Tauch wurde näher angeschaut.
Einführung in die Bedeutung von Namen und Beziehung im Hohen Lied
Wir gehen zu Seite zwei unter dem Thema „Besonderheiten im Hohen Lied“. Salomo und Sulamit: Salomo wird siebenmal mit seinem Namen genannt. Hebräisch heißt Shlomo „Mann des Friedens“. Man kann den Namen vom hebräischen Wort „Shalom“ ableiten, das „Friede“ bedeutet. Es ist schon bemerkenswert, dass dieser Name siebenmal erwähnt wird.
Beim letzten Bibelstudientag haben wir den Prediger von Salomo durchgenommen. Dort wird sein Name nicht einmal genannt. Er nennt sich nur „Sohn Davids“ in Jerusalem, der König war und weiser als alle seine Vorgänger. In diesem Buch nennt er sich nie Salomo, den „Mann des Friedens“. Das steht jedoch genau im Einklang mit dem Charakter des Buches.
Im Prediger beschreibt Salomo eine Zeit, in der er sich völlig vom Herrn entfernt hatte und keinen Frieden fand. Als alter Mann kehrt er zurück und warnt die jungen Leute, nicht seine Torheiten zu wiederholen. Deshalb ist es sehr passend, dass er sich dort nie Schlomo nennt.
Im Hohen Lied hingegen sehen wir eine glückliche Beziehung – einerseits zwischen Salomo und Sulamit, andererseits in der Übertragung zwischen dem Herrn und seinem Volk. Hier ist dieser Name sehr treffend.
Die Frau wird zweimal genannt, in Kapitel 6, Vers 13: Sulamit, „Frau des Friedens“. Das ist eine schöne weibliche Entsprechung, denn Shulamit kommt ebenfalls von der Wurzel „Shalam“ beziehungsweise dem Hauptwort „Shalom“, also „Friede“. Darum übersetze ich mit „Frau des Friedens“. Sie findet wirklich Erfüllung und Ruhe in dieser Beziehung.
In Kapitel 8, Vers 10 sagt sie: „Ich bin eine Mauer, und meine Brüste sind wie Türme. Da wurde ich in seinen Augen wie eine, die Frieden findet.“ Sie vergleicht sich mit einer Stadt, die erobert wird und mit dem Eroberer einen Friedenspunkt schließt. Dabei findet sie innere Erfüllung und Frieden in der Beziehung, eben als Schulamit zu Schlomo.
Die Vielfalt der Kosenamen und ihre Bedeutung
Wer keine schönen Namen für seine Frau kennt, wird im Hohenlied reich beschenkt. Ich habe hier verschiedene Namen zusammengestellt. Wie schon gesagt, wird sie sechsmal Kalla, Braut genannt. Neunmal nennt er sie Rajati, Freundin – meine Freundin heißt das, Rajati, meine Freundin.
Rajah bedeutet Freundin, Rajati meine Freundin, neunmal. Wie übel wäre es, wenn jemand beim Lesen des Buches denkt: „Aha, da haben wir eine Freundschaft, eine lose Freundschaftsbeziehung.“ Nein, meine Frau ist meine Freundin. Und das sage ich meinen Kindern immer wieder: Ich habe auch eine Freundin, meine Frau ist meine Freundin, und wir haben es toll zusammen. Wirklich, es ist schön, eine Freundschaft zu haben. Aber es ist keine lose Beziehung, wie wir das in der Bibel nirgends positiv finden. Es ist eine Freundschaftsbeziehung – die Ehebeziehung muss eine Freundschaft sein.
Darum also neunmal „meine Freundin“. Dann dreimal Jonati, meine Taube, und zweimal Tamati, meine Vollkommene. Er war also schon überzeugt von ihr, ja? Meine Schwester Achoti wird fünfmal genannt – was eben die Vertrautheit ausdrückt, dass sie sich genau kennen, genauso wie man in der Familie einander durchschaut. Jeder kennt den anderen. Es ist eine Beziehung der Offenheit, und das kommt eben in Achoti zum Ausdruck.
Meine Schöne, Jaffa Ti – das Jaffa-Tor kennt man ja in Jerusalem. Da sage ich: das schöne Tor, das eben in Richtung Jaffa geht, bei Tel Aviv. Jaffa Ti, meine Schöne. Und dreimal wird sie „Du Schönste unter den Frauen“ genannt. Da könnte jemand sagen: „Ja, aber das könnte ich meiner Frau jetzt nicht sagen.“ Aber das stimmt gar nicht. Es gibt eine subjektive Schönheit, sodass jeder Mann von seiner Frau sagen kann: Du bist die Schönste unter den Frauen, weil keine gleich ist wie die andere. Und es ist genau die, die er gewählt hat.
So ist es auch, wenn man Sprüche 31 liest, die tugendhafte Frau. Da könnten manche irgendwie frustriert sein, was sie alles kann. Dann heißt es am Schluss von Sprüche 31, Vers 28: „Ihre Söhne stehen auf und preisen sie glücklich, ihr Mann steht auf und rühmt sie: Viele Töchter haben wacker gehandelt, du aber hast sie alle übertroffen. Die Anmut ist Trug und die Schönheit Eitelkeit; eine Frau, die den Herrn fürchtet, sie wird gepriesen werden.“ Und das ist wirklich ein subjektives Lob, ein subjektives Lob, das jedermann seiner Frau geben kann. Das ist ganz wichtig sogar.
