
Wir kommen jetzt zu 2. Samuel 15, im Anschluss an das, was wir heute Morgen gesehen haben. Ich lese nochmals den letzten Vers des Kapitels 14:
Da begab sich Joab zum König und berichtete es ihm, und er rief Absalom. Und er kam zum König und warf sich auf sein Gesicht zur Erde nieder vor dem König, und der König küsste Absalom.
Alles ist inszeniert mit betrügerischen Geschichten. Es sieht so aus wie die Geschichte vom verlorenen Sohn. Wir schlagen dazu Lukas 15 auf.
Der verlorene Sohn endet schließlich bei den Schweinetrögen. Dort lesen wir in Lukas 15, Vers 17: „Als er aber zu sich selbst kam“. Er war wie jemand, der bewusstlos war. Jetzt kommt er zu sich selbst, jetzt kann er plötzlich wieder denken.
Er spricht: „Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben Überfluss an Brot, ich aber komme hier um vor Hunger. Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und will zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen; mache mich wie einen deiner Tagelöhner.“
Das ist sein Beschluss. Einen solchen Beschluss hat Absalom nie gefasst in Gesur, im heutigen Syrien.
In Vers 20 heißt es: „Und er machte sich auf und ging zu seinem Vater.“ Also nicht nur die Überlegung: „Ich will das jetzt, ich will umkehren“, sondern er macht es auch. Es gibt Leute, die beschließen, sich zu bekehren, und bekehren sich dann doch nicht. Dann ist es so, dass man sich fast bekehrt.
Meine Kinder haben mir das beigebracht, das habe ich schon ein paarmal erzählt: Wenn sie dumme Sachen machten, dann habe ich gesagt, „Jetzt wäre fast was geschehen“. Und sie erklärten mir: „Fast ist überhaupt nicht.“ Das kommt jetzt auch zurück.
Ich war beim Autofahren, wenn man erwachsene Kinder hat, die denken, sie können jetzt besser fahren als der Vater, auch wenn sie Stunden bei ihm genommen hatten. Sie erklären dann: „Also jetzt wäre ja fast…“ Aber fast ist überhaupt nicht.
Und eben: Fast bekehrt ist überhaupt nicht bekehrt, das muss man wissen.
Darum heißt es hier in Vers 20: „Und er machte sich auf und ging zu seinem Vater.“ Als er aber noch fern war, sah ihn sein Vater und wurde innerlich bewegt. Er lief hin, fiel ihm um den Hals und küsste ihn sehr.
Die Fußnote der Elberfelder Bibel erklärt: „küsste ihn sehr“ heißt oft oder zärtlich.
Der Sohn aber sprach zu ihm: „Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin nicht mehr würdig, deinen Sohn zu heißen.“
Der Vater aber sprach zu seinen Knechten: „Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an; einen Ring an seine Hand und Sandalen an seine Füße. Bringt das gemästete Kalb her und schlachtet es. Und lasst uns essen und fröhlich sein, denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden, war verloren und ist gefunden worden.“
Und sie fingen an, fröhlich zu sein.
Das ist etwas ganz anderes als die Geschichte von dem verlorenen Sohn, der zurückkehrt, ohne umzukehren.
Wenn man sich überlegt, wie Kapitel 14 endet – der König küsste Absalom – führt uns das zum nächsten Kapitel mit dem Umsturz. Absalom stürzt seinen Vater.
Vers 1 Und es geschah danach, dass sich Absalom Wagen und Pferde sowie fünfzig Mann schaffte, die vor ihm herliefen. Absalom machte sich früh auf und stellte sich an die Seite des Torweges.
Es geschah, dass jeder Mann, der einen Rechtsstreit hatte, um zum König zu Gericht zu kommen, von Absalom gerufen wurde. Er fragte: „Aus welcher Stadt bist du?“ Und wenn der Mann antwortete: „Dein Knecht ist aus einem der Stämme Israels“, sprach Absalom zu ihm: „Siehe, deine Sache ist gut und recht, aber du hast vonseiten des Königs niemanden, der sie anhört.“
So passte er die Leute ab und verleumdete seinen Vater auf wirklich schmutzige Weise. Er gab den Leuten sofort Recht, obwohl dies erst vor Gericht geklärt werden sollte, ob sie Recht hatten oder nicht. Er sagte: „Die Sache ist recht, aber leider wirst du bei diesem König kein Gehör finden.“
Absalom sprach weiter: „Wer mich doch zum Richter setzte im Land, dass jedermann zu mir käme, die einen Rechtsstreit und Rechtshandel haben, und ich würde ihm zu seinem Recht verhelfen.“
Wenn jemand an ihn herantrat, um sich vor ihm niederzubeugen, streckte er die Hand aus, ergriff ihn und küsste ihn. Er küsste die Leute und zeigte ihnen eine Zuneigung, die er gar nicht hatte. Es ging nur um ihn.
Absalom tat dies allen Israeliten, die zum König zu Gericht kamen. So stahl er das Herz der Männer von Israel. Was macht er? Das ist eine Art Seelsorge, die er betreibt. Er kümmert sich um die Leute und zeigt Mitgefühl – man nennt das Empathie – für ihre Probleme. Doch sein Ziel ist, mit dieser Empathie die Leute vom Vater wegzuziehen.
Das ist nicht nur ein Phänomen von vor 3000 Jahren. Auch heute kann es in einer Gemeinde vorkommen, dass jemand durch Seelsorge die Gemeindeleitung ausschaltet und die Leute auf seine Seite zieht.
