Einführung in die biblische Grundlage und aktuelle Parallelen
Auf den Stühlen oder auf jedem zweiten lag ein Textblatt aus, auf dem unser Text für heute Nachmittag und auch für den weiteren Verlauf der Konferenz stand. Ich möchte nur die ersten fünf Verse aus 1. Korinther 10,1-5 vorlesen.
Ich will nicht, dass ihr darüber unwissend seid, Brüder, dass unsere Väter alle unter der Wolke waren und alle durch das Meer hindurchgegangen sind. Sie wurden alle auf Mose getauft, in der Wolke und im Meer. Außerdem aßen sie alle dieselbe geistliche Speise und tranken alle denselben geistlichen Trank. Denn sie tranken aus einem geistlichen Felsen, der sie begleitete. Der Fels aber war der Christus.
An den meisten von ihnen hatte Gott jedoch kein Wohlgefallen. Denn sie sind in der Wüste niedergestreckt worden. Und all das dient uns als Vorbild.
Darüber soll es in diesen Tagen gehen: über diesen großen Flüchtlingsstrom durch die Wüste. Dieses Bild ist uns ja in den letzten Wochen und Monaten vertraut geworden. Flüchtlingsströme aus Syrien, aus dem Irak, aus Myanmar, aus der Ukraine – Millionen Menschen sehen sich auf dieser Welt gerade gezwungen, ihre Heimat zu verlassen.
Damals gab es ebenfalls Millionen, die aufgebrochen waren, um eine neue Heimat, ihre wahre Heimat, zu suchen.
Die Wanderung aus Ägypten: Ein lebendiges Bild der Befreiung
Stellen Sie sich das einmal bildlich vor: eine Kolonne von Knechten, die in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten nur geknechtet wurden. Jetzt aber geht es hinaus aus dieser Knechtschaft, in ein neues Land.
Ganz vorne bildet sich eine militärische Formation. Wahrscheinlich sind das die starken jungen Männer mit ein paar Sensen oder anderen Werkzeugen, die sie dabei haben. Ganz hinten hingegen ist der Nachtrab: ein paar Mitläufer, einige spät Entschlossene, ein paar Fußkranke. Dazwischen befindet sich eine unübersehbare Menge an Volk.
Es gibt auch Vieh und Fahrzeuge. Ich nehme an, sie hatten einige Karren dabei, dazu jede Menge Körbe und Krüge. Die Frauen mussten ja überlegen, was sie mitnehmen und was sie im Küchenschrank lassen. Eselsladungen voller Campingausrüstung – so begann die Reise.
All diese mitgeführten Habseligkeiten machten den unüberschaubaren Zug sehr langsam und träge. Können Sie sich das vorstellen? Mindestens so viel Vieh wie Menschen oder sogar noch mehr. Und dann dieses ganze Geblöke und Gemeckere – das steckt später an. Ein Getrappel von Vieh und Menschen, Kinderheulen, das Schaukeln von Kamelen – ein riesiger, unorganisierter Haufen.
Es ist schon eine Kunst, diese Herde später zum Kaffee zu führen. Aber wie führte man so ein unorganisiertes Heer durch ein gefährliches Terrain? Wie konnte man es kommandieren? „Hey, hier geht es lang, alle mir nach!“ – das war unmöglich.
Gottes Führung durch Wolken- und Feuersäule
In 2. Mose 13,21 heißt es: „Aber der Herr zog vor ihnen her, am Tag in einer Wolkensäule, um sie auf dem Weg zu leiten, in der Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten, damit sie Tag und Nacht ziehen konnten. Am Tag wich nicht die Wolkensäule und in der Nacht nicht die Feuersäule vor dem Volk.“
Das war ihr Orientierungspunkt. So konnte dieses ungeordnete Heer marschieren und den Weg finden.
Vorne war eine majestätische Herrlichkeitswolke, hinten eine Staubwolke und wahrscheinlich noch ein Haufen Viehdung als Spur in der Wüste.
Vorne eine Herrlichkeitswolke, hinten ein Haufen aufgewirbelter Dreck – so ähnlich ist es mit der Gemeinde Jesu.
Vorne glänzendes Licht, aber auch viele betrübliche Schatten. Ein Mischmasch aus Hoheit und Niedertracht, das sehen wir während der ganzen Wüstenreise.
Die Zusammensetzung des Volkes Israel und seine Herausforderungen
Was war das für eine Mischpoke, die damals losgezogen ist? Könnt ihr euch vorstellen, was für eine Sippschaft das war? Die hatten doch nicht einmal zueinander gefunden. Wer hat sich diesen Haufen ausgesucht? Es war unser Gott, der sich dieses Volk erwählt hat und sie in das Land führen wollte, das er ihnen verheißen hatte.