Und schließlich einmal Kapitel 7, Vers 1, Fürstentochter, und Vers 9 – das kann aber je nach Übersetzung verschieden sein. Dort nennt er sie Bara, die Reine, ein ganz wertvoller Titel, ein wertvoller Name, ein Kosename: die Reine. Aber auch sie hat schöne Namen.
Also, wer zu wenig schöne Namen für seinen Mann kennt, der lernt hier: „Den meine Seele liebt“ wird fünfmal mein Freund genannt, Reyn. Es ist eben eine gegenseitige Freundschaft.
Dann wird 32-mal genannt, dass er geliebt wird, er wird Geliebter genannt. Je nach Zusammenhang kann es sein: Dodi, mein Geliebter, „Kol dodi“ – Stimme meines Geliebten, oder wenn andere zu ihr sprechen: „Dodech“, dein Geliebter, oder wenn man über sie spricht: ihr Geliebter, oder über ihn spricht: ihr Geliebter, dann heißt es Dodah. Aber 32-mal wird Salomo Geliebter genannt. Ich habe hier alle Stellen aufgeführt. Und fünfmal wird er Melech, König, genannt.
Entwicklung und Wachstum der Liebe im Hohen Lied
Ich habe bereits im Zusammenhang mit dem Aufbau des Buches erklärt, wie es in der Liebe Veränderungen gibt. Die Freude der Liebe ist der Anfang, dann folgt die Sehnsucht der Liebe. Danach erleben wir auch die Höhen und Tiefen der Liebe, bis es schließlich zur Vollkommenheit der Liebe kommt.
Was wir feststellen können: In der Liebesbeziehung im Hohen Lied gibt es ein Wachstum. Dabei ist es wichtig, daran zu denken, dass es nicht nur um die Verlobungszeit geht – das erscheint jedem selbstverständlich – sondern um die Ehe. In der Ehe zeigt sich eine wachsende Liebesbeziehung.
Dieses Wachstum der Liebe finden wir in drei Stufen. Sulamit sagt in Kapitel 2, Vers 16: „Mein Geliebter ist mein, und ich bin sein.“ Hier steht die eigene Person im Vordergrund. Das ist ganz natürlich zu verstehen.
Doch es kommt zu einer Entwicklung, wenn wir in Kapitel 6, Vers 3 lesen: „Ich bin meines Geliebten, und mein Geliebter ist mein.“ Die Reihenfolge wird hier umgedreht. Sie denkt zuerst an ihn. Das bedeutet, die eigene Person rückt in den Hintergrund.
Später, in Kapitel 7, Vers 10, sagt sie: „Ich bin meines Geliebten, und nach mir ist sein Verlangen.“ Hier geht es nur noch um ihn. Sie stellt sich in den Hintergrund, ihre Person wird aufgelöst, während seine Person im Vordergrund steht.
So ist es auch, wenn jemand zum Glauben kommt. Anfangs freut er sich darüber, dass der Herr Jesus sein Erlöser und Herr ist. Doch es ist ein Wachstum des Glaubens, bis man dahin kommt, auch daran zu denken, wie der Herr empfindet und was wir für ihn bedeuten.
Es gibt Stellen, die deutlich sagen, dass Christus uns für sich erworben hat. Das bedeutet, dass wir nicht immer nur daran denken, was der Herr für uns getan hat, sondern auch daran, was der Herr getan hat, um Gott zu verherrlichen.
Dabei rückt unsere Person in den Hintergrund. Es geht mehr um den Herrn. Dieses Wachstum der Liebe bedeutet, dass er immer wichtiger wird und es nicht dauernd um uns und unsere Bedürfnisse geht, sondern um ihn, seine Pläne und seine Empfindungen.
Die Bedeutung von Natur und Geographie im Hohen Lied
Jetzt können wir zum Thema Natur und Geographie übergehen, da ich dazu bisher noch nichts gesagt habe. Die Natur spielt eine große Rolle im Hohenlied. Dabei sehen wir erneut, wie alttestamentlich das Irdische als Schöpfung Gottes betrachtet wird, die wir nicht verachten dürfen.
Das Wissen um unsere himmlische Zukunft führt nicht dazu – und soll nie dazu führen –, dass das Irdische als minderwertig angesehen wird. So wie die Ehe als irdische Einrichtung nicht minderwertig ist, gilt das auch für die Natur, die Gott geschaffen hat. Sie ist ebenfalls nicht minderwertig. Die romantische Liebe steht ganz natürlich auch in Verbindung mit der Naturverbundenheit. Das erklärt die vielen Hinweise auf die Natur im Hohenlied.
Wir finden Hinweise auf über 22 verschiedene Pflanzenarten. Zum Beispiel wird einmal der Ölbaum erwähnt, wobei in Kapitel 1, Vers 3, über das Salböl gesprochen wird. Außerdem tauchen Narde, Myrrhe, Superblume, Zeder, Zypresse, Narzisse, Lilie, Dornen, Apfelbaum, roter Hahnenfuß (ich zeige dir noch, wo), Feigenbaum, Weinstock, Weihrauchstrauch, Granatbaum, Safran, Würzrohr, Zimtbaum, Aloe, Balsamstrauch, Dattelpalme, Alraune und Walnussbaum auf.