Dieses Prinzip ist die Gefahr, vor der der Apostel Paulus warnte. Er spricht zu den Ältesten von Ephesus in Apostelgeschichte 20 und sagt, nachdem er eine intensive Aufbauarbeit in der Gemeinde von Ephesus geleistet hatte: „Ich weiß, dass nach meinem Abschied reißende Wölfe zu euch hineinkommen werden, die die Herde nicht verschonen“ (Apostelgeschichte 20,29).
Das ist eine Gefahr von außen. Paulus sagt aber auch, dass es eine Gefahr von innen gibt. Die Gefahr von außen hätte man durch gutes Prüfen noch abweisen können, wenn sie gekommen wäre. Aber die Gefahr war schon drin.
Er sagt nämlich: „Und aus euch selbst werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger abzuziehen hinter sich her“ (Apostelgeschichte 20,30).
Paulus benutzt nicht einmal den starken Ausdruck „Irrlehren verkündigen“, sondern spricht nur von „verkehrten Dingen“. Das klingt schwächer, aber verkehrte Dinge sind auch sehr schädlich für die Gemeinde. Sie können Menschen hinter sich herziehen.
Dann sagt Paulus: „Darum wacht und denkt daran, dass ich drei Jahre lang Nacht und Tag mit Tränen jeden Einzelnen ermahnt habe“ (Apostelgeschichte 20,31).
Genau das macht Absalom. Er stiehlt die Herzen und missbraucht seine Pseudo-Seelsorge.
Und dann lesen wir in Vers 7: „Und es geschah am Ende von vierzig Jahren, da sprach Absalom zum König: ‚Lass mich doch hingehen und in Hebron mein Gelübde erfüllen, das ich dem Herrn gelobt habe.‘“ Oh, ist das ein gottseliger Mann, der dem Herrn ein Gelübde versprochen hat – in Hebron.
Zu Hebron hatte er natürlich eine besondere Beziehung. Schauen wir in 2. Samuel 3,2: „Und es wurden David Söhne in Hebron geboren, sein Erstgeborener war Amnon von Achinoam der Israelitin, und sein zweiter Kiliab von Abigail, der Frau Nabals des Karmelitters, und der dritte Absalom, der Sohn Maakas, der Tochter Thalmas, des Königs von Gesur“ usw. (Schluss von Vers 5: „Diese wurden David in Hebron geboren.“)
Hebron war der Geburtsort von Absalom. So hatte er schon einmal eine emotionale Beziehung zu Hebron. Gleichzeitig war es auch der Ort, an dem sein Vater die ersten Königsjahre verbracht hatte. Hebron war die Hauptstadt in den ersten siebeneinhalb Jahren der Regierung von König David.
Er hatte also nicht nur selbst eine Beziehung zu Hebron, sodass er sagen konnte: „Ich will in Hebron mein Gelübde erfüllen.“ Wenn er das seinem Vater sagte, bedeutete das für ihn: „Oh, das war der Anfang. Da war die Wende. Der Herr hat mich aus der Hand von Saul und allen seinen Feinden gerettet“, wie es im Psalm 18, Anfang steht. Dann begann diese neue Zeit. Alle Verfolgung und all der Druck waren vorbei in Hebron.
Natürlich war das auch der Ort, wo Vater Abraham zur Ruhe kam. Es war in 2. Mose 13, nach seinem falschen Weg nach Ägypten und seiner Rückkehr nach Bethel und Ai. Dann kam die ganze Sache, dieser Streit zwischen den Hirten Lots und denen Abrahams. Es kam dort zu einer Trennung, die schon längst hätte sein müssen. Abraham hätte ja nie Lot mitnehmen sollen aus Ur in Chaldäa. Er sollte ja aus der Verwandtschaft ausziehen.
Jetzt kam es zu dieser Trennung, und dann geht Abraham nach Hebron. Dort erscheint ihm der Herr und zeigt ihm seine Verheißungen des Landes. Also war Hebron ein wichtiger Ort, wo Vater Abraham, man kann sagen, zur Ruhe kam. Er war dort unter den Terbentern in Hebron zuhause.
Ja, da geht Absalom hin.
Vers 8: „Denn als ich in Gesur in Syrien wohnte, tat ein Knecht ein Gelübde und sprach: ‚Wenn der Herr mich wirklich nach Jerusalem zurückbringt, so will ich dem Herrn dienen.‘“ Oh, das klingt ja ganz wie Vater Jakob. Er war damals Hals über Kopf aus familiären Problemen geflohen. Sein Bruder Esau wollte ihn umbringen, und da flüchtete er über Gesur hinaus, bis ins Aramäerland noch weiter im Norden. Dort in Bethel hatte Jakob auch versprochen: „Herr, wenn du mich wieder zurückbringst...“
Ich weiß, da sind viele Anspielungen drin. Hier tut Absalom so, als ob er in Gesur im Exil den Herrn gebeten hätte: „Wenn du mich wieder zurückbringst nach Jerusalem, dann möchte ich wirklich ein Diener des Herrn sein.“ Vater David durchschaut nichts. Er hätte sich sagen müssen: „Jetzt ist es komisch, so ist ja mein Sohn gar nicht. Und jetzt plötzlich wird er so geistlich, wirklich hochgeistlich.“ Er merkt, dass etwas nicht stimmt. Das ist gespielt, das ist nicht echt – aber er merkt es nicht.
