Einführung in die Prophetie des Knechtes Gottes
Wir sind schon seit längerer Zeit dabei, die Prophezeiungen im Buch Jesaja auf das erste Kommen Jesu hin gemeinsam zu studieren. Heute wenden wir uns Jesaja 49 zu. Wir lesen Jesaja 49,1-16:
"Hört auf mich, ihr Inseln, und hört zu, ihr Völkerschaften, die ihr von fern seid! Der Herr hat mich berufen vom Mutterleib an, vom Mutterschoß an hat er meinen Namen genannt. Er hat meinen Mund gemacht wie ein scharfes Schwert, mich verborgen im Schatten seiner Hand, und er hat mich zu einem geschärften Pfeil gemacht, mich verborgen in seinem Köcher. Und er sprach zu mir: 'Mein Knecht bist du, Israel, an dem ich mich verherrlichen werde.' Ich aber sagte: Umsonst habe ich mich abgemüht, vergeblich und für nichts meine Kraft verbraucht. Doch mein Recht ist beim Herrn, und mein Lohn bei meinem Gott."
Und nun spricht der Herr, der mich vom Mutterleib an für sich zum Knecht gebildet hat, um Jakob zu ihm zurückzubringen und damit Israel zu ihm gesammelt werde: "Ich bin geehrt in den Augen des Herrn, und mein Gott ist meine Stärke geworden." Ja, er spricht: "Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten Israels zurückzubringen. So mache ich dich auch zum Licht der Nationen, damit mein Heil bis an die Enden der Erde reicht."
Und so spricht der Herr, der Erlöser Israels, sein Heiliger, zu dem Ganz und gar Verachteten, zu dem Verabscheuten der Nation, zu dem Knecht der Herrscher: "Könige werden es sehen und aufstehen, auch Oberste, und sie werden sich niederwerfen um des Herrn willen, der treu ist, um des heiligen Israels willen, der dich erwählt hat."
So spricht der Herr: "Zur Zeit des Wohlgefallens habe ich dich erhört, und am Tag des Heils habe ich dir geholfen. Ich werde dich behüten und dich zum Bund des Volkes machen, das Land aufzurichten, die verödeten Erbteile auszuteilen, den Gefangenen zu sagen: 'Geht hinaus!' und zu denen, die in Finsternis sind: 'Kommt ans Licht!' Sie werden an den Wegen weiden, und auf allen kahlen Höhen wird ihre Weide sein. Sie werden nicht hungern und nicht dürsten, und weder Wüstenglut noch Sonne wird sie treffen; denn ihr Erbarmer wird sie leiten und sie zu Wasserquellen führen. Alle meine Wege will ich zum Weg machen, meine Straßen werden hoch hinaufführen."
"Siehe, diese kommen von fernher, und siehe, die von Norden und von Westen und jene aus dem Land Sepharwaim. Jubelt, ihr Himmel, und jauchzt, du Erde, und ihr Berge, bricht den Jubel aus! Denn der Herr hat sein Volk getröstet und über seine Elenden erbarmt er sich."
Zion sagt: "Verlassen hat mich der Herr, der Herr hat mich vergessen." Vergisst etwa eine Frau ihren Säugling, dass sie sich nicht erbarmt über den Sohn ihres Leibes? Sollten selbst diese vergessen, so werde ich dich niemals vergessen. Siehe, in meine beiden Handflächen habe ich dich eingezeichnet, deine Mauern sind beständig vor mir."
Dieser Abschnitt gehört zu den sogenannten Gottesknechtgedichten. Es geht hier um den Knecht des Herrn. Wo wird er so genannt? In Vers 3: "Mein Knecht bist du, Israel, an dem ich mich verherrlichen werde." Ja, "mein Knecht" heißt auf Hebräisch "Avdi". Wir haben das bereits in Jesaja 42 gefunden, wo der Messias als Knecht Gottes bezeichnet wird. Lest doch bitte Jesaja 42,1:
"Siehe, mein Knecht, den ich erhalte, mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat."
Dort wird der Messias als "mein Knecht" bezeichnet, Avdi auf Hebräisch. Das "i" am Ende bedeutet "mein". Das nächste Gottesknechtgedicht finden wir in Jesaja 52,13 bis 53,12. Das Gedicht beginnt bereits in Jesaja 52,13:
"Siehe, mein Knecht wird erfolgreich sein, er wird erhöht werden und sehr hoch sein."
In diesem Abschnitt werden die Leiden des Messias eindrücklich beschrieben, vor allem in Jesaja 53. Ich erinnere mich, als Jugendlicher habe ich einmal mit einem orthodoxen Schulkollegen über den Messias diskutiert. Er lud mich zu sich nach Hause in Zürich-Enge ein, wo viele orthodoxe Juden leben. Gemeinsam lasen wir Jesaja 53. Er sagte mir später, dass dies das erste Mal in seinem Leben war, dass er mit diesem Kapitel konfrontiert wurde. Denn Jesaja 53 gehört nicht zu den Haftarah-Abschnitten, die in den Synagogen gelesen werden.
In der Synagoge wird in einem Jahr die ganze Tora, die fünf Bücher Mose, gelesen, dazu bestimmte Abschnitte aus den Nevi'im, den Propheten, unter anderem Jesaja. Jesaja 53 gehört jedoch nicht zu den Haftarah-Abschnitten. Daher wird ein orthodoxer Jude dieses Kapitel im Leben kaum lesen, außer er betreibt persönliches Bibelstudium. Für viele ist das ähnlich wie bei manchen Christen, die nur hören, was in der Kirche gesagt wird, aber kein persönliches Bibelstudium betreiben. So kommen manche Abschnitte kaum zur Kenntnis.
Mein Freund erzählte mir, dass er von Jesaja 53 sehr bewegt war, als er es mit mir las. Später sprach er mit seinem Rabbi, der ihm erklärte, dass dies nicht der Messias sei, sondern ein Freiheitskämpfer aus der babylonischen Gefangenschaft. Ich fragte ihn, wann das Kapitel geschrieben wurde. Er wusste es nicht genau, wollte es aber nachschauen. Ich erklärte ihm, dass Jesaja um 700 v. Chr. lebte, während die babylonische Gefangenschaft von 606 bis 539 v. Chr. stattfand.
Sein Argument war, dass Jesaja 53 alles in der Vergangenheitsform beschreibt: "Er hat unsere Leiden getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen." Der Rabbi meinte, das sei keine Prophetie, sondern ein Bericht über eine vergangene Person. Doch damit war das Problem nicht gelöst, denn die babylonische Gefangenschaft war für Jesaja noch Zukunft.
Die übliche jüdische Auslegung heute ist, dass der Knecht des Herrn das Volk Israel selbst sei, personifiziert als leidendes Volk. Das kann man jedoch leicht widerlegen. Wer liest Jesaja 53,8-9?
"Infolge von Drangsal und Gericht wurde er weggenommen. Wer will sein Geschlecht beschreiben? Denn er wurde aus dem Land der Lebendigen weggerissen wegen der Übertretung meines Volkes. Man bestimmte sein Grab bei Gottlosen, doch bei einem Reichen war er in seinem Tod, weil er kein Unrecht getan hatte und kein Betrug in seinem Mund gewesen war."
Hier wird klar gesagt, dass der Gottesknecht wegen der Übertretungen meines Volkes Strafe erlitten hat. Der Gottesknecht wird also klar vom Volk Israel unterschieden. Er leidet für das Volk, nicht das Volk selbst leidet.
Schon in Jesaja 42,6 wird der Knecht Gottes als jemand beschrieben, der zum Bund für das Volk wird. Auch hier wird der Gottesknecht deutlich vom Volk Israel unterschieden. Es geht um den neuen Bund, den der Messias bringen wird, wie auch in Jeremia 31 angekündigt.
In Jesaja 49 gibt es jedoch eine Überraschung. In Vers 3 wird der Gottesknecht Israel genannt. Das könnte den Eindruck erwecken, dass der Gottesknecht das Volk Israel sei. Israel war ursprünglich der Eigenname von Jakob, dem Stammvater Israels, von dem die zwölf Stämme abstammen. Jakob erhielt später von Gott den Namen Israel, was "Fürst Gottes" oder "Kämpfer Gottes" bedeutet. So wurde der Name Israel sowohl für den Stammvater als auch für das Volk verwendet.
In Jesaja 49 wird jedoch klar zwischen dem Gottesknecht und dem Volk Israel unterschieden. In Vers 5 und 6 lesen wir:
"Und nun spricht der Herr, der mich vom Mutterleib an für sich zum Knecht gebildet hat, um Jakob zu ihm zurückzubringen und damit Israel zu ihm gesammelt werde: Ich bin geehrt in den Augen des Herrn, und mein Gott ist meine Stärke geworden. Ja, er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten Israels zurückzubringen. So mache ich dich auch zum Licht der Nationen, damit mein Heil bis an die Enden der Erde reicht."
Hier wird ganz deutlich gesagt, dass die Aufgabe des Gottesknechtes darin besteht, Jakob (das Volk Israel) zu Gott zurückzuführen und die Stämme wiederherzustellen. Der Gottesknecht ist also nicht das Volk selbst, sondern eine Person, die für das Volk handelt.
Der Messias wird hier also als Israel bezeichnet, an dem sich Gott verherrlichen wird. Wie ist das zu verstehen? Das Volk Israel war von Gott auserwählt, um ein Licht für die Völker zu sein. Doch Israel hat als Nation versagt, fiel in Götzendienst und Gesetzlichkeit und erfüllte diese Aufgabe nicht. Nun kommt der Messias, um diese Aufgabe zu erfüllen.
In Johannes 15,1 sagt Jesus: "Ich bin der wahre Weinstock, ihr seid die Reben." Wenn er der wahre Weinstock ist, stellt sich die Frage, wer der falsche ist. In Psalm 80,9 heißt es:
"Einen Weinstock hast du aus Ägypten herausgebracht, du hast die Heidenvölker vertrieben und ihn gepflanzt."
Israel wird hier als Weinstock beschrieben, den Gott aus Ägypten geholt und in Kanaan gepflanzt hat. Jesaja 5 beschreibt, dass Israel keine gute Frucht brachte, sondern ungenießbare Trauben. Israel hat in dieser Aufgabe versagt.
Der Messias kam, um das zu erfüllen, was Israel nicht getan hat. Er nennt sich den wahren Weinstock. Das ist auch der Grund, warum der Messias aus Ägypten kommen musste. In Hosea 11,1 heißt es:
"Als Israel jung war, gewann ich es lieb, und aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen."
Diese Stelle wird in Matthäus 2,15 auf den Messias bezogen. Als König Herodes alle Neugeborenen in Bethlehem töten ließ, flohen die Eltern mit dem Kind nach Ägypten und kehrten erst nach Herodes’ Tod zurück. So kam der Messias aus Ägypten ins verheißene Land, um der wahre Weinstock zu sein.
Jesus sagte zu seinen jüdischen Jüngern, dass sie die Reben seien. Wer mit ihm verbunden ist, wird Frucht bringen für den Vater, den Weingärtner. So können alle aus Israel, die sich mit dem Messias verbinden, Frucht bringen, die Israel einst nicht brachte.
