Einführung in die messianische Prophetie und der Fokus auf Micha
Beim Studium der messianischen Prophezeiungen im Alten Testament, die auf das erste Kommen Christi hinweisen, sind wir bis zum Buch Daniel vorgedrungen. Teilweise hatten wir bereits früher in Hosea messianische Hinweise betrachtet. Heute wenden wir uns dem Buch Micha zu.
Natürlich finden sich auch in den Büchern davor messianische Prophezeiungen, zum Beispiel in Joel, Amos und Obadja. Diese beziehen sich jedoch eher auf das zweite Kommen Christi als König der Welt. Unser Fokus liegt jedoch auf dem ersten Kommen. Dabei ist zu beachten, dass man die Behandlungsstellen nie völlig trennen kann, da oft das erste und das zweite Kommen in einem Text zusammen behandelt werden.
Jetzt schauen wir uns Micha 5 an. Wegen des Zusammenhangs lesen wir jedoch schon einige Verse aus Kapitel 4. Wir könnten vielleicht ab Vers 10 aus Kapitel 4 lesen, bis Kapitel 5, Vers 6. Liest jemand Kapitel 4 ab Vers 9? Ja, genau!
Prophetische Worte aus Micha Kapitel 4 und 5
Was schreist du aber jetzt so laut? Ist kein König bei dir? Sind deine Ratsherren umgekommen, dass dich Wehen ergriffen haben wie eine Gebärende? Winde dich und brich in Geschrei aus, du Tochter Zion, wie eine Gebärende! Denn nun musst du aus der Stadt hinausziehen, auf dem Feld wohnen und nach Babel wandern. Dort sollst du gerettet werden, dort wird dich der Herr erlösen aus der Hand deiner Feinde.
Nun haben sich viele Völker gegen dich versammelt, die sagen, sie soll entweiht werden, und unsere Augen sollen ihre Lust an Zion sehen. Sie erkennen aber nicht die Gedanken des Herrn und verstehen seinen Ratschluss nicht, dass er sie zusammengebracht hat wie Gaben auf der Tenne.
Mache dich auf und trisch, du Tochter Zion! Denn ich mache dein Horn zu Eisen und deine Hufe zu Erz. Du sollst große Völker zermalmen, und ich werde ihren Raub dem Herrn weihen und ihren Reichtum dem Beherrscher der ganzen Erde.
Nun aber schließe deine Reihen, du Schar! Man hat eine Belagerung gegen uns aufgestellt. Mit dem Stab haben sie dem Richter Israels ins Gesicht geschlagen.
Und du, Bethlehem, Ephrathah, du bist zwar gering unter den Hauptorten von Juda, aber aus dir soll mir hervorkommen, der Herrscher über Israel werden soll, dessen Hervorgehen von Anfang an, von den Tagen der Ewigkeit her gewesen ist. Darum gibt er sie hin bis zu der Zeit, da die, welche gebären soll, geboren haben wird. Dann wird der Überrest seiner Brüder zu den Kindern Israels zurückkehren. Er wird auftreten, und sie werden weiden in der Kraft des Herrn und in der Hoheit des Namens des Herrn, seines Gottes. Sie werden sicher wohnen, denn nun wird er groß sein bis an die Enden der Erde, und dieser wird der Friede sein.
Wenn der Assyrer in unser Land kommt und unsere Paläste betritt, so werden wir sieben Hirten, ja, acht Menschenfürsten gegen ihn aufstellen. Diese werden das Land Assyrien mit dem Schwert abweiden und das Land Nimrod in seinen Toren. So wird er uns von dem Assyrer erretten, wenn dieser in unser Land kommt und unser Gebiet betritt.
Der Überrest Jakobs wird inmitten vieler Völker sein wie ein Tau vom Herrn, wie Regenschauer auf das Gras, das auf niemand wartet und nicht auf Menschenkinder hofft. Der Überrest Jakobs wird unter den Nationen inmitten vieler Völker sein wie ein Löwe unter den Tieren des Waldes, wie ein junger Löwe unter den Schafherden. Wenn er hindurchgeht, tritt er nieder und zerreißt, sodass niemand retten kann.
Wer sagt auch noch: Deine Hand wird siegen über deine Widersacher, und alle deine Feinde sollen ausgerottet werden?
Ja, danke.
Und dann kommt inhaltlich wieder ein neuer Abschnitt.
Bedeutung von Micha 5,1 im Zusammenhang
Micha 5,1 oder je nach Bibelausgabe 5,2 ist gut bekannt als Prophetie auf das Kommen des Messias, auf die Geburt des Messias in Bethlehem. Allerdings wird der Zusammenhang oft zu wenig beachtet. Man kennt einfach diese Stelle, diese Verheißung, dass der Herrscher über Israel, der Messias, aus Bethlehem kommen soll.
Wir haben jedoch bewusst den Text davor und auch etwas danach hinzugefügt, um den Zusammenhang zu verdeutlichen. Zuerst müssen wir klären: Wann hat der Prophet Micha gelebt? Wann wurde dieses Buch geschrieben? Wie kann man das beantworten? Vor Christus, ja, wie kommt man darauf? In manchen Bibelausgaben ist das als Hinweis hinzugefügt, was praktisch ist. Aber wie kann man das aus dem Bibeltext selbst ermitteln?
Hier haben wir gleich zwei Antworten bekommen, zwei verschiedene, und beide sind richtig. Herr Bahr, Sie sagten, die Wegführung nach Babylon wurde darin prophezeit. Wo genau? Ja, genau, in Kapitel 4, Vers 10. Kann das jemand nochmals vorlesen? „Bis nach Babel kommen, dort werden sie gerettet werden.“
Also ist dort die Wegführung nach Babel prophezeit und gleichzeitig auch die Rückführung in einem Satz erwähnt. Natürlich könnte ein Kritiker behaupten, das sei vielleicht später geschrieben worden, so wie bei einer angeblichen Prophetie. Aber Roland hat noch angedeutet: Wo finden wir noch einen Hinweis auf das Datum? Zum Beispiel im ersten Vers des Buches?
Ja, der erste Vers wird gleich vorgelesen: „Dies ist das Wort des Herrn, das an Micha, den Moraschiten, erging in den Tagen Jotans, Ahas und Hiskias, der Könige von Juda, was er geschaut hat über Samaria und Jerusalem.“
Also haben wir hier diese Könige aus Juda zur Zeit von Micha: Jotham, Ahas, Hiskia. Das ist ganz klar das achte Jahrhundert vor Christus, also Hiskia bis circa 700 vor Christus. Die Wirkungszeit von Micha lag in den Jahrzehnten vor dem Jahr 700 vor Christus.
Und wann war die babylonische Gefangenschaft? Ja, 586 vor Christus war die Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier und des Salomonischen Tempels. Das war aber bereits der dritte Krieg. Vor dieser Zerstörung Jerusalems und der Wegführung der Juden gab es noch zwei weitere Wegführungen, nämlich 597 und die erste war 606 vor Christus.
Diese erste Wegführung ist die, bei der Daniel nach Babylon kam, wie in Daniel 1,1 beschrieben. So sehen wir also, dass diese Prophetie etwa hundert Jahre oder etwas mehr vor der Wegführung nach Babylon gegeben wurde. Genau. Und auch die Rückführung wurde vorausgesagt.
Wann hat die Rückführung stattgefunden? Wann sind die Juden wieder aus Babylon zurückgekehrt? Circa siebzig Jahre später, nämlich 539 vor Christus. Damals wurde Babylon von den Meder und Persern erobert. Dann gab Kyros, der König von Persien, den Juden die Erlaubnis, in ihr Land zurückzukehren.
Damit hat sich die Verheißung erfüllt: „Daselbst wirst du errettet werden, daselbst wird der Herr dich aus der Hand deiner Feinde erlösen.“
Die Bedeutung der siebzig Jahre und die Verbindung zu Jeremia
Was hat es mit den siebzig Jahren auf sich? In Jeremia 25 und 29 sagt Jeremia voraus, dass die Zeit Babylons siebzig Jahre dauern wird. Tatsächlich war das so: Im Jahr 609 v. Chr. besiegten die Babylonier endgültig das assyrische Weltreich. Von diesem Zeitpunkt an, also von 609 bis 539 v. Chr., vergingen genau siebzig Jahre. Während dieser Zeit hatte Babylon die Weltherrschaft inne.
Die Juden wurden ab 606 v. Chr. weggeführt. Man kann also sagen, dass die jüdische Gefangenschaft in Babylon etwas kürzer war, nämlich etwa 67 Jahre. Jeremia sagt jedoch nicht, die Juden würden siebzig Jahre in Babylon sein, sondern dass die Zeit Babylons siebzig Jahre dauern wird. Und genau so hat sich das in der Geschichte erfüllt.
Jeremia hat diese Wegführung prophezeit. Er lebte allerdings nach Micha, nämlich genau in der Zeit, als die Wegführung stattfand. Der Prophet gab die genaue Dauer an, wie lange es dauern würde, bis Babylon besiegt wird: siebzig Jahre.
Dieser Zusammenhang zwischen Jeremia und Micha ist aus einem weiteren Grund interessant. Im Buch Jeremia wird Micha sogar schon zitiert.
Schauen wir das kurz im Buch Jeremia nach: Es ist in Jeremia 26. Damals gab es viele falsche Propheten in Jerusalem. Sie sagten den Juden, sie müssten sich keine Sorgen machen, denn die Babylonier seien keine militärische Bedrohung. Gott werde alles zum Guten wenden, und Frieden werde kommen. Jeremia sagte jedoch immer das Gegenteil. Er warnte, dass die Stadt untergehen werde, wenn die Menschen nicht von ihren bösen Wegen umkehren und wieder zu Gott und seinem Wort zurückkehren.
