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Anbetung

Connecting Heaven, Teil 2/12
Psalm 95,6
SERIE - Teil 2 / 12Connecting Heaven

Ich möchte die Predigt heute unter zwei Bibelworte stellen. Wer mitlesen möchte: Das erste stammt aus Psalm 95, Vers 6: „Kommt, lasst uns anbeten und lasst uns neigen, lasst uns niederknien vor dem Herrn, der uns gemacht hat.“

Das zweite Wort kommt aus dem Johannesevangelium. Dort heißt es: „Es kommt die Stunde, und die ist jetzt, da die wahren Anbeter den Vater in Geist und Wahrheit anbeten werden; denn auch der Vater sucht solche als seine Anbeter.“

Einführung in das Thema Anbetung

Wie wir wissen, ist das große Thema Gebet in der Bibel eines, das sich durch verschiedene Arten von Gebet zieht. Wir wissen, dass wir danken dürfen, dass wir Fürbitte leisten und dass wir bitten können – sowohl für uns selbst als auch für andere.

Daneben gibt es das große Thema der Anbetung. Genau damit wollen wir uns heute beschäftigen. Dabei fokussieren wir uns auf drei wesentliche Kernfragen.

Die erste Frage lautet: Was ist Anbetung? Hierbei orientieren wir uns zunächst an der Bibel. Anschließend betrachten wir einige Beispiele aus dem Alten und Neuen Testament, die zeigen, was Anbetung eigentlich bedeutet. Zum Schluss wollen wir uns noch fragen: Was ist Anbetung nicht?

Abschließend werfen wir einen spannenden Blick nach vorne, um das Thema weiter zu vertiefen.

Die Bedeutung der Worte für Anbetung in der Bibel

Was ist denn Anbetung? Wenn man sich einfach mal die Worte anschaut, die in der Bibel dafür verwendet werden, dann gibt es zwei hebräische und ein griechisches Wort. Ich bin nicht so studiert wie vielleicht einige von euch, die die Bibel direkt lesen können – außer ein bisschen Griechisch. Deshalb muss ich da in Mexika blättern.

Die beiden hebräischen Worte, die im Alten Testament verwendet werden, haben folgende wörtliche Bedeutungen: Anbeten heißt sich niederwerfen. Anbetung bedeutet also, sich niederzuwerfen.

Das zweite hebräische Wort, das im Alten Testament verwendet wird, bedeutet so viel wie „groß machen“, also den anderen, dem die Anbetung gilt, groß zu machen.

Im Griechischen, im Neuen Testament, wo das Wort ungefähr fünfzig Mal vorkommt – das kann ich dann auch endlich lesen –, hat es die Bedeutung von „zu etwas hinzugehen und dann zu küssen“. Das klingt ein bisschen verklausuliert, deshalb muss man das erklären.

Gemeint ist die Situation, wenn ein Untertan zu einem König kam. Dann warf er sich vor die Füße des Königs nieder und küsste entweder den Fußboden, also die Erde, oder die Füße des Herrschers. Das war insbesondere bei den persischen Königen üblich.

In der griechischen Kultur geschah dies beim Betreten des Tempels, des entsprechenden Ortes – sei es der Olymp oder ein anderer Tempel –, wo man sich dem Gott näherte und damit seine Ehrerbietung zum Ausdruck brachte: hinzugehen, sich niederzuwerfen und den Boden oder die Füße zu küssen.

Soweit erst mal nur die Worte. Das ist ja ganz spannend, wenn wir auf der Suche sind, was Anbetung nach der Bibel ist, erst einmal zu sehen, welche Worte und welche Bedeutungen verwendet werden.

Die Bedeutung des Adressaten der Anbetung

Wenn wir von Anbetung sprechen, meinen wir natürlich nicht einen König, wie Daniel und seine drei Freunde es mit dem großen Standbild Nebukadnezars taten. Ihr Auftrag war es – erstaunlich eigentlich, dass Musik zur Stimmungsmache oder zur Verbesserung der Situation für den König genutzt wurde –, bei Ertönen der Musik vor diesem Standbild niederzufallen.

Daniel, seine Freunde und auch alle Beamten des Königs weigerten sich jedoch. Warum? Für Menschen, die Gott folgen, gibt es nur einen, vor dem man sich niederwirft: Gott, den Schöpfer, und seinen Sohn, dem unsere Anbetung gebührt.

Es geht also nicht in erster Linie darum, welche Handlung wir vollziehen, sondern darum, wem die Anbetung gehört, wem diese große Ehrerbietung zusteht. Mit diesem Verständnis muss man sich auseinandersetzen, um herauszufinden, warum wir Gott anbeten wollen.