Der Messias wird also als Israel bezeichnet, aber klar vom Volk unterschieden. Er soll Israel zu Gott zurückführen.
In Jesaja 49,4 spricht der Messias enttäuscht über sein Lebenswerk:
"All mein Werk war für nichts, ich habe mich vergeblich abgemüht und verzehrt."
Das zeigt, dass der Messias kommen wird, sich für Israel einsetzen wird, aber die Mehrheit das Volk ihn ablehnen wird.
Jesus wirkte drei Jahre öffentlich, von seinem Dienstbeginn mit 30 bis zur Kreuzigung mit 33. Er reiste im ganzen Land und predigte in Synagogen. Doch am Ende rief die Volksmenge vor Pilatus: "Kreuzige ihn!"
Zwar glaubten viele, darunter die zwölf Apostel und die siebzig Jünger aus Lukas 10, sowie einige Jüngerinnen, die im Neuen Testament hoch geschätzt werden. Doch im Vergleich zu den Millionen Juden war das eine kleine Minderheit.
Manche folgten Jesus eine Zeit lang und wandten sich dann wieder ab. In Johannes 6,59ff wird berichtet, dass viele Jünger nach einer harten Predigt in Kapernaum zurückgingen. Jesus fragte die Zwölf, ob sie auch gehen wollten. Simon Petrus antwortete: "Herr, zu wem sollten wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens."
Jesus erlebte also große Enttäuschung. In Matthäus 11,20-23 finden wir seine Wehe-Worte über die drei Städte, in denen er am meisten wirkte:
"Wehe dir, Chorazin! Wehe dir, Bethsaida! [...] Und du, Kapernaum, die du bis zum Himmel erhoben bist, wirst bis in das Totenreich hinabgeworfen werden."
Diese drei Städte liegen im nördlichen Bereich des Sees Genezareth, bilden das sogenannte "Evangelium-Dreieck". Kapernaum war der Wohnsitz Jesu während seines öffentlichen Dienstes.
Geographisch liegt Kapernaum etwa 212 Meter unter dem Meeresspiegel, im geologischen Grabenbruch zum Toten Meer. Es wird genannt "Dorf des Trostes", von dort aus verkündete Jesus seine Botschaft im ganzen Land.
Diese Ablehnung entspricht Jesaja 49,3-4, wo der Messias sagt, er habe sich vergeblich abgemüht. Das Gefühl der Frustration beschreibt genau, dass man sich vergeblich bemüht und keine Ergebnisse sieht. Auch Jesus hat dieses Gefühl erfahren.
Doch trotz der Enttäuschung sagt Jesaja 49,4 weiter:
"Doch mein Recht ist beim Herrn, und mein Lohn bei meinem Gott."
Die Enttäuschung führte Jesus nicht zur Hoffnungslosigkeit. Er richtete seine Augen auf den Vater im Himmel. Die Belohnung hängt nicht vom Ergebnis ab, sondern von der inneren Hingabe.
In Matthäus 11,25-26 betet Jesus:
"Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies den Weisen und Verständigen verborgen hast und es Unmündigen offenbart hast. Ja, Vater, so war es wohlgefällig vor dir."
Jesus akzeptierte, dass viele ihn nicht erkannten, aber eine Minderheit ihn verstand. Das ist eine große Hilfe, Frustration zu überwinden, indem man den größeren Plan erkennt.
Jesaja 49 kündigt ein großes Drama an: Der Messias sollte Jakob zu Gott zurückbringen, Israel sammeln, doch das geschah nicht. In Vers 6 heißt es jedoch:
"Es ist zu wenig, dass du nur mein Knecht bist im Blick auf Israel, um dieses Volk zurechtzubringen. Ich habe dich zum Licht der Nationen gesetzt, um ein Heil zu sein bis an das Ende der Erde."
Als Jesus kam, war sein Dienst klar auf Israel ausgerichtet. In Matthäus 10,5-6 sandte er die zwölf Apostel aus mit dem Auftrag:
"Geht nicht auf den Weg der Heiden und betretet keine Stadt der Samariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen Israels."
Auch in Matthäus 15,24 sagt Jesus zur kanaanäischen Frau:
"Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen Israels."
Doch Jesaja 49 macht klar, dass die Masse Israel den Messias ablehnen wird. Das wird die Chance für alle anderen Völker sein. Gott sagt in Jesaja 49,6:
"Ich habe dich zum Licht der Nationen gesetzt, damit mein Heil bis an die Enden der Erde reicht."
So kam es, dass Israel als Nation, mit Ausnahme eines kleinen Überrests, den Messias verworfen hat. Daraufhin erging der Missionsbefehl Jesu an die ganze Welt. In Apostelgeschichte 1,8 sagt der Auferstandene:
"Ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem, in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde."
Dieses Vierpunktenprogramm beginnt in Jerusalem, dann Judäa, Samaria und schließlich bis an die Enden der Erde.
Der Ausdruck "Ende der Erde" mag zunächst schwierig erscheinen, doch geografisch ist Israel das Zentrum der Welt, am Knotenpunkt von Europa, Asien und Afrika. In Hesekiel 38,12 wird Israel als "Nabel der Erde" bezeichnet. In Hesekiel 5,5 sagt Gott:
"Dies ist Jerusalem, die Stadt, die ich mitten unter die Nationen gesetzt habe."
Unsere Weltkarten entsprechen dieser biblischen Sicht, mit Israel im Mittelpunkt. Von hier aus definiert sich, was das Ende der Erde ist, nämlich die äußersten Landstriche des Festlandes, wie Feuerland in Südamerika, Alaska in Nordamerika, Südafrika, Skandinavien, Australien und die fernsten Regionen Russlands.
Diese Enden der Erde sind mittlerweile erreicht worden. Im 19. Jahrhundert wurden Feuerland und andere entlegene Gebiete missionarisch erschlossen. Thomas Bridges, ein gläubiger Engländer, lernte die Sprache der Ureinwohner, erstellte ein Wörterbuch mit 30.000 Wörtern und übersetzte die Bibel.
Auch die Bibel in der Sprache der Eskimos wurde gefunden, etwa in einer christlichen Buchhandlung in Montreal.
Jesaja 49,6 kündigt also eine weltweite Mission an, die zur Zeit Jesajas (700 v. Chr.) unvorstellbar war. Heute gibt es die Bibel in über 2400 Sprachen, und alle Nationen der Erde sind erreicht.
Das wird auch das Zeichen für die Wiederkunft Jesu als König sein. In Matthäus 24,14 heißt es:
"Dieses Evangelium vom Reich wird in der ganzen Welt verkündigt werden zum Zeugnis für alle Nationen, und dann wird das Ende kommen."
Der Begriff "Nation" (griechisch Ethnos) bezeichnet eine größere soziale Einheit als "Volk" (griechisch Laos). Weltweit gibt es etwa 200 Nationen, aber rund 10.000 verschiedene Völker und etwa 6.000 Sprachen.
Jesus spricht von allen Nationen, nicht nur von einzelnen Völkern oder Stämmen. Die Erfüllung dieser Prophezeiung erleben wir heute.
Wir haben gesehen, wie enttäuscht der Messias über die Ablehnung durch Israel war, was dazu führte, dass Israel keine Wiederherstellung erlebte. Dafür wurde das Evangelium zu allen Nationen bis ans Ende der Erde gebracht.
Nun zu Jesaja 49,2:
"Er hat meinen Mund gemacht wie ein scharfes Schwert, mich verborgen im Schatten seiner Hand, und er hat mich zu einem geschärften Pfeil gemacht, mich verborgen in seinem Köcher."
Das Wort Gottes ist kraftvoll, wie ein zweischneidiges Schwert (Hebräer 4,12) und wird im Epheserbrief als Schwert des Geistes bezeichnet (Epheser 6,17).
In Matthäus 7,28-29 heißt es nach der Bergpredigt:
"Als Jesus diese Worte vollendet hatte, erstaunten die Volksmengen sehr über seine Lehre. Denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten."
Die Menschen erlebten die Kraft seiner Worte, doch die Mehrheit lehnte ihn ab. Das lag nicht an der Methode, sondern daran, dass die Menschen nicht wollten.
Auch Noah predigte 120 Jahre lang, doch nur acht Menschen gingen mit ihm in die Arche (2. Petrus 2; 1. Petrus 3). Noah predigte in der Kraft des Heiligen Geistes, dennoch blieb das Ergebnis enttäuschend.
So erlebte auch Jesus Ablehnung, wie Jesaja 49,7 sagt:
"So spricht der Herr, der Erlöser Israels, sein Heiliger, zu dem von jedermann Verachteten, zu dem Abscheu der Nation, zu dem Knecht der Herrscher."
Hier finden wir mehrere Namen: "der Erlöser Israels", "sein Heiliger", "der Verachtete", "das Abscheu der Nationen", "Knecht der Herrscher". Diese Bezeichnungen zeigen, wie der Messias von den Menschen abgelehnt wurde.
Vor Pilatus wurde Jesus als "das Abscheu der Nationen" bezeichnet. Sogar das Pluszeichen in Israel wird anders geschrieben, um nicht an das Kreuz Christi zu erinnern.
Einmal traf ich am Flughafen Zürich einen Mann, der sich für das Christentum interessierte. Er erzählte, dass er in einer sehr strengen orthodoxen Schule aufgewachsen sei, wo man den Namen Jesu nicht aussprach, sondern nur "er" sagte. Orthodoxe Juden nennen Jesus oft "Jeschu", was eine Abkürzung für einen Fluch ist: "Sein Name und sein Gedächtnis sollen ausgelöscht werden."
Das erfüllt Jesaja 49: Der Messias wird verachtet und abgelehnt. Es ist erstaunlich, dass Jesaja vor 700 Jahren vor Christus so etwas prophezeien konnte.
Wo wird im Alten Testament vorausgesagt, dass der Messias den Namen Jeshua (Jesus) tragen wird? Nirgends wird der Name explizit genannt. Aber Jesaja 49,1 sagt:
"Der Herr hat mich berufen vom Mutterleib an, vom Mutterschoß an hat er meinen Namen genannt."
Der Name wurde also erst vom Mutterschoß an bekanntgegeben. Erst mit Maria war der Mutterschoß des Messias in der Welt.
Im Judentum damals verlobten sich Mädchen meist mit zwölf, heirateten mit 14, Jungen verlobten sich mit etwa 14 und heirateten mit 16. Maria war also wahrscheinlich etwa 12 bis 14 Jahre alt, als sie schwanger wurde.
In Lukas 1,30-31 kündigt der Engel Gabriel Maria an:
"Fürchte dich nicht, Maria, denn du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst seinen Namen Jesus nennen."
In Matthäus 1,20-21 wird Joseph im Traum gesagt:
"Joseph, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria deine Frau zu dir zu nehmen; denn was in ihr gezeugt ist, das ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden."
Der Name Jeshua ist die Kurzform von Jehoshua und bedeutet "Der Ewige ist Heil, Rettung". Jesus ist die griechische Transkription dieses Namens.
