Guten Abend, ich möchte alle herzlich begrüßen. Wir befinden uns in Titus 1 und lesen Vers 10.
Beim letzten Mal haben wir bereits einige Verse aus dem Abschnitt 10 bis 16 betrachtet, aber nicht alle. Deshalb schauen wir uns heute noch einmal Vers 10 an und gehen anschließend weiter zu Kapitel 2.
Darf ich bitten?
Denn es gibt viele Aufsässige, hohle Schwätzer und Betrüger, besonders unter denen aus der Beschneidung. Ihnen muss man den Mund stopfen. Sie kehren ganze Häuser um, indem sie aus schändlichem Gewinnswillen lehren, was sich nicht gehört.
Einer von ihnen, ihr eigener Prophet, hat gesagt: „Kreter sind immer Lügner, böse, wilde Tiere, faule Bäuche.“ Dieses Zeugnis ist wahr. Deshalb weise sie streng zurecht, damit sie im Glauben gesund bleiben und nicht auf jüdische Fabeln und Gebote von Menschen achten, die sich von der Wahrheit abwenden.
Den Reinen ist alles rein, den Befleckten und Ungläubigen aber ist nichts rein. Vielmehr sind sowohl ihre Gesinnung als auch ihr Gewissen befleckt. Sie geben vor, Gott zu kennen, verleugnen ihn aber in ihren Werken. Sie sind abscheulich, ungehorsam und zu jedem guten Werk unbrauchbar.
Wir haben beim letzten Mal die Verse 5 bis 9 betrachtet, in denen es um achtzehn Kennzeichen geht, die einen Ältesten charakterisieren sollen. Bei den letzten Punkten geht es um das zuverlässige Festhalten an der Lehre.
Das griechische Wort „dechomai“ bedeutet festhalten, sich mit etwas befassen, auf etwas bestehen, beharren, danach trachten und auch gefühlsmäßig daran hängen, sich anhängen. Das zeigt, dass es ein sehr großes Anliegen sein muss, an der Lehre festzuhalten.
Das Ziel dabei ist, dass der Älteste fähig ist, sowohl mit der gesunden Lehre zu ermahnen als auch die Widersprechenden zu überführen. Es gibt zwei Arten von Hilfe und Leistung mit dem Wort: Das erste ist das Ermahnen. Das griechische Wort „pakaleo“ bedeutet ermahnen, beinhaltet aber auch den Nebengedanken, zu ermutigen. Es heißt also, nicht nur vor dem falschen Weg zu warnen, sondern Mut zu machen, den richtigen Weg zu gehen.
Diese Ermahnung muss mit der gesunden Lehre geschehen. Das haben wir beim letzten Mal gesehen: Die gesunde Lehre ist die Voraussetzung für ein gesundes Glaubensleben. Es gibt krankes Glaubensleben, aber das resultiert aus kranker Lehre. Irgendwo ist etwas faul in der Lehre, und das macht das Glaubensleben krank. Die gesunde Lehre hingegen macht auch gesund.
Mit dieser gesunden Lehre muss der Älteste ermahnen, im Sinne von ermutigen. Dann gibt es eine schwierigere Gruppe: die Widersprechenden. Diese muss er mit dem Wort überführen. Das bedeutet nicht einfach zu behaupten: „So ist es, das haben wir schon immer so gemacht, und das war sowieso unsere Gemeindetradition seit 1868 zum Beispiel.“ Stattdessen muss er zeigen: „Das Wort sagt es hier, dort und dort, und diese Stelle stimmt damit überein und drückt es so und so aus.“
Es geht darum, wirklich zu überführen, damit die Augen geöffnet werden.
Und jetzt sehen wir, dass Vers 10 eigentlich genau an dieses Thema anknüpft. Der Apostel sagt, es gibt viele Zügellose, das heißt auch Rebellische, Schwätzer und Betrüger. Also gibt es wirklich Leute, die für die Gemeinde eine große Gefahr darstellen.
Dieses Wort war damals hochaktuell und ist es heute umso mehr, wenn man bedenkt, was sich alles im Internet tummelt. Dort finden wir massenhaft gerade diese vielen rebellischen Schwätzer und Betrüger.
Paulus sagt besonders von denen aus der Beschneidung. Gerade auf Kreta gab es viele mit einem jüdischen Hintergrund, die versuchten, nichtjüdische Gläubige unter das Gesetz zu bringen und ins Judentum hineinzuführen. Sie erkannten den Unterschied zwischen Israel und der Gemeinde nicht an, sondern vermischten beides.
Dann fügt der Apostel hinzu, dass man ihnen den Mund stopfen muss. Das ist überraschend scharf formuliert. Diese Härte ergibt sich aus dem, was folgt: „die ganze Häuser“. Das ist im Neuen Testament immer wieder der Ausdruck für Familien – ein Haus, eine Familie.
Das griechische Wort bedeutet umkehren oder auch zerstören. So ist es auch gemeint: Ganze Familien können durch falsche Lehren hineingezogen werden. Dadurch wird der Glaube beschädigt, zerstört oder umgekehrt.
Dann sehen wir, dass sie „indem sie schändlichen Gewinnes wegen lehren, was sich nicht geziemt“. Hier spielt sogar das Thema Geld eine üble Rolle, und das ist auch heute noch aktuell. Man versucht, aus dem, was eigentlich geistlich sein sollte, aus dem Wort Profit zu schlagen.
Daher ist Vorsicht geboten, wenn man merkt, dass es um Geld geht und den Leuten Geld aus der Tasche gezogen werden soll. „Schändlichen Gewinnes wegen lehren, was sich nicht geziemt“ bedeutet, dass hier ungeziemende Lehre betrieben wird. Diese steht im Gegensatz zu gesunder Lehre.