Es gab spontane Mitausreisende, die sind auf den Zug aufgesprungen. Das war eine richtige Multikulti-Truppe, wie wir in 2. Mose 12,38 lesen. Nein, nicht Erste Mose zwölf, das kann nicht sein. Zweite Mose ist schon besser, also Exodus. Ja, der Einspruch kam viel zu spät von den Zuhörern.
In 2. Mose 12,38 heißt es: „Und auch viel Mischvolk zog mit ihnen herauf, und Kleinvieh und Rinder, sehr viel Vieh.“ Also doch mehr Tiere als Menschen. Mischvolk bedeutet, dass es keine homogene Gruppe war, sondern dass etliche sich diesem Haufen angeschlossen hatten. Viel Mischvolk.
Irgendwie ist das ein sehr treffendes Bild für unsere Situation heute in den Gemeinden, in der Kirche, in der Christenheit. Sie geben vor, auf dem Weg zu dem verheißenen Land zu sein, aber es ist ein Mischmasch aus Nachfolgern und Mitläufern, aus Echtem und Falschem, aus Unkraut und Weizen.
Widerstände und Prüfungen auf dem Weg
Als damals dieses Volk aufbrach, begleiteten ihre Wanderschaft immer wieder die Augen von Spionen, von feindlichen Aufklärern.
Wir lesen auf der Wüstenreise allein siebenmal von militärischen Auseinandersetzungen. Die Ägypter jagten ihnen nach, die Amalekiter verwickelten sie in Kämpfe, ebenso die Amoriter und die Kanaaniter. Auch Arad, Basan und Midian waren immer wieder Orte von Kämpfen.
Stellt euch das vor: Ihr seid ein Flüchtlingsstrom, nur mit ein paar Zelten unterwegs. Wie kann man sich da wehren? Diese ständige Bedrohung hielt sie über all die Zeit in Atem.
Doch nicht nur das – es gab auch diabolische Versuchungen und Verwünschungen. Bileam setzte ihnen schwer zu. Was für eine Reise das war!
Manche kritische Theologen sagen, der Bericht der Wüstenwanderung sei sehr überhöht und mythologisch aufgeladen. Das war jedoch nicht so.
Dieser Bericht ist keine fiktive Erzählung oder Fantasiereise, sondern eine sehr reale, sehr zermürbende Reise quer durch den Sinai. Sie führte über Sand und Schotterpisten, eine wahre Wüstentrophy, durch Steppengebiete – und das über Jahrzehnte.
Die historische Bedeutung und Relevanz der Wüstenwanderung
Und es gibt viele gute Gründe, diesem Bericht zu vertrauen und an die volle Historizität aller Angaben zu glauben. Überlegt mal: Was wissen wir, wir Deutschen – oder hier sind ja auch noch ein paar Schweizer anwesend – was wissen wir über den Ursprung unserer Völker, unserer Ahnen?
Was wissen wir über den Werdegang unserer Nation? Es gab einmal einige gotische und germanische Stämme, die sich irgendwann vor den Hunnen und Vandalen in Sicherheit gebracht haben. Das geschah in der Spätantike oder im Frühmittelalter. Aber haben wir davon genaue Aufzeichnungen? Wissen wir das wirklich genau?
Der Bericht aus dem Zweiten und Dritten Mose sowie dem Vierten Mose reicht tausend Jahre weiter zurück – tausend Jahre vor der Völkerwanderung in Mitteleuropa. Damals vollzog sich die Wanderung der Kinder Israel aus Ägypten in das verheißene Land.
Diese Schilderung ist nicht irgendeine alte Geschichte, sondern sie hat einen ganz direkten Bezug zu dir und zu mir. Wieso? Warum hat das etwas mit mir zu tun?
Das steht hier im 1. Korinther 10: Ihr sollt darüber nicht in Unwissenheit sein. Kennt ihr diese Geschichten? Diese Dinge sind für uns geschehen, sie haben deinetwegen stattgefunden. Das Ganze ist eine Warnung, ein Exempel für dich und mich.
Die geistliche Dimension der Wüstenwanderung
Und wenn manche sagen: Ja, wir können aus diesem Bericht so viel lernen, dann meinen andere, das sei doch Zylinderzauberei. Sie sagen, da hole man aus irgendeinem Hut ein Kaninchen heraus, schau mal hier, schau mal da.
Nein, ganz modellhaft zeigt uns Gott hier anhand dieser Reise, was er auch mit unserem Leben vorhat. Er zeigt uns, wie er uns erlöst, wie er uns führt, wie er uns prüft und wie er uns dennoch ans Ziel bringt. Das können wir in diesem Bericht lesen und daraus lernen.