Der Name Jesus ist also keine falsche Übersetzung, sondern die griechische Aussprache von Jeshua. Im Neuen Testament steht im griechischen Text "Jesus", in hebräischen Übersetzungen "Jeshua", in italienischen "Gesù" und in englischen "Jesus".
Manche behaupten, man müsse den Namen "Jeschua" aussprechen, um richtig zu beten. Das ist Unsinn. Wenn man Deutsch betet, sagt man Jesus, wenn man Hebräisch betet, sagt man Adon Jeshua (Herr Jesus). Es ist derselbe Name in verschiedenen Sprachen.
Im Arabischen wird Jesus "Issa" genannt, was sich vom hebräischen Jeshua unterscheidet. Arabische Christen unterscheiden so klar zwischen dem historischen Jesus und dem im Koran genannten Isa.
Zurück zu Jesaja 49,1:
"Hört auf mich, ihr Inseln, und hört zu, ihr Völkerschaften, die ihr von fern seid!"
Hier spricht der Messias zu den Inseln und Völkern in der Ferne. Das hebräische Wort "Ijin" wird meist mit Inseln übersetzt, bezeichnet aber auch die Küstengebiete des Mittelmeers auf der europäischen Seite von Kleinasien bis Spanien.
In 1. Mose 10,5 wird beschrieben, wie die Nachkommen Japhets die Inseln und Küsten besiedelten. Die Jafetiten sind die Vorfahren der Europäer, wie Gomer (Germanen und Kelten) und Javan (Griechen).
Das hebräische Wort "Ijin" kommt oft im Alten Testament vor, besonders in Jesaja. Europa wird hier direkt angesprochen.
Das Land Israel liegt am Schnittpunkt von Europa, Asien und Afrika, an der Schnittstelle der alten Hochkulturen von Sumer, Ägypten und Griechenland. Deshalb hat Gott dieses Land ausgewählt, um von dort aus das Evangelium schnell nach Europa, Asien und Afrika zu tragen.
Das Evangelium wurde schon in den ersten Jahrzehnten nach der Kreuzigung nach Afrika, Asien und Europa gebracht. Paulus erhielt in Apostelgeschichte 16 eine Offenbarung, nach Europa zu gehen, nachdem er einen mazedonischen Mann im Traum sah, der rief: "Komm herüber und hilf uns!"
Auch Petrus wirkte unter Juden in Babylon, dem heutigen Irak. Von dort ist es nicht weit nach Persien und Indien.
Europa wurde besonders durch das Evangelium geprägt. Die europäische Musik, Kunst, Fürsorge für Arme, Krankenhäuser, Medizin und Naturwissenschaften wie Physik und Astronomie wurden maßgeblich durch das Christentum beeinflusst.
Heute erleben wir jedoch, dass Europa dem Evangelium gegenüber sehr ablehnend ist, während in anderen Kontinenten das Christentum wächst. In China gibt es konservative Schätzungen von etwa 100 Millionen Christen, viele im Untergrund.
Afrika und andere Kontinente erleben ebenfalls ein starkes Wachstum. Europa hingegen ist verstockt, obwohl es 2000 Jahre Zeit hatte.
Deshalb ist Jesaja 49,1 eine wichtige Botschaft an Europa: "Hört auf mich, ihr Inseln, und hört zu, ihr Völkerschaften in der Ferne!"
Über die Tradition von Weihnachten öffnen sich noch Türen, die sonst verschlossen wären. So habe ich kürzlich bei einem Weihnachtskonzert in einem Altersheim eine Botschaft über Jesus Christus als König und Erfüller von über 300 Prophezeiungen gehalten. Obwohl es ungewöhnlich war, wurde die Botschaft dankbar aufgenommen.
Oft sind die Türen verschlossen, aber über solche Gelegenheiten können wir Menschen erreichen.
Zum Schluss wollen wir danken:
Herr Jesus, wir danken dir, dass du als Knecht Gottes gekommen bist, der für unsere Sünden leiden sollte. Du bist in Bethlehem geboren, um auf Golgatha als Opfer für uns zu sterben und uns zu Gott zu führen.
Wir danken dir, dass du der ewige Gottmensch bist und dass wir die Erfüllung der Prophezeiungen erkennen dürfen. Du hast uns in deinen Heilsplan einbezogen.
Wir sehen, wie die frohe Botschaft bis an die Enden der Erde getragen wurde. Du wirst bald als König wiederkommen.
Hilf uns, die Zeit zu nutzen, um Menschen in dieser Gnadenzeit zu zeigen, dass Versöhnung mit Gott durch dich möglich ist.
Wir danken dir für deine Hilfe und preisen deinen Namen. Amen.
Persönliche Begegnung mit Jesaja 53 und jüdische Auslegungen
Ich erinnere mich gut daran, dass ich als Jugendlicher mit einem orthodoxen Schulkollegen verabredet war, um über den Messias zu diskutieren. Er lud mich zu sich nach Hause ein, in die Enge in Zürich, wo die orthodoxen Juden in Zürich leben. Gemeinsam lasen wir Jesaja 53.
Später erzählte er mir, dass es das erste Mal in seinem Leben war, dass er mit diesem Kapitel konfrontiert wurde. Denn bei den Sabbatlesungen in den Synagogen gehört Jesaja 53 nicht zu den Haftarah-Abschnitten, die dort verlesen werden. In der Synagoge liest man im Laufe eines Jahres immer die ganze Tora, also die fünf Bücher Mose, und dazu bestimmte ausgewählte Abschnitte aus den Nevi'im, den Propheten, darunter auch aus Jesaja.
Jesaja 53 gehört jedoch nicht zu diesen Haftarah-Abschnitten. Deshalb wird ein orthodoxer Jude dieses Kapitel normalerweise nie lesen, außer er betreibt zuhause persönliches Bibelstudium. Für viele ist das ähnlich wie bei Kirchgängern in der Christenheit: Man hört das, was in der Kirche verkündet wird, aber persönliches Bibelstudium findet kaum statt. So kommt man an manche Abschnitte gar nicht erst heran.
Er sagte mir dann, dass ihn das Kapitel Jesaja 53 sehr bewegt habe, als er es mit mir durchgelesen hatte. Doch später sprach er mit seinem Rabbi, der ihm erklärte, dass das nicht vom Messias handele. Auf meine Frage, wer es denn dann sei, antwortete er, es handele sich um einen Freiheitskämpfer aus der babylonischen Gefangenschaft.
Ich fragte ihn, wann Jesaja 53 denn geschrieben worden sei. Er wusste es nicht genau, wollte es aber nachschauen. Ich sagte ihm, es sei etwa um 700 vor Christus geschrieben worden. Dann fragte ich, wann die babylonische Gefangenschaft gewesen sei. Auch darauf wusste er keine genaue Antwort, wollte es aber ebenfalls nachschlagen. Die babylonische Gefangenschaft dauerte von 606 bis 539 vor Christus.
Sein Argument lautete, dass Jesaja 53 alles in der Vergangenheitsform beschreibe: „Fürwahr, er hat unsere Leiden getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen; um unserer Missetaten willen war er zerschlagen, die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.“ Da es in der Vergangenheitsform geschrieben sei, erklärte der Rabbi, handele es sich um einen Freiheitskämpfer aus der babylonischen Gefangenschaft, der gestorben sei. Deshalb sei das keine Prophetie, sondern ein Bericht über Vergangenes.
Die Unterscheidung zwischen dem Knecht und Israel als Volk
Aber damit war das Problem ja nicht gelöst, denn die babylonische Gefangenschaft lag aus der Sicht Jesajas noch in der Zukunft.
Samuel hat mich überrascht, als er das mit dem Freiheitskämpfer brachte. Denn die übliche Auslegung, die man heute im Judentum hört, lautet, dass der Knecht des Herrn wer sei? Das Volk Israel. Nicht ein Freiheitskämpfer, sondern das Volk selbst, das jüdische Volk, das so viel durch die Völker gelitten hat, wird da quasi personifiziert als Knecht des Herrn.
Nun, das kann man sehr einfach widerlegen, und zwar anhand von Vers acht und neun. Kann das jemand lesen? Jesaja 53,8-9:
„Infolge von Drangsal und Gericht wurde er weggenommen. Wer will aber sein Geschlecht beschreiben? Denn er wurde aus dem Land der Lebendigen weggerissen, wegen der Übertretung meines Volkes. Und man bestimmte sein Grab bei Gottlosen, aber bei einem Reichen war er in seinem Tod; denn er hatte kein Unrecht getan und kein Betrug war in seinem Mund gewesen.“
Jawohl, hier wird gesagt: Wegen der Übertretung meines Volkes hat ihn Strafe getroffen. Also wird der Gottesknecht ganz klar vom Volk Israel unterschieden. Er leidet für das Volk, es ist nicht das Volk, das leidet.
Man kann natürlich auch fragen: Wann hat man das Grab des Volkes Israel bei Gesetzlosen bestimmt? Aber es ist dann im Tod im Grab eines Reichen gewesen. Natürlich hat sich das dort erfüllt, aber in Bezug auf das Volk Israel wäre das eine sinnlose Aussage.
Das stärkste Argument ist eben: Wegen der Übertretung meines Volkes hat ihn Strafe getroffen. Er ist nicht das Volk, sondern er leidet für das Volk.
Der Gottesknecht als Bund für das Volk
Bereits in Kapitel 42 begegnet uns der Knecht Gottes. Von ihm wird in Jesaja 42,6 gesagt: „Jawohl, er wird zum Bund werden für das Volk.“
Hier wird der Gottesknecht deutlich vom Volk Israel unterschieden. Es geht um den neuen Bund, den der Messias bringen wird – der neue Bund nach Jeremia 31 und den folgenden Kapiteln.
Der alte Bund war der Vertrag, den Gott am Sinai nach dem Auszug aus Ägypten mit Israel geschlossen hatte. Die Tafeln des Gesetzes, die zehn Gebote, waren das Zeugnis, das Dokument dieses Bundes zwischen Gott und Israel.
Das Alte Testament macht jedoch klar, dass mit dem Kommen des Messias eine ganz neue Zeit anbrechen wird. Gott wird mit dem Volk Israel einen neuen Bund schließen.
Hier wird deutlich, dass der Messias zum Bund des Volkes wird, aber als Person klar vom Volk unterschieden ist.
Die doppelte Identität des Knechtes in Jesaja 49
In unserem Kapitel 49 gibt es eine Überraschung. Wir haben nämlich in Kapitel 49, Vers 3, gefunden, dass der Gottesknecht Israel genannt wird. Wer liest das nochmals? Jawohl!
Hier wird also der Gottesknecht als Israel bezeichnet. Nun könnte man denken, der Gottesknecht sei das Volk Israel, weil er ja Israel genannt wird. Israel war ursprünglich der Eigenname von Jakob, dem Stammvater Israels. Von ihm stammen die zwölf Patriarchen ab, die die zwölf Stämme Israels bilden. Jakob war der Stammvater Israels, und darum wird das Volk, das von ihm abstammt, in der Bibel immer wieder Jakob genannt.