So war Jeremia ein verhasster Mann, denn er sprach gegen die Mehrheit der Propheten. Deshalb wollte man ihn umbringen. Eine interessante Szene in diesem Zusammenhang wird in Jeremia 26, Verse 16-19 beschrieben.
Dort heißt es: Die Fürsten und das ganze Volk sprachen zu den Priestern und Propheten: "Dieser Mann verdient nicht die Todesstrafe, denn er hat im Namen des Herrn unseres Gottes zu uns geredet."
Es standen auch mehrere Älteste des Landes auf und sprachen zu der ganzen Gemeinde: "Micha, der Morischtiter, hat in den Tagen Hiskias, des Königs von Juda, geweissagt und zu dem ganzen Volk von Juda gesagt: So spricht der Herr, der Herrscharen: Man wird Zion wie einen Acker pflügen, und Jerusalem soll zum Steinhaufen werden, und der Tempelberg zu einem bewaldeten Hügel.
Hat denn Hiskia, der König von Juda, und ganz Juda ihn deshalb getötet? Hat man nicht den Herrn gefürchtet und sein Angesicht angefleht, so dass der Herr das Unheil, das er ihnen angedroht hatte, reute? Und sollten wir ein so großes Unrecht gegen unsere Seelen begehen?"
Die Leute hatten also argumentiert, Jeremia solle sterben, weil er so negativ sprach. Doch die Fürsten und andere setzten sich für ihn ein. Sie sagten: Nein, Jeremia soll nicht getötet werden. Er sagt ja genau das Gleiche, was Micha schon in früheren Tagen prophezeit hatte.
Man erkannte ihn als Propheten Gottes an. Auch Micha hatte vom Untergang Jerusalems gesprochen. Deshalb konnte man nicht behaupten, Jeremia sei ein falscher Prophet, wenn man zugleich Micha als echten Propheten akzeptierte. Micha hatte bereits vor hundert Jahren und mehr vorausgesagt, dass Jerusalem eines Tages verwüstet werden würde.
Diese Argumentation ist sehr interessant. Sie zeigt auch, dass das Buch Micha damals schon als biblisches Buch anerkannt war. Deshalb konnten sie so zugunsten Jeremias argumentieren.
Die Anerkennung der biblischen Bücher im Judentum
Im Judentum hat es niemals ein Konzil gegeben, bei dem beschlossen wurde, welche Bücher zur Bibel gehören und welche nicht. So wurde zum Beispiel nicht festgelegt, dass die fünf Bücher Mose, sowie Josua, Richter und Samuel zur Bibel gehören. Es gibt keine Hinweise darauf, dass ein solches Konzil im Judentum jemals stattgefunden hätte.
Vielmehr war es so, dass Mose Israel aus Ägypten herausgeführt hat. Die Zeichen und Wunder, die damals im Zusammenhang mit dem Exodus geschahen, waren der klare Beweis dafür, dass Gott zu Mose gesprochen hatte. Deshalb wurden von Anfang an die fünf Bücher, die Mose verfasst hatte, als Gottes Wort anerkannt.
Der nächste Schreiber war Josua. Josua wurde von Mose als Nachfolger anerkannt und erhielt durch das Auflegen der Hände die Autorität. Das Volk erkannte Josua an, weil es die Autorität von Mose bestätigte. So ging es auch mit den Propheten weiter.
In 5. Mose 18 wird gesagt, dass ein Prophet, der einmal etwas Falsches voraussagt, kein Prophet des Herrn ist. Einen solchen Propheten soll man niemals anerkennen. Deshalb wurden im Lauf der Geschichte des Volkes Israel alle Propheten abgelehnt, die sich geirrt hatten. Auch wurden keine Bücher von solchen falschen Propheten überliefert. Zur Zeit Jeremias wurde nur das Buch Jeremia als Gottes Wort weitergegeben.
Ein weiteres Kriterium findet sich in 5. Mose 13: Ein Prophet Gottes darf nichts Falsches lehren, was von Gott wegführt. Somit musste jeder Prophet geprüft werden: Sind seine Voraussagen hundertprozentig wahr? Und stimmt seine Lehre mit der Tora, den fünf Büchern Mose, überein? Diese Kriterien führten dazu, dass die Bücher nicht durch einen Beschluss zu Gottes Wort wurden, sondern dass man erkannte, wer ein echter Prophet war. Die entsprechenden Bücher wurden dann anerkannt.
So entstand nach und nach die gesamte Sammlung von Erster Mose bis Maleachi. Maleachi war der letzte Prophet des Alten Testaments und lebte etwa um 400 vor Christus. Danach folgte eine lange Zeit der Stille, in der Gott keine Schriftpropheten mehr sandte.
Interessanterweise wird diese etwa 400-jährige Zeit der Stille in der Bibel überbrückt. Das Buch Daniel sagt sehr detailliert voraus, was in dieser Zeit geschehen würde. In Daniel 11 sind die Ereignisse über viele Generationen hinweg genau beschrieben. Die scheinbare Lücke wurde somit durch prophetisches Wort gefüllt.
Dann kam Jesus Christus. Durch sein Kommen erfüllte er über 300 Prophezeiungen aus dem Alten Testament. Zum Beispiel wurde in der Prophetie vorausgesagt, dass er in Bethlehem geboren werden würde. Auch der Zeitpunkt seines Kommens war in Daniel 9 mit den Jahrwochen genau vorhergesagt. Dies führte uns auf das Jahr 32 nach Christus. So wurde Jesus Christus durch die erfüllte Prophetie als Messias ausgewiesen.
Jesus setzte zwölf Jünger als Apostel für Israel ein, für die zwölf Stämme. Außerdem ernannte er den Apostel Paulus, der für die nichtjüdischen Völker zuständig war.
Die Entstehung des Neuen Testaments und die Kanonfrage
Und wie ist es eigentlich mit den Büchern des Neuen Testaments gegangen? Es wird immer wieder behauptet, es habe ein Konzil gegeben, das beschlossen hätte: Ja, die vier Evangelien Matthäus, Markus, Lukas und Johannes gehören zur Bibel, ebenso die Paulusbriefe und andere Schriften. Diese Behauptung hört man oft.
Die Wahrheit ist jedoch, dass es nie ein ökumenisches Konzil gab, das den Kanon des Neuen Testaments offiziell beschlossen hätte. Wenn jemand so etwas behauptet, muss man zunächst zurückfragen: In welchem Konzil denn?
Ein ökumenisches Konzil meint einen Kirchenbeschluss, der für die gesamte Christenheit gefasst wurde. Diese Konzile waren Versammlungen von Bischöfen mit Vertretern aus der ganzen Christenheit. Beispiele dafür sind das Konzil von Nicäa 325, das Konzil von Konstantinopel 381 und später das Konzil von Ephesus um 431. Diese waren sogenannte ökumenische Konzile.
Auf diesen ökumenischen Konzilen wurde jedoch nie die Frage des Kanons besprochen oder beschlossen. Trotzdem ist es eine Tatsache, dass alle Kirchen – ob die katholische, die orthodoxe, die äthiopische, die koptische von Ägypten, die syrisch-orthodoxe Kirche oder die Kirchen der Reformation wie die evangelische, lutherische oder reformierte Kirche in der Schweiz – sich in Bezug auf die 27 Bücher des Neuen Testaments einig sind.
Das ist interessant, nicht wahr? Es gab keine große Diskussion darüber, und dennoch wurde die Liste dieser Bücher nie in einem solchen ökumenischen Konzil für die gesamte Christenheit offiziell beschlossen.
Im Jahr 397 fand in Hippo, Nordafrika, ein lokales, regionales Konzil statt. Dort wurde die Kanonfrage besprochen, und es wurde bestätigt: Wir anerkennen diese 27 Bücher, die wir im Neuen Testament haben.
Aber das war eben ein regionales Konzil. Dort wurde lediglich bestätigt, was anderswo schon klar war. Ein offizieller Beschluss für die gesamte Christenheit wurde nie gefasst.
Die Grundlage der Kirche auf Apostel und Propheten
Aber wie ist das möglich gewesen? Der Schlüssel liegt in Epheser 2, Vers 20. Können wir diesen Vers kurz lesen? Das ist ein kleiner Exkurs zur Geschichte des Kanons der Bibel.
Wir kommen zu diesem Exkurs, weil wir sehen, dass Micha bereits anerkannt war, bevor der Prophet Jeremia anerkannt wurde. Lies jemand Epheser 2, Vers 19-22. Dort wird die Gemeinde, also die Kirche, bestehend aus allen, die an Jesus Christus glauben, beschrieben als ein Tempel, der aus lebendigen Steinen aufgebaut wird – ein Tempel, der wächst.
Ihr seid aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, wobei Christus Jesus selbst der Eckstein ist. Ja, jetzt hast du gerade Vers 20 gelesen, nicht wahr? Gut, das ist auch gut so.
Ich erwähne das wegen des Zusammenhangs mit Vers 18, aber ich habe ja den Zusammenhang erklärt: Es geht um die Gemeinde als Tempel Gottes. Hier wird gesagt, dieser Tempel Gottes, also die Gläubigen der Gemeinde, der Kirche, sind aufgebaut auf welcher Grundlage? Und Jesus Christus ist der Eckstein.
Die Grundlage sind die Apostel und Propheten. Das bedeutet, der Apostel Paulus hat als Apostel gelehrt, dass die Kirche, die Gemeinde, die Gläubigen des Neuen Testaments auf der Basis der Apostel und Propheten aufgebaut sind. Das heißt, man darf nur Bücher als Bibelbücher anerkennen, die nachweislich von einem Apostel Jesu Christi geschrieben wurden oder von einem neutestamentlichen Propheten, der durch die Apostel anerkannt war.
