
Davids Vorsicht und die Bedeutung von Wahrheit
Wir fahren weiter in Kapitel 20, Vers 5. David sprach zu Jonathan: „Siehe, morgen ist Neumond, da sollte ich eigentlich mit dem König beim Essen sitzen. So lass mich gehen, und ich will mich auf dem Feld verbergen bis zum dritten Abend. Wenn dein Vater mich etwa vermissen sollte, so sage: David hat es sich dringend von mir erbeten, nach Bethlehem, seiner Stadt, zu laufen. Denn dort ist das Jahresopfer für die ganze Familie. Wenn er so spricht, es ist gut, so steht es gut um deinen Knecht. Ergrimmt er aber, so wisse, dass das Böse seinerseits beschlossen ist.“
Was erzählt da David? Gehen nach Bethlehem? Das war ein Glück. Jetzt haben wir doch gesehen, David konnte wirklich mit gutem Gewissen sagen, was er im Blick auf Saul getan hatte. Aber es war nicht so, dass sein Leben vollkommen war. Nur das Leben des Herrn Jesus war wirklich in allem von Wahrheit gekennzeichnet.
In Johannes 8, dem Kapitel, das wir schon gelesen haben, sagt Jesus eben nicht nur, dass er allezeit das tut, was dem Vater wohlgefällig ist. Er sagt nicht nur: „Wer von euch überführt mich der Sünde?“ Sondern auf die Frage in Johannes „Wer bist du?“ antwortet er durchaus: „Das, was ich zu euch sage.“ Was bedeutet das? Die Wahrheit, denn er sagte nur die Wahrheit.
In Johannes 14, Vers 7 konnte er sagen: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Er ist die Wahrheit.
Und was heißt eigentlich Wahrheit? Die Frage ist berechtigt, denn in Johannes 18 stellt gerade Pilatus dem Herrn Jesus die Frage: „Was ist Wahrheit?“ Für ihn war als Politiker klar: Ohne Lügen geht es gar nicht. Also, was ist schon Wahrheit?
Das Wort Aletheia besteht aus dem griechischen „a“ als privatives Alpha, das heißt das Gegenteil. Wir sagen zum Beispiel „anormal“, um „nicht normal“ zu sagen, oder „atonal“. Das war zwar Zismol, aber moderne Musik des zwanzigsten Jahrhunderts, klassische Musik, die sich ganz von Gott und seinem Wort entfernt hat. Dort wird alles aufgelöst, da macht es nur noch … und das ist atonal.
Aletheia heißt „nicht verborgen“. Also ist die Wahrheit die Enthüllung, die Darstellung der Dinge so, wie sie wirklich sind.
Das ist sehr wichtig in unserer Zeit. Ich habe viele Studierende an höheren Schulen erlebt, die dort mit Konstruktivismus und dann auch mit Dekonstruktivismus konfrontiert werden. Den jungen Leuten wird gesagt: Die Welt, wie sie ist, gibt es gar nicht. Jeder macht eigentlich seine eigene Konstruktion der Realität. Es gibt nicht die Realität, es gibt nicht die Wahrheit, sondern jeder macht seine eigene Wahrheit. Und die kann man auch nur auseinandernehmen, dekonstruieren, und dann haben wir nichts mehr.
Aber eben Jesus ist die Wahrheit unverborgen, die Darstellung der Dinge, wie sie wirklich sind.
Doch hier sind wir enttäuscht. David versucht, sich zu retten durch eine Lüge. Er stand gewissermaßen einen Schritt vom Grab entfernt. Das erinnert ganz an die Bach-Kantate „Was sagst du? Ich stehe mit einem Fuß im Grabe“, vertont von Bach. Das ist dann schon ein Schritt weiter.
Aber unter diesem Druck lügt David. Welch ein Kontrast: Jesus konnte auf die Frage „Wer bist du?“ sagen: „Ich bin durchaus das, was ich zu euch sage.“
Bundestreue und die Gefahr für David
Und weiter in Vers acht: Erweise nun Güte an deinen Knecht, denn du hast deinen Knecht einen Bund des Herrn mit dir treten lassen.
Güte, hebräisch chesed, bedeutet unter anderem Bundestreue. Das heißt, man hält sich an die Abmachungen, die man versprochen hat. Darum sagt David: Erweise nun Güte. Das bedeutet also Bundestreue gegenüber dem, was wir miteinander in einem Bundesverhältnis ausgemacht haben.
