
Guten Abend, ich möchte alle herzlich begrüßen, auch diejenigen, die jetzt direkt über den Livestream zugeschaltet sind.
Wir befinden uns in 1. Samuel 3. Die ersten Verse haben wir bereits in der letzten Runde betrachtet. Dabei haben wir gesehen, wo Samuel seinen Schlafplatz hatte – unter den Decken der Stiftshütte, direkt bei der Bundeslade. Hier ist noch zu ergänzen: Die Bundeslade spielt eine riesige Rolle im ersten Buch Samuel. Sie wird 41 Mal erwähnt. Auf der Folie habe ich alle 41 Stellen aufgeführt.
Wir haben bereits festgestellt, dass das Gebet eine große Rolle spielt. Viele Stellen im ersten Buch Samuel handeln vom Gebet. Nun sehen wir auch, dass die Bundeslade eine wichtige Rolle einnimmt. Das sind Beobachtungen, die man machen muss, wenn man ein Bibelbuch studiert. Sie helfen uns, die eigentliche Botschaft und das, was in einem bestimmten Buch besonders im Vordergrund steht, zu erkennen.
Ich sage das, weil sich viele manchmal fragen, wie man ein Bibelstudium alleine machen soll. Man liest die Bibel, sieht aber nicht unbedingt die Zusammenhänge. Es ist eine Arbeit, die geleistet werden muss, und es kostet etwas. Das bedeutet zum Beispiel, dass man feststellt: Immer wieder wird von der Bundeslade gesprochen. Man sucht alle Stellen heraus und kommt so zu der Erkenntnis, dass die Bundeslade ganz wichtig ist.
Oder man merkt beim Lesen von Kapitel 1: Gebet kommt so oft vor – nicht nur das Wort „beten“, sondern auch verwandte Ausdrücke, die Gebet meinen. Man sammelt all diese Stellen zusammen, und so gelangt man zur Erkenntnis und zum Verständnis des Wortes Gottes.
Wir lesen in den Sprüchen: „Kaufe Wahrheit und verkaufe sie nicht.“ Das bedeutet, es kostet etwas. Ein solches Studium kostet etwas; es ist manchmal Knochenarbeit. Aber danach kommen plötzlich die Früchte.
Wir werden jetzt noch einiges über die Stiftshütte hören und besonders über die Bundeslade, die dort so wichtig ist. Das führt dazu, dass wir wirklich Früchte ernten können: die Wahrheit kaufen und dann nicht mehr aufgeben – und sie nicht verkaufen.
Ja, wir lesen nochmals des Zusammenhangs wegen ab Kapitel 3, Vers 1:
Und der Knabe Samuel diente dem Herrn vor Eli. Das Wort des Herrn war selten in jenen Tagen, und Gesichte waren nicht häufig. Es geschah in jener Zeit, als Eli an seinem Ort lag – wie gesagt, unter den Decken der Stiftshütte. Seine Augen aber hatten begonnen schwach zu werden, er konnte nichts mehr sehen. Die Lampe Gottes war noch nicht erloschen, und Samuel lag im Tempel des Herrn.
Das hat schon seine Bedeutung, dass hier die siebenarmige Menorah, der siebenarmige Leuchter, erwähnt wird. Wir befinden uns in der Zeit der Gottesfinsternis, wie wir im folgenden Teil gesehen haben. Der damalige Führer, Richter Israels und Hohepriester war geistlich blind geworden, genauso wie er es körperlich war. Wenn hier gesagt wird, dass der Leuchter im Heiligtum in jener Nacht noch nicht erloschen war, dann weist das auch im übertragenen Sinn darauf hin: Es war sehr dunkel.
Doch Samuel, dieser kleine Junge, war eben noch ein Werkzeug, das Lichtträger in schwierigen Zeiten sein sollte. Hier haben wir nicht mehr das Thema, wie am Anfang, ein Kind aus Gottes Hand, sondern ein Kind als Lichtträger Gottes. Samuel lag im Tempel des Herrn, wo die Lade Gottes war.
Da rief der Herr Samuel, und er sprach: "Hier bin ich!" Das ist übrigens auf Hebräisch ein Wort: Hineni. Es bedeutet "Hier bin ich" und drückt Bereitschaft aus, wenn man gerufen wird. So war das im Althebräischen. Man könnte sich wünschen, dass Kinder auch so antworten würden. Sie spielen irgendwo im Zimmer, man ruft sie, und sobald sie hören, sagen sie "Hineni!"
Das war übrigens auch die Art, wie Abraham antwortete, als Gott ihn rief. In 1. Mose 22, Vers 1 lesen wir: "Und es geschah nach diesen Dingen, dass Gott Abraham prüfte." Und er sprach zu ihm: "Abraham!" Und er antwortete: "Hineni." Das zeigt die Bereitschaft zu hören.
Wenn der Hohepriester rief, sagte Samuel "Hineni". Und Abraham, wenn er von Gott gerufen wurde, sagte ebenfalls "Hineni" – "Hier bin ich". In jener Nacht hörte Samuel seine Stimme, seinen Namen, von einer Stimme gerufen. Er dachte, es sei der Hohepriester. Er sprach "Hineni" und lief zu Eli und sagte: "Hier bin ich, du hast mich gerufen."
Das ist schön: Der kleine Junge hat das Gefühl, nachts wird er gerufen. Er steht sofort auf, nicht faul, und denkt: "Der Hohepriester hat mich gerufen, also muss ich auch kommen." Doch Eli antwortete: "Mich hast du nicht gerufen, leg dich wieder hin." Und Samuel ging hin und legte sich.
Für Eli war das natürlich so, wie es für manche Eltern ist, die kleine Kinder erziehen. Diese hören manchmal nachts Dinge, die niemand sonst hört – komische Dinge, die gar nicht da sind. Wenn sie dann nachts ins Elternzimmer kommen, sagen die Eltern: "Nein, du kannst wieder gehen. Es ist nichts, es ist alles in Ordnung." So war das, aber es war doch ein bisschen anders hier.
