Guten Morgen. Wir haben gestern Abend noch den Konflikt zwischen Haman und Mordochai betrachtet, wie er in Esther 3,1-6 beschrieben ist. Dabei haben wir gesehen, dass es einen unüberbrückbaren Konflikt zwischen diesen beiden gibt.
Haman stellt das Fleisch, also die sündige Natur in uns, dar. Mordochai hingegen symbolisiert hier den Heiligen Geist. Diesen Konflikt haben wir auch in Galater 5,17 gefunden: „Das Fleisch strebt gegen den Geist“, also Haman gegen Mordochai. Weiter heißt es: „Der Geist aber gegen das Fleisch“, also Mordochai gegen Haman.
Mordochai ist nicht bereit, sich vor diesem Agagiter, diesem Amalekiter, zu beugen. Das liegt daran, dass er ganz klar am Gesetz Mose festhält. Besonders die Hinweise auf Amalek in 5. Mose 25 sind für ihn entscheidend.
Der unversöhnliche Gegensatz zwischen Fleisch und Geist
Und nun geht es weiter in Kapitel 3, Vers 7. Hamann hat also den Mordplan gefasst. Nicht nur Mordochai soll umkommen, sondern das ganze Volk, zu dem er gehört, mit ihm.
Hier wird die totale Vernichtung der Juden fest beschlossen. Das war in Vers 6, und jetzt kommen wir zu Vers 7.
Im ersten Monat, das ist der Monat Nisan, im zwölften Jahr des Königs Ahasveros, warf man das Pur, das ist das Los, vor Hamann. Tag für Tag und Monat für Monat ging das so bis zum zwölften Monat, dem Monat Adar.
Die okkulte Bestimmung des Vernichtungstages
Was bedeutet das?
Hamann sucht den idealen Vernichtungstag für das jüdische Volk – und zwar auf eine okkulte Art und Weise, indem er das Los warf.
Man muss sich vorstellen: Pur heißt eigentlich „Würfel“. Das Wort stammt vom akkadischen „Puru“, was ebenfalls „Würfel“ bedeutet. Es wurde also ein Würfel geworfen, um über den Kalender zu entscheiden. Jeder Tag wurde gewürfelt, jeder Monat ebenfalls. Schließlich fiel das Los auf den dreizehnten Tag des zwölften Monats. Damit war der Tag festgelegt.
Am dreizehnten Zwölften sollte das gesamte jüdische Volk im persischen Reich umgebracht werden.
Übrigens: Ein Streiflicht aus der Bibelkritik. Es wurde tatsächlich behauptet, dass sich das Buch Esther hier irrt. Das Wort „Pur“ sei gar kein persisches Wort, und der Text liege falsch. Es dauerte einige Zeit, bis man herausfand, dass „Pur“ im Akkadischen – der babylonischen oder assyrischen Sprache – „Würfel“ bedeutet.
Dieses Wort wird hier verwendet und weist auf den babylonischen magischen Kult hin, den Hamann in Anspruch nahm, um den Tag festzulegen.
Der geistliche Kampf hinter den Kulissen
Und hier haben wir eine Verbindung zur unsichtbaren Welt, nämlich zur dämonischen Welt.
In Epheser 6,10 heißt es: „Im Übrigen, meine Brüder, seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke. Zieht die ganze Waffenrüstung Gottes an, damit ihr bestehen könnt gegen die listigen Anschläge des Teufels. Denn unser Kampf richtet sich nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Fürstentümer, gegen die Gewalten, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Regionen.“
Der Gläubige hat es also nicht nur mit einem Feind in seinem Inneren zu tun, dem Fleisch, das hier durch Haman dargestellt wird. Er hat es auch mit der unsichtbaren Welt zu tun, mit Satan und seinen Dämonen, die hier als Fürstentümer und Gewalten bezeichnet werden – geistliche Mächte der Bosheit.
So steht der Gläubige unter Druck, nicht nur durch die Versuchung von innen, sondern auch durch die Versuchung von außen, durch Satan. Diese beiden wirken sehr gut zusammen, denn Satan hat immer einen Bundesgenossen in jedem Gläubigen – das ist das Fleisch.