Wenn aber eine Ungerechtigkeit an mir ist, so töte du mich, denn warum wolltest du mich doch zu deinem Vater bringen?
Wenn er also wirklich an Saul gesündigt hat, dann ist er bereit, die Strafe auf sich zu nehmen, sagt er.
Und Jonathan sprach: Das sei ferne, Chalila. Das ist wieder der typische Ausdruck aus dem Römerbrief, zehnmal Das sei fern von dir. Denn wenn ich sicher weiß, dass es vonseiten meines Vaters beschlossen ist, dass das Böse über dich komme, sollte ich es dir dann nicht berichten? Also ist klar: Ich werde mich einsetzen, ich werde dir die Wahrheit erzählen, was da gegen dich in einer Verschwörung gesagt wird.
Und David sprach zu Jonathan: Wer soll es mir berichten, wenn etwa dein Vater dir hart antwortet?
Und Jonathan sprach zu David: Komm, und lass uns aufs Feld hinausgehen.
Sie gingen beide hinaus aufs Feld, und Jonathan sprach zu David: Herr, Gott Israels, wenn ich meinen Vater um diese Zeit morgen oder übermorgen ausforsche und siehe, es steht gut für David, und ich dann nicht zu dir sende und es deinem Ohr eröffne, so tue der Herr dem Jonathan dies. Und so fügte er hinzu: Wenn meinem Vater Böses gegen dich gefällt, so werde ich es deinem Ohr eröffnen und dich ziehen lassen, dass du in Frieden weggehst. Und der Herr sei mit dir, so wie er mit meinem Vater gewesen ist.
Jonathan schwört, dass er sich ganz für David einsetzen wird und ihm wirklich die Gefahr mitteilen wird, wenn eine Gefahr für sein Leben besteht. Das ist die typische Schwurformel, die er da verwendet.
Dann sagt er: Du kannst in Frieden weggehen, und der Herr sei mit dir. Danach fügt er hinzu: So wie er mit meinem Vater gewesen ist.
Aber leider war das gerade nicht das Typische im Leben von Saul, dass der Herr mit ihm war.
Gottes Gegenwart und menschliche Bedingungen
Warum? Weil Saul eben nicht mit dem Herrn war. Wann ist Gott mit uns? Das ist nicht dasselbe wie: Gott ist für uns.
In Römer 8 finden wir eine bedingungslose Zusage für die Erlösten, für die wirklich Bekehrten, die wiedergeboren sind. Dort steht eine gewaltige Aussage in Römer 8,31: „Was sollen wir nun hierzu sagen? Ist Gott für uns, wer kann gegen uns sein?“
Wie sieht man, dass Gott für uns ist? Gleich im Vers 32 heißt es: „Er, der seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für uns alle hingegeben hat, wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken?“ Gott ist grundsätzlich für uns, weil er alles gegeben hat – seinen geliebten Sohn. Mehr konnte er gar nicht geben. Für den Erlösten ist daher klar: Gott ist für mich. Das ist an keine Bedingung geknüpft.
Anders verhält es sich, wenn es darum geht, ob Gott mit uns ist. Das ist an Bedingungen geknüpft. Was ist der Unterschied? Ich werde das alles Schritt für Schritt erklären.
Schauen wir dazu auf 2. Chronik 15, und ein Hinweis bleibt auch in 1. Samuel 20. In 2. Chronik 15 geht es um König Asa. Ein Prophet namens Asaja, Sohn Odeds, geht auf Asa zu und spricht in Vers 2: „Hört mich, Asa und ganz Juda und Benjamin! Der Herr ist mit euch, wenn ihr mit ihm seid. Wenn ihr ihn sucht, wird er sich von euch finden lassen. Wenn ihr ihn aber verlasst, wird er euch auch verlassen.“
Hier wird deutlich gesagt: Der Herr ist mit euch, wenn ihr mit ihm seid. Das ist an eine Bedingung geknüpft. Gott stellt sich zu uns und bekennt sich zu uns, wenn wir uns zu ihm bekennen. Wenn wir uns als Erlöste nicht zum Herrn bekennen, wird er sich auch nicht zu uns bekennen.