Deshalb sollten wir in der Schrift nach Beispielen suchen, um zu verstehen, was es bedeutet, sich niederzuwerfen, Gott groß zu machen oder ihm Ehrerbietung zu zollen.

Die erste biblische Grundlage: Abrahams Gehorsam

Ein Prinzip bei der Bibelauslegung ist es, immer gut zu schauen, wo ein Wort in der Bibel zum ersten Mal verwendet wird. Komischerweise ist das nicht bei einem Lied oder in einer Gottesdienstsituation der Fall, wie wir es vielleicht als Kirchgänger denken würden. Stattdessen findet man es in einer Situation, die unserem normalen westlichen Kirchgänger-Traditionsdenken völlig widerspricht: 1. Mose 22.

Den Bibellesern zuckt es schon, denn sie wissen, dass dort die harte Geschichte steht, in der Gott von Abraham etwas eigentlich Unmenschliches fordert. In 1. Mose 22,2 lesen wir, was Gott von Abraham verlangt: „Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du lieb hast, den Isaak, und ziehe hin in das Land Moria und opfere ihn dort als Brandopfer auf einem der Berge, den ich dir zeigen werde.“

Ich kann mir vorstellen, dass Abraham ganz schön gezuckt hat. Er wusste, dass dieser Sohn der Sohn der Verheißung war, auf den Gott viele Versprechen gelegt hatte. Das war der Sohn, auf den er Jahre und Jahrzehnte gewartet hatte. Abraham hatte in der Vergangenheit viel Mist gebaut, um Gottes Verheißung ein wenig nachzuhelfen. Er hatte sich mit seiner Nebenfrau eingelassen oder erst mal eine genommen und mit ihrem Sohn gezeugt, weil er dachte: „Na ja, wenn ich jetzt nicht handle, dann wird das nichts mit Gottes Verheißung.“ Und dann endlich, nach vielen Jahren und viel Warten, schenkte Gott ihm diesen Sohn.

Was diese Anweisung für mich so hart macht, ist, dass Gott genau weiß, was er fordert. Er sagt nicht: „Du, deinen Sohn von den 500, die du hast, nimm den mal und opfere.“ Nein, hier steht: „Nimm deinen Sohn, deinen einzig Geborenen, den du lieb hast, der dir viel mehr wert ist als alles andere auf dieser Welt.“ Gott sagt zu Abraham: „Unterstelle mir nicht, ich wüsste nicht, was ich von dir fordere. Und trotzdem fordere ich es von dir.“

In dieser Situation wird Abrahams Glaube, sein Vertrauen zu Gott, auf die Probe gestellt – und zwar in einer für uns Menschen eigentlich unsinnigen Situation. Warum nimmt Gott etwas weg, was er doch vorher gegeben hat? In diesem Sohn liegt so viel drin, denn er ist der Sohn der Verheißung. Gott will ganz viel auf ihn aufbauen, schließlich soll er zu einem großen Volk werden.

Ihr erinnert euch: Warum fordert Gott das? Abraham nimmt seinen Sohn und geht mit ihm, nimmt einige Knechte mit, und die letzte Meile gehen sie dann alleine. Den Abschnitt lese ich hier weiter, ab Vers 3:

„Da machte sich Abraham früh am Morgen auf, sattelte seinen Esel und nahm seine beiden Knechte mit sich und seinen Sohn Isaak. Er spaltete Holz zum Brandopfer und machte sich auf und ging an den Ort, den Gott ihm genannt hatte.“

Das war auch keine Schnellzugfahrt, denn der Vers geht weiter: „Am dritten Tag erhob Abraham seine Augen und sah den Ort von ferne.“ Die hatten also viel Zeit zu laufen, zu gehen und sich darüber zu unterhalten.

Dann sagte Abraham zu seinen Knechten – und jetzt passt auf: „Bleibt ihr mit dem Esel hier, ich aber und der Junge wollen dort hingehen und anbeten und zu euch zurückkehren.“

Abraham nahm das Holz zum Brandopfer, legte es auf seinen Sohn Isaak, und in seine Hand nahm er das Feuer und das Messer. Sie gingen beide miteinander.

Komisch: All die Elemente, die wir in unserer Gottesdienstzeremonie eigentlich mit Anbetung verbinden, fehlen hier. Aber was finden wir? Erstens: Gott hat geredet, Gott hat etwas gesagt. Zweitens: Abraham unterwirft sich diesem Willen Gottes und tut es – gegen allen Verstand, gegen jedes Gefühl, gegen jede Logik und fast müsste man sogar sagen gegen jedes Verständnis der doch eigentlich über zwanzig Jahre klaren Verheißung.

Isaak ist der Sohn, von dem meine Familie und ein ganzes Volk kommen soll. Damit gibt Abraham Gott alles zurück, was er eigentlich hatte – nämlich das, was ihm lieb war, das Einzige, worauf er jahrelang gewartet hatte.

