Einführung in die Komplexität der Spiegelstrukturen
Diese Spiegelstrukturen sind auf den ersten Blick natürlich kompliziert, besonders wenn man die einzelnen Geschichten nicht auswendig kennt. Aber es ist wichtig, das einfach einmal zu hören.
Wir werden jetzt durch die einzelnen Geschichten gehen. Dabei kann ich immer wieder darauf hinweisen: Übrigens so und so. Dadurch entstehen Verbindungen, und man versteht nach und nach besser.
Im Prinzip ist es auch möglich, die PowerPoint-Präsentation zu erhalten. Diese kann ich frei weitergeben. Auch die Bilder sind alle rechtlich sauber lizenziert. Man könnte sie also problemlos öffentlich oder im Hauskreis verwenden.
Außerdem gibt es ein Skript zum Thema „Buch der Richter“. Es liegt als Word-Dokument oder PDF vor und kann auf meiner Homepage rogelivi.ch heruntergeladen werden. Das könnte ich bei Interesse auch noch zur Verfügung stellen.
Wenn man Notizen macht, ist das hilfreich, denn ich glaube, man kommt mit dem Tempo sonst nicht nach. Aber all das kann man in Ruhe nachholen und sich nochmal Gedanken machen.
Wenn man einen breiten Rand in der Bibel hat – zum Beispiel bei der großen Elbefelder Bibel von CSV – kann man sogar Zeichnungen machen. Das mache ich so in meiner Bibel: Dort male ich zum Beispiel einen goldenen siebenarmigen Leuchter hinein.
Symbolik des siebenarmigen Leuchters im Buch der Richter
Man erkennt hier nochmals die Struktur des Hauptteils. Sie gleicht einem goldenen Leuchter. Zuerst kommt Othniel, dann Ehud, Deborah, und der mittlere Leuchter, der Hauptleuchter, ist für die Geschichte von Gideon reserviert, die in zwei Teilen erzählt wird. Danach folgen Abimelech, Jephtha und Simson.
Othniel spiegelt sich in der Geschichte von Simson wider, Ehud in der von Jephtha, Deborah in der von Abimelech, und Gideon steht für sich selbst. Das ist sehr interessant, denn das Buch der Richter ist das siebte Buch der Bibel. Der Hauptteil besteht aus sieben Abschnitten, die der Struktur des siebenarmigen Leuchters entsprechen. Es geht dabei um die Aufgabe Israels, ein Licht in dieser Welt zu sein.
Dieses Licht wurde jedoch immer wieder verdunkelt und immer dunkler. Doch zwischendurch sehen wir immer wieder die Gnade Gottes aufleuchten, wie die Flammen des Leuchters.
Hinzu kommt, dass das Buch der Richter insgesamt 14 Richter beschreibt – also zweimal sieben Richter. Samuel wird in diesem Buch nicht erwähnt, weil der Fokus auf diesen sieben Geschichten liegt. Samuel wäre eine weitere Geschichte, die im Buch Samuel erzählt wird. Gott wollte in diesem Buch unseren Blick auf diese sieben Abfälle und die zweimal sieben Richter lenken.
Das sind Othniel, dann Ehud, kurz wird Shamgar erwähnt, dann Deborah und Barak, die zusammengewirkt haben, Gideon, dann Abimelech. Hier sollte auch noch ein Punkt zu Tola und Jair gesetzt werden, die ebenfalls nur kurz beschrieben werden. Danach folgt wieder eine Hauptgeschichte mit Jephtha, dann Ibsan, Elon, Abdon und schließlich eine weitere Hauptgeschichte mit Simson.
Charakteristika und Besonderheiten der Richter
Wenn man sich Gedanken über diese Richter macht, fällt auf, dass einige von ihnen ganz seltsame Leute sind. Ehud, den wir gleich noch sehen werden, war Linkshänder. Das spielt eine grundlegend wichtige Rolle, denn gerade dass er Linkshänder und nicht Rechtshänder war, macht die Geschichte zu der besonderen Geschichte, die sie ist.
Ein weiterer Richter, der nur kurz beschrieben wird und immer noch innerhalb der vorigen Hauptgeschichte mit Ehud erwähnt wird, ist Shamgar. Er half Israel mit einem Rinderstachel. Das ist ein Stab mit einer Spitze vorne, den man den Rindern hinten ein wenig zufügen konnte, damit sie aufstanden und gehorchten. Zum Beispiel, wenn sie nicht zum Melken gehen wollten.