Deshalb lohnt es sich immer, Dinge loszulassen oder mit Dingen zu brechen, die scheinbar einen Verlust bedeuten könnten. Es lohnt sich, denn der Herr stellt sich zu uns. Wenn wir mit ihm sind, ist er mit uns.
Saul war eben dadurch gekennzeichnet, dass er nicht mit dem Herrn war. Deshalb war der Herr auch nicht mit ihm.
Praktische Hinweise für das Leben mit Gott
Übrigens zeigt uns Philippa 4 noch mehr Bedingungen oder beschreibt detaillierter, was es bedeutet, mit dem Herrn zu sein.
In Philippa 4,8 heißt es: „Im Übrigen, Brüder, alles, was wahr ist, alles, was ehrbar ist, alles, was gerecht ist, alles, was rein ist, alles, was lieblich ist, alles, was wohllautet, wenn es irgendeine Tugend gibt und wenn es irgendein Lob gibt, das erwägt!“
Der Apostel zählt hier acht Dinge auf, die wir stets bedenken sollen. Er fährt fort: „Was ihr auch gelernt und empfangen und gehört und an mir gesehen habt, das tut! Und der Gott des Friedens wird mit euch sein.“
Diese acht Dinge sollen wir also ständig erwägen. Das hilft auch bei der Frage: Was soll ich lesen? Welche Lektüre ist geeignet? Alles, was wahr, ehrbar, gerecht, rein, lieblich und wohllautet ist.
Welche Filme soll ich mir ansehen? Auch hier gilt: Alles, was wahr, ehrbar, gerecht und rein ist.
So bekommen wir viele konkrete Antworten für unser Leben. Welche Musik soll ich hören? Wieder gilt: Alles, was wahr, ehrbar, gerecht, rein, lieblich, wohllautet, irgendeine Tugend und irgendein Lob enthält.
Hinzu kommen vier Punkte, die Paulus erwähnt: Was ihr von ihm gelernt habt, was er gelehrt hat, was ihr von ihm empfangen habt, was ihr gehört habt und was ihr an ihm als Vorbild gesehen habt – das sollt ihr tun.
Dann folgt die Verheißung: Der Gott des Friedens wird mit euch sein.
Ja, der Herr sei mit dir, so wie er mit meinem Vater gewesen ist. Mein Vater hat ihn nicht wirklich endgültig durchschaut. Aber das ist ja immer schwierig. Gerade bei den Verwandten ist man oft am blindesten, besonders bei denen, die einem am nächsten stehen.
Jonathans Bund mit David und die Hoffnung auf Rettung
Vers 14: Und nicht nur während ich noch lebe, auch nicht nur an mir sollst du die Güte des Herrn erweisen, damit ich nicht sterbe. Auch an meinem Haus sollst du deine Güte, also deine Bundestreue, nicht entziehen – in Ewigkeit.
Auch nicht, wenn der Herr die Feinde Davids ausrotten wird, jeden vom Erdboden weg. Jonathan war sich im Klaren in Bezug auf David: Er ist der auserwählte König, und der Tag wird kommen, an dem er aus all der Drangsal und dem Druck, der ihn ständig verfolgte, herausgeführt wird. Er konnte nicht sagen, wann genau, denn es war eine lange Zeit. Aber er wusste, dass der Tag kommen wird, an dem David befreit wird.
Ich habe schon heute gesagt: David kam auch schon an den Punkt, wo er sagte, dass er eines Tages durch die Hand Sauls fallen werde. Er konnte nicht mehr an den Glauben festhalten. Er war wirklich ganz unten. Doch nach dem Leermond kann der Neumond wiederkommen.
Weiter sagt Jonathan, dieser Bund soll auch dazu dienen, dass er nicht stirbt – und auch seine Familie. Es war ihm klar, dass sie nicht das Königtum erhalten würden, aber sie sollten von David gesegnet werden.
Diesen Punkt müssen wir festhalten: Er sagt, dass er nicht sterben möchte (Vers 14). Sein Wunsch war, das Königtum von David noch erleben zu dürfen und nicht zu sterben. Doch wir wissen, dass er in der Schlacht gegen die Philister ums Leben kam. Diese Schlacht war verheerend, katastrophal. Saul hatte Israel in eine Katastrophe geführt im Kampf gegen die Philister, und dabei kam Saul um, indem er sich selbst das Leben nahm.
In diesem Krieg kam auch Jonathan ums Leben. Sein Wunsch war, nicht zu sterben. Wir werden gleich noch sehen, was dahintersteckt.