Weil Jakob, der Stammvater, später von Gott einen neuen Namen erhalten hatte, wurde er Israel genannt. Das bedeutet Fürst Gottes oder Kämpfer Gottes. Ursprünglich war Israel also der Name des Stammvaters, dann der Name des Volkes. Hier aber ist es ein Name für den Messias.
In Kapitel 49 wird dieser Knecht auch vom Volk Israel, vom Volk Jakob, unterschieden. Wo sehen wir das? In den Versen 5 und 6 lesen wir gemeinsam:
„Und nun spricht der Herr, der mich von Mutterleib an für sich zum Knecht bereitet hat, um Jakob zu ihm zurückzubringen und damit Israel zu ihm gesammelt werde. Und ich bin geehrt in den Augen des Herrn, und mein Gott ist meine Stärke geworden. Ja, er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten Israels zurückzubringen. So mache ich dich auch zum Licht der Nationen, mein Heil reicht bis an die Enden der Erde.“
Hier wird ganz klar gesagt, dass die Aufgabe des Gottesknechtes darin besteht, Jakob zu Gott zurückzuführen, also das Volk Israel. Außerdem soll er die Stämme wieder neu aufrichten. Es wird also deutlich zwischen dem Gottesknecht und Israel als Volk unterschieden.
Die Rolle des Messias als Erfüllung Israels Auftrag
Aber nichtsdestotrotz wird der Messias hier genannt: „Israel, du bist mein Knecht, bist Israel, an dem ich mich verherrlichen werde.“ Wie muss man das verstehen?
Das Volk Israel war von Gott auserwählt worden, um auf dieser Erde ein Licht für alle übrigen Völker zu sein. Doch Israel hat als Nation in dieser Aufgabe versagt. Das Volk Israel ist in Götzendienst gefallen und später in eine Gesetzlichkeit verfallen, durch die es innerlich von der Bibel entfernt wurde. So hat Israel die Aufgabe, Zeuge zu sein, nicht erfüllt.
Nun sollte der Messias kommen und die Aufgabe erfüllen, die das Volk Israel nicht erfüllt hat. In diesem Zusammenhang muss man auch die Aussage von Jesus Christus in Johannes 15,1 sehen, wo er am Vorabend der Kreuzigung sagt: „Ich bin der wahre Weinstock, ihr seid die Reben.“ Wenn er sagt: „Ich bin der wahre Weinstock“, stellt sich die Frage: Wer ist denn der falsche Weinstock?
In Psalm 80 finden wir unter anderem die Antwort. Es gibt noch viele andere Schriftstellen, aber gerade Psalm 80 ist sehr deutlich. Psalm 80, Vers 9: „Einen Weinstock hast du aus Ägypten herausgebracht, du hast die Heidenvölker vertrieben und ihn gepflanzt.“ Hier wird Israel, das Volk Israel, mit einem Weinstock verglichen. Gott hat im Land Ägypten einen Weinstock geholt und ihn dann im Land Kanaan gepflanzt, nachdem die Kanaaniter vertrieben waren.
Israel wird also als Nation mit einem Weinstock verglichen. Doch viele Stellen, wie zum Beispiel Jesaja 5, ein ganz wichtiges Kapitel in diesem Zusammenhang, beschreiben in dem Lied vom Weinberg, dass Israel keine richtige Frucht gebracht hat, sondern ungenießbare Trauben – also keine Frucht für Gott. So hat Israel in der Aufgabe, Frucht zu bringen, versagt.
Nun kam der Messias, um das zu erfüllen, was Israel nicht getan hat. Deshalb nennt er sich „Ich bin der wahre Weinstock.“ Übrigens ist das auch der Grund, warum der Messias aus Ägypten kommen musste.
In Hosea 11, Vers 1 heißt es: „Als Israel jung war, gewann ich es lieb, und aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“ Diese Stelle wird in Matthäus 2, Vers 15 auf den Messias bezogen und bedeutet Folgendes: Der Messias wurde in Bethlehem geboren, wie es in Micha 5, Vers 1 vorausgesagt wurde.
Es ist etwas verwirrend, dass in Hosea 11, Vers 1 steht: „Und aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“ Diese Prophezeiung erfüllte sich, als König Herodes schließlich alle Neugeborenen im Umfeld von Bethlehem töten lassen wollte. Die Eltern mussten mit dem Kind nach Ägypten fliehen und blieben dort, bis Herodes gestorben war. Dann kehrten sie zurück ins Land.
So kam der Messias aus Ägypten ins verheißene Land, um dort der wahre Weinstock zu sein, der Frucht bringt. Er sagt zu seinen Jüngern, die Juden waren: „Ihr seid die Reben.“ Wer mit ihm, dem Weinstock, eng verbunden ist, wird Frucht bringen für den Vater, den Weingärtner.
Alle aus Israel, die sich mit dem Messias verbinden, können die Frucht bringen, die Israel einst nicht gebracht hat. Darum wird hier der Messias genannt: „Du bist mein Knecht, bist Israel, an welchem ich mich verherrlichen werde.“
Aus den weiteren Versen wird jedoch klar, dass er vom Volk Israel unterschieden wird. Er soll dafür zuständig sein, dass Israel als Nation wieder zu Gott umkehrt und Jakob zu ihm zurückgebracht wird.
Die Enttäuschung des Messias über die Ablehnung
Nun haben wir gelesen, wie enttäuscht der Messias über sein Lebenswerk spricht. Jesaja 49,4 sagt: „All mein Werk war für nichts, ich habe mich vergeblich abgemüht und verzehrt.“
Das soll zum Ausdruck bringen, dass der Messias kommen wird und sich für das Volk Israel einsetzen wird, um es zu Gott zurückzuführen. Doch es wird nicht so weit kommen, denn die Mehrheit des Volkes wird ihn als Messias verwerfen.
Wenn man darüber nachdenkt: Jesus ist drei Jahre lang öffentlich aufgetreten. Er begann mit etwa 30 Jahren seinen öffentlichen Dienst und endete mit seiner Kreuzigung im Alter von 33. In diesen drei Jahren reiste er durch ganz Israel und predigte in vielen Synagogen. Trotzdem rief die Volksmenge am Ende vor Pilatus, dass er gekreuzigt werden solle.
Natürlich haben Menschen an ihn als Messias geglaubt. Denken wir an die zwölf Apostel, die zwölf Jünger, und viele weitere. In Lukas 10 wird zum Beispiel von den siebzig Jüngern gesprochen, die der Herr zwei und zwei ausgesandt hatte. Es gab also viel mehr Jünger als nur die zwölf. Dazu kommen auch verschiedene Jüngerinnen, die einen wichtigen Dienst taten, der im Neuen Testament sehr hoch geschätzt wird.
So gab es viele Männer und Frauen, die an ihn glaubten. Doch verglichen mit den Millionen Juden im ganzen Land war das eine kleine Minderheit. Es gab auch solche, die eine Zeitlang Jünger waren, sich dann aber von ihm abwandten.
Ich öffne kurz Johannes 6. Dort wird berichtet, dass der Herr eine Predigt in der Synagoge zu Kapernaum hielt, die viel Ärgernis auslöste. Johannes 6,59 sagt: „Dies sprach er, als er in der Synagoge zu Kapernaum lehrte.“ Viele seiner Jünger, die es gehört hatten, sagten: „Diese Rede ist hart, wer kann sie hören?“ Jesus wusste, dass seine Jünger darüber murrten. Er sprach zu ihnen: „Ärgert euch dies, wenn ihr den Sohn des Menschen dahin auffahren seht, wo er vorher war? Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt nichts.“
Er sprach über das Brot des Lebens. In den Versen 66 bis 68 heißt es: „Von da an gingen viele seiner Jünger zurück und gingen nicht mehr mit ihm.“ Da sprach Jesus zu den Zwölfen: „Wollt ihr etwa auch weggehen?“ Simon Petrus antwortete: „Herr, zu wem sollten wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens. Und wir haben geglaubt und erkannt, dass du der heilige Gottes bist.“
Also gab es viele, die sich zwar eine Zeitlang als Jünger Jesu sahen, dann aber wieder weg gingen. So erlebte der Herr eine große Enttäuschung.
Wenn wir dazu noch Matthäus 11 aufschlagen, finden wir seine Wehe-Worte über die drei Ortschaften, in denen er am meisten gewirkt hat in den drei Jahren seines öffentlichen Dienstes. Matthäus 11,20 sagt: „Da fing er an, die Städte zu schelten, in denen die meisten seiner Wundertaten geschehen waren, weil sie keine Buße getan hatten. Wehe dir, Korazin, wehe dir, Bethsaida!“
Und in Vers 23 heißt es: „Und du, Kapernaum, wie du bis zum Himmel erhöht worden bist, du wirst bis zum Totenreich abgeworfen werden.“
Diese drei Städte – Korazin, Bethsaida und Kapernaum – liegen ganz nah beieinander im nördlichen Bereich des Sees Genezareth. Wenn man die Punkte verbindet, ergibt sich ein schönes Dreieck, das man das Evangeliendreieck nennt.
Besonders Kapernaum wurde hervorgehoben, denn der Sohn Gottes zog zu Beginn seines öffentlichen Dienstes von Nazareth nach Kapernaum. Dort nahm er Wohnsitz und von dort aus wirkte er im ganzen Land Israel und sogar darüber hinaus bis in den Libanon.
Matthäus 9,1 nennt Kapernaum „seine Stadt“. Kapernaum heißt auf gut Deutsch „Dorf des Trostes“. Von dort aus verkündete er seine Botschaft des Trostes im ganzen Land Israel.
In Matthäus 11,23 heißt es: „Du bist bis zum Himmel erhöht worden, aber du wirst bis ins Totenreich hinabgestoßen werden.“ Geographisch liegt diese Stadt 212 Meter unter dem Meeresspiegel. Sie ist somit eine der tiefstliegenden Ortschaften der Welt. Jericho liegt noch tiefer, denn das Tote Meer ist die tiefste Stelle der Welt mit etwa minus 400 Metern.
Kapernaum liegt in einem geologischen Grabenbruch, der bis zum Toten Meer hinuntergeht. Diese tief liegende Stadt wurde geehrt, weil der Sohn Gottes dort seinen Wohnsitz nahm.
Der Herr sagt also zu Kapernaum: „Du bist bis zum Himmel erhöht worden, wirst aber bis ins Totenreich, in den Hades, hinabgestoßen werden.“ Der Herr erlebte eine gewaltige Enttäuschung bei dieser Ablehnung. Das entspricht ganz dem Wort aus Jesaja 49,3-4: „Umsonst habe ich mich abgemüht, vergeblich und für nichts meine Kraft verzehrt.“
Heute benutzt man oft das Wort „Frustration“. Kann jemand genau definieren, was Frustration bedeutet und woher das Wort stammt? Es bedeutet Enttäuschung. Das Adverb „frustra“ heißt „vergeblich“. Frustration ist also das Gefühl, das man bekommt, wenn man etwas immer wieder versucht, aber kein Ergebnis erzielt. Diese Enttäuschung, dieses „umsonst“ und „vergeblich“ – das ist Frustration.
