Zion Röm 2, Zion Röm 1,
Überblick über die geografische und historische Lage Jerusalems zur Zeit Jesu
Zion, insbesondere der Berg Zion, ist von großer Bedeutung. Auf diesem Berg befand sich das urchristliche Quartier, zum Beispiel das Haus von Maria, in dem sich die Gemeinde versammelte. Offensichtlich war hier auch der Ort, an dem der Herr Jesus beim letzten Passah im Obersaal das Abendmahl einsetzte. Dieses Mahl diente als Gedächtnis an sein Opfer.
Ich nenne diesen Berg einfach den Nordwesthügel. Auf diesem Hügel befindet sich der Steinbruch Golgatha, also der Ort, an dem der Herr Jesus gelitten hat. Im Osten sehen wir den Ölberg, dazwischen liegt das Kidrontal. Nördlich vom Berg Zion gibt es noch zwei weitere Berge.
Auf dem direkt nördlichen Berg gegenüber von Zion befindet sich der Berg mit dem Felsen, auf dem die Burg Antonia stand. Dort hatte die römische Garnison ihren Sitz, die über Jerusalem wachte. Vor der Burg liegt der Teich Siloah. Im sogenannten Sankt-Anna-Tal, in der Talsohle, befinden sich die beiden Bethesda-Teiche (Johannes 5). Weiter nördlich liegt der Israel-Teich, wo die Opfertiere gewaschen wurden, bevor sie durch das Schaftor auf den Tempelplatz geführt wurden.
Jetzt sehen Sie hier in Grau den Tempelplatz zur Zeit des Herrn Jesus in seiner vollen Erweiterung. Es wird deutlich, wie das Bezetha-Tal aufgeschüttet wurde, um die Plattform zu erweitern. Übrigens heißt das Tal zwischen dem Tempelberg und dem Südwest- sowie Nordwesthügel Tyropoiontal oder Käsemachertal. Wenn man dort hinuntergeht, gelangt man zum Teich Siloah.
Zwischen dem Südwesthügel und dem Nordwesthügel liegt noch ein weiteres Tal, das Kreuztal, benannt nach der Kreuzung mit dem Käsemachertal. Diese Übersicht gibt uns einen guten Eindruck von der geographischen Lage und den wichtigen Stätten Jerusalems zur Zeit Jesu.
Entwicklung und Erweiterung des Tempelplatzes
Und nun sehen Sie: Der ursprüngliche Tempelplatz von Salomo maß 500 Ellen im Quadrat. Der höchste Punkt ist der Felsen, auf dem heute der Felsendom steht. Blau markiert sind all die Untergrundstrukturen, die Forscher im 19. Jahrhundert untersucht haben.
Man erkennt, dass der Tempelplatz in der Makkabäerzeit, also im 2. Jahrhundert vor Christus, nach Süden deutlich erweitert wurde. Wenn man an der Ostmauer entlanggeht, sieht man die Steine mit dem makkabäischen Randschlag und Spiegel. Dort erkennt man gut, dass die Mauer an dieser Stelle, die zur makkabäischen Erweiterung gehört, plötzlich ihre Richtung leicht ändert.
Unter Herodes wurde der Tempelplatz vom jüdischen Volk noch weiter nach Süden und auch nach Westen erweitert. Im Süden befinden sich zwei Tunneleingänge: Der Zugang von der Schönen Pforte für das Volk und der Zugang für die Priester vom Ophel her.
Im Westen sieht man den sogenannten Robinsonbogen, der einen Eingang direkt zur königlichen Säulenhalle ermöglichte, wo der Tempelmarkt lag. Dort befindet sich auch das Barclay-Tor. An dem Sturz oben sind noch Reste zu sehen, an der Stelle, an der die Frauen an der Westmauer beten. Der Bereich zwischen dem Wilsonbogen und dem Barclay-Tor ist die Klagemauer.
Vom Barclay-Tor führt eine Treppe in L-Form hinauf. In der 3D-Darstellung wird das alles noch viel anschaulicher. Auch das Warren-Tor, das vor einigen Jahren im rabbinischen Tunnel neu entdeckt wurde, zeigt eine ähnliche L-Form.
In der Ecke beim 500-Ellen-Quadrat befanden sich der Turm Hananel und der Turm Mea, die Sie vielleicht aus Nehemia 3 kennen, wo vom Wiederaufbau der Stadtmauer berichtet wird.
Dann folgt das Schaftor, ebenfalls in Nehemia 3 erwähnt, das direkt auf das 500-Ellen-Quadrat führte.
Die Bedeutung der Akra und die Erweiterungen des Tempelplatzes
Ja, in der Makkabäerzeit, als Antiochus Epiphanes so grausam wütete und das jüdische Volk zum Abfall vom Glauben zwingen wollte, baute er hier im Süden die Akra-Burg. Von dort aus konnte er den ganzen Tempelplatz bewachen. Durch ein Schwein und ein Götzenbild hatte er den Tempel entweiht und so den Gottesdienst gestoppt.
Diese Akra-Burg war gewissermaßen die Stärke der Syrer gegen Israel. Doch die Makkabäer konnten die Syrer vertreiben. Sie zerstörten diese gehasste Burg vollständig und erweiterten den Bereich nach Süden, damit an diesem strategisch außerordentlich günstigen Ort nie wieder eine solche Burg gebaut werden konnte. Das ist die Erklärung.
Wenn man sich die makkabäische Erweiterung nach Süden noch einmal anschaut, sieht man hier in Grün die Erweiterung unter Herodes. Sie wurde auf die doppelte Größe ausgedehnt. Nun erkennt man auch ganz klar, dass die Klagemauer nichts mit dem salomonischen Tempel zu tun hat. Sie ist ein Überrest der Erweiterung unter Herodes.
Der Herr Jesus hat jedoch den ganzen Tempel als das Haus seines Vaters anerkannt. Als er in Johannes 2 die Käufer und Verkäufer aus der königlichen Säulenhalle hinaustrieb, geschah dies in dieser Süderweiterung. Er sagte: „Macht nicht das Haus meines Vaters zu einer Räuberhöhle.“ Das sagte er bei der zweiten Tempelreinigung, drei Jahre später.
Übrigens wird diese Halle im Talmud „Chanut“, also „Kaufhaus“, genannt. Der Herr hat diesen Ausdruck ganz genau aufgenommen: „Macht nicht das Haus meines Vaters zu einem Chanut.“
Die rote Kuh und ihre Bedeutung für den Opferdienst
Im Blick auf den dritten Tempel gab es noch ein weiteres Problem: Der Opferdienst kann nicht begonnen werden ohne die Reinigung mit der Asche der roten jungen Kuh. Dieses Opfer aus 4. Mose 19 ist das Basisopfer für den ganzen Opferdienst.
Aber es gab ein Problem. Da der Tempel im Jahr 70 unterging, hat man sich nicht mehr um rote Kühe gekümmert. So hatte Israel, das Volk Israel, keine rote Kuh mehr, die so perfekt rot sein muss. Nach rabbinischer Auffassung dürfen keine zwei andersfarbigen Haare aus der gleichen Wurzel wachsen.
In den vergangenen Jahren hat man verschiedene Möglichkeiten ins Auge gefasst und effektiv auch Lösungen gefunden. Plötzlich, vor noch nicht so langer Zeit, ist ein Kalb spontan als perfekte rote Kuh geboren worden – in Galiläa, in einem Kibbutz. Sie sehen hier den Oberrabbiner von Israel, Rabbi Ovadja. Dieses Kalb wurde also rabbinisch anerkannt als „fake“.
Das hat natürlich die Leute sehr nervös gemacht. Sie konnten in den Medien lesen: „Melodie“, so heißt das Kalb, „ist geboren worden“. Ich habe noch nie eine solche Meldung durch die Welt gehört, wenn ein Schweizer Kalb auf die Welt gekommen ist. Ja, das ist schon eigenartig.
Newsweek hat einen Artikel verfasst über Melodie und erklärt, dass alle sich eigentlich einig sind, dass die Kuh sterben soll, nur nicht über die Art. Die einen möchten sie schlachten, die anderen erschiessen, weil das nervös macht. Wenn es nun möglich geworden ist, eine rote Kuh zu opfern, dann sollte man sofort auch mit dem Tempelbau beginnen. Das ist der Punkt.
Im Talmud gibt es ein Traktat, das heißt Para (Kuh), das behandelt das Thema der roten Kuh. So wichtig ist das. Dort wird auch gesagt, wie alt dieses Kalb sein soll. Es wird erklärt, dass es drei Jahre alt sein sollte, aber es könnte auch fünf Jahre sein. Es ist jedoch besser, wenn es drei Jahre alt ist.
Wieso ist es besser, wenn es drei Jahre alt ist? Sie darf einfach noch nicht gekalbert haben. Denn je länger das Kalb lebt, desto größer ist die Gefahr, dass andersfarbige Haare wachsen könnten. Sie verstehen, eine solche junge Kuh macht wirklich nervös.
Aber Sie können beruhigt sein: Melodie ist out. Melodie ist vorbei, sie hat bereits andere Haare. Es gibt jedoch diverse andere Anwärter für das Opfer der roten jungen Kuh.