Jonathans Liebe zu David und die Suche nach Sicherheit
Ich lese weiter, Vers sechzehn: Und Jonathan schloss einen Bund mit dem Haus Davids und sprach: „So fordere es der Herr von der Hand der Feinde Davids.“
Jonathan ließ David erneut bei seiner Liebe zu ihm schwören, denn er liebte ihn, wie er seine eigene Seele liebte.
Ist das nicht interessant? Jonathan sucht Sicherheit. Und das ist ein Bedürfnis aller Menschen, auch derjenigen, die nach außen hin sehr stark wirken. Wenn wir sie von innen kennen würden, würden wir merken, dass sie genauso zerbrechlich sind und ebenfalls nach Sicherheit suchen.
Jonathan, dieser Prinz, sucht nach Sicherheit. Aber bei wem sucht er sie? Bei einem Verfolgten, bei einem Mann, der selbst bedrängt war und nur einen Schritt vom Tod entfernt. Doch Jonathan wusste, dass dieser Mann der Richtige war. Denn der Herr hatte ihn erwählt – einen Mann nach dem Herzen Gottes. Deshalb suchte er bei David Zuflucht.
Wie wohl uns, wenn wir bei dem großen David, dem Herrn Jesus, Zuflucht suchen – der heute in dieser Welt verworfen und abgelehnt ist. Er spielt keine Rolle in unserer Gesellschaft. Wenn man heute in einem Podiumsgespräch im Fernsehen über ein aktuelles Thema diskutiert, wen lädt man ein? Einen tiefen Psychologen, einen Philosophen, einen Wirtschaftsspezialisten, vielleicht einen Pfarrer. Doch meistens hofft man, dass dieser Pfarrer am Ende des Abends erzählt, was in der heutigen Zeit längst veraltet ist. Man denkt, Pfarrer seien überholt und wüssten nichts mehr.
Dabei sind die Pfarrer, die man einlädt, oft liberale Theologen, die sogar noch moderner sind als die sogenannten Modernen. Aber man lädt einen Pfarrer nicht ein, um zu erfahren, was Gottes Gedanken zu diesem Thema sind. Oder um zu hören, wie Jesus Christus darüber denkt. Das ist kein Thema mehr. Er ist der Verworfene in dieser Welt.
Doch suchen wir bei ihm die Sicherheit, die wir in dieser unsicheren Welt brauchen – so wie Jonathan bei dem Verworfenen Sicherheit suchte.
Geheime Zeichen und die Trennung der Wege
Vers 18
Und Jonathan sprach zu ihm: „Morgen ist Neumond, und man wird dich vermissen, denn dein Sitz wird leer bleiben. Am dritten Tag aber steige schnell herab und komme an den Ort, wo du dich am Tag der Tat verborgen hattest, und setze dich neben den Stein Asel. Ich nun, ich werde drei Pfeile zu seiner Seite abschießen, als schösse ich für mich nach einem Ziel. Und siehe, ich werde den Knaben, das sind seine Diener, senden. Geh hin, suche die Pfeile! Wenn ich ausdrücklich zu dem Knaben spreche: ‚Siehe, die Pfeile sind diesseits von dir!‘, nimm sie und komm, denn es steht gut um dich. Und es ist nichts so wahr, der Herr lebt! Wenn ich aber zu dem jungen Mann spreche: ‚Siehe, die Pfeile sind jenseits von dir!‘, so geh, denn der Herr sendet dich weg.“
Macht also einen sprachlichen Code ab. So kann er kommunizieren, weil David den Code kennt und sonst niemand. Dann weiß er, was das bedeutet, wenn er sagt „diesseits“ oder „jenseits“.
Was aber die Sache betrifft, die wir gesprochen haben, ich und du: Siehe, der Herr ist zwischen mir und dir in Ewigkeit.
David verbarg sich auf dem Feld, und es wurde Neumond. Der König setzte sich zum Mahl und zu Essen, wie die anderen Male, auf den Sitz an der Wand. Jonathan aber stand auf, und Avner, das ist der General Israels, setzte sich zur Seite Sauls. Der Platz Davids blieb leer. Saul aber sagte an diesem Tag nichts. Denn er dachte, es sei ihm etwas widerfahren, er sei nicht rein. Gewiss, er sei nicht rein – so denkt er. Er hat sich irgendwie rituell verunreinigt und konnte darum kein Ritual wahrnehmen. Ihm fällt das aus.