Der Herr rief wieder Samuel – auf Hebräisch Schmuel. Schmuel stand auf, ging zu Eli und sprach: "Hineni, hier bin ich, denn du hast mich gerufen!" Doch Eli antwortete: "Ich habe nicht gerufen, mein Sohn, leg dich wieder hin!"
Interessant, wie er sagt: "Mein Sohn." Samuel war ja nicht sein leiblicher Sohn, aber wir sehen, dass er ihn dennoch wie einen Sohn behandelte. Das zeigt, dass es eine Beziehung zwischen dem kleinen Samuel und diesem alten Mann gab. Sehr schön und sehr speziell.
Zwischen den anderen Söhnen, den missratenen Söhnen Hofni und Pinehas, und ihrem Vater gab es keine Beziehung. Der Vater litt darunter, und obwohl er als Richter Israels nicht die Kraft hatte, sich durchzusetzen, war es keine schöne Beziehung. Doch mit diesem Kleinen, Samuel, hatte er eine Beziehung.
Eli sagte: "Ich habe nicht gerufen, mein Sohn, leg dich wieder hin." Und dann wird im Edeltext erklärt: Samuel aber kannte den Herrn noch nicht, und das Wort des Herrn war ihm noch nicht offenbart.
Der kleine Junge war gläubig, aber er hatte noch keine wirklich persönliche Beziehung zum Herrn. Das war ein wachstümlicher Prozess. Genau das geschieht besonders in christlichen Familien: Viele Kinder können sagen, dass sie von Anfang an gläubig waren, seit sie sich erinnern können. Doch gläubig sein ist nicht dasselbe wie bekehrt sein.
Es ist wichtig, dass Kinder, die aufwachsen, zwar alles glauben, was ihre Eltern ihnen über das Wort Gottes, über den Herrn Jesus und über Golgatha erzählen, aber noch nicht wirklich ganz persönlich für sich in Anspruch genommen haben, dass sie sagen können: „Ich habe mich bekehrt.“
Eine Bekehrung geschieht erst, wenn sie ihre Sünden, die ihnen als Kind bewusst sind – genauso wie bei Erwachsenen, nur sind es dort oft mehr – im Gebet Gott bekennen, bereuen und ganz bewusst das Opfer des Herrn Jesus in Anspruch nehmen. Dann stellen sie ihr Leben bewusst unter die Herrschaft des Herrn Jesus. Das ist ein ganz entscheidender Schritt, auch für Kinder, die gläubig aufwachsen.
Wir sehen hier Samuel: Er war gläubig, aber diese ganz persönliche Beziehung zum Herrn war noch nicht da. Es war nun Zeit, dass sie kommt. Samuel kannte den Herrn noch nicht, und das Wort des Herrn war ihm noch nicht offenbart. Eine eigentümliche Formulierung: „Das Wort des Herrn offenbart.“ Davon werden wir noch mehr hören.
Der Herr – jedes Mal, wenn hier „Herr“ mit Großbuchstaben steht, ist auf Hebräisch „Yahweh“ gemeint, der Ewigseiende, der Unwandelbare – rief zum dritten Mal Samuel. Er stand auf und ging zu Eli und sprach: „Hier bin ich, denn du hast mich gerufen.“ Da merkte Eli, dass der Herr den Knaben rief.
Es ist schon erstaunlich: Dieser Junge sagt sich nicht, „Jetzt gehe ich nicht mehr hin, wenn ich eine Stimme höre, sondern ich schlafe weiter.“ Nein, er geht wieder hin, obwohl der hohe Priester ihm schon mehrfach gesagt hatte, dass da nichts sei. Eli realisierte, dass es wahrscheinlich nicht üblich ist, dass Jungen nachts Dinge hören, die sonst niemand hört und die reine Fantasie sind.
Er erkannte, dass Gott den Knaben rief – in einer Zeit, in der kaum Männer und Frauen in Israel diesen Ruf hörten. Eli sprach zu Samuel: „Geh hin, lege dich hin, und wenn man dich ruft, so sprich: Rede, Herr, denn dein Knecht hört.“
Der alte Mann, der ein bewegtes Leben hinter sich hatte und in seiner Position schwer versagt hatte, bringt Samuel bei, wie ein Prophet handeln muss, wenn Gott ihn ruft: Rede, Herr, denn dein Knecht hört. Samuel ging hin und legte sich an seinen Ort.
Und jetzt kommt ein ganz erstaunlicher Vers, Vers 10: Und der Herr kam, trat hin und rief wie die anderen Male: Samuel, Samuel!
Wie kommt das? Hier steht, der Herr, Yahweh, kam und trat hin. Hat Yahweh Füße? Ja, wie ist das zu verstehen?
Nun, wir sehen das eigentlich schon seit dem Garten Eden. Als Adam und Eva sich nach dem Sündenfall versteckten, hörten sie etwas. Schauen wir auf 1. Mose 3, Vers 8: Und sie hörten die Stimme Gottes des Herrn, der im Garten wandelte bei der Kühle des Tages. Und der Mensch und seine Frau versteckten sich vor dem Angesicht Gottes des Herrn mitten unter den Bäumen des Gartens.
Sie hörten Gott im Garten gehen. Also ist die Frage, ob Yahweh Füße hat, durchaus berechtigt. Schon damals heißt es von Gott, dass er im Garten wandelte. Wie ist das zu verstehen?
In 1. Mose 16 finden wir die Geschichte von Hagar, die Hals über Kopf aus prekären familiären Problemen geflohen war, in die Wüste. Dort steht in 1. Mose 16, Vers 7: Und der Engel des Herrn fand sie an einer Wasserquelle in der Wüste, an der Quelle auf dem Weg nach Schur.
