obwohl er ganz blind ist, ist das sehr bewegend, besonders in Vers 10. Dort heißt es: „Die Augen Israels aber waren schwer vor Alter, er konnte nicht sehen.“ Trotzdem führt er seine Söhne näher zu sich, küsst und umarmt sie. Trotz seiner Blindheit hat er ein Herz für seine Enkel, die er so umarmt und küsst. Er war zu diesem Zeitpunkt blind, aber geistlich hat er nie so klar gesehen wie jetzt.

Wir finden auch andere Beispiele: Ein alter Mann, blind mit den natürlichen Augen, aber auch geistlich blind – wie Eli, der Hohepriester. Das ist traurig, denn es kann beides zusammen sein. Bei Jakob jedoch waren die Augen erblindet, aber der geistliche Durchblick war wunderbar.

Er konnte auch erkennen, dass die beiden Söhne von Joseph einen besonderen Segen erhalten sollten. Joseph führt seine beiden Söhne zu Großvater Jakob. Einen stellt er rechts, so dass er links vom Großvater ist, und den anderen links, damit er rechts vom Großvater sitzt – entsprechend der Rangordnung des Erstgeborenen rechts.

Doch Jakob, obwohl blind, kreuzt die Arme und segnet anders. Welcher Maler hat diese Szene dargestellt? Ein ganz berühmtes Bild von Rembrandt zeigt genau diesen Moment. Jakob wusste genau: Nein, der Erstgeborene wird nach Gottes Plan nicht das Erstgeburtsrecht erhalten, sondern der Jüngere. Das erinnerte ihn natürlich an sich selbst, denn er war der Jüngere von Zwillingen, der nach Esau geboren wurde. Gott hatte ihm im Vorfeld gesagt, dass der Jüngere das Erstgeburtsrecht bekommen sollte.

Gott kann souverän wählen. Jakob meinte, er müsse nachhelfen, indem er seinen Vater brutal täuschte. Das war der Beginn einer elenden Zeit von Jahrzehnten voller Leiden, die er nie hätte durchmachen müssen. Jakob legte seinen Vater so bösartig rein. Er dachte, Gott habe gesagt: „Ich bin der Erstgeborene.“ Damals war Isaak wirklich da und wollte Esau sehen. Jakob musste jetzt handeln, falls Gott nicht eingreifen würde.

Doch Gott griff nicht ein. Jakob sah nichts, was die Katastrophe hätte abwenden können. Aber sie wäre abgewendet worden. Den Betrug von Jakob brauchte Gott nicht. Rückblickend dachte Jakob: „Ich hätte einfach vertrauen müssen.“ Joseph sieht das anders. In Vers 17 heißt es, dass es übel in seinen Augen war. Wir finden keine Sünde von Joseph in dieser Geschichte. Das bedeutet nicht, dass er sündlos war. Auch er musste sich bekehren wie alle anderen, die errettet werden.

Aber es wird die Beständigkeit der Treue dargestellt. Natürlich hat Joseph auch versagt, wie Jakobus schreibt: „Seid nicht viele Lehrer, denn wir alle straucheln oft“ (Jakobus 3,1). Doch Gott sah das Leben eines treuen und beständigen Dieners. Das Einzige, worin Joseph sich irrte, war, dass er meinte: „Es sollte anders sein.“ Sein blinder Vater sagte in Vers 19: „Ich weiß es, mein Sohn, ich weiß es.“ Jakob war überzeugt und wusste genau, was Gottes Wille war.

Joseph konnte es kaum glauben, akzeptierte es aber. Nun ist Jakob ganz erstaunlich. Er ist krank, und es wird klar, dass er bald sterben wird. Joseph wird informiert: „Dein Vater ist krank.“ Joseph kommt mit seinen beiden ersten Söhnen – Manasse und Ephraim – zu ihm. Joseph hatte noch weitere Kinder in Ägypten, aber diese beiden nimmt er mit.

Was passiert mit dem kranken Mann? Er wird stark. Das gibt ihm Kraft. Joseph war für ihn der so wichtige Sohn, den er Jahrzehnte verloren hatte. Nun durfte er ihn wiedersehen und sogar seine Enkel erleben. Als Joseph kommt, bekommt Jakob neue Energie und kann sich im Bett aufsetzen.

Dann spricht Jakob zu Joseph, in Gegenwart der beiden Enkel, wie Gott damals in Bethel zu ihm gesprochen hatte. Das war die Zeit, als er seinen Vater betrogen hatte und fliehen musste. Dort offenbarte sich Gott ihm erneut, und diesen Segen gibt Jakob nun an die nächsten Generationen weiter.