Die ganze Berichterstattung hat eine zweite Ebene, eine geistliche Ebene. Deshalb heißt es auch in 1. Korinther 10, dass sie einen geistlichen Trank und eine geistliche Speise hatten. Ja, all das hat einen geistlichen, tieferen Sinn. Diesem wollen wir ein wenig nachspüren.
Es wäre hilfreich, wenn ihr vielleicht einmal in einer stillen Stunde auf dem Zimmer oder zuhause parallel den Anfang des Hebräerbriefs dazulesen würdet. Dort wird uns gesagt, dass diese Reise eine Bedeutung für uns heute hat.
Die geistliche Dimension also – was wir hier finden, ist einerseits geschichtlich zu verstehen, aber auch geistlich. Es hat eine Bedeutung für dich und mich und ist immer noch eine Illustration unseres Weges aus dieser Welt hin zu Gott.
Gott will mitten unter uns sein, und er will uns führen und ans Ziel bringen.
Die drei geistlichen Zustände: Ägypten, Wüste und Kanaan
Eigentlich gibt es nur drei Zustände, in denen wir sein können. So wie hier die drei Blöcke sitzen: Ägypten, die Wüste und Kanaan. Vielleicht findest du dich darin wieder. Entweder befindest du dich in Ägypten, in der Wüste oder in Kanaan.
Was bedeutet das? Wenn du noch in Ägypten lebst, dann heißt das, dass Gott nicht die Macht über dein Leben hat, sondern der Herr dieser Welt. Er zwingt dich dazu, in dieser Knechtschaft zu bleiben. Es gibt viele Christen, die in Ägypten leben. Sie nennen sich Christen, sind aber unter der Herrschaft der Sünde versklavt und folgen ihrem Gott nicht nach.
Es gibt aber auch die Gruppe, die durch die Wüste läuft. Ich möchte das mal eine Art geistliche Zurückgebliebenheit nennen. Es gibt ja geistige Zurückgebliebenheit – Menschen, die sich nicht richtig entwickelt haben und noch ein sehr kindliches Niveau haben. Das gibt es auch im Geistlichen: Wir sind noch nicht da, wo uns Gott eigentlich haben möchte. Geistlich zurückgeblieben – und das sind leider sehr viele. Sie haben ihre Ansprüche stark gesenkt und stecken immer noch im Geistlichen in Kinderschuhen.
In Hebräer 4,1 heißt es: „Achtung! Dass sich nicht bei jemandem von euch herausstellt, dass er zurückgeblieben ist, während die Verheißung zum Eingang in seine Ruhe noch besteht.“ Du könntest schon viel weiter sein. Du könntest deine Wüste wirklich schon hinter dir gelassen haben.
Gottes Gedanke für dich ist nicht Wüste, Wüste und nochmals Wüste, sondern: Ich habe da etwas Verheißendes, ein Land, Milch und Honig statt Disteln und Dorn. Glaubst du das? Glaubst du, dass Gott für dich das denkbar Beste bereithält?
Die Gefahr geistlicher Zurückgebliebenheit und das Festhalten am Zweitbesten
Die Kinder Israel verloren irgendwann den Glauben daran. Oder es gab einige Spezialisten, die nach den vierzig Jahren, in denen sie durch die Wüste gezogen waren, ganz nah am Land der Verheißung angekommen waren – dort im Transjordanland, im heutigen Jordanien.
Als sie nach vierzig Jahren zum ersten Mal wieder satte Weiden und schöne Bäume sahen, sagten sie: „Boah, hier bleiben wir! Das ist ja super. Hier wollen wir bleiben, hier siedeln wir – diesseits des Jordan.“
Auf der Fahrt hierher nach Zabelstein habe ich unterwegs einen Trabbi überholt. Kennt ihr die noch? Ich dachte so: Stellt euch vor, da sind Russlanddeutsche, die ihr Leben lang in Russland gelebt haben. Dann stellen sie einen Ausreiseantrag in den Westen. Zu Zeiten der DDR reisen sie aus Russland kommend durch die DDR, wollen eigentlich in den Westen. Und dann sehen sie in der DDR einen Trabbi und sagen: „Boah, was für ein Auto! Hier bleiben wir!“
So ähnlich war das wohl mit den Stämmen damals, mit Rubengard und dem halben Stamm Manasse: „Hier bleiben wir!“
Geistliche Zurückgebliebenheit, sich mit dem Zweitbesten zufrieden zu geben – das ist schade. Das ist Unglaube.