Am nächsten Tag des Neumonds, dem zweiten, als der Platz Davids leer blieb, sprach Saul zu seinem Sohn Jonathan: „Warum ist der Sohn Isais weder gestern noch heute zum Mahl gekommen?“
Wieso sagt er nicht „Warum ist David nicht gekommen?“ Ja, das ist so die Art, um auszudrücken: Den mag ich nicht. Er umgeht seinen Eigennamen und Ben Ischai. Es ist klar, wer gemeint ist, nicht einer von Nummer eins bis sieben, sondern die Nummer acht aus der Familie Isais. Aber er nennt seinen Namen nicht.
Für Gott ist unser Eigenname wichtig, sehr wichtig. „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ Ihr seid 43. An jenem Auferstehungsmorgen, als Maria weinend vor dem Grab war und meinte, man habe ihren Herrn weggenommen, und ihre Augen nicht klar sahen, dachte sie, dieser Mann da in der Nähe sei der Gärtner. Denn es gab dort einen Garten. Als dieser Mann „Maria“ sagte, wandte sie sich um und rief: „Rabbuni!“ Sie erkannte den Herrn Jesus an dieser Vokabel – die so wichtig ist: unser Eigenname.
Man kann irgendwo am großen Bahnhof sein, und alle Leute sprechen, rufen und schreien, es ist unruhig, es rauscht wie Wasser, klingt ähnlich wie ein Wasserfall, wenn tausend Leute gleichzeitig sprechen. Aber dann ruft jemand „Roger!“ – das ist unglaublich. Diese Vokabel steckt so tief in unserer Seele drin. Der Herr Jesus spricht Maria mit ihrem Namen an, und sie erkennt ihn.
Ja, der Eigenname ist so wichtig. In diesem Zusammenhang ist es auch interessant zu erwähnen, wie die drei Freunde Hiobs in ihrer Diskussion ihren Freund an die Wand drängten und ihm Vorwürfe machten, während er sich verteidigte. Sie sagten immer nur „Du, du, du“ – kein einziges Mal nannten Elifas, Bildat und Zophar Hiob beim Namen. Wie gut hätte es ihm zwischendurch getan, wenn sie gesagt hätten: „Hiob!“ Ah, die achten mich doch als Person. Aber sie stellten ihn als Heuchler dar, der in der Sünde gelebt hat. Sie haben sich in ihrem Freund getäuscht.
Dann kommt Elihu, der Jüngste, und seine Rede ist ganz anders. Immer wieder sagt er „Hiob“ – er spricht ihn ganz persönlich an. Damit hat er Hiobs Herz erreicht.
Saul fragt also: „Warum ist doch der Sohn Isais weder gestern noch heute zum Mahl gekommen?“ Jonathan antwortete seinem Vater Saul und sprach zu ihm: „David.“ Er sagt nicht „der Sohn Isais“, er weiß, wer er heißt – das heißt „der Geliebte“. Ein wunderbarer Hinweis auf den Herrn Jesus, der im Epheserbrief 1 „der Geliebte“ genannt wird. „Wir sind angenehm gemacht worden in dem Geliebten“ – das ist der große David.
David hatte dringend gebeten, nach Bethlehem zu gehen, und sagte: „Lass mich doch gehen, denn wir haben ein Familienopfer in der Stadt, und mein Bruder selbst hat mir geboten zu kommen. Wenn ich Gnade gefunden habe in deinen Augen, so lass mich doch gehen, dass ich meine Brüder sehe.“ Darum ist er nicht an den Tisch des Königs gekommen.
Ein totaler Lug. Aber das sagt nicht David, sondern Jonathan. David hat ihn verleitet, auch zu lügen. Und da haben wir eine riesige Verantwortung: Wir können Einfluss nehmen auf andere Personen im Freundeskreis oder in der Familie, dass sie wahr bleiben oder dass sie lügen.
Wahr sein heißt übrigens nicht, dass wir alles erzählen. Damals, seit der Sowjetunion, wenn man Bibeln in die Sowjetunion brachte, war das ja Gottes Auftrag. Gott möchte, dass sein Volk das Wort Gottes hat. Aber die Sowjetunion wollte das nicht. Wenn man mit den Bibeln am Zoll war und der Zöllner fragte: „Haben Sie Bibeln im Auto?“ – ja, muss man ihm sagen. Ja, und zwar ganz viele. Nein, wir haben nicht den Auftrag, ihm alles zu erzählen. Ja, aber wenn man „Nein“ sagt, dann hat man gelogen, natürlich.
