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Esther 2,1 - 2,18

Der Konflikt zwischen "Fleisch" und "Geist", Teil 3/11
23.03.2021Esther 2,1-18
SERIE - Teil 3 / 11Der Konflikt zwischen "Fleisch" und "Geist"

Einführung in die geistliche Betrachtungsweise

Wir fahren jetzt weiter, und ich möchte die, die über den Livestream zugeschaltet sind, darauf hinweisen: Hier unten im Bild kann man einen Download machen, sowohl von diesem Skript als auch von dem farbigen Handout, das die Personen und ihre Darsteller veranschaulicht.

Als Einführung in unsere geistliche Betrachtungsweise wollen wir zunächst sehen, was Ahasveros bedeutet. Er symbolisiert als Herrscher über dieses riesige Reich mit 127 Provinzen die Seele. Die Seele ist der Sitz der Persönlichkeit.

Wir können zunächst einmal in der Bibel aufschlagen, und zwar im ersten Johannesbrief, Kapitel 5, Vers 23. Dort wird erklärt, dass der Mensch eine Dreieinheit ist, zu der auch die Seele als eigene Einheit gehört. 1. Thessalonicher 5,23 sagt: „Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig, und euer ganzer Geist und Seele und Leib werde unversehrt bewahrt bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus.“

Die Seele, die hier erwähnt wird, ist der Sitz der Persönlichkeit. Das sehen wir zum Beispiel auch im Psalm 103. David betet dort in Vers 1: „Preise den Herrn, meine Seele, und all mein Inneres seinen heiligen Namen.“ Wenn er sagt „meine Seele“, dann ist das nichts anderes als „ich“. Also: „Ich soll den Herrn loben.“ Das ist eigentlich eine Rede zu sich selbst, ein Selbstgespräch.

Das ist nicht automatisch ein Hinweis auf Schizophrenie, wenn man sich innerlich auch ermutigt. Das ist absolut biblisch. Natürlich gibt es das Krankhafte, wenn jemand auf der Straße spaziert, niemand sonst in der Nähe ist und er ständig redet. Da muss man denken, das könnte etwas damit zu tun haben. Heute hat sich dieses Phänomen ja unwahrscheinlich ausgebreitet, und darum kann man es auch „Schizophon“ nennen. Aber Spaß beiseite: Es geht hier schön darum zu zeigen, dass „meine Seele“ bedeutet „ich“.

So ist auch Ahasveros zu verstehen. Ich habe ja auf dem Skript darauf hingewiesen: Der Name bedeutet im Persischen so viel wie „Herrscher“. Die Seele ist der Sitz des Ichs und des Willens. Der Mensch wurde von Gott als Persönlichkeit erschaffen, mit einem eigenen Willen. Darum wird der Mensch auch aufgefordert, sich zu entscheiden. Er ist entscheidungsfähig und deshalb auch vor Gott verantwortlich.

Die Seele als eigenständige Einheit

Eine weitere Stelle ist Offenbarung 6, Vers 9, die ich im Skript vermerkt habe. Johannes, der in der Vision in den Himmel entrückt wurde, sieht dort den Brandopferaltar vor dem himmlischen Tempel – also vor dem Original. Im Zusammenhang mit dem fünften Siegel, Offenbarung 6, Vers 9, lesen wir:

„Und als das Lamm das fünfte Siegel öffnete, sah ich unter dem Altar die Seelen derer, die geschlachtet worden waren um des Wortes Gottes und um des Zeugnisses willen, das sie hatten. Und sie riefen mit lauter Stimme und sprachen: ›Bis wann, o Herrscher, der du heilig und wahrhaftig bist, richtest und rächest du nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen?‹ Und es wurde ihnen jedem ein weißes Gewand gegeben. Und es wurde ihnen gesagt, dass sie noch eine kleine Zeit ruhen sollten, bis auch ihre Mitknechte und ihre Brüder vollendet sein würden, die ebenso wie sie getötet werden würden.“