Ich habe auch einmal einem Bauern auf der Alb eine gewisse Zeit geholfen. Ich habe für ihn gekocht, während er die Arbeit im Stall erledigte. Morgens um fünf Uhr musste ich dann die Kühe holen, damit sie gemolken werden konnten. Die meisten Kühe standen automatisch auf und gingen in den Stall, sobald es Zeit zum Melken war. Aber es gab einige, die blieben einfach liegen. Diese musste ich natürlich auch holen.
Ich habe das ohne Rinderstachel gemacht, obwohl das eine Möglichkeit gewesen wäre. Ich bin einfach auf sie zugegangen, und es gibt ein richtiges Selbstwertgefühl, wenn man merkt, dass diese großen Tiere Angst haben und dann aufstehen und gehen.
Dann gibt es Deborah, die Richterin, die überrascht, dass eine Frau diese Richterrolle in Israel übernimmt. Das ist eine Besonderheit, die wir noch genau betrachten werden. Deborah war eine ganz außergewöhnliche Frau Gottes: Richterin, Prophetin, und sie sah sich als Mutter in Israel. Sie sah sich nicht als Vaterfigur.
Sie hatte kein Problem damit, was viele Menschen heute haben – nämlich nicht mehr zu wissen, was es heißt, eine Frau oder ein Mann zu sein. Deborah wusste: Ich bin eine Mutter in Israel. So bezeichnet sie sich selbst in ihrem Lied, Kapitel 5, Vers 7 (Richter 5,7).
Dann ist da Barak, der kein Mann war, obwohl er von Gott zum Dienst berufen wurde, um Israel zu retten. Er tat nichts, bis Deborah ihm nochmals einen prophetischen Auftrag gab und ihn zu diesem Dienst berief, zu dem er längst berufen war. Barak sagte: „Ich gehe nur, wenn du mit mir kommst; umsonst gehe ich nicht.“ Wie bitte? Das zeigt, dass es damals eine Zeit war, in der Männer Schwierigkeiten hatten, Männer zu sein. Und eine Frau wusste genau, was es heißt, eine Frau zu sein.
Davon werden wir noch mehr sehen. Trotzdem ließ sich Barak schließlich von Gott gebrauchen, obwohl er ein führungsscheuer Mann war.
Dann gibt es Yael, die mit ihrem Zeltnagel Israel zum Sieg verhilft und dem Feind Milch gibt statt Wasser. Sie wusste, dass der Werbespruch, den man in der Schweiz in den vergangenen Jahren ständig auswendig lernen musste – „Milch macht müde Männer munter“ – völlig falsch ist. Milch enthält ein Protein, einen chemischen Stoff, der den Schlaf fördert.
Das wusste Yael, und so schlief der Feind erschöpft ein. Dann gab sie ihm Milch, und so konnte sie ihn im Kampf überwältigen.
Die besonderen Geschichten und Eigenheiten der Richter
Gideon erringt den Sieg mit 300 Männern, die auf eine ganz besondere Weise trinken – nämlich wie Hunde. Das war ihr Kennzeichen, sehr speziell. Hunde gelten nach den Gesetzen der Tora als unreine Tiere. Die Koschergesetze regeln, was rein und was unrein ist. Dabei lernt man, dass ein Hund als unrein gilt. Doch diese Männer, die wie Hunde trinken, befreien Israel.
Dann sehen wir Gideons Kampf mit Krügen und Schofahörnern. Auch das ist sehr, sehr speziell. Sie verwenden Fackeln in den Krügen. Ja, das ist ungewöhnlich. Im Buch der Richter erkennen wir, dass Gott Menschen benutzt, die sehr speziell sind.
Da ist zum Beispiel Jephtha, der Sohn einer Hure. Er hätte sich sagen können: „Was bin ich schon? Meine Herkunft ist wirklich nichts Glänzendes.“ Aber kommt es darauf an? Überhaupt nicht. Man ist nicht auf eine Schublade festgelegt, nur weil man eine bestimmte Abstammung hat. Gott benutzt Jephtha.
Dann ist da Simson, ein wirklich barbarischer Mensch. Trotzdem wollte Gott diesen Mann gebrauchen. Simson kämpft unter Zuhilfenahme von Schakalen und mit einem Eselskinnbacken. Das ist wirklich sehr speziell, aber nicht im Sinne von besonders großartig oder beeindruckend. Manche dieser Menschen beeindrucken nicht unbedingt durch ihre Besonderheiten. Doch Gott benutzt diese Männer und Frauen.