Der Herr Jesus konnte in Johannes 14 sagen: „Der Fürst dieser Welt kommt, und er hat nichts in mir.“ Jesus war vollkommen, der vollkommene Mensch, der Sohn Gottes, der Mensch geworden ist, aber ohne die Sünde, die wir von Adam vererbt bekommen haben. Deshalb hatte Satan in Jesus keinen Anknüpfungspunkt, bei uns aber sehr wohl.
Es ist also sehr wichtig, hier sowohl Haman auf der einen Seite zu sehen als auch die Verbindung zur dämonischen Welt auf der anderen Seite.
Symbolik des Monats Nisan und die Bedeutung des Loses
Und was uns vielleicht noch auffällt, ist, dass es im ersten Monat geschieht, dem Monat Nisan. In den fünf Büchern Mose, die aus älterer Zeit stammen, wird dieser Monat Abib genannt.
Und was ist das Fest am vierzehnten Abib? Das Passafest, beschrieben in 2. Mose 12, das Fest der Erlösung Israels. Gerade einen Tag vor diesem Fest der Erlösung wirft Haman das Los im Hinblick auf die Vernichtung Israels. Interessant, nicht wahr?
Schließlich wird der zwölfte Monat ausgewählt und dort der dreizehnte Tag. Das ist also ein Monat vor Nisan, dem Erlösungsmonat, und der dreizehnte Tag ist quasi der Tag vor dem vierzehnten, der von der Erlösung Israels spricht – durch das Lamm Gottes, das am Passa geschlachtet wurde. Das ist nicht zufällig.
Mit dieser Festlegung stand also ganz klar die Tatsache vor Hammans Augen: Er muss noch sehr viele Monate warten, bis das jüdische Volk vernichtet wird. Es hätte ja sein können, dass das Los auf den zweiten Monat fällt.
Diese Zeit, werden wir sehen, war enorm wichtig, damit der Mordplan Hammans gedreht werden konnte. Denn das ganze persische Reich, von Afrika bis nach Indien, musste durch einen Gegenbefehl des Königs erreicht werden, damit an diesem Tag die Juden sich retten konnten – wie wir noch sehen werden.
So erkennen wir Gottes Hand in diesem okkulten Ergebnis. Das heißt, Satan kann nicht handeln, wie er will. Das sehen wir auch sehr eindrücklich im Buch Hiob. Gott erlaubt dem Satan einen gewissen Freiraum, aber nur bis zu einem bestimmten Punkt.
Auch hier sehen wir, dass Gott sogar dieses okkulte Bestimmen eines Tages souverän in seiner Hand hat. Es durfte kein anderer Tag sein, und es musste genügend Zeit vorhanden sein.
Hierzu ein Vers aus Sprüche 16,33:
„Das Los wird in den Schoß geworfen, aber alle seine Entscheidungen kommen vom Herrn.“
Hamans Anschuldigung gegen das jüdische Volk
Nachdem dieser Tag festgelegt war, ging Haman zum König. In Vers 8 spricht Haman zu König Ahasveros: „Da ist ein Volk zerstreut und abgesondert unter den Völkern in allen Landschaften des Königreiches. Ihre Gesetze sind von denen jedes anderen Volkes verschieden, und die Anordnungen des Königs befolgen sie nicht. Es ist für den König nicht geziemend, sie gewähren zu lassen.“
Er beschreibt damit das jüdische Volk, ohne ihren Namen zu erwähnen. Das ist auch deshalb interessant, weil er sagt: „Da ist ein Volk, und dieses Volk ist sehr speziell.“ Das zeigt, dass es damals bereits eine jüdische Diaspora im gesamten Persischen Reich gab. Juden lebten zerstreut im Ausland, obwohl zu dieser Zeit bereits ein Überrest aus der babylonischen Gefangenschaft längst zurückgekehrt war. Sie waren zurückgekehrt, um den Tempel wieder aufzubauen – die Stadt jedoch noch nicht. Das geschah erst nach Ahasveros, unter Artaxerxes und Nehemia.