Vers 9: „Und der König sprach zu ihm: ‚Geh hin in Frieden!‘“ In Shalom! Ja, Absalom heißt ja Av Shalom, der Vater ist Friede, ist Shalom. Und der Vater wünscht ihm wirklich, obwohl er es gar nicht verdient hat, den Frieden Gottes: „Geh hin in Frieden!“
Dann machte er sich auf und ging nach Hebron. Absalom sandte Kundschafter in alle Stämme Israels und ließ sagen: „Sobald ihr den Schall der Posaune hört, so spricht Absalom: ‚Ist König geworden in Hebron.‘“ Mit Absalom gingen zweihundert Mann aus Jerusalem. Sie waren geladen worden.
Das will sagen: Er wollte in Hebron ein besonderes Opferfest feiern, mit Friedensopfer, bei dem die Eingeladenen dann vom Friedensopfer essen durften. Wenn man sich überlegt, was das bedeutet: Das Friedensopfer spricht ja von dem Herrn Jesus, der Frieden gemacht hat durch das Blut seines Kreuzes (Kolosser 1,20). Beim Friedensopfer durfte man einen Teil essen, und ein Teil wurde für Gott verbrannt. Nicht nur der, der opferte, aß, sondern auch alle, die er eingeladen hatte.
Das war also Gemeinschaft untereinander und Gemeinschaft mit Gott – Gemeinschaft horizontal und vertikal. Und all seine bösen Pläne werden da mit solchen Dingen zugedeckt.
Also gingen 200 Mann aus Jerusalem, sie waren geladen worden, und gingen in ihrer Einfalt. Sie haben auch nicht überlegt: „Was steckt dahinter?“ Sie waren nicht informiert. Sie gingen einfach weiter ihm nach, ohne viel zu denken. Sie wussten von nichts.
Absalom ließ Ahithophel, den Giloniter, den Ratgeber Davids, aus seiner Stadt Gilo kommen, während er die Opfer schlachtete. Die Verschwörung wurde stark, und das Volk bei Absalom wurde immer zahlreicher.
Ahitophel war ein sehr wichtiger Ratgeber für David, und zwar weil dieser Mann unglaublich intelligent war. Wir haben schon einige kluge Leute kennengelernt. In einem Kapitel nach dem anderen wird von klugen Menschen gesprochen. So hatten wir in Kapitel 13 Jonadab, den Vetter, den Cousin von Amnon. In Kapitel 14 begegnet uns eine kluge thekoitische Frau, die von Joab eingesetzt wurde. Nun haben wir einen weiteren sehr gescheiten Mann, Ahitophel.
Um einen Eindruck davon zu geben, was dieser Mann auf dem Kasten hatte, lesen wir in 2. Samuel 16,23: „Der Rat Ahitophels, den er in jenen Tagen gab, war wie wenn man das Wort Gottes befragte.“ So war jeder Rat Ahitophels sowohl für David als auch für Absalom von großer Bedeutung. Unglaublich, wie gescheit er war. Die Leute fanden, wenn er etwas sagte, dann war das fast so zuverlässig wie die Bibel.
Das bedeutet aber nicht, dass das, was er sagte, tatsächlich mit der Bibel übereinstimmte. Absalom wusste, dass man Ahitophel nicht zu seinen Gunsten beeinflussen konnte. Und genau das würde auch gelingen. Dieser Mann war eine tödliche Gefahr für David, weil er Ideen hatte, wie man David wirklich aus der Welt schaffen könnte.
Woher kommt das? Ich habe gesagt, damit die Erkenntnis sich mehrt, muss man hin und her gehen (vgl. Daniel 11 und 12). Jetzt gehen wir zurück zu 2. Samuel 11, zu dieser schrecklichen Geschichte mit Bathseba. Von Bathseba erfahren wir in Vers 3: „Und David sandte hin und erkundigte sich nach der Frau, und man sprach: Ist das nicht Bathseba, die Tochter Eliams, die Frau Urias des Hethiters?“
Bathseba war die Tochter von Eliam. Nun müssen wir wieder vorwärts blättern, und zwar zu 2. Samuel 23, Vers 34. Dort geht es um die dreißig Helden, und mitten im Text lesen wir: „Elifelet, der Sohn Achasbeis, des Sohnes des Makathiters“ und dann „Eliam, der Sohn Ahitophels, der Giloniter.“
Eliam, der Vater von Bathseba, war der Sohn von Ahitophel. Folglich war Bathseba die Enkelin von Ahitophel. Was musste das für den Großvater für ein Erlebnis sein, dass David die Ehe seiner Enkelin zerstört hatte? Uriah wurde umgebracht, und Ahitophel trug tief in seinem Herzen eine Verbitterung, die zu einem tödlichen Hass führte.
Wir werden sehen, dass sein Ziel war, David mit hundertprozentiger Sicherheit, wenn möglich, aus der Welt zu schaffen. Absalom war derjenige, der merkte, was los war. Deshalb wusste er: „Den muss ich jetzt schnappen, dann habe ich diesen Ratgeber auf meiner Seite.“ Nicht unbedingt den Rat des Wortes Gottes, aber einen Rat, der so intelligent war, dass manche Leute meinten, er sei auf der gleichen Stufe wie die Bibel.