Doch es bleibt nicht bei der Pflanzenwelt. Es gibt auch Hinweise auf circa dreizehn verschiedene Tierarten. Es wird über Ziegen gesprochen, über das Pferd, den Steinbock (im Namen Ein Gedi, was „Quelle des Steinböckleins“ bedeutet), Gazelle, Hirsch (zum Beispiel im Refrain), den Gelbsteißbüll (ich zeige noch, wo), die Turteltaube, die Felsentaube, Fuchs oder Schakal – wobei das hebräische Wort „schual“ beide Tiere bezeichnen kann – sowie Schaf, Löwe, Leopard, Rabe und indirekt natürlich den Elefanten, wenn von Elfenbein die Rede ist.
Auch die Biene wird erwähnt, wenn es um Honig und Wabe geht, der Wurm der Kermesschildlaus, wenn es um Karmesin geht, und die Purpurschnecke, wenn es um Purpur geht.
Die Natur spielt also eine ganz große Rolle. Ich möchte dies anhand der wunderbaren Beschreibung des Jahreszyklus in Kapitel 2, Verse 10 bis 14, zeigen. Dieser Punkt ist auf dem Blatt der letzte.
Die poetische Darstellung des Jahreszyklus und seine Bedeutung
Ich lese den Text, den ich gleich hier ausgedruckt habe, in der Übersetzung der alten Elberfelder, ein wenig überarbeitet von mir.
Zwei Vers zehn:
Mein Geliebter hob an und sprach zu mir. Die Schrägstriche zeigen an, wo im Hebräischen die poetischen Verszeilen enden.
Mein Geliebter hob an und sprach zu mir:
Mache dich auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm! Denn siehe, der Winter ist vorbei, der Regen ist vorüber, er ist dahin. Die Nizanim erscheinen im Lande – das ist der rote Hahnenfuss –, die Zeit des Samir – das ist der Gelbsteissbülbüll – ist gekommen, und die Stimme der Turteltaube lässt sich hören in unserem Lande. Der Feigenbaum rötet seine Feigen, und die Weinstöcke sind in der Blüte, geben Duft.
Mache dich auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm, meine Taube, in den Klüften der Felsen, im Versteck der Felswände. Lass mich deine Gestalt sehen, lass mich deine Stimme hören, denn deine Stimme ist süß und deine Gestalt anmutig.
Ich habe in Vers zwölf natürlich nicht übersetzt: „Der rote Hahnenfuss erscheint im Lande“, da das nicht ganz so poetisch klingt. Darum habe ich das hebräische „die Nizanim erscheinen im Lande“ beibehalten. Auch habe ich nicht „die Zeit des Gelbsteissbülbüll ist gekommen“ übersetzt, sondern „die Zeit des Samir ist gekommen“.
Hier haben wir eine wunderbare Beschreibung des Jahresablaufs. In Vers 11 heißt es: „Denn siehe, der Winter ist vorbei, der Regen ist vorüber, er ist dahin.“ In der Fußnote sieben habe ich vermerkt, dass dies die Regenzeit in Israel ist. Von der zweiten Hälfte Oktober, nach dem Laubhüttenfest, beginnt mit dem Frühregen die winterliche Regenzeit. Sie dauert bis Ende März, bis vor das Passafest, und endet mit der Schlussphase dieser Regenzeit, dem Spätregen.
Diese Zeit der Kälte und des Regens ist nun vorbei. Jetzt kann man wieder hinausgehen. Das ist die Zeit des Frühlings, in der auch die Liebe neue Impulse bekommt.
So haben wir dann in den nächsten Verszeilen, Vers zwölf: „Die Nizanim erscheinen im Lande.“ Das wäre also der rote Hahnenfuss, der Anfang April in Israel zu blühen beginnt – eine schöne rote Blume. Ich beziehe mich dabei auf Hare Uweni, Fußnote sechs, sein Büchlein über Ökologie in der Bibel, Neot Kedumim 1974. Es ist ein wunderbares Büchlein eines israelischen Biologen, der Pionierarbeit geleistet hat, gerade in den Jahren nach der Staatsgründung Israels. Er verbindet die Kenntnis der israelischen Natur mit den biblischen Gegebenheiten.
Er hat eine ganze Reihe von Büchern geschrieben, die auch schön illustriert sind. Dort findet man viele Dinge, die ein Europäer schlicht nicht wissen kann über die Natur. Es gibt auch interessante Passagen, in denen er erklärt, wie die Bibelkritik diese Stelle in Jeremia als fehlerhaft kritisiert hat. Er sagt, die Kritiker wüssten einfach nichts von der Biologie Israels. Sie hätten besser geschwiegen in ihrer Unwissenheit, anstatt die Bibel zu kritisieren. So in etwa.
Er hat auch ein Büchlein mit dem Titel „Ökologie in der Bibel“ geschrieben, in dem er diese Identifizierungen herausarbeitet. Frühere Übersetzer haben zum Beispiel „die Blumen erscheinen im Lande“ übersetzt. Aber „Nizanim“ sind nicht einfach Blumen, sondern rote Blumen. Im Arabischen, besonders im Irak, bezeichnet „Nisan“ rote Blumen. Das passt genau auf den roten Hahnenfuss, der nach der Regenzeit, Anfang April, blüht.