Ich denke, dass wir hier, wie wir manchmal so salopp sagen, schon beides, den Pudels Kern, finden. Anbetung, dieses, wie das Wort es sagt, sich vor einem Größeren Niederwerfen, hat damit zu tun, was Abraham in diesem Beispiel uns lehrt: Gottes allmächtigen Willen als den Höchsten anzuerkennen und sich diesem willentlich zu beugen – gegen jeden Verstand, möglicherweise gegen jede Logik, wenn Gott es klar fordert, auch gegen mein Gefühl und gegen alles, was ich bisher verstanden habe.

Aber nicht ins Blaue hinein, also nicht irgendetwas Verrücktes. Es war schon sehr klar, dass Gott hier geredet hatte. Es gab keinen Zweifel daran, dass die Anweisung kein Traum war, den Abraham hätte falsch deuten können, oder ein vom Himmel gefallener Zettel, der nicht für ihn gedacht war.

Nein, Abraham wusste: Das war für mich. Es war unstrittig und unzweifelhaft, dass das eine Rede Gottes war.

Der erste Punkt, den Abraham uns über Anbetung hier lehrt, ist, Gottes Willen zu akzeptieren, auch wenn er uns widerspricht.

Die zweite biblische Grundlage: Hiobs Anerkennung Gottes Herrschaft

Zweitens ist Anbetung auch die Anerkennung Gottes als oberster Herrscher über mich. Dazu wollen wir wieder zwei Bibelstellen und Gedanken lesen.

 Hiob Kapitel 1 beschreibt eine vermeintlich ähnliche Situation. Wir wissen, dass Hiob ein Mann ist, der unheimlich reich ist, der alles hat in seinem Leben und dem es gut geht. Viele würden sich wünschen, so gesegnet zu sein – mit vielen Kindern, Reichtum, Schafen, Ziegen und was auch immer.

Dann kommt einer nach dem anderen von den Knechten und bringt ihm schlimme Nachrichten, die kaum noch schlimmer sein könnten. Seine zehn Kinder sind tot, seine Herden und Ländereien sind verloren – eigentlich alles, was er besitzt.

In Hiob 1,20 lesen wir: Nachdem er die ganzen Botschaften der Knechte und die verheerenden Verlustmeldungen erhalten hatte, stand Hiob auf, zerriss sein Obergewand, schor sich das Haupt, fiel auf die Erde und betete an. Er sagte: „Nackt bin ich aus dem Mutterleib gekommen, und nackt werde ich wieder dorthin zurückkehren. Der Herr hat gegeben, und der Herr hat genommen; der Name des Herrn sei gepriesen.“

Anbetung ist also die Anerkennung Gottes als oberster Herrscher über mein Leben. Liebe Leute, ich glaube, keiner von uns war jemals in einer Situation wie Abraham oder Hiob. Aber Hiob zeigt uns hier, wie weit seine Unterordnung unter Gott geht. Wie weit er Gott das Recht einräumt, mit seinem Leben zu tun, was er will.

Und da sind wir oft ziemlich sparsam, glaube ich. Wir sind so wie jemand, der von 3000 Euro Gehalt zwei Euro in die Kollekte gibt. Das ist ungefähr so viel wie das Dreckige unter dem Fingernagel. Ich will die zwei Euro nicht schlechtreden, aber es ist immer ein Geben aus Luxus und Bequemlichkeit, etwas, worauf man verzichten kann.

So gehen wir oft auch mit unserem Leben um. Ja, wir sagen vielleicht als Christen, Gott sei der Herr unseres Lebens. Aber wenn Gott dann etwas fordert, sagen wir oft, das war eigentlich nicht so gemeint.

Ich sage nicht, dass Gott von uns dasselbe fordert wie von Abraham oder Hiob, und das ist sicher auch gut so, weil unser Glaube nicht so weit geht. Aber wisst ihr, wir reden hier von Anbetung. Und wir haben in der Einleitung gelesen, dass der Vater Anbeter sucht – Anbeter, die bereit sind, diese Herrschaft, die gute Herrschaft eines guten Gottes über ihr Leben zu akzeptieren.

Persönliches Beispiel für Anbetung im Alltag

Ich will euch ein Beispiel aus meinem Leben geben, ein klitzekleines.

Ich war vorletzten Montag, am achtzehnten September, in Wolfsburg. Wie ihr wisst, arbeite ich dort. Es war ein ganz normaler Tag, mitten in diversen Meetings und Vorbereitungen. Um 16:13 Uhr bekam ich eine SMS von meiner Schwester, dass meine Großmutter im Sterben liegt. Ich wusste, dass es ihr mit 93 nicht gut geht, aber dass es so dramatisch sei, wusste ich nicht.