Und dann haben wir letztes Mal schon Vers zwölf durchgenommen und gesehen, dass einer von ihnen ihr eigener Prophet war. Das war Epimenides, ein Kreter, der um sechshundert vor Christus lebte. Er wurde damals als Prophet auf der Insel Kreta angesehen.
Epimenides hat gesagt, und darauf folgt eben dieses Gedicht, das ich letztes Mal vorgelesen habe. Auf Griechisch ist das ein Gedicht, und der Rhythmus ist so: „Kreter sind immer Lügner, böse, wilde Tiere, faule Bäuche.“ Diese Irrlehre war also noch gekennzeichnet von diesem Volkscharakter, den ein Kreter selbst so umschrieben hat.
Ich habe letztes Mal auch darauf hingewiesen, dass diverse weitere antike Schriftsteller ähnlich über die Kreter schreiben. Es gibt also einen Volkscharakter. Das bedeutet nicht, dass alle so sind, aber viele sind von diesem Volkscharakter geprägt. Das hängt zusammen mit der Erziehung und dem, was gerade in der Gesellschaft, in der man lebt, als Mode gilt. So kann ein Volkscharakter geprägt und erzeugt werden.
Er sagt also, dieses Zeugnis ist wahr – das haben wir letztes Mal noch behandelt.
Jetzt folgt aus dieser Feststellung: Kreter sind also schwierig. Titus hat den Auftrag, gemäß 1. Vers 5, auf Kreta in den verschiedenen Gemeinden Älteste einzusetzen. Das geschieht im Auftrag des Apostels. Diese Ältesten sollen der gesunden Lehre anhängen und eine Hilfe sein, um den Betrügern und Schwätzern entgegenzutreten.
Da heißt es: „Dieses Zeugnis ist wahr.“ Also der Volkscharakter – immer Lügner, böser als die Tiere, faule Bäuche – stimmt. Aus diesem Grund sollen sie streng zurechtgewiesen werden.
Wer ist hier mit „sie“ gemeint? Es geht immer noch um diese Betrüger, zügellosen Schwätzer und Betrüger. Und da sagt er: „Aus diesem Grund weise sie streng zurecht.“
Jetzt sieht man plötzlich, dass in dieser ganzen Schärfe große Gnade enthalten ist. Die Gnade soll bewirken, dass sie gesund im Glauben werden und nicht achten usw.
Das Ziel ist also nicht, diese Leute einfach an die Wand zu fahren. Ganz klar soll ihren falschen Lehren entgegengetreten werden. Aber das Ziel ist, dass sie gewonnen werden, die gesunde Lehre annehmen und selbst gesund werden.
Es ist schön zu sehen, dass einerseits diese Schärfe vorhanden ist, die einen im ersten Moment erschrecken kann. Doch das ist ein Schutz der Gläubigen, denn diese Leute zerstören die Herde. Trotzdem gibt es die Gnade, dass auch solche überführt werden und umkehren können, damit sie gesund im Glauben sind.
Aber genau, wie schlimm solche Schwätzer und Betrüger sein können, zeigt uns eine Stelle in der Apostelgeschichte 20. Dort spricht der Apostel zu den Ältesten von Ephesus. In seiner Abschiedsrede prophezeit er, was noch auf die Gemeinde von Ephesus zukommen würde.
Ich bitte Benjamin, die Verse 29 und 30 zu lesen: „Ich weiß, dass nach meinem Abschied grausame Wölfe zu euch hereinkommen werden, die die Herde nicht verschonen. Und aus eurer eigenen Mitte werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger abzuziehen hinter sich her.“
Man sieht hier deutlich, dass Gefahren sowohl von außen als auch von innen drohen. Es ist möglich, dass Leute von außen in die Gemeinde kommen, die in Wirklichkeit reißende Wölfe sind. Gleichzeitig gibt es solche, die aus der Gemeinde selbst plötzlich einen anderen Kurs einschlagen und einen anderen Weg gehen. Diese werden zu Verführern, und aus der eigenen Mitte werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger hinter sich herzuziehen.
Wenn so etwas geschieht – von außen und von innen – dann ist die ganze Gemeinde wirklich in Gefahr. Das erklärt die Schärfe der Worte. Wenn man solchen Leuten eine Plattform bietet, zerstören sie alles. Deshalb müssen sie gestoppt werden.
Doch es gibt auch die Gnade. Es besteht die Möglichkeit, umzukehren und sich nach dem Wort korrigieren zu lassen.
Und darum Vers 13: Damit sie gesund seien im Glauben. Und weiter: Und nicht achten auf jüdische Fabeln und Gebote von Menschen, die sie von der Wahrheit abwenden.
Was ist wohl gemeint mit diesen Fabeln? Die Haggadah? Ja, das ist so ein Insider-Ausdruck aus dem Judentum.
Was ist die Haggadah? Das sind Geschichten oder Mythen, die von Juden hineingeschrieben wurden. Diese sind nicht verbindlich, sondern einfach Fabeln oder Mythen. Das Wort Haggadah bedeutet Erzählung oder Märchen.
Ich habe das einmal ziemlich krass erlebt: Ich hatte einen Vortrag über Jerusalem in Aachen. Das ist eine Stadt, in der es sehr viele palästinensische Studenten gibt. Eine ganze Gruppe marschierte zum Vortrag und störte währenddessen. Nach dem Vortrag kamen sie nach vorne, und ich musste wirklich immer darauf achten, dass ich niemanden im Rücken hatte. Es war nicht angenehm.
Einer von ihnen sagte zu mir: „Was du sagst, ist Agatha!“ Damit meinte er: „Was du sagst, ist ein Märchen.“ Dabei benutzte er quasi das jüdische Wort für Märchen, Haggadah.
Das Wort bedeutet also Geschichte oder Märchen, aber im Judentum hat es eine besondere Bedeutung. In der rabbinischen Überlieferung, im Talmud, wird unterschieden zwischen Haggadah und Halacha.