Es ist vielleicht noch gut, darauf hinzuweisen, dass im Buch Esra die Rückkehr der Juden aus Babylon, aus der babylonischen Gefangenschaft, durch die Erlaubnis des persischen Königs Kyrus beschrieben wird. Kyrus war, wie wir wissen, der Vater von Ahasveros. Die Juden konnten also zurückkehren ins Land, um den Tempel wieder aufzubauen. Das wird in Esra Kapitel 1 bis 6 berichtet. In Kapitel 7 wird dann erzählt, wie Esra etwas später in einer zweiten Welle ebenfalls ins Land zurückkehrte.
Man muss jedoch beachten, dass zwischen Esra Kapitel 6 und Kapitel 7 eine zeitliche Lücke von 58 Jahren liegt. In diese Lücke fällt das Buch Esther hinein. Wenn man die Bibel einfach liest, ohne auf die angegebenen Datierungen zu achten, fällt diese Lücke nicht auf. Doch tatsächlich wird sie durch das Buch Esther ausgefüllt.
Die Absonderung Israels als Gottes Plan
Nun sagt Hamann, da ist ein Volk, zerstreut und abgesondert unter den Völkern in allen Landschaften. Zur Absonderung Israels zitiere ich einen Vers aus 3. Mose 20, und zwar Vers 24: „Und ich habe zu euch gesagt: Ihr sollt ihr Land besitzen, und ich werde es euch zum Besitz geben.“ Gott spricht zu Israel von einem Land, das von Milch und Honig fließt. Er sagt: „Ich bin der Herr, euer Gott, der euch von den Völkern abgesondert habe.“
Das war Gottes Plan von Anfang an: Israel ist ein abgesondertes Volk, das für Gott reserviert ist. Weiter heißt es: „Und ihr sollt unterscheiden zwischen dem reinen Vieh und dem unreinen und zwischen den unreinen Vögeln und den reinen. Ihr sollt euch selbst nicht zu einem Gräuel machen durch das Vieh und durch die Vögel und durch alles, was sich auf dem Erdboden regt, was ich euch als unrein ausgesondert habe. Und ihr sollt mir heilig sein, denn ich bin heilig, ich der Herr, und ich habe euch von den Völkern abgesondert, damit ihr mein seid.“
Wunderbar, nicht wahr? Interessant ist hier, dass das Wort „heilig“ auch „abgesondert“ bedeutet. Es ist also ein Ausdruck, der das Gleiche unterstreicht: Gott ist heilig, und sein Volk soll heilig sein, das heißt ganz reserviert für ihn.
In diesem Zusammenhang werden die Kaschrut-Gesetze erwähnt. Warum? Weil Gott Israel in 3. Mose 11 diese Gesetze gab, die festlegen, welche Tiere man essen darf und welche nicht. Dadurch sollten sie sich durch diese spezielle Diät von anderen Völkern unterscheiden. Das führte dazu, dass die Israeliten aufhörten, Häuser von Nichtjuden zu betreten, weil sie immer Angst haben mussten, dass ihnen etwas vorgesetzt wird, das nicht koscher ist. Da konnten sie nicht mitessen.
Ein Beispiel dafür finden wir bei Petrus in der Apostelgeschichte. Für ihn war es ein unerhörter Gedanke, zu Cornelius, einem Römer, nach Hause zu gehen. Das war für ihn ein echtes Problem. Warum? Weil man im Judentum zum Schluss gekommen war, dass man nicht auf Besuch gehen kann, da sonst die Gefahr besteht, etwas Unreines essen zu müssen.
So hat diese spezielle Diät, die Gott nicht der gesamten Menschheit, sondern nur Israel als Gesetz gegeben hat, dazu geführt, dass sie von den anderen Völkern abgesondert wurden.
Heute gibt es unter manchen Christen sektiererische Tendenzen, die sagen, die Gemeinde sollte sich auch an den Gesetzen des Bundes von Sinai orientieren. Sie meinen, man solle koscher essen, den Sabbat halten und so weiter. Doch all diese Gebote wurden Gott zufolge im Bund von Sinai nur Israel gegeben, nicht den anderen Völkern, eben um sie abzusondern.