Das ist so schön zu sehen: Niemand muss denken, „Ich bin ein bisschen seltsam“ oder „Ich bin ein bisschen komisch“. Ja, Gott benutzt auch komische Leute. Das führt oft dazu, dass man nicht eingebildet ist. Gott kann keine Eingebildeten gebrauchen.
Wir können daraus einiges sehr Praktisches für unser Leben mitnehmen. Es ist eine echte Ermutigung, wenn man das Gefühl hat, manche Leute finden mich ein bisschen anders. Dann ist das in Ordnung. Der Herr findet das auch in Ordnung und kann gerade solche Menschen gebrauchen, die ein bisschen anders sind.
Übergang zur zweiten Einleitung und Grundthema des Buches
Wir waren immer noch bei der zweiten Einleitung. Wir haben gesehen, dass Josua und die Ältesten gehen mussten. Eine nächste Generation kannte den Herrn nicht und begann, den Baal in örtlichen Ausprägungen zu verehren.
Wir waren bei Richter 2,11, jetzt bei Vers 12: „Und sie verließen den Herrn, den Gott ihrer Väter, der sie aus dem Land Ägypten herausgeführt hatte.“
Interessant ist die Rede des Engels des Herrn in Kapitel 2, Verse 1-5. Dort sagt der Engel des Herrn: „Ich habe euch aus Ägypten herausgeführt.“ Hier steht, dass der Herr, also Jahwe, sie aus Ägypten herausgeführt hat. Das zeigt erneut, dass der Engel des Herrn, der Gesandte des Herrn, Jahwe ist, der Ewige. Jesus Christus, der Sohn Gottes, ist von Ewigkeit zu Ewigkeit der wahre, ewige, unwandelbare Gott, der sie aus dem Land Ägypten führte.
Doch sie gingen anderen Göttern nach, den Göttern der Völker, die rings um sie her waren. Sie warfen sich vor ihnen nieder und reizten den Herrn. Sie verließen den Herrn und dienten dem Baal und dem Astaroth. Da entbrannte der Zorn des Herrn gegen Israel.
Er gab sie in die Hand von Plünderern, die sie ausplünderten, und verkaufte sie in die Hand ihrer Feinde ringsum. Sie konnten nicht mehr gegen ihre Feinde bestehen. Überall, wohin sie auszogen, war die Hand des Herrn gegen sie zum Bösen – so, wie der Herr geredet und wie er ihnen geschworen hatte.
Sie wurden sehr bedrängt, und der Herr erweckte Richter, die sie aus der Hand ihrer Plünderer retteten. Doch auch ihren Richtern gehorchten sie nicht, denn sie hingen anderen Göttern nach und warfen sich vor ihnen nieder.
Sie wichen schnell vom Weg ab, den ihre Väter gegangen waren, als sie den Geboten des Herrn gehorchten. Sie taten das nicht mehr.
Wenn der Herr ihnen Richter erweckte, war der Herr mit dem Richter. Er rettete sie aus der Hand ihrer Feinde alle Tage des Richters. Denn der Herr hatte Mitleid wegen ihrer Wehklage vor ihren Bedrückern und Drängern.
Doch wenn der Richter starb, verderbten sie sich wieder. Mehr als ihre Väter gingen sie anderen Göttern nach, um ihnen zu dienen und sich vor ihnen niederzuwerfen. Sie ließen nichts von ihren Taten und ihrem hartnäckigen Wandel fallen.
Da entbrannte der Zorn des Herrn gegen Israel. Er sprach: Diese Nation hat meinen Bund übertreten, den ich ihren Vätern geboten habe. Sie haben meine Stimme nicht gehört.
Darum werde ich hinfort niemanden vor ihnen austreiben von den Nationen, die Josua ihnen überlassen hat, als er starb. So will ich Israel durch diese Nationen prüfen, ob sie auf dem Weg des Herrn achten und darauf wandeln, wie ihre Väter auf ihn geachtet haben, oder nicht.
So ließ der Herr diese Nationen bleiben. Er trieb sie nicht schnell aus und gab sie nicht in die Hand Josuas.
Wiederkehrende Muster im Buch der Richter
Hier wird grundsätzlich gezeigt, wie sich das im Hauptteil des Buches immer wieder zeigt.
Erstens: Sie tun, was böse ist in den Augen des Herrn (Vers 11).
Zweitens: Der Zorn des Herrn entbrennt gegen sie (Vers 14).
