Von einer großen Armee zu einer kleinen, auserwählten Gruppe
Wir fahren weiter und haben gesehen, wie Gott aus einer Armee von dreißigtausend eine kleine Gruppe von dreihundert macht. Diese Männer haben aus der Hand geleckt wie Hunde – das war der Vergleich zu den Hunden. Sie sind nicht einfach gemütlich auf die Knie gegangen, um abgelenkt das Wasser direkt wegzutrinken. Stattdessen haben sie sich mit nur ein paar kleinen Schlucken begnügt, damit sie aufmerksam für die Gefahren des Feindes bleiben konnten. Das waren die richtigen Leute.
Warum hat Gott eine so kleine Armee gewollt? Damit Israel sich später nicht rühmen konnte, es sei ihre eigene Kraft gewesen. Es sollte so sein, dass sie sagen mussten: Es war gar nicht möglich, diesen Sieg aus eigener Kraft zu erringen. Der Herr hat den Sieg gegeben.
Vernichtet, und der andere gibt ihm gleich die Deutung: Das ist nichts anderes als das Schwert Gideons. Das hat ihn sehr ermutigt. Also nochmals eine Bestätigung: Gideon war ein Zögerer, und der Herr hat ihm Mut gemacht.
Das erinnert neutestamentlich an Timotheus. Er war sehr zurückhaltend und hat sich nicht nach vorne gedrängt. Dadurch war er zögerlich und hat Dinge nicht getan, die er eigentlich hätte tun sollen. Darum sagt Paulus in 2. Timotheus 1, er solle seine Gnadengabe anfachen wie ein Feuer, das man mit Luftzufuhr entfacht. Weil er zurückhaltend war, hat er seine Gabe zu wenig genutzt.
Timotheus war furchtsam, und zwar schon wegen seines jugendlichen Alters. Deshalb musste Paulus zum Beispiel den Korinthern sagen: Wenn Timotheus kommt, sorgt dafür, dass er ohne Furcht bei euch ist.
Wir sehen gerade in 1. und 2. Timotheus, wie Paulus diesen jungen Mann, der etwas zögerlich war, ermutigt, voranzugehen. Auch Gideon war ein Zögerer, aber der Herr hat ihm wiederholt Mut gemacht.
Der Traum, die Deutung und der Auftrag zum Angriff
Die Reaktion ist bereits eindrücklich in Vers 15. Als Gideon die Erzählung des Traumes und dessen Deutung hörte, betete er an. Ganz spontan wird er in diesem Moment zum Anbieter.
Ich lese gleich weiter: Er kehrte in das Lager Israels zurück und sprach: „Macht euch auf, denn der Herr hat das Lager Midians in eure Hand gegeben.“ Dann teilte er die dreihundert Mann in drei Haufen ein. Er gab ihnen allen Posaunen, leere Krüge und Fackeln, die sie in die Krüge steckten. Zu ihnen sagte er: „Seht es mir ab und tut ebenso. Siehe, wenn ich an das Ende des Lagers komme, so sollt ihr ebenso handeln wie ich. Und wenn ich in die Posaune stoße, ich und alle, die bei mir sind, dann sollt auch ihr in die Posaune stoßen, rings um das ganze Lager. Ruft dabei: ‚Für den Herrn und für Gideon!‘“
Und so wurde es getan. Als die Krüge zerschlagen wurden, kamen die darin versteckten Fackeln ans Licht. Das versetzte die Midianiter derart in Panik, dass Gideon und die dreihundert Männer einen gewaltigen Sieg über diese riesige Armee errangen.
Dies geschah mit erstaunlichen Mitteln: Nicht mit der linken Hand oder einem Rinderstachel, sondern mit Krügen und Schofahörnern. Schofahörner sind Tierhörner, typischerweise von einem Widder. Für ein Schofahorn können aber auch Antilopenhörner verwendet werden, solange es sich um ein reines Tier handelt, wie es in 3. Mose 11 vorgeschrieben ist. Ein solches Schofahorn wurde hier verwendet, zusammen mit den Fackeln.