Also sieht Johannes im Himmel die Seelen von Menschen, die auf der Erde ermordet wurden. Im Himmel sind Seelen sogar sichtbar. Niemand von uns behauptet, er hätte jemals eine Seele gesehen. Das Wort „Nephesch“ kommt im Hebräischen von „nafash“. Man hört fast schon „nafash, nafash“, was „hauchen“ bedeutet. Darum heißt Seele „Nephesch“, was „Hauch“ bedeutet. Hauch ist eine besonders anschauliche Vorstellung für etwas, das man nicht sieht, das aber dennoch eine Wirkung hat. Die Seele kann man nicht sehen, aber sie ist da.

Ich habe gestern erklärt, dass in der säkularen Psychologie die Seele oft einfach als eine Auswirkung der chemischen und physikalischen Vorgänge im Körper angesehen wird. Aber das ist nicht die Ansicht aller, die säkular geprägt sind. Zum Beispiel war Sir John Eccles, einer der ganz großen Neurologen der Welt, schon vor Jahren überzeugt, dass im Menschen ein Teil existiert, der nicht materiell ist.

Auch Wilder Penfield, ein großer Neurochirurg aus Montreal, Kanada, hat sich mit diesem Thema beschäftigt. Er führte damals weit über tausend Operationen am offenen Gehirn durch. Das Gehirn selbst ist gefühllos. Deshalb kann man während der Operation Patienten wach lassen. Natürlich muss man vor dem Öffnen des Schädels anesthesieren und die Schädeldecke entfernen. Danach kann die Operation im Wachzustand weitergehen.

Wichtig ist, dass man beim Schneiden im Gehirn am falschen Ort den Patienten schädigen kann. Er könnte zum Beispiel gelähmt aufwachen. Deshalb muss man im Wachzustand ständig kontrollieren, wie der Patient reagiert. Wilder Penfield projizierte beispielsweise Dias mit Schmetterlingen und fragte die Patienten, was sie sehen. Mit der Elektrode lähmte er das Sprachzentrum. Dann sah der Patient den Schmetterling, konnte das Wort aber nicht aussprechen. Erst nachdem der Schmetterling weggeflogen war, kam ihm das Wort wieder in den Sinn.

So machte Penfield unzählige Versuche. Wenn das Gehirn schon offen ist, kann man solche Experimente durchführen. Er konnte zum Beispiel das Sehen beeinflussen, sodass Gegenstände vor den Augen plötzlich größer oder kleiner erschienen. Die Patienten wussten jedoch immer, dass das nicht wirklich war, sondern gemacht wurde.

Ein anderes Mal bewegte ein Patient seinen Finger, obwohl er das nicht selbst wollte. Penfield fragte ihn, warum er den Finger bewegte. Der Patient antwortete, dass er es nicht selbst gemacht habe, sondern Penfield. Penfield schrieb ein Buch mit dem Titel „The Mystery of the Mind“ („Das Geheimnis des Geistes“). Darin beschreibt er, dass er durch seine Operationen festgestellt hat, dass es etwas gibt, das mit Hilfe des Gehirns denkt und arbeitet, aber nicht Teil des Gehirns ist.

Er konnte auch keinen Bereich im Gehirn finden, in dem das „Ich“ lokalisiert ist. Damals hätte man noch kritisieren können, dass Penfield nicht tief genug ins Gehirn vorgedrungen sei, da er hauptsächlich an der Oberfläche arbeitete. Heute jedoch geht man auch in tiefere Hirnregionen hinein, zum Beispiel bei Parkinson-Patienten, wo man Stimulatoren im Gehirn implantiert. Diese Eingriffe zeigen oft gute Ergebnisse, wenn Medikamente nicht mehr helfen.

Trotz aller Fortschritte findet man auch in den tiefen Strukturen des Gehirns kein „Ich“. Penfield drückte seine Überzeugung in seinem Buch so aus: Es gibt etwas, das mit dem Gehirn denkt, aber nicht Teil der materiellen Struktur des Gehirns ist. Das ist die Seele, das Ich.