Man muss sich überlegen, wie das im Judentum aufgenommen wird. Ein guter Bekannter von mir ist der Sprecher der Siedlung Ofra im Westjordanland, in Judäa und Samaria, dem sogenannten besetzten Westjordanland. Er erzählt, dass Rabbiner dort sehr besorgt und ohne Freude sehen, wenn Nichtjuden kommen, die mit ihnen die Feste feiern wollen und sich quasi ins Judentum hineinmischen möchten.
Das ist ein Problem, sagen sie, denn diese Gebote sind uns gegeben, um uns von den anderen Völkern zu trennen. Wenn Nichtjuden diese Gebote ebenfalls für sich beanspruchen, zerstören sie genau diese Absonderung, indem sie sagen, das gelte für alle. Sie haben nicht verstanden, dass das nur für Israel gilt, weil Israel das abgesonderte Volk sein sollte.
So sehen wir, dass sie zwar unter den Heiden im Perserreich verstreut waren, aber dennoch abgesondert blieben, gerade durch die Gesetze der Tora. Das stellt Hamann hier fest und sagt: „Ihre Gesetze sind von denen jedes anderen Volkes verschieden.“ Er hat erkannt, dass die in der Bibel gegebenen Gesetze ganz andere Grundsätze enthalten als das, was man im Heidentum kennt. Es ist völlig etwas anderes.
Doch dann kommt etwas Gefährliches. Hamann sagt: „Und die Anordnungen des Königs tun sie nicht.“ Sie sind anders, aber auch gefährlich. Sie passen sich nicht den Gesetzen an und unterwerfen sich nicht den Gesetzen des Staates, in dem sie wohnen. Und das ist ein Trick, der immer wieder angewendet wurde.
Historische Parallelen zu staatlicher Verfolgung
Schlagen wir mal Daniel 6, Vers 14 auf und betrachten König Darius. Es wurde ein Gesetz neu erlassen, das besagte, man dürfe während eines Monats nichts mehr erbitten – außer vom König. Die Feinde Daniels hatten dieses Gesetz initiiert, um ihm eine Falle zu stellen.
Jetzt lesen wir Daniel 6, Vers 14: „Hierauf antworteten sie und sprachen vor dem König: Daniel, einer der Weggeführten aus Juda, achtet weder auf dich, o König, noch auf das Verbot, das du hast aufzeichnen lassen, sondern er verrichtet dreimal am Tag sein Gebet.“
So hatte man ihn erwischt. Daniel war so integer und treu in seinem ganzen Wandel, dass niemand ihn irgendwie angreifen konnte. Wenn man die Gläubigen in ihrem Wandel nicht angreifen kann, weil sie sich ans Wort Gottes halten, dann muss man neue Gesetze erlassen, die garantiert ein Problem für die Gläubigen sind.
Wir merken: Genau das geschieht heute. Die Gesetzgebung wird ständig geändert, besonders auf dem moralischen Gebiet, wenn es um Ehe und Sexualität geht – Bereiche, die von den Normen der Bibel abweichen. Dort werden Gesetze geschaffen, um schließlich Christen zu kriminalisieren. Das ist entsetzlich, was da geschieht. Aber es ist genau dieser Stil.
Das war schon bei Daniel so, aber auch in Kapitel 3 von Daniel, bei den drei Freunden. In Vers 12 werden sie angeklagt: „Nun sind jüdische Männer da, die du über die Verwaltung der Landschaft Babel bestellt hast“, so sagen die Feinde der Juden zu Nebukadnezar. „Sadrach, Mesach und Abednego, diese Männer, o König, achten nicht auf dich“, das heißt, sie halten sich nicht an deine Gesetze.
Denken wir weiter an Apostelgeschichte 16. Dort sind wir in der Zeit der Mission der Christen unter den Heidenvölkern, und es kommt zu folgendem Konflikt: In Apostelgeschichte 16, Vers 20 wird berichtet, dass Paulus in Philippi war. Man führte ihn und seine Begleiter zu den Hauptleuten und sprach: „Diese Menschen, die Juden sind, verwirren ganz und gar unsere Stadt und verkündigen Gebräuche, die anzunehmen oder auszuüben uns nicht erlaubt ist, da wir Römer sind.“
Paulus und seine Mitarbeiter wurden also kriminalisiert, weil sie im Gegensatz zur staatlichen Gesetzgebung standen.