Wer ist das? Der Engel des Herrn, nicht ein Engel, sondern der Engel des Herrn. Ich muss noch erklären: Das Wort Engel im Hebräischen, Malach, bedeutet Bote oder Gesandter. Dieses Wort wird im Alten Testament für Boten verwendet, die von einem König geschickt sind. Zum Beispiel in 2. Könige 1 wird von „Boten“ gesprochen, und das ist das Wort Malach. Dort wird niemand mit „Engel“ übersetzt; die Engel des Königs sind Menschen, die geschickt sind.
Das Wort wird auch für den Propheten Johannes den Täufer verwendet, der in Maleachi 3, Vers 1 angekündigt ist: „Siehe, ich sende meinen Boten, der den Weg bereitet vor mir her.“ Der Messias spricht hier von seinem Vorläufer. Mein Bote, das ist das Wort Malach. Dort übersetzen wir nicht „Ich sende meinen Engel“, sondern „meinen Boten“.
Das Wort wird aber auch gebraucht, wenn Engel gemeint sind, also diese Geistwesen, die Gott geschaffen hat als seine Diener. Sie werden ebenfalls mit dem gleichen Wort bezeichnet.
Doch an vielen Stellen finden wir immer wieder „der Engel des Herrn“. Das muss also ein ganz besonderer Bote sein. Man könnte auch einfach übersetzen: „Und der Bote des Herrn“ – nicht ein Bote, sondern der Bote des Herrn – fand sie an einer Wasserquelle in der Wüste, an der Quelle auf dem Weg nach Schur.
Da stellt sich die Frage: Wer ist diese geheimnisvolle Person? Was man hier schon mal sagen kann, ist: Das ist ein guter Hirte, denn er findet das verlorene Schaf in der Wüste, in großer Not.
Und er sprach zu Hagar, Magd Sarais: „Woher kommst du und wohin gehst du?“ Sie antwortete: „Ich fliehe von meiner Herrin Sarai.“
Der Bote des Herrn sprach zu ihr: „Kehre zu deiner Herrin zurück und demütige dich unter ihre Hände.“ Und weiter: „Ich will deine Nachkommenschaft sehr mehren, dass sie nicht gezählt werden kann vor Menge.“
Jetzt sehen wir noch mehr: Dieser Bote des Herrn ist nicht nur ein guter Hirte, der das Verlorene findet, sondern auch jemand, der Anweisungen für das Verhalten in der Familie gibt. Er sagt: „Kehre zurück in die Familie.“
Dann sagt er weiter, dass er Hagar über ihren Sohn Ismael eine große Nachkommenschaft bewirken wird. Ein Bote, der machen kann, dass das arabische Volk der Ismaeliter über Generationen hinweg entsteht. Ja, das muss der Schöpfer sein, nicht wahr? Jemand, der Menschen machen kann.
In Vers 11 heißt es: „Und der Bote des Herrn sprach zu ihr: Siehe, du bist schwanger und wirst deinen Sohn gebären. Du sollst ihm den Namen Ismael geben, denn der Herr hat auf dein Elend gehört. Er wird ein wilder Esel von Mensch sein, seine Hand gegen alle und die Hand aller gegen ihn. Und angesichts aller seiner Brüder wird er wohnen.“
Weiter sehen wir die Reaktion auf diese Prophetie. Also er ist auch noch ein Prophet, nicht nur der gute Hirte, sondern auch einer, der die Zukunft voraussieht.
In Vers 13 heißt es: „Da nannte sie den Namen des Herrn, der zu ihr redete: Du bist der Gott des Schauens.“
Jetzt haben wir doch gedacht, der Bote des Herrn spricht zu ihr, aber hier steht: Yahweh spricht zu ihr. Jetzt ist klar: Der Bote des Herrn, also der Bote Yahwehs, ist selbst auch Yahweh.
Und Hagar nennt ihn: „Du bist der Gott des Schauens“, also du bist der Gott, der sich schauen lässt. Eigentlich ist Gott für Menschen nicht sichtbar, aber er ist Gott, der sich sichtbar macht.
Damit ist klar: Dieser Bote des Herrn ist der Sohn Gottes, der später in die Welt kommen sollte, um Gott sichtbar zu machen.
Johannes 1, Vers 18 sagt: „Niemand hat Gott jemals gesehen; der einzige Sohn, der im Schoß des Vaters ist, der hat ihn kundgemacht.“
Wir lesen davon, dass der Sohn Gottes, der als das Wort beim Vater war – „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott“ – in Vers 3 heißt es: „Er hat alles erschaffen.“ Und in Vers 14 von Johannes 1 heißt es: „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns.“
Ja, da sehen wir also: Der Sohn Gottes kam in diese Welt, gesandt vom Vater. Mehr als vierzig Mal wird im Johannesevangelium gesagt, dass der Sohn vom Vater gesandt wurde.
Das entspricht genau dem Ausdruck „Bote des Herrn“. Aber dieser Bote des Herrn ist Yahweh. Er ist der Gott des Schauens, der Gott, der sichtbar macht.
So wurde im Neuen Testament der Sohn Gottes als Mensch beschrieben, ein Mensch mit Füßen.
Wenn Gott im Alten Testament erscheint und immer wieder als eine Erscheinung mit Menschengestalt gesehen wird, war das eine Vorwegnahme von dem, was einmal Wirklichkeit werden sollte: dass eben der gute Hirte, der Schöpfer, in diese Welt kommen würde, um wirklich Mensch zu werden und als der gute Hirte sein Leben zu geben für die verlorenen Schafe.
Ich gehe jetzt zurück zu 1. Samuel 3,10:
Der Herr kam und trat hin, das ist wieder der Bote des Herrn, der Herr selbst, und rief wie die anderen Male: „Samuel, Samuel!“ Und Samuel antwortete: „Rede, denn dein Knecht hört.“ Schön, wie lernwillig dieser Samuel ist. Er macht einfach das, was ihm an guten Dingen gezeigt wird.