Wir erleben dieses Gefühl wahrscheinlich viel zu oft. Doch es ist etwas, das wir alle kennen, und sogar der Herr Jesus hat das auf dieser Erde erfahren.
Darum auch diese Worte: „Wehe dir, Bethsaida, Korazin, Kapernaum!“ Aber es geht weiter im Text: „Nicht nur und für nichts meine Kraft verzehrt, doch mein Recht ist bei dem Herrn und mein Lohn bei meinem Gott.“
Diese Enttäuschung führte den Herrn niemals in Hoffnungslosigkeit. Wir Menschen kennen das: Frustration kann in Hoffnungslosigkeit führen. Aber der Herr zeigte uns, dass das nicht sein darf. Er richtete als Mensch seine Augen auf den Vater im Himmel: „Mein Recht ist bei dem Herrn, er steht zu meinem Auftrag und wird sich dafür verbürgen.“
Auch die Belohnung hängt nicht vom Ergebnis ab, sondern von der inneren Hingabe. Gott belohnt nie nach dem, was wir als Ergebnis im Leben erreicht haben, sondern nach der Motivation und Hingabe, mit der etwas geschieht.
Der Herr zeigt uns, was zu tun ist. Schlagen wir nochmals Matthäus 11 auf, Verse 20 bis 24, wo die Enttäuschung über die drei Städte beschrieben wird. Was folgt dann in Vers 25?
„Zu jener Zeit begann Jesus und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies Verborgene den Weisen und Verständigen verborgen und den Unmündigen geoffenbart hast.“
Es wird ausdrücklich gesagt, dass es sich um eine zeitliche Verknüpfung handelt: „Zu jener Zeit“. Was tut der Herr hier? Er betet an.
Wir können uns fragen: Wenn wir Frustration erlebt haben, wie war dann unsere Reaktion? Haben wir Gott angebetet? Der Herr sagt: „Ja, Vater.“ Vielleicht beten wir nicht laut „Nein, Vater“, aber der Gedanke ist vielleicht in unserem Herzen.
Und der Herr sagt: „Ja, Vater, denn so war es wohlgefällig vor dir.“ Es musste so sein. Die Weisen und Verständigen konnten den Messias nicht erkennen, ihnen war es verborgen. Aber den Demütigen wurde es offenbart.
Das sind Menschen, die sich bewusst sind, dass sie es mit eigener Kraft nicht schaffen können. Auch wenn wir erwachsen sind und viel Verantwortung übernehmen, können wir es nicht allein.
Das ist der Mensch, der nicht wie Kant denkt. Der Philosoph Kant sagte, Aufklärung sei der Ausgang des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit. So deutete er Aufklärung.
Der Demütige sagt jedoch: Nein, ich kann mich nicht von Gott lösen und nicht unabhängig von ihm werden. Der Mensch, ob Kind oder Erwachsener, ist von Gott abhängig.
Der Herr Jesus zeigte das auch im Gleichnis vom verlorenen Sohn sehr eindrücklich. Der jüngere Sohn sagt zum Vater: „Jetzt gib mir, was mir zusteht, ich möchte gehen.“ Das war der Ausgang aus der Unmündigkeit, der Versuch, sich von Gott zu emanzipieren.
In der europäischen Geschichte sieht man, wie Europa sich seit der Aufklärungszeit stark von Gott emanzipiert hat. Man sagte: Unser Verstand muss uns leiten, wir können nicht auf die Bibel oder Gott vertrauen.
Wenn wir die Entwicklung sehen, im 18. Jahrhundert die Aufklärung, im 19. Jahrhundert die Zeit des Atheismus mit Feuerbach, der Gott als Projektion ansah, und Nietzsche, der sagte: „Gott ist tot.“ Nietzsche bemerkte auch: „Merkt ihr, es ist kalt geworden.“ Diese Kälte der Gottesentfernung erlebte er sehr deutlich.
Im 20. Jahrhundert sehen wir die Folgen dieses angeblichen Ausganges aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit. Wir sind dort angelangt, wo der verlorene Sohn bei den Schweinetrögen war – mit all den Folgen von Drogenproblemen und sozialen Problemen, die eine direkte Verbindung zu einem Lebensstil haben, der sich von Gott entfernt hat.
Der Unmündige ist der Mensch, der sagt: Ich bin nicht in einer selbstverschuldeten Abhängigkeit von Gott, sondern ich will diese Abhängigkeit. Der Herr sagt, er hat es den Unmündigen offenbart, während die anderen nicht sehen können.
Der Herr akzeptierte, dass Menschen ihn nicht als Messias erkannten. Es gab eine Minderheit, die ihn sehr wohl erkannte. Er sagt: „Ja, Vater, so sollte es sein.“
Das erleben wir ständig, wie Blaise Pascal, der Mathematiker und Philosoph, sehr schön ausdrückte. In seinen Pensées sagt er frei formuliert: „Es gibt genügend Finsternis, um nicht zu glauben, und es gibt auch genügend Licht, um zu glauben.“
Menschen, die nicht wollen, finden genug Finsternis, um sich von der Bibel und von Gott abzuwenden. Die, die wollen, haben genügend Licht, um die Wahrheit zu erkennen.
Es gibt eine klare Scheidung zwischen denen und denen. Der Herr hat diese Enttäuschung akzeptiert und gebetet: „Ja, Vater.“
Das ist eine große Hilfe, wenn man Frustrationen auf diese Art überwinden kann, indem man den größeren Plan dahinter erkennt.
Der Auftrag des Messias und die Ausweitung auf die Nationen
Jesaja 49 hat ein großes Drama angekündigt. Der Messias sagt in Jesaja 49, dass seine Aufgabe darin bestand, Jakob zu Gott zurückzubringen. In Vers 5 heißt es, dass Israel gesammelt werden sollte, doch dies ist nicht geschehen. In Vers 6 wird dann erklärt, dass das eigentlich zu wenig gewesen wäre.
Lest noch einmal Vers 6. Als der Herr Jesus kam, war sein Dienst klar auf Israel ausgerichtet. In Matthäus 10 können wir das kurz nachlesen: Dort sendet der Herr die zwölf Apostel als seine Botschafter aus. In Matthäus 10, Verse 5 bis 6 sagt er: „Diese Zwölf sandte Jesus aus, gebot ihnen und sprach: Begebt euch nicht auf die Straße der Heiden und betretet keine Stadt der Samariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.“
Ganz klar, der Auftrag richtete sich nicht an die anderen Völker, sondern an das Volk Israel. Auch in Matthäus 15 wird das deutlich. Der Herr ging ausnahmsweise bis ins Gebiet des heutigen Libanon, in die Gegend von Tyrus und Sidon, wo er einer kanaanitischen Frau begegnete. Die Libanesen stammen von den Phöniziern ab, also Kanaaniter. Diese Frau kam zum Herrn, und er antwortete ihr in Matthäus 15,24: „Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.“
Ganz klar war der Auftrag für Israel bestimmt. Jesaja 49 macht jedoch deutlich, dass die Masse den Messias ablehnen würde. Das aber öffnet die Tür für alle anderen Völker. Gott sagt in Jesaja 49,6: „Es ist zu gering, dass du nur mein Knecht bist im Blick auf Israel, um dieses Volk zurechtzubringen. Ich habe dich zum Licht der Nationen gesetzt, um ein Heil zu sein bis an das Ende der Erde.“
So kam es, dass Israel als Nation – abgesehen von dem kleinen Überrest, der den Messias erkannte – ihn verworfen hatte. Daraus entstand der Missionsbefehl Jesu für die ganze Welt. In Apostelgeschichte 1, Vers 8 sagt der Auferstandene zu seinen Jüngern: „Und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde.“
Das ist ein Vier-Punkte-Programm. Es beginnt in Jerusalem, dann geht es in die Landschaft Judäa, anschließend ins Ausland, nach Samaria, und schließlich bis an das Ende der Erde. Der Ausdruck „Ende der Erde“ mag auf den ersten Blick schwierig erscheinen, ist aber eigentlich klar und einfach.
Wenn wir eine Weltkarte anschauen, sehen wir, dass die Darstellung der Erde sehr speziell ist. Wir haben wohl kaum eine Weltkarte gesehen, auf der Australien im Mittelpunkt steht und alle Kontinente darum herum angeordnet sind. Stattdessen befindet sich Europa meist im Zentrum. Diese Sicht entspricht fast der biblischen Perspektive, denn für Gott ist das wichtigste Land das auserwählte Land Kanaan. Dieses Land liegt am Knotenpunkt der drei Kontinente Europa, Asien und Afrika und ist geographisch einzigartig situert.
Dieses Land wird in Hesekiel 38 als „Nabel der Erde“ bezeichnet. In Hesekiel 5, Vers 5 sagt Gott: „Dies ist Jerusalem, die Hauptstadt; ich habe es mitten unter die Nationen gesetzt, und Völker sind um es her.“ Unsere Art, Weltkarten zu zeichnen, entspricht also ziemlich der biblischen Sicht, denn das Land Israel liegt auch ziemlich im Mittelpunkt der Karte.
Von dort aus definiert sich, was das „Ende der Erde“ bedeutet. Das sind die Extremitäten des Festlandes. Dazu gehören beispielsweise Feuerland in Südamerika, Alaska in Nordamerika, Südafrika, Schweden, Norwegen und Finnland im Norden Europas sowie Australien bis hin nach Tasmanien. Im nordöstlichen Bereich zählen die Enden von Russland entlang der Beringstraße, China und Japan dazu.
Der Auftrag, das Evangelium zu verkünden, beginnt in Jerusalem, dann in Judäa, danach in Samaria und schließlich bis an das Ende der Erde. Das bedeutet, dass das gesamte Festland der Welt bis zu seinen Extremitäten erreicht werden soll.
Dieser Auftrag ist längst erfüllt. Die Feuerländer wurden bereits im 19. Jahrhundert erreicht. Damals begleiteten zwei Exemplare der Feuerländer ein Vermessungsschiff, auf dem auch Darwin mitreiste, zurück nach England. Diese beiden hatten zuvor eine Erziehung in England erhalten, die nicht nur Schulbildung, sondern auch Verhaltensregeln beinhaltete, wie man sich als Gentleman benimmt.
Darwin beschrieb in Briefen, wie wild diese Feuerländer waren, als er sie live erlebte – eine unglaubliche Wildheit, als wäre man in einer ganz anderen Welt. Nach kurzer Zeit in England legten die beiden Gentlemen ihre englischen Kleider ab und verhielten sich wieder wie die übrigen Feuerländer.
England war damals überzeugt, dass diese Feuerländer ein Zwischenglied zwischen Tierreich und Mensch seien oder zumindest nicht weit davon entfernt. Thomas Bridges, ein englischer gläubiger Mann, war jedoch anderer Meinung. Er war überzeugt, dass es Menschen sind, die Gott liebt. Er lernte ihre Sprache, stellte ein Wörterbuch mit 30.000 Wörtern zusammen und übersetzte die Bibel für sie.