Archäologische Erkenntnisse zum Tempelplan und seine Übereinstimmung mit biblischen Angaben
Ich werde gleich erklären, warum wir uns mit der Entdeckung des Tempelplans beschäftigen müssen. Zunächst aber noch dies: Forscher aus dem neunzehnten Jahrhundert haben uns viele Dienste erwiesen. Sie haben an verschiedenen Stellen auf dem Tempelberg das Felsniveau abgemessen. So wissen wir von verschiedenen Punkten ganz genau, wie viele Fuß über dem Meeresspiegel sich diese befinden. Dadurch können wir einen Schnitt durch den Tempelberg von Westen nach Osten machen.
Rittmayr hat den Tempel so auf den gewachsenen Felsen des Berges eingezeichnet, inklusive der verschiedenen Vorhöfe, die ja auf unterschiedlichen Niveaus lagen. Im Talmud steht immer, wie viele Treppen dazwischen sind. Deshalb kann man die Höhenunterschiede berechnen. Was stellte er fest? Es passt exakt mit dem natürlichen gewachsenen Felsen des Zionsberges überein. Das ist doch fantastisch, oder?
Und wer das immer noch nicht glaubt, dem machen wir einfach noch einen Schnitt von Norden nach Süden. Dasselbe Ergebnis: Es passt auch so exakt hinein. Es ist wirklich ein Puzzle, das bis ins Letzte aufgeht. Wer also noch sagt, die Theorie von Ascher Kaufmann, der Tempel sei ein bisschen nördlicher gewesen, oder eine andere Theorie, der Tempel sei südlicher gewesen – das können wir alles vergessen. Diese Theorien sind alle überholt. Wir haben wirklich den exakten Standort des Tempels wiedergefunden.
Jetzt schaut man das Ganze ganz anders an, dieses Bild. Ich habe doch schon am Anfang den Tempelplatz gezeigt. Aber jetzt wisst ihr: Genau dort, wo der Dom steht, war das Allerheiligste. Hier davor befand sich der Altar. Bei dieser Treppe war die Tribüne für den Priesterchor im Frauenvorhof. Hier war die Burg Antonia in dieser Ecke. Im Süden lag die königliche Säulenhalle.
Das 500 Ellen große Quadrat verlief so: von der Schlüsseltreppe aus entlang dieser Felsböschung zur Mauer, dann hinunter bis zum Knick hier, dann hier rüber, gerade entlang der El-Aqsa-Moschee und so wieder zurück. Das war der eigentliche heilige Bereich.
Jetzt können wir alles schön lokalisieren. Im nächsten Vortrag werde ich das auf die Zeit der Evangelien übertragen. Wir werden wirklich Szenen aus den Evangelien ganz konkret vor unseren Augen wieder nacherleben.
Die Verbindung zwischen Tempel und Ölberg im Kontext des roten Kuh-Opfers
Nun noch eine Entdeckung: Es ist noch nicht genug.
Wenn man vom Felsen, der ja der Eckstein ist, dessen westliche Böschung eine natürliche Böschung ist, die parallel zur Ostmauer verläuft, eine Linie im rechten Winkel zur Ostmauer zieht – die ja seit Salomo nie verändert wurde –, gelangt man auf den höchsten Punkt des Ölbergs.
Der höchste Punkt des Tempelbergs ist also mit dem höchsten Punkt des Ölbergs verbunden, und zwar über die natürliche Böschung des Ecksteins und der Ostmauer. Nicht schlecht, oder?
Ja, und jetzt kommt Folgendes dazu: Nach 4. Mose 19 musste die rote Kuh außerhalb des Lagers der Stiftshütte und des Lagers Israels, aber in Sichtweite des Eingangs des Zeltes der Zusammenkunft der Stiftshütte, geopfert werden.
Nun sehen Sie: Der Ölberg liegt außerhalb der Stadt Jerusalem und genau auf der Linie zum Eingang ins Heilige, also gegenüber dem Eingang des Zeltes der Zusammenkunft.
Darum wurde hier, auf dem höchsten Punkt des Ölbergs, jeweils die rote Kuh geschlachtet. Die rote Kuh symbolisiert, dass wir vom Schmutz der Sünde gereinigt werden müssen. Die Sünde macht uns Menschen schmutzig, dreckig.
Wie Sie sehen, wurde die Kuh außerhalb der Stadt geschlachtet und hier auf einem Altar verbrannt. Im Talmud heißt es, der opfernde Priester hatte von hier aus den direkten Blick ins Heilige.
Die Ostmauer war die niedrigste Mauer, sodass er gut hindurchblicken konnte. Es heißt nicht, er habe durch das goldene Tor, das Osttor, geblickt – dieses ist nämlich etwas verschoben –, sondern direkt ins Heiligtum hinein.
Und jetzt sehen Sie nochmals etwas Deutliches: So wie der Tempel den Garten Eden repräsentiert und der Mensch nach Osten hinausgetrieben wurde, wird hier gezeigt, dass aufgrund des Stellvertreters, der außerhalb der Stadt stellvertretend stirbt, wir von dem Schmutz unserer Sünde befreit werden können.
Dadurch wird uns der Zugang zu Gott im Westen wieder möglich. Es gibt einen Weg zurück zu Gott.
Wir stehen jetzt auf dem Ölberg und blicken entlang dieser Linie, die der Priester auf dem Ölberg hatte, direkt ins Allerheiligste hinein. Sie sehen, das Osttor ist etwas verschoben und liegt nicht auf derselben Linie.
Jetzt gehen wir auf den Ölberg und wollen uns diesen Blick ganz direkt vergegenwärtigen. Das war also der Blick des opfernden Priesters hinein.
Umgekehrt stehen wir im innersten Vorhof beim Altar und haben den direkten Blick im rechten Winkel zur Ostmauer hinauf zum höchsten Punkt, der heute durch die russische Auffahrtskirche markiert ist.
Ja, diese müsste dann wahrscheinlich auch mal weg.
Die symbolische Bedeutung des Kalbes „Melodie“ und der Opferweg
Also nochmals zur Melodie: Dieses Kalb vermittelt eine wunderbare Botschaft. Sünde macht uns schmutzig, aber durch das Opfer des Herrn Jesus Christus können wir so sauber und rein gemacht werden, dass wir passend werden für die Gemeinschaft mit dem heiligen Gott.
Übrigens wurde die rote Kuh jeweils durch das Osttor hinausgeführt. Sie wurde über eine Brücke geführt, die hinunter ins Gidron-Tal und dann wieder hinauf auf den Ölberg führte. Dieses Tor markiert das Opfer, das aus dem Tempel und aus der Stadt heraus muss. Wir wissen, dass der Herr Jesus auch außerhalb der Stadt Jerusalems gekreuzigt worden ist. Das konnte man mit dem Opfer der roten Kuh immer wieder nachvollziehen.
Damit wir sauber und rein vor Gott werden, muss der Stellvertreter hinausgeführt werden. Auch der Sündenbock am Jom Kippur, am großen Versöhnungstag, wurde durch dieses Osttor hinausgetan. Von dort ging er über eine Treppe hinunter. Damals gab es noch eine vorgelagerte Stadtmauer, die sich hier mit der Tempelmauer vereinigte, gerade nach dem goldenen Tor. Dort befand sich das Tor Mifkat, das „Tor der Vergeltung“ genannt wird.
So ging der Sündenbock, die rote Kuh, durch das Tor der Vergeltung hinunter, über eine Brücke und dann hinauf zum Ölberg. Die Kuh wurde auf dem Ölberg geopfert, und der Sündenbock wurde vom Ölberg aus in die Wüste Judäa dahinter gejagt.
Das goldene Tor, das Sie vorhin gesehen haben, ist ein Bau aus byzantinischer Zeit. Innerhalb dieses Tores hat man jedoch zwei Torpfosten gefunden. Es sind Monolithen, also große Steinblöcke: Einer ist viereinhalb Meter hoch, der andere etwa dreieinhalb Meter. Das sind die originalen Torpfosten vom Osttor zur Zeit von Nehemia und vermutlich sogar noch davor.
Das heißt, die Schechina, die Wolke der Herrlichkeit, die Feuersäule im Salomo-Tempel, ging am Schluss der Periode, kurz vor der Zerstörung durch Nebukadnezar, durch das Osttor hinaus zum Ölberg und kam nie mehr zurück (Hesekiel 8-11). So können wir heute ganz genau markieren, wo die Schechina den Tempel verlassen hat.
Das unschuldige Tier ging als Stellvertreter durch das Osttor, durch das Tor Mifkat, in die Wüste, um unsere Schuld auf Nimmerwiedersehen wegzutragen.
Die Verbindung von Archäologie, Architektur und Heilsplan Gottes
Wir haben uns mit Archäologie und Architektur beschäftigt, aber nicht auf die übliche Weise. Vielmehr führen uns Archäologie und Architektur in die biblische Geschichte hinein und machen den Heilsplan Gottes mit uns deutlich sichtbar. Das ist etwas ganz Besonderes.
So können wir wirklich greifbar verstehen, was es bedeutet, von Gott getrennt zu sein, draußen im Osten. Ebenso erkennen wir, was es heißt, durch das Opfer zurückzugehen – sogar in ein geöffnetes Heiligtum, in eine tiefe Gemeinschaft mit Gott.