Dann heißt es: „Die Zeit des Samir ist gekommen.“ In der alten Elberfelder wurde das zum Beispiel mit „Die Zeit des Gesangs ist gekommen“ übersetzt. Denn „Samir“ hängt zusammen mit „Samar“, was mit Singen zu tun hat. Samir ist der Singende.
Aber das ist nicht einfach allgemein der Vogelgesang, sondern ein bestimmter Vogel: der Gelbsteissbülbüll. In Fußnote neun steht, dass der Gelbsteissbülbüll ein verbreiteter Vogel in Israel ist. Man kann ihn überall sehen, zum Beispiel in der Oase En Gedi, im Norden und so ziemlich im ganzen Land. Er ist etwas größer als ein Spatz und hat in der Steißregion eine auffällige gelbe Färbung.
Er hat eine monotone Stimme, aber im April ist Paarungszeit. Dann bekommt er eine melodische, wohlklingende Stimme. „Samir“ heißt also Sänger, und im Arabischen nennt man ihn „Bulbul“, was ebenfalls Sänger bedeutet. Daher kommt unser deutscher Name „Gelbsteiss-Bulbul“, der Gelbsteisssänger. Das ist der Samir, der in der Zeit der Liebe seine besondere Stimme bekommt, die sich ändert.
Weiter lesen wir: „Und die Stimme der Turteltaube lässt sich hören in unserem Lande.“ In Fußnote zehn habe ich erklärt, dass die Paarungszeit der Turteltauben früh im Mai beginnt. Man merkt, es geht Vers für Vers weiter im Ablauf des Jahreszyklus.
Vers 13: Der Feigenbaum rötet seine Feigen, und die Weinstöcke sind in der Blüte, geben Duft. Fußnote elf erklärt, dass das die Zeit Ende Mai ist.
Dann heißt es: „Mache dich auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm, meine Taube, in den Klüften der Felsen.“ Das ist nun nicht mehr die Turteltaube, sondern die Felsentaube. Ihr habt sicher die Felsen von En Gedi in der judäischen Wüste gesehen, in der Oase.
„Meine Taube in den Klüften der Felsen, im Versteck der Felswände, lass mich deine Gestalt sehen, lass mich deine Stimme hören, denn deine Stimme ist süß und deine Gestalt anmutig.“ Fußnote zwölf erklärt, dass die Paarungszeit der wilden Tauben von Mai bis Mitte Juni dauert. Sie machen ihre Nester in Felsklüften und Höhlen.
Das ist wirklich wunderschöne Poesie schlechthin. Hier erlebt das Liebespaar die Abläufe in der Natur und den Wandel der Jahreszeiten miteinander. Dadurch sehen wir, wie wichtig der christliche Glaube ist. Er ist nicht gespalten in das Irdische, das ein wenig verachtet wird, und das Himmlische.
Das ist eine Einheit, denn die Schöpfung kommt von Gott. Darum freuen wir uns an der Schöpfung. Die himmlische Zukunft kommt ebenfalls von Gott. Deshalb freuen wir uns auf das Kommen des Herrn und die himmlische Herrlichkeit.
Empfehlungen zur Vertiefung und Auslegung des Hohen Liedes
Nun, ich habe ja am Anfang gesagt, dass es heute um eine Einführung ins Hohelied geht. Wir können also nicht alle Verse miteinander durcharbeiten.
Eine Empfehlung für diejenigen, die das ganze Hohelied studieren wollen: Die schönste Auslegung, die ich je gefunden habe, ist schwierig zu bekommen. Im Prinzip ist sie seit vielen Jahren ausverkauft. Vielleicht kann man sie sich aber irgendwie noch ergattern. Es handelt sich um das Werk von W. J. Aunel, das ich in der Bibliographie auch aufgeführt habe: "Das Lied der Lieder", Schwellen 1976.
Das ist wirklich die schönste Auslegung überhaupt, gerade auch im Blick auf diejenigen, die nicht verheiratet oder alleinstehend sind. Es lohnt sich auch für sie, denn durch dieses Buch wird einem wirklich das Herz warm für unseren Erlöser durch das Hohelied.
Die wörtliche Bedeutung ist ja nur ein Aspekt. Dieses Lied ist uns in der Bibel gegeben, um gerade die Beziehung zu dem Herrn zu vertiefen, brennend zu machen und brennend zu erhalten.
Ich habe dann auch noch in der Biografie auf Andrew Miller verwiesen: "Betrachtungen über das Lied der Lieder", Neustadt an der Weinstraße, Neuauflage 1962. Wahrscheinlich ist auch dieses Buch sehr schwierig zu bekommen. Aber wer es unbedingt will, bekommt es manchmal ganz wunderbar. Es ist wirklich herzergreifend geschrieben.
Dann gibt es noch etwas ganz Kleines von Schwefel: "Das Hohelied 1,1-8". Das war ein Vortrag aus dem Jahr 1950. Auch das ist sehr herzergreifend, behandelt aber nur die ersten acht Verse.
Dabei merkt man, welche Fülle darin verborgen ist. Es ist fast nicht zu fassen, und fast nicht zu verstehen, warum dieses Buch unter Christen so vernachlässigt wird.
Ich möchte das nur stellenweise etwas illustrieren.