Wenn man bedenkt, dass er Tag für Tag erlebt hat, wie schlechte Dinge geschahen – wie Hoffi und Pini Hass hatten –, hat er es einfach nicht nachgemacht. Ein Kind, das sich entscheidet: „Das mache ich, und das mache ich nicht“, das ist eigentlich die Erklärung, wie er bewahrt werden konnte. Er wusste natürlich im Hintergrund, vor allem durch seine Mutter, was richtig und was falsch ist. Ihr Glaube hatte diesen Jungen schon so geprägt, und er wollte den Weg gehen, den Weg von Hanna.
Schön, nicht wahr? Gott ruft zweimal den Namen Samuel, „Samuel, Samuel!“ Jeder von uns hat Tausende von Wörtern in seinem Vokabular. Es sind Tausende von Wörtern, die wir jederzeit aktiv abrufen können. Doch wir verstehen eigentlich noch mehr Wörter, die wir aber nie brauchen, wenn wir sprechen. Wenn andere diese Wörter brauchen, verstehen wir sie – das ist der passive Wortschatz.
In diesem tausende Wörter umfassenden Wortschatz gibt es ein Wort, auf das wir ganz speziell reagieren. Es kann sein, wir sind an einem Bahnhof oder Flughafen, Tausende von Leuten sind um uns herum, und natürlich reden alle. Das gibt ein Geräusch, das wie rollende Wasserfälle klingt. Aber wenn dann plötzlich unser Eigenname gerufen wird, hören wir das. Der Eigenname ist so wichtig. Darum lesen wir auch in Jesaja 43, wo wir die Wichtigkeit unseres Namens erkennen – es meint uns persönlich, mich persönlich.
So lesen wir in Jesaja 43,1:
„Und nun, so spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und der dich gebildet hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“
So ist auch die Bekehrung etwas sehr Persönliches. Wenn Gott uns ruft – und er ruft alle –, dann ruft er uns ganz persönlich. Wie persönlich das ist, sehen wir daran, dass Samuel hier sogar akustisch die Stimme Gottes hören durfte: „Samuel, Samuel!“ und den Namen sogar doppelt.
Das erinnert uns an insgesamt sieben Gelegenheiten in der Bibel, bei denen Menschen doppelt gerufen wurden. Zum Beispiel in 1. Mose 22, auf dem Höhepunkt der Geschichte der Darbringung Isaaks, kommt plötzlich eine Stimme: „Abraham, Abraham!“ Das hat die Wände erschüttert.
Der Ruf Gottes kommt zweimal: „Abraham, Abraham!“ Weniger bekannt ist die Stelle in 1. Mose 46,1:
Israel, das ist der andere Name für Jakob, brach auf mit allem, was er hatte, und kam nach Beerscheba. Dort opferte er Schlachtopfer dem Gott seines Vaters Isaak. Und Gott redete zu Israel in den Gesichten der Nacht und sprach: „Jakob, Jakob!“ Und er antwortete: „Hineni!“ – „Hier bin ich!“ – sehen wir, auch er hat von seinem Großvater gelernt.
Dann sprach Gott: „Ich bin Gott, der Gott deines Vaters. Fürchte dich nicht, nach Ägypten hinabzuziehen, denn zu einer großen Nation will ich dich dort machen.“ Also ruft Gott Jakob zweimal. Es ging damals darum, dass die Familie Jakobs in der Hungersnot in Ägypten Zuflucht finden konnte.
Ist es nicht schön zu sehen, dass dieser Jakob hier im hohen Alter aus seinen Fehlern gelernt hat? Er geht bis nach Beerscheba und kann dann gut weitergehen, schließlich durch die Sinaiwüste nach Ägypten. Aber er zögert, nach Ägypten zu gehen. Vater Abraham war auch in einer Hungersnot nach Ägypten gezogen, und das war vollkommen falsch – es kam sehr schlecht heraus (1. Mose 12).
Irgendwie zögert Jakob: Soll ich nach Ägypten hinabgehen? Dann kommt Gott und ruft: „Jakob, Jakob!“ – jetzt ja. Wenn Gott sagt, wir sollen nach Ägypten gehen, dann ist es richtig. Wenn Gott uns nicht schickt, sollen wir nicht gehen. Es gibt keine allgemeine Schablone: „Nach Ägypten geht man nicht“, sondern man soll gehen, wenn der Herr uns dahin schickt. Wenn er uns keinen Auftrag gibt, sollen wir nicht gehen.
Ist es nicht wunderbar, wie Gott sieht, dass der „schöne Jakob“ nicht mehr einfach der eigenwillige Jakob sein will? „Jakob, Jakob!“
Dann in 2. Mose 3: Mose ist in der Wüste, hütet die Schafe seines Schwiegervaters. Dort sieht er eine Erscheinung: ein brennender Dornbusch. Er geht hin, will sehen, was das ist – ein Dornbusch, der brennt, aber nicht verbrennt. Dann kommt die Stimme: „Mose, Mose!“ Das führt zur Berufung von Mose für seinen großen Dienst.
Die nächste Stelle ist 1. Samuel 3: „Samuel, Samuel!“ – die Berufung zum Dienst. Gott beruft ein Kind.
Im Neuen Testament, in Lukas 10, sitzt Maria zu den Füßen des Herrn. Sie hat das gute Teil erwählt. Martha ist von Natur aus eine sehr besorgte Frau und will etwas Gutes leisten. Sie ist nicht zufrieden, dass ihre Schwester einfach zuhört, anstatt mit ihr zu arbeiten. Dann sagt der Herr Jesus: „Martha, Martha, du bist um vieles bemüht.“ Damit wollte er ihr zeigen, dass Maria das gute Teil erwählt hat. Es geht um die Priorität, nicht darum, dass ihre Arbeit in der Küche falsch war – sie wurde ja sehr geschätzt.