Mein Wunsch ist, dass jeder hier diese Beziehung zu Gott durch Jesus Christus erleben und erfahren darf. So kann diese Beziehung zu Gott für jeden zu einer lebendigen Realität werden.
Vielen Dank! Nun haben wir Zeit für einige Fragen.
Die Rückkehr der Stämme Israels und ihre heutige Bedeutung
Ich wiederhole die Frage, falls Sie sie vielleicht nicht gehört haben: Welche Stämme Israels sind heute eigentlich zurückgekehrt ins Land?
Wir sprechen oft von Juden, aber das umfasst mehr als nur den Stamm Juda. Ich gehe zurück zur Zeit Salomos. Nach seinem Tod wurde die Nation Israel in zwei Reiche gespalten: Das Nordreich mit den zehn Stämmen, das man Israel nannte, und das Südreich mit den zwei Stämmen Juda und Benjamin, das Königreich Juda genannt wurde. Somit waren es zunächst zwei Stämme im Süden.
Hinzu kam der Tempelstamm, der Dienst tat – der Stamm Levi. Damit hatten wir eigentlich schon drei Stämme im Süden.
Im Jahr 721 v. Chr. wurde das Nordreich durch die Assyrer vernichtet, und die zehn Stämme wurden deportiert. Doch schon vorher gab es immer wieder Überläufer, die aus dem Norden in den Süden gingen.
Ich lese aus 2. Chronik 15: In der Zeit von Asa erneuerte er den Altar des Herrn auf dem Tempelberg. In Vers 9 heißt es: „Und er versammelte ganz Juda und Benjamin und die Fremdlinge, die aus Ephraim und Manasse und aus Simeon bei ihnen lebten. Denn in großer Menge liefen sie aus Israel zu ihm über, als sie sahen, dass der Herr, ihr Gott, mit ihm war.“
Hier haben wir also schon drei weitere Stämme dazu – insgesamt sechs.
Weiter in 2. Chronik 31, in der Zeit von Hiskia: Hiskia hatte die zehn Stämme eingeladen, zu kommen. In Vers 11 heißt es: „Doch einige Männer von Aser und Manasse und von Sebulon demütigten sich und kamen nach Jerusalem.“
Es gab also Überläufer. Das erklärt auch, warum in Lukas 2 die Prophetin erwähnt wird, die aus dem Stamm Aser stammt, so steht es im Bibeltext.
Mit anderen Worten: Zur Zeit Jesu gab es Menschen aus allen zwölf Stämmen. Darum sagt auch Paulus in seiner Rede in Apostelgeschichte 26, dass unser zwölfstämmiges Volk Gott Tag und Nacht dient. Und der Jakobusbrief, der sich an messianische Juden richtet, ist an die zwölf Stämme in der Zerstreuung gerichtet, mit seinem Gruß.
Es gab also Vertreter aller Stämme.
Nach der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 n. Chr. wurden jedoch die Geschlechtsregister verbrannt. Seitdem kann kaum ein Jude mehr nachweisen, aus welchem Stamm er stammt – mit Ausnahme der Kohanim, die nachweisen können, dass sie levitisches Blut haben. Im Allgemeinen ist dies jedoch verwischt.
So kann man sagen, dass Blut aus allen zwölf Stämmen auch heute in Israel zurückgekehrt ist.
Das heißt aber nicht, dass es im Alten Testament keine Verheißung gibt, wonach Gott auch die zehn Stämme aus der assyrischen Zerstreuung in der Endzeit noch sammeln wird.
Tatsächlich bringen sich zum Beispiel die äthiopischen Juden, die Falascha, mit dem Stamm Dan in Verbindung. Vor einiger Zeit sind auch Menschen aus Indien eingewandert, aus einer Ethnie, die sich traditionell als Manasse bezeichnet.
Man ist jedoch sehr vorsichtig, denn das ist schwer zu beweisen. Wenn man einmal Ja sagt, wollen viele Menschen aus aller Welt Jude sein. Darum ist es riskant, solche Zuordnungen zu treffen.
Dennoch zeichnet sich ab, dass sich auch im Blick auf die assyrische Zerstreuung eine Tür öffnet.
Bedeutung des Sündenbocks Azazel und weitere Fragen zur Kreuzigung
Eine weitere Frage? Ja, im 3. Mose 16 wird der Sündenbock Azazel genannt. Das Wort lässt sich ganz einfach erklären: „Ez“ heißt auf Hebräisch Ziege, und „Azal“ bedeutet weggehen.
„Äsasäl“ ist nur eine andere Vokalisation, eine leichte Abwandlung, und ergibt „asasäl“. Das bedeutet die Ziege, die weggeht. Ganz einfach: Das ist der Sündenbock, der hinaus in die Wüste getrieben wird.
Weitere Fragen? Ja, ja, beim Gartengrab, genau. Nein, das ist nicht dasselbe.
Es ist so, der sogenannte Golgatafelsen beim Gartengrab außerhalb des Damaskustores wurde von einem englischen Offizier als Golgatha identifiziert, Ende des 19. Jahrhunderts. Dieser war kein Archäologe, und seine Argumentation war auch nicht archäologisch, sondern eher mystisch. Man muss sagen, dass dieser Ort tatsächlich nicht authentisch ist.
Das Grab, das man dort sehen kann, stammt aus der Königszeit und weist die Kennzeichen der Eisenzeit auf. Es ist also nicht das Grab von Joseph von Arimathia. Dennoch gibt es dort eine Atmosphäre, die auf sehr schöne Weise die Situation widerspiegelt.
Der richtige Ort, und dafür gibt es gute Argumente, ist tatsächlich dort, wo die Grabeskirche steht – Golgatha, das durch diese gotteslästerliche Grabeskirche entweiht wurde.
Dieser Ort lag ursprünglich außerhalb der Stadt, denn die Stadtmauer zur Zeit des Herrn Jesus verlief anders, sodass dieser Ort gerade außerhalb lag. Man kann heute noch erkennen, dass es ursprünglich ein Steinbruch war.
Vor einiger Zeit mussten dort Renovierungsarbeiten durchgeführt werden. Dabei entdeckte man in dem Felsen einen Steinring, der typisch für die Römer ist, um Kreuze zu befestigen. Das war ein weiterer Hinweis darauf, dass tatsächlich an diesem Ort gekreuzigt wurde.
Auf dem Zionsberg befindet sich außerdem eine Synagoge aus dem ersten Jahrhundert. Diese ist ganz eigenartig. Synagogen weltweit sind so ausgerichtet, dass der Schrein, in dem die Torarrollen aufbewahrt werden, nach Jerusalem zeigt. In Jerusalem selbst sind alle Synagogen zum Tempelberg hin ausgerichtet.
Wenn man bei dieser Synagoge aus dem ersten Jahrhundert eine Linie zieht, trifft man genau den Golgatha-Felsen in der Grabeskirche. Das ist also ein archäologischer Hinweis aus der Frühzeit des Christentums, dass dort tatsächlich der richtige Ort war.
Es überrascht uns nicht, dass dieser Ort so geschändet wurde. Der Ort des Allerhöchsten wurde ebenfalls geschändet: zuerst durch die Römer mit einem Jupitertempel und später durch die Muslime mit der Oma-Moschee. Das ist eine tägliche Lästerung Gottes.
Auf der Oma-Moschee sind Koranverse angebracht, unter anderem Sure 112: „Allah ist der einzige Gott und er hat keinen Sohn gezeugt.“ Es ist also wirklich ein Ort, an dem täglich gegen den Sohn Gottes geflucht wird.
Zum Beispiel in Bethesda bauten die Römer einen Asklepiostempel, den Tempel des Gottes der Medizin, auf den Ort, an dem der Herr Jesus Heilungen vollbrachte (Johannes 5). Auch dieser Ort wurde geschändet.
Aber gerade durch diese Schändungen konnten die Orte bis in unsere Zeit erhalten bleiben und ihre genaue Lage wurde bekannt.
Weitere Fragen?
Begriffserklärungen zu „Naos“ und Tempelbezug im Neuen Testament
Naos steht für Allerheiligstes oder Gemeinde. Wenn ich nun in die Offenbarung schaue, finde ich dort nur den Begriff Naos. Auch in Offenbarung 11 wird Naos erwähnt. Welcher Tempel ist dort gemeint?
Ich muss das vielleicht erklären: Naos bezeichnet im Neuen Testament meistens, aber nicht immer, das eigentliche Tempelhaus. Hieron ist der typische Ausdruck für den gesamten Tempelbezirk, also inklusive aller Nebengebäude. Im Neuen Testament gibt es also zwei verschiedene Ausdrücke.
Naos wird aber auch einmal für den ganzen Tempelbezirk verwendet, nämlich in Johannes 2. Dort wird Jesus wegen des Abbrechens des Naos falsch verstanden. Man sagt, daran sei 46 Jahre gearbeitet worden. Das Tempelhaus selbst wurde jedoch in eineinhalb Jahren gebaut. Deshalb meinen sie mit Naos dort im weiteren Sinn alles, was zum Tempelbezirk dazugehört.