Darum haben die Christen in der frühen Zeit der Christenheit ganz genau die Beweise untersucht. Damals gab es noch viel mehr Quellen, die heute verloren gegangen sind. Sie haben genau nachgeforscht. Es gibt klare, eindeutige Beweise, dass das Matthäusevangelium vom Apostel Matthäus geschrieben wurde. Das wird uns von den frühen Christen ganz klar bezeugt. Das war allgemein bekannt, und darum hat man Matthäus akzeptiert.
Auch das Johannesevangelium wurde akzeptiert, weil es wirklich vom Jünger Johannes, dem Apostel Johannes, geschrieben wurde. Die Paulusbriefe wurden anerkannt, weil sie tatsächlich von Paulus verfasst wurden. Das sind bereits mehr als zehn Bücher, mit dem Hebräerbrief sind es vierzehn Bücher.
Die Petrusbriefe hat man anerkannt, weil sie wirklich vom Apostel Petrus geschrieben wurden. Markus war zwar nicht einer der zwölf Apostel, aber er wurde vom Apostel Petrus anerkannt. Petrus hat ausdrücklich seine Würdigung für das Markus-Evangelium abgegeben. So war Markus ein Prophet, der durch die Apostel Jesu Christi anerkannt war.
Lukas, der Arzt Lukas, war ebenfalls kein Apostel, aber der Apostel Paulus hat Lukas als Propheten apostolisch anerkannt. Darum noch ein kleiner Exkurs: Im ersten Timotheusbrief zitiert Paulus das Lukasevangelium.
Können wir das kurz lesen? Es geht um das Thema Älteste und wie Älteste in der Gemeinde anerkannt werden sollen. Dann kommt ein Beleg aus dem fünften Buch Mose und überraschenderweise aus dem Lukasevangelium.
1. Timotheus 5,18: „Denn die Schrift sagt: Du sollst dem Ochsenseher nicht das Maul verbinden, und der Arbeiter ist seines Lohnes wert.“
Der Apostel Paulus belegt hier: Wenn jemand einen Dienst für Gott in der Gemeinde, in der Kirche, tut, dann hat er Anspruch darauf, dass diese Arbeit entlohnt wird. Er begründet das mit einem Vers aus 5. Mose 25,4: „Du sollst dem Ochsen, der da drescht, nicht das Maul verbinden.“
Wenn ein Ochse einen Kreis über das Getreide ziehen musste, um es zu dreschen, dann hat das Gesetz Mose, also Gott, Mose gesagt, dass man solchen Ochsen nicht das Maul verbinden darf. Warum? Damit sie bei ihrer mühsamen Arbeit zwischendurch auch etwas von den Körnern fressen können. Wenn der Ochse schon so schwer arbeitet, soll er auch davon einen Lohn haben.
Daraus leitet der Apostel Paulus den göttlichen Grundsatz ab, dass Arbeit bezahlt werden muss. Unbezahlte Arbeit ist ein echtes Problem – das haben nicht erst die Sozialisten entdeckt. Das wussten wir schon immer aus der Bibel.
Ungerechte Löhne sind schlimm. In Jakobus 5 heißt es sogar, dass der vorenthaltene Lohn der Schnitter zu dem Herrn der Heerscharen schreit. Gott kümmert sich also um Löhne, die nicht ausgezahlt werden.
Und jetzt eben dieser Vers, und dann heißt es als zweites Argument: „Der Arbeiter ist seines Lohnes wert.“ Das ist ein Zitat aus Lukas 10,7. Der Apostel Paulus zitiert also schon das Lukasevangelium, und zwar etwa im Jahr 64.
So sehen wir weiter: Er sagt „Denn die Schrift sagt“. Die Schrift bedeutet im Judentum die von Gott inspirierten Bücher, kurz die Bibel. Er zitiert die Tora, also die fünf Bücher Mose, und das Lukasevangelium auf der gleichen Ebene wie die Tora.
Hier sehen wir, dass der Apostel Paulus nicht warten musste, bis irgendein Konzil beschloss, dass das Lukasevangelium dazugehört. Ein solches ökumenisches Konzil kam sowieso nie. Aber schon im ersten Jahrhundert war klar, dass das Lukasevangelium Gottes Wort ist.
Genauso zitiert der Apostel Petrus in 2. Petrus 3 die Briefe von Paulus und setzt sie mit der Schrift, also der Bibel, gleich. Damit wären schon 14 Bücher anerkannt.
Mit dem Lukasevangelium haben wir bereits 15 Bücher von den 27 Büchern des Neuen Testaments belegt. So hat man genau untersucht, ob dieses Buch wirklich authentisch ist. Darum hat man all die Fälschungen, die es gab, verworfen.
Es gab Fälschungen, besonders im zweiten und dritten Jahrhundert. Die frühen Christen haben sie alle abgelehnt. Zum Beispiel das Thomas-Evangelium. Die heutige Forschung ist sich einig, dass das Thomas-Evangelium aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus stammt, und da war Thomas schon längst tot.
Der letzte Apostel war Johannes, der etwa im ersten Jahrhundert starb. Das Thomas-Evangelium ist eine Fälschung unter falschem Namen. Das hat man herausgefunden, und deshalb wurde es nie akzeptiert.
Es gab auch eine Petrusapokalypse, die nie von Petrus geschrieben wurde. Auch das ist eine spätere Fälschung unter falschem Namen, die man aufgedeckt hat. Ebenso das Judas-Evangelium.
In den letzten Jahren wird das besonders um die Weihnachtszeit in den Medien wieder aufgewärmt. Dann heißt es, es gäbe noch andere Evangelien, die mehr Informationen darüber liefern, wie das Christentum ursprünglich wirklich war. Dabei wird das Judas-Evangelium erwähnt.
Das Judas-Evangelium stammt als Fälschung aus dem zweiten oder dritten Jahrhundert nach Christus. So ein Unsinn! Wer möchte sich auf eine Fälschung aus dem zweiten oder dritten Jahrhundert stützen, um gute Informationen zu bekommen?
Wir gehen zurück zu den originalen Evangelien. Das Lukasevangelium wurde ja schon von Paulus im ersten Jahrhundert zitiert – schon im Jahr 64 war es vorhanden. Also war es schon vor dem Jahr 64 da.
So gehen wir wirklich auf die ursprünglichen Evangelien zurück. Es ist beeindruckend zu sehen, dass die frühe Kirche letztlich auf kein einziges falsches Buch hereingefallen ist und alle Fälschungen aufgedeckt wurden.
Wir müssen bedenken: Die Menschen vor zweitausend Jahren waren nicht dümmer als wir. Manche haben diesen Eindruck, aber wären wir solchen Leuten begegnet – zum Beispiel im Judentum – wären wir erstaunt gewesen, wie sie argumentieren konnten und wie viel sie auswendig lernten.
Die Auswendiglernkapazität war oft viel höher als heute. Das waren keine naiven Leute, sondern sie haben genauso kritisch gedacht wie wir. Sie haben alle Fälschungen aufgedeckt und sind nicht darauf hereingefallen.
Das war ein kleiner Exkurs, wie eigentlich die biblischen Bücher als Sammlung zustande kamen.
Die Echtheit der Paulusbriefe und die Handschriftenlage
Jetzt kehren wir zurück zu Jeremia. Heute wird uns immer wieder vermittelt, dass zum Beispiel die Apostelbriefe von Paulus, beziehungsweise von Schülern des Apostels Paulus, die diese später geschrieben haben, nicht tatsächlich von Paulus selbst stammen. Ist an dieser Behauptung etwas dran?
Es wird oft gesagt, der eine oder andere Brief sei gar nicht vom Apostel Paulus verfasst worden. Dann muss man diese Leute fragen: Wo sind die Beweise? Gibt es frühe Quellen, die darauf hinweisen? Wenn man das untersucht, stehen diese Personen oft mit leeren Händen da. Sie können keine belastbaren Belege vorweisen.
Stattdessen wird häufig argumentiert, man habe das am Stil und an der Wortwahl erkannt. Doch das ist nicht so einfach. Erstens benutzt ein Autor je nach Thema unterschiedliche Wörter. Wenn ich zum Beispiel über Musik schreibe, verwende ich andere Begriffe als in einem Buch über die Geschichte Jerusalems. Das liegt am unterschiedlichen Thema.
Zweitens ändert sich der Schreibstil eines Autors im Laufe der Zeit. Ich selbst schreibe heute anders als mit 18 Jahren, als ich das Buch „Der verheißene Erlöser“ verfasste. Glücklicherweise entwickelt man sich weiter. Inhaltlich würde ich das Buch nicht abstreichen, aber ich würde heute manche Dinge anders formulieren, um sie verständlicher zu machen. So verändert sich der Stil eines Autors über die Zeit.
Ein konkretes Beispiel dazu ist Markus 16. Manche Bibelausgaben vermerken, dass die letzten Verse des Markus-Evangeliums, ab Kapitel 16, Vers 9, eine spätere Hinzufügung seien. Schauen wir einmal nach: Gibt es Bibelausgaben mit einem solchen Kommentar? Ja, einige. Und steht irgendwo, dass diese Verse nicht echt seien?
Sachlich betrachtet fehlt dieser Abschnitt in zwei bekannten Handschriften, dem Codex Vaticanus und dem Codex Sinaiticus, die aus dem vierten Jahrhundert stammen. Interessant ist, dass Irenäus, der im zweiten Jahrhundert lebte, diese Verse kannte. Das wirft die Frage auf: Warum fehlen sie in diesen Handschriften?
Es gibt nur wenige Handschriften, die diese Verse nicht enthalten. Das Argument, die ältesten Handschriften hätten diese Verse nicht, und deshalb habe es sie in der Frühzeit nicht gegeben, ist nicht haltbar. Zwar fehlen sie in sehr alten Handschriften, doch wir haben Zeugnisse aus der Zeit vor diesen Handschriften, die belegen, dass diese Verse existierten.