Später, in Johannes 12, kurz vor dem Leiden des Herrn, ist der Herr wieder in dieser Familie zu Besuch. Es heißt, Martha diente. Sie hat gelernt, die Prioritäten richtig zu setzen, weil der Herr sie ganz persönlich rief: „Martha, Martha!“
Wenn wir an die Geschichte von Simon Petrus in Lukas 22 denken, sehen wir, wie er überzeugt war, der treueste von allen zu sein und bereit, für den Herrn in den Tod zu gehen. Der Herr Jesus sagt in Lukas 22,31:
„Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sichten wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebetet, damit dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du einst umgekehrt bist, so stärke deine Brüder.“
Der Herr sieht, dass Simon sich selbst überschätzt. Er weiß, dass der Satan es auf ihn und die anderen Jünger abgesehen hat, um ihren Glauben grausam auf Echtheit zu prüfen, so wie das Sichten des Weizens trennt, was wertlos ist, von den Körnern.
Der Herr sagt, er habe für ihn gebetet, damit sein Glaube nicht zusammenbricht. Er zeigt ihm sogar, dass es eine Wiederherstellung geben wird und dass Simon einen harten Dienst tun wird. Und wenn er einst umgekehrt ist – bekehrt war er schon lange –, soll er seine Brüder stärken.
Auch hier ruft Gott „Simon, Simon!“ und nicht „Petrus, Petrus!“ Petrus ist der Name, der besonders auf seine Wiedergeburt und sein neues Leben hinweist. Simon war der Name, der sein altes Wesen beschreibt. Darum ist es wichtig, dass hier „Simon, Simon!“ steht. Das soll ihn daran erinnern, dass er nicht auf sein Herz vertrauen kann, denn das Herz des Menschen ist im Grunde böse.
Das Gleiche gilt für die Stelle in 1. Mose 46. Dort lesen wir von Israel, also Jakob mit seinem Überwinternamen. Gott ruft ihn nicht „Israel, Israel, fürchte dich nicht, nach Ägypten hinabzugehen“, sondern „Jakob, Jakob!“ – ja, du bist dieser Betrüger, das heißt Jakob von Natur aus. Aber es ist eigentlich gut, dass du dir misstraust. Jetzt darfst du gehen – es ist Gottes Plan, nach Ägypten hinabzugehen.
Bleibt uns noch Apostelgeschichte 9, die Bekehrung von Saulus von Tarsus. Er hört vor den Toren von Damaskus die Stimme vom Himmel: „Saul, Saul, was verfolgst du mich?“
So haben wir im Alten Testament vier und im Neuen Testament drei Beispiele, wo Gott mit doppelter Nennung des Eigennamens ruft.
Jetzt gehen wir zurück zu 1. Samuel 3. Samuel hat gut gelernt und sagt: „Rede, denn dein Knecht hört.“ Aber man muss genau lesen in der Bibel. Es gab einmal ein Buch mit dem Titel „Die Bibel als Roman“ – das geht gar nicht. Das ist ja gerade der Unterschied: Die Bibel ist kein Roman, sondern Gottes Wort.
Romane sind so geschrieben, dass sie oft sechshundert Seiten umfassen, und viele lesen sie und lesen sie. Aber wenn man denkt, wie viel Unnötiges darin steht – wie die Sonne aufgeht, wie die Strahlen sich durch die Äste erstrecken, wie die Blätter sich im Wind bewegen – darauf kommt es nicht an.
Die Bibel ist anders geschrieben. Wenn wir sehen, wie kurz diese Geschichten sind, dann sind das eigentlich Strichzeichnungen. Es werden nur die ganz wesentlichen Striche gezeigt. Darum ist es so wichtig, genau zu lesen. Wenn es einen feinen Unterschied gibt, dann hat das etwas zu bedeuten.
Eli sagte: „Sprich, rede, Herr, denn dein Knecht hört“ (Vers 9). Samuel setzte den Gehorsam um und sprach: „Rede, denn dein Knecht hört.“ Er hat aber vergessen, den Namen Gottes auszusprechen, und zwar den Eigennamen Gottes, Yahweh, der fast siebentausend Mal im Alten Testament vorkommt.
Yahweh – er hätte sagen sollen: „Rede, Yahweh, denn dein Knecht hört.“ Aber er sagt nur: „Rede, denn dein Knecht hört.“ Ja, er muss noch lernen – er ist ein kleiner Junge.
Vers 11: Da sprach Yahweh zu Samuel: „Siehe, ich will eine Sache in Israel tun, dass jeden, der sie hört, seine beiden Ohren gellen sollen. An jedem Tag werde ich gegen Eli alles ausführen, was ich über sein Haus geredet habe. Ich werde beginnen und vollenden. Denn ich habe ihm kundgetan, dass ich sein Haus richten will in Ewigkeit, und zwar wegen der Ungerechtigkeit, die er kannte. Seine Söhne zogen sich den Fluch zu, wie wir im 5. Mose 28 gesehen haben, und er hat ihnen nicht gewehrt.“
Darum habe ich dem Haus Elis geschworen, dass, wenn die Ungerechtigkeit des Hauses Elis gesühnt werden soll, dies nicht durch Schlachtopfer und Speisopfer geschehen wird, sondern in Ewigkeit.
Jetzt wird der kleine Samuel mit einem prophetischen Wort beauftragt, das die Prophetie des Mannes Gottes in Vers 27, Kapitel 2, bestätigen und unterstreichen soll. Das war eine sehr große Belastung für den Jungen.
Wir lesen dann in Vers 15: „Samuel blieb bis zum Morgen liegen, dann öffnete er die Türen des Hauses des Herrn.“ Er ging also wieder an seinen Platz und ließ den alten Mann ruhen, obwohl er ihm etwas zu sagen gehabt hätte. Bis zum Morgen blieb er liegen, und dann öffnete er die Türflügel.
Wir haben ja schon gesehen, dass es in der Stiftshütte drei Vorhänge gab: den Vorhof, dann den Vorhang zum Heiligen und einen dritten Vorhang zum Allerheiligsten. Hier aber heißt es, dass er die Türen öffnet, eigentlich im Hebräischen „die Türflügel des Hauses des Herrn“.