Das ist nur eine kleine Anekdote zu den „Enden der Erde“ in Südamerika. Doch alle Nationen der Welt und alle Extremitäten, von Tasmanien bis zu den Eskimos, sind erreicht worden. Ich war einmal in einer christlichen Buchhandlung in Montreal, Kanada, und fand dort eine Bibel in Eskimosprache. Die Schrift sieht sehr originell aus.
Die „Enden der Erde“ sind also tatsächlich erreicht worden, und genau das stellt Jesaja uns vor Augen. Jesaja 49,6 spricht von einem Heil bis an das Ende der Erde. Das ist beeindruckend, denn zur Zeit Jesajas, um 700 v. Chr., konnte man sich das nie vorstellen. Wie sollte eine Botschaft die ganze Welt erreichen? Die technischen Möglichkeiten waren damals nicht gegeben.
Der größte Teil dieser Missionsarbeit wurde erst im 19. Jahrhundert geleistet, als moderne Fortbewegungsmittel die Ausbreitung ermöglichten. Um 1800 war die Bibel in etwa siebzig Sprachen übersetzt, 30 Jahre später bereits in ungefähr 137 Sprachen. Heute gibt es die Bibel oder Bibelteile in über 2400 Sprachen.
Alle Nationen der Welt sind in unserer Zeit erreicht worden. Das hat der Herr Jesus vorausgesagt. Dies wird auch der Zeitpunkt sein, an dem er wiederkommt – nicht mehr als leidender Knecht, sondern als König der Welt.
Wir können kurz Matthäus 24 aufschlagen. Dort erklärt der Herr in einer Rede auf dem Ölberg, welche Zeichen die Wiederkunft als König ankündigen werden. In Matthäus 24, Vers 14 heißt es: „Und dieses Evangelium vom Reich wird in der ganzen Welt verkündigt werden zum Zeugnis für alle Heidenvölker, und dann wird das Ende kommen.“
Luther und Schlachter übersetzten hier mit „allen Völkern“. Im Deutschen ist der Begriff „Nation“ eine größere Einheit als „Volk“. Weltweit gibt es etwa 200 Nationen, wobei nicht alle in der UNO sind. Viele Nationen bestehen jedoch aus unzähligen Völkern, wie zum Beispiel Russland, wo viele Minderheiten leben, oder China und Indien, die ebenfalls aus vielen Völkern zusammengesetzt sind.
Der kleinere Begriff „Volk“ wird im Griechischen mit „Laos“ ausgedrückt. Der Herr Jesus benutzt in Matthäus 24 jedoch nicht „Laos“, sondern die größte soziale Einheit, „Ethnos“. Er spricht also von allen Nationen, nicht von allen Völkern, Stämmen oder Sprachen.
Weltweit zählt man etwa 10.000 verschiedene Völker. Das ist ein deutlicher Unterschied zu den rund 200 Nationen. Sprachen gibt es etwa 6.000, ohne Dialekte zu zählen. Der Herr sagt jedoch nicht „allen Völkern“ oder „allen Sprachen“, sondern „allen Nationen“ zum Zeugnis.
Das ist in unserer Lebenszeit Realität geworden. Der Herr sagt: „Dann wird das Ende kommen.“ Das ist dramatisch. Andere Zeichen, die er in seiner Rede erwähnt und die sich um die Zeit des Ersten Weltkrieges erfüllten, zeigen, dass das Ende nicht sofort kommt. Aber in Verbindung mit dem Erreichen aller Nationen sagt er: „Dann wird das Ende kommen.“
Das ist sehr eindrücklich und die Erfüllung von Jesaja 49,6: „Ich habe dich zum Licht der Nationen gesetzt, um ein Heil zu sein bis an das Ende der Erde.“
Wir machen jetzt eine Pause. Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir haben also gesehen, dass der Messias enttäuscht war über die Ablehnung durch das Volk Israel. Dies führte dazu, dass Israel keine Wiederherstellung erleben würde. Dafür sollte das Evangelium zu allen Nationen bis ans Ende der Erde gelangen.
Die Kraft des Wortes des Knechtes
Was wir noch nicht besprochen haben: In Vers 2 heißt es nochmals, jemand liest Vers 2 vor: „Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, hält mich versteckt im Schatten seiner Hand, und er hat mich zu einem geschärften Pfeil gemacht, hat mich verborgen in seinem Köcher.“
Der Knecht Gottes sagt also, dass sein Wort wie ein scharfes Schwert ist. Wir wissen ja, dass das Wort Gottes in der Bibel oft verglichen wird. Zum Beispiel in Hebräer 4,12 wird es als zweischneidiges Schwert beschrieben. Und in Epheser 6 wird das Wort Gottes als das Schwert des Geistes genannt. Das Wort des Messias enthält also eine Kraft, die dem Wesen des Wortes Gottes entspricht: ein zweischneidiges Schwert. Außerdem wird es mit einem Pfeil verglichen.
In Matthäus 7, am Ende der Bergpredigt, die ja die Kapitel 5 bis 7 umfasst, sehen wir, wie die Menschen sehr wohl realisierten, dass die Predigt von Jesus Christus ganz anders war und eine Kraft enthielt, die man bei den Rabbinern vergeblich suchte.
Liest jemand Matthäus 7,28-29? Dort heißt es: „Und es geschah, als Jesus diese Worte vollendet hatte, da erstaunten die Volksmengen sehr über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten.“
Man merkte also, dass das völlig anders war als die Predigt der Schriftgelehrten. Der Herr hat im ganzen Land gepredigt, und alle haben das Erlebte erfahren. Trotzdem muss der Herr dann sagen, dass seine Mühe vergeblich war.
Es lag nicht daran, wie man manchmal behauptet, dass man besser predigen müsste, damit mehr geschehen würde. Das ist sowieso ein großes Problem in der heutigen Zeit: Man sagt, das Ergebnis der Evangelisation hänge von den Methoden ab. Aber was würde man zu Noah sagen? Er predigte 120 Jahre lang, und das Ergebnis war acht Menschen in der Arche mit ihm – und das waren noch nicht einmal alle Fremden, sondern vor allem seine Familienangehörigen. Die anderen traten nicht ein. Hat Noah also die falsche Methode angewendet?
Nein. In 2. Petrus 2 wird Noah als „Prediger der Gerechtigkeit“ bezeichnet. Und in 1. Petrus 3 wird gesagt, dass Christus im Geist hinging und den Geistern im Gefängnis predigte, nämlich damals durch Noah. Das heißt, die Predigt Noachs geschah in der Kraft des Heiligen Geistes.
Wie es in 1. Mose 6 steht, sagt Gott: „Mein Geist soll nicht ewiglich mit dem Menschen rechten, da er Fleisch ist, und seine Tage seien hundertzwanzig Jahre.“ Während dieser Zeit hat Noah also durch den Geist Gottes gepredigt, und trotzdem war das Ergebnis enttäuschend. Man kann sich vorstellen, dass Noah frustriert war – aber nicht, weil die Methode falsch gewesen wäre, sondern weil die Menschen nicht wollten.
Beim Herrn Jesus war es ähnlich: Sein gewaltiges Wort zeigte Kraft, und die Menschen spürten das. Trotzdem zogen die meisten keine Konsequenzen für sich. Die Verwerfung war so total, dass wir uns einmal Jesaja 49,7 anschauen sollten, wo Gott zum Messias spricht.
Ich habe schon gesagt, dass ich beim Lesen der Bibel besonders die Namen Gottes mit einer speziellen Farbe markiere. So findet man schließlich Hunderte von Namen Gottes in der Bibel, und beim Durchblättern hat man sie alle auf einen Blick beisammen. Jeder Name Gottes drückt etwas von seinem Wesen aus. Gott kennen bedeutet Leben. Der Herr Jesus sagt ja in Johannes 17: „Dies ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, erkennen.“
Wie können wir Gott erkennen? Indem wir gerade seine Namen in seinem Wort studieren, die über sein Wesen etwas aussagen. Hier haben wir eine Konzentration solcher Namen. In Vers 6 wird der Messias genannt „das Licht der Nationen, mein Heil bis ans Ende der Erde“.
Und in Vers 7 spricht der Herr: „der Erlöser Israels, sein Heiliger“. Nun finden wir Namen des Messias. Gott spricht zum Messias und nennt ihn wie? Das bezieht sich auf den Sprechenden: „So spricht der Herr, der Erlöser Israels, sein Heiliger.“ Das heißt, der Messias ist der Heilige Israels.
Ich glaube, das ist der Name, der gegen dreißig Mal in Jesaja vorkommt – übrigens schön verteilt, ungefähr die Hälfte im ersten Teil von Jesaja (Kapitel 1 bis 39) und die andere Hälfte in den Kapiteln 40 bis 66. Das ist sehr eindrücklich, denn in der Kritik wird oft behauptet, Jesaja sei von verschiedenen Autoren geschrieben. Der zweite Teil ab Kapitel 40 würde dem sogenannten Deutero-Jesaja zugeschrieben.
Gerade aber der Ausdruck „der Heilige Israels“ ist ein Name Gottes, der sonst in der Bibel höchst selten vorkommt und genau in Jesaja auf die beiden Hälften verteilt ist. Das drückt auch die Einheitlichkeit im Stil aus. Darum „sein Heiliger“.
Jetzt aber wird der Messias auch genannt: „der Verachtete“ – oder wie die Alte Elberfelder Übersetzung hier sagt: „zu dem von jedermann Verachteten“. Und noch ein Name? „Über Abscheu der Nationen“. Eigentlich müsste man übersetzen: „zu dem Abscheu der Nation“.
Und noch ein dritter Name? „Knecht der Tyrannen“ oder „Knecht der Herrscher“. Das ist ein schrecklicher Name für den Messias: der von jedermann Verachtete, das Abscheu der Nation!
Genau das war es vor Pilatus, als die Menge schrie: „Gib uns den Barabbas frei!“ Barabbas wird freigelassen, und Jesus Christus, der das Leben ist, soll gekreuzigt werden – das Abscheu der Nation!
Das hat sogar Auswirkungen in der Mathematik. Ich greife nur etwas heraus: Bis auf den heutigen Tag wird das Pluszeichen in Israel nicht so gemacht wie hier bei uns. Man hat denselben horizontalen Strich, aber das vertikale Zeichen geht nicht über die Horizontale hinaus, sondern nur halb, damit es nicht wie ein Kreuz aussieht. Das kann man zum Beispiel auch auf Briefmarken in Israel sehen. Da gibt es Briefmarken, auf denen der Preis mit einem Pluszeichen angegeben ist. Dieses Plus ist kein Kreuz, um nicht die Assoziation zum Kreuz Christi herzustellen.
Diese Briefmarken gibt es zwar heute nicht mehr, aber das zeigt, wie stark diese Abscheu wirkt.
Ich war einmal auf dem Flughafen Zürich, wollte mit meiner Frau nach Tel Aviv fliegen, und die Maschine hatte Verspätung. El Al verteilte Gutscheine für kostenlose Verpflegung. Ein Reisender suchte Kontakt zu uns, und wir kamen ins Gespräch. Er sagte, er interessiere sich sehr für das Christentum und wolle mehr darüber erfahren.