Man muss also von Stelle zu Stelle genau abklären, was gemeint ist.
In 2. Thessalonicher 2 wird vom Antichristen gesagt, dass er sich in den Naos setzen wird. Das heißt ins eigentliche Tempelhaus. Und in Offenbarung 11, das haben Sie gemeint, geht es um den dritten Tempel. Dort heißt es: Miss den Tempel Gottes, den Altar und die darin Anbetenden, und den Hof, der außerhalb des Tempels ist, wirf hinaus.
Also miss das eigentliche Tempelhaus, den Altar und den äußeren Heidenvorhof. Den kannst du vernachlässigen, denn er wird zertreten.
Die Opferkästen für das Geld standen im Frauenvorhof innerhalb der Säulenhallen. Dort gab es zum Beispiel einen Kasten, der für den Versöhnungsdeckel angeschrieben war. Man konnte dort Geld hineinlegen zugunsten des Dienstes im eigentlichen Tempelhaus.
Wenn jemand dort Geld als Spende hineingeworfen hat, dann hat er es gewissermaßen in den Naos geworfen, weil dieses Geld dem Tempelhaus zugutekam. Aber er konnte nicht einfach in den Priestervorhof gehen und dort Geld hineinwerfen. Das war nicht erlaubt.
Noch eine andere Frage: Können Sie mir sagen, was es bedeutet, warum man so nicht erzählt?
Das ist Aramäisch. Zum Beispiel „Eli“, wie auf Hebräisch „Mein Gott, mein Gott“. „Lama“ heißt auf Hebräisch und Aramäisch dasselbe. Warum?
Auf Hebräisch sagt man „Asawtani“. „Asaw“ ist das Wort für verlassen. Auf Aramäisch heißt es „Schabaktani“. Im Neuen Testament steht „Sabachtani“, weil es im Griechischen kein Zeichen für den Laut „sch“ gibt.
Deshalb schreibt man im Griechischen auch „Jesus“ und nicht „Jeshua“ mit „sch“. Griechen können bis heute das „sch“ nicht aussprechen. Wenn jemand aus Griechenland Deutsch spricht, sagt er „Fiss“ statt „Fisch“.
Einer meiner Söhne hatte mal einen Mitschüler, der „Fiss“ sagte.
Das ist der Punkt: Im Griechischen gibt es das „sch“ nicht. Deshalb wurde das im Neuen Testament transkribiert und umgeschrieben mit „sabak“. Dann kommt ein „chi“, das im Altgriechischen nicht wie das „ch“ im Schweizerdeutschen ausgesprochen wurde, sondern eher wie ein „k“.
Also „schabak tani“. Was bedeutet das genau? „Schabak“ heißt auf Aramäisch „verlassen“. Das ist ganz korrekt.
Gott musste nämlich den Herrn Jesus am Kreuz verlassen, weil er mit unserer Schuld beladen war. Gott kann mit Sünde keine Gemeinschaft haben. Er musste ihn verlassen, damit er auf ewig bei uns sein kann.
Die Zeit ist abgelaufen. Ja, er darf.
Gut.
Das Osttor im zukünftigen Tempel und seine prophetische Bedeutung
Hier geht es um das Osttor im zukünftigen Tempel. Hesekiel erwähnt dieses Osttor bereits in den Kapiteln 8 bis 11. Dort beschreibt er, wie die Schechina hinausging, dann durch das Osttor zum Ölberg hinüberzog. Beim ersten Tempel war dies der exakte Ort des goldenen Tores.
Nun spricht die Prophetie über das zukünftige Osttor, das für ewig, also für immer, geschlossen werden wird. Die Begründung dafür ist, dass der Herr, der Gott Israels, durch dasselbe eingezogen ist.
Der Grund dafür liegt in Hesekiel Kapitel 43. Dort sieht der Prophet, wie die Schechina zurückkommen wird – durch das Osttor wieder in den Tempel. Im zweiten Tempel gab es keine Schechina, im dritten Tempel wird sie zurückkehren. In Kapitel 44 wird dann gesagt: Dieses Tor muss geschlossen bleiben, weil die Schechina zurückgekommen ist.
Das hat also überhaupt nichts mit dem heute zugemauerten goldenen Tor zu tun. Dieses wurde im sechzehnten Jahrhundert von den Muslimen zugemauert. Warum? Damit der Messias der Bibel, wenn er auf dem Ölberg käme, nicht in die Stadt hineingehen kann. Das ist also genau das Gegenteil. Sie haben das Tor zugemauert, damit der Gott Israels nicht eingehen kann.
Hier jedoch steht, dass es geschlossen bleiben soll, weil der Herr, der Gott Israels, durch dasselbe eingezogen ist – nämlich die Schechina. Und warum wird es geschlossen bleiben? Das soll bedeuten, dass Gott Israel künftig nie mehr verlassen wird. Darum bleibt es geschlossen. Einmal hat Gott Israel verlassen, aber in der Zukunft wird er Israel nie mehr verlassen.
Das entspricht ganz der Zusage des Herrn in Matthäus 28: Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.
Wir haben gewissermaßen das geschlossene Osttor in der Gemeinde – der Herr bleibt bei uns. Also dieses Osttor in Hesekiel 44, zumindest das entsprechende Tor zum goldenen Tor, aber in der Zukunft.
Dann kommen wir zum Schluss, also zur Pause. Vielen Dank, das war sicher sehr interessant. Wir laden jetzt ganz herzlich zum Kaffeetrinken ein.
Überblick über Jerusalem im Jahr 30 und die Bedeutung des Tempels
Eine Stunde haben wir eingeplant, um uns hier einen Stadtplan von Jerusalem im Jahr dreißig anzusehen. Es fällt Ihnen auf, dass der damalige Zweite Tempel das gesamte Stadtbild beherrschte. Er bedeckte ein Zehntel der Stadtfläche.
Ein paar wichtige Punkte: Im Osten liegt der Ölberg. Dazwischen befindet sich das Kidron-Tal, das hier auf das Tal der Söhne Hinnoms trifft. Westlich sehen Sie das Prätorium von Pilatus. Dieses war ursprünglich der Palast von Herodes dem Großen, dem Kindermörder von Bethlehem.
Im Zwischenbereich finden Sie den hasmonäischen Palast. Hier hatte Herodes Antipas, der Herodes zur Zeit der Kreuzigung, seinen Sitz. Weiter nördlich sehen Sie die Bethesda-Teiche. Ganz im Süden befindet sich der Siloah-Teich, ein öffentliches Ritualbad mit seinem Ausfluss.
Draußen, vor dem Gennad-Tor, dem Gartentor, liegt ein ausgedienter Steinbruch, Golgatha. Das gibt uns eine Orientierungshilfe für alles Weitere. Im Süden war der Hauptzugang für das Volk zum Tempel. Deshalb gab es hier auch diesen großen Vorplatz.
Gründe für das Studium des Tempels
Warum beschäftigen wir uns mit dem Tempel? Dafür gibt es verschiedene Gründe.
Erstens: Der Herr Jesus liebte den zweiten Tempel. Er nannte ihn „das Haus meines Vaters“. Wer Jesus liebt, liebt auch das, was er geliebt hat. Doch der Tempel weist nicht nur auf sich selbst hin, sondern auch auf die Person des Messias. In Jesaja 8 wird deutlich gemacht, dass von dem Messias gesagt wird, er werde zum Heiligtum sein. Das hebräische Wort „Mikdash“ bezeichnet den Tempelbezirk, also den gesamten Bereich des Tempels, nicht nur das Tempelhaus. Alles im Tempelbezirk weist auf die Person des Erlösers hin. Diese Symbolik werden wir hier gemeinsam entdecken.
Weiterhin ist der Tempel nach dem Neuen Testament auch ein Bild der Gemeinde. In 1. Korinther 3,16 heißt es: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und dass der Geist Gottes in euch wohnt?“ Das bedeutet, dass wir viel über den Bauplan Gottes bezüglich der Gemeinde lernen können, wenn wir den Tempel in Jerusalem studieren.
Noch weiter ist der Tempel auch ein Bild für den einzelnen Erlösten. In 1. Korinther 6 wird erklärt: „Wisst ihr nicht, dass euer Leib, euer Körper der Tempel des Heiligen Geistes ist?“
Es gibt noch weitere Gründe. In Offenbarung 11,19 lesen wir: „Und der Tempel Gottes im Himmel wurde geöffnet.“ Hier wird von einem ursprünglichen Tempel im Himmel gesprochen. So sehen wir, dass es im Himmel ein Urbild gibt, von dem der Tempel in Jerusalem ein Abbild war. Das ist die Heimat der Erlösten, der Christen.
Wer also mehr vom Tempel in Jerusalem versteht und seine Schönheit gesehen hat, erhält auch einen besseren Vorgeschmack auf das Schönste, das noch kommen wird.
Übersicht über den Tempel und seine Vorhöfe
Hier der Tempel in der Übersicht: Der erweiterte Tempelplatz zur Zeit der Evangelien umfasste 144 Quadratmeter. Darin befand sich das 500 Ellen Quadrat, das wir kürzlich neu entdeckt haben. Auf diesem 500 Ellen Quadrat lagen die inneren Vorhöfe rund um das Tempelhaus, darunter der Vorhof der Frauen und das Lager der Schechina, das dem Vorhof der Stiftshütte entspricht.