Dann, drittens, brannte der Zorn des Herrn gegen Israel, und Gott gibt sie in die Hand von Menschen, von Feinden (Vers 14, Mitte). Er verkaufte sie in die Hand ihrer Feinde ringsum.
Der vierte Punkt ist in Vers 18 beschrieben: „Denn der Herr ließ sich’s gereuen wegen ihrer Wehklage vor ihren Bedrückern und ihren Drängern.“ Wenn sie also unter Fremdherrschaft standen, begannen sie, zu Gott zu rufen.
Wenn Not war, suchten sie Gott wieder neu. Sie waren so wie viele Menschen heute, die denken, Gott sei wie die Feuerwehr – mit der hat man nichts zu tun, das ganze Jahr über. Nur wenn es brennt, dann unbedingt.
Dann schreien sie also zum Herrn, und das wird fünftens in Vers 16 beschrieben: „Und der Herr erweckte Richter, und sie retteten sie aus der Hand ihrer Plünderer.“
Diese fünf Punkte wiederholen sich ständig im Hauptteil.
Jetzt aber etwas ganz Wichtiges: Ein Wort, das ich in meiner Bibel speziell angestrichen habe, ist das kleine Wort „mehr“.
In 2,19 steht: „Und es geschah, wenn der Richter starb, so verderbten sie sich wiederum mehr als ihre Väter.“
Das zeigt das Buch der Richter deutlich: Mit jedem neuen Abfall Israels geht es noch tiefer hinunter.
Darum sehen wir in der Spiegelung des siebenarmigen Leuchters immer das noch Schlimmere, das Negative.
Das zeigt das Grundprinzip des Buches Richter: Man kann nicht mit der Gnade Gottes spielen und denken, man könne ja nachher wieder zurückkehren.
Der nächste Abfall kann uns noch tiefer bringen – noch tiefer, noch tiefer –, einfach um uns zu lehren, nicht mit der Gnade Gottes zu spielen.
Doch das Buch der Richter macht uns auch Mut: Wenn wir echt umkehren, dürfen wir die Gnade Gottes wirklich im Glauben in Anspruch nehmen.
Gottes Zorn und Gnade im Buch der Richter
Ja, wir sind eigentlich schon mittendrin in der besonderen Botschaft des Buchs der Richter. Es zeigt uns Gottes Zorn über die Sünde. Das lernen wir aus diesem Buch. So wie sich im Buch Josua Gottes Segen für Gehorsam auswirkte, so kam im Buch der Richter Gottes Fluch für Ungehorsam über das Volk Gottes.
Ich verweise da auf 1. Petrus 4, Verse 17-19. Dort heißt es, dass das Gericht Gottes beim Haus Gottes, bei den Gläubigen, beginnt. Gott akzeptiert also das Unrecht unter den Gläubigen nicht einfach so. Weiter wird in 1. Petrus 4 gesagt: Wenn schon der Gerechte mit Not errettet wird, wo will dann der Gottlose erscheinen?
Hier sehen wir also Gottes Zorn über die Sünde des Volkes Gottes, wie Gott das auserwählte Volk mit Zucht behandelte. Aber wie ich schon wiederholt betont habe, sehen wir im Kontrast dazu in diesem Buch Gottes strahlende Gnade und Vergebungsbereitschaft. Jedes Mal, wenn das Volk zu Gott schrie, wirkte Gott siebenmal – insgesamt ein Neuanfang.
Ich verweise hier auf Sprüche 24, Vers 16, das ist der Vers von Paul Kiene: Der Gerechte fällt siebenmal und steht wieder auf. Und 1. Johannes 1, Vers 9: Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.
Ich habe das schon mehrmals gesagt in diesen Tagen, auch am letzten Wochenende, aber ich werde nicht müde, es zu wiederholen, weil es so schön ist. Im griechischen Grundtext finden wir hier Verbformen, die man in der Grammatik Durative nennt. Das sind Verbformen, die ausdrücken, dass eine Handlung nicht nur ein einmaliger Akt ist, sondern sich wiederholt oder fortdauert.
Wenn wir auf Deutsch übersetzen mit „Wenn wir unsere Sünden bekennen“, bedeutet das sinngemäß: Wenn wir unsere Sünden immer wieder bekennen. Ein Durativ kann man sich vorstellen wie eine Wellenlinie, im Gegensatz zu einem punktuellen griechischen Verb, das einfach einen Punkt darstellt.