Ein weiteres Argument lautet: In Markus 16,9-20 kommen siebzehn Wörter vor, die sonst im Markus-Evangelium nicht verwendet werden. Das soll zeigen, dass dieser Abschnitt von einem anderen Autor stammt. Das klingt beeindruckend, weil man eine genaue Statistik gemacht hat.
Aber ein noch klügerer Forscher hat sich die siebzehn Verse davor angeschaut, also von Markus 15,44 bis 16,8. Dort fand er ebenfalls siebzehn Wörter, die sonst im Markus-Evangelium nicht vorkommen. Das zeigt, wie wenig wertvoll diese Methode ist. Sie ist nicht beweiskräftig.
Ähnlich ist es bei den Timotheusbriefen. Manche behaupten, diese Briefe seien nicht echt, weil sie spezielle Wörter enthalten, etwa „Gottseligkeit“. Dieses Wort kommt im ersten Korintherbrief von Paulus kaum vor. Doch diese Briefe sind erstens später entstanden und zweitens an eine einzelne Person gerichtet. Sie behandeln auch andere Themen als der erste Korintherbrief. Deshalb sind solche sprachlichen Unterschiede kein Beweis gegen die Echtheit.
Außerdem gibt es keine frühen Quellen, die darauf hinweisen, dass diese Briefe nicht von Paulus stammen. Im Gegenteil: Wir verfügen über klare Zeugnisse aus der frühen Christenheit, die belegen, dass die Paulusbriefe echt sind und von ihm stammen.
Die wissenschaftliche Beweislage ist somit eindeutig auf unserer Seite. Auch inhaltlich und geistlich sprechen alle Argumente für die Echtheit der Paulusbriefe.
Der persönliche Briefschluss des Paulus als Echtheitsmerkmal
Bezüglich des Absenders muss ich vielleicht noch etwas vorwegnehmen, das wollte ich nämlich noch ansprechen. Gerade weil wir bereits einen Exkurs über den Kanon gemacht haben, möchte ich noch aus dem 2. Thessalonicherbrief, Kapitel 3, Verse 17 und 18, zitieren. Dort stehen die letzten zwei Verse, der Gruß: „Mit meiner eigenen Hand, dies ist das Zeichen in jedem Brief, so schreibe ich: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch allen. Amen!“
Hier wird also gesagt, dass der Apostel Paulus, der normalerweise seine Briefe diktierte, den Schlussgruß eigenhändig schrieb. Die Thessalonicher waren jung bekehrt, und Paulus hatte ihnen den ersten Thessalonicherbrief geschrieben. Danach kamen sogenannte Ehelehrer zu den Thessalonichern und behaupteten, alles sei ein wenig anders, als Paulus es gelehrt hatte. Um sie noch mehr zu beeindrucken, hatten sie sogar mindestens einen Brief gefälscht und unter dem Namen Paulus verschickt.
Daraufhin schrieb Paulus den zweiten Thessalonicherbrief und warnte: Lasst euch nicht durcheinanderbringen, auch nicht durch gefälschte Briefe. Das steht in 2. Thessalonicher 2,2: „Dass ihr nicht schnell erschüttert werdet in der Gesinnung, noch erschreckt, weder durch Geist noch durch Wort, noch durch Brief, als durch uns.“
Die Thessalonicher hatten also einen gefälschten Brief erhalten. Nun stellt sich die Frage: Wie sollte man wissen, ob der erste Brief wirklich von Paulus stammte oder ob der gefälschte Brief der echte Paulusbrief war? Paulus sagt im zweiten Brief, man solle im ersten Brief nachsehen, ob der Schlussgruß gleich ist wie im zweiten Thessalonicherbrief. Darum betont er: „Das ist das Zeichen in jedem Brief, so schreibe ich.“
Die Thessalonicher mussten also den zweiten Thessalonicherbrief, Kapitel 3, mit ihrem zuerst erhaltenen Brief vergleichen – und siehe da, die Handschrift war identisch. So wurde klar, dass der gefälschte Brief Betrug war. Es gibt heute keine einzige Handschrift von diesem gefälschten Brief. Man ging damals ähnlich vor wie heute mit unerwünschten Dokumenten: Sie wurden entsorgt, nicht weiter abgeschrieben und verbreitet.
Der erste und der zweite Thessalonicherbrief sind bis heute erhalten. Allerdings besitzen wir die Originale von Paulus heute nicht mehr. Diese wurden normalerweise auf Papyrus geschrieben. Papyrus ist nicht so lange haltbar wie Pergament, also Tierhaut. Außerdem kommt es darauf an, wo die Handschriften gefunden wurden. In Ägypten, wo es trocken und heiß ist, kann man extrem alte Papyri finden. Deshalb stammen auch die ältesten Bibelhandschriften des Neuen Testaments aus Ägypten – das Klima ist dort einfach viel günstiger.
Die Briefe von Paulus gingen jedoch nach Italien, Griechenland und in das Gebiet der heutigen Türkei. Zum Beispiel der Epheserbrief und Kolosserbrief nach Türkei, die Korintherbriefe und Thessalonicherbriefe nach Griechenland, der Römerbrief nach Rom. Diese Länder sind feuchter und weniger heiß als Ägypten, weshalb Handschriften dort nicht so lange überleben konnten.
Ein wichtiger Unterschied ist: Paulus schrieb Originale nach Italien, Griechenland und in die heutige Türkei, aber nie nach Ägypten. Das bedeutet, dass wir gerade bei ägyptischen Handschriften, die oft als besonders zuverlässig gelten, ein Problem haben. In Ägypten gab es keine Originale, mit denen man im ersten, zweiten oder dritten Jahrhundert vergleichen konnte, ob die Abschriften wirklich dem Original entsprachen.
In Rom oder Griechenland hingegen hatte man diese Möglichkeit. Wenn man eine Abschrift vom Römerbrief hatte, konnte man in die Gemeinde nach Rom gehen und mit dem Original vergleichen. Ebenso in Korinth bei den Korintherbriefen. So konnte man in diesen Ländern Handschriften mit den Originalen vergleichen. Papyri konnten dort etwa 200 Jahre überleben, vielleicht auch 300 oder sogar 400 Jahre, aber nicht 2000 Jahre.
Interessant ist der Mehrheitstext. Heute haben wir etwa 5700 griechische Handschriften – von kleinen Bruchstücken bis zum vollständigen Neuen Testament. Die meisten dieser Handschriften stimmen erstaunlich überein, weshalb man vom Mehrheitstext spricht. Daneben gibt es eine Minderheit, den sogenannten ägyptischen Text, der besonders alte Vertreter hat und in ägyptischen Handschriften gut bezeugt ist.
Es ist bemerkenswert, dass aus den anderen Ländern, aus denen der Mehrheitstext stammt, eine so große Übereinstimmung besteht. Warum? Weil man dort in den ersten Jahrhunderten immer wieder die Handschriften kontrollieren konnte. Diese ständige Kontrolle führte dazu, dass die Handschriften so einheitlich wurden.
Bei den ägyptischen Handschriften ist das anders. Kurt Aland, der den berühmten Nestle-Aland-Bibeltext herausgegeben hat, sagte, der Text in Ägypten sei ein „fließender Text“. Das bedeutet, die Handschriften weichen sehr schnell in Kleinigkeiten voneinander ab. Dort ist die Überlieferung nicht so strikt wie beim Mehrheitstext. Das hängt damit zusammen, dass man in Ägypten keine Kontrolle vor Ort hatte. In Griechenland hingegen war das möglich, und so hat sich die Mehrheitstextüberlieferung dort ausbilden können. Deshalb gilt sie als der zuverlässige Text.
Auch Markus 16, die letzten Verse, werden durch den Mehrheitstext ganz klar gestützt. In den frühen Jahrhunderten, als die Briefe noch als Originale vorhanden waren, war es wichtig, überall sagen zu können: Ja, das ist die genau gleiche Handschrift beim Schlussgruß wie in diesem Brief, genauso wie im ersten Korintherbrief oder im Weserbrief. So konnte die frühe Christenheit wissen, wer welchen Brief geschrieben hatte.
Beim Hebräerbrief ist es sogar so, dass man in Ägypten ebenfalls wusste, dass Paulus der Verfasser war. Eine der ältesten Handschriften, der Papyrus 47, ist eine Paulusbriefsammlung mit 80 Prozent der Paulusbriefe, die aus dem ersten Jahrhundert stammen, wie der Koreaner Kim vor einigen Jahren belegen konnte. Dort ist der Hebräerbrief nach dem Römerbrief und vor dem ersten Korintherbrief eingeordnet. Das ist ein Hinweis darauf, dass selbst in Ägypten im ersten Jahrhundert bekannt war, dass Paulus den Hebräerbrief geschrieben hatte. Der Brief war dort bereits gesammelt – sehr erstaunlich.
Weiter gibt es eine Überlieferung, besonders im Osten der Christenheit, die ganz eindeutig sagt, dass der Hebräerbrief von Paulus stammt. Das stimmt auch mit dem überein, was Petrus schreibt. Das können wir sogar in der Bibel nachlesen, nämlich in 2. Petrus 3. Petrus schrieb aus der Todeszelle im Jahr 66 oder 67.
Im zweiten Brief, 2. Petrus 3, Verse 15 und 16, schreibt er: „Diesen zweiten Brief, Geliebte, schreibe ich euch.“ Der erste Brief war an Juden in verschiedenen Provinzen gerichtet, siehe 1. Petrus 1,1: „Petrus, Apostel Jesu Christi, den Fremdlingen der Zerstreuung, Diaspora“ – das sind Juden, die im Ausland leben, in Pontus, Galatien, Kappadozien, Asien und Bithynien, verschiedenen Provinzen der heutigen Türkei.
Jetzt sagt dieser Petrus in 2. Petrus 3, Vers 15: „Achtet die Langmut unseres Herrn für Errettung, so wie auch unser geliebter Bruder Paulus nach der ihm gegebenen Weisheit euch geschrieben hat.“ Er spricht hier von einem Brief des Paulus an dieselben Juden, an die Petrus mit einem Rundbrief geschrieben hat.