Sie sehen, der erweiterte Tempelplatz war von gewaltigen Säulenhallen umgeben. Die prächtigste davon befand sich im Süden und wurde als königliche Säulenhalle bezeichnet. Es handelte sich dabei um eine Basilika. Was ist eine Basilika in der alten Welt? Das ist ein Gerichtssitz und Marktplatz. Wir werden sehen, dass diese Halle genau diese Funktion auch im Tempel hatte.
An der Stelle des heutigen Goldenen Tores befindet sich das Osttor. Hier gibt es eine vorgelagerte Stadtmauer und leicht versetzt dazu das Tor Mifkat. In der Nordwestecke liegt die Burg Antonia, der Sitz der römischen Legion in Jerusalem. Von hier aus wurde der Tempelplatz im Hinblick auf Revolten überwacht.
Hier sehen wir den Israel-Teich, wo die Opfertiere gewaschen wurden, bevor sie durch das Schaftor eingeführt wurden. Im Süden liegt der Vorplatz für das Volk. Diese Übersicht gibt uns einen ersten Eindruck der Situation.
Heute befindet sich das eigentliche Tempelhaus, wie wir im vorigen Vortrag gesehen haben, genau an der Stelle der Oma-Moschee. Das Lager der Schechina liegt darum herum, ebenso der Frauenvorhof. Davor befindet sich die königliche Säulenhalle im Süden, auf deren Gelände teilweise die El-Aksa-Moschee steht.
Das Osttor befindet sich dort, wo heute das Goldene Tor ist. In dieser Ecke auf dem Felsen lag die Burg Antonia. Gleich daneben befindet sich der Israel-Teich, dazwischen das Schaftor.
Übrigens warfen die Römer, als sie den Tempel zerstörten, das meiste Schuttmaterial östlich ins Kidrontal hinab. Dadurch wurde sogar der Verlauf des Kidrontals verschoben. Das bedeutet, dass bei Ausgrabungen hier die großartigsten Überreste ans Licht kämen. Leider ist das nicht möglich, da die Muslime hier einen Friedhof eingerichtet haben. Das würde wieder Probleme verursachen, und davon gibt es bereits genug.
Archäologische Eingänge und Wasserversorgung des Tempelbergs
Eine Sicht von Südwesten auf den Tempelplatz
Im Westen konnten archäologisch alle vier Eingänge festgestellt werden. Hier befindet sich das Warnetor, das Wilsentor mit dem Wilsenbogen. Ein Aquädukt führte von Bethlehem aus Wasser zum Tempelberg, um den Altarbereich vom Blut zu reinigen. Übrigens erstreckte sich dieses Aquädukt über viele Kilometer hinweg mit einem Gefälle von einem Prozent. Erklären Sie mir mal, wie man das damals geschafft hat.
Weiterhin gibt es hier das Barclay-Tor und das Robinson-Tor, das direkt in die königliche Säulenhalle führte. Im Süden lag der Vorplatz für das Volk, wenn sie zum Tempel kamen. Dort befand sich die große Treppe vor der schönen Pforte. Außerdem gab es noch eine weitere Treppe, die den Zugang für die Priester ermöglichte, die auf dem Ofel wohnten.
Stellen wir uns nun vor, wir sind ganz gewöhnliche Juden und gehen zu den großen Festen des Jahres nach Jerusalem. Das heißt, am Passa, am Pfingstfest und am Laubhüttenfest im Herbst. Hier wurden die Volksmengen empfangen, und man ging zur großen Treppe vor der schönen Pforte, die den Eingang bildete.
Heute sieht das so aus: Nach dem Sechstagekrieg konnten auf dem Ofel, dem Südabhang des Tempelberges, großartige Ausgrabungen gemacht werden. Dort sind diese Treppen und Stufen vor der schönen Pforte ans Licht gekommen. Die schöne Pforte selbst ist zugemauert, aber der Sturz darüber ist noch original. Das hier stammt aus islamischer Zeit.
Der Turm hier stammt aus byzantinischer Zeit. Den sollte man abbrechen, dann käme die Fortsetzung der Treppe zum Vorschein, denn sie hat eine Breite von 64 Metern – schon gigantisch. Allerdings würde auch das Abbrechen wieder Probleme machen, daher lassen wir es.
Hier sehen Sie eine Rekonstruktionszeichnung. Man erkennt die zugemauerte rechte Tür der schönen Pforte mit dem islamischen Sturz darüber. Daneben steht dieser Turm. Das ist der originale Sturz, den ich vorhin gezeigt habe. Übrigens sieht man diesen riesigen Block als Sturz – ein Stück Stein. Damit er nicht zerbrach, hat man ihn durch einen Bogen darüber entlastet, damit nicht das volle Gewicht darauf drückt. Das war sehr schlau.
Also: Rechts und links befinden sich zwei Türen – das ist die schöne Pforte. Nun fällt auf, dass die Stufen hier zur schönen Pforte unterschiedlich lang sind. Sogar auf dem Modell sieht man das. Die Architekten haben das damals so gemacht, damit man nicht schnell hinaufspringt, sondern in würdigem Schritt zum Haus Gottes geht.
Die Heilung des Gelähmten an der schönen Pforte
Ein Mann, der seit vierzig Jahren gelähmt war, wurde täglich an der Schönen Pforte des Tempels zum Betteln hingesetzt. Die Apostel Petrus und Johannes gingen um drei Uhr nachmittags zum Tempel hinauf, um am Gebet des Abendbrandopfers teilzunehmen.
Sie sahen den Mann, der um Geld bat. Petrus sagte zu ihm: „Silber und Gold habe ich nicht, aber was ich habe, das gebe ich dir. Im Namen Jesu, des Messias, des Nazareners, steh auf und wandle!“
Der Mann stand daraufhin auf und begann herumzuspringen – an einem Ort, an dem man eigentlich nicht springen sollte. Doch wir können verstehen, dass ein Mann, der hier eine echte Begegnung mit dem auferstandenen Messias an der Tempelpforte erlebt, etwas Außergewöhnliches erfährt.
Er symbolisiert für uns alle den Zustand, in dem wir uns in Bezug auf Gott befinden: Wie er sind wir draußen vor der Tür – um einen Titel aus der deutschen Literatur zu verwenden – unfähig zu gehen. Wir sind nicht fähig, nach den Geboten Gottes zu leben, und wir sind auch nicht fähig, Gott zu begegnen.
Doch die Begegnung mit dem auferstandenen Messias ändert alles. So erhielt der Mann Kraft, um gottgemäß zu wandeln.
Ich habe Ihnen auch etwas Tempelarchäologie gezeigt. Dabei sagte ich: „So, ich spring mal hier hoch!“ Und dann haben Sie es versucht und gesagt: „Das geht nicht.“
Dann habe ich erklärt, warum das nicht geht. Die Architekten haben die Stufen so gestaltet, dass sie aus dem gewachsenen Felsen des Zionsberges herausgeschlagen sind. Sie sind ganz unterschiedlich lang, sodass man einfach nicht einfach so hinaufspringen kann.
In diesem Bereich ist der Herr Jesus immer wieder zum Tempel gegangen – ganz konkret und wirklich. Auch dieser Gelähmte sprang hier herum.
Es ist schön, dass es in Psalm 40 heißt: „Du hast meine Füße festgemacht und sie auf einen Felsen gestellt.“ So ging man auf dem Felsen hinauf, um dem Felsen Israels, dem Gott Israels, zu begegnen.
Hier sehen Sie noch einmal die originalen, aus dem Fels massiv herausgeschlagenen Treppen vor der Schönen Pforte, wo man normalerweise nicht springen sollte. Rechts von dieser Pforte gab es ein öffentliches Ritualbadhaus.
Symbolik der rituellen Reinheit und der Weg zur Umkehr
Das Gesetz Mose lehrt symbolische Verunreinigung, auch levitische Verunreinigung genannt. Zum Beispiel galt eine Frau während ihrer Periode als unrein. Ebenso machte ein Erguss bei einem Mann ihn unrein, ebenso wie viele andere Dinge.
Im Judentum wurde Unreinheit immer mit Dingen in Verbindung gebracht, die mit der Quelle des Lebens und dem Ende des Lebens zusammenhängen. Das ist sehr interessant, wenn man alle Verunreinigungsmöglichkeiten zusammenfasst: Sie beziehen sich alle auf die Quelle des Lebens und das Ende des Lebens.
Das zeigt uns zwei Grundwahrheiten des Evangeliums: Erstens, der Mensch ist in Sünde geboren. Er kommt als verderbtes Wesen im Bild Adams auf die Welt, wie es in Römer 5,12 heißt: „Durch die Sünde eines Menschen ist die Sünde in die Welt gekommen.“ Zweitens, wenn man einen Toten berührte, war man ebenfalls unrein. So erklärt auch der Römerbrief in Kapitel 6, Vers 23: „Der Lohn der Sünde ist der Tod.“
Aus diesem Grund musste sich jeder Jude, bevor er zum Tempel ging, immer zuvor in einem Ritualbad reinigen. Dieses Ritualbad befindet sich direkt neben der originalen Treppe. Es war Teil eines öffentlichen Ritualbadhauses, das ich vorhin im Modell gezeigt habe.