Das zeigt die Dramatik in diesen Versen. Nochmals in Vers 12: „Und Absalom ließ Ahitophel, den Giloniter, den Ratgeber Davids, aus seiner Stadt Gilo kommen, während er die Opfer schlachtete. Und die Verschwörung wurde stark, und das Volk bei Absalom wurde immer zahlreicher.“
Immer mehr Menschen wechselten die Seite. Jemand berichtete ihm: „Das Herz der Männer von Israel hat sich Absalom zugewandt.“ Man muss sich vorstellen, was das für David bedeutete. Jetzt erfährt er, dass die Revolution im Gang ist – ein Prozess, der immer schlimmer wird.
Da sprach David zu allen seinen Knechten, die in Jerusalem bei ihm waren: „Macht euch auf und lasst uns fliehen, denn sonst wird es für uns keinen Schutz vor Absalom geben.“ Ja, einst floh Absalom nach Gesur, David holte ihn zurück, und jetzt muss er vor seinem eigenen Sohn fliehen. Das ist etwas vom Bittersten.
Aus der eigenen Familie, der eigene Sohn – man hatte ein Anliegen, ihn zum Herrn zu führen. David war ein Mann Gottes. Natürlich hat er in seinen Vateraufgaben versagt, aber das heißt nicht, dass er immer nur versagt hat. Er hatte ein Anliegen für seine Kinder. Doch dieses Anliegen kam nicht zum Tragen – weder bei Amnon, noch bei Absalom, noch bei Adonia. Nun macht Absalom einen Aufstand, und David muss fliehen, denn sonst wird es für uns keinen Schutz vor Absalom geben.
David wusste, dass Absalom wirklich unnachgiebig ist. Er wollte schnell weggehen, damit Absalom uns nicht rasch erreiche und Unglück über uns bringe. Er würde die Stadt Jerusalem mit der Schärfe des Schwertes schlagen.
Die Knechte des Königs sprachen zum König: „Nach allem, was mein Herr, der König, zu tun erwählen wird – siehe, hier sind deine Knechte.“ Hier sehen wir Untertanen, die David von Herzen loyal waren. Sie sind bereit und sagen: „Wir tun genau das, was du uns sagst und wie wir es tun sollen.“
Der König zog hinaus. Dieses Wort „hinausziehen“ hatten wir schon einmal gehört, zum Beispiel in 2. Samuel 13,39. Dort wurde das Verb „hinausziehen“ richtig übersetzt. Es heißt: „Und dies hielt den König David zurück, nach Absalom auszuziehen.“ Eigentlich wollte David ausziehen, um seinen Sohn als obersten Richter zu bestrafen. Bei Amnon war er einfach zornig und hat nichts unternommen. Aber bei Absalom dachte er darüber nach, dass er müsste. Doch Absalom war weit weg in Gesur bei seinem Großvater, deshalb zog David nicht aus.
Jetzt zieht er aus – aber nicht, um Absalom gerecht zu bestrafen, sondern weil er vor Absalom fliehen muss, da dieser ihn strafen will (2. Samuel 15,16).
Der König zog hinaus, und sein ganzes Haus war in seinem Gefolge. Dann folgt ein ganz eigenartiger Satz: „Und der König ließ zehn Nebenfrauen zurück, um das Haus zu bewachen.“ Wie kommt man auf die Idee, Frauen im Krieg zurückzulassen, damit sie das Haus bewachen? Das geht gar nicht! Sie müssen geschützt werden.
Hier sehen wir, welche Blindheit und welche Fehlentscheidungen aus dieser Blindheit bei David entstanden sind. Er ließ sie zurück, und das wird später zu einer furchtbaren Katastrophe führen.
So zog der König hinaus, und alles Volk war in seinem Gefolge. Sie machten Halt bei einem fernen Haus. Man kann einfach den Namen stehen lassen: Beyt Merchak. Merchak bedeutet „weit weg“. Viele Ortsnamen beginnen mit „Beyt“, wie Beyt Lechem, das „Brothaus“ oder „Haus des Brotes“ heißt. Dieses ist eben Beyt Merchak.
Dort machten sie einen Zwischenhalt. Alle seine Knechte zogen an seiner Seite hinüber. Auch alle Keretiter, alle Peletiter und alle Gaditer – sechshundert Mann, die aus dem Gebiet von Gad in seinem Gefolge waren – zogen vor dem König hinüber.
Keretiter und Peletiter – das waren Menschen aus dem Gebiet des Gazastreifens und der umliegenden Philisterländer. Die Philister werden im Alten Testament als Todfeinde Israels dargestellt. Doch aus diesem Gebiet gab es Leute, die längst die Seiten gewechselt hatten. Sie erkannten, dass nicht Goliath der wahre Mann war, sondern David, der von Gott Erwählte. Deshalb schlossen sie sich David an.
Die Bezeichnung Keretiter leitet sich von den Kretern ab. Die Philister stammen ursprünglich aus der Ägäis, insbesondere von der Insel Kreta. Im 2. Jahrtausend vor Christus wanderten sie aus der Inselwelt in Richtung Ägypten aus. Diese Wanderung wird in 1. Mose 10 und im Buch Amos beschrieben. Schließlich verließen sie Ägypten – allerdings nicht wie die Israeliten durch die Wüste bis zum Jordan und dann ins verheißene Land. Sie nahmen den kürzesten Weg, den sogenannten Weg der Philister, der in 2. Mose 13 erwähnt wird. Das heißt, sie zogen direkt von Ägypten aus am Mittelmeer entlang ins Gebiet des Gazastreifens. Dort wurden sie zu erbitterten Feinden Israels.