Unser Text hier in 1. Korinther 10 sagt uns, dass wir nicht zurückbleiben sollen. Wir sollen munter vorangehen und auf einige Gefahren achten. Fünf Gefahren werden hier genannt, habt ihr sie gesehen?
Wir sollen nicht nach bösen Dingen lüsten, nicht Götzendiener sein, nicht Hurerei treiben, nicht den Christus versuchen und nicht murren.
Das werden die fünf Vorträge sein, die sich anschließen – die Gefahren in der Wüste.
Die Bedeutung der fünf Bücher Mose für das Verständnis der Wüstenzeit
Aber ich möchte hier anhand der fünf Bücher Mose kurz etwas auf Kinderstundenniveau erklären. Geht es euch auch so? Habt ihr euch schon mal vorgenommen, die Bibel in einem Rutsch durchzulesen? Wer ist dabei gescheitert? Irgendwann hat man das Projekt abgebrochen oder ist irgendwo anders weitergelesen.
Vielen geht es so: Sie lesen das Erste Mose und das Zweite Mose, und das klappt noch ganz gut. Aber dann kommt das Dritte Buch Mose, und sie werden müde und lesen nicht weiter. Irgendwie gibt es innerhalb der fünf Bücher Mose an dieser Stelle eine Zäsur, eine Pause.
Im Ersten Buch Mose geht es um die Schöpfung, die Genesis, um die Ursprünge. Im Zweiten Buch Mose steht der Exodus, der Auszug der Kinder Israel, im Vierten Buch Mose die Zeit in der Wüste und die Erfahrungen dort. Im Fünften Buch Mose gibt es noch einmal einen Rückblick, einen Ausblick, eine Erinnerung.
Man könnte so sagen: Erwählung, Erlösung, Erfahrung und Erinnerung. Aber was soll dieses Dritte Buch Mose? Dieses Buch, das so blutig klingt oder so befremdlich und schockierend wirkt? Opfervorschriften, Schlachthinweise, Reinigungsrituale, Hautausschläge, Körperflüssigkeiten – muss das sein? Das klingt wie eine Hygienevorschrift vom Gesundheitsamt, dieses Dritte Buch Mose.
Früher, wenn wir Dominosteine aufgestellt haben, haben wir ab und zu einen quergelegt, damit nicht alle hintereinander umkippen. Es kann ruhig liegen bleiben, es ist auch nicht die Bibel. Danke sehr.
Irgendwie scheint es auch so mit den fünf Büchern Mose zu sein, dass im Mittleren, im Dritten Buch Mose, Gott einen Stopp im Handlungsverlauf macht. Denn im Dritten Buch Mose passieren fast keine Geschichten, sondern es ist fast alles direkte Rede Gottes. Gott unterweist sein Volk, bringt es zur Ruhe, und alles ist direkte Rede Gottes. Das ist einzigartig.
Jüdische Kinder mussten in der Synagoge als Erstes das Dritte Buch Mose lesen und lernen. Das war ihre Einstiegsfibel. Interessant, oder? Denn darin finden wir Gottes Grundsätze für das Leben, das ihnen bevorsteht.
Gott gibt klare Kommandos, bevor das Volk nach Kanaan kommt: Kommt nicht in Kontakt mit Kanaans Kulten, hütet euch davor. Die Zeiten in der Wüste sollen euch darauf vorbereiten. Kommt nicht in Kontakt mit Kanaans Kulten, denn das ist der Grund, warum ich diese Leute vor euch vertreibe. Das ist die Legitimation.
Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig – das ist so der Refrain im Dritten Buch Mose: Seid heilig, denn ich bin heilig.
Die Absicht Gottes mit der langen Wüstenzeit
Und jetzt – und das hat mich beim Vorbereiten wirklich noch einmal verdutzt – eigentlich hätten die Kinder Israel, wenn sie stramm marschiert wären, diese Reise wie lange gebraucht? In vierzehn Tagen? Im 5. Mose 1,2 steht es: Elf Tagereisen sind es vom Horeb auf dem Weg des Gebirges Seir bis Kadesch-Baneja.
Eigentlich hätten sie nur elf Tage gebraucht, um diese Wüste zu durchqueren. Dort in Kadesch wurden ja die Kundschafter ausgesandt, um das Land auszukundschaften. Das Volk wartete dort: Sollen wir losziehen? Sollen wir das Land einnehmen? In elf Tagen hätten sie diesen Weg schaffen können.
Aber Gott hatte etwas anderes mit seinem Volk vor. Dazu müssen wir 2. Mose 13,17 lesen. Er ließ sie nicht den direkten Weg gehen, nicht den Weg an der Küste entlang, sondern führte sie bewusst in die Wüste, an den Berg Horeb, an den Sinai.