Im unreinen Zustand ging man über den breiten Weg nach unten und musste sich vollständig im Wasser untertauchen, mit einer 180-Grad-Drehung. Danach ging man im gereinigten Zustand über den schmalen Weg nach oben.
Man sieht dort eine Abtrennung zwischen dem breiten und dem schmalen Weg. Der Herr Jesus spricht in der Bergpredigt über den breiten Weg, der ins Verderben führt, und den schmalen Weg, der zum Leben führt. Das haben die Juden im Alltag immer wieder erlebt: Der breite Weg, im unreinen Zustand, führt nach unten.
Die Frage ist: Wie komme ich vom breiten Weg auf den schmalen Weg, wenn ich weiß, dass Gott sagt, dass der Weg, auf dem ich gehe, ins Verderben führt? Ganz einfach: Es braucht eine Umkehr um 180 Grad. Dann geht es hinauf.
Das ist Bekehrung: eine hundertachtzig Grad Wendung. Die Bibel wird oft mit Wasser verglichen. In Epheser 5,25 heißt es, dass Christus die Gemeinde reinigt durch das Wasserbad des Wortes.
Das bedeutet, die Bibel deckt unsere Sünden auf. Wenn ich dann bereit bin, meine Sünden vor Gott im Gebet zu bekennen und seine Vergebung anzunehmen, werde ich rein. Das ist die Übertragung des Ritualbades.
Dieses Ritualbad gehörte zum ABC des Judentums. Und das, was ich Ihnen erklärt habe – diese Umkehr immer wieder neu – gehört zum ABC des Christentums. Man muss sich durch die Bibel korrigieren lassen.
Man sieht, dass man Mut braucht, um die Bibel zu lesen. Bibelleser sind im Allgemeinen mutig, denn sie lassen sich durch die Bibel in Frage stellen und korrigieren.
So sind Christen darauf angelegt, immer wieder neu die Dinge zu ordnen, damit sie immer wieder neu eine Begegnung mit Gott haben können.
Die Massentaufe am Pfingstfest und ihre logistische Grundlage
Sie sehen, im Anschluss an den Sechstagekrieg konnte auf dem Ofel alles ausgegraben werden. Dabei sind Dutzende von Ritualbädern ans Licht gekommen – ein ganzes System, das offenbar notwendig war.
Für die Tausenden, die nach Jerusalem kamen, brauchte man diese Ritualbäder. Das ist wirklich beeindruckend. Liberale Theologen haben gesagt: Beim Pfingstfest in Apostelgeschichte 2 wurden doch dreitausend Menschen an einem Tag getauft. Das könne doch gar nicht sein. In Jerusalem gibt es keinen See, keinen Fluss. Wie sollte das überhaupt möglich gewesen sein?
Die Erklärung ist ganz einfach: Das Pfingstfest war das Fest, bei dem man in der alten Welt am besten auf dem Mittelmeer reisen konnte. Es kamen nicht nur Juden aus dem ganzen Land, sondern auch aus dem Ausland – aus Rom, also Italien, aus Griechenland, Nordafrika, dem Irak und der Türkei. Sie alle reisten hierher.
In Apostelgeschichte 2 ereignete sich das Pfingstwunder genau um die dritte Stunde, das war neun Uhr morgens. Zu dieser Zeit ging man hinauf zum Tempel, um das Morgenbrandopfer darzubringen. Das Timing war also perfekt. Die Menschen kamen und trafen auf die Apostel, die in allen möglichen Sprachen und Dialekten sprechen konnten.
Dialekte – das bedeutet, dass sogar die Aussprache korrekt war. Wenn jemand beispielsweise als Deutscher Schweizerdeutsch ohne Akzent spricht, beeindruckt uns das sehr. So ähnlich war es, als diese Leute aus Galiläa, obwohl ungebildet, die korrekten Dialekte sprachen. Das war für die Volksmenge damals unglaublich.
Diese Fähigkeit gab Petrus die Möglichkeit, seine Predigt zu halten. Dreitausend Menschen kamen an diesem Tag zum Glauben. Sie haben also nicht einfach nur etwas dahingesagt, sondern wirklich Sprachen gesprochen, die von Gott eingegeben waren – als Zeugnis. Nun sollte die frohe Botschaft zu allen Völkern gelangen.
Die dreitausend Menschen wurden getauft. Im Eingangsbereich des Tempels gab es genügend Ritualbäder, sodass diese Massentaufe problemlos durchgeführt werden konnte.
Der Zugang durch die schöne Pforte und die Praxis der Seelsorge
Nun gehen wir endlich durch die schöne Pforte hinein. Dort sieht man einen langen Tunnel. Rechts kam man hinein, links ging man wieder hinaus. Am Ende des Tunnels stiegen die Menschen Treppen hinauf und standen dann direkt vor dem Hulda-Tor, das in das 500 Ellen große Quadrat führte.
Übrigens durfte man, wenn man Probleme hatte, links hineingehen. Warum? Damit die Leute wussten, dass man Schwierigkeiten hat. So konnten sie fragen: „Wie geht es dir?“ Man konnte dann alle Probleme erzählen, und die Menschen konnten einen trösten. Auf diese Weise betrieb das jüdische Volk an der Tempelpforte Seelsorge an sich selbst.
Das ist absolut christlich. In 1. Thessalonicher 5 sagt Paulus zur Gemeinde, dass sie einander ermahnen oder ermuntern sollen, so wie er es selbst tut. Das bedeutet gegenseitige Seelsorge, ganz ungekünstelt und natürlich. Wenn wir einander besuchen, Kontakt haben und miteinander sprechen, sollte das ein ganz normaler Prozess sein.
Wenn man das mehr praktizieren würde, gäbe es auch viel weniger große Probleme, bei denen nur besonders befähigte Seelsorger Rat geben können. Sie sehen, man kann durch Archäologie sogar noch etwas über Seelsorge lernen.
Architektur und Verzierung der schönen Pforte
Und nun sehen Sie auch, warum das die schöne Pforte war. Beachten Sie diese wunderbaren Kuppelbauten und Verzierungen. Diese Art von flachen Kuppelbauten findet man in der Geschichte der Architektur zum ersten Mal hier in Jerusalem.
Eine Rekonstruktionszeichnung von einer solchen Kuppel zeigt diese geometrischen und floralen Verzierungen. Die Blumenverzierungen an der schönen Pforte sind besonders auffällig.
Jetzt sehen Sie auch, wie man ohne Probleme durch die schöne Pforte hineinging. Man kam hier hinein, ging dann über die Treppe hoch zum westlichen Hulda-Tor, das in den eigentlich heiligen Bereich führte. Dieser Zugang war für die Priester bestimmt, zum östlichen Hulda-Tor.
Übrigens: Hulda, hebräisch Chulda, bedeutet Maulwurf. Das hat nichts mit der Prophetin Hulda im Alten Testament zu tun. Der Name bezieht sich darauf, dass man zunächst durch einen Tunnel wie ein Maulwurf ging, um in den heiligen Tempelbereich zu gelangen.
Ja, das ist eine Flugaufnahme. Hier sehen wir das 500 Ellen Quadrat. Wir sind jetzt gewöhnliche Juden, keine Priester, keine Leviten und Kohanim. Wir gehen durch das Hulda-Tor in den eigentlich heiligen Bereich.
Nun müssen Sie noch Folgendes beachten: Es gab immer Wächter aus dem Stamm Levi. Diese fragten: „Hast du dich wirklich gereinigt?“ Es gab schwere Bestrafungen, wenn man ungereinigt in den Tempel ging. Das war also nicht nur eine persönliche Verantwortung, ob man sich gereinigt hatte oder nicht, sondern es gab eine kollektive Verantwortung in Israel.
Auch in der Gemeinde gilt das, wie nach 1. Korinther 5,3-12 deutlich wird. Wenn jemand zum Beispiel Unzucht begeht, kann er nicht sagen, das sei seine Privatsache. Dann wird es zur Angelegenheit der Gemeinde und der Gemeindedisziplin.
Hier sehen Sie eine kleine Abschrankung, die Zwischenwand der Umzäunung. Sie trennte Juden von Nichtjuden. Heiden durften also nur bis hierher kommen. Es gab Aufschriften, die warnten: Wer weitergeht, wird die Todesstrafe erleiden. Das war die totale Trennung zwischen Juden und Heiden.
Der Äthiopier in Apostelgeschichte 8, der Kämmerer der Kandake, kam nach Jerusalem. Er durfte nie weitergehen als bis zu dieser Grenze. Aber der Heidenvorhof stand ihm offen. Dort durfte er sich bewegen und beten, aber niemals in die inneren Vorhöfe gehen.
Ich werde später noch einmal auf dieses Thema zurückkommen.
Hier stehen wir vor der El-Aqsa-Moschee. Dieser Aufgang ist in der ursprünglichen Struktur noch der Aufgang von der schönen Pforte. Das 500 Ellen Quadrat verläuft genau hier entlang. Ja, hier sehen Sie es noch etwas besser.