Die Seele im Jenseits und ihre Bewusstheit

Und nun schauen wir uns noch die Stelle Offenbarung 6,9 an. Diese ist besonders interessant, denn im Jenseits kann Johannes die Seelen sehen. Diese Seelen sind bei vollem Bewusstsein, obwohl sie ihren Körper nicht mehr haben. Sie wurden ja ermordet.

Diese Seelen können beten. Wir befinden uns hier in der Zeit nach der Entrückung der Gemeinde, in der Zeit des Gerichts. Deshalb beten sie um das Eingreifen Gottes und fragen: „Wann rächst du unser Blut?“

Ich persönlich würde nie so beten, und ich hoffe auch niemand, der hier ist. Wir leben in der Zeit der Gnade. In dieser Zeit beten wir, dass unsere Feinde zum Glauben kommen und gerettet werden. Doch in der Zeit des Gerichts ist es dafür zu spät.

Deshalb beten die Seelen in einer anderen Weise. Sie sind bei vollem Bewusstsein und können beten. Ihnen wird gesagt, dass sie noch warten müssen. Diese Seelen werden mit Priestergewändern bekleidet.

Das sind ganz andere Dimensionen, natürlich. Aber es zeigt einfach, dass die Seele etwas Selbständiges ist.

Geist und Seele im Menschen

Und dann gehen wir weiter mit Esther. Sie symbolisiert in dieser geistlichen, lehrmäßigen Betrachtungsweise den Geist des Menschen – also im Gegensatz zur Seele.

Wir haben in 1. Thessalonicher 5,23 gelesen: Seele, Geist. Nun stellt sich die Frage: Was ist eigentlich der Geist? Und überhaupt möchte man fragen, ob es richtig ist, den Menschen als Dreieinheit zu sehen oder ob man ihn nicht eher als Zweieinheit betrachten sollte. Es gibt ja viele Bibelstellen, die vom Körper und von der Seele sprechen, ohne den Geist zu erwähnen.

Es ist so: Es gibt Stellen, die sprechen von Körper und Seele, andere sprechen von Körper und Geist, aber nicht von der Seele. Und wieder andere Stellen sprechen von Geist, Seele und Körper. Die Bibel benutzt oft eine Umgangssprache. Umgangssprachlich wird dann einfach unterschieden zwischen dem Materiellen und dem Nichtmateriellen. Dieses Nichtmaterielle wird je nach Stelle als Seele, Hauch oder Geist bezeichnet.

Was heißt Ruach? Ruach bedeutet eigentlich auch Hauch oder Wind. Es bezeichnet etwas, das man nicht greifen kann, aber dennoch eine Wirkung hat – etwas, das man nicht sieht. Manchmal wird also grob unterschieden zwischen dem Materiellen und dem Immateriellen. Dann steht einfach Seele für das Immaterielle oder Geist für das Immaterielle. Wenn die Bibel ganz präzise unterscheiden will, dann sagt sie eben Seele und Geist.

Seele und Geist gehören eng zusammen. Der Geist des Menschen ist jedoch die Fähigkeit zu höherem Denken. Schlagen wir dazu Psalm 77 auf. Dieses Buch berichtet viel über das Innenleben der Menschen – von Jubeln bis zu traurigsten Klagen. Dort wird viel über das Innenleben gesprochen, über Seele und auch über Geist.

 Psalm 77, Vers 4: Asaph denkt nach: „Ich erinnerte mich an Gott und ich stöhnte. Ich sann nach und mein Geist ermattete. Sela.“ Jetzt folgt ein instrumentales Zwischenspiel im Tempel. Dann geht es weiter: „Du hieltest meine Augenlider offen, ich war voller Unruhe und redete nicht. Ich durchdachte die Tage der Vorzeit, die Jahre der Urzeit.“ Da denkt er über die Geschichte nach: „Wird der Herr auf ewig verwerfen und fortan keine Gunst mehr erweisen?“

Noch in Vers 7: „Ich erinnerte mich an mein Seitenspiel in der Nacht, ich sah nach in meinem Herzen und mein Geist forschte.“ Wieder die Frage: „Wird der Herr auf ewig verwerfen und fortan keine Gunst mehr erweisen?“ Mein Geist forschte.