Es stellte sich heraus, dass er in einer sehr strengen Schule aufgewachsen war. Dort war es verboten, die Zeitrechnung mit den christlichen Monatsnamen zu benutzen. Zum Beispiel durfte man nicht „2. April“ sagen, sondern nur „2. Nissan“ und die Jahreszahl ab der Schöpfung.
Er erzählte, dass er nie den Namen Jesus ausgesprochen habe. Stattdessen sagte er immer „er“ oder „von ihm“. Das weckte sein Interesse: Wer ist eigentlich „er“? So kam sein Interesse am Christentum auf.
Das ist interessant, aber eben Ausdruck der Abscheu, die im orthodoxen Judentum herrscht, den Namen Jesu, Jeshua auf Hebräisch, nicht auszusprechen. Wenn Orthodoxe oder Ultraorthodoxe über Jesus sprechen, sagen sie im Hebräischen nicht Jeshua, sondern „Jeschu“.
Das wird gedeutet als Abkürzung eines Satzes: „Jemach Schmo uSichrono“ – „Es werde ausgelöscht sein Name und sein Gedächtnis“. Man benutzt das als Fluch.
Das ist genau die Erfüllung von Jesaja 49, wo der Herr zu dem spricht, der von jedermann verachtet wird, zu dem Abscheu der Nation.
Man kann sich kaum vorstellen, wie Jesaja so etwas rein menschlich hätte denken können – um 700 vor Christus –, dass der Messias, wenn er kommt, der Verachtete der Nation sein würde. Das widerspricht jeglicher Logik, denn das Volk erwartete den, der kommen würde, um Israels Not zu befreien.
Dass der Messias so abgelehnt würde, hätte man sich nie vorstellen können. Das zeigt, dass es sich um echte Prophetie handelt, die sich wirklich bewahrheitet – entgegen allen menschlichen Erwartungen. Das ist sehr eindrücklich.
Der Name Jeshua und seine Bedeutung
Ja, aber wenn wir schon von seinem Namen Jeshua gesprochen haben – wo kommt dieser Name im Alten Testament vor? Wo wird prophezeit, dass der Messias so heißen würde? Ja, aber das finden wir nicht im Alten Testament. Also meine Frage ist wirklich: Wo wird im Alten Testament vorausgesagt, dass der Messias einmal Jeshua heißen würde, also mit dem eigentlichen Eigennamen?
Ich kenne viele Namen, die vorausgesagt wurden, wie zum Beispiel in Jesaja 9: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben; man nennt seinen Namen wunderbarer Ratgeber, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Friede, Fürst.“ So sind viele Namen vorausgesagt, aber es geht mir um den Namen, der dann bei der Beschneidung, also der eigentliche Rufname, gegeben werden sollte.
Die Beschneidung geschieht im Judentum am achten Tag nach der Geburt, so gemäß 3. Mose 12, und dann wird dem Kind der Eigenname gegeben. Wo wird es im Alten Testament angekündigt, dass er Jeshua heißen würde? Nirgends. Ja, es ist doch erstaunlich, nirgends wird das gesagt.
Aber wir haben hier in Jesaja 49,1 einen interessanten Hinweis. Was sagt der Messias? Wer liest bitte? „Der Herr hat mich berufen vom Mutterleib an, vom Mutterschoß an hat er meinen Namen genannt.“ Jawohl, also erst im Zusammenhang mit dem Mutterschoß des Messias würde der Name genannt werden. Solange es noch keine Maria gab, konnte man auch nicht damit rechnen, dass jemand wüsste, wie der Messias wirklich heißen sollte.
Siebenhundert Jahre vor Christus wird klargemacht, dieser Name wird erst mitgeteilt von Mutterschoß an. Übrigens war es im Judentum damals, vor zweitausend Jahren, üblich, dass Mädchen sich ab zwölf verlobten, also sehr, sehr früh, und etwa mit vierzehn heirateten. Bei Jungen war die Verlobung ab etwa 14 üblich, die Heirat mit 16. Das ist so, wie es in manchen Drittweltländern auch heute noch völlig normal ist.
Ich war viel in islamischen Ländern, besonders in Tadschikistan, und da ist es wirklich so: Wenn ein Mädchen mit 20 Jahren nicht verheiratet ist, gilt sie als alt und niemand will sie. Ja, sie heiraten also sehr früh. Natürlich kann man die ganze Ausbildung nicht vergleichen mit dem, was bei uns ist, und darum sind sie auch früher fertig, sie sind früher abgeschlossen.
Das hängt nicht nur sehr stark mit der Ausbildung zusammen. Man sieht das auch, wenn junge Leute eine Berufsausbildung machen und vielleicht mit 19 oder 20 fertig sind. Die sind auch früher als Persönlichkeiten fertig, als die, die noch länger studieren. Wer studiert, der ist einfach nicht fertig. Es gibt Leute, die studieren ihr ganzes Leben und sind nie wirklich fertig.
Aber es ist wirklich so: Sobald man abgeschlossen hat, kommt man innerlich zur Ruhe, es gibt eine Stabilität. Diejenigen, die immer weiter studieren, wissen oft nicht, wo sie wirklich stehen. Sie wollen sich jeden Tag wieder verändern.
Nur kurz angedeutet, wie das damals im Judentum war: Das war nicht zu allen Zeiten so, aber gerade vor 2000 Jahren war es üblich. In ältesten Zeiten hat man zum Teil wesentlich später geheiratet.
Warum sage ich das? Einfach, um klar zu machen: Wenn es so dem Üblichen entsprach, dann muss man sich Maria nicht als eine 25-jährige Frau vorstellen, sondern als eine zwölf-, dreizehn- oder vierzehnjährige in dieser großen Ordnung. Das macht das Ganze natürlich noch dramatischer.
In Lukas 1 wird der alte Mann Zacharias vorgestellt, ein Priester, der im Tempel eine Offenbarung bekommt, dass er von seiner alten Frau Elisabeth einen Sohn bekommen würde. Er konnte es nicht glauben.
Im gleichen Kapitel 1 kommt dann Gabriel zu Maria und kündigt ihr an, dass sie Mutter des Messias werden würde. Sie konnte sich das überhaupt nicht vorstellen. Wie soll das gehen? „Ich bin ja gar noch nicht verheiratet und habe keinen Verkehr als Verlobte gehabt, und jetzt soll ich Mutter des Messias werden?“ Aber sie glaubt dem Wort Gottes.
Diese Spannung zwischen einem sehr alten Mann und einer zwölf-, dreizehn- oder vierzehnjährigen jungen Frau ist natürlich ein gewaltiger Unterschied. Aber sie glaubt, und der alte Mann, der so reif im Glauben war, kann einfach nicht glauben.
Das wird noch drastischer. Aber eben, dadurch, dass Maria da war, war der Mutterschoß des Messias in dieser Welt existent. Der Messias sagt: „Der Herr hat mich berufen vom Mutterleib an, vom Mutterschoß an meines Namens Erwähnung getan.“
Und in diesem Zusammenhang hat der Engel Gabriel in Lukas 1 den Namen des Messias angekündigt. Lesen wir Lukas 1,31: „Fürchte dich nicht, Maria, denn du hast Gnade bei Gott gefunden; siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst seinen Namen Jesus nennen. Dieser wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und der Herr, Gott, wird ihm den Thron seines Vaters David geben; und er wird über das Haus Jakobs herrschen in Ewigkeit, und sein Königreich wird kein Ende haben.“
Also dort wird der Name Jeshua, Jesus, angekündigt. Gegenüber Joseph wird der Name auch offenbart, aber eben erst in dieser Zeit. In Matthäus 1,20-21 heißt es: „Während er dies im Sinn hatte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum. Er sprach zu Joseph, Sohn Davids: Scheue dich nicht, Maria, deine Frau zu dir zu nehmen; denn was in ihr gezeugt ist, das ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden.“
Hier wird auch gleich gedeutet, was der Name Jesus beziehungsweise Jeshua bedeutet. Jeshua ist die Kurzform von Jehoshua und bedeutet „Der Ewige ist Heil, Rettung“. Dort wird also schon seine Lebensaufgabe angedeutet: Er wird sein Volk erretten von ihren Sünden, indem er zum Opfer wird, wie es in Jesaja 53 vorausgesagt wird – dass er sterben wird als Opfer für das Volk, für die sündigen Menschen.
Jesus ist also keine Übersetzung, sondern einfach die griechische Aussprache von Hebräisch „Jeschua“. Man sagt: Transkription. Wenn ein Name in eine andere Sprache übertragen wird, spricht man ihn so aus, wie es in der anderen Sprache üblich ist.
Jeschua war ein Problem für die Griechen, denn im griechischen Alphabet gibt es keinen Sch-Laut, sondern nur das Sigma, das „S“. Man konnte also nicht „Jeschua“ sagen, sondern höchstens „Jesua“. Dann gibt es noch ein Problem mit dem letzten Konsonanten von „Jeschua“. Man hört ihn fast nicht. Es ist ein Kehllaut, ganz tief unten, der heute auch im Arabischen benutzt wird, aber Europäer können ihn kaum korrekt aussprechen.
Ich habe jahrelang geübt, diesen Laut auszusprechen, und es ist wirklich schwierig. Auch im Arabischen ist es so, dass oft, wenn im Hebräischen ein Sch-Laut ist, im Arabischen ein S-Laut steht. Aber im Arabischen gibt es auch den Sch-Laut.
Für die Griechen war das natürlich auch ein Problem. Also ließ man den Laut einfach weg. Dann wäre es „Jesua“ ohne das „sch“. Das „A“ ist im Hebräischen nur ein flüchtiger Lautvokal, der so eingeschoben wird vor dem Kehllaut.
Im Griechischen enden männliche Namen gerne auf Sigma. So wird aus Elija „Elias“, aus Jesaja „Jesajas“, aus Jeremia „Jeremias“ und so weiter. Das klingt männlich, und so ergibt sich im Griechischen „Jesus“.
Warum sage ich das so ausführlich? Weil es immer mehr Leute gibt, die Unsinn erzählen. Sie sagen, der richtige Name Jesus müsse „Jeschua“ ausgesprochen werden. Die meisten Leute können das gar nicht richtig aussprechen. Das ist nicht wahr, denn Jesus entspricht einfach der Aussprache von Jeshua für einen Griechen.
Im griechischen Text des Neuen Testaments heißt es eben „Jesus“. Wenn man das Neue Testament auf Hebräisch übersetzt, steht da „Jeshua“. Wenn man es auf Italienisch übersetzt, steht „Jesu“. Auf Aramäisch heißt es „Jeshua“, auf Englisch „Jesus“. Es ist grundsätzlich der gleiche Name.
Wieso betone ich das? Ich habe schon erlebt, dass jemand sagte: „Ich kann nicht mehr mit dem Namen Jesus beten, ich muss Jeshua sagen.“ Das ist Unsinn. Wenn man Deutsch betet, sagt man Jesus; wenn man Hebräisch betet, sagt man Adon Jeshua, Herr Jesus. Das ist ganz einfach.