Die königliche Säulenhalle als Marktplatz und Gerichtssitz
Wir beschäftigen uns jetzt mit der königlichen Säulenhalle. Dort befand sich der Marktplatz, auf dem die Opfertiere verkauft wurden. In dieser Ecke war der Sanhedrin, der oberste Gerichtshof. Ab dem Jahr 30 war er dort ansässig.
Die Halle war sehr prächtig und bestand aus drei Schiffen. Sie hatte 162 Säulen, die alle etwa fünfzehn Meter hoch waren und aus einem einzigen Stein gefertigt wurden. Es brauchten drei Männer mit ausgestreckten Armen, um eine Säule zu umfassen. Wenn man also von einer Körpergröße von etwa 1,65 Meter ausgeht, kann man sich die Dimensionen gut vorstellen. Über den Säulen befanden sich Stuckverzierungen mit Zedernholz, was der Halle ein majestätisches, wirklich königliches Aussehen verlieh.
Wir befinden uns jetzt in der Mittelhalle und blicken ganz nach Osten. Dort gibt es eine Versammlung – das ist der Sitz des Sanhedrins. Hier wurde Jesus Christus im Jahr 32 vom Hohen Rat zum Tod verurteilt. Das wahre Opfer wurde im Tempel, dem höchsten Opfer Israels, zum Tod verurteilt.
Ein Luftbild zeigt heute die königliche Säulenhalle im Südbereich. Übrigens sieht man noch den Knick in der Ostmauer, der aus der Luft gut erkennbar ist. Dort verlief das Hundertdelenquadrat. Genau in dieser Ecke befand sich der Sitz des Sanhedrins.
Wir können also ganz deutlich auf den Spuren Jesu wandeln und sagen: Hier wurde der Herr Jesus zum Tod verurteilt. Unterhalb dieses Bereichs wird heute eine illegale Riesenmoschee gebaut, die für etwa zehn Personen Platz bieten soll. Offenbar gibt es jedoch Probleme mit der Statik. Vor ein paar Tagen habe ich gesehen, dass sich eine riesige Beule in der Südmauer gebildet hat, die einzustürzen droht.
Israel hat angeboten, bei der Stabilisierung zu helfen, doch die Hilfe wird abgelehnt. Wir werden sehen, ob die Mauer bald einstürzt. Es ist auf jeden Fall dramatisch, wie heute um diese dritte Moschee, die große Moschee, gekämpft wird – und das genau an dem Ort, an dem der Herr Jesus zum Tod verurteilt wurde.
Man erkennt die Zusammenhänge deutlich. Hier befindet sich die ausgegrabene Treppe vor der Schönen Pforte mit den darunterliegenden Ritualbädern.
Der Weg Jesu vom Tempel zum Prätorium und die Bedeutung der Klagemauer
Ja, als der Herr Jesus zum Tod verurteilt wurde, musste er anschließend zu Pilatus gebracht werden. Denn die Römer hatten den Juden das Recht auf Todesstrafe entzogen. Dort befand sich das Prätorium von Pilatus. Der direkteste Weg dorthin führt über den Wilsenbogen, eine Brücke, hin zu dem Ort, der heute beim Jaffator liegt.
Fällt Ihnen etwas auf? Wenn der Herr Jesus dort hinausgeführt wurde, dann wurde er aus dem Tempel genau an der Stelle hinausgeworfen, wo heute die Klagemauer steht – der Ort, an dem das jüdische Volk klagt und um Frieden ruft.
Im Modell sehen wir diesen Bereich: Das ist der Wilsenbogen, ein Aquädukt. Darunter beten die jüdischen Männer im Männerbereich, und hier sind die Frauen. Den Sturz sieht man noch bei der Frauenabteilung, vom Barclay-Tor aus. Dort wurde der Herr Jesus aus dem Tempel hinausgeworfen.
Ich nenne dieses Tor, dessen Name in der alten Literatur nicht überliefert ist, darum das Tor der Verwerfung. Das ist sehr dramatisch.
Heute sieht man an der Klagemauer die Männer und Frauen getrennt. Wenn man durch diesen Bogen einige Meter hineingeht, folgt der Wilsenbogen. Dort oben muss man alles entfernen, was heute dort ist, aber das würde wieder Probleme verursachen.
Durch den Wilsenbogen, durch das Tor der Verwerfung, wurde der Herr Jesus hinausgeführt zu Pilatus. Heute klagt das Volk an diesem Ort über seine Friedelosigkeit. Es ist sehr zu Herzen gehend, das zu sehen.
Jetzt befinden wir uns unter dem Wilsenbogen, der ersten Brücke nach dem Tor der Verwerfung. Man sieht, wie die Männer dort beten. Ich habe ein Bild von einem betenden Juden unter dem Wilsenbogen gemacht. Der Talit, der Gebetsmantel, ist über sein Gesicht und sein Herz gezogen.
Lesen wir nun aus 2. Korinther 3: Dort heißt es, dass Israel verstockt worden ist, denn beim Lesen des Alten Testaments bleibt dieselbe Decke unaufgedeckt. Diese Decke wird jedoch hinweggetan, wenn sie umkehren.
Weiter heißt es: Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht, die Herrlichkeit des Herrn anschauend, werden verwandelt von Herrlichkeit zu Herrlichkeit durch den Geist des Herrn.
Die Stelle spricht von der Decke auf dem Gesicht und auf dem Herzen. Ist das nicht dramatisch? Der Mann betet dort mit bedecktem Talit unter dem Bogen, an dem der Messias vor zweitausend Jahren hinausgeworfen wurde.
Wenn er ihn erkennt, wird er seinen Talit ablegen. Als Mann muss er dann keine Bedeckung mehr beim Beten tragen. 1. Korinther 11 beschreibt dies – das ist nicht jüdisch, sondern christlich.
Versuchung Jesu auf der Zinne des Tempels und der Umgang mit der Bibel
Wir betrachten nochmals eine Übersicht des Tempels von Osten, insbesondere den höchsten Punkt der Säulenhallen. Dort befand sich die Zinne des Tempels. Von diesem Punkt ging es steil hinunter ins Kedrontal.
An dieser Zinne stand der Herr Jesus während einer der Versuchungen durch Satan. Der Teufel sagte zu ihm: „Spring hier herunter, denn es steht in den Psalmen, dass die Engel dich tragen werden und dir nichts geschehen wird.“ Der Herr Jesus antwortete mit einem Zitat aus dem 5. Buch Mose (5. Mose), in dem es heißt: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.“
Hier sehen wir das Thema „Der Teufel im Tempel“. Wenn der Teufel im Tempel, also im Haus Gottes, auftritt, dann kommt er mit der Bibel. Doch wir wissen, dass die Bibel das Schwert des Geistes ist (Epheser 6). Was passiert also, wenn der Teufel dieselbe Waffe benutzt? Er wird besiegt, wenn wir das Schwert des Geistes richtig gebrauchen.
Das teuflische Zitat stand nicht im Einklang mit dem Gesamtzeugnis der Bibel. Der Herr Jesus aber zitierte die Bibel so, dass es mit der Gesamtaussage der Schrift übereinstimmte – und so wurde der Teufel besiegt.
Es ist gut, wenn wir einige Hundert Bibelverse auswendig kennen. Dabei sollten wir uns bemühen, diese Verse im richtigen Zusammenhang zu gebrauchen. So können wir, wie der Herr Jesus uns als Beispiel gegeben hat, mit dem Schwert des Geistes gut kämpfen.
Übrigens gibt es in der rabbinischen Literatur die Auffassung, dass der Messias, wenn er kommt, sich auf dem Dach des Tempelbezirks offenbaren wird. Das ist bemerkenswert, oder? Man stelle sich vor: Die Versuchung geschah noch bevor der Herr Jesus öffentlich als Messias in Israel auftrat. Hat das wohl einen Zusammenhang?
Der Teufel sagte: „Wenn du hier vom Dach springst, kannst du dich durch dieses Zeichen Israel als Messias offenbaren.“ Doch der Herr wollte damit nichts zu tun haben. Erstens wollte er keine Schau, und zweitens wollte er nur den Willen des Vaters tun.
Diese Südostecke mit den Steinen ist noch original. Man erkennt es an den Randschlägen im Spiegel der herodianischen Bausteine. Das ist noch ein Teil der ursprünglichen Zinne des Tempels. Die kleinen Steine stammen aus islamischer Zeit. Das Ganze war natürlich viel höher, und an genau dieser Stelle sollte der Herr Jesus hinunterspringen. Aber das tat er nicht.
Stattdessen ging er nach Galiläa, das damals als verachtet galt, und begann dort zu predigen. Wie Jesaja gesagt hat: Am See von Nazareth wird das Licht des Messias aufgehen.
Der Opferweg am Osttor und die Bedeutung des Sündenbocks
Wieder eine Gesamtübersicht: Jetzt wenden wir uns dem Osttor zu. Hier kann ich mich kurz fassen, denn im vorigen Vortrag haben wir bereits erklärt, dass an diesem Tor der Sündenbock und auch die Rote Kuh hinausgeführt wurden.