Eine Handlung wird als Punkt beschrieben: Er ging an einem bestimmten Tag in den Wald, schlug einen bestimmten Baum. Das sind punktuelle Handlungen. Aber wenn man sagt: Er pflegte in den Wald zu gehen und Bäume zu schlagen, dann drückt das eine wiederholte Handlung aus. Im Deutschen muss man das oft mit „er war gewohnt“ oder „er pflegte“ ausdrücken. Im Griechischen gibt es dafür spezielle Verbformen.
Wenn wir also unsere Sünden immer wieder bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt – durativ, das heißt, er vergibt uns die Sünden immer wieder, um die Gemeinschaft mit dem Vater wiederherzustellen. Und er reinigt uns von aller Ungerechtigkeit – ebenfalls durativ, also immer wieder.
Das bedeutet, Oberflächlichkeit gegenüber Sünden führt nicht zum Ziel. Vielmehr ist es so, dass wir, wenn wir wirklich in Not sind, die Dinge dem Herrn bekennen und umkehren, im Vertrauen und im vollen Glauben annehmen, Vergebung erfahren.
Ja, es gilt auch jetzt. Darum siebenmal! Was ich schon gesagt habe, betone ich hier nochmals zusammenfassend: Die Botschaft im Buch der Richter zeigt die abwärtstreibende Spirale der Sünde. Mit jedem weiteren Abfall wurde es schlimmer als zuvor. Das Wort „mehr“ ist ganz wichtig. Die kleinen Wörter sind in der Bibel genauso wichtig wie die großen Wörter.
Darum ist es auch wichtig, eine Bibelübersetzung zu haben, die sehr wörtlich übersetzt, damit auch diese kleinen Wörter und Strukturwörter zum Ausdruck kommen.
Richter 2, Vers 19: „mehr“
Zusammenhang von Bruch mit Gott und Bruch mit Menschen
Und was lernen wir in diesem Buch? Ein Bruch mit Gott führt zum Bruch mit dem Menschen. Das sehen wir in den Schlusswörtern.
In Richter 17 bis 18 wird uns gezeigt, wie bereits in der dritten Generation nach Mose und Aaron ein Bruch mit Gott durch Götzendienst vollzogen wird. Schon früh entsteht also eine Abwendung von Gott.
Dann folgt das zweite Schlusswort, eine andere Geschichte. Sie ist schrecklich: Es geht um Ehebruch, Massenvergewaltigung, Mord, Perversion, Bürgerkrieg und Menschenraub. Wie ist das möglich? Das ist die Lehre: Ein Bruch mit Gott in Kapitel 17 bis 18 führt zum Bruch mit dem Menschen.
All diese schrecklichen Dinge, die Menschen sich gegenseitig antun können, hängen zusammen mit dem Bruch mit Gott. Wenn Menschen dann fragen, warum es Kindsmissbrauch und all diese schrecklichen Dinge gibt, so hängt das mit dem Bruch mit Gott und seinem Wort zusammen. Der Mensch ist zum Schrecklichsten fähig.
Damit ist eine weitere Botschaft des Buches verbunden: Es ist eine Ermahnung an die Erlösten, ein Aufruf zu völliger Hingabe an den Herrn, ohne faule Kompromisse.
Römer 12,1-2 sagt, dass wir uns Gott ganz zur Verfügung stellen sollen, unseren Leib als ein lebendiges Schlachtopfer. Dann wird gesagt, wir sollen uns nicht dem Zeitgeist dieser Welt anpassen, sondern in unserem Denken durch das Wort Gottes umgewandelt werden. So sind wir in der Lage, den guten, wohlgefälligen und vollkommenen Willen Gottes zu erkennen.
Zeitliche Einordnung der Richterzeit und Herausforderungen der Chronologie
Bevor es jetzt richtig einfach wird, wollen wir noch einmal einige Geschichten mit Zahlen betrachten. Danach folgt wieder eine wirklich praktische Anwendung für unser Leben.
Es stellt sich die große Frage: Waren es 480 Jahre oder 594 Jahre? Gemeint ist die Zeit vom Auszug aus Ägypten bis zu dem Zeitpunkt, als Salomo im vierten Jahr seiner Regierungszeit begann, den Tempel zu bauen.
Schlagen wir dazu 1. Könige 6,1 auf. Dort steht:
„Und es geschah im 480. Jahr nach dem Auszug der Kinder Israel aus dem Land Ägypten, im vierten Jahr der Regierung Salomos über Israel, im Monat Siw, dem zweiten Monat, da baute er dem Herrn das Haus.“
Das bezieht sich auf den Auszug aus Ägypten. Doch wir können die Stelle offenlassen und stattdessen Apostelgeschichte 13 aufschlagen. Dort wird etwas zu den Richtern gesagt. Ja, so funktioniert das Gehirn manchmal – Assoziationen führen dazu, dass man zum Beispiel Goethe mit Kupfer verwechselt. Ganz einfach. Man verwechselt Goethe mit Lessing, Lessing mit Messing und Messing mit Kupfer. So kann man auch Apostelgeschichte mit Richter verwechseln.