Welcher Paulusbrief könnte das sein? Die Briefe an die Korinther oder Thessalonicher sind an Gemeinden gerichtet, keine Rundschreiben. Epheser-, Kolosser- oder Timotheusbriefe sind an Einzelpersonen geschrieben. Titusbrief ebenso. Keiner der dreizehn Paulusbriefe im Neuen Testament passt dazu. Aber der Hebräerbrief passt, denn er ist an jüdische Christen, also an die Hebräer, geschrieben.
Petrus sagt: „So wie auch unser geliebter Bruder Paulus nach der ihm gegebenen Weisheit euch geschrieben hat.“ Im Hebräerbrief merkt man die besondere Weisheit des Apostels Paulus, seine Kenntnis des Alten Testaments, der Vorbilder und Zusammenhänge, die er dort vermittelt.
Petrus fährt fort: „Achtet die Langmut unseres Herrn für Errettung.“ Im Hebräerbrief wird genau das betont: „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht.“ Das kommt immer wieder vor.
Paulus geht im Hebräerbrief davon aus, dass die Juden, an die er schreibt, Gläubige sind – echte Gläubige. Doch er hat Zweifel, ob alle wirklich bekehrt sind. Einige warnt er, dass sie sich gründlich prüfen sollen, weil sonst die Gefahr besteht, dass sie abfallen und zurück ins Judentum fallen, was verheerend wäre. Dann bliebe nur noch das Gericht.
Das ist genau das Thema: „So wie auch unser geliebter Bruder Paulus euch geschrieben hat: Achtet die Langmut unseres Herrn für Errettung!“
Man könnte einwenden, vielleicht sei das ein Paulusbrief, der verloren gegangen ist, weil er nicht zum Kanon gehören sollte. Aber Petrus schreibt ausdrücklich: „Nach der ihm gegebenen Weisheit euch geschrieben hat, wie auch in allen seinen Briefen, wenn er von Dingen redet, die schwer zu verstehen sind und die die Unwissenden und Unbefestigten verdrehen, wie auch die übrigen Schriften.“
Mit „Schriften“ meint er die Bücher, die zur Bibel gehören, die kanonischen Bücher. Er stellt also die Paulusbriefe der Heiligen Schrift gleich. Das passt genau zum Hebräerbrief.
Damit haben wir ein Zeugnis aus dem ersten Jahrhundert, das die Paulusbriefe als kanonisch belegt. Man muss nicht auf ein Konzil warten, denn die Gläubigen erkannten bereits im ersten Jahrhundert, welche Schriften gelten.
Natürlich gab es damals keine Faxgeräte, keine E-Mails oder Facebook. Man konnte sich nicht so schnell austauschen wie heute. An manchen Orten wurde noch eine Zeit lang ein gefälschtes Buch im Gottesdienst vorgelesen, bis sich überall herumsprach, dass es eine Fälschung war. So brauchte es Zeit, bis die ganze Christenheit die falschen Schriften an einzelnen Orten ablegte.
Das geschah nicht durch einen zentralen Machtbeschluss, sondern man sieht Gottes Hand, die das so geführt hat.
Pause und Beginn der Diskussion zu Paulus und Inspiration
Ja, jetzt sollten wir aber eine Pause machen, zwanzig Minuten. Ja, wir fahren weiter. Ich habe noch eine Frage. Ja, bitte.
Sagen Sie, dass ich nicht der Herr bin. Jawohl, schlagen wir kurz auf: 1. Korinther 7,12: „Den übrigen aber sage ich, nicht der Herr: Wenn ein Bruder eine ungläubige Frau hat und sie willigt ein, bei ihm zu wohnen, so entlasse er sie nicht.“
Und da könnte man auch noch dazu lesen, Vers 25: „Was aber die Jungfrauen betrifft, so habe ich kein Gebot des Herrn, ich gebe aber eine Meinung, als vom Herrn begnadigt, treu zu sein.“
Ich meine nun, dass dies gut sei um der gegenwärtigen Not willen, dass es einem Menschen gut sei, also zu sein.
Jetzt sagen Sie zuerst die Frage. Also die Frage ist, weil er sagt: Ich sage nichts dem Herrn. Ja, und jetzt kommt die eigentliche Frage, oder? Nein, das ist die Frage, weil mir das zu bestehen ist, wenn Paulus sagt: Ich sage nichts dem Herrn. Ja gut, aber die Frage, die dahinter steht, ist ja die: Die Bibel ist doch ganz inspiriert. Sind das jetzt Abschnitte, die nicht inspiriert wären? Ja, das ist die Frage, genau.
Und da müssen wir noch einen Vers dazulesen aus Kapitel 7, Vers 40: „Glückseliger ist sie aber, wenn sie also bleibt, nach meiner Meinung.“ Da geht es um eine Witwe. Der Mann ist gestorben, sie ist frei, sich zu verheiraten, an wen sie will, nur im Herrn. Und jetzt sagt er: „Glückseliger ist sie aber, wenn sie also bleibt, nach meiner Meinung.“ Ich denke aber, dass auch ich Gottes Geist habe.
Jetzt ist es so: Wir müssen in der Bibel unterscheiden zwischen Offenbarung von Gott und dann Inspiration. Wenn wir sprechen von Inspiration, dann geht es um das Abfassen des Bibeltextes, geleitet durch den Heiligen Geist.
In 2. Timotheus 3,16 wird uns erklärt, was die Inspiration der Bibel anbetrifft: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben.“ Von Gott eingegeben ist griechisch Theopneustos. Jetzt wird auch übersetzt: „Alle Schrift ist von Gott inspiriert.“ Ganz wörtlich bedeutet Theopneustos „von Gott gehaucht“.
Wenn ich spreche, kann ich das nur tun, wenn der Luftkanal von den Lungen her über die Stimmbänder in den Mundraum zwischen den Zähnen, der Zunge und der Lippe hindurchkommt, und so kann ich kommunizieren. Aber wäre dieser Luftstrom nicht da, dieser Hauch, könnte ich gar nicht sprechen, niemand würde mich hören.
Nicht so, zum Beispiel, der Physiker Stephen Hawking. Er konnte nicht sprechen, er konnte nicht kommunizieren, er konnte nur noch über Computer kommunizieren, weil er eine ganz schlimme Krankheit hatte. Also, wenn man so nicht sprechen kann mit dem Hauch, wie ich das tue, dann geht das nicht.
Also, das heißt: „Alle Schrift ist von Gott gehaucht“ bedeutet, alle Schrift, also die ganze Bibel, ist Gottes direktes Sprechen zu uns, Gottes direkte Rede. Und hier steht nicht, die Bibelschreiber waren inspiriert. Das wäre ja auch richtig, denn in 2. Petrus 1,21 heißt es, dass die Weissagung der Schrift hervorgebracht wurde, nicht durch Menschen, sondern Männer Gottes redeten, getrieben vom Heiligen Geist.
Da steht nicht „geleitet“, Moment, ich mache den Gedanken fertig, und dann: Nicht „geleitet“, sondern „getrieben“. Von den Gläubigen heißt es in Römer 8 ganz normal, dass so viele Söhne Gottes sind, die werden durch den Geist Gottes geleitet. Aber bei den Bibelschreibern, bei den Propheten, heißt es, sie waren vom Heiligen Geist getrieben, viel stärker.
Aber jetzt könnte immer noch jemand denken: Gut, die waren vom Geist Gottes getrieben, aber als sie dann die Bibel aufschrieben, haben sie vielleicht doch noch eigene Gedanken hineingebracht. Darum geht es in 2. Timotheus 3,16 darüber hinaus. Hier wird nämlich gesagt: Alle Schrift, also das Endprodukt, das Geschriebene, ist Gottes direkte Rede, ist von Gott gehaucht.
Darum müssen wir unterscheiden, also zwischen Offenbarung. Da hat zum Beispiel ein Prophet Daniel von Gott eine Offenbarung bekommen über die Siebzig-Jahr-Wochen, eine ausdrückliche Offenbarung zu diesem Thema, und dann hat er das aufgeschrieben. Aber das sind zwei verschiedene Dinge: Einerseits, als er eine Offenbarung bekommen hat, und andererseits, als er aufgeschrieben hat.
Aber als er zum Beispiel die Geschichte schrieb, Daniel in der Löwengrube, Daniel 6, da hat er nicht eine spezielle Offenbarung gehabt. Aber indem er das aufgeschrieben hat, wurde er eben so geführt, dass das, was er geschrieben hat, Gottes direkte Rede an uns ist.
Also nicht alle Dinge, die in der Bibel aufgeschrieben sind, gehen zurück auf einen bestimmten Moment, wo Gott dazu etwas ganz Ausdrückliches gesprochen hatte. Und so war das bei den Korinthern. Jetzt gehen wir zur 1. Korinther 7 zurück.
Das ist das Kapitel über Fragen zu Heirat, Scheidung usw. Da sagt er in Kapitel 7, Vers 1: „Was aber das betrifft, wovon ihr mir geschrieben habt, so ist es gut für einen Menschen, keine Frau zu berühren usw.“ Also hier wird klar: Die Korinther haben Paulus einen Brief geschrieben, und zwar mit ganz konkreten Fragen zum Thema Ehe, Ehescheidung, Ehelosigkeit und so weiter.
Und jetzt hat Paulus auf diese konkreten Fragen, die die Situation in Korinth ansprechen, Antworten gegeben. Und dann sagt er, Vers 25: „Was aber die Jungfrauen betrifft, so habe ich kein Gebot des Herrn.“ Also gibt es nicht eine Offenbarung von Gott mit einem Gebot, die schon früh erfolgt war, die genau diese Situation beantwortet.