Was kann man dann machen? Zum Beispiel sagen: „Schauen Sie nach.“ Und es wurde auch so gemacht. Der Zöllner schaute nach, fand aber nichts, weil er die Autoreifen nicht geöffnet hatte.
Wir müssen nicht allen alles sagen. Aber das, was wir sagen, soll eben wahr sein. Das wäre doch eine Hilfe, weil man sonst in die Schwierigkeit kommen könnte zu denken, man müsse immer alles ausplaudern. Nein, nicht alle Dinge gehen alle Leute etwas an. Es gibt Dinge, die sagt man nicht. Die sind geheim.
Das Wort „Geheimnis“ gab es zur Zeit Luthers noch nicht, bis er es erfunden hatte, weil er das Wort „mysterion“ im Neuen Testament übersetzen sollte. Da hat er das Wort „heim“ genommen und die Vorsilbe „ge-“ angehängt, dazu die Nominalendung „-nis“ – wie „Zeugnis“ –, und so entstand „Geheimnis“. Das ist etwas, was man eben nur im Heim weiß.
So kann es sein, dass eine Mutter schwanger ist, es aber noch nicht allen sagt. Den Kindern sagt sie es – im Heim, im Heim weiß man Dinge, die andere nicht wissen. Das werden sie später erfahren. Das ist eben ein Geheimnis.
So gibt es Dinge, die muss man nicht ausplaudern; sie sind ein Geheimnis.
Vers 30
Da entbrannte der Zorn Sauls gegen Jonathan, und er sprach zu ihm: „Sohn einer widerspenstigen Verkehrten!“
Er lästert seinen eigenen Sohn – das tut weh. Ein Vater, der seinen Sohn lästert: „Sohn einer widerspenstigen Verkehrten!“ Damit lästert er auch die Mutter. Ja, da sagt er: „Meine Frau ist verkehrt und widerspenstig.“
„Weiß ich nicht, dass du den Sohn Isais, ah – er sagt wieder nicht David –, du hast den Ben Jeschai zu deiner Schande und zur Schande der Blöße deiner Mutter auserkoren.“ Er überschreitet völlig die Grenze, die rote Linie. Das geht gar nicht, was er da sagt.
„Denn alle Tage, die der Sohn Isais“, wieder sagt er nicht David, „alle Tage, die der Ben Jeschai auf der Erde lebt, wirst du nicht feststehen, weder du noch dein Königtum.“ Das war ja eh klar. Gott hatte längst gesagt, dass das Königtum von Saul gewichen war wegen seines Ungehorsams.
„Und nun sende hin und lass ihn zu mir holen, denn er ist ein Kind des Todes.“
Jonathan soll eingespannt werden, um David zu töten.
Jonathan antwortet seinem Vater Saul und spricht zu ihm: „Warum soll er getötet werden? Was hat er getan?“
Wieder steht er klar hin als Jonathan. Michal hat das nicht gemacht.
„Was hat er getan?“
„Nein, er hat mich mit dem Tod bedroht und ist abgehauen.“
„Was hat er getan?“
Da warf Saul den Speer nach ihm, um ihn zu treffen. Das ist der sechste Mordversuch. Fünfmal haben wir es bei David gesehen, und jetzt macht er das Gleiche mit seinem Sohn.
Da hat Jonathan für Saul endgültig die Linie überschritten, dass er sich noch zu David hält. Aber er wusste, David ist der Mann, den der Herr erwählt hatte. Jonathan erkannte, dass es vonseiten seines Vaters beschlossen war, David zu töten.
Jonathan stand vom Tisch auf in glühendem Zorn. Er aß am zweiten Tag des Neumonds keine Speise, denn er war betrübt um David, weil sein Vater ihn geschmäht hatte. Das heißt nicht, weil er selbst geschmäht worden ist, sondern weil er leidet, dass David so geschmäht wurde. Er kann nicht mehr essen.