Detaillierte Beschreibung der Braut und die Bedeutung der Körperteile
In Kapitel vier finden wir ab Vers eins eine Beschreibung der Braut. Salomo beschreibt sie, seine Sulamit, mit den Worten: „Siehe, du bist schön, meine Freundin, siehe, du bist schön. Deine Augen sind Tauben hinter deinem Schleier, dein Haar ist wie eine Herde Ziegen, die an den Abhängen des Gebirges Gilead liegen. Deine Zähne sind wie eine Herde geschorener Schafe, die aus der Schwemme heraufkommen, welche alle Zwillinge gebären, und keines unter ihnen ist unfruchtbar. Deine Lippen sind wie eine Kamesin-Schnur, und dein Mund ist zierlich, wie ein Schnittstück einer Granate. Deine Schläfe ist hinter deinem Schleier. Dein Hals ist wie der Turm Davids, der in Terrassen gebaut ist; tausend Schilde hängen daran, alle Schilde der Helden. Die beiden Brüste sind wie ein Zwillingspaar junger Gazellen, die unter den Lilien weiden. Wie sich der Tag kühlt und die Schatten fliehen, will ich zum Myrthenberg hingehen und zum Weihrauchhügel.“
„Ganz schön bist du, meine Freundin, und kein Makel ist an dir. Mit mir vom Libanon herab, meine Braut, mit mir vom Libanon sollst du kommen; vom Gipfel des Amana herab sollst du schauen, vom Gipfel des Seni und Hermon, von den Lagerstätten der Löwen, von den Bergen der Panther. Du hast mir das Herz geraubt, meine Schwester, meine Braut, du hast mir das Herz geraubt mit einem deiner Blicke, mit einer Kette von deinem Halsschmuck. Wie schön ist deine Liebe, meine Schwester, meine Braut! Wie viel besser ist deine Liebe als Wein, und der Duft deiner Salben ist köstlicher als alle Gewürze bis dahin.“
Es fällt auf, wie genau der Blick Salomos für Sulamit ist. Er sagt nicht einfach nur allgemein „Du bist schön“, sondern er weiß auch warum. Er beschreibt ihre Augen in Vers 1, ihre Zähne in Vers 2, ihre Lippen in Vers 3 und am Ende desselben Verses ihre Schläfe. In Vers 4 beschreibt er den Hals, in Vers 5 die Brüste. So werden insgesamt sieben Körperteile erwähnt.
Es ist auch so, dass Sulamit, wenn sie ihren Geliebten beschreibt, sehr detailliert vorgeht. Die schönste Beschreibung findet sich in Kapitel 5, Vers 9. Auch hier sagt sie nicht einfach „Mein Geliebter ist schön“, sondern sie weiß warum und kann ihn genau beschreiben.
Dahinter steckt etwas ganz Wichtiges. Jemand hatte einmal Seelsorge bei einem Ehepaar, das wirklich am Ende war, kurz vor dem Zerbruch. Er gab ihnen die Aufgabe, alles Negative, was sie am anderen kannten, auf einem Blatt aufzuschreiben. Dann sollten sie sich gut überlegen, was Positives sie an ihrem Mann oder ihrer Frau finden. Das war sehr schwierig, denn sie fanden zunächst kaum etwas. Doch mit der Zeit entdeckten sie immer mehr positive Eigenschaften, die Liste wurde länger, und die Ehe wurde wieder geheilt.
Man lernt also, dass es in einer Ehe nicht nur wichtig ist, Großes zu schätzen, sondern auch die kleinen Details. Das zeigt sich hier bei Salomo und Sulamit.
In Kapitel 5, Vers 9 antwortet Sulamit auf die Frage der Töchter Jerusalems: „Was ist ein Geliebter vor einem anderen Geliebten? Du schönste unter den Frauen, was ist ein Geliebter vor einem anderen Geliebten, dass du uns so beschwörst?“ Diese Frage kommt nach einem Tiefpunkt in der Beziehung.
Darauf antwortet sie: „Mein Geliebter ist weiß und rot, ausgezeichnet vor Zehntausenden. Sein Haupt ist gediegenes, feines Gold, seine Locken sind herabwallend, schwarz wie der Rabe. Seine Augen sind wie Tauben an Wasserbächen, badend in Milch, eingefasst wie Steine. Seine Wangen sind wie Beete von Würzkraut, Anhöhen von duftenden Pflanzen. Seine Lippen sind Lilien, träufelnd von fließender Myrrhe. Seine Hände sind goldene Rollen, mit Topasen besetzt.“
Sie sieht also sogar die einzelnen Finger an. Die goldenen Rollen sind für sie die Finger, und die Topase sind die Fingernägel, die wie eingefasste Edelsteine wirken – jeder einzelne Fingernagel wird beachtet. Das ist schon sehr detailliert.
Weiter beschreibt sie: „Sein Leib ist ein Kunstwerk aus Elfenbein, bedeckt mit Saphiren. Seine Schenkel sind Säulen von weißem Marmor, gegründet auf Untersätze von feinem Gold. Seine Gestalt ist wie der Libanon, auserlesen wie die Zedern. Sein Gaumen ist lauter Süßigkeit, und alles an ihm ist lieblich. Das ist mein Geliebter und das mein Freund, ihr Töchter Jerusalems.“
Die Rolle der Geographie und Natur im Hohen Lied
Und dann fragen Sie: Wohin ist ein Geliebter gegangen?