Der Geist des Menschen ist also die Fähigkeit, zu forschen und zu erkennen.

In Jesaja wird gesagt, die Pferde haben keinen Geist. Von den Tieren wird aber in 1. Mose 1 gesagt, dass Gott lebendige Seelen erschuf. Ich zeige das kurz in 1. Mose 1. Vielleicht steht das in Ihrer Bibel etwas anders, aber ich erkläre, warum.

 1. Mose 1, Vers 20, vierter Schöpfungstag: „Und Gott sprach: Es wimmeln die Wasser vom Gewimmel lebendiger Wesen, und Vögel sollen über der Erde fliegen angesichts der Ausdehnung des Himmels.“ Lebendige Wesen heißt auf Hebräisch lebendige Seelen, nefesch chaja. Das drückt aus, dass die Tiere belebt sind.

Das merken wir ganz besonders bei Säugetieren, wie beseelt sie sind. Das Innenleben eines Hundes ist einfach etwas Sensationelles, oder auch das eines Affen. Gerade vor kurzem habe ich einen kurzen Filmausschnitt gesehen von einem kleinen Jungen im Zoo. Er versteckte sich hinter einer Säule, dann ging der Affe auf die andere Seite, der Junge folgte, der Affe folgte wieder – sie spielten Versteckis miteinander, wie man auf Schweizerdeutsch sagt.

Das ist doch grandios! Was ging in diesem Affen vor? Da ist ein Innenleben, natürlich! Darum spricht die Bibel von der Seele der Tiere, aber sie spricht nie vom Geist der Tiere. Jesaja sagt eben, Pferde haben keinen Geist, als Beispiel. Dieses höhere Denken, das befähigt, über die Geschichte nachzudenken wie Asaph, haben Tiere nicht.

Der Geist als Fähigkeit zum höheren Denken und Zeugnis des Heiligen Geistes

Schauen wir uns noch etwas Grandioseres in Römer 8, Vers 16 an. Paulus sagt dort: „Der Geist selbst bezeugt mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.“ Eine noch bessere Übersetzung wäre: „Der Geist selbst bezeugt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.“

Das bedeutet, dass der Geist Gottes, also Gott selbst, am Geist des Menschen wirkt und ihm etwas bewusst und klar machen kann. Bei Gläubigen vermittelt der Heilige Geist zum Beispiel die Sicherheit des Heils. So weiß jemand, ich bin ein Kind Gottes. Warum? Weil die Bibel sagt: Wenn ich meine Schuld Gott bekenne und an das Erlösungswerk des Herrn Jesus am Kreuz für meine Sünden glaube, dann werde ich ein Kind Gottes.

In Johannes 1, Vers 12 heißt es: „So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden.“ Der Heilige Geist wirkt durch dieses Wort am Geist des Gläubigen und bezeugt ihm: Du bist ein Kind Gottes.

Affen kämen jedoch nie auf die Idee, zuzuhören, wenn jemand im Zoo predigt. Niemand hat jemals einen Affen gesehen, der betet. Das gibt es einfach nicht. Das typische Bild eines Tieres ist so: Wer hat schon eine Kuh gesehen, die zwischendurch mal den Himmel betrachtet und wie Asaf über die Tage von Alters nachdenkt und sich fragt, ob Gott wieder gnädig sein wird? Nein, die Kuh frisst. Und wenn sie hat, was sie für den Tag braucht, dann kann man sie glücklich machen, zum Beispiel mit etwas Auslauf.

Aber das sind keine geistlichen oder geistigen Bedürfnisse wie bei Menschen, die in Verbindung mit dem höheren Denken stehen. Das ist eben der Geist des Menschen. Esther symbolisiert also den Geist des Menschen im Buch Esther.