Vers 35
Und es geschah am Morgen, da ging Jonathan aufs Feld hinaus an den Ort, den er mit David verabredet hatte. Ein kleiner Knabe war mit ihm. Er sprach zu seinem Knaben: „Laufe, such doch die Pfeile, die ich abschieße!“ Der Knabe lief und erschoss den Pfeil über ihn hinaus.
Als der Knabe an die Stelle des Pfeils kam, den Jonathan abgeschossen hatte, rief Jonathan dem Knaben nach und sprach: „Der Pfeil ist jenseits von dir!“ – das Codewort für Flucht. Jonathan rief dem Knaben schnell nach: „Eile, steh nicht still!“
Der Knabe las den Pfeil auf und kam zu seinem Herrn. Der Knabe aber wusste von nichts, erkannte den Code nicht. Nur Jonathan und David wussten von der Sache.
Jonathan gab seine Waffe seinem Knaben und sprach zu ihm: „Geh, bringe sie in die Stadt!“ Der Knabe ging.
David machte sich auf von der Südseite her, fiel auf sein Angesicht zur Erde und beugte sich dreimal nieder. Sie küssten einander und weinten miteinander, bis David über die Maßen weinte.
Dieser Jonathan war auch ein Freund, geboren für die Drangsal seines Freundes (Sprüche 17,17). Jonathan wusste, wie er diesen kleinen Knaben wegbringt, dann geht er nach Hause. Er wollte allein sein mit seinem Freund und ihn nochmals ermutigen für den weiteren Weg.
Das erinnert ganz an den Herrn, der die Nacht durchwanderte und dann um sechs Uhr früh an den Brunnen von Sichar kam. Alle seine Jünger schickte er zum Einkaufen in die Stadt, weil er mit der samaritischen Frau alleine sprechen musste. Er musste die Jünger wegschicken, schickte sie zum Einkaufen. Hier schickte er einen kleinen Jungen nach Hause.
Echte Freundschaft.
Vers 42
Und Jonathan sprach zu David: „Geh hin in Frieden! Es sei, wie wir beide im Namen des Herrn geschworen haben. Also, wir sagten: Der Herr sei zwischen mir und dir und zwischen meinen Nachkommen und deinen Nachkommen in Ewigkeit.“
Und jetzt lese ich noch einen Vers aus dem nächsten Kapitel:
David machte sich auf und ging weg. Jonathan aber kam in die Stadt.
Zwei Freunde – und jetzt sehen wir, ihre Wege trennen sich. Zwei verschiedene Wege.
Hier hätte sich Jonathan entscheiden können: Gehe ich mit David oder gehe ich wieder in das Haus des Königs zurück? Wäre er doch mit David gegangen! Es wäre zwar ein schwerer Weg gewesen, aber der Herr führte David schließlich aus aller Drangsal hinaus.
Das wusste Jonathan: Eines Tages wird der Tag kommen, wo alle Feinde besiegt werden.
Ich möchte ganz kurz noch Psalm 18, Vers 1 aufschlagen.
„Dem Vorsänger. Von dem Knecht des Herrn, von David, der die Worte dieses Liedes zu dem Herrn redete, an dem Tag, das heißt in der Epoche – hier ein fester Ausdruck im Hebräischen –, an dem Tag, als der Herr ihn errettet hatte aus der Hand aller seiner Feinde und aus der Hand Sauls.“
Er konnte sich lange nicht vorstellen, ob er jemals aus diesem Treibsand wieder herauskommt. Und der Tag kam – er kam heraus.
An diesem Tag, als der Herr ihn schließlich aus der Hand aller seiner Feinde errettet hatte, genauso wie Jonathan es angekündigt hatte in 1. Samuel 20,15, konnte er sagen:
„Ich liebe dich, Herr, meine Stärke! Der Herr ist mein Fels und meine Burg und mein Retter, mein Gott, mein Schutz. Zu dem werde ich Zuflucht nehmen, zu ihm werde ich Zuflucht nehmen, mein Schild und das Horn meines Heils, meine hohe Festung.“
Ich male alle Namen Gottes in der Bibel an – Hunderte kann man so anmalen. Und hier hat man eine Konzentration:
Herr, meine Stärke, mein Fels, meine Burg, mein Retter, mein Gott, mein Schutz, mein Schild, das Horn meines Heils, meine hohe Festung.