Die Halacha sind die Gesetzesumschreibungen der Rabbiner, die verbindlich sind für alle orthodoxen Juden. Bei der Halacha kann man nicht mehr diskutieren. Man muss sie genau so befolgen, zum Beispiel den Sabbat so einhalten und bestimmte Regeln beachten.
Die Haggadah dagegen sind Abschnitte im Talmud, in denen Rabbiner phantasieren und spekulieren, oft auch über Prophetie. Diese Spekulationen sind nicht wirklich ernst zu nehmen oder zumindest nicht verbindlich.
Genau das meint der Apostel hier mit „jüdische Fabeln“ – die Haggadah. Im Griechischen steht dort „Mythos“. Das hat nichts zu tun mit den Fabeln von La Fontaine, zum Beispiel über die Grille, die den ganzen Sommer nur gezirpt hat, oder über den Fuchs und den Raben. Diese sind schöne, bildliche Geschichten, in denen Tiere sprechen können.
Das griechische Wort „Mythos“ meint jedoch religiöse Phantasterei. Hier bezieht es sich speziell auf die Haggadah. Das geht zum Beispiel auch in das Gebiet der Kabbala.
Kann jemand kurz erklären, was die Kabbala ist? Es ist ein Zahlengeheimnis, ein Erkenntnisspiel, das die Juden weiterentwickelt haben.
Die Kabbala gehört nicht zur Halacha, also nicht zur orthodoxen Gesetzeslehre, sondern ist Spekulation mit Zahlen. Im Hebräischen werden Buchstaben gleichzeitig als Zahlen verwendet. So kann man für jedes Wort den Zahlenwert errechnen, indem man die Zahlenwerte der einzelnen Buchstaben zusammenzählt.
Mit diesen Zahlenwerten wird spekuliert. Wörter mit dem gleichen Zahlenwert, auch wenn sie etwas ganz anderes bedeuten, werden miteinander in Beziehung gesetzt. So wird die Bibel ausgelegt.
Dabei geht es nicht mehr um den Sinn oder den Kontext des Textes, sondern um Zahlenspekulationen. Das Ganze geht jedoch weit darüber hinaus, bis in die wirkliche Mystik hinein.
Kabbalistische Rabbiner haben Visionen. Man könnte sagen, es sind richtige Charismatiker. Es geht bis in die schwarze Magie hinein. Das ist ein schreckliches System.
Gerade im Internet gibt es viele, die diese Lehren schmackhaft machen wollen. Man muss ganz klar sein: Das ist eine sehr üble und finstere Sache.
Es beginnt scheinbar harmlos mit Zahlenspekulationen, aber es geht immer weiter und tiefer in eine dunkle Mystik, in der der Kontakt mit der Geisterwelt gesucht wird.
Davor warnt der Apostel: Man soll nicht achten auf jüdische Fabeln und Gebote von Menschen. Mit den Geboten von Menschen meint er die Halacha, dort, wo das Gebot Gottes durch menschliche Erfindungen überhöht wird.
Und wie eindrucksvoll das sein kann, sieht man schon an einem Beispiel. Am Passahfest darf man keinen Sauerteig essen, sondern nur ungesäuerte Matzen. Bevor das Passahfest beginnt, muss man alle Sauerteigreste im Haus zusammenwischen. Das ist übrigens einmal im Jahr eine richtige Frühlingsreinigung.
Es dürfen keine Reste von irgendwelchen Brotkrümeln mehr in der Bibliothek oder an anderen Orten sein, wo sie nicht hingehören – alles wird gründlich gesäubert. Das hatte für Israel auch einen praktischen Gesundheitsaspekt, denn solche Überreste ziehen Mäuse und Ratten an. Diese Tiere bringen begleitend Bakterien mit, die zum Beispiel Pest verursachen konnten. Deshalb hatte Israel mit dieser Hygiene immer einen Vorteil gegenüber anderen Völkern.
Also wurde zum Passah alles zusammengeputzt, und der Sauerteig verbrannt. Nun haben sich Rabbiner überlegt: Das Wasser in Jerusalem wird ja vom See Genezareth hergebracht – heute allerdings nicht mehr. Heute nutzt man Entsalzungsanlagen und verwendet das Wasser des Mittelmeers als Trinkwasser. Israel ist in diesem Bereich sehr führend, wie man aus Salzwasser Trinkwasser machen kann.
Ich spreche aber noch von der Zeit, als das Wasser vom See Genezareth kam. Da hat ein Rabbiner gesagt: Jetzt haben wir ein Problem. Es gibt Leute, die im See Genezareth fischen, obwohl es verboten ist. Also, wenn man Petrusfisch isst, der angeblich vom See Genezareth stammt, kommt er oft von anderswo her, da man Zuchtanlagen hat. Im See Genezareth ist das Fischen verboten, aber manche machen es trotzdem. Und es gibt Leute, die fischen mit Brot an der Angel – und das Brot enthält Sauerteig.
Das erinnert an Homöopathie, wo man sagt: Es ist so stark verdünnt, dass garantiert kein Atom mehr vom Ausgangsstoff enthalten ist. Trotzdem wird abergläubisch behauptet, das habe die größte Potenz, weil die geistige Kraft der Pflanze durch die Potenz erhöht worden sei.
Das Wasser aus dem See Genezareth könnte also durch diese Sauerteig-besetzten Brote beeinflusst sein. Man könnte die Potenzen berechnen, was das ausmacht, wenn ein paar Leute mit Sauerteigbrot fischen. Das geht nicht. Deshalb muss man verbieten, dass in Jerusalem während der Passahwoche Wasser aus dem Hahn getrunken wird.