In Apostelgeschichte 13 predigt der Apostel Paulus in der Synagoge. Dort heißt es in Vers 18:
„Und eine Zeit von 40 Jahren pflegte er sie in der Wüste. Nachdem er sieben Nationen im Land Kanaan vertilgt hatte, ließ er sie deren Land erben. Und nach diesem, während 450 Jahren, gab er ihnen Richter bis auf Samuel, den Propheten. Und von da an begehrten sie einen König, und Gott gab ihnen Saul, den Sohn Kis, einen Mann aus dem Stamm Benjamin, 40 Jahre.“
Paulus erklärt hier kurz den Ablauf der biblischen Geschichte – und das in einer Evangelisation. Das war ja eine Evangelisation in der Synagoge. Das zeigt uns, dass Evangelisation nicht einfach ist. Wir sprechen nicht über irgendwelche Dinge, sondern müssen die biblische Geschichte bringen, die Heilsgeschichte erklären – so, dass die Leute sie verstehen.
Wir haben also 40 Jahre Wüstenwanderung erwähnt und dann 450 Jahre Richterzeit. Wie passt das mit 1. Könige 6,1 zusammen, wo 480 Jahre vom Auszug bis Salomo genannt werden?
Schauen wir auf die Grafik: Zuerst haben wir 40 Jahre Wüstenwanderung und dann 450 Jahre Richterzeit. Danach kommt Saul mit 40 Jahren, dann David mit nochmals 40 Jahren und schließlich 4 Jahre bis zum Beginn des Tempelbaus durch Salomo.
Verstehen wir das? Nur 40 Jahre Wüstenwanderung und 450 Jahre Richterzeit ergeben schon 490 Jahre – also 10 Jahre zu viel. Aber das ist noch nicht alles. Man muss noch die 40 Jahre Sauls dazurechnen, ebenso die 40 Jahre Davids und die 4 Jahre bis zum Tempelbau.
Außerdem kann man biblisch berechnen, dass die Landnahme unter Josua 6 Jahre dauerte. Danach vergingen 14 Jahre bis zur ersten Geschichte mit Othniel, also bis die Fremdherrschaft von Kuschan-Rischataim begann.
Wenn man all das zusammenzählt, kommt man auf 594 Jahre.
Was machen wir nun? Was man immer tun sollte, wenn man etwas in der Bibel nicht versteht: die Bibel zur Seite legen und warten, bis der Herr Klarheit gibt. Natürlich kann man weiter die Bibel studieren, aber manche Dinge sollte man einfach ruhen lassen, wenn sie nicht klar sind. Man kann den Herrn um Klarheit bitten und auch mit anderen sprechen, die vielleicht eine Erklärung haben. Gute Kommentare können ebenfalls hilfreich sein.
Nun, das sind 114 Jahre Differenz, nicht wahr? Wenn man sich diese Zahlen genauer anschaut: In der ersten Hauptgeschichte von Othniel lesen wir in Richter 3,8, dass Israel 8 Jahre unter der Fremdherrschaft von Kuschan-Rischataim stand. Danach gab es 40 Jahre Ruhe.
Dann folgte die Fremdherrschaft mit Eglon von Moab für 18 Jahre, danach wieder 80 Jahre Ruhe. Es gibt also richtige Ruhezeiten für Israel dazwischen – 80 Jahre.
Dann kam die Fremdherrschaft unter Jabin von Kanaan für 20 Jahre. Danach hatten die Israeliten wieder Ruhe, denn der Richter konnte sie zur Ruhe bringen, und zwar für 40 Jahre.
Dann waren Midian und Amalek das Problem für 7 Jahre, aber danach gab es durch Gideon 40 Jahre Ruhe.
Abimelech, ein weiterer Feind aus dem Volk Gottes, herrschte 3 Jahre. Danach folgte die Richterzeit von Tola mit 23 Jahren, Jair mit 22 Jahren und dann wieder eine Fremdherrschaft unter Ammon für 18 Jahre.
Die Richterzeit von Jephtha dauerte 6 Jahre, Ibzan 7 Jahre, Elon 10 Jahre und Abdon 8 Jahre.