Und hier sehen wir bei Haman wieder ein ähnliches Beispiel: Er versucht, Ahasverus zu beweisen, dass die Juden ein problematisches Volk sind, das sich gegen die persische Gesetzgebung stellt. Das war natürlich ein Argument für Ahasverus, dass dieses Volk ausgerottet werden darf.
Die Machtübergabe an das Fleisch
Und Haman sagt weiter: Es ist für den König nicht geziemend, sie gewähren zu lassen. Das hebräische Wort „lehaniach“ bedeutet eigentlich „in Ruhe lassen“. Das heißt also, man darf die Juden nicht in Ruhe lassen.
Ich lese weiter in Vers 9: Wenn es der König für gut hält, so werde geschrieben, dass man sie umbringe. Das hebräische Wort lässt sich auch mit „Verderbe“ übersetzen. Und ich will zehntausend Talente Silber in die Hände der Abwieger geben, die die Geschäfte besorgen, damit sie es in die Schatzkammern des Königs bringen.
Ja, ein Volk umzubringen bedeutet ja, Steuerzahler aus dem Staat zu entfernen. Darum sagt Haman: Ich bezahle aus meinem Privatvermögen zehn Talente Silber. Das ist ziemlich viel. Ein Talent kann man ungefähr mit 40 Kilo berechnen, also sind es zehn mal 40 Kilo Silber.
Interessant ist, wenn man in der Geschichte schaut, wie die Steuerbeträge im Persischen Reich waren, dann ist das genau die realistische Höhe, die hier angegeben wird. Auch das ist ein Hinweis für diejenigen, die meinen, das Buch Esther sei eine Legende. Der Autor weiß nämlich ganz genau Bescheid über viele Details, wie wir das schon früher gesehen haben und jetzt wieder.
Damit will Haman quasi den Steuerschaden für den König gutmachen. Wichtig ist noch: Die Steuern wurden im Persischen Reich in Silberschäkeln bezahlt. Darum ist es interessant, dass er von zehntausend Silbertalenten spricht.
Ich lese weiter in Vers 10: Da zog der König seinen Siegelring von seiner Hand und gab ihn Haman, dem Sohn Hamidatas, dem Agagitter, dem Widersacher der Juden.
Das ist ganz entscheidend: Der Siegelring des Königs war gewissermaßen seine Unterschrift und seine Autorität, Beschlüsse zu fassen. Jetzt gibt Ahasveros ein Bild der Seele, das Ich, quasi die Entscheidungsgewalt, ab an das böse Fleisch und übergibt ihm den Siegelring.
Wir haben hier das Bild von einem Gläubigen, der, wie wir gesehen haben, nach der Rettung nicht Mordechai erhöht – ein Bild des Herrn Jesus –, sondern Haman, also das Fleisch, und er gibt ihm die ganze Entscheidungsgewalt.
Ich lese weiter in Vers 11: Und der König sprach zu Haman:
Nochmals Vers 10: Da zog der König seinen Siegelring von seiner Hand und gab ihn Haman, dem Sohn Hamidatas, dem Agagitter, dem Widersacher der Juden.
Ich habe gestern schon erklärt: Das Fleisch, unser Fleisch, hasst das Volk Gottes. Das müssen wir wissen. Das ist die Ursache all der Konflikte unter Gläubigen.
Der König sprach zu Haman: Das Silber sei dir gegeben, und das Volk, um mit ihm zu tun, wie es dir gut erscheint in deinen Augen.
Er verzichtet großzügig auf diesen Steuerersatz und sagt: Du kannst das Volk wegtun. Er sagt „das Volk“, aber er weiß nicht einmal, wer dieses Volk ist. Noch weniger ist ihm bewusst, dass seine Liebe Esther eine Jüdin ist.