Jemand, der mir sehr, sehr lieb ist und von dem ich weiß, dass ihr Leben in Gottes Hand ist, der gläubig ist und eigentlich schon darauf gewartet hat, heimzugehen – so, wie ein Christ das sagen darf. Ich habe alles stehen und liegen gelassen und bin nach Kassel gefahren, wo sie wohnte. Ich hatte sie länger nicht gesehen, konnte dann aber den Abend noch mit ihr verbringen.

Es war so, wie meine Schwester sagt: Um halb zwölf habe ich mich verabschiedet, und morgens ist sie dann heimgegangen. Wisst ihr, natürlich war ich traurig als Mensch, und ich könnte auch jetzt immer noch heulen. Aber dieses Gefühl, dass dieser gnädige Gott meine Großmutter in seiner Hand hatte – das zu wissen und es an ihrem Sterbebett zu erleben, wie dankbar ein Mensch sein kann, sein Leben in Gottes Hand zurückzugeben – und die tiefe Freude, die ich empfand, dass ich diese letzten Stunden noch bei ihr sein durfte, das hat mein Herz gegenüber diesem großen Gott zum Jubeln gebracht.

Ich würde es euch nicht sagen, wenn es nicht so wäre: Ja, du verlierst etwas vermeintlich, und trotzdem bist du Gott dankbar. Dankbar über etwas, weil du siehst: Mann, ist das eine Gnade, so einen Menschen gekannt zu haben, einen Menschen zu erleben, der im hohen Alter dankbar nach Hause geht und sich darüber freut.

Ich persönlich war auch dankbar gegenüber meiner Oma, wenigstens in meinem Leben, das normalerweise wie ein Highspeed-Zug verläuft, wirklich ausgestiegen zu sein in der Nacht und einfach da gewesen zu sein, wenigstens ein paar Stunden da gewesen zu sein.

Ich sage das nicht, weil es so ein gutes Beispiel ist, ich sage es euch, weil es ein ganz nahes Beispiel für mich ist. Wisst ihr, Anbetung bedeutet, Gott als den obersten Herrscher meines und eures Lebens anzuerkennen. Jeder von uns hat ein Päckchen oder zwei oder drei Erfahrungen und Dinge in seinem Leben, die er gerne weg haben möchte oder bei denen er sagt: Gott, verstehe ich nicht, habe ich keine Ahnung, was das jetzt soll.

Fragt euch mal, ob das nicht eine Aufgabe ist, wo Gott euch zur Anbetung führen möchte – und zwar in diesem Sinne.

Die dritte biblische Grundlage: Ehrerbietung gegenüber Gottes Wesen

Ein dritter Punkt ist der Wechsel der Beispiele wegen meines Neuen Testamentes: Anbetung ist Ehrerbietung gegenüber Gottes Wesen.

In Matthäus 2,11 lesen wir von den Sterndeutern, diesen Männern aus dem Morgenland, vielleicht aus Babylon, Astrologen, die zu dem Jesuskind kommen, ihm huldigen und ihm Gaben bringen. Was hat denn das Jesuskind den beiden gegeben? Relativ wenig. Jesus als Mensch wurde von seiner Mutter Maria versorgt und konnte im eigentlichen Sinne nichts geben. Die Sterndeuter kommen zu ihm und huldigen ihm wegen seines Titels, nämlich König zu sein und Sohn Gottes.

In Matthäus 14,33 erleben die Jünger einen großen Sturm auf dem Wasser. Jesus kommt zu ihnen und steigt in das Boot. Ganz plötzlich, obwohl die Todesangst ihnen noch ins Gesicht geschrieben steht, wird alles still. Man könnte die Stecknadel im Boot fallen hören, vielleicht schaukelt es noch ein bisschen. Jesus hat einen Fuß auf die Planke gesetzt – so habe ich es mir immer vorgestellt – und der Wind verstummt.

Die Bibel sagt in Matthäus 14,33: „Die aber in dem Schiff waren, kamen und warfen sich vor ihm, dem Herrn Jesus, nieder und sprachen: Wahrhaftig, du bist Gottes Sohn.“ Sie sagen nicht in diesem Moment „Danke“, dass Jesus vorbeigekommen ist und den Sturm gestoppt hat. Sie sagen nicht „Danke“ für die große Tat, dass er sie aus der Todesangst gerettet hat, obwohl sie das sicher alle auch in ihrem Herzen empfanden.