In Vers 3 sagt Jakob zu Joseph: „Gott, der Allmächtige, erschien mir in Luz im Land Kanaan und segnete mich. Er sprach zu mir: Siehe, ich will dich fruchtbar machen und dich mehren, dich zu einer Schar von Völkern machen. Ich will dieses Land deinem Nachkommen nach dir zum ewigen Besitztum geben. Nun sollen deine beiden Söhne, die dir im Land Ägypten geboren wurden, mein sein. Ephraim und Manasse sollen mein sein wie Ruben und Simeon.“

Jakob erzählt, wie Gott damals zu ihm sprach – freundlich, obwohl er versagt hatte. Es war kein einfacher Fehler, sondern wirklich schlimm. Trotzdem hat Gott ihn nicht fallen lassen. Er gab ihm die Zusage, dass der Segen, den Gott Abraham versprochen hatte, für die Linie bestehen bleibt. Nicht der verdiente, sondern der versprochene Segen.

Jakob wird fruchtbar sein, sich mehren und zu einem Volk werden – zu vielen Völkern, den zwölf Stämmen. Zudem gibt Gott die Zusage, das Land Kanaan als ewiges Besitztum. Deshalb war es Jakob so wichtig, in Kanaan begraben zu werden – das Land, das Gott ihm in Bethel versprochen hatte.

Nun sieht er Joseph und dessen Enkel Ephraim und Manasse. Er hat einen eigenartigen Wunsch: Er adoptiert die Enkel. Das ist ungewöhnlich, aber Jakob hatte den Durchblick.

Wer war der Erstgeborene? Ruben, der Zweitgeborene? Simeon. Ruben hatte Ehebruch mit einer der Frauen seines Vaters begangen – eine schreckliche Tat. Deshalb enterbte ihn Jakob, und er sollte das Erstgeburtsrecht nicht erhalten. Auch Simeon erhielt es nicht.

Wer sollte das Erstgeburtsrecht bekommen? Der Erstgeborene von Rahel, Joseph. Der Anteil des Erstgeborenen war das doppelte Erbe. Das steht in 5. Mose 21,17. Dort geht es um das Erbrecht: Der Erstgeborene hat Anspruch auf das doppelte Erbe. In unserem heutigen Recht ist das nicht so, aber in der Bibel war es üblich. Dieses Recht konnte aber auch entzogen werden.

Hier sehen wir, dass Ruben es wegen seiner Sünde verlor, und das doppelte Erbe Joseph gegeben wurde. Deshalb war es Jakob so wichtig, dass Joseph diese zwei Söhne hatte, Ephraim und Manasse, die er adoptierte, damit sie quasi zwei Stämme werden.

Wenn später das Land Kanaan verteilt wird, soll der Stamm Joseph als zwei Stämme gezählt werden: Ephraim und Manasse erhalten jeweils ein Stammesgebiet. Das erfüllte sich in der Heilsgeschichte.

Das Erstgeburtsrecht beinhaltete nicht nur das doppelte Erbe, sondern auch den Priesterdienst. Im Buch Hiob sehen wir, dass der Vater in der Familie den Priesterdienst versah und Opfer für seine Kinder brachte. Wenn der Vater nicht da war, übernahm der Älteste diese Aufgabe – beten und priesterlichen Dienst tun.

Der Erstgeborene hatte auch die Aufgabe, die Eltern in der Erziehung zu unterstützen und die Führung der jüngeren Geschwister zu übernehmen. Ich selbst war ab zehn Jahren ohne Vater. Meine älteste Schwester hat mich erzogen, und ich bin ihr bis heute dankbar. Sie hat meine Mutter unterstützt.

Nun sehen wir, wie das Erstgeburtsrecht verteilt wurde: Joseph erhielt das doppelte Erbe, aber das Priestertum erhielt der Stamm Levi. Die Herrschaft über die Brüder erhielt der Stamm Juda. Aus Juda sollte später der Messias kommen.

Wir werden das noch in einer weiteren Folge betrachten, in 1. Mose 49. Wer kommt aus Juda? Der Herr Jesus, der Messias, Schilo, der Ruhe- und Friedensbringer.

So sieht man die heilsgeschichtlichen Pläne. Jakob verstand genau, dass er die beiden Enkel adoptieren musste. Der blinde Jakob hatte den größten Durchblick, sogar mehr als sein Sohn Joseph, der einen geistlichen Durchblick hatte.

Jakob berichtet nicht nur, wie Gott zu ihm gesprochen hatte, sondern auch, wie er aus Paddan-Aram zurückkam, nach vielen Schmerzen und Nöten im Ausland. Dann kam er nach Kanaan zurück, und Rahel starb. Das war eine schlimme Wende in Jakobs Leben, da Rahel die Frau war, die er eigentlich heiraten wollte.

Sie starb bei Bethlehem. Von diesem Ort, an dem Jakob einen Tiefschlag erlebte, sollte später der Retter kommen – aus Bethlehem Ephrata.