Übrigens wurde damals das gerade Schwert eingeführt. Im Nahen Osten waren Schwerter normalerweise gebogen, sogenannte Rundschwerter, mit denen man schlug, nicht stach. Im europäischen Raum hingegen war im 2. Jahrtausend vor Christus das gerade Schwert mit zwei Klingen bekannt. Die Philister brachten diese Neuerung in den Nahen Osten und gewannen dadurch eine enorme militärische Überlegenheit.
Ein kleiner Exkurs: Man denke an die Zeit der Richter. In der frühen Richterzeit, bevor die Philister um 1200 v. Chr. das gerade Schwert einführten, gab es bereits eine ähnliche Geschichte, die in Richter 3 beschrieben ist. Dort heißt es in Vers 15: „Und die Kinder Israel schrien zu dem Herrn, und der Herr erweckte ihnen einen Retter, Ehud, den Sohn Geras, einen Benjaminiter, einen Mann, der linkshändig war.“ Ehud sandte Tribut an Eglon, den König von Moab. Er fertigte sich ein Schwert mit zwei Schneiden, eine Elle lang, und trug es an seiner rechten Hüfte unter dem Waffenrock.
Dieses gerade Schwert war ungewöhnlich, zumal Ehud Linkshänder war. Deshalb konnte er es auf der rechten Seite tragen, obwohl das Übliche war, es links zu tragen, um es zu ziehen. So konnte er das Schwert besser unter seinem Oberkleid verstecken, ohne dass es auffiel. Als er zum König von Moab ging und sagte, er habe ein Wort Gottes an ihn, ließ der König alle anderen hinausgehen, um das geheime Wort allein zu hören. Das war sein Unglück. Ehud zog das Schwert und besiegte den König, wodurch Israel befreit wurde. Diese Geschichte spielt sich nach der biblischen Chronologie im 15. Jahrhundert v. Chr. ab.
Das gerade Schwert wurde jedoch erst durch die Philister um 1200 v. Chr. eingeführt. Zu dieser Zeit waren die Philister ein ständiger, schmerzhafter Stachel für Israel, besonders unter dem Richter Simson. Sie spielten auch später unter Eli, dem Hohenpriester, unter Samuel und unter Saul eine bedeutende Rolle, wobei sie Israel schwere Niederlagen zufügten. Erst unter David kam die Wende: Er konnte die Philister besiegen und zurückdrängen.
Unter den Philistern gab es jedoch die Keretiter und Peletiter, die sich auf Davids Seite stellten. Diese Gruppen erhielten eine besondere Funktion als Leibwache. Sie waren also nicht nur ehemalige Feinde, die zu Freunden wurden, sondern wurden zu Vertrauenspersonen, auf die David sich verlassen konnte.
Im Hebräischen heißen sie „Kreti und Pleti“. Im Deutschen sagt man oft „alle Kreti und Pleti“, ohne zu wissen, dass das eigentlich „alle Keretiter und Peletiter“ bedeutet. Diese Ausdrücke stehen für alle treuen Menschen, die längst die Seiten gewechselt hatten und sich dem Volk Gottes angeschlossen hatten.
Darüber hinaus werden hier auch die Gatiter erwähnt. Die Philister hatten fünf Hauptstädte, eine davon war Gat. Von dort kamen sechshundert Mann, die David in den schwersten Stunden seines Lebens die Treue hielten. Das ist sehr eindrücklich.
Diese Geschichte erinnert an die Gemeinde Jesu. Jesus wurde von der Mehrheit seines Volkes verworfen. Doch immer mehr Heiden schlossen sich ihm an. Die Apostelgeschichte berichtet davon. Über zweitausend Jahre hinweg haben Millionen Menschen ihre Schuld Gott bekannt und Jesus als den wahren König erkannt. Sie haben die Seiten gewechselt und sind aus dem Reich der Schlange und der Finsternis herausgerettet worden, wie Kolosser 1,12-13 sagt. Sie wurden versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe.
Hier sehen wir eine Vorschattung davon: Die Keretiter, Peletiter und die sechshundert Gatiter erwiesen David, dem verworfenen König, ihre Treue. Sie gingen mit ihm.
Und dann kommt eine ganz bewegende Szene, ab Vers 19. Da spricht der König zu Itai, dem Gattiter: „Oh, du bist einer aus diesen Gattitern, Itai, warum willst auch du mit uns gehen? Kehre um und bleibe beim König, denn du bist ein Ausländer und bist erst vor Kurzem in dein Gebiet eingewandert.“
Itai war ebenfalls einer aus dem Gebiet der Philister, auch aus Gad, aber nicht ursprünglich von dort. Er selbst war ein Ausländer, der erst dort eingewandert war und sich schließlich Israel angeschlossen hatte – ein ganz spezieller Weg.
Der König fährt fort: „Du bist ein Ausländer und bist erst vor Kurzem in dein Gebiet eingewandert. Gestern bist du gekommen, und heute sollte ich dich mit uns umherirren lassen?“ Das ist natürlich eine Art Redeweise, um zu sagen: Du bist erst vor Kurzem hierhergekommen, und jetzt wird es dir schlechter gehen, weil Krieg herrscht, wir verfolgt werden und keine Bleibe mehr haben.
„Ich aber gehe, wohin ich gehe – das ist mein Schicksal. Aber du musst mein Schicksal nicht teilen. Kehre um und führe deine Brüder zurück.“
Itai war eben mit anderen aus Gad gekommen. David sagt zu ihm: „Komm, komm, geh doch!“ und wünscht ihm wirklich Gottes Segen, Güte und Wahrheit.