Das hat David in all diesen schwierigen Zeiten erlebt. Der Tag kam, an dem der Herr ihn wirklich aus der Prüfung herausführte und den Ausgang schaffte, so dass er es ertragen konnte, auch wenn er zwischendurch versagt hatte. Er hat zwischendurch auch gelogen, wie wir gesehen haben, aber der Herr hat ihn ans Ziel gebracht.
Jonathan hat sich entschieden: Ich gehe zurück. Da war doch eine familiäre Bindung, und die hat ihn verhindert, mit David zu gehen. Dann wäre er nicht in der Schlacht gegen die Philister gefallen. Er starb und hat nicht erlebt, wie David schließlich befreit aus der Hand der Feinde das Königtum bekam.
Durch all diese Not war David vorbereitet, um dann diese wunderbare Aufgabe als ein wirklich guter König Israels ausüben zu können.
So steht es auch vor unseren Herzen, dass wir sehen müssen, wo wir uns entscheiden: ganz klar mit dem Herrn zu gehen und auf gewisse Bindungen zu verzichten, wo der Herr das zeigt.
Das wäre wirklich die richtige Entscheidung gewesen.
Darum, so traurig ich lese nochmals 1. Samuel 20,41:
„Und David machte sich auf und ging weg, Jonathan aber kam in die Stadt.“
Und das hat ihn schließlich in den Tod geführt, diesen treuen, guten Freund.
Hier schließen wir.
Davids Rettung und Jonathans tragisches Ende
Und ich möchte ganz kurz noch Psalm 18, Vers 1 aufschlagen, dem Vorsänger. Es handelt sich um ein Lied von dem Knecht des Herrn, von David, der die Worte dieses Liedes zu dem Herrn sprach.
Der Text beginnt mit: „An dem Tag“ – das heißt hier in der Epoche, im Hebräischen ist es ein fester Ausdruck, „an dem Tag“, als der Herr ihn errettet hatte aus der Hand aller seiner Feinde und aus der Hand Sauls. David konnte sich lange nicht vorstellen, ob er jemals aus diesem Treibsand wieder herauskommen würde. Doch der Tag kam, an dem er herauskam.
An diesem Tag, als der Herr ihn schließlich aus der Hand aller seiner Feinde errettet hatte – genauso, wie es Jonathan in 1. Samuel 20,15 angekündigt hatte – konnte David sagen: „Ich liebe dich, Herr, meine Stärke. Der Herr ist mein Fels und meine Burg und mein Retter, mein Gott, mein Schutz. Zu dem werde ich Zuflucht nehmen, zu ihm werde ich Zuflucht nehmen, mein Schild und das Horn meines Heils, meine hohe Festung.“
Ich male alle Namen Gottes in der Bibel an – es sind Hunderte, die man so anmalen könnte. Hier jedoch findet sich eine solche Konzentration: Herr, meine Stärke, mein Fels, meine Burg, mein Retter, mein Gott, mein Schutz, mein Schild, das Horn meines Heils, meine hohe Festung. Das hat David in all diesen schwierigen Zeiten erlebt.
Der Tag kam, an dem der Herr ihn wirklich aus der Prüfung herausführte und den Ausgang schaffte, sodass David es ertragen konnte, auch wenn er zwischendurch versagt hatte. Wir haben gesehen, dass er zwischendurch auch gelogen hat. Doch der Herr hat ihn ans Ziel gebracht.
Jonathan jedoch entschied sich, zurückzugehen. Zwischen ihm und David bestand eine familiäre Bindung, die ihn davon abhielt, mit David zu gehen. Wäre er mitgegangen, wäre er nicht in der Schlacht gegen die Philister gefallen. Er starb, ohne zu erleben, wie David schließlich befreit aus der Hand der Feinde das Königtum erhielt.
Durch all diese Not war David vorbereitet, um dann diese wunderbare Aufgabe als ein wirklich guter König Israels ausüben zu können. So steht es auch vor unseren Herzen, dass wir sehen müssen, wo wir uns ganz klar mit dem Herrn entscheiden und auf gewisse Bindungen verzichten. Dort, wo der Herr das zeigt, ja, da wäre es wirklich die richtige Entscheidung gewesen.
Und darum, so traurig ich es auch finde, lese ich nochmals 1. Samuel 21,1: „Und David machte sich auf und ging weg, Jonathan aber kam in die Stadt.“ Diese Entscheidung führte Jonathan schließlich in den Tod – dieser treue, gute Freund.
Hier möchte ich schließen.
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