Wir wissen, dass es Mauern gab, wie wir sie heute noch in Chilo sehen. Dort war eine Tür mit Türflügeln eingebaut, die Samuel am Morgen öffnen musste.
Wenn wir weiterlesen, heißt es: „Samuel fürchtete sich, Eli das Gesicht mitzuteilen.“ Das war für ihn eine große Belastung. Er dachte: „Ich kann es ihm nicht sagen. Der alte Mann wird zusammenbrechen, wenn er das hört.“
Samuel fürchtete sich, Eli das Gesicht mitzuteilen. Da rief Eli: „Samuel!“ Samuel sprach: „Hier bin ich.“ Wieder nennt er ihn so, „mein Sohn“. So zärtlich kann man das sagen: Ein alter Mann, der eine Beziehung zu einem kleinen Jungen hat. „Samuel, mein Sohn“, und er antwortete: „Hier bin ich.“
Sobald er gerufen wird, sagt er „Hineni“, was bedeutet: „Ich konzentriere mich jetzt.“ Vielleicht sollte man das heute einführen, wenn Leute am Handy sind und man sie ruft. Sie könnten antworten: „Hineni!“ und das Handy beiseitelegen.
„Hineni“ bedeutet: „Ich konzentriere mich jetzt auf das, was du sagst. Hier bin ich.“
Eli sprach: „Was ist das Wort, das er zu dir geredet hat? Verhehle es mir doch nicht!“ Nun stellt er ihn unter Schwur. Er sagt nämlich ein Schwurwort mit der typischen Formulierung im Hebräischen, wie man schwört: „So tue dir Gott!“ und fügt hinzu: „Wenn du mir etwas verhehlst von allem, was er dir geredet hat, dann wird Gott dich strafen.“
In 3. Mose 5 steht: „Wenn du die Stimme des Fluches hörst“, also wenn die Obrigkeit jemanden unter Schwur stellt, dann muss man sprechen. Das haben wir schon gesehen.
Dasselbe finden wir in Matthäus 26: Der Herr Jesus sprach nicht vor dem Sanhedrin, weil alles verlogen war. Dann stellt der Hohepriester Kajaphas ihn unter Schwur und sagt: „Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagst, ob du der Christus bist.“ Und Jesus antwortet.
So zwingt Eli den Jungen zum Sprechen. „So tue dir Gott!“ und fügt hinzu: „Wenn du mir etwas verhehlst von allem, was er zu dir geredet hat!“ Da teilte Samuel ihm alle Worte mit und verhehlte ihm nichts.
Eli sprach: „Es ist der Herr, er tue, was gut ist in seinen Augen.“
Ganz erstaunlich, wie dieser Mann Gottes Entscheidung akzeptiert, indem er sich klar unter das Wort Gottes stellt. Er nimmt die Zucht Gottes aus der Hand Gottes an.
Wir haben viel Gutes über diesen Mann zu sagen, trotz all dem Schlechten. Er war eben kein Gottloser. Hoffi und Pinehas waren gottlose, böse Menschen, aber Eli war ein Gläubiger, der versagt hatte und über Jahre in falschem Verhalten hängen geblieben ist. Und er akzeptiert das.
Vers 19: Und Samuel wurde groß, und der Herr war mit ihm. Er ließ keines von all seinen Worten zur Erde fallen. Ganz Israel, von Dan bis Beerscheba, erkannte, dass Samuel als Prophet des Herrn bestätigt war.
Auf der Karte unten sehen wir den Pfeil auf Beerscheba. Das ist die Stadt im Norden der Negevwüste. Südlich davon liegt die Negevwüste. Ganz oben befindet sich Dan, eine Ortschaft, die ausgegraben wurde. Dan war gewissermaßen der nördlichste Posten Israels. Danach folgt das kanaanitische Gebiet des heutigen Libanons. Das war das Hauptgebiet des Landes Israel, das besiedelt und bewohnt war.
Der Ausdruck „von Dan bis Beerscheba“ kommt immer wieder vor. Ich habe das auch zusammengestellt: Richter 20, 1. Samuel 3,20, aber auch mehrfach in 2. Samuel, 1. Könige, 1. Chronik und 2. Chronik. Damit wird ganz Israel betont.
So wuchs dieser kleine Junge auf und musste als Prophet wirken. Man sah, dass alles, was der Herr durch Samuel sagte, sich erfüllte. Gott ließ keines seiner Worte zur Erde fallen. Samuel wurde in ganz Israel als wahrer Prophet Gottes erkannt und bestätigt.
Damit war auch klar: Wenn Samuel die Kapitel aus dem ersten Buch Samuel schrieb oder das Buch Ruth, das Buch der Richter, musste man nicht auf ein Konzil warten, das entschied, welche Bücher zum Kanon gehören. Es geschah fortwährend, dass ein Prophet durch erfüllte Prophetie ohne Irrtum als Prophet Gottes erwiesen wurde. Dann konnte man seine Bücher als Wort Gottes akzeptieren.
Der Kanon wurde nicht beschlossen oder gemacht, sondern erkannt. Das ist etwas ganz anderes.
Das gilt übrigens auch für die Bücher des Neuen Testaments. Es gibt kein ökumenisches Konzil, das den Kanon beschlossen hat. Dabei muss ich erklären: Ökumenisch bedeutet in der alten Sprache nicht das Gleiche wie heute. Ökumenisch heißt den ganzen Erdkreis umfassend, und zwar das Römische Reich.
Es gab Konzilien, die man ökumenische Konzilien nannte, weil Vertreter von Kirchen aus dem ganzen Römischen Reich daran teilnahmen. Zum Beispiel das Konzil von Nicäa um 325, das Konzil von Konstantinopel 381 und das Konzil von Ephesus im nächsten Jahrhundert.