Das erinnert uns an Ruth 1. Da war Noomi, eine verbitterte Frau. Während einer Hungersnot in Bethlehem, in der Richterzeit, sagte ihr Mann Elimelech – so steht es in Ruth 1 –: „Wir gehen.“ Elimelech bedeutet „Mein Gott ist König“, aber in dieser Familie regierte nicht Gott, sondern Elimelech.
In Hosea 11,1 steht: „Wenn Gott eine Hungersnot über Israel bringt, dann muss man zum Herrn umkehren.“ Es ist eine Zucht, um zu zeigen, dass etwas nicht gut ist. Wenn in Bethlehem, in der Stadt Ruths, kein Brot ist, sollte man nicht nach Moab gehen, sondern zum Herrn umkehren. Doch Elimelech sagt: „Wir gehen nach Moab.“
Die ganze Familie zieht weg: Noomi und ihre beiden Söhne Machlon und Kilion. Ihre Namen erinnern daran, dass die Geburt offenbar nicht einfach war. Machlon heißt „krank“ und Kilion „Auszehrung“. Wann gibt man einem Baby solche Namen? Vielleicht sahen sie aus wie Frühgeborene.
Sie gehen und bleiben in Moab, einem gottlosen Land. Die beiden Jungs wachsen auf und wollen natürlich heiraten. Aber es gibt keine gläubigen Frauen aus dem Volk Gottes, also nehmen sie heidnische Frauen: der eine Ruth, der andere Orpa.
Gott greift ein: Elimelech stirbt früh, Noomi wird Witwe. Die beiden jungen Frauen verlieren ebenfalls ihre Männer früh und werden verwitwet. Dann hört Noomi, dass es in Bethlehem wieder gut ist, es gibt wieder Brot, und sie beschließt, zurückzugehen.
Sie sagt ihren Schwiegertöchtern – ich gebe das mit meinen Worten wieder, aber es ist genau das, was dort steht: „Das Wichtigste im Leben ist zu heiraten. Das bringt euch zur Ruhe. Darum kehrt zurück zu eurer Familie, und jeder von euch wird durch eine Wiederverheiratung glücklich werden.“
Beide wollen eigentlich nicht gehen. Sie möchten mit Noomi zum Volk Gottes zurückkehren, dorthin, wo man den wahren Gott verehrt. Aber Noomi weist sie ab: „Nein, nein, was wollt ihr? Dort könnt ihr nie heiraten.“ Heiraten ist ja das Wichtigste, meint sie.
Orpa wird überzeugt und geht zurück. Noomi sagt zu ihr: „Geht zurück zu euren Göttern.“ Ruth aber sagt: „Nein! Dein Gott ist mein Gott, dein Volk ist mein Volk.“ Sie will wirklich zum Volk Gottes übertreten.
Ruth geht also nach Bethlehem, kommt zufällig auf das Feld von Boas, und der Rest ist bekannt. Sie wurde sogar Stammmutter des Messias, des Erlösers für Israel und alle Völker. Eine gewaltige Geschichte.
Aber eben diese Noomi versucht, sie abzuwimmeln und zurückzugehen. Das erinnert uns an David, einen Nachkommen von Noomi. Ja, aus dieser Linie kam David. Er ging genau diesen Weg und versucht, Itai abzuwimmeln.
Nun haben wir aber ein wunderbares Wort in Vers 21. Ich liebe dieses Wort. Itai antwortete dem König und sprach – und benutzt dabei den Gottesnamen Jahwe, Herr mit Großbuchstaben: „So lebt der Herr, und mein Herr, der König, lebt! An dem Ort, wo mein Herr, der König, sein wird, sei es zum Tod oder zum Leben, dort wird auch dein Knecht sein.“
Eine solche Überzeugung, eine solche Glaubensfestigkeit! Da spricht David zu Itai: „Komm und zieh hinüber!“ Das hat ihn völlig überzeugt. Nun hat er keine Argumente mehr. „Komm und zieh hinüber!“
Itai, der Gattiter, zog mit allen seinen Männern und allen kleinen Kindern, die bei ihm waren, hinüber. Seine Glaubensüberzeugung und sein Glaubensschritt hatten Einfluss auf die ganze Familie und auch auf die kleinen Kinder, auf die nächste Generation.
Unsere Entscheidungen haben Einfluss auf die weitere Generation.
Wir haben bereits gesehen, wie in der Familie Davids geweint wurde, nachdem Amnon ermordet worden war. Und hier gibt es ebenfalls Weinen, Vers 23: „Und das ganze Land weinte mit lauter Stimme, und alles Volk ging hinüber. Der König ging über den Bach Kidron, und alles Volk zog hinüber auf dem Weg zur Wüste.“
Alle, die mit David sind, weinen. Sie trauern darüber, dass der König verworfen ist.
Das erinnert uns an ein künftiges Weinen: Das ganze Land Israel wird weinen, wie in Sacharja 12,10 beschrieben, wenn der Herr Jesus in Macht und Herrlichkeit kommen wird. Seine Füße werden auf dem Ölberg stehen (Sacharja 14), und dann wird erklärt – schon in Kapitel 12, Vers 10: „Und sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben, und über ihn wehklagen.“
Dann wird erklärt, dass alle Geschlechter in Israel, das ganze Land, wehklagen werden, weil einst der König, der Sohn Davids, verworfen wurde und am Kreuz durchbohrt wurde.