Aber dann sagt er: „Jetzt gebe ich eine Meinung, als vom Herrn begnadigt, treu zu sein.“ Und am Schluss des Briefes sagt er: „Ich denke aber, dass auch ich Gottes Geist habe.“ Das heißt, er hat sich vom Geist Gottes leiten lassen, um hier konkret eine Antwort zu geben, die den Offenbarungen Gottes, die es früher schon gegeben hat, entsprechen.
Also man muss sagen: Da, wo Paulus sagt „Ich sage nicht der Herr“, da gibt Paulus eine Antwort, die nicht auf eine bereits erfolgte Offenbarung zurückgeht, sondern er gibt dort als gläubiger Mann, geleitet durch den Heiligen Geist, eine Antwort. Aber das, was er aufgeschrieben hat, war Gottes direkte Rede an uns.
Also wir müssen unterscheiden zwischen Offenbarung und Inspiration, das ist das, was abgefasst wurde. Und zum Beispiel die Bücher Chronika: Da wird immer wieder angegeben, diese Erzählung über die Könige, woher die Quellen kamen. Da wird angegeben: „Ist das nicht geschrieben im Buch der Chronika der Könige von Israel?“ und so weiter.
Viele Quellen werden dort angegeben. Das heißt also, der Schreiber von 1. und 2. Chronika hatte schriftliche Berichte vorliegen und die hat er benutzt bei der Abfassung von 1. und 2. Chronika. Aber das, was er dann geschrieben hat, war Gottes Wort, das inspirierte Wort. Aber das ging nicht zurück auf eine Offenbarung, sondern es ging zurück auf schriftliche Berichte, die schon vorlagen.
Genau so bei Lukas. Lukas sagt in Lukas 1, er hätte das Evangelium geschrieben, nachdem er zuerst den Augenzeugen nachgegangen ist. Er hat diese Information gesammelt und dann hat er sie aufgeschrieben. Aber er hatte nicht jetzt eben eine spezielle Offenbarung bekommen, sondern er hat die Information gesammelt und dann hat er es niedergefasst.
Und weil Gott eben bei der Abfassung inspiriert hat, gibt das die Garantie, dass er da keine Fehler gemacht hat.
Und so müssen wir also unterscheiden zwischen Offenbarung, Inspiration und dann noch ein dritter Begriff: Erleuchtung. Ich möchte das noch kurz der Vollständigkeit halber hinzufügen.
In Epheser 1,17 betet Paulus: „Euch gebe den Geist der Weisheit und Offenbarung, die Erkenntnis seiner selbst. Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr wisst, was die Hoffnung seiner Berufung ist, aus der Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes in den Heiligen.“
Also Paulus sagt, ich bete dafür, dass Gott die Augen eurer Herzen erleuchtet, damit sie das erkennen können. Das ist der nächste Schritt.
Also, Gott hat Offenbarung gegeben, und er hat Bibelschreiber durch seinen Geist geleitet, getrieben, und dann hat er die Inspiration des Aufgeschriebenen gewirkt. Aber das würde uns noch nichts nützen, wenn wir die Bibel nicht verstehen könnten.
Und darum braucht es jetzt noch, dass der Geist Gottes wirkt und die Augen unserer Herzen erleuchtet, damit wir wissen und erkennen können, was die Hoffnung seiner Berufung ist, was der Reichtum der Herrlichkeit des Erbes der Heiligen ist usw.
Also das ist der dritte Prozess, den der Heilige Geist tut, dass die Bibelleser erleuchtet werden, um die Bibel zu verstehen. Gottes Werk.
Und darum verstehen wir auch, warum es nicht reicht, wenn jemand Theologie studiert. Dann versteht er nicht automatisch die Bibel. Das geht nicht durch ein Theologiestudium.
Natürlich ist das nützlich, wenn man Griechisch und Hebräisch kann, wenn man die Geschichte des Nahen Ostens kennt usw. Das ist alles nützliches Handwerk. Aber damit kann man nicht die Bibel wirklich verstehen.
Damit man die Bibel wirklich verstehen kann, müssen die Augen unserer Herzen von Gott durch seinen Geist erleuchtet werden, und dann können wir die Zusammenhänge verstehen.
Also so unterscheiden wir zwischen Offenbarung, Getriebenwerden durch den Heiligen Geist, Inspiration und dann Erleuchtung bei den Bibellesern. Es braucht alles.
Aber jetzt der langen Rede kurzer Sinn: Wenn Paulus sagt, „dies sage ich, nicht der Herr“, dann ist das eben eine Antwort, die nicht durch eine Offenbarung geschehen ist, sondern indem er durch den Geist Gottes getrieben wurde, so zu schreiben.
Es ist also kein Abbruch der Autorität dessen, was geschrieben ist, es ist nur eine andere Art, genauso wie eben wenn Daniel eine Offenbarung bekam, ein Engel erzählt ihm, was kommen wird in der Zukunft (Daniel 11), ist das nicht das Gleiche wie Esra, der die Bücher Chronika geschrieben hat, aufgrund von historischen Berichten, die schon vorlagen.
Aber 2. Chronika ist genauso inspiriert und autoritativ Gottes Wort wie das Buch Daniel.
Die Apokryphen im Alten Testament und ihre Stellung
Ja, noch eine Frage. Sie hatten ja schon lange gesprochen. Gut, dass Sie das sagen, denn das habe ich nämlich vergessen. Das wollte ich ja noch ansprechen.
Sie sind ja in der Bibel nicht enthalten. Also in meiner Bibel können Sie nachschauen. In manchen Bibeln sind sie ja drin. Es ist so: Ich habe vorhin betont, dass die ganze Christenheit – also all die großen Kirchen und auch die Freikirchen – sich völlig einig über die 27 Bücher des Neuen Testaments sind, nicht wahr? Aber jetzt hätte ich natürlich etwas ausgelassen, wenn ich nicht das Problem beim Alten Testament erwähnt hätte, nämlich die Apokryphen. Darum ist es gut, dass das gefragt wurde.
Die Apokryphen sind doch ein Problem, weil man in manchen Bibelausgaben zwischen dem Alten und Neuen Testament noch zusätzliche Bücher findet, wie Makkabäer, Tobias, Sirach und so weiter. Wie ist das damit?
Nun, ich muss erklären: Das Alte Testament wurde ja nicht der Gemeinde oder Kirche anvertraut, nicht wahr? Wir haben gesehen, dass die Bücher des Neuen Testaments den Aposteln und Propheten anvertraut wurden, die den Grund der Gemeinde bilden. Sie haben uns das Neue Testament gegeben. Aber das Alte Testament wurde dem Volk Israel gegeben.
Das wird auch in Römer 3 betont, dass Israel die Aussprüche Gottes anvertraut worden sind. Schlagen Sie das auf, Römer 3. Liest jemand die Verse 1 bis 3?
„Was hat nun der Jude für einen Vorzug, oder was nützt die Beschneidung? Viel, in jeder Hinsicht, denn vor allem sind ihnen die Aussprüche Gottes anvertraut worden. Wie denn, wenn auch etliche untreu waren? Geben etwa ihre Untreue die Treue Gottes auf? Das sei ferne, vielmehr erweist sich Gott als wahrhaftig, jeder Mensch aber als Lügner.“
Ja, und so weiter. Hier geht es um die Frage, was es überhaupt für einen Vorteil hat, Jude zu sein. Dann wird noch gefragt: „Und was ist eigentlich der Nutzen der Beschneidung?“ Ein sehr aktuelles Thema, nicht wahr, auch für die deutsche Politik.
Die Antwort ist biblisch klar: Viel, in jeder Hinsicht. Aber jetzt wollen wir nicht über den Nutzen der Beschneidung sprechen, sondern der Apostel Paulus spricht in Vers 2 darüber, was einer dieser Vorteile der Juden ist. Denn zuerst sind ihnen die Aussprüche Gottes anvertraut worden.
Das heißt, Gott hat das Alte Testament dem irdischen Volk der Juden gegeben. Sie waren speziell verantwortlich, dieses Alte Testament der Welt zu geben – und nicht die Kirche, sondern das jüdische Volk.
Jetzt habe ich hier eine hebräische Bibel, man sagt Tanach. Das ist einfach die Abkürzung für Tora (Gesetz), Nevi'im (Propheten) und Ketuvim (Schriften). Da sind alle diese Bücher drin, die wir in jeder normalen Bibel haben, die keine Apokryphen enthält.
Das heißt, im Judentum war das nie eine Frage mit den Apokryphen. Das hebräische, jüdische Alte Testament besteht einfach aus den Büchern von 1. Mose bis Maleachi, wie wir sie in den üblichen Bibelausgaben kennen – ohne die Apokryphen.
Aber woher kommen die Apokryphen? Das sind Bücher, die in der Zeit nach dem Propheten Maleachi und vor den Büchern des Neuen Testaments geschrieben wurden. Sie stammen aus der Zeit nach etwa 400 v. Chr. bis zum Beginn des Neuen Testaments.
Diese Bücher wurden im Judentum verfasst, aber in der Zeit, in der man wusste, dass es keine Schriftpropheten mehr gab. Im Talmud – das ist nicht die Bibel, sondern das wichtigste theologische Werk des Judentums nach der Bibel – steht in Sanhedrin 10: „Nach dem Tod der Propheten Sacharja, Haggai und Maleachi wich der Heilige Geist von Israel.“
Man wusste also in Israel, dass es nicht mehr das Wirken des Geistes Gottes gab, wie früher bei den Schriftpropheten. In dieser Zeit entstanden die Apokryphen. Zum Beispiel beschreiben Erstes und Zweites Makkabäer diese schwierige Zeit der Verfolgung unter dem Syrerkönig Antiochus Epiphanes im 2. Jahrhundert v. Chr.