Wir haben auch bei der Lektüre dieser beiden Abschnitte bemerkt, wie oft geografische Namen vorkommen – tatsächlich sehr viele im Hohen Lied. Ich habe das unter Punkt drei bei Natur und Geographie etwas zusammengestellt. Dort wird konkret die wunderbare Oase Engedi erwähnt, in Kapitel 1, Vers 14.
Engedi ist eine Oase am Toten Meer. Wer einmal dort war, möchte immer wieder dorthin zurückkehren, nicht wahr? In der heißen Wüste kommt man in diese Oase, folgt den Bächen hinauf in die Berge. Dort gibt es eine so wunderbare Vegetation, die vor den Sonnenstrahlen und der Hitze schützt. Durch die vielen Wasserfälle, die es dort auch im Sommer gibt, ist die Luft erfüllt von kleinen Wassertröpfchen – sehr erfrischend in der ausgetrockneten Wüste.
Engedi wird also erwähnt, ebenso Jerusalem, das immer wieder genannt wird. Dann die Scharon-Ebene, eines der fruchtbarsten Gebiete Israels am Mittelmeer, nördlich von Caesarea. Dort heißt es: „Ich bin eine Narzisse Scharons“ (Hohelied 2,1). Weiter wird Zion erwähnt (Kapitel 3, Vers 11), das Gebirge Gilead (Kapitel 4, Vers 1) und Tirza: „Du bist wie Tirza“. Tirza ist eine Stadt im heutigen, teilweise besetzten Westjordanland, also im Kerngebiet Israels. Sie war eine Stadt, die nach Salomo für eine Zeit Hauptstadt der Nordreichkönige war. Man vergleicht die Geliebte also mit dieser Stadt.
Jetzt erkennt man auch, woher wir die Namen für unser ältestes Mädchen haben: Tirza ist der erste Name, Sulamit der zweite.
Mir ist noch in Erinnerung geblieben, dass man Eintritt bezahlen musste, um ein Zedernwäldchen im Libanon zu besuchen, ganz knapp unter dem Gipfel des höchsten Punktes des Libanongebirges.
Dann wird der Gipfel des Amana erwähnt, der zum Antilibanon gehört und wo der Amana-Fluss entspringt. Auch Senir und Hermon werden genannt. Der Hermon ist der nördlichste Berg Israels und mit 2.814 Metern der höchste Punkt. Dort liegt im Winter viel Schnee. Vom Hermon gibt es sogar einen Skilift – ein gewaltiger Gegensatz zu Engedi.
Der Karmel wird erwähnt, dieses wunderbare Gebirge bei Haifa, bekannt für seine Pflanzen- und Tierwelt, unter anderem mit Hirschen.
Heschborn wird genannt, eine Stadt, die heute in Jordanien liegt, sowie Baal Hamon, wo Salomo einen Weinberg hatte (Kapitel 8, Vers 11).
All das gehört zu den Besonderheiten des Hohen Liedes. Man muss also die Natur und auch die Geographie des biblischen Landes im Auge behalten.
Zunächst sollte man sich Kapitel 4, Vers 1 vornehmen und versuchen, wörtlich zu verstehen, was gemeint ist. Danach folgt die geistliche Übertragung, die wirklich wertvoll ist, auch für unsere Beziehung zu dem Herrn Jesus Christus.
Symbolik der Körperteile und ihre geistliche Bedeutung
Siehe, du bist schön, meine Freundin, siehe, du bist schön. Deine Augen sind Tauben hinter deinem Schleier.
Wie können Augen mit Tauben verglichen werden? Ganz einfach: Es geht um die Iris, die farbige Iris, die mit den Farben einer Taube verglichen wird. Deine Augen sind Tauben.
Wenn wir das übertragen, müssen wir zunächst das erste Bild deuten: Was bedeuten die Augen? Dann werden die Augen mit einem zweiten Bild verglichen: Was bedeuten die Tauben? Die Augen ermöglichen uns das Sehen, und geistlich gesehen können wir damit auch unseren Herrn sehen.
Wir haben zu Beginn der zweiten Stunde gesungen: „Jesus, wir sehen auf dich.“ Das Thema, Jesus zu sehen, ist zum Beispiel im Hebräerbrief ein sehr wichtiges Thema. Immer wieder finden wir es dort, etwa in Hebräer 2: „Wir sehen aber Jesus“ oder in Kapitel 3, Vers 1, wo es heißt, wir betrachten unseren „Apostel und Hohenpriester unseres Bekenntnisses“. Auch in Kapitel 12 heißt es: „hinschauend auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens“. Wörtlich bedeutet „hinschauen“ im Griechischen „wegschauen“, aber es ist das Wort, das man im Griechischen gebraucht, um zu sagen: Fixiert auf einen Punkt schauen, nämlich wegschauen von allem anderen auf Jesus hin.
Und genau das haben wir hier: Deine Augen sind Tauben.
Die Tauben sind in der Bibel ein Symbol der Treue, weil Tauben die Tendenz haben, als Pärchen zusammenzubleiben – im Gegensatz zum Üblichen in der Tierwelt. Darum sprechen Tauben von Treue. Wenn Salomo also zu Sulamit sagt: „Deine Augen sind wie Tauben“, bedeutet das, dass ihr Blick nur für ihn bestimmt ist. Sie hat keinen anderen im Sinn.