Warum? Weil Mordechai ihr in seiner Erziehung beigebracht hatte: „Du sagst niemandem, dass du Jüdin bist. Also sagst du auch niemandem deinen Namen Hadassa, hebräisch Myrthe, sondern nur Esther, persisch Stern.“
Die Verbreitung des Vernichtungsbefehls
Vers 12
Da wurden die Schreiber des Königs berufen, und zwar im ersten Monat am dreizehnten Tag desselben, also am Tag vor Pessach. Es wurde nach allem, was Haman geboten hatte, an die Satrapen des Königs geschrieben, an die Statthalter über jede Landschaft und an die Fürsten jedes einzelnen Volkes. Die Schrift war in der Sprache jeder einzelnen Landschaft und jedes einzelnen Volkes verfasst.
Es wurde im Namen des Königs Ahasveros geschrieben und mit dem Siegelring des Königs versiegelt. Die Briefe wurden durch Eilboten in alle Landschaften des Königs gesandt, um alle Juden zu vertilgen, zu ermorden und umzubringen – vom Knaben bis zum Greis, kleine Kinder und Frauen – an einem Tag, am dreizehnten des zwölften Monats, das ist der Monat Adar. Dabei sollte ihre Habe geplündert werden.
Damit die Anordnung in jeder einzelnen Landschaft erlassen würde, wurde eine Abschrift des Schreibens allen Völkern bekannt gemacht. Das Wort „Abschrift“ hier ist ein Fachbegriff aus der persischen Verwaltung. Im Hebräischen steht ein persisches Wort „Patschegen“, das nicht hebräisch, sondern altpersisch ist. Also wurde eine Abschrift des Schreibens allen Völkern bekannt gemacht, damit sie auf diesen Tag vorbereitet wären.
Die Eilboten zogen unverzüglich auf das Wort des Königs aus. Man sieht in diesen Versen, wie durchorganisiert dieses Reich von Äthiopien bis Indien war. Es war eingeteilt in 127 Landschaften, die wiederum in kleinere Gebiete unterteilt waren. Deshalb gab es hier Satrapen, Statthalter und Volksfürsten.
Wenn eine Botschaft vom König ausging, aus Susan, dann erreichte sie das ganze Reich. Dabei wurde alles in alle Sprachen dieser Völker übersetzt. Wenn man bedenkt, was für ein Aufwand es heute in der EU ist, Erlasse in alle Sprachen übersetzen zu lassen, sieht man, dass die Perser das damals schon perfekt organisiert hatten.
Wir haben auch gesehen, dass es ein Postsystem gab – eine großartige Organisation der Perser, die persische Post. Dieses System funktionierte in einem Weltreich, das drei Kontinente umfasste: Afrika, Europa und vor allem Asien. Sogar Eilpost war möglich.
Man muss sich also vorstellen, dass dieser Erlass erlaubte, alle Menschen, die Juden waren, also ihre Nachbarn, an diesem dreizehnten Adar umzubringen – staatlich genehmigt. Man fragt sich, ob so etwas möglich ist. Jawohl, und wir sehen das immer wieder in der Geschichte.
Schon in der alten Geschichte wiederholte sich so etwas, und auch in der modernen Geschichte gab es ähnliche Erlasse. Zum Beispiel in Russland am Ende des 19. Jahrhunderts gab es einen Erlass, der an einem bestimmten Tag erlaubte, gegen Juden ungestraft vorzugehen – genau in dieser Art.
Wenn man an die Reichskristallnacht denkt, die das ganze Elend und den Tod von sechs Millionen Juden schließlich brachte, war das auch ein Tag, an dem überall gegen Juden zugeschlagen wurde. In dieser Art hat Haman gehandelt.
Die Reaktion der Stadt Susan und Mordochais Trauer
Und jetzt lese ich noch Vers 15: Die Eilboten zogen auf das Wort des Königs unverzüglich aus, und die Anordnung wurde in der Burg Susan erlassen. In der Burg Susan wurde die Anordnung also erlassen.
Am Anfang, beim Schlüssel zum Buch Ester, haben wir gelernt, dass die Stadt Susan das Herz symbolisiert. Deshalb wurde die Anordnung in der Burg Susan erlassen.
Ich möchte noch einmal Sprüche 4,23 zitieren. Die Wiederholung ist ja die Mutter des Lernens, sagten schon die alten Römer. Darum noch einmal Sprüche 4,23: Salomo sagt: „Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist, denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens.“
So wurde dieser Erlass von Susan aus für das ganze Reich angeordnet. Im Herzen kommen alle Fäden unseres Menschseins zusammen.