Nein, sie fallen nieder. Und genau das meint diese Huldigung, diese Ehrerbietung, die vom Wort „Anbetung“ her verstanden wird. Sie erkennen in dem, was Jesus tut, sein Wesen – nämlich Gottes Sohn zu sein, Gott in wahrer Person und Mensch geworden auf dieser Erde. Vor diesem Gott werfen sie sich freiwillig, mit eigener Entscheidung, als erwachsene Männer in einem Boot auf die Knie.

Vielleicht hätte manch einer vom Ufer aus mit dem Fernglas geschaut und gesagt: „Sind die denn alle noch ganz bei Trost?“ Das war ihnen völlig egal. Für sie war es das einzig angemessene Zeichen der Ehrerbietung gegenüber dem Sohn Gottes, dessen Tat sie gerade als Herr über die Schöpfung erlebt hatten.

Ich habe gesagt: Drittens ist Anerkennung Ehrerbietung gegenüber Gottes Wesen. Und wisst ihr, das ist mehr als Dankbarkeit für Taten.

Die Beziehung zu Gott als Wesen und Person

Im Detail mit diesem Thema anzufangen bedeutet, dass wir als Christen oder auch als Menschen, die einfach an Gott glauben, aber keine intensive Beziehung zu ihm haben, schon viel lernen könnten, wenn wir einfach dankbar für Gottes Taten wären. Doch wir würden noch am Kern dessen vorbeigehen, was Gott eigentlich möchte: dass wir sein Wesen erkennen und verstehen dürfen. Gott will eine Beziehung zu uns, die nicht nur auf einem Leistungsaustausch beruht.

Thomas und Doro haben geheiratet. Sie heiraten doch nicht, weil der eine das Geld verdient und der andere besser kochen kann. Das ist kein Komplementärgeschäft, bei dem man sagt: „Weil wir gerade so gut zusammenpassen, machen wir das halt mal gemeinsam, irgendwie ist es einfacher zusammen.“ Nein, wir kennen die beiden ein bisschen. Sie haben sich lieb, sie wollen miteinander zusammen sein, und das ist auch gut so.

Da sind zwei Wesen, die sich mögen. Sie werden noch viel Zeit miteinander verbringen und sicher auch die eine oder andere Überraschung am Wesen des anderen erleben. Das kann ich euch versprechen. Ich dachte auch, ich kenne meine Frau, als ich sie geheiratet habe. Manches war tatsächlich so, wie ich vermutet hatte, aber dazu mehr in einer anderen Predigt.

Nein, wisst ihr, genau das ist es, was Gott will. Gott ist ein wirkliches Wesen, und wir sind Personen, Persönlichkeiten, weil Gott eine Person ist. Habt ihr schon mal darüber nachgedacht? Die Philosophie behauptet, Gott sei eine Projektion unserer Gedanken. Alles, was wir uns von einem Gegenüber wünschen, projizieren wir in den Himmel. Die Schrift klärt uns jedoch über das genaue Gegenteil auf.

Als Gott den Menschen machte, hauchte er diesem Staubklotz den Atem, den Odem des Lebens ein. So wurde der Mensch zu einer lebendigen Seele. Wir sind Persönlichkeiten, die denken, Wesen mit Charakterzügen, weil das ein Stück vom Charakter Gottes ist. Zumindest das, was heute nach dem Sündenfall und vielen tausend Jahren Menschheitsgeschichte davon noch übrig geblieben ist.

Deshalb wünscht sich Gott, dass wir sein Wesen erkennen und anerkennen. Wenn die Jünger in dem Schiff sagen: „Du bist Gottes Sohn“ und sich vor ihm auf die Knie werfen, dann ist das genau das, was Gott von uns möchte. Dass wir ihn wegen seines Wesens liebhaben, so wie Thomas seine Doro liebhat – nicht, weil sie so gut Kaffee kocht. Vielleicht auch, aber das wird wahrscheinlich nicht alles sein.

Gottes Erkenntnis und die Wirkung der Anbetung in der Gemeinde

Dann kommt man zu Gottes Erkenntnis. Dieser Gedanke findet sich im Neuen Testament an vielen verschiedenen Stellen – und zwar nicht nur für Christen.

Im ersten Korintherbrief geht es darum, wie man sich in der Gemeinde verhalten soll. Die Korinther waren in mancher Hinsicht etwas durcheinander und brachten einiges durcheinander. Paulus erklärt ihnen deshalb einiges.

So lesen wir zum Beispiel in 1. Korinther 14,24-25: Wenn aber alle Mitglieder in der Gemeinde weissagen und irgendein, und gemeint ist ein Beliebiger – sei es ein Ungläubiger oder auch ein Unkundiger – hereinkommt, so wird er von allen von seiner Sünde überführt und von allen beurteilt. Das Verborgene seines Herzens wird offenbar.