In keinem dieser umfassenden Konzilien wurde beschlossen, welche Bücher zum Neuen Testament gehören und welche nicht. Solcher Unsinn wird immer wieder behauptet von Leuten, die sagen, die Kirche habe autoritär entschieden, welche Bücher angenommen werden und welche nicht.
Nein, es war genau so: Man hat erkannt, was der Kanon ist.
Dabei war es wichtig, beim Neuen Testament zu untersuchen, ob der Schreiber ein Apostel Jesu Christi war. Also einer der Zwölf, die vom Herrn eine ganz spezielle Autorität erhalten hatten. Der Herr sagte in Matthäus 10: Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf. Wer also einen Apostel verwirft, verwirft auch den Herrn.
So verband sich der Herr mit den Aposteln und gab ihnen Autorität – die zwölf Apostel für die zwölf Stämme Israels und der Apostel Paulus für die Heidenvölker.
Man achtete darauf, nur Propheten zu akzeptieren, die von diesen Aposteln als Propheten anerkannt waren. Das waren Männer wie Markus, der das Markus-Evangelium schrieb, Lukas, Judas, der Halbbruder des Herrn, und Jakobus, ebenfalls Halbbruder des Herrn. Der eine schrieb den Jakobusbrief, der andere den Judasbrief.
Das waren die Kriterien, ganz entsprechend dem Grundsatz aus Epheser 2,20, wo es heißt, dass die Gemeinde als geistlicher Tempel auf der Grundlage der Apostel und Propheten aufgebaut ist.
So ging das: Der Kanon wurde nicht beschlossen, sondern erkannt.
Darum ist es interessant, dass sich die Christenheit über die 27 Bücher des Neuen Testaments einig ist. Das hat der Heilige Geist so gewirkt.
Ebenso war es beim Alten Testament. Es gab kein Konzil, das beschlossen hat, was das Alte Testament ist. Es geschah durch die Anerkennung der Propheten. Falsche Propheten wurden verworfen.
Wenn jemand nur einmal etwas vorausgesagt hatte, das nicht mit dem Gesetz Mose übereinstimmte oder sich nicht erfüllte, wurde er als Prophet verworfen. Man durfte ihn nicht anerkennen.
So ging das.
Im Neuen Testament hat man genau nachgeforscht und festgestellt, dass das Judas-Evangelium nicht von Judas geschrieben wurde. Das Thomas-Evangelium ist eine Fälschung aus dem zweiten Jahrhundert, etwa um 140, als kein Apostel mehr lebte. Der letzte Apostel war Johannes, um 100 nach Christus.
Diese Schriften wurden verworfen und nicht angenommen.
Es ist erstaunlich, wie die frühen Christen keine dieser Fälschungen akzeptierten. Heute kommen plötzlich moderne Leute und sagen: „Habt ihr schon vom Judas-Evangelium gehört? Das ist ganz interessant, da erfährt man wirklich, wer Jesus Christus war.“ Wie bitte? Ein gefälschtes Evangelium aus dem zweiten oder dritten Jahrhundert!
Von daher stammen diese Fälschungen.
Wir aber berufen uns auf die vier Evangelien, die auf Augenzeugenberichten beruhen. Matthäus war ein Augenzeuge, und das haben wir genau nachgeforscht und erklärt: Matthäus ist der Autor des Matthäus-Evangeliums, Johannes von Johannes, Markus von Markus, Lukas von Lukas.
Darum konnte man diese anerkennen.
Das war ein kleiner Exkurs, im Zusammenhang damit, wie Samuel in ganz Israel als Prophet anerkannt wurde.
So konnte die Bibel wachsen. Von dem, was bis zu Samuel da war, kamen weitere Bücher hinzu. In dieser Weise ging es dann weiter im Alten Testament.
Vers 21: Und der Herr fuhr fort, in Shiloh zu erscheinen. Sehen wir also, dass Samuel Gott nicht nur hörte, sondern auch sah. Nicht nur sprach der Herr weiterhin in Shiloh mit Samuel, sodass dieser eine Stimme hörte, nein, er sah ihn sogar. Plötzlich trat dieser Bote unter den Decken der Stiftshütte hervor. Ich war nochmals bei Vers 10, als der Herr kam und hintrat. Und rief wie die anderen Male: „Samuel, Samuel.“ Samuel sah diese Erscheinung – das war der Herr.
Der Herr fuhr fort, in Shiloh zu erscheinen, denn er offenbarte sich Samuel dort durch das Wort des Herrn. Wie geht das? Gott offenbart sich durch das Wort des Herrn. Nun merken wir, dass „das Wort des Herrn“ ein Name für die Person ist, die da kommt – der Bote oder Engel des Herrn – und zugleich das Wort des Herrn selbst ist.
Gott hat sich dem Propheten offenbart – wie? Durch das Wort des Herrn. Im Neuen Testament, im Johannesevangelium, beginnt es ja so: 1,1 „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ Vers 14: „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater.“ Der Herr Jesus wird „das Wort“ genannt, das Gott ist – das Wort, das Mensch wurde.
So wird klar: Das Wort des Herrn ist ein Name für Gott, und zwar für Gott, den Sohn, schon im Alten Testament. Jetzt versteht man auch, warum die Rabbiner in den aramäischen Targumim – in jeder rabbinischen Bibel gibt es zuerst den hebräischen Text mit großen Buchstaben, daneben in etwas kleineren Buchstaben die aramäische Übersetzung des Alten Testaments und dann in noch kleineren Buchstaben die Kommentare der Rabbiner – das Wichtigste nach der Bibel ist die aramäische Übersetzung.
In diesen Targumim wird nicht immer wörtlich übersetzt, sondern es finden sich auch Erklärungen und Umschreibungen. Sehr oft wird anstatt des Namens Yahweh „das Wort des Herrn“ übersetzt, auf Aramäisch „Memra D'Adonai“. Das ist ein Name für Gott. Im Targum wird unterschieden, zum Beispiel zwischen Yahweh auf der Erde, genannt Memra, das Wort des Herrn, und Yahweh im Himmel.