Interessant ist, dass „Ruach“ auf Hebräisch feminin ist. Man sagt also auf Hebräisch „die Geist“, aber das ist natürlich grammatikalisches Gender. In der Grammatik unterscheidet man ja zwischen Maskulinum und Femininum. Darum sagt man im Deutschen auch „die Butter“. Die Schweizer sind in ihrem Dialekt davon überzeugt, „der Butter“ zu sagen. Wer hat nun Recht? Beide haben Recht. Im Schweizerdeutschen ist „Butter“ maskulin, im Hochdeutschen feminin.

Das hat aber nichts mit dem biologischen Geschlecht zu tun, das im Englischen „sex“ genannt wird. Es sind einfach Kategorien in der Sprache. Diese Kategorien sind sehr wichtig, denn sie können in einem Text, besonders bei Relativsätzen mit „der“ oder „welcher“, die Mehrdeutigkeit neutralisieren und zur Verständlichkeit beitragen. So weiß man, auf welches Wort sich der Relativsatz bezieht, wenn im Vordersatz mehrere Hauptwörter enthalten sind.

Gender in der Grammatik kann aber auch das biologische Geschlecht meinen. Wenn man „der Mann“ sagt, ist das nicht nur grammatikalisches Gender, sondern auch biologisches Geschlecht. Darum sagt man „der Mann“ und nicht „die Mann“. Ebenso sagt man „die Frau“ und nicht „der Frau“. Dagegen ist „das Fräulein“ Neutrum, also nur grammatikalisches Gender. Jeder weiß, dass ein Fräulein biologisch weiblich ist. Es kann also vorkommen, dass Sprache und biologisches Geschlecht nicht übereinstimmen.

Übrigens ist „Geist“ im Griechischen, „pneuma“, sächlich. Das bedeutet: „das Geist“. Nun ist natürlich ein Problem, dass der Heilige Geist im Neuen Testament eine Person ist. Paulus spricht im 2. Thessalonicherbrief über den Heiligen Geist und sagt: „Der, welcher das Böse zurückhält, bis er weg ist, und dann wird der Antichrist kommen.“ Das zeigt, dass der Heilige Geist Gott ist. Gott wird in der Bibel immer mit männlichen Attributen verbunden. Gott ist eben Gott und nicht eine Göttin. Das ist ganz klar. Die Vorstellung von einer Göttin oder Göttinnen ist abgefallenes Heidentum.

Paulus muss deshalb sinngemäß konstruieren: „der, welcher zurückhält“. Im gleichen Text sagt er aber auch „das, was zurückhält“. Warum? Weil er grammatikalisch das Wort „pneuma“ berücksichtigt, das sächlich ist.

Im Hebräischen ist es anders: „Ruach“ ist feminin. Darum wird im Buch Esther der Geist durch eine Frau dargestellt. „Nefesh“ wird im Alten Testament gemischt gebraucht, manchmal weiblich, manchmal männlich. Hier jedoch repräsentiert Ahasveros als Mann die Seele, und „Ruach“ – immer feminin – wird durch Esther dargestellt.

Das Perserreich als Symbol für den menschlichen Körper

Wir gehen weiter. Das Perserreich, dieses riesige Weltreich, das sich von Afrika über Teile Europas bis nach Indien erstreckte und 127 Provinzen umfasste, stellt den menschlichen Körper dar.

Mit all seinen verschiedenen Organen wie Nieren, Lunge, Herz und weiteren Organsystemen ist es ein komplexes Zusammenspiel mit hierarchischen Ordnungen, die alle zusammenwirken. Deshalb konnte das organisierte Perserreich einen Befehl von Asveros erhalten.

Dann gingen die Boten aus und verbreiteten diesen Befehl in allen Sprachen im gesamten Perserreich. Wie wir gerade gesehen haben, sollte der Mann Herr in seinem Haus sein. So stellt das Perserreich gewissermaßen den Körper dar.