Es folgt, wenn man Jeshua sagt, der Name wird richtig eingeordnet. Es ist ganz umgekehrt, als manche denken.
So können arabische Christen Muslimen erklären: „Wir glauben nicht an ‚Issa‘, sondern wir glauben an Jesua.“ Das ist sehr wichtig, um klarzumachen, dass das nicht der gleiche Jesus ist, sondern ein anderer Jesus. Wie Paulus sagt in 2. Korinther 11: „Wenn jemand zu euch kommt und ein anderes Evangelium bringt, einen anderen Jesus verkündigt.“
So ist der koranische Isa ein anderer Jesus. So kann man das sehr schön im Arabischen unterscheiden.
Im Hebräischen sagen die messiasgläubigen Juden nicht „Jeschu“, sondern benutzen ganz klar die korrekte Form „Jeshua“. Sie sagen: „Wir glauben nicht an diesen Jeschu aus dem Talmud, sondern an den historischen Jeshua von Nazaret.“
Das nur als kleine Einschiebung im Zusammenhang mit dieser interessanten Prophetie in Jesaja 49: Der Name des Messias sollte erst bekannt werden vom Mutterleib, vom Mutterschoß an.
Die Ansprache der Inseln und Völkerschaften
Jetzt aber noch etwas Wichtiges: Kapitel 49, Vers 1. Es spricht der Messias. Liest jemand nochmals den ersten Vers? "Hört auf mich, ihr Inseln, und harrt auf, ihr Völkerschaften, die ihr von fern her seid!" Ja, genau. Hier spricht der Messias, und er richtet sich an die Inseln, an die Völkerschaften in der Ferne.
Letztes Mal haben wir einiges über das Wort "Inseln" ausgeführt. Kann man das noch kurz wiederholen? Es geht um die Landstreifen und das Mittelmeer. Ich bin nicht ganz sicher — ja, ganz genau. Wir haben es hier mit dem hebräischen Wort "iyin" zu tun, das meistens mit "Inseln" übersetzt wird. Das Problem ist, dass wir im Deutschen kein Wort haben, das genau "iyin" entspricht. "Iyin" bezeichnet nämlich nicht nur Inseln, sondern auch Küstengebiete des Mittelmeers auf der europäischen Seite, von Kleinasien, also der Türkei, bis nach Spanien.
Gerade in 1. Mose 10, wo die Jafetiten beschrieben werden, also die, die nach der Sintflut Europa besiedelt haben, wird auch der Stammvater der Germanen und Kelten, Gomer, erwähnt, ebenso Javan, der Stammvater der Griechen. Dort, in 1. Mose 10, wird gesagt, wohin diese Jafetiten gezogen sind. Liest jemand Vers 5? "Nach ihrer Sprache, nach ihren Sippen und ihren Nationen."
Jawohl, also die Jafetiten, von denen die Bewohner der Inseln und Nationen abstammen. Im Hebräischen steht hier "iyim" als Wort für Europa. Dieses Wort kommt sehr oft im Alten Testament vor, besonders häufig in Jesaja. Wir hatten es letztes Mal auch im Zusammenhang mit Jesaja 42, dem Knecht Gottes, gefunden; dort werden die "iyim" ebenfalls speziell erwähnt. Jetzt, wieder in Kapitel 49, werden die "iyim" – also Europa – durch den Messias angesprochen.
Erstaunlich ist, dass das Land Israel so speziell liegt, am Knotenpunkt der drei Kontinente Europa, Asien und Afrika. Man kann auch sagen, an der Schnittstelle der alten antiken Hochkulturen der Sumerer, Ägypter und Griechen in Europa. Warum hat Gott dieses Land an diesem Punkt ausgewählt? Weil es das ideale Land war, von dem aus die Botschaft des Messias schnell nach Europa, Asien und Afrika getragen werden konnte.
Tatsächlich wurde die frohe Botschaft schon in den ersten Jahrzehnten nach der Kreuzigung und Auferstehung Jesu nach Afrika gebracht, in Asien verbreitet und auch nach Europa getragen. Der Apostel Paulus hat ganz besonders einen Dienst in Europa getan. Auf seiner zweiten Missionsreise, in Apostelgeschichte 16, war er noch im Gebiet der heutigen Türkei. Dort erhielt er eine ganz spezielle Offenbarung im Traum: Ein mazedonischer Mann rief: "Kommt, kommt herüber und helft uns!" Das war der Anlass, dass Paulus nach Europa ging und dort einen grundlegenden Dienst tat.
Erstaunlich ist, dass schon im ersten Jahrhundert das Evangelium nach Afrika kam. Denken wir an den Kämmer aus Äthiopien in Apostelgeschichte 8. Auch in Asien verbreitete sich das Evangelium. Selbst Petrus war schon im Irak. Wenn man den ersten Petrusbrief liest, sendet er Grüße von seiner Frau und seinen Mitstreitern aus Babylon. Babylon war zu dieser Zeit ein wichtiges jüdisches Gebiet. Viele Juden lebten zwischen Euphrat und Tigris. Es waren Nachkommen jener Juden, die einst von Nebukadnezar nach Babylon gebracht wurden, aber nie zurück ins verheißene Land gegangen sind. Dort gab es eine starke und wichtige jüdische Gemeinschaft im Zweistromland. Petrus hat offensichtlich auch unter diesen irakischen Juden gewirkt.
Man sieht, wie weit das Evangelium reichte. Vom Irak ist es nicht mehr weit nach Persien und Indien. Aber kein Kontinent wurde so stark mit dem Evangelium konfrontiert wie Europa. Das geschah über zweitausend Jahre hinweg. Das Evangelium hat die Gesellschaft und Kultur Europas entscheidend verändert, geprägt und entwickelt.
Die gesamte europäische Musik wäre ohne das Christentum undenkbar. Bach und Beethoven gäbe es nicht ohne das Christentum. Auch die Malerei, die Kunst insgesamt, alle Bereiche der Kultur sind vom Evangelium durchdrungen. Durch das Evangelium entstand auch die Fürsorge für Arme, Krankenhäuser und die moderne Medizin. Die Naturwissenschaften, etwa Newtons Physik und Astronomie, wurden ebenfalls stark vom Christentum gefördert.
Kein Kontinent hat das so erlebt wie Europa. Ich erwähnte schon die Spitäler, dann kommen noch die Schulen hinzu. Auch die Universitäten im Mittelalter wurden gegründet – direkt durch das Christentum. Die gesamte Bildung wurde wesentlich durch das Christentum aufgebaut.
Heute erleben wir ein Europa, das dem Evangelium gegenüber so ablehnend ist wie kein anderer Kontinent. Man sieht, wie das Evangelium in China enorm vorankommt. Seit der kommunistischen Revolution 1949 hat sich viel getan. Heute zählt man konservativ geschätzt etwa hundert Millionen bekehrte Chinesen. Das meiste geschah in der Zeit der Kommunisten, die eigentlich alle Religion zerstören wollten. Doch das Christentum verbreitete sich gerade in dieser Zeit gewaltig. Auch in Afrika und anderen Kontinenten wächst das Christentum stark.
Europa hingegen ist verstockt. Nach 2000 Jahren hatte dieser Kontinent Chancen wie kein anderer. Jetzt ist die Zeit der Verstockung gekommen, während es in anderen Kontinenten vorangeht. Dieser Kontinent wird hier speziell angesprochen.
Wenn man das so vor Augen hat und nochmals Jesaja 49,1 liest: "Hört auf mich, ihr Iyim! Und merkt auf, ihr Völkerschaften in der Ferne!" – dann ist das eine Weihnachtsbotschaft sondergleichen. Europa wird noch einmal so richtig angesprochen. Europa soll auf den Messias hören.
Der Herr hat mich berufen vom Mutterleib an – das ist eine wahre Weihnachtsbotschaft, nicht wahr? Vielleicht ist das noch eine Chance. Europa lehnt das Evangelium zwar ab, aber über die Tradition von Weihnachten öffnen sich noch Türen, die sonst verschlossen wären.
Ich habe das gerade gestern erlebt. Wir waren mit Jugendlichen aus der Gemeinde und dem Umfeld in einem Altersheim. Es war angekündigt als Weihnachtskonzert. Die Jugendlichen musizierten und sangen. Ich habe eine Botschaft gegeben. Natürlich war das ein bisschen ungewöhnlich: Ich sprach nicht vom Christkind, sondern von Jesus Christus, der in Bethlehem geboren wurde – als König, vorausgesagt durch über dreihundert Prophezeiungen im Alten Testament.
Das war eine ungewöhnliche Weihnachtsbotschaft für ein Altersheim. Ich erklärte auch, dass Jesus wiederkommen wird. Zudem wurde sehr deutlich, wie man mit Gott versöhnt werden kann. Während ich sprach, dachte ich: Wahrscheinlich bin ich zum letzten Mal hier.
Im Anschluss sagte eine Frau zu mir, sie arbeite, so habe ich es verstanden, in einem Altersheim. Wenn sie dort solche Schriften verbreiten würde, bekäme sie sofort die fristlose Kündigung. Ich weiß auch, wie es in den Krankenhäusern ist – als Arzt oder Krankenschwester darf man kaum etwas vom Evangelium sagen. Aber über diese Schiene kommt man hinein.
Am Schluss bedankte sich die Leiterin des Altersheims sehr. Ich dachte, das sei üblich, vielleicht für das letzte Mal. Doch sie sagte: "Ich hoffe, nächstes Jahr kommen Sie wieder." Das ist erstaunlich. Die Türen sind verschlossen, aber über gewisse Wege kommen wir hinein. Das müssen wir nutzen und eine Botschaft weitergeben, die die Welt dringend braucht.
Es ist genau diese Botschaft: "Hört auf mich, ihr Iyim, und merkt auf, ihr Völkerschaften in der Ferne!"
Schlussgebet
Ja, wir sind für heute mit der Zeit fertig. Ich möchte noch beten.
Herr Jesus, wir danken dir, dass du als der Knecht Gottes gekommen bist, der für unsere Sünden leiden sollte. Du bist in Bethlehem geboren worden mit dem Ziel, schließlich an unserer Stelle auf Golgatha zu sterben – als Opfer des Gerechten für uns Ungerechte, um uns zu Gott zu führen.
Wir danken dir, Herr Jesus, dass du der ewige Gottmensch geworden bist. Und wir danken dir, dass wir das so deutlich erkennen dürfen, wie es im Alten Testament vorausgesagt wurde und wie sich alles erfüllt hat.
Du hast uns in diesen Heilsplan mit hineingenommen. Wir haben auch gesehen, wie diese frohe Botschaft bis an die Enden der Erde getragen worden ist.
Du wirst bald kommen als der Richter der Welt. Deshalb bitten wir dich, uns zu helfen, die Zeit gut zu nutzen, um Menschen jetzt, wo noch Gnadenzeit ist, deutlich zu machen, dass es möglich ist, zu Gott zurückzukehren und durch dich versöhnt zu werden.
Wir danken dir für deine Hilfe auch an diesem Nachmittag und preisen deinen Namen. Amen.