Dann kam die Zeit der Philister und von Simson. Diese Zeit dauerte 40 Jahre. Wichtig ist, dass Simson Israel nicht vollständig befreite, sondern 20 Jahre während dieser 40 Jahre wirkte. Diese 20 Jahre Simpsons sind inklusive in den 40 Jahren der Philisterherrschaft. Die Fremdherrschaft der Philister endete also nicht, aber Simson wirkte gegen sie.
Dann folgte die Richterzeit von Eli im ersten Buch Samuel, der 40 Jahre wirkte. Danach die Richterzeit von Samuel, die 20 Jahre dauerte.
Wenn man all diese Zeiten zusammenzählt, erhält man 450 Jahre. Das ist genau die Zahl, die Paulus in Apostelgeschichte 13 verwendet. In der Synagoge sagte er, Gott gab ihnen danach für 450 Jahre Richter.
Ich weiß, in modernen Übersetzungen hat man sich auf wenige Handschriften berufen, die dem Nestle-Aland-Text entsprechen. Das ist aber falsch. Ich lese vor, wie der Nestle-Aland-Text in Apostelgeschichte 13,17 klingt:
„Der Gott dieses Volkes Israel erwählte unsere Väter und erhöhte das Volk in der Fremdenschaft im Land Ägypten, und mit erhobenem Arm führte er sie von dort heraus, und während einer Zeit von 40 Jahren pflegte er sie in der Wüste.“
Manche Übersetzungen geben „ungefähr 40 Jahre“ wieder. Das ist falsch. Das griechische Wort „hos“ bedeutet hier „während“. Es wird temporal gebraucht, also zeitlich. Daher muss man übersetzen: „während 40 Jahren“ und nicht „ungefähr 40 Jahre“. Das erklärt auch das berühmte Wörterbuch von Menge.
Die Bibel macht klar: Die 40 Jahre in der Wüste waren nicht ungefähr 40 Jahre, also nicht 42 oder 38 Jahre, sondern wirklich 40 Jahre. Darum ist die Übersetzung „während einer Zeit von 40 Jahren pflegte er sie in der Wüste“ korrekt.
Und weiter heißt es:
„Nachdem er sieben Nationen im Land Kanaan vertilgt hatte, ließ er sie deren Land erben. Während 450 Jahren gab er ihnen Richter bis auf Samuel, den Propheten.“
Es ist wichtig zu verstehen, dass „hos 450 Jahren“ nicht „ungefähr 450 Jahre“ bedeutet, sondern „während 450 Jahren“.
Jetzt merkt man, wie falsch dieser Text ist. Das würde ja bedeuten, dass sie unter Josua das Land Kanaan eroberten und das insgesamt 450 Jahre dauerte. Danach gab Gott Richter. Das passt überhaupt nicht zusammen.
Der Text ist so falsch, wie es nur geht. Moderne Übersetzungen versuchen, das zu umgehen, indem sie es etwas anders formulieren als im griechischen Text. Unglaublich, aber so zeigt sich, welche Probleme moderne Übersetzungen haben können.
Zum Beispiel in der Neuen Evangelistischen Übersetzung wird an dieser Stelle nicht übersetzt, was im Grundtext steht. Im Grundtext der wenigen falschen Handschriften, der sogenannten Minderheits-Handschriften, steht das falsch. Aber der Mehrheitstext ist völlig klar: 450 Jahre Richterzeit.
Paulus hat die Zahlen aus dem Buch der Richter und aus Samuel zusammengezählt und kam auf 450 Jahre.
Es gibt aber Leute, die sagen, man dürfe diese Zahlen nicht zusammenzählen. Wahrscheinlich hätten verschiedene Richter zur gleichen Zeit in unterschiedlichen Landesteilen gewirkt, und deshalb sei die Richterzeit kürzer gewesen.
Doch der Apostel Paulus sagt klar: 450 Jahre Richter. Wenn man im Buch der Richter die Zahlen auf einer Linie zusammenrechnet, erhält man genau 450 Jahre – nicht 451 oder 447, sondern ungefähr 450 Jahre.
Nun haben wir aber ein Problem: Es gibt einen Widerspruch in der Bibel zwischen 1. Könige 6,1 mit 480 Jahren und Apostelgeschichte 13 mit allen anderen Zahlen, die 594 Jahre ergeben.
Was uns auffällt, ist die Differenz von 114 Jahren.