Das haben aber nicht alle akzeptiert. Ein Rabbi konnte das für seine Gemeinde durchsetzen. Man sieht, es geht immer weiter, immer weiter. Es hört nicht mehr auf. Das sind Gebote von Menschen, und das ist eine furchtbare Last.
Im Kolosserbrief haben wir ein ähnliches Problem: Ehrlehrer hatten die Gemeinde besucht, die von Epaphras gegründet worden war. Diese wollten eine Mischung aus Mystik, also eine Art Charismatik, verbunden mit jüdischen rabbinischen Gesetzen, in der Gemeinde einführen. Das ist auf jeden Fall sehr verwandt.
Das führt in eine solche Gefangenschaft, dass man sich kaum vorstellen kann, wie schwer das Joch für Orthodoxe ist, die wirklich nach diesen Gesetzen leben. Es beeinflusst jeden Aspekt ihres Lebens.
Darum ist es so eindrücklich zu lesen, wie Petrus in 1. Petrus 1,18 schreibt: „Denn ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichen Dingen, mit Silber oder Gold, erlöst worden seid von eurem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel, sondern mit dem kostbaren Blut Christi, als eines Lammes ohne Fehler und ohne Flecken.“
Hier geht es um Erlösung durch das Blut des Herrn Jesus. Viele überlesen jedoch, was da wirklich steht. Wir können dem nachgehen: Was hat das Blut Christi alles bewirkt?
Wir könnten Stellen aufschlagen, die zeigen, dass wir durch das Blut Christi von unseren Sünden abgewaschen worden sind (Offenbarung 1,5), dass wir dadurch gerechtfertigt worden sind – Gott hat uns gerecht gesprochen durch das Blut Christi (Römer 5). Das bedeutet vollkommen gerecht, alle Sünden sind weg – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Gott sieht uns in Christus vollkommen. Das ist unsere Stellung durch den Glauben, unabhängig von unserem täglichen Leben.
Wir könnten weitere Stellen lesen, die zeigen, was das Blut Christi alles bewirkt hat. Aber hier geht es nicht um die Vergebung von Sünden, sondern darum, wovon wir befreit sind.
Was ist dieser Wandel? Ich habe noch gar nicht erklärt, was eigentlich „Halacha“ bedeutet. Das kommt vom hebräischen Verb „halach“ – gehen oder wandeln. Zum Beispiel heißt es in Psalm 1: „Glückselig der Mann, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen“ (Psalm 1,1).
Die Halacha ist also die rabbinische Bestimmung, wie man das Leben führen und wandeln soll. Sie ist sehr einengend, ein unerträgliches Joch.
Hier sagt Petrus, wir sind erlöst worden. Er schreibt an Juden in der Zerstreuung – das heißt Diaspora, der Fachausdruck für Juden, die im Ausland leben. Diesen Diasporajuden sagt er: Wir sind nicht durch Silber oder Gold erlöst worden, sondern mit dem kostbaren Blut Christi von vorgeschriebener ritueller Waschung.
Man wäscht nicht einfach so unter dem Hahn, sondern nimmt mit einer Hand Wasser, begießt diese Hand und dann mit der anderen Hand die andere Hand, um die Hände rituell zu reinigen. Wo steht das in der Bibel? Nirgends.
Das war eine Weiterführung. Gott hat zwar die Ritualbäder zur Reinigung vorgeschrieben (3. Mose 15), aber die zusätzlichen Vorschriften mit diesen rituellen Waschungen hat Gott nicht vorgeschrieben.
Die Rabbiner sagten dann: Warum macht ihr das nicht? Ihr wascht die Hände nicht, wenn ihr Brot esst. Darauf antwortet der Herr: „Warum übertretet ihr das Gebot Gottes um eurer Überlieferung willen?“ Er bringt ein Beispiel, das man im Talmud tatsächlich findet, im Traktat Nedarim, genau das, was hier beschrieben wird.
Der Herr sagt: Gott hat geboten, Vater und Mutter zu ehren. Gott will, dass man die Eltern ehrt. Das bedeutet auch, dass man zum Beispiel eine Unterstützungspflicht für die Eltern im Alter hat und zu ihnen steht.
Dann sagt er weiter: „Wer Vater und Mutter schmäht, soll des Todes sterben.“ Er zeigt, wie schrecklich es ist, wenn man Eltern verachtet.
Der Herr sagt aber: „Ihr aber sagt: Wer irgend zum Vater oder zur Mutter spricht, eine Opfergabe sei das, was irgend dir von mir zu Nutze kommen könnte.“ Das ist eine Verzichtsklausel. Damit konnte man eine bestimmte Geldsumme durch diesen Schwur sichern, die man auf keinen Fall für die Eltern einsetzen durfte.
Wenn man das so liest, hat man den Eindruck: Eine Opfergabe sei das, was jemand von mir zu Nutze kommen könnte. Man könnte also irgendeinen Geldbetrag so schützen, und der ist nur für den Tempel eine Opfergabe.
Die Rabbiner erklärten jedoch, man könne das so sagen mit dieser Formel, und dann dürfe man das Geld nicht mehr für die Eltern verwenden, nur für sich selbst. Das ist übel.
Der Herr sagt, das ist so verdreht, und dadurch wird das Gebot Gottes, die Eltern zu ehren – und ehren kann auch bedeuten unterstützen – aufgehoben mit einem frommen Spruch. So übel ist das.
Darum sagt der Herr, er macht das Gebot Gottes ungültig (Vers 6) und nennt sie Heuchler. Er weist darauf hin, dass Jesaja das vorausgesagt hat.
In Vers 8 zitiert er Jesaja 29,13: „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir. Vergeblich aber verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren.“
Das zeigt, wie der Herr diese Menschengebote ablehnte.