Dann heißt es weiter: „Und der König und Haman saßen und tranken, aber die Stadt Susan war in Bestürzung.“
Die doppelte Stimmung im Herzen
Das ist eine eigenartige Kombination in diesem Herzen, Susan. Da gibt es Freude. Zwei Menschen saufen sich einen runter, ja. Sie drücken ihre Freude über den nun gelungenen Plan aus, indem sie zusammen wieder das bekannte Problem praktizieren: bei den Persern ist das Alkoholismus.
Interessant ist also, hier ist das Herz fröhlich, und gleichzeitig heißt es, die Stadt Susan war in Bestürzung. Ja, so ist es. Wir können nicht behaupten: „Mein böses Fleisch ist böse, aber ich eigentlich nicht.“ Wenn das Fleisch aktiv wird in unserem Leben, dann haben wir den Siegelring abgegeben. Dann ist unser Ich verantwortlich für das, was geschieht.
Ich weiß von einem, der seine Frau umgebracht hatte und dann ins Gefängnis kam. Er nannte sich Christ. Dem Richter sagte er: „Das habe nicht ich gemacht, das hat mein Fleisch gemacht.“ Der Richter meinte daraufhin: „Dann sperren wir das Fleisch ein.“ Sehr gut. Aber dann gingen eben Ahasveros zusammen mit Haman ins Gefängnis. Das kann man nicht einfach so trennen.
Nun, einerseits ist Freude da. So ist es, wenn der Gläubige sündigt oder in die Sünde fällt: Er versucht darin, Freude zu finden. Aber es ist eine künstliche Freude, so wie die Freude am Alkohol künstlich ist. Ein wahrer Gläubiger kann auf diesem Weg nie glücklich werden, wenn Haman den Siegelring hat. Das geht nicht.
Gleichzeitig ist die Stadt in Bestürzung. Denn König David heißt es ja in 1. Samuel 24 zweimal, als er etwas tat, wobei er überzeugt war, es eigentlich nicht tun zu sollen: Er schnitt einen Schnipsel vom Kleid König Sauls ab. Dort steht, sein Herz schlug. Das ist der alttestamentliche Ausdruck für ein schlechtes Gewissen.
Das Wort Gewissen gibt es im Alten Testament nicht. Es wird erst im späteren Hebräisch gebräuchlich, „mazbun“. Heute sagt man für Gewissen „mazbun“, aber im Alten Testament sagt man, das Herz schlägt. Das Herz wird unruhig, wenn man etwas Falsches macht. Darum wird dann der Puls gesteigert, Adrenalin aus den Nebennierenrinden wird in die Blutbahn abgegeben, und die Blutgefäße verengen sich.
Darum ist das Herz, das schlägt, der bildliche Ausdruck im Alten Testament für ein schlechtes Gewissen. Das entspricht dem Satz: „Aber die Stadt Susan war in Bestürzung.“
Alles erfuhr, was geschehen war. Da zerriss Mardochai seine Kleider und legte Sacktuch an und Asche. Er ging hinaus in die Stadt und erhob ein lautes und bitterliches Geschrei. Er kam bis vor das Tor des Königs, denn zum Tor des Königs durfte man nicht in einem Sackkleid hineingehen.
In jeder einzelnen Landschaft, überall wohin das Wort des Königs und seine Anordnung gelangte, herrschte große Trauer. Bei den Juden gab es Fasten, Weinen und Wehklagen. Viele saßen auf Sacktuch und Asche.
Die betrübte Reaktion des Heiligen Geistes
Nun, was ist die Folge, wenn Haman so handeln kann, dass das Fleisch in unserem Leben sich entfalten kann? Das Herz wird bestürzt, und Mordochai ist zutiefst betrübt.