Innerhalb dieses Körpers wirkt Asveros als die Seele, und die Königin Esther als der Geist. Ganz oben in der Führung, in Susan, der Hauptstadt, befindet sich die zentrale Leitung.

Haman als Symbol für das Fleisch und die sündige Natur

Wir müssen zunächst Haman kennenlernen, den Agagiter. Er war ein Amalekiter, wobei Agag ein Titel für amalekitische Könige war. Dieses Volk hatte die erste Begegnung mit Israel gleich nach dem Auszug aus Ägypten, wie in 2. Mose 17 beschrieben wird.

Es war ein sehr hinterhältiger Angriff, denn Amalek griff die Schwächsten an – diejenigen, die im Zug der Israeliten zurückgeblieben waren und nicht so schnell gehen konnten wie die anderen. Von da an wurde Amalek ein Todfeind Israels, der sich durch das gesamte Alte Testament zieht.

Haman war ein solcher Agagiter. Er fasste im Buch Esther den Plan, das ganze jüdische Volk, ganz Israel, zu vernichten und auszurotten. Dieser böse Haman ist ein Bild für das, was die Bibel „das Fleisch“ nennt.

Schlagen wir dazu Römer 7 auf. Dort spricht Paulus über die sündige Natur in uns, die ihn sogar zur Verzweiflung brachte. Er sagt in Römer 7, Vers 18: „Denn ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt. Denn das Wollen ist bei mir vorhanden, aber das Vollbringen dessen, was recht ist, finde ich nicht.“

Der Ausdruck „das Fleisch“ bezeichnet etwas im Menschen – nämlich diese sündige Natur, die wir von Adam seit seinem Fall geerbt haben. Sie wird von Generation zu Generation weitergegeben, wie uns bereits in Römer 5, ab Vers 12 erklärt wird.

Paulus sagt also, in diesem Fleisch wohnt gar nichts Gutes. Er fährt fort in Vers 18: „Denn das Wollen ist bei mir vorhanden, aber das Vollbringen dessen, was recht ist, finde ich nicht.“ Er beschreibt weiter: „Denn nicht das Gute, das ich will, übe ich aus, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“

Das bedeutet: Ich möchte eigentlich gar nicht das Böse tun, aber trotzdem tue ich es. Das Ich wird von einer anderen Macht beherrscht. Wir werden sehen, wie Ahasveros total von Haman beherrscht wird. Er gibt ihm sogar seinen Siegelring ab und damit seine ganze Entscheidungsgewalt. So übergibt die Seele der bösen Natur die Handlungsgewalt.

In Vers 19 heißt es: „Denn nicht das Gute, das ich will, übe ich aus, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“ Und weiter: „Wenn ich aber das, was ich nicht will, ausübe, so bringe nicht mehr ich es, sondern die in mir wohnende Sünde.“

Hier wird das Fleisch als „die in mir wohnende Sünde“ bezeichnet. Ganz wichtig ist auch Römer 5, Vers 12. Dort kommt immer wieder der Ausdruck „die Sünde“ in der Einzahl vor. Damit ist nicht eine einzelne Tatssünde gemeint, sondern die sündige Natur, die im Menschen wohnt.

So haben wir also Haman im Perserreich, der durch Ahasveros zu höchster Entscheidungsgewalt befördert wird und dann das Unglück im Buch Esther auslöst.

Ich habe hier noch mehrere Stellen aus dem Galaterbrief aufgeschrieben, auf die wir im Zusammenhang mit dem Buch Esther zurückkommen werden. Es geht einfach darum, zu verstehen, was wir in der Bibel über Haman lernen können und was mit ihm gemeint ist.

Die zehn Söhne Hamans und die Kreuzigung des Fleisches

Dann weiter: Haman hat zehn Söhne, und auch sie werden von Bedeutung sein. Ich schlage mal auf in Galater 5,24: "Die aber des Christus sind, haben das Fleisch gekreuzigt."