Dann führte er weiter aus. Ab Vers 10 lesen wir: „Und er rief die Volksmenge herbei und sprach zu ihnen: Hört und versteht! Nicht das, was in den Mund hineingeht, verunreinigt den Menschen, sondern das, was aus dem Mund herausgeht, das verunreinigt den Menschen.“
Und dann lesen wir noch weiter, um es etwas kürzer zu machen. Ab Vers 16: „Er aber sprach: Seid ihr auch noch unverständlich? Begreift ihr nicht, dass alles, was in den Mund hineingeht, in den Bauch geht und in den Abort ausgeworfen wird? Was aber aus dem Mund herausgeht, kommt aus dem Herzen hervor, und das verunreinigt den Menschen. Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsche Zeugnisse, Lästerungen. Diese Dinge sind es, die den Menschen verunreinigen, aber mit ungewaschenen Händen zu essen, verunreinigt den Menschen nicht.“
Der Herr macht also klar, dass die Jünger sich in keinem Gebot der Bibel schuldig gemacht haben, weil sie eben nicht diese rituelle Handwaschung vor dem Essen durchführten.
Für die Rabbiner, die Pharisäer und Schriftgelehrten war das jedoch sehr wichtig. Der Herr sagt: Nein, das ist nur eine äußere Verunreinigung, die vielleicht noch an den Händen war. Das Schlimme ist die geistliche Verunreinigung.
Dann zeigt er, was aus dem Herzen kommt – diese bösen Gedanken, die er in einer ganzen Serie aufzählt. Das ist schrecklich und macht den Menschen wirklich unrein.
Jetzt sehen wir eine Brücke zu Titus 1. Es wird klar, warum er dort über rein und unrein spricht. Er sagt: „Den Reinen ist alles rein.“ (Titus 1,15). Vers 15: „Den Reinen ist alles rein, dem Befleckten aber und Ungläubigen ist nichts rein, sondern befleckt sind sowohl ihre Gesinnung als auch ihr Gewissen.“
Die Rabbiner erklärten gewisse natürliche Dinge als unrein, obwohl sie eigentlich rein waren. Er macht klar, dass für die Erlösten, die wissen, dass sie von all diesen Menschengeboten befreit sind, nichts unrein ist. Sie konnten ihr Essen so genießen.
Wenn wir darüber nachdenken, dass natürliche Dinge als unrein angesehen werden können, gerade auch beim Essen: Gott hat für Israel bestimmte Speisegebote gegeben (3. Mose 11), was koscher ist und was nicht. Aber diese Gebote hat er nicht für die Gemeinde gegeben.
Darum sagt 1. Timotheus 4. Ich möchte kurz aufschlagen. Lies ab Vers 1: „Der Geist aber sagt ausdrücklich, dass in späteren Zeiten manche vom Glauben abfallen werden, indem sie auf betrügerische Geister und Lehren von Dämonen achten. Durch die Heuchelei von Lügenrednern, die in ihrem eigenen Gewissen gebrandmarkt sind, die verbieten, zu heiraten, und gebieten, sich von Speisen zu enthalten, die Gott geschaffen hat zur Annahme mit Danksagung für die, welche glauben und die Wahrheit erkennen. Denn jedes Geschöpf Gottes ist gut und nichts Verwerfliches, wenn es mit Danksagung genommen wird, denn es wird geheiligt durch Gottes Wort und durch Gebet.“
Hier sagt Paulus voraus, dass so etwas in die Christenheit hineinkommen wird. Er sagt nicht in der Endzeit, sondern in „späteren Zeiten“ (griechisch: in den hinterliegenden Zeiten).
Tatsächlich kamen diese Gebote von Askese, das Verbot zu heiraten und das Gebot, sich von Speisen zu enthalten, ab dem zweiten oder dritten Jahrhundert in die Christenheit hinein.
Der Apostel Paulus nennt das Lehren von Dämonen.
Was haben sie gemacht? Sie verbieten zu heiraten. Wer hat die Ehe erfunden? Gott. Er hat sie als Segen in der Schöpfung gegeben.
Zu sagen, die Ehe sei minderwertig oder etwas Unsauberes, ist falsch. Ebenso das Verbot, bestimmte Speisen zu essen.
Warum soll man am Freitag kein Fleisch essen? Fleisch kann man essen. Man muss nicht jeden Tag Fleisch essen, es wird sowieso zu viel gegessen, aber man kann essen, wann man will. Es gibt keine Einschränkung.
Doch diese Dinge, die eigentlich rein sind und von Gott gegeben wurden, wie in 1. Mose 9, wo Gott nach der Sintflut den Menschen erlaubte, auch Fleisch zu essen – diese Gaben Gottes werden als unrein oder minderwertig bezeichnet.
So sagt Paulus: „Den Reinen ist alles rein, den Befleckten aber ist nichts rein.“ Damit meint er diese Irrlehre. Er nennt sie Ungläubige, weil sie nicht das wahre Wort Gottes glauben.
In 1. Timotheus 4 heißt es, dass in späteren Zeiten Menschen vom Glauben abfallen – vom Glauben mit bestimmtem Artikel, das heißt vom Glaubensgut der Bibel.
Sie sind nicht vom christlichen Bekenntnis abgefallen, aber vom Glaubensgut.
Deshalb nennt Paulus sie Befleckte und Ungläubige. Ihnen ist nichts rein. Das hängt mit ihrem falschen Denken zusammen.
Befleckt sind sowohl ihre Gesinnung – das griechische Wort bedeutet Verstand, Wünsche, Pläne, die unrein sind – als auch ihr Gewissen, also ihr natürliches Empfinden für Recht und Unrecht, das völlig verdreht ist und nicht nach der Bibel ausgerichtet.
Dann wird es sehr hart. In Vers 16 heißt es: „Sie geben vor, Gott zu kennen, aber in ihren Werken verleugnen sie ihn. Sie sind abscheulich, ungehorsam dem Wort Gottes gegenüber und unbewährt zu jedem guten Werk.“
Gute Werke, wie Gott sie möchte, wie wir leben sollen, sind hier gemeint.