Dazu ein Vers aus Epheser 4,30: Der Apostel Paulus erklärt den Erlösten: „Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, durch den ihr versiegelt worden seid auf den Tag der Erlösung. Alle Bitterkeit, Wut, Zorn, Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan, samt aller Bosheit.“
Alles, was mit Haman zusammenhängt, soll weg! Wir müssen uns im Klaren sein: Sünde führt dazu, dass der Heilige Geist in uns betrübt wird. Das wird hier sehr dramatisch dargestellt. Mordochai zerreißt seine Kleider, legt ein Sacktuch an und Asche – das heißt, er streut Asche auf seinen Kopf. Er geht hinaus in die Stadt und erhebt ein lautes und bitterliches Geschrei.
Dasselbe geschieht unter dem ganzen irdischen Volk Gottes. So ist es, wenn das Fleisch sich entfalten kann, auch in einer örtlichen Gemeinde: Dann wird die ganze Gemeinde traurig.
Diese Bildersprache des Alten Testaments beschreibt es sehr realistisch.
Die Reaktion Esthers und die Suche nach der Ursache
Und jetzt gehen wir weiter, Vers 4:
Und die Mägde Esthers und ihre Hofbeamten kamen und teilten es ihr mit. Da geriet die Königin sehr in Angst. Sie sandte Kleider, damit man sie Mordechai anziehe und sein Sacktuch von ihm wegnehme. Aber er nahm sie nicht an.
Was haben wir hier? Der Geist wird sich bewusst. Der Geist des Menschen, ja, das bewusste, höhere Denken – da ist etwas nicht in Ordnung. Das ist etwas nicht gut.
Und was macht Esther? Sie versucht, das Ganze zu vertuschen. Mordechai werden schöne Kleider geschickt.
Wir wissen, welch große Künstler wir sind: Wir können alles erklären. Ja, das war natürlich deswegen so, und man muss ja auch verstehen, der hat ja auch so einen unangenehmen Charakter. Den erträgt ja niemand. Und dann muss man ja nicht erstaunt sein, dass ich da ein bisschen laut werde.
Ja, wir versuchen zu erklären, damit Sünde nicht Sünde ist. So versucht Esther, das mit schönen Kleidern zu bedecken.
Aber ganz klar: Mordechai, der hier ein Bild ist von dem Heiligen Geist – wir wissen ja, je nach Stelle ist er ein Bild von Gott, dem Vater oder Gott, dem Sohn, und hier von Gott, dem Heiligen Geist – er nimmt das nicht an.
Der Heilige Geist akzeptiert keine Vertuschungen. Wir können andere vielleicht überzeugen, aber den Heiligen Geist nicht.
Vers 5:
Da rief Esther Hatak, einen von den Hofbeamten des Königs, den er zu ihrem Dienst bestellt hatte, und schickte ihn zu Mordechai, um zu erfahren, was das wäre und warum es wäre.
Das ist der richtige Weg.
Die Notwendigkeit der Erkenntnis und Prüfung
Ich habe im Skript noch diese Stelle aus Hiob 34,32 angegeben. Dort gibt Elihu einen wunderbaren Rat und sagt: „Was ich nicht sehe, zeige du mir.“ So sollen wir immer wieder beten: „Was ich nicht sehe, zeige du mir.“
Auch die letzten Verse von Psalm 139 zeigen, was wir immer wieder beten sollen. König David drückt darin aus, wie wichtig es ist, sich immer wieder Gott zuzuwenden. Als junger Mensch habe ich mir vorgenommen, dieses Gebet immer wieder zu sprechen, damit nichts zwischen mich und den Herrn hineinkommt. Und das sollten wir alle so tun.
„Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne meine Gedanken; sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf ewigem Weg.“
Wir können sicher sein, wenn wir so beten, dann zeigt uns der Heilige Geist, wo etwas nicht stimmt. Das ist gut und wunderbar. Denn es führt dazu, dass Dinge, die uns innerlich in der Gemeinschaft mit dem Herrn trennen und die Gemeinschaft betrüben, in Ordnung gebracht werden. Das geht nur auf diesem Weg.
So sehen wir es auch bei Esther: Sie schickte jemanden zu Mordechai, um zu erfahren, was los war und warum es so war. Wir müssen die Wurzel des Problems erkunden, und erst dann kann man das Problem lösen.
Wir machen jetzt zehn Minuten Pause.