Der Sündenbock ging durch das Osttor die Treppe hinunter und dann durch das Tor Mifkat, das Tor der Vergeltung, aus der Stadt hinaus. Israel erlebte Jahr für Jahr am Yom Hakipurim, dem Versöhnungstag, dass der unschuldige Stellvertreter aus dem Tempel und aus der Stadt hinausgeführt werden musste, um das Problem der Sünde zu lösen.
So ist es auch geschehen: Der Herr Jesus wurde aus dem Tempel hinausgeworfen, aus der Stadt, um auf Golgatha das Problem unserer Schuld zu lösen. Das ist die Brücke zum Sündenbock.
Er ging also hinüber auf den Ölberg und wurde dann in die dahinter liegende Wüste Judäa gejagt, um die Schuld auf Nimmerwiedersehen wegzutragen. So kann man Menschen auch heute noch anschaulich zeigen, was das Evangelium ist.
Es gibt eine totale, wirkliche Vergebung vor Gott, bei der unsere Schuld endgültig von uns weggetan wird, um nie mehr zurückzukehren. Wenn wir das Opfer des Herrn Jesus annehmen, ist es wie ein Blick in die Wüste Judäa: weg, auf Nimmerwiedersehen.
Die Nordostecke des Tempelbergs und die Tür der Schafe
Nun wenden wir uns der Nordostecke zu. Dort befindet sich der Israel-Teich und die Burg Antonia. An diesem Ort wurden die Opfer gewaschen, bevor sie durch das Schaftor eingeführt wurden. Jesus sagt im Johannes 10: „Im Tempel bin ich die Tür der Schafe; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden.“ Jetzt verstehen wir das besser: Es geht darum, wer auf der Grundlage des stellvertretenden Opfers vor Gott tritt – und zwar auf das Opfer von Jesus Christus. Dieser wird gerettet.
Diese Sprache stammt aus der Welt der Jünger. Es ist ein exklusives Bild. Ende des 19. Jahrhunderts war der Israel-Teich noch offen sichtbar; später wurde er zugeschüttet, doch er ist immer noch vorhanden. Das ist wichtig, denn Arafat behauptet, hier habe es nie einen jüdischen Tempel gegeben. Man habe noch nie einen Stein gefunden, der mit einem jüdischen Tempel in Verbindung steht. Hätte er doch die Archäologie studiert!
Hier sehen wir nochmals das Schaftor. „Ich bin die Tür der Schafe“ – diesen Satz kann man besser verstehen, wenn man den Ort kennt. Heute ist dort ein Parkplatz, wo früher der Israel-Teich war, nahe der Umariya-Schule, einer muslimischen Schule. Genau hier lag die Burg Antonia. Die Tür der Schafe wird übrigens wörtlich in Johannes 5 erwähnt und in Johannes 10 im gleichen Evangelium gedeutet. Ansonsten kommt dieser Ausdruck nirgendwo anders vor.
Nun blicken wir zur Ostmauer. Dort befand sich die Säulenhalle Salomos, wie sie genannt wird. Das ist ein passender Name, denn diese Mauerlinie hat sich seit Salomo nie verändert. Alle anderen Teile des Tempels sind spätere Erweiterungen.
Im Johannes 10, am Tempelweihfest, war Jesus in Jerusalem im Tempel, im Dezember. Es konnte schneien, es konnte sehr kalt sein im Haus Gottes. Er wandelte in der Säulenhalle Salomos. Dann kamen die Führer zu ihm und forderten ihn heraus: Sie wollten wissen, ob er der Messias sei oder nicht. Jesus antwortete, wenn er es ihnen sage, würden sie sowieso nicht glauben.
Weiter sagte er: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir. Ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren, ewiglich. Niemand wird sie aus meiner Hand rauben.“ In dieser Halle verkündete er Heilssicherheit und Heilsgewissheit.
Das ist nicht dasselbe. Heilssicherheit bedeutet, dass ich um die Sicherheit meines Heils weiß. Heilsgewissheit heißt, dass ich um meine eigene Sicherheit weiß. Heilssicherheit ist objektiv: die Sicherheit, nicht verloren zu gehen. Das hat Jesus dort verkündet.
Monate später, nach Pfingsten, versammelten sich die ersten Christen zu Tausenden in der Säulenhalle Salomos. So steht es in der Apostelgeschichte: „Sie waren einmütig in der Säulenhalle Salomos beieinander.“ Dreitausend kamen bei Pfingsten zum Glauben. Kurz darauf stieg die Zahl der Männer auf fünftausend. Hochgerechnet mit den Frauen waren es zehntausend.
Das ist ein großartiges Versammlungslokal: zweihundertfünfzig Meter lang, mit einer Mezedandecke und noch dazu kostenlos. Kein Eintrittsgeld. Strategisch war der Ort ideal, denn das ganze Volk musste immer wieder hier vorbeikommen. Die Christen konnten nicht ignoriert werden.
Es ist schön zu sehen, dass sie einmütig in der Säulenhalle Salomos beieinander waren – an dem Ort, wo Jesus ihnen Heilssicherheit und Heilsgewissheit verkündete, selbst in der kalten Zeit des Winters.
Man sieht die Ostmauer mit ganz neuen Augen, wenn man weiß: Hier ist der Ursprung des Christentums. Hier versammelten sich die Tausenden der ersten Christen in Jerusalem. Dort wurde gepredigt, dort wurde evangelisiert, und dort wurde die Gemeinde gründlich in der Lehre der Apostel unterwiesen – über ein ganzes Jahr hinweg.
Die Burg Antonia und Paulus’ Erfahrungen
Hier sehen wir die Burg Antonia. Paulus kam in der Apostelgeschichte 21 nach Jerusalem. Er ging in den Tempel, und dort wurde er angegriffen. Einige sagten: „Das ist nun dieser Mann.“ Sie kannten ihn aus der Türkei, Juden aus Asien.
„Das ist der Mann, der überall falsche Dinge erzählt und Abfall von Mose lehrt.“ Man stürzte sich auf ihn und wollte ihn töten. Glücklicherweise kamen die Soldaten der Schnelleingreiftruppe der Burg Antonia hier in der Ecke die Treppen heruntergelaufen und konnten Paulus noch entreißen.
Sie trugen ihn die Treppe hinauf und brachten ihn zum Chiliachen, dem Befehlshaber über tausend. Paulus fragte: „Darf ich zum Volk sprechen?“ Der Befehlshaber antwortete: „Ach so, du sprichst Griechisch, dann bist du also nicht dieser Terrorist.“ Paulus sagte: „Nein, ich bin aus der Stadt Tarsus in Zilizien. Darf ich zum Volk sprechen?“ „Ja, bitte“, antwortete der Befehlshaber.
Dann steht Paulus auf der obersten Stufe hier auf dem Dach der Säulenhalle, winkt mit der Hand und spricht die Volksmenge in hebräischer Mundart an. Alles wird ruhig. Er erzählt seine Bekehrungsgeschichte und wie der Herr ihn berufen hat, das Evangelium den Heidenvölkern weit weg zu bringen.
Hier, angesichts des Heidenvorhofs, hielt er ein Plädoyer für eine ganz neue Art von Heidenmission. Das war zu viel für die Zuhörer. Paulus sagte: „Der Herr hat zu mir gesagt: Hier werden sie nicht auf dich hören. Gehe, ich sende dich weit weg zu den Nationen, sie werden hören.“
Daraufhin entstand ein Tumult. Staub wurde in die Luft gewirbelt, Kleider herumgeschmissen, und man schrie: „Der Mann muss sterben!“ So wurde Paulus in die Burg Antonia evakuiert.
Dort erlebte er das Lutherlied „Ein feste Burg ist unser Gott“. Die Burg Antonia, die Tempelburg, war für ihn Schutz. Zwischendurch wurde er in die Säulenhalle gebracht und vor den Sanhedrin geführt. Doch die Römer mussten ihn wieder in die Burg Antonia zurückbringen.
In der Nacht stand der Herr bei ihm. Wo war Jesus? Deshalb habe ich in meinem neuen Buch den Titel gewählt, der überrascht: „Jesus in der Burg Antonia“. Ja, das ist korrekt. Jesus stand bei ihm. Wo war Jesus? In der Burg Antonia. Jesus in der Burg Antonia sagte zu Paulus: „Fürchte dich nicht, Paulus! Denn so wie du von mir hier Zeugnis abgelegt hast, musst du auch von mir in Rom vor Kaiser Nero zeugen.“
Die Burg Antonia entsprach in der Erweiterung dem früheren Turm Hananel und Turm Mea, die ein 500 Ellen großes Quadrat bildeten. Somit besteht eine innere Beziehung zwischen der Burg Antonia und diesen zwei Türmen.
Hier sieht man noch schön den hasmonäischen Wasserkanal. Wenn man heute durch den rabbinischen Tunnel entlang der Westmauer geht, kommt man durch diese Wasserleitung hindurch und dann in den Struttionteil hinein – einfach für die, die schon dort waren.
Eigentlich könnten wir jetzt eine Pause machen. Wie lange? Fünfzehn Minuten. Nach den Fragen können wir weitermachen. Fünfzehn Minuten Pause, und dann machen wir weiter. Ja, gut.