Ich habe hier in der Übersicht die Fremdherrschaften als Strafe Gottes aufgeführt, weil Israel ihm als König nicht dienen wollte. Darum kamen sie unter fremde Herrschaft.
Ich habe erklärt: Von Auszug aus Ägypten bis zur Königszeit herrschte die Theokratie, also die Gottesherrschaft. Gott wollte König sein. Wenn sie aber unter Fremdherrschaft kamen, waren sie nicht unter der Herrschaft Gottes.
Wenn man nun alle diese Fremdherrschaftsjahre zusammenzählt – 8, 18, 20, 7 und so weiter – ergibt das genau 114 Jahre. Nicht ungefähr, sondern genau 114 Jahre.
Wenn man nun 594 minus 114 rechnet, erhält man 480 Jahre.
Es gibt also keine Abschreibfehler. Die 480 Jahre sind die Zeit der Theokratie vom Auszug aus Ägypten bis Salomo.
Diese nicht mitgezählten Jahre fallen alle in die Zeit, bevor die Monarchie begann. Genau in der Zeit, in der Gott König sein sollte, aber sie ihn nicht als König hatten. Darum sind diese Jahre in 1. Könige nicht mitgezählt.
Praktische Lehren aus der Chronologie und Bedeutung verlorener Zeit
Was können wir daraus lernen? Das waren alles verlorene Jahre. Gottes Plan war nicht dieser Umweg mit den Fremdherrschaften, sondern Gottes Plan waren diese 480 Jahre.
Bezogen auf uns müssen wir uns darüber im Klaren sein: All die Zeiten in unserem Leben, in denen wir uns irgendwie vom Herrn entfernt hatten, waren verlorene Tage. Diese Tage werden nie mehr zurückkehren. Was wir in dieser Zeit auch an Lohn verpasst haben, wird für alle Ewigkeit verpasst sein.
Die Bibel spricht davon, dass solche, die errettet werden, wie durchs Feuer gehen. Sie werden Schaden leiden, und das ist wirklich ein Verlust für die Ewigkeit. Das zeigt uns, wie wichtig jeder einzelne Tag in unserem Leben ist. Wir sollen dem Herrn in Hingabe nachfolgen, zu seinem Wort stehen, ihm gehorsam sein und ihn lieben. Andernfalls werden wir einmal vor dem Richterstuhl Christi weinen – um verlorene Tage und verlorene Jahre.
Aber eben weil der Herr uns davor bewahren möchte, solche Zeiten einmal beklagen zu müssen, hat er uns das Buch der Richter gegeben. Dort sieht man 114 Jahre in der Geschichte des Volkes Gottes, die verloren waren.
Nun könnte jemand sagen: „Ich glaube nicht, dass man vor dem Richterstuhl Christi weinen wird. Im Himmel wird das ja stattfinden.“ Nach 2. Korinther 5,10 und Römer 14,10 werden alle vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, und dann wird der Lohn verteilt. Aber man kann im Himmel weinen.
In Offenbarung 5 weint Johannes aus einem anderen Grund, doch es macht klar: Im Himmel kann man weinen. Ja, und man kann sogar im Himmel getröstet werden. Von Lazarus, in der Geschichte vom reichen Mann und Lazarus, heißt es, dass er im Schoß Abrahams ist – ein anderer Ausdruck für das Paradies – und dort jetzt getröstet wird.
Er wusste also im Himmel immer noch, was aus seinem elenden Leben auf Erden geworden war. Im Himmel wird er getröstet, doch er ist immer noch traurig über das, was war. Diese Traurigkeit wird schwinden, und er wird getröstet. Aber man kann traurig sein im Himmel, man kann im Himmel weinen.
So wird es auch vor dem Richterstuhl Christi sein. Dort werden alle Dinge zur Sprache kommen, die zwischen Geschwistern auf Erden nicht geklärt waren. Das ist sehr ernst. Wenn solche Dinge einfach stehen bleiben und nicht geordnet werden, gehören sie zu den verlorenen Zeiten. Denn das blockiert unser geistliches Leben. Dann hat der Herr nicht wirklich seine volle Herrschaft über uns.
Wir können wirklich viel Praktisches aus dem Buch der Richter lernen. Heute Nachmittag wird es dann viel einfacher werden. Wir haben jetzt das, was ein bisschen anstrengend war, überstanden. Wir werden davon profitieren.
Beim Bibelstudium ist es manchmal so: Man muss wirklich ein bisschen durchkämpfen und durchbeißen, und dann kann man die Früchte genießen. Das möchte ich für heute Nachmittag in Aussicht stellen.