Nun übertragen wir das weiter. Wir haben bereits in 2. Korinther 11 gelesen, dass Paulus Angst um die Korinther hatte, dass ihr Blick von Christus abgewandt werden könnte. Es geht um die Einfalt gegen Christus, nur ihn zu sehen und nur für ihn da zu sein. Das drückt der Satz aus: Deine Augen sind Tauben.
Dann wird noch ein drittes Bild hinzugefügt: „hinter deinem Schleier“. Was bedeutet der Schleier? Das können wir leicht erkennen, wenn wir die Liebesgeschichte von Isaak und Rebekka lesen. Am Ende von 1. Mose 24 kommt Rebekka, nachdem sie sich klar für Isaak entschieden hat. Dann sieht sie jemanden und fragt: „Wer ist das?“ Und es wird ihr erklärt: „Das ist sein Herr.“
Dann heißt es: „Und Rebekka nahm ihren Schleier und verschleierte sich.“ Damit wollte sie sagen: „Ich bin reserviert, nur noch für einen. Meine Schönheit ist nicht für andere Männer. Meine Schönheit ist reserviert für einen Mann.“ So ist der Schleier ein weiterer Ausdruck von Treue und Hingabe: Ich bin reserviert für ihn.
So bleibt es auf einer Linie: Deine Augen sind Tauben hinter deinem Schleier.
Wenn wir lesen: „Siehe, du bist schön, meine Freundin“, verstehen wir, dass wir den Herrn bewundern können und seine Majestät, seine Herrlichkeit in der Bibel sehen. Aber hier ist es umgekehrt: Der Herr sagt, was wir für ihn bedeuten, dass er Schönheit in uns sieht. Das ist doch erstaunlich.
In Epheser 1, Vers 7 heißt es, dass Gott uns begnadigt hat in dem Geliebten. „Begnadigt“ kann man auch übersetzen mit „angenehm gemacht in dem Geliebten“. Gott hat seit unserer Bekehrung die Schönheit und Herrlichkeit seines Sohnes auf uns gelegt und uns zugerechnet. Darum sind wir angenehm gemacht in dem Geliebten, und deshalb kann der Herr Schönheit in uns sehen.
Die Bedeutung von Haaren und Treue
Dann gehen wir weiter zum zweiten Punkt: Dein Haar.
Dein Haar ist wie eine Herde Ziegen, die an den Abhängen des Gebirges Gilead lagern. Hier sieht Salomo die geöffneten Haare, die so herab wallen wie eine Ziegenherde, die an den Abhängen Gileads grast. Von weitem erkennt man die Bewegung der schwarzen Ziegen, ihre schwarzen Haare. Daher stammt das Bild: Ein Haar ist wie eine Herde Ziegen an den Abhängen des Gilead.
Nun müssen wir uns wieder fragen: Was bedeuten die Haare? Was bedeutet die Ziegenherde? Und was bedeutet das Gebirge Gilead? Wir dürfen nicht phantasieren, sondern müssen sorgfältig vorgehen und uns überlegen, was das in der Bibel bedeutet.
Das Haar in der Bibel steht für Treue. In Jeremia 7 wird zu dem ehebrecherischen Israel gesagt, sie sollen ihre Haare abschneiden. Jeremia spricht zu dem ehebrecherischen Juda: „Schere deinen Haarschmuck ab und wirf ihn weg!“ Danach wird beschrieben, welche Scheusale und Götzendienste sie betrieben haben. Das Wort für Haarschmuck ist verwandt mit dem Wort für Nasir. Die Nasiräer mussten ihre Haare frei wachsen lassen. Das war das Zeichen ihrer Weihe für Gott, wie in 4. Mose 6 beschrieben.
Hier wird das Frauenhaar mit einem verwandten Wort genannt, also „Nasir“, was quasi das ungeschnittene Haar bedeutet. Gott sagt: „Schneide das ab!“ Was willst du mit dem Symbol der Treue zeigen, wenn du untreu geworden bist? In 1. Korinther 11 wird erklärt, dass das Haar der Frau ihr anstelle eines Schleiers gegeben ist. Es hat also ebenfalls die Bedeutung von Treue.
Wenn Juda die Haare frei wachsen ließ, bedeutete das: „Ich bin grenzenlos treu und hingebungsvoll.“ Aber warum sollte sie dieses Symbol tragen, wenn es nur eine Lüge ist? Deshalb sagt Gott: „Schneide das ab, weg damit!“
Nun wird also das Haar, das von Treue spricht, wie der Schleier zuvor, mit einer Herde Ziegen verglichen. Die Ziegen spielen im Opferdienst Israels eine wichtige Rolle, besonders im Zusammenhang mit dem Sündopfer, wie in 3. Mose 1-7 beschrieben. Das Sündopfer schlechthin ist die Ziege.
Wenn wir bedenken, was es gekostet hat, dass der Herr Jesus als Sündopfer für uns sterben musste, wird uns klar, dass er uns nicht umsonst gekostet hat. Er hat uns so viel gekostet, dass wir ihm die Treue halten wollen.