Ich schlage kurz auf 1. Mose, in der Geschichte von Sodom und Gomorra: 1. Mose 19, Vers 23: „Die Sonne ging auf über der Erde, als Lot in Zoar ankam, und der Herr – also Yahweh – ließ auf Sodom und Gomorra Schwefel und Feuer regnen, von Yahweh aus dem Himmel.“ Merkt man das? Das sind doch zwei Personen. Ja, zwei Personen. Aber es gibt doch nur ein Yahweh, ja? Ein Yahweh, aber zwei Personen werden hier genannt.
In einem Targum ist dann einmal Yahweh in der Übersetzung und das andere Mal das Wort Yahwehs, Memra, der Adonai. Dann ist klar: Yahweh hier auf der Erde, der herabgekommen ist, ist der Sohn Gottes, das Wort. Und Yahweh im Himmel ist der Vater. Auch könnte man viele Stellen zeigen, dass auch der Heilige Geist Yahweh genannt wird im Alten Testament.
Ja, aber das sind ja drei Personen. Gibt es drei Yahweh? Nein, drei Personen. Wie ist das im Glaubensbekenntnis von Israel, in 5. Mose 6,4? Das wird im Judentum jeden Tag rezitiert: „Schma Jisrael, höre Israel, Adonai Eloheinu, Adonai Echad.“ Ganz wörtlich heißt das: „Höre Israel, der Herr – in der Synagoge sagt man Adonai, aber es steht der Name Yahweh, den man aus Ehrfurcht nicht ausspricht – Yahweh, unser Gott, Eloheinu.“
Aber „Eloheinu“ ist eine Mehrzahl. „Eloheinu“ heißt eigentlich „unsere Elohim“, eine Mehrzahl, ist aber ein Yahweh. Also gibt es den Herrn Yahweh als Einzahl, aber in der Einzahl steckt eine Mehrzahl: „unsere Elohim“. Das Wort „ist“ oder „sind“ steht nicht, das muss man immer ergänzen: Eloheinu, unsere Elohim, sind Einjachwe. Also Einzahl in der Mehrzahl und Mehrzahl in der Einzahl.
Das wussten schon die Patriarchen. Sie wussten um die Dreieinigkeit Gottes. Wenn wir noch ganz kurz aufschlagen: Vorhin waren wir in 1. Mose 19, und jetzt gehen wir zu 20. Dort spricht Abraham in Vers 12 zu dem Philisterkönig: „Auch ist sie, Sarah, wirklich meine Schwester, die Tochter meines Vaters, nur nicht die Tochter meiner Mutter, und sie ist meine Frau geworden. Und es geschah, als Gott mich aus dem Haus meines Vaters wandern ließ, da sprach ich zu ihr: Dies sei deine Güte, die du mir erweisen mögest, an jedem Ort, wohin wir kommen werden, sage von mir: Er ist mein Bruder.“
Wenn man das in der hebräischen Bibel liest, bekommt man den Schock: In Vers 13 steht wörtlich: „Und es geschah, als die Elohim mich aus dem Haus meines Vaters wandern ließen.“ Ganz klar die Mehrzahlform beim Verb: Sie ließen wandern, nicht „er ließ wandern“. Sie ließen wandern – also Gott steht als Elohim, die Mehrzahl von Eloah.
Da sagt Abraham ganz klar, dass Gott Mehrzahl ist. Und das sieht man ja schon im Schöpfungsbericht. Dort beginnt es: „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.“ Gott ist Elohim, Mehrzahl, aber das Verb steht in Einzahl: also die Elohim schuf. Man denkt zunächst, es sei einfach ein Mehrzahlwort mit Einzahlbedeutung.
So kann man es auch sagen. Aber in Vers 26-27 sagt Gott: „Lasst uns Menschen machen in unserem Bild, nach unserem Gleichnis.“ Im nächsten Vers heißt es: „Und Elohim schuf den Menschen in seinem Bild.“ Gott spricht also nicht zu Engeln, denn es heißt dann, Gott erschafft den Menschen in seinem Bild – Einzahl –, aber im Vers vorher sagt er „in unserem Bild“, Mehrzahl. Es gibt also in der Einheit der Gottheit eine Mehrzahl. Das ist ganz klar, und das wussten die Patriarchen.
Die Elohim ließen mich wandern. Noch eine Stelle dazu: Jakob, Kapitel 35, Vers 7. Jakob ist in Bethel, erbaute dort einen Altar und nannte den Ort El Bethel, das heißt „Gott von Bethel“. Gott in der Einzahl, „El“ ist Einzahl, „Elim“ wäre Mehrzahl. El Bethel, denn die Elohim hatten sich ihm dort offenbart, als er vor seinem Bruder floh. Dort steht es in der Mehrzahl: Elohim. Und auch das Verb „hatten sich ihm offenbart“ ist Mehrzahl, nicht „hatte sich offenbart“.
Wir sehen: Der Bibeltext kann das Verb in Einzahl setzen zu Elohim, aber auch in Mehrzahl, weil eben nur ein Yahweh ist, aber in Yahweh sind drei Elohim. Höre Israel: Yahweh, unsere Elohim, sind ein Yahweh.
So ist die Dreieinheit nicht nur eine Realität für Christen mit dem Neuen Testament, sondern war den Patriarchen klar. Es war auch klar, dass der Gesandte, der Bote des Herrn, der gute Hirte ist, der Hagar gefunden hat.
Zurück zu 1. Samuel 3,21: Dort sehen wir, dass der Herr sich Samuel in Shiloh offenbarte durch das Wort des Herrn, das ist der Sohn Gottes, der später als Wort Fleisch werden sollte.
Jetzt gehen wir gleich weiter mit 1. Samuel 4. Wir unterbrechen kurz und singen noch ein Lied. Ich glaube, dann können wir uns wieder besser konzentrieren. Ich würde vorschlagen, wir stehen dazu auf – das gibt auch ein bisschen Lockerung.
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