Das wird ein gewaltiges Weinen sein, wenn der Messias kommt und sie, wie in Jesaja 53 beschrieben, beten werden: „Er war verachtet und verlassen von den Menschen, ein Mann, der Schmerzen und Leiden vertraut ist, und wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt. Doch um unserer Übertretungen willen wurde er verwundet, die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm.“
Das werden sie beten und weinen.
Hier haben wir einen Vorgeschmack auf dieses Weinen über den verworfenen König.
Und dann, so bewegend: Der König, nicht wahr, aus der Stadt Davids, am Südabhang des Tempelberges, geht über den Bach Kidron und dann den Ölberg hinauf. Das Kidrontal ist der Bach Kidron. Auf Deutsch heißt das „Schwarz“, also der Schwarze Bach. Er ging über den Schwarzen Bach, und alles Volk zog hinüber auf dem Weg zur Wüste (Johannes 18,1).
Nach diesem Vorabend der Kreuzigung, als die Schatten von Golgatha bereits auf den Herrn Jesus gefallen waren, geht der Herr aus dem Obersaal hinaus mit den Jüngern durch die Stadt Jerusalem. Dann geht er hinunter ins Kidrontal in Richtung Garten Gethsemane (Johannes 18,1): „Als Jesus dies gesagt hatte, ging er mit seinen Jüngern hinaus auf die andere Seite des Baches Kidron.“ Dort war ein Garten, in den er hineinging, er und seine Jünger. Über den Bach Kidron und dann auch zum Ölberg, denn auf dem Westabhang des Ölberges lag der Garten Gethsemane.
Und David weint, und der Herr Jesus ging nach Gethsemane, um dort zu weinen. Sein Weinen wird im Hebräerbrief beschrieben (Hebräer 5). Das wird so nicht in den Evangelien berichtet. Der Kampf in Gethsemane wird in den Evangelien geschildert, ebenso wie der Schweiß des Herrn Jesus, der wie Blutstropfen wurde. Das ist ein Phänomen, das man medizinisch kennt: Es kann zum Austritt von Blut aus der Blutbahn durch die Zellen hindurch kommen, sodass man Blut schwitzt. Das geschieht in extremen seelischen Drucksituationen. In Lukas wird gesagt, dass der Schweiß des Herrn Jesus wie Blutstropfen wurde.
Im Hebräerbrief 5,7 wird zusätzlich erklärt: „Der in den Tagen seines Fleisches, da er sowohl bitten als auch flehen dem, der ihn aus dem Tod zu erretten vermochte, mit starkem Geschrei und Tränen dargebracht hat und wegen seiner Frömmigkeit erhört worden ist.“ Starkes Geschrei und Tränen in Gethsemane.
Jetzt lesen wir, wie David mit seinem ganzen Volk weinend hinübergeht und den Ölberg hinaufsteigt. Vers 24: „Und siehe, auch Zadok, der hohe Priester, war da, und alle Leviten mit ihm, die Lade des Bundes Gottes tragend. Sie stellten die Lade Gottes hin.“ Abjata, nochmals ein hoher Priester aus verschiedenen Linien, alle von Aaron abstammend, und zwei hohe Priester mit den Leviten gingen hinauf, bis alles Volk aus der Stadt vollständig hinübergegangen war. Diese beiden waren auch loyal gegenüber König David und brachten die Bundeslade mit.
Die Bundeslade war in diesem speziellen Zelt neben dem Palast auf dem Südabhang des Tempelberges. Neben dem Palast, oberhalb des Millos, war die Bundeslade platziert. Sie nahmen sie mit. Interessant ist, wie David reagiert (Vers 25): „Und der König sprach zu Zadok: ‚Bring die Lade Gottes in die Stadt zurück. Wenn ich Gnade finde in den Augen des Herrn, so wird er mich zurückbringen und mich, sie und seine Wohnung sehen lassen. Wenn er aber so spricht: Ich habe kein Gefallen an dir, hier bin ich, mag er mit mir tun, wie es gut ist in seinen Augen.‘“
Das ist interessant. David ist nicht abergläubisch. Das war einmal in 1. Samuel 4, als die Bundeslade in den Krieg gegen die Philister mitgenommen wurde in der Erwartung, wenn die Bundeslade da sei, hätten sie den Sieg. Doch dann wurde die Bundeslade durch die Philister geraubt – eine Katastrophe. Das war Aberglaube.
David sagt: Nein, die Bundeslade muss nicht mit mir kommen. Das hängt nicht davon ab, wie es mir geht. Ihm war nicht klar, wie der Herr in seiner Zucht mit ihm handeln würde. Wenn er will, wird er ihn zurückbringen, wenn nicht, dann nicht. Es war für ihn also nicht ganz klar, wie es weitergeht. Verworfen von seinem Sohn, verworfen von der Masse seines Volkes und unwissend in Bezug auf die Zukunft – ein unglaublicher Druck. Der König weint.
Aber er wird nicht abergläubisch und sagt Worte, die wir aus dem Mund des Hohenpriesters Eli kennen, der auch unter die Zucht Gottes kam (1. Samuel 3,18): „Der Herr möge mit ihm tun, wie es gut ist in seinen Augen.“ 1. Samuel 3,18: „Hier bin ich, mag er mit mir tun, wie es gut ist in seinen Augen.“ David beugt sich unter die Zucht Gottes.