Wir werden sehen – ich nehme das gerade mal vorweg – Haman wird an ein Holz gehängt. Dieses "Ans Holz hängen" ist nichts anderes als eine Kreuzigung gewesen. Das werde ich nachher noch genauer erklären. Es handelt sich also nicht einfach um einen Galgen mit einem Strick, sondern Haman wurde am Holz gekreuzigt.

Nun heißt es hier: "Die aber des Christus sind, haben das Fleisch gekreuzigt." Haman wurde also gekreuzigt. Aber wir werden sehen, dass nicht nur Haman ans Holz kommt, sondern auch seine zehn Söhne.

Hier steht, dass dies "samt den Leidenschaften und den Begierden" geschieht. Diese Leidenschaften und Begierden werden durch die zehn Söhne Hamans symbolisiert.

Bigdan und Teresch als Symbol für Sünden und deren Folgen

Und weiter: Bigdan und Teresch, das waren zwei Wächter, die den König Ahasverus ermorden wollten. Diese beiden Männer stehen symbolisch für die Sünden, die Tatsünden.

In 1. Petrus 2,24 heißt es von dem Herrn Jesus, dass er unsere Sünden auf dem Holz getragen hat. So hat der Herr Jesus jede einzelne Tatsünde auf sich genommen und dafür gelitten. Der Mensch muss nach 1. Johannes 1,9 seine Sünden Gott bekennen und bereuen, um Vergebung zu erhalten.

Wenn er jedoch keine Vergebung von Gott annimmt, werden die Sünden ihn in den ewigen Tod führen. Genauso wie diese beiden, Bigdan und Teresch – wobei Teresch übrigens „finster“ bedeutet –, bringen uns diese finsteren Taten den Tod. So wollten diese zwei Männer auch Ahasverus töten.

Im weiteren Verlauf spielen allgemein die Feinde der Juden eine wichtige Rolle im Buch. Diese Feinde haben das Ziel, an einem bestimmten Tag ein Massaker unter den Juden im ganzen Persischen Reich, in allen Provinzen, anzurichten.

Diese Feinde der Juden werden schließlich besiegt, allerdings nicht, indem sie ans Holz gebracht werden wie Haman und seine Söhne, sondern indem sie durch das Schwert besiegt werden.

Diese Feinde der Juden sind in der Übertragung vergleichbar mit den Feinden, wie wir sie in Epheser 6,10-17 finden:

„Im Übrigen, Brüder, seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke. Zieht die ganze Waffenrüstung Gottes an, damit ihr bestehen könnt gegen die Listen des Teufels. Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Fürstentümer, gegen die Gewalten, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern. Deshalb nehmt die ganze Waffenrüstung Gottes, damit ihr am bösen Tag widerstehen und, nachdem ihr alles überwunden habt, stehen könnt.“

Dann erklärt Paulus die ganze Waffenrüstung in sieben Teilen, wenn man die Schuhe als zwei Teile zählt. Erwähnt wird auch das Schwert des Geistes:

„Nehmt auch den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das Gottes Wort ist.“ (Epheser 6,17)

Der Gläubige führt also einen Kampf gegen die Feinde des Volkes Gottes. Diese sind Satan und seine Dämonen, die hier als Fürstentümer und Gewalten bezeichnet werden – Mächte der Bosheit.

Mordechai als Hinweis auf Gott und die Dreieinigkeit

Und weiter müssen wir Mordechai als eine ganz wesentliche Hauptperson kennenlernen. Mordechai ist im Buch Esther ein Hinweis auf Gott.

Da könnte jemand sagen: Aber das geht ja gar nicht, ein Mensch symbolisiert Gott in der Bibel. Dazu muss ich sagen: Man muss noch einmal zurückdenken an 1. Mose 22. Abraham ist bereit, das Liebste herzugeben, nämlich seinen Sohn Isaak, der geopfert werden soll. Das war ein Vorgeschmack darauf, dass einmal Gott, der Vater, seinen Sohn als Opfer geben würde.