Diese Bücher beschreiben eigentlich genau die Erfüllung dessen, was im Buch Daniel über diese Zeit prophezeit wurde. Aber diese Bücher behaupten nicht, Gottes Wort zu sein. Dort steht nicht „So spricht der Herr“, sondern sie beschreiben einfach diese Geschichte.
Wenn jemand die Apokryphen hat, kann er mal aus dem Zweiten Makkabäer, letztes Kapitel, die letzten Verse vorlesen.
Ja gut, wir warten, da kann ich noch erklären. Die letzten Verse, wirklich die letzten. Oh ja, jetzt kommt es. Noch ein bisschen vorher. Lesen Sie mal am Mikrofon, damit die Leute, die die Aufnahme im Internet hören, das auch mitbekommen.
Ist das eine Luther-Übersetzung? Ja, gut, das ist nützlich zu lesen, wie er sagt.
Zweites Makkabäer Kapitel 15, Vers 38:
„So will ich nun hiermit dies Buch schließen, nachdem Nikanor umgekommen und die Juden die Stadt wiedererobert haben. Und ich hätte es lieblich gemacht, das wollte ich gerne, ist aber zu gering, so habe ich doch getan, so viel ich vermochte. Denn alle Zeit nur Wein und Wasser trinken ist nicht lustig, sondern zuweilen Wein, zuweilen Wasser trinken, das ist lustig. Also ist’s auch lustig, so dass man mancherlei liest, so sei das.“
Das ist also höhere Unterhaltungslektüre zur Abwechslung – nicht immer nur Wasser oder immer nur Wein. Und so hofft der Verfasser, dass er mit diesem Buch zur Abwechslung beigetragen hat und es lieblich geschrieben hat.
Das macht ganz klar: Das ist ein ganz normaler Buchschreiber. Alle Apokryphen sind so geschrieben, dass sie gar nicht den Anspruch erheben, Gottes Wort zu sein.
Aber sie wurden von Juden geschrieben, eben in der Zeit, als es keine Propheten mehr gab. Im Ersten Makkabäer, Kapitel 9, steht über die Makkabäerzeit, dass so große Trübsal in Israel gewesen sei, wie sie seit dem Wegfall der Propheten nicht mehr vorgekommen war.
Seit Maleachi gab es keine Propheten mehr, aber nun war eine schwierige Zeit in Israel in der Makkabäerzeit. Diese Zeit war in den Jahrhunderten davor nie so schwierig gewesen, seit man keine Propheten mehr hatte.
So sind also alle diese Apokryphen einfach jüdische Bücher aus dieser Zeit.
Das Buch Jesus Sirach wurde von einem Rabbiner geschrieben. Sein Enkel hat noch ein Vorwort dazu verfasst und erklärt, dass sein Großvater die Tora, die Nevi'im und die Ketuvim – also das Gesetz, die Propheten und die Schriften – studiert habe und darauf basierend dieses Buch verfasst hat.
Er wollte quasi seine Weisheit, die er aus der Bibel gewonnen hatte, weitergeben. Das Buch Jesus Sirach ist also ein rabbinischer Erbauungskommentar, aber nicht mehr.
So wurde es im Judentum benutzt, aber das Judentum hat diese Bücher nie als Gottes Wort anerkannt. Das war gar nicht möglich.
Dann hat auch die frühe Christenheit diese Bücher kennengelernt, neben der Bibel eben auch diese Apokryphen. Die Frage war: Wie sollen wir damit umgehen?
Hieronymus, der Übersetzer der lateinischen Vulgata-Bibel um 400, der offiziellen Bibel der katholischen Kirche, hat diese Apokryphen ebenfalls übersetzt. Er hat aber klar gesagt, dass sie nicht Gottes Wort sind.
So hatten die Apokryphen ein spezielles Dasein – schon in der frühen Kirche. Es war eigentlich klar, dass sie nicht zu Gottes Wort gehören.
Dann kam die Reformation. Die Reformatoren sagten ab 1517: Allein die Schrift gilt. Wir erkennen keine Konzilsbeschlüsse an, denn Konzile haben in sich keine Autorität.
Aber wir akzeptieren sehr wohl, wenn ein Konzil etwas Richtiges beschlossen hat, das der Heiligen Schrift entspricht. Dann akzeptieren wir das, aber nicht, weil sie es gesagt haben, sondern weil es in der Bibel steht.
Darum haben die Reformatoren zum Beispiel das Konzil von Nicäa als korrekt anerkannt, weil dort die Gottheit Christi bekannt wurde. Das steht so in der Bibel: Jesus Christus ist der ewige Gott und der ewige Sohn Gottes.
Das Konzil von Konstantinopel akzeptiert, dass der Heilige Geist Gott ist. Aber wir glauben das nicht, weil dieses Konzil das bekannt gemacht hat, sondern weil es so in der Bibel steht.
Petrus sagt zum Beispiel in Apostelgeschichte 5 zu Ananias: „Du hast den Heiligen Geist belogen“, und dann heißt es, er habe nicht Menschen, sondern Gott belogen. Der Heilige Geist ist Gott.
So haben die Reformatoren gesagt: Nur die Heilige Schrift gilt. Und wenn man eine Lehre der katholischen Kirche mit der Heiligen Schrift nicht belegen kann, lehnen wir sie vollumfänglich ab.
Das führte zu einem Zugzwang. Die katholische Kirche sagte: Ja gut, dann erklären wir ganz klar, die Apokryphen sind Gottes Wort. Dann können wir mit den Apokryphen belegen, entgegen den Evangelischen, dass man für die Toten beten darf.
Diesen Irrtum findet man in 1. Makkabäer 12.
Dann können wir gegenüber den Reformatoren argumentieren: Ihr sagt allein die Schrift? Gut, wir antworten euch mit der Heiligen Schrift.
Darum hat das Konzil von Trient, das im 16. Jahrhundert nach Ausbruch der Reformation stattfand, die katholischen Kräfte wieder sammeln sollen, um den Evangelischen entgegenzutreten.
Dort wurde erklärt: Wer ablehnt, dass die Apokryphen Gottes Wort sind, der sei Anathema, verflucht.
Wenn ich heute hier gesagt habe, die Apokryphen sind nicht Gottes Wort, dann gilt aus katholischer Sicht der Fluch des Konzils von Trient für mich.
Nach katholischer Lehre ist ein Konzil unfehlbar und kann nicht zurückgenommen werden.
Aber das macht mir nichts, denn in der Heiligen Schrift steht: Wie Vögel, die wegfliegen, so ist ein Fluch, der nicht verdient ist. Und sie sind weg.
So geht das einfach: schupp! Wieder weg.
Aber die katholische Kirche hat das so gelehrt. Für die katholische Kirche sind diese Bücher somit verbindlich anerkannt.
Allerdings kamen sie mit diesem Konzil etwas spät, nicht wahr? Das Alte Testament ist ja schon seit zweitausend Jahren abgeschlossen, vor dem Konzil von Trient.
Und das Alte Testament war ja nicht den Christen anvertraut, sondern dem irdischen Volk Israel, den Juden.
Die hatten die Aufgabe, zu erkennen, welche Propheten echt waren und welche falsch.
Damit ist das Problem erledigt.
Die Prüfung der Propheten anhand der Kurzzeit- und Langzeitprophetie
Luther hat geschrieben, dass die Macaber-Bücher nützlich zu lesen sind, sie aber nicht der Heiligen Schrift gleichzusetzen sind. Ich würde das vielleicht sogar ein wenig umgekehrt formulieren: Die Macaber-Bücher werden der Heiligen Schrift nicht gleichgehalten, sind aber dennoch nützlich zu lesen. Dabei wird zuerst das Negative hervorgehoben.
Wie gesagt, die Macaber-Bücher sind historisch sehr, sehr wichtig, wobei das erste genauer ist als das zweite. Es gibt jedoch auch Bücher mit lehrmäßigen, schwerwiegenden Fehlern, wie zum Beispiel das Beten für die Toten, das völlig der Heiligen Schrift widerspricht. Deshalb sind sie nur mit der Einschränkung nützlich zu lesen. Es gibt dort auch wirklich falsche Dinge.
Dann kommen noch die Zusätze zu Daniel, der Drache, der Turmbau zu Babel. Das ist wirklich Schrott, nicht einmal nützlich. Das merkt jeder, es ist ein Märchen, das da erzählt wird. Auch die ganze Sprache ist völlig anders als die Sprache der Bibel. Also gilt: Mit einer Einschränkung, aber ganz klar nicht Gottes Wort.
Wann war das? Das war rund um 1570 herum, über mehrere Jahre hinweg. Ja, das war das Konzil der Gegenreformation. Und 1517, am 31. Oktober, dem Reformationstag, ging es los mit den Thesen von Luther.
Das ist ja interessant. Es gibt viele Fragen. Fangen wir mal da an: Am Anfang haben wir gehört, dass ein Prophet erst anerkannt wurde, wenn er keine falsche Prophetie abgab. Jetzt ist es so, dass bei Jeremia 26 Micha noch einmal aufgegriffen wurde, um die wahre Aussage von Jeremia zu unterstreichen. Aber diese Aussage, die Micha getroffen hat, und auch die von Jeremia, folgte erst noch. Also konnte man diese Aussage von Micha doch gar nicht kontrollieren, und hat ihn trotzdem schon anerkannt?
Ja, das ist sehr gut, dass diese Frage noch kommt, denn es ist ein entscheidender Punkt. Propheten haben immer wieder Kurzzeitprophetien geäußert und Langzeitprophetien bis hin zum Kommen des Messias als König der Welt. Die Propheten mussten eben in der Kurzzeitprophetie erwiesen werden, also in dem, was sich gerade auf ihre Epoche bezog. Dort konnte man sie erkennen. Wenn sie sich da geirrt hatten, wurden sie sofort abgelehnt und mussten abgelehnt werden.