Vers 27: „Und der König sprach zu Zadok, dem Priester: ‚Bist du nicht der Seher?‘“ Er hatte auch die Aufgabe eines Propheten. „Kehre in die Stadt zurück in Frieden, und Achimaz, deinen Sohn, und Jonathan, den Sohn Abjattas, also ein Sohn von dem Hohenpriester und ein Sohn von jenem Hohenpriester, eure beiden Söhne mit euch. Seht, ich will in den Ebenen der Wüste verweilen.“
Für Ebene steht im Hebräischen „Arawa“. Das ist nicht irgendeine Ebene, sondern die Tiefebene des Jordantales bis zum Toten Meer und noch weiter südlich. Er wollte also hinunterfliehen nach Osten, den Ölberg hinauf und dann weiter in die Wüste Judäa, in die Tiefebene, wo der Jordan das Tote Meer trifft – in die Arawa.
„Seht, ich will in der Ebene der Wüste verweilen, in den Ebenen der Wüste verweilen, bis ein Wort von euch kommt, mir Nachricht zu geben.“ Zadok und Abjata brachten die Lade Gottes nach Jerusalem zurück und blieben dort.
David denkt also nach. Jetzt sehen wir etwas ganz Interessantes. Nach dem Fall mit Bathseba ist David nicht mehr derselbe wie vorher. Er war ein gebrochener Mann und hatte seinen Klarblick verloren. Aber ab jetzt sehen wir, wie es geistlich wieder mit ihm aufwärtsgeht. Das habe ich vorhin nicht verraten; ich habe nur die negative Seite gezeigt. Jetzt werden wir sehen, dass es geistlich wieder aufwärtsgeht.
Er beugt sich unter die Zucht Gottes, aber Gott segnet ihn. Wir sehen wirklich Erstaunliches. Auch wie er da sagt: „Er möge tun mit mir, was recht ist.“ David beugt sich darunter. Jetzt sagt er, die beiden hohen Priester müssen in Jerusalem bleiben. Sie haben Söhne, die sehr wichtig sein werden für die Kommunikation, für die geheimdienstliche Kommunikation aus Jerusalem zu ihm.
Wir haben gesehen, er geht über den Bach Kidron (Vers 23), „als das Volk hinüberzog auf dem Weg zur Wüste“. Man muss Folgendes wissen: etwas Geographie und Klimatologie Israels.
Der Ölberg wirkt in der Geographie Israels wie eine Wetterscheide. Auf der Westseite gibt es fruchtbares Land, auf der anderen Seite Wüste. Die Klimascheide ist dort wirklich eindrücklich. Man geht durch den fruchtbaren Olivenhain des Ölberges hinauf auf den höchsten Punkt und sieht dann die Wüste Judäa. Man kann hinunterblicken bis zum Toten Meer, bis in die Arava und nach Jordanien.
Genau dort ist die Scheide, die Klimascheide, und darum heißt es „auf dem Weg zur Wüste“. Ich möchte noch lesen, bevor wir jetzt aufhören:
Vers 30: „David aber ging die Anhöhe der Olivenbäume hinauf“ – der Ölberg heißt so, weil es dort so viele Olivenbäume gab – „und weinte, während er hinaufging, und sein Haupt war verhüllt, und er ging barfuß. Und alles Volk, das bei ihm war, hatte jeder sein Haupt verhüllt und ging unter Weinen hinauf.“
Ist das nicht bewegend? Der König David geht weinend durch die Olivenbäume des Berges hinauf. Und dort hat der Herr Jesus so geweint.
Aber merken wir etwas: Wir werden gleich sehen, dass David hinaufgeht bis auf den höchsten Punkt des Ölberges. Dann geht er in die Wüste. Das ist so wunderbar eingerichtet. Es war ein idealer Fluchtweg. Wenn jemand aus Jerusalem fliehen musste, dann ging er den Ölberg hinauf in die Wüste Judäas. Dort gibt es so viele Höhlen, Verstecke, Klüfte und Schluchten, dass man überleben konnte.
Wer die Wüste kennt, wie David, der ja die Schafe dort gehütet hat, weiß genau, wo man Wasser findet. Das war ideal zum Fliehen.
Der Herr Jesus ging auch zum Ölberg, aber er ging nicht weiter hinauf als zum Garten Gethsemane. Das wäre die Gelegenheit gewesen, wegzugehen. Es wäre nicht zur Kreuzigung gekommen. Er blieb, und dort wurde er von seinen Feinden abgeholt.
Der Herr Jesus ging aus dem Garten Gethsemane hinaus, und da waren Hunderte – ein Kontingent der römischen Armee, Tempelpolizei und weitere. Wenn man genau in den Evangelien liest, war das dramatisch: Hunderte kamen mit Schwertern und Stöcken.
Der Herr Jesus sagt: „Wen sucht ihr?“ „Jesus, den Nazaräer.“ Schließlich sagt er: „Wenn ihr mich sucht, so lasst diese gehen.“ Der gute Hirte stellt sich schützend vor die Schafe. Er ist bereit, sein Leben zu geben, um die Schafe zu schützen.
So wurde er vom Ölberg in die Stadt Jerusalem hineingeführt, um dort zum Tod verurteilt zu werden, um schließlich vor den Toren Jerusalems auf Golgatha zu sterben.
Aber König David, der Vater des großen Sohnes Davids, des Messias, durfte den Ölberg hinaufgehen und in die Wüste fliehen. Das rettete sein Leben.
Ja, da fahren wir heute Abend weiter.
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