Im Titusbrief werden wir insgesamt fünf Stellen anschauen, die sich mit guten Werken beschäftigen.
Bis dahin – noch Fragen?
Ja, fangen wir mal damit an. Du hast Modell 15 erlernt. Die Aufzählung im Vers 19, also die Sünden, die aus dem Herzen kommen. Genau. Dabei darf man nicht immer die einzelnen Dinge in der Aufzählung gleichsetzen. Zum Beispiel: Wird ein böser Gedanke gleichgesetzt mit Hurerei, was die Schwere oder die Sünde betrifft?
Hier geht es um schlechte Gedanken, wie in Vers 21 beschrieben: „Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, gehen hervor die schlechten Gedanken: Hurerei, Dieberei, Mord, Ehebruch, Habsucht, Bosheit, List, Ausschweifung, böses Auge, Lästerung, Hochmut, Torheit.“ Das bedeutet, dass schlechte Gedanken auch Sünden sind.
Der weltliche Spruch „Die Gedanken sind frei“ gilt nicht aus biblischer Sicht. Gedanken sind nicht frei, denn auch in Gedanken können wir sündigen. Aber der Punkt ist: Gedanken können auch zur Tat werden. Hurerei bezeichnet in der Bibel jeglichen Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe. Das kann als Gedankensünde geschehen, aber wenn es in die Tat umgesetzt wird, ist es noch viel schlimmer.
Man kann das auch daran festmachen, dass im Alten Testament diese Dinge als Sünden gebrandmarkt werden. Es gab bestimmte Sünden, für die nach dem Gesetz die Todesstrafe bestand. Zum Beispiel stand vollzogener Ehebruch unter Todesstrafe, ebenso Mord, also die illegale Tötung eines Menschen. Der bloße Gedanke reichte jedoch nicht für eine Todesstrafe.
Natürlich ist jede Sünde Sünde, aber man kann nicht alles auf die gleiche Ebene stellen. Darum macht das Wort Gottes auch Unterschiede. Auch unter dem Gesetz waren die Strafen für Sünden unterschiedlich. Alle Sünden führen uns vor das ewige Gericht Gottes, aber nicht alle Sünden sind vor Gott gleich schwer. Gott macht den Unterschied, und wenn man das nicht tut, ist das gefährlich.
Manche denken, das sei sehr fromm, und sagen: „Im Prinzip hat doch jeder schon mal gelogen, warum macht man dann so ein großes Ding daraus, wenn eine Ehe gebrochen wird? Ist das nicht alles auf der gleichen Stufe?“ Nein, ist es nicht.
Darum gibt es im Neuen Testament, nach 1. Korinther 5, bestimmte Sünden, die einen Gemeindeausschluss, also Gemeindezucht, erfordern – aber nicht jede Sünde. Zum Beispiel erfordert Unzucht in Gedanken keinen Gemeindeausschluss. Es ist zwar ganz schlimm und muss unbedingt radikal vom Herrn geordnet und abgeschnitten werden. Alle Brücken müssen dabei abgeschnitten werden, ganz klar.
Wenn aber die Sünde in die Tat umgesetzt wird, muss die Gemeinde Gemeindezucht üben, wie es in 1. Korinther 5 beschrieben ist. Deshalb kann man nicht einfach alles auf die gleiche Stufe stellen. Hier geht es um Gedankensünden. Es fängt ja alles in Gedanken an, bevor es in die Tat umgesetzt wird.
Jetzt kann jemand mit einem feinen Gewissen leicht in eine Krise geraten. Denn nachdem wir das so besprochen haben, möchte ich dazu nicht mehr viel sagen. Morgen könnte ein schlechter Gedanke kommen, und dann hat man das Gefühl, ständig nur zu sündigen. Weil das Gewissen fein ist, bekennt man das natürlich dem Herrn. Es gibt Menschen, die dadurch in eine regelrechte depressive Krise geraten sind.
Hier hilft Jakobus 1, besonders die Verse 13 bis 15: „Niemand sage, wenn er versucht wird: Ich werde von Gott versucht. Denn Gott kann nicht vom Bösen versucht werden, und er selbst versucht niemand. Jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird. Danach, wenn die Begierde empfangen hat, bringt sie Sünde hervor. Die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.“
Wer sagt, dass wir in Versuchung geraten, um eine Sünde zu tun, der irrt sich. Das kommt niemals von Gott. Gott verleitet uns nicht zur Sünde. Er kann uns prüfen, so wie er Abraham geprüft hat. Aber das geschah nicht, um ihn zur Sünde zu verleiten, sondern um zu zeigen, wie treu, stark und echt sein Glaube war.
Hier wird gesagt: Jeder wird versucht, im Sinne von Verlockung zum Bösen, durch seine eigene Begierde. Woher kommt das? Dass dieser Hang zum Sündigen auch nach der Bekehrung nicht aufhört. Römer 7 erklärt, dass der Wiedergeborene immer noch das Fleisch in sich hat. Das Fleisch ist hier nicht der Körper, sondern eine Umschreibung für die böse Natur, die wir in uns tragen. Diese haben wir von Adam geerbt, seit dem Sündenfall. Sie wird von Generation zu Generation durch den Vater weitergegeben. Es wird klargemacht, dass es durch Adam in die Welt kam und so weiterging.
Auch nach der Bekehrung haben wir diese sündige Natur in uns, die man das Fleisch nennt. Sie heißt so, weil diese sündige Natur nichts aus sich selbst tun kann. Sie braucht unser Gehirn, um schlechte Gedanken durch die Neuronen zu leiten. Sie braucht unsere Hände zum Stehlen, unsere Füße, um an den falschen Ort zu gehen usw. Die sündige Natur will also unseren Körper missbrauchen, deshalb heißt sie einfach das Fleisch.