In 2. Mose 13,17 heißt es: Als der Pharao das Volk ziehen ließ, führte Gott sie nicht durch das Land der Philister, obwohl es nahe war. Denn Gott sprach: Damit das Volk nicht bereut, wenn es den Kampf sieht, und nicht nach Ägypten zurückkehrt.
Das Volk musste erst einmal vorbereitet werden. Wenn Gott sie direkt nach Kanaan geführt hätte, hätte sie das abgeschreckt. Kanaan war nicht das Schlaraffenland, sondern erst einmal ein Kampfgebiet. Sie mussten in der Wüste fit gemacht werden für diese Kampfbegegnungen.
Das erlöste Volk konnte nicht sofort dorthin gebracht werden. Angesichts der Widerstände hätten sie zurück nach Ägypten gewollt. Das ist der Sinn der Wüste: Gott muss das Volk allmählich vorbereiten. Er führt sie zu sich an den Berg Sinai.
Dort zeigt er ihnen viel von sich selbst, lehrt sie die Gebote und lässt sie die Stiftshütte bauen. Diese ist ein Modell, eine geistliche Darstellung dessen, wie er gefunden werden kann.
Auch uns mutet Gott manche Wüstenetappe zu, um uns stark zu machen und zu erproben.
Die lange Zeit in der Wüste und die Folgen des Unglaubens
Das Volk hatte nicht nur diese zwei Jahre in der Wüste, in denen sie Gott nahe waren und am Sinai lagerten – fast ein ganzes Jahr verbrachten sie nur vor dem Sinai. Doch im Unglauben sagten sie zu Josua und Kaleb: „Nein, nein, dieses Land ist uns nun mal zu steil. Da gehen wir doch lieber zurück nach Ägypten.“
Daraufhin fuhren sie 38 Jahre im Kreisverkehr. 38 Jahre hielten sie sich irgendwo in der Wüste auf, lebten als Nomaden.
Bist du schon mal 38 Runden durch einen Kreisverkehr gefahren? Bei einer Hochzeit habe ich das schon mal erlebt, wenn so eine Kolonne fuhr, wie die Indianer um die Planwagen. Aber 38 Jahre im Kreisverkehr – da wird einem wirklich übel und schwindelig.
Und da sagt uns der erste Korintherbrief 10: Das sollt ihr euch vor Augen halten: Alle sind gut gestartet, alle wurden durch diese Wolke geleitet, sind durch das Meer gezogen, auf Mose getauft. Alle aßen sie das Manna und tranken aus dem Felsen. Aber wer kam an? Zwei Mann von einem Millionenvolk.
Und das ist eine krasse Botschaft.
Gottes Auftrag an Mose und die Berufung zum Dienst
Worum geht es Gott mit dir und mir?
Als Gott damals Mose berief, als dieser noch in Midian lebte, ging Mose mit seiner Herde umher. Dabei kam er an einen brennenden Busch und erlebte den lebendigen Gott. Gott machte ihm dort ein Versprechen. Er sagte zu Mose: „Genau da, wo du jetzt stehst, hier an diesem Berg, werde ich mein ganzes Volk hinbringen.“
Das konnte Mose sich kaum vorstellen. Das Volk war doch in Ägypten versklavt. Das wäre so, als würde ich sagen, ganz Nordkorea trifft sich demnächst am Kilimandscharo. Das ist undenkbar. Doch Gott sagte: „Hier, wo du jetzt stehst, bringe ich dieses Sklavenvolk aus den Pyramidensteinbrüchen und aus den Ziegelbrennereien auf den Berg Gottes, damit sie mir dienen.“
Das war die Anforderung Gottes.
In 2. Mose 3,12 heißt es: „Weil ich mit dir sein werde, und dies sei dir das Zeichen, dass ich dich gesandt habe: Wenn du das Volk aus Ägypten herausgeführt hast, werdet ihr auf diesem Berg Gott dienen.“
Später treten Mose und sein Bruder Aaron vor den Pharao. Immer wieder wiederholt sich der Refrain: „Lass mein Volk ziehen, damit sie mir dienen.“
Ich habe das in meiner Bibel markiert, denn es steht über zehnmal so ähnlich da. Zum Beispiel in 2. Mose 7,16: „Lass mein Volk ziehen, damit sie mir in der Wüste dienen.“ Oder in Vers 26: „Und der Herr sprach zu Mose: Geh zum Pharao hinein und sprich zu ihm: So spricht der Herr, lass mein Volk ziehen, damit sie mir dienen.“
In 2. Mose 8,16 heißt es: „Und der Herr sprach zu Mose: Mach dich früh morgens auf, tritt zu dem Pharao und sag: Lass mein Volk ziehen, damit sie mir dienen.“
Auch in Vers 1 steht: „Lass mein Volk ziehen, damit sie mir dienen.“
So geht es immer weiter, auch in Kapitel 10: „Damit sie mir dienen, damit sie dem Herrn, ihrem Gott, dienen.“
Dazu hat Gott das Volk in die Wüste geführt.