In Vers 8 heißt es: „Wer sind diese?“ Jakob war blind und konnte die Enkel nicht erkennen. Er sah nur, dass Personen da waren. Er fragte: „Wer sind diese?“ Joseph antwortete: „Das sind meine Söhne, die Gott mir hier gegeben hat.“ Diese Enkel wurden nicht in Kanaan geboren, wie die anderen Stämme, sondern in Ägypten. Durch die Adoption erhielten sie denselben Rang wie die Stämme mit Ursprung in Kanaan.

Joseph sagt: „Das sind meine Söhne, die Gott mir hier gegeben hat.“ Das fasst 1. Mose 41,51-52 zusammen. Nach all den Nöten hätte Joseph denken können, er werde nie heiraten. Er war Sklave, dann jahrelang im Gefängnis. Doch dann kam der Tag, an dem er Asenat bekam. Gott gab ihm eine Frau und zwei Söhne.

Den ersten nannte er Manasse, was „Vergessen“ bedeutet. Joseph sagte: „Ich will all das, was ich früher Trauriges erlebt habe, vergessen.“ Das war eine bewusste Entscheidung. Vergessen ist nicht automatisch, man kann Dinge ablegen und loslassen.

Den zweiten Sohn nannte er Ephraim, was „doppelte Fruchtbarkeit“ bedeutet. Er sagte: „Ich habe einen Sohn bekommen, jetzt einen zweiten, ich bin doppelt fruchtbar. Der Herr ist gut zu mir.“

Dann werden die Enkel umarmt und gesegnet. Zum Schluss spricht Jakob über Gott in Vers 15 und 16: Er segnet Joseph und sagt: „Der Gott, vor dessen Angesicht meine Väter Abraham und Isaak gewandelt sind, der Gott, der mich geweidet hat, seitdem ich bin bis auf diesen Tag, der Engel, der mich erlöst hat von allem Bösen, segne die Knaben. In ihm werde mein Name genannt und der Name meiner Väter Abraham und Isaak, und sie sollen sich mehren zu einer Menge im Land.“

Es ist wunderbar, wie Jakob Gott beschreibt und dabei die Gottesnamen nennt. „Der Gott, vor dessen Angesicht meine Väter Abraham und Isaak gewandelt sind“ – das bedeutet, dass diese Vorbilder ein Leben führten, in dem ihnen bewusst war, ständig von Gott gesehen zu werden. Sie lebten „vor dessen Angesicht“.

Jakob nennt diesen Gott auch „der mich geweidet hat“. Was bedeutet das? Es ist der gute Hirte. Jakob sieht sich als Schaf, das von Gott geführt wurde, auch wenn es viele Irrwege gegangen ist. Doch dieser Gott hat ihn geführt, seit seiner Geburt bis heute.

So müssen auch wir sehen, wie Gott uns geführt hat – nicht erst ab der Bekehrung, sondern schon vom Mutterleib an. Paulus sagt, dass er von Gott „abgesondert“ wurde, von Mutterleib an. Erst später bekehrte er sich, aber schon vorher war Gottes Führung da.

Jakob nennt Gott auch „den Engel“. Auf Hebräisch heißt Engel „Malach“, was „Gesandter“ bedeutet. Engel sind dienstbare Geister, die Gott für Aufgaben sendet (Hebräer 1,14). Hier wird Gott selbst als „Malach“ bezeichnet, also als Gesandter. Das bedeutet, die Erzväter kannten Gott als dreieinigen Gott – nicht erst im Neuen Testament.

Jakob sprach schon früher mit Gott, der sich als Engel offenbarte. In 1. Mose 32,11 sagt Jakob: „Der Engel Gottes sprach im Traum zu mir.“ Der „Malach Elohim“, der Gesandte Gottes, sagt: „Ich bin der Gott von Bethel, wo du ein Denkmal gesalbt hast und mir ein Gelübde getan hast.“

Dieser Gesandte ist der Gott von Bethel. In 1. Mose 28,13 offenbart sich dieser Gott als Yahweh, der ewig seiende, unwandelbare Gott Abrahams und Isaaks.

So ist der Engel und Gesandte zugleich Gott, der Gott von Bethel, Yahweh, der Ewige. Er ist Gesandter von Yahweh. Mit anderen Worten segnet Jakob in 1. Mose 48 im Namen Jesu, des Sohnes Gottes. Er ist der Gesandte, der gute Hirte, der Gott, der Jakob geweidet hat.

Diese Gotteserkenntnis ist erstaunlich. Die Erzväter kannten Gott als Dreieinigen Gott. Vor kurzem wurde ich gefragt, ob ich eine Debatte mit einem Rabbi zum Thema Dreieinigkeit Gottes im Alten Testament führen würde. Das wäre ein gutes Thema, denn die Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob kannten Gott so.

Der Gott Israels ist ein Dreieiniger Gott. Die Schrift offenbart das bereits im Alten Testament. Damit schließen wir hier ab. Und noch Zankwarte.

Vielen Dank an Roger Liebi, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!

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