Das ist etwas, was ein Mensch nicht aus sich selbst tun kann. Es ist eine Wirkung des Geistes Gottes, wenn ein Mensch von seiner Sünde überzeugt wird und merkt: Im Angesicht dieses großen Gottes passe ich nicht dazu. Das ist Sündenerkenntnis – der Moment, in dem ich erkenne, dass das einfach nicht passt.

Das verborgene Sein des Herzens wird offenbar. So wird dieser Mensch auf sein Angesicht fallen, Gott anbeten und verkündigen, dass Gott wirklich unter euch ist.

Die Anbetung in der Gemeinde ist dieses Erleben, bei dem Menschen sich im Lichte Gottes erkennen, sich vor Gott niederwerfen und ihn anerkennen. Hier geht es um einen Menschen, der vorher vielleicht noch nie in einer Kirche war – einen Unkundigen sozusagen. Es geht nicht um intellektuelle Erkenntnis, wie: „Hoppla, ich habe ein theologisches Diplom“ oder „Ich habe endlich den geistigen Zugang zur Bibel gefunden“ – alles gute Dinge.

Der entscheidende Schritt ist die innere Anerkennung Gottes als deinen persönlichen Herrn. Wann hast du, wann habt ihr, wann haben sie das letzte Mal so persönlich zu deinem Gott gebetet?

Die vierte biblische Grundlage: Vertrauen und Hilfe in ausweglosen Situationen

Ein letzter und vierter Punkt der Definition von Anbetung lautet: Im Vertrauen auf Gott sich zu werfen, von dem allein Hilfe zu erwarten ist. Es bedeutet, sich auf Gott zu verlassen, der allein helfen kann.

Ein Beispiel, das mir sehr ans Herz gewachsen ist, findet sich in Matthäus 27. Dort begegnet man einem Gläubigen, der neben Jesus am Kreuz hängt. Wenn man die Situation genau betrachtet, zeigt sich, dass dieser Gläubige vermutlich wenig theologische Erkenntnis hatte. Er war vermutlich jemand, der vielleicht nur noch ein oder zwei Stunden zu leben hatte. Dennoch hat er einige wesentliche Dinge verstanden.

Das Erste ist, dass der, der da hängt, unschuldig ist. Woher der Gläubige dieses Wissen hatte, ist nicht ganz klar. Vielleicht hat er Jesus in den letzten Stunden einfach begleitet. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass mehrere Personen gleichzeitig verurteilt, gepeinigt und gekreuzigt wurden.

Das Zweite ist, dass er sagt: „Jesus, gedenke meiner, wenn du in dein Reich kommst.“ Er wusste, dass Jesus ein Reich hat, dessen Leben nach dem Tod weitergeht. Jesus muss also nicht von dieser Welt sein, sondern ein Höherer. Und wenn Jesus dort ankommt, muss er sich nicht hinten anstellen, sondern steht ganz vorne. Er ist der König, der Herrscher in dem Reich, das in den nächsten Stunden beginnt – nämlich wenn der Tod eintritt.

Auf diesen wirft sich der Gläubige und bittet: „Jesus, gedenke meiner.“ So hat er es nicht wörtlich gesagt. Er hing am Kreuz, und ihr wisst, dass dies ein Tod durch Ersticken ist. Man möchte es nicht zu genau ausmalen, aber eigentlich hängt man da, und der Brustkorb zieht sich nach unten. Es war mit Sicherheit ein fürchterliches Gestammel und eine unglaubliche Qual, dass er diese Worte überhaupt noch herausbringen konnte.

Vielleicht stellte er sich auf die Nägel in seinen Füßen, zog sich an den Armen, die festgebunden oder genagelt waren, hoch und flüsterte: „Jesus, gedenke meiner.“ Dann machte er vielleicht eine Pause und fügte hinzu: „Wenn du in dein Reich kommst.“ Vielleicht waren das auch seine letzten Worte.

Daraufhin – wo wir als Theologen etwas ganz anderes erwartet hätten, wie etwa: „Bitte vergib mir“, oder ein Glaubensbekenntnis, oder die Bereitschaft, sich taufen zu lassen und ein guter Mensch zu werden – warf er sich mit seiner letzten Kraft auf Gott.

Jesus antwortete darauf: „Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein.“

Anbetung heißt also, sich im glaubenden Vertrauen auf Gott, von dem man allein Hilfe erwartet, in einer ausweglosen Situation auf ihn zu werfen.

Im ersten Petrusbrief findet sich dazu eine schöne Stelle: „Demütigt euch unter die mächtige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zur rechten Zeit, indem ihr alle eure Sorgen auf ihn werft.“ (1. Petrus 5,6-7)

Wir demütigen uns unter Gott, wenn wir unsere Sorgen auf ihn werfen. Das ehrt ihn, wenn wir sagen: „Ich mache es jetzt nicht alleine. Ich gebe dir das Paket ab. Bitte hilf du mir. Lass es dein Problem sein. Ich höre auf, ich habe keinen Plan mehr.“

Und wie oft könnten wir das wirklich in unserem Leben gebrauchen – viel mehr als ziellos herumzuzappeln, planlos in der Gegend herumzulaufen und uns sowie andere verrückt zu machen.