Die Bedeutung des Gottesdienstes und die Herausforderung der Nachfolge
Ich glaube, die Christenheit hat vergessen, dass wir hier auf dieser Erde auf einer Wanderschaft sind – einer Reise zu einem ewigen Ziel, zum Gottesdienst.
In der evangelischen Kirche wird derzeit diskutiert – angestoßen durch einen netten Kurzschluss –, ob man den Gottesdienst nicht auf den Abend verlegen sollte. Der Grund: Es sei die Gewohnheit der Deutschen, sonntags auszuschlafen, gemütlich zu frühstücken und Sport zu machen.
Doch wir sind hier, um Gott zu dienen. Als das Volk Israel in der Wüste ankam, haben sie keinen einzigen Tag Gott gedient. Die Stiftshütte war so konzipiert, dass viele durch das breite Tor kommen konnten. Dennoch lesen wir kaum, dass das Volk Opfer brachte oder das Zelt der Begegnung als Angebot wahrnahm.
Stattdessen beteten sie schon damals in der Wüste das Heer des Himmels an, wie Amos 5 berichtet. Stephanus sagt es in seiner Predigt kurz vor seiner Steinigung: „Habt ihr mir etwa vierzig Jahre in der Wüste Opfertiere und Schlachtopfer dargebracht, Haus Israel? Habt ihr das gemacht? Habt ihr mir jemals gedient?“ Nein, ihr Herz wollte immer wieder nach Ägypten zurück.
Die Wüstenreise lehrt uns den Ernst geistlicher Zurückgebliebenheit. Wir sind noch lange nicht da, wo wir sein sollten oder könnten. Kennt ihr noch das Lied: „Was könnte Gott aus deinem Leben machen, wenn du ihn nur ganz und gar Herr sein lässt?“ Vertraue dich ihm an, und du wirst sehen, der Herr führt wunderbar.
Doch trotz aller tollen Erfahrungen und spektakulären Wunder hat das Volk beim Exodus nichts gelernt. Stattdessen wünschen sie sich zurück an die Fleischtöpfe Ägyptens – Essen, Trinken und Spiel. Das goldene Kalb ist für sie so verlockend, dass sie nach vierzig Tagen Mose vergessen haben.
Paulus warnt uns: „Vorsicht, täuscht euch nicht! Vielleicht hattet ihr einen guten Start, aber unsere Reise ist noch nicht abgeschlossen. Wir sind noch nicht am Ziel, es muss noch weiter durch die Wüste gehen.“
Viele berufen sich darauf und sagen: „Ich bin doch getauft, ich bin konfirmiert, ich war auch schon beim Abendmahl.“ Doch Paulus sagt, damals haben alle von dem Manna gegessen, alle wurden auf Mose getauft und hatten ähnliche Erfahrungen. Aber an den meisten hatte Gott keinen Wohlgefallen.
Vorsicht vor der Gefahr des Sakramentalismus! Die Form ist da – der Taufschein, der christliche Trauschein –, aber das reicht nicht. Ich dachte auch so. Vielleicht war für manche der Auszug aus Ägypten eine Frohnleichnamsprozession. Denn ein Kasten wurde mitgetragen, in dem die Gebeine des Joseph lagen – des heiligen Joseph von Ägypten. Er war ein Führer des Volkes Gottes, ein Mann Gottes. Wo er hingeht, da wollen wir auch hingehen.
Für viele bedeutet Christentum, Traditionen zu folgen oder längst toten Leitbildern zu folgen. Aber das ist nicht die lebendige Nachfolge des Herrn. Wir müssen der Herrlichkeit folgen, der Spur, die Gott legt.
Statt mutig und munter nach vorne zu schauen – nach Kanaan, so wie Kaleb und Josua es vormachten – schauen sie zurück nach Ägypten und verklären ihre Vergangenheit. Sie haben vergessen, was dort wirklich los war. Sie erinnern sich nur an Knoblauch und Zwiebeln.
Oder sie schauen um sich in die Wüste und sagen: „Was ist das denn hier? Hast du uns hierhergeführt, um hier zu sterben?“ In Ägypten gab es bessere Friedhöfe und monumentalere Grabsteine.