Wie Johannes 3,16 sagt: „Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“ Natürlich wurde Isaak verschont, denn es sollte nur ein Bild sein, das zeigt, wie Gott bereit ist, seinen Sohn zu geben.

So sehen wir, dass Abraham ein Hinweis auf Gott, den Vater, ist, und Isaak auf Gott, den Sohn, der bereit war, nach Golgatha zu gehen – ins Land Moria, wie damals Abraham und Isaak.

Weiter in der Geschichte von Isaak und Rebekka geht der Knecht Abrahams und holt die Braut Rebekka für den Sohn Abrahams. Diese Braut Rebekka ist ein Hinweis auf die Gemeinde, die Braut Christi. Das wird deutlich in 2. Korinther 11,1 und in Epheser 5,22-33. Dort wird über die Braut Christi gesprochen, also über die Gemeinde.

Aber wer ist es, der diese Gemeinde heute sammelt? Es ist der Heilige Geist, der an Pfingsten ausgegossen wurde. Nach Johannes 16 geht der Heilige Geist in die Welt, um sie von der Sünde zu überführen. So sammelt der Heilige Geist die Braut für den Sohn, für Christus.

Daraus wird klar, dass der Knecht ein Hinweis auf den Heiligen Geist ist, Isaak auf den Sohn und Abraham auf den Vater.

Sein Name Abraham bedeutet übrigens „Vater einer Menge“. Früher hieß er Abram, was „erhabener Vater“ bedeutet.

Mordechai ist je nach Stelle im Buch Esther mal ein Hinweis auf Gott den Vater, dann auf Gott den Sohn und auch auf Gott den Heiligen Geist. Deshalb haben wir das hier so ausgedrückt: der dreieine Gott – eben je nach Stelle – alles dargestellt durch dieselbe Person.

Warum? Gott ist ein Gott. Es gibt nicht mehrere Götter, sondern nur einen. Trotzdem offenbart sich Gott als Gottheit, in der drei Personen zu unterscheiden sind. Der Vater liebt den Sohn, der Vater sendet den Sohn, und der Sohn ist am Kreuz gestorben, nicht der Vater, auch nicht der Heilige Geist. So wird unterschieden, aber es ist eine totale Einheit in der Gottheit.

Darum wird das durch einen Menschen dargestellt, Mordechai. Wenn man außerdem daran denkt, dass der Mensch ja im Bild Gottes geschaffen worden ist (1. Mose 1), wird noch viel klarer, warum ein Mensch ein Bild für Gott sein kann – ein Hinweis auf Gott.

Das Volk der Juden als Symbol für die Gemeinde heute

Weiterhin spielt das Volk der Juden, das im gesamten Perserreich zerstreut lebt, eine ganz wesentliche Rolle. In dieser geistlichen Übertragung symbolisiert das Volk der Juden heute die Gemeinde, das himmlische Volk Gottes.

Das irdische Volk Gottes steht somit stellvertretend für das himmlische Volk Gottes.

Das Buch der Denkwürdigkeiten als Hinweis auf die Bibel

Bevor wir abschließen, noch ein Hinweis: Im Buch Esther wird wiederholt vom Buch der Denkwürdigkeiten der Zeiterreignisse gesprochen, das mit der Person Medr verbunden ist.

Dieses Buch wird in unserem Bibelstudium eine sehr wichtige Rolle spielen. Es weist darauf hin, dass die Bibel kein Buch voller Legenden und Märchen ist. Wie wir gestern gesehen haben, wird großer Wert auf geschichtliche Genauigkeit gelegt, um zu zeigen, wie Gott konkret in Zeit und Raum handelt.

Deshalb ist das Buch der Denkwürdigkeiten der Zeiterreignisse ein wunderbarer Ausdruck für die Bibel.

So halten wir die Bedeutung dieser wichtigsten Personen sowie derjenigen, die im Buch nur eine Nebenrolle spielen, vor Augen.

Heute Abend werden wir dann Schritt für Schritt das Drama dieser Personen durchgehen und beobachten, wie sich das Puzzle immer mehr entfaltet.

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