Diese sündige Natur macht sich bei allen Gläubigen jeden Tag bemerkbar, auch bei der Wiedergeburt. Aber wir sind ihr nicht ausgeliefert, denn es steht Folgendes geschrieben: „Wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde.“ Das ist die konkrete schuldige Tat, sei es im Gedanken oder ausgeführt.
Wir sehen hier zwei Generationen: Die Begierde, das böse Verlangen, ist nicht dasselbe wie die Sünde. Bildlich gesprochen ist die Begierde eine Frau, die empfängt. Ab der Empfängnis gibt es eine Entwicklung, eine Schwangerschaft, und dann die Geburt. Diese Begierde bringt dann die Sünde, die sündige Tat, auf die Welt.
Die Sünde selbst, wenn sie vollendet ist – auch sie wird bildlich als Frau dargestellt – wird schwanger, vollendet die Ausreifung und gebiert den Tod. Der Lohn der Sünde ist der Tod (Römer 6,23). So haben wir drei Generationen: Die Großmutter ist die Begierde, die Mutter die Sünde und der Enkel der Tod.
Das ist eine große Hilfe für Gläubige, die in eine solche Situation geraten sind und denken: „Ich sündige ja ständig.“ Das Problem ist, wenn man in der Seelsorge darüber spricht, sage ich oft: Wenn du versuchst, diese Gedanken zu verdrängen, werden sie nur stärker.
Warum ist das so? Weil das bei jedem Menschen normal ist. Wenn man Gedanken verdrängt, können sie stärker werden. Der Punkt ist also: Die Begierde selbst ist noch nicht die Sünde. Wenn böse Dinge in unserem Kopf aufkommen, haben wir noch nicht gesündigt.
Die Frage ist, was wir damit machen. Wenn man daran Gefallen findet, sich damit beschäftigt und es will, dann wird daraus Sünde. Zuerst Gedankensünde und noch schlimmer, wenn es zur Tat wird. Aber es ist klar: Begierde und Sünde sind nicht dasselbe.
Darum sagt auch Titus 2 – darauf werden wir noch eingehen –, dass wir die weltlichen Lüste verleugnen sollen. Was heißt verleugnen? Wenn ich am Bahnhof in Zürich bin und dort eine große Menschenmenge, und jemand, der mich kennt, tut so, als kenne er mich nicht, um keine Begegnung zu haben, dann verleugnet er mich.
Verleugnen bedeutet also, überhaupt nicht darauf einzugehen. Genau das meint Titus 2, wenn es darum geht, die weltlichen Lüste zu verleugnen. Das heißt, wir sollen auf diese Gedanken gar nicht eingehen. Aber auch nicht krampfhaft versuchen, sie zu verdrängen – das macht sie nur stärker.
Stattdessen sollen wir einfach nicht darauf eingehen und uns mit dem Herrn beschäftigen, mit dem Wort Gottes oder mit etwas anderem, das gut ist. Denn alles, was Gott uns gegeben hat, ist rein: schöne Musik, die Freude an der Natur – das ist etwas Reines.
Das hilft, dass es nicht zur Gedankensünde kommt. Jakobus 1,12 sagt dazu: „Glückselig ist der Mann, der die Versuchung erduldet.“ Die Versuchung kommt, wir müssen sie erdulden, irgendwie ertragen, aber wir müssen ihr nicht unseren Willen geben.
Paulus spricht in Epheser 6 auch vom bösen Tag. Dort geht es zwar um den Angriff Satans von außen, aber Satan hat in uns einen Bundesgenossen: diese sündige Natur. Es ist ein Zusammenwirken.
Paulus nennt es den bösen Tag. Es gibt Tage in unserem Leben, die besonders schwierig und böse sind. An solchen Tagen hat der Feind eine besondere Strategie, um uns in eine Falle zu locken. Man kann sich das bildlich vorstellen wie Hamas und ihr Tunnelsystem, mit dem sie ständig versuchen, israelische Bodentruppen in Fallen zu locken, um sie zu töten.
So sorgt der Feind an bestimmten Tagen besonders dafür, uns im Gedanken anzugreifen. Da brauchen wir die Gnade des Herrn, um das, was von uns kommt, zu verleugnen. In Epheser 6 heißt es, wir müssen dem Feind widerstehen mit dem Wort Gottes und uns auf das berufen, was das Wort Gottes uns sagt.
Ja, gehen wir zurück zu Timna. Das war alles wegen deiner Frage. Das wäre gar nicht das Thema gewesen. Ja klar, du hast ja vorher oder gleichzeitig gefragt. Wir haben sechs Minuten.
Die zweite Frage betrifft das Menschengebot: Wie verhält man sich gegenüber Menschengebot? Denn der Herr Jüsler hat sehr viel Konfrontation gesucht und hat extra einmal so ein bisschen die Regeln gebrochen, damit es allen klar wird. Aber im Römerbrief Kapitel 14 und 15 heißt es, dass auch Christen zusätzliche Gewohnheiten haben können. Dabei sollte man aber keinen Ärger verursachen und es nicht extra in ihrer Gegenwart tun.
Also bringt man diese zwei Sachen zusammen. Ich wiederhole es für den Livestream: Wie sollen wir das machen? Jesus hat zu gewissen Gelegenheiten extra am Sabbat geheilt, um klarzumachen, dass die Halacha-Auslegung vom Sabbat falsch war. Er wollte deutlich machen, dass der Schutz des Lebens höher ist als das Sabbatgebot und das Retten des Lebens Vorrang hat.
Darum kämpfen auch heute orthodoxe Juden in der Armee in Gaza am Sabbat. Es geht darum, dass der Staat das Leben seiner Bürger schützen muss. Römer 13 sagt, dass Gott dem Staat, nicht der Gemeinde, das Schwert gegeben hat. Wir haben kein Schwert, aber dem Staat hat Gott das Schwert gegeben. Der Staat hat die Aufgabe, die Bürger zu schützen.