Sie schauen zurück und verklären ihre Vergangenheit, sie schauen um sich und beklagen sich über ihre Umstände, sie schauen in sich, achten auf ihre Befindlichkeiten und fangen an zu murren. Sie erliegen ihren Lüsten und Begierden.
Nur ganz wenige sind da, die nach vorn schauen und sagen: „Lass mir das Ziel vor Augen bleiben!“ Nur wenige schauen nach oben und sagen: „Wir haben doch einen lebendigen Gott!“
Die Wüste als Prüfungsort des Herzens
Erst in der Wüste erfahren wir, was in unseren Herzen ist. Wir müssen zum Ende kommen, oder? Haben wir noch ein bisschen Zeit? Ah, schön! Wir haben noch zehn Minuten.
Erst in der Wüste erkennen wir, was wirklich in unserem Herzen steckt. All das tat Gott mit seinem Volk, um ihnen zu zeigen: Schaut mal, merkt ihr, wie ihr mir tolle Versprechungen macht dort am Berg Sinai? Ja, all das werden wir tun, wir wollen uns an diese Gebote halten, das werden wir machen. Doch sie konnten es nicht einhalten. Was steckt also wirklich in unseren Herzen?
Mich hat in der letzten Woche ein Bibelwort sehr getröstet. Kann es sein, dass die Wüste gerade Gottes Plan für dich ist? Dass ihr hier im Mittelblock gar nicht so falsch seid, in der Wüste? Lass deine Wüste hinter dir, ja, aber ich las das in Markus 8, Verse 1 und 2. Mein Freund Peter Lühling hat mich darauf aufmerksam gemacht, und es hat mich sehr ermutigt.
Markus 8, Verse 1 und 2:
In jenen Tagen, als wieder eine große Volksmenge da war und sie nichts zu essen hatten, rief Jesus die Jünger zu sich und sprach zu ihnen: „Ich bin innerlich bewegt über diese Volksmenge, denn schon drei Tage sind sie bei mir und haben nichts zu essen.“
Diesen Test möchte man mit Kurt Philipp machen. Hier, Philipp, heute ist Donnerstag, Freitag, Samstag. Also, bei der Abreise packen wir euch ein Lunchpaket. Würdet ihr bei Kurt bleiben? Ihr würdet zum nächsten Mekkes reisen, ihr würdet abhauen. Drei Tage nichts zu essen – das kann man doch nicht durchhalten!
Doch genau das hat der Herr gemacht. Unser Herr hat den Leuten zugemutet, drei Tage Wüste. Sie blieben bei ihm, aber es war Wüste, es war Hunger, es war Entbehrung.
Persönliche Erfahrungen mit der Wüste und Gottes Treue
Das vergangene Frühjahr war für uns als Familie wie eine Wüste. Vielleicht darf ich das erzählen, ohne hier zu sehr auf die Tränendrüse zu drücken.
Meine Frau sagte zu mir: „Andreas, wir geben ja den Zehnten, aber geben wir auch den Zehnten von allem? So, wie es da steht – also von meinem Lohn gehen zehn Prozent für den Herrn weg. Aber was ist mit Zuwendungen, Spenden oder Nebeneinkünften? Gibt es da nicht auch den Zehnten? Andreas, lass uns den vollen Zehnten ins Haus des Herrn bringen.“
Ich antwortete: „Okay, gut, prüft mich hierhin“, sagte ich zum Herrn. Haben wir das gemacht? Doch dann kam es uns so vor, als wolle der Herr sagen: „Ich prüfe dich darin.“ Gerade dann tauchten viele Sonderbelastungen auf. Wir dachten, jetzt tun sich die Fenster des Himmels auf. Aber es wurde ein schwieriges Frühjahr für uns.
Alle unsere vier Kinder und meine Frau haben im Februar und März Geburtstag – das ist teuer. Teenager brauchen gefühlt wöchentlich neue Kleider und Schuhe, ganz anders als die Kinder Israels damals. Unsere Tochter fuhr dann mit einem geliehenen Fahrzeug eine fette Beule – 500 Euro Schaden. Dann fiel einer Bekannten unser Laptop runter und war kaputt.
Wir sind jetzt zwanzig Jahre verheiratet, und irgendwann ist das Erstinventar einfach hin. In einer Woche gingen tatsächlich Backofen, Ceranfeld und Kaffeemaschine kaputt. Außerdem das Wohnzimmersofa, weil sich unser Großer darauf „gepflegelt“ hatte. Wir dachten: „Und jetzt?“
Dann haben wir unseren VW Bus verkauft und einen Golf gekauft. Bei der ersten Fahrt rammt mir jemand den Spiegel weg, an dem auch der Blinker dran war. Alles eine teure Sache, und derjenige wollte nicht gerade stehen. Kurz darauf bekamen wir mit diesem neu gekauften Auto eine Panne und lagen auf der Autobahn. Wir verstanden nichts mehr. Wir mussten abgeschleppt werden, Reparaturen und Kram folgten.