Was Anbetung nicht ist: Keine Option, kein Lippenbekenntnis, kein Ritual

Gut, was ist Anbetung nicht?

In Offenbarung 15,4 steht: „Alle Nationen werden kommen und den König der Nationen anbeten.“ Und in Philipper 2,9-11 heißt es, nach der Beschreibung des Opfers des Herrn Jesus: „Darum hat Gott ihn, Jesus, hocherhoben und ihm den Namen verliehen, der über jeden Namen ist, damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der himmlischen und irdischen und unterirdischen, und jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zur Ehre Gottes des Vaters.“

Anbetung ist keine Option. Die einzige Wahl, die wir haben, ist, ob wir unsere Knie willentlich als Menschen mit Verstand und Willen hier auf dieser Erde vor Gott beugen oder nicht. Jeder von uns, der hier sitzt und auch draußen, ob er Gott kennt oder nicht, ob es ihm egal ist oder ob er es ablehnt – er wird seine Knie vor Jesus Christus beugen müssen. Dann ist es keine freie Wahl mehr.

Gott macht genau darin den Unterschied: Die Menschen, die ihr hartes Herz aufgeben und sagen: „Gott, ich beuge mich willentlich vor dir“, das sind die, die er zu Kindern Gottes macht. Die anderen werden es irgendwann einmal tun müssen. Das sage nicht ich, und ich will keine Angst machen, aber ich glaube, das ist ein ernster Gedanke: Anbetung ist keine Option. Entweder wir wählen Gott freiwillig, oder wir werden unsere Knie vor ihm beugen müssen, und dann gibt es keine Möglichkeit mehr, standhaft zu bleiben.

Zweitens: Was ist Anbetung nicht? Anbetung ist auch kein Lippenbekenntnis, kein Formalismus und kein Ritual. In Matthäus 15,8 sagt Jesus zu den Theologen und dem ganzen Volk Israel: „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir.“

Gott legt keinen Wert auf unsere Lippen, wenn unser Herz – das in der Bibel der Sitz von Verstand, Wille und Persönlichkeit ist – nicht dasselbe sagt. Meist merkt man das an den sechseinhalb Tagen vor und nach dem Gottesdienst, was unser Herz eigentlich denkt und tut.

Jesus sagt: „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir.“ Anbetung ist eine bewusste und willentliche Unterordnung. Sie ist kein Lippenbekenntnis, kein Formalismus und kein Ritual um seiner selbst willen.

In jedem Gottesdienst gibt es Rituale, und jede Kirche oder Gemeinde hat im Laufe der Zeit ihre eingeübten Formen. Das geht gar nicht anders. Aber das ist nicht Anbetung, wenn man dort einfach nur um der Form willen mitmacht.

Drittens: Was ist Anbetung nicht? Anbetung ist kein musikalischer Stil und keine aufgesetzten Emotionen, wenn nicht das Leben im Gehorsam dahintersteht.

Warum sage ich das? Weil die Bibel das in Amos 5 sehr deutlich macht. Diese Stelle sollten wir lesen: „Ich hasse, spricht Gott, ich verwerfe eure Feste und eure Festversammlungen; ich kann sie nicht mehr riechen. Wenn ihr mir Brandopfer bringt, missfallen sie mir, und an euren Speisopfern habe ich kein Gefallen. Das Heilsopfer eures Mastviehs will ich nicht ansehen. Halte den Lärm deiner Lieder von mir fern, und das Spiel deiner Harfen will ich nicht hören.“

Anbetung ist keine aufgesetzte Emotion und kein Musikstil, wenn unser Leben nicht das Leben des Gehorsams gegenüber Gott widerspiegelt.

Hier geht der Vers weiter: „Habt ihr mir vierzig Jahre in der Wüste Schlachtopfer und Speisopfer gebracht, Haus Israel? Ja, ihr habt den Sikut, euren König, und Kion getragen, eure Götzenbilder, den Stern eurer Götter, die ihr euch gemacht habt.“

Diese Götzen haben nämlich der Form halber immer mitgesungen, aber in Wirklichkeit haben sie ihre Hausgötzen immer unter dem Mantel gehabt. Das ist wie: „Ja, Gott, wenn du Schöpfer bist, dann nehme ich dich auch noch mit.“ Viele Götter, die helfen können – einer mehr ist auch nicht schlecht.