Für jeden orthodoxen Juden ist klar, dass sie am Sabbat handeln müssen, wenn es darum geht, Leben zu schützen. Das Gebot, Leben zu schützen, ist höher als das Sabbatgebot. Jesus hat daher am Sabbat geheilt und damit die Pharisäer und Schriftgelehrten herausgefordert.
Aber, Elija, du sagst, in Römer 14 wird gesagt, dass gewisse Gläubige in ihrem Gewissen durch menschliche Vorschriften gebunden sind, die man nicht einfach achtungslos übergehen soll – aus Liebe. Also was gilt jetzt? Wann soll man wie handeln?
Das ist eben der Punkt, der Weisheit braucht. Der Herr wusste genau in jedem Moment, was angebracht war. Bei den Schwachen ist er auf ihre Schwachheit eingegangen. Aber bei denen, die sich stark gaben, hat er immer wieder mit einem Gegenbeispiel herausgefordert. Er wusste genau, wann wie zu handeln war.
Wir sehen auch, dass er nicht mit allen Menschen gleich sprach in den Evangelien. Mit der Frau am Brunnen in Johannes 4 sprach er ganz anders als mit dem Pharisäer Simon oder mit den Sadduzäern, die ihn am Dienstag vor Karfreitag im Tempel offen angegriffen haben. Er wusste immer genau, wie er vorgehen musste.
Und jetzt die Frage: Wie sollen wir das wissen? Wir müssen von Jesus lernen. Er sagt: Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir. So können wir die Evangelien lesen und lernen, wie er gehandelt hat und in welchen Fällen er wie reagiert hat.
So kann er uns mehr und mehr Weisheit und Gnade geben, damit wir über Menschen, die ihrem Gewissen folgen, nicht einfach hinweggehen, sondern Verständnis haben und ihnen helfen, durch Gnade aus diesen Fängen herauszukommen.
Emanuele hat auch noch eine Frage. Ach so, dann traut sie ihn doch zuerst.
Ja, also ich wiederhole für den Livestream: In Matthäus 15 sagt der Herr, dass das, was in den Mund hineingeht, den Menschen nicht verunreinigt, sondern die Sünde verunreinigt. Wie bringt man das nun in Übereinstimmung mit 1. Mose 9, wo Gott Noah das Gebot gibt, Fleisch zu essen, aber das Blut nicht zu essen?
Die Sache ist die: Jesus spricht in Matthäus über Dinge, die von den Rabbinern als nicht koscher bezeichnet wurden, die eigentlich koscher wären. Damit meint er nicht, dass man das Gebot, das Verbot des Blutgenusses, übergehen könnte.
Das gilt auch neutestamentlich. Darum wird es in Apostelgeschichte 15 von den Aposteln erklärt. Dieses Gebot war nicht nur für Israel am Sinai gegeben, sondern es war ein Gebot, das Gott Noah gab und damit für die ganze Menschheit gilt.
Der Bund von Noah ist immer noch gültig und gilt für die ganze Menschheit. Im Gegensatz dazu war der Bund am Sinai nur für Israel gegeben, und zwar bis zum Messias, denn Christus ist das Ende des Gesetzes (Römer 10,4).
Jetzt ist der Punkt: Du hast gesagt, im Blut sei das Leben, Nefesh. Das heißt auch Seele, aber man muss es je nach Zusammenhang richtig übersetzen. Es bedeutet nicht, dass die Seele, also der immaterielle Teil, das Ich oder die Persönlichkeit des Menschen im Blut sei. Es bedeutet, dass das Leben im Blut ist.
Wenn man mir das Blut ablässt, bin ich tot. Dann merkt man, dass das Leben im Blut war. Das ist der Sinn. Das hat nichts damit zu tun, dass Bluttransfusionen verboten wären. Es ist nicht so, dass wenn man Blut von sich an eine andere Person gibt, ein Teil meiner Seele an die andere Person übergeht. Das ist keine biblische Lehre.
Man kann also kurz fassen: Der Blutgenuss ist verboten. Jesus spricht in Matthäus 15 nicht davon, sondern meint die koscheren Gebote, die menschliche Erfindungen waren. Er spricht nicht gegen das göttliche Gebot.
Noch wichtig: Das Gebot in 1. Mose 9 meint Folgendes: Beim Schlachten soll man das Blut ausfließen lassen. Das macht man im Judentum beim Schächten, aber auch bei uns in den Schlachthöfen geschieht das genauso. Dort wird zwar das Rind zuerst mit einem Bolzen betäubt, aber sofort danach werden die Schlagadern geöffnet und das Blut wird abgelassen.
Das, was ausfließt, soll man nicht als Nahrungsmittel zurückholen. Das ist zum Beispiel bei Blutwürsten mit Schweineblut der Fall. Das bedeutet aber nicht, dass man ein Entrecôte mit etwas rotem Saft nicht essen darf.
Es geht um das Ausfließenlassen des Blutes, das man nicht zurückholt. Wenn man ein koscheres Steak in Israel isst, sieht es genauso aus wie bei uns. Das wird von allen Orthodoxen so gegessen.
Dazu kommt noch, dass das Rote, das man sieht, Muskelflüssigkeit ist, die ebenfalls rot ist, aber keine Blut ist. Das spielt bei rotem Fleisch eine besondere Rolle, darf aber nicht mit Blut verwechselt werden.
Ist die Frage beantwortet? Alles gut?
Ja, dann schließen wir Titus 1 ab und fahren beim nächsten Mal mit Kapitel 2 fort, wenn Titus dran ist. Dann kommen wir nochmals zum Schluss im Kreis wieder bei dem Vers über die weltlichen Lüste.
Vielen Dank an Roger Liebi, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
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