Wenn wir sehen, was er für uns getan hat, wie es in 2. Korinther 5 heißt, dann verstehen wir das besser. Dort steht, er ist gestorben, damit die, die leben, nicht mehr für sich selbst leben, sondern für den, der für sie gestorben ist (2. Korinther 5,14-15).
Dann haben wir Gilead. Gilead wird in der Prophetie, zum Beispiel in Micha 7,14, als das Gebiet des Segens erwähnt. Dort wird gesagt, dass Gott in der Zukunft Israel wieder seinen vollen Segen geben wird. Gilead war ein Gebiet, das besonders für Viehzucht bekannt war. Übrigens gehören die Golanhöhen zum Gebiet Gilead.
In Micha 7 wird erklärt, dass Gott Israel in der Endzeit das Gebiet von Gilead als Segen schenken wird. So haben wir also diese Verknüpfung: Das Haar steht für unsere Treue als Dank für den Herrn, der unser Sündopfer geworden ist. Gleichzeitig blicken wir auf den zukünftigen Segen, den er auch für uns bereithält.
Die symbolische Bedeutung der Zähne und geistliche Nahrung
Dann gehen wir weiter. Deine Zähne sind wie eine Herde geschorener Schafe, die aus der Schwemme heraufkommen. Diese Schafe gebären alle Zwillinge, und keines unter ihnen ist unfruchtbar.
Wer hat schon einmal so einen Liebesbrief geschrieben? Aber die Poesie ist wunderbar und keineswegs unerklärlich! Hier werden die Zähne mit einer Schafherde verglichen – und zwar mit einer geschorenen Herde, die gerade aus dem Wasser, aus der Schwemme, heraufkommt. Diese Schafherde bringt Zwillinge zur Welt, ein Zwillingspaar nach dem anderen, und es gibt keine Unfruchtbaren unter ihnen.
Natürlich muss man das erklären: Die Zähne werden also mit Schafen verglichen. Diese weißen Schafe sind nicht wirklich weiß, sondern haben ein Weiß, das ins Gelbliche geht – ecru, gelblich. So haben auch die Zähne einen ganz natürlichen Farbton, der ins Gelbliche tendiert.
Dann wird aber erklärt, dass es sich nicht um irgendwelche Schafe handelt, sondern um geschorene Schafe. Das heißt, alles ist schön glatt abgeschoren. Es gibt keine Speisereste oder Zahnstein, alles ist ganz glatt und sauber. Das ist eine wunderbare Stelle für jede Zahnarztgehilfin oder noch besser für eine Dentalhygienikerin. Jeder Zahnarzt hätte daran seine größte Freude.
Noch mehr: Es heißt weiter, dass diese Schafe alle Zwillinge gebären. Im Gebiss haben wir ja immer Zwillinge – zwei Zähne, die sich genau entsprechen, zum Beispiel oben und unten. Hier wird gesagt, wir haben Zwillinge, aber keines unter ihnen ist unfruchtbar. Das heißt, es gab keine Zahnlücke im Gebiss der Sulamit; es war vollständig.
Das ist die wörtliche Bedeutung. Nun die Übertragung: Die Zähne brauchen wir zur Nahrungsaufnahme. Geistlich müssen wir auch Nahrung aufnehmen, und dazu ist es wichtig, dass unsere Zähne intakt sind. Menschen mit kaputten Zähnen haben Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme.
So ist es auch geistlich: Wir brauchen eine intakte „Ausrüstung“ für die geistliche Nahrungsaufnahme. In Jeremia 15 heißt es: „Deine Worte waren vorhanden, und ich habe sie gegessen; sie waren zur Freude und Wohle meines Herzens.“
Die Zähne sind also ganz sauber. Wie können wir uns geistlich dem Wort Gottes nähern? Nur indem wir immer wieder unser Leben in Ordnung bringen, säubern und reinigen. Das ist wie Dentalhygiene – jedes Mal beim Zähneputzen ist ein Bild dafür, wie wir den Sauerteig der Sünde in unserem Leben immer wieder hinausfegen müssen.
Dabei sollten wir auch die Zwischenräume nicht vergessen, so wie wir Zahnseide benutzen, um weniger Zahnstein zu bekommen. Auch geistlich müssen wir unser Leben immer wieder ordnen. Die Schafe kommen aus der Schwemme herauf – das ist natürlich der natürliche Speichel an den Zähnen. Darum sind es nasse Schafe. Und eben keines ist unfruchtbar, also alle sind fähig, Nahrung aufzunehmen.
In 1. Korinther 3 sagt Paulus zu den fleischlichen Korinthern: „Ich konnte euch nicht feste Speise geben, weil ihr dazu gar nicht fähig seid; ihr braucht Babymilch.“ Das zeigt, dass wir von der Reife sprechen. Die Zeit ist am Ende.
Wir könnten so weitermachen, zum Beispiel mit den Lippen, die wie eine Karmesin-Schnur sind, oder mit den Schläfen – alles hat seine geistliche Bedeutung. Aber wir realisieren, dass hier Schätze verborgen sind, die es zu heben gilt. Diese Schätze sind von praktischer Bedeutung für unser Glaubensleben und für unsere Beziehung zu unserem Erlöser, der alles am Kreuz gegeben hat. Er war sogar bereit, in den Tod zu gehen, damit er uns ganz für sich haben kann.
Wir wollen noch zusammen beten.