Aber Anbetung ist ein Exklusivrecht. Anbetung gehört dem Höchsten, und man kann sie in seinem Leben eigentlich nur einmal geben, weil es nur einen gibt, dem man diese Unterwerfung geben kann und dem sie gebührt und gehört.

Anbetung als Anfangspunkt für ein brauchbares Leben mit Gott

Zum Schluss: Anbetung ist der Anfangspunkt für ein Leben mit Gott, das für ihn brauchbar ist. In Jesaja 66,2 steht: Gott sagt, auf den will ich blicken – auf den Elenden und den, der zerschlagenen Geistes ist und der da zittert vor meinem Wort.

Gott will keine kaputten Menschen, weil sie ihm besonders gefallen oder weil er an den Kranken mehr Gefallen hat als an den Gesunden. Das wäre widersinnig. Vielmehr sucht Gott Menschen, die erkannt haben, wer sie selbst vor ihm sind. Mit solchen Menschen kann er etwas anfangen.

Diejenigen aber, die meinen, sie seien toll, die unheimlich viel können und sich damit ins Getümmel stürzen, glauben, sie könnten etwas bauen, das in der Ewigkeit Bestand hat. Das reißt Gott ein.

Zum Abschluss vielleicht noch ein Satz von mir: Auf Anbetung folgt Auftrag. Und Brauchbarkeit geht Zerbruch voraus.

Abschluss mit dem Beispiel von Johannes und Petrus

In der Offenbarung, damit bin ich dann wirklich am Ende der Predigt, gibt es das Kapitel eins, das ich sehr gerne mag. Dort beschreibt Johannes die Situation, wie er auf der Insel Patmos in einem Nachtgesicht dem Herrn Jesus begegnet. Vielleicht war es auch ein Taggesicht oder eine tatsächliche Erscheinung.

Johannes schreibt: „Und ich wandte mich um und sah den, der mit mir redete.“ Dann folgt die Beschreibung dieses Menschensohnes (Offenbarung 1,11). Und weiter heißt es: „Und als ich ihn sah, da fiel ich zu seinen Füßen wie tot.“ Das ist diese Anbetung, von der wir die ganze Zeit gesprochen haben.

Die Geschichte geht weiter. In Offenbarung 1,17 sagt Jesus: „Fürchte dich nicht!“ Danach folgt der Auftrag: „Was du gesehen hast, das schreibe in ein Buch.“ Daraus ist die Offenbarung des Johannes entstanden.

Wenn wir uns an die Situation von Petrus erinnern, sehen wir einen großen Zerbruch. Dieser starke Mann hatte mit Selbstvertrauen gesagt: „Ihr alle seid doch Schwächlinge, ihr werdet Jesus verleugnen. Aber ich, ich nicht. Hohoho, ich nicht!“ Doch er muss bitterlich weinen, weil er den Herrn in der schwersten Stunde dreimal verleugnet hat. Das Zeichen des krähenden Hahns hatte er völlig vergessen. Als der Hahn kräht, bricht dieser starke Mann zusammen. Die Schrift sagt: „Er ging hinaus und weinte bitterlich.“

Diesen zerbrochenen Petrus, der vorher ziemlich stark war, sucht Jesus ganz persönlich auf. In Johannes 21 findet die Begegnung zwischen Jesus und Petrus am Fischteich statt. Jesus fragt ihn: „Petrus, hast du mich lieb? Liebst du mich mehr als die anderen?“ Petrus antwortet nicht mehr selbstsicher, sondern sagt nur noch: „Herr, du weißt es, du kennst mein Herz.“

Nachdem Jesus diese Begegnung mit ihm hatte und Petrus nicht mehr der ganz Große ist, der selbstsicher nach vorne stürmt, sagt Jesus zu ihm: „Weide meine Lämmer, weide meine Schafe.“ Was daraus geworden ist und wie Petrus ein Hirte im Volk Gottes wurde, wissen alle, die die Apostelgeschichte und die folgenden Kapitel kennen.

Lasst uns vielleicht mit einem neuen, neu erwachten Bild von Anbetung gewinnen, das vom Wesen des Herrn Jesus ausgeht. Wenn wir jetzt die Lieder singen, die uns bewusst auf das hinweisen wollen, was der Herr Jesus für uns getan hat, und Gemeinschaft haben wollen, dann lasst uns vielleicht ganz bewusst in diesem Gedanken nachher auch das Brot bringen und brechen.

„Dem, der uns liebt“, sagt Offenbarung 1, „der uns von unseren Sünden gewaschen hat in seinem Blut, der uns gemacht hat zu Priestern seines Gottes und Vaters, ihm sei die Herrlichkeit in alle Ewigkeit. Amen.“

Vielen Dank an Jürgen Fischer, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!

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