Wenn sie jedoch über die Endzeit und das Kommen des Messias als König gesprochen haben, dann war das in der Zukunft. Das war nicht das Argument, denn das konnte man ja nicht überprüfen. Der Prüfstein war die Kurzzeitprophetie. Wenn da einer einmal geirrt hatte, war er kein Prophet Gottes.
Darum ist es auch wichtig: Bei Micha haben wir Kurzzeitprophetie. Gerade Kapitel 1 beschreibt, wie die Assyrer kommen und das ganze Nordreich der zehn Stämme erobern. Das wird in Kapitel 1 sehr detailliert beschrieben. Dann wird auch beschrieben, wie die Assyrer weiterziehen und sogar Juda erobern.
Es heißt, eine Stadt nach der anderen wird beschrieben, und es geht bis zum Tor Jerusalems. Ich habe in meiner Bibel gut zum Tor Jerusalems angestrichen. So war es: Die zehn Stämme wurden 721 v. Chr. deportiert. Dann kam der Angriff von Salmanesser, und das Südreich Juda wurde unter Hiskia erobert. Eine Stadt nach der anderen wurde erobert, ganz schlimm.
Dann kamen die Assyrer nach Jerusalem. Salmanesser hat ja noch ein Prisma hinterlassen, in Keilschrift, das man in Assyrien gefunden hat. Darauf steht: „Ich habe Hiskia eingeschlossen wie einen Vogel im Käfig.“ Er spricht auch davon, etwa dreißig Städte erobert zu haben. Komisch ist, dass er nur schreibt, er habe Hiskia eingeschlossen wie einen Vogel im Käfig, aber nichts davon, Jerusalem erobert zu haben.
Die Bibel sagt, er kam bis dahin. Dann hat Hiskia so eindringlich gebetet um Gottes Hilfe, und Gottes Eingreifen kam. Der Engel des Herrn hat 185 Soldaten der Assyrer getötet, und Salmanesser musste mit Schimpf und Schande abziehen. Er ging zurück nach Assyrien, in den Tempel seines Gottes, und wurde von seinen Söhnen ermordet.
Also wurde Jerusalem nicht erobert. Die Bedrohung kam nur bis zum Tor Jerusalems, aber das Tor wurde nicht aufgebrochen. Das stimmt sogar und lässt sich mit den assyrischen Berichten dokumentieren. Hiskia wurde nur eingeschlossen.
Das alles hat sich in der Zeit von Hiskia erfüllt, und darum wusste man aufgrund der erfüllten Prophetie, dass Micha ein richtiger Prophet war. Aber Micha hat auch prophezeit, wie wir gesehen haben: Jerusalem, das heißt Zion, wird gepflügt werden wie ein Acker. Darauf kommen wir zurück, das ist Micha 3,12:
„Darum wird euretwegen Zion als Acker gepflügt werden, und Jerusalem wird zu Trümmerhaufen, und der Berg des Hauses, hebräisch Har Habayit, Berg des Hauses – das ist der hebräische Ausdruck für den Tempelberg – wird zu Waldeshöhen werden.“
Wir haben gesehen, dass zur Zeit von Jeremia das aufgegriffen wurde und gesagt wurde: Seht ihr, Micha war ein richtiger Prophet. Er hat ja auch von einer Zerstörung Jerusalems gesprochen, aber das hatte sich zur Zeit von Micha noch nicht erfüllt.
Da sagten sie: Ihr dürft Jeremia nicht jetzt als falschen Propheten abtun, er stimmt ja mit Micha überein, und Micha ist ja schon längst anerkannt als echter Prophet. In der Zeit von Jeremia wurde Jeremias Prophetie erfüllt: Jerusalem wurde zerstört.
Das ist jetzt eine Sache, die uns zum Schluss beschäftigen muss. Die Babylonier haben den Tempelberg nicht gepflügt. Hier steht: „Darum wird euretwegen Zion als Acker gepflügt werden.“ Trümmerhaufen ja, den Tempel zerstört ja, aber das Pflügen hat sich nicht erfüllt.
Man muss denken: Micha spricht von einer Zerstörung Jerusalems, aber er meint nicht die Zerstörung bei der Wegführung nach Babylon.
Gut, schauen wir den prophetischen Test an: Im Jahr 70 nach Christus kamen die Römer und zerstörten Jerusalem und den Tempel, weil der Messias kurz zuvor verworfen und gekreuzigt worden war. Aber die Römer haben im Jahr 70 den Tempelberg nicht gepflügt. Das hat sich nicht erfüllt.
Im Judentum war jedoch klar, dass Micha ein echter Prophet ist. Man konnte vertrauen, dass, so wie sich in seiner Zeit alles ganz wörtlich erfüllte, dies auch in der Zukunft so sein würde.
Der Judenstaat war im Jahr 70 am Boden zerstört, aber die Juden rafften sich noch einmal auf. Es ist ein Volk, das leben will, auch wenn alle anderen Völker das nicht wollen. Sie bündelten nochmals ihre Kräfte und unter einem falschen Messias, Bar Kochba, machten sie 132 eine neue Revolte gegen die Römer.
Die Römer waren darüber so wütend. Jetzt machten die Juden nochmals einen Aufstand. Der Aufstand von 70 war schon schwer niederzuschlagen. Die Römer mussten einen Drittel der Legionen im ganzen Weltreich bis nach England zusammenziehen, um den Judenaufstand niederzuschlagen. Unglaublich, oder?
Jetzt standen die Juden nochmals auf. Kaiser Hadrian war so wütend, dass er in blinder Wut zuschlug. Es starben nochmals nicht nur im Jahr 70 mehr als eine Million Menschen, sondern in diesen drei Jahren Krieg wurden nochmals eine halbe Million Juden getötet. Dazu kamen noch viele Tote durch Krankheit und Hunger, sodass insgesamt nochmals eine Million Juden starben.
Hadrian hatte genug von den Juden. Er ließ die Stadt 135 neu aufbauen und gab ihr einen neuen Namen: Elia Capitolina, also die Stadt des Jupitergottes, des Kapitols. Fortan durften Juden diese Stadt nie mehr betreten, auch nicht zum Beten. Den Tempelberg ließ er durchpflügen.
Erst 135 nach Christus wurde die Erfüllung von Micha 3,12 sichtbar. Hadrian setzte noch einen Jupiter-Tempel auf den Tempelplatz. Später wurde das römische Reich christlich – mit Konstantin kam die Wende, und das Christentum wurde schließlich Staatsreligion.
Damals entstand in der Christenheit die falsche Idee, dass die Juden endgültig verworfen seien, die Kirche den ganzen Segen geerbt habe und die Juden vorbei seien. Das wollten sie auch so sichtbar machen.
Der Tempelberg sollte von da an ein Schutthaufen sein. Der Jupiter-Tempel wurde entfernt, und nun war nur noch Schutt da. Man konnte dort auch Abfall hinbringen, auf dem Felsen, der heute im Felsendom ist. Dort war der Abfallhaufen.
Dadurch begannen natürlich Bäume wild zu wuchern. Deshalb heißt es: „Darum wird euretwegen Zion als Acker gepflügt werden.“ Die Erfüllung geschah 135 nach Christus. Jerusalem wurde zu Trümmerhaufen, das hat sich erfüllt. Ab dem vierten Jahrhundert mit der konstantinischen Wende und bis zum siebten Jahrhundert wurde der Berg des Hauses, der Tempelberg, zu Waldeshöhen mit Gesträuchern und wild wachsenden Bäumen.
Das war so, bis 638 nach Christus die Moslems kamen. Sechs Jahre nach dem Tod von Muhammad stürmten sie Jerusalem. Sie bauten den Felsendom und räumten die Trümmerhaufen weg.
So lange, vom vierten bis ins siebte Jahrhundert, erfüllte sich die Prophetie als Trümmerhaufen und Waldeshöhen. Dann räumten die Moslems auf und errichteten die Moschee, die bis heute dort steht und ein großes Problem der Weltpolitik ist.
So hat sich Gottes Wort erfüllt. Das zeigt uns, dass wir völlig vertrauen dürfen: Gottes Wort bewahrheitet sich.
Es kann sein, dass man plötzlich ein Problem hat, wenn die Juden denken: „Jetzt ist das mit Jeremia in Erfüllung gegangen, aber Micha nicht. Da wurde nicht gepflügt, vielleicht später.“ Die Zerstörung Jerusalems ist gekommen, aber noch nicht die Pflügung. Nein, sie ist noch für ein späteres Ereignis.
Dann kam es 135, und im vierten bis siebten Jahrhundert kam der Rest. So erfüllt sich Gottes Wort kontinuierlich.
Jetzt können wir nächstes Mal weiterfahren, nochmals mit Micha 5. Das war nämlich auch eine messianische Prophetie, die ich behandeln wollte. Wir sind zuerst auf Micha 3,12 gekommen. Nächstes Mal kommen wir dann zu Micha 5,1 im Zusammenhang.
Zum Schluss wollten wir noch beten:
Herr Jesus, wir danken dir, dass du uns dein Wort gegeben hast, dieses ewige Wort, von dem der Prophet Jesaja sagt, es besteht in Ewigkeit. Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt in Ewigkeit.
Wir danken dir, wie wir immer wieder sehen dürfen, dass dein Wort die Wahrheit ist, dass es nicht Menschenwort ist, auch wenn du Menschen benutzt hast, um es aufzuschreiben. Wir bitten dich, dass du unser Vertrauen in dein Wort weiterhin stärkst und uns hilfst, dieses Wort in unserem Leben anzuwenden und unser Leben darauf zu bauen.
Denn es ist das Einzige, was zuverlässig ist in einer Zeit, in der alles so deutlich unsicher geworden ist und auch die großen Leute dieser Welt nicht wissen, wie sie entscheiden und was sie tun sollen.
Dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Weg, und dafür möchten wir dich preisen. Amen.