Dann sagte meine Frau: „Andreas, lass uns mal beten. Wir wären echt reif für eine Ermutigung, oder?“ Und am selben Tag kam ein Brief vom Finanzamt: „Wir werden Ihnen am 16.03. 1.234 Euro abbuchen.“ Da war uns gar nicht zum Lachen zumute. Stattdessen sind wir weinend auf die Knie gegangen und haben gesagt: „Wie soll das gehen?“
Aber es geht. Der Herr führt durch die Wüste, er hilft und hält sich an seine Verheißungen. Manchmal müssen wir drei Tage mit Hunger warten – oder auch länger. Das hat man nicht immer leicht. Gott sagt rückblickend auf die Wüstenreise: „Habt ihr nicht gemerkt, dass ich euch getragen habe wie ein Mann seinen Sohn? Den ganzen Weg. Habt ihr das nicht gemerkt? Und wenn ich euch mal darben ließ, dann hat euer Herr, euer Gott euch erzogen, wie ein Mann seinen Sohn erzieht.“
Das heißt in 5. Mose 1,31: „Der Herr, dein Gott, hat dich getragen wie ein Mann seinen Sohn trägt.“ Und in 5. Mose 8,5 steht: „Der Herr, dein Gott, hat dich erzogen, wie ein Mann seinen Sohn erzieht.“
Das Leben zwischen Wüste und Verheißung
Unser Leben ist zugleich Wüste und Kanaan. Wir verlagern das gelobte Land oft ins Jenseits, ergreifen die Verheißungen Gottes nicht und gehen nicht in die Ruhe ein. Stattdessen sind wir voller Unruhe und Sorgen.
Zum Schluss habe ich ein Beispiel mitgebracht, das meine Frau und mich sehr bewegt hat. Wir unterbrechen dafür für einen Moment den Werbeblock und sprechen über "Sehnsucht nach Heilung" von Joni Eriksson Tada. Das Buch klingt zunächst wie ein charismatisches Wunderheilungsbuch, ist aber genau das Gegenteil.
Joni schreibt in diesem Buch im Nachwort auf Seite 243, datiert auf den 24. Juni 2010 – das ist genau fünf Jahre her:
"Bei mir wurde vorige Woche Brustkrebs diagnostiziert. Joanie sitzt seit 40 Jahren im Rollstuhl. Die Testergebnisse liegen vor, die Operation soll kommenden Montag stattfinden. Ken und ich wissen nicht, in welchem Stadium der Krebs ist. Hat er sich schon in meinem Körper ausgebreitet? Wird mein querschnittsgelähmter Körper einem weiteren Angriff standhalten können? Ich habe so viele Fragen, aber eines weiß ich mit Gewissheit:
Psalm 62,6: Nur auf Gott vertraue still meine Seele, denn von ihm kommt meine Erwartung. Nur er ist mein Fels und meine Rettung, meine hohe Festung, ich werde nicht wanken."
Joni hat über die neuen Herausforderungen echten Frieden gefunden. Sie ist schon in die Ruhe eingegangen. Sie lebt mitten in der Wüste in Kanaan.
Meine Güte, ich habe mich durch vier Jahrzehnte Querschnittslähmung und Jahre voller Schmerzen gekämpft, um jetzt das Handtuch zu werfen? Vierzig Jahre – das passt bei Joni. Ich habe so viele beeindruckende Lektionen gelernt und werde diesen Brustkrebs nicht verschwenden oder umsonst sein lassen.
Ich glaube, dass Gott auch diese Krankheit gebrauchen kann, um mich zu formen und seine neue Welt voranzubringen. Niemand kann mir schaden.
Diese Frau lebt in Kanaan. Sie ist kein Stück zurückgeblieben. Und das wünsche ich auch uns allen: dass wir Gott beim Wort nehmen, das kostbare Land nicht verschmähen, auch wenn es voller Riesen ist und voller Probleme. Milch und Honig waren uns so versprochen.
Schlussappell: Die Verheißung festhalten
Ich möchte schließen mit Psalm 106, Vers 24:
„Sie verschmähten das kostbare Land und glaubten nicht seinem Wort.“
Lasst uns die Verheißung festhalten und nicht verschmähen, was Gott uns zudenkt. Auch wenn wir mitten in der Wüste sind, hält er sein Wort. Er wird uns an sein Ziel bringen. Darauf könnt ihr euch verlassen.
Amen.