Die geistliche Bedeutung der Krüge und Fackeln im Neuen Testament
Im Neuen Testament wird gezeigt, dass das auch eine tiefere geistliche Bedeutung hat. Vielleicht hat jemand gedacht, ob diese Auslegung mit dem Wollfliess erlaubt ist. Schauen wir uns an, was das Neue Testament über die Auslegung mit den Krügen und den Fackeln darin sagt.
In 2. Korinther 4 nimmt der Apostel Paulus darauf Bezug. Er erklärt, dass der Satan, der Gott dieser Welt, die ungläubigen Menschen in ihrem Denken verblendet. Das steht in 2. Korinther 4,4. Dann erklärt er weiter, dass das Evangelium ein Licht ist, das in unsere Herzen geleuchtet hat. In Vers 6 heißt es: „Der Gott, der aus der Finsternis Licht leuchten ließ, ist es, der in unsere Herzen geleuchtet hat zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Christi.“
Hier wird erklärt, dass der erste Schöpfungstag eigentlich ein Bild der Bekehrung, der Neuschöpfung ist. Es ist dunkel – so war es in unserem Leben, geistlich dunkel – und dann sagte Gott: „Es werde Licht!“ Und es war Licht. Dieses Licht kam aus der Gegenwart Gottes. So wie bei der Bekehrung von Paulus kam nicht das Sonnenlicht, sondern das Licht, das den Glanz der Sonne überstrahlte, aus der Gegenwart Gottes.
Es wird also erklärt, wie in der Schöpfung Gott dieses Licht leuchten ließ, indem er sprach: „Es werde Licht!“ und es in unsere Herzen leuchtete. In Vers 7 heißt es: „Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen.“ Das bedeutet, wir sind Menschen mit einem menschlichen Körper, der sehr anfällig für Zerstörung ist, wie ein Tonkrug. Es braucht so wenig, und alles ist kaputt. Ein kleiner Unfall mit dem Auto genügt, und schon ist etwas zerstört. Wir sind so zerbrechlich.
Doch dadurch, dass Gott das Evangelium in unsere Herzen hineinscheinen ließ, haben wir gewissermaßen dieses Licht in einem Erdengefäß, genauso wie bei Gideon die Fackeln im Krug. Paulus fährt fort: „Wir haben aber diesen Schatz in Erdengefäßen, auf dass die Überschwernis der Kraft Gottes sei und nicht aus uns.“ Wir sind schwach, wie die Leute bei Gideon, die dreihundert. Unsere Zerbrechlichkeit spricht von unserer Schwachheit.
Er schreibt weiter: „Allen Talben bedrängt, aber nicht eingeengt; keinen Ausweg sehend, aber nicht ohne Ausweg; verfolgt, aber nicht verlassen; niedergeworfen, aber nicht umkommend; allezeit das Sterben Jesu am Leib umhertragend, auf dass das Leben Jesu an unserem Leib offenbar werde.“ Denn „wir, die wir leben, werden allezeit dem Tod überliefert um Jesu willen, auf dass auch das Leben Jesu an unserem sterblichen Fleisch offenbar werde.“
So macht Paulus klar: Wenn wir durch Nöte und Schwierigkeiten hindurchgehen, wo sogar unser Leib zu Schaden kommt und letztlich zerbricht, wird umso mehr das Licht sichtbar, das im Krug verborgen ist. So war es bei Gideon: Das Licht war verborgen, und als der Krug zerbrach, wurde das Licht sichtbar.
2. Korinther 4 sagt also: In unserer Schwachheit und Zerbrechlichkeit kommt umso mehr das Licht des Evangeliums aus uns zum Leuchten. Das Neue Testament macht diesen Bezug ganz klar und zeigt, dass darin eine geistliche Botschaft liegt.
Das gibt uns Mut, auch andere Details im Alten Testament, die im Neuen Testament nicht so ausgelegt werden, auf ihre geistliche Bedeutung hin zu untersuchen. Das Neue Testament fordert uns nicht dazu auf, überall geistlich auszulegen, aber es gibt Beispiele, die uns ermutigen, dies auch an anderen Stellen zu tun.
Ähnlich ist es mit der Stiftshütte. Im Hebräerbrief, Kapitel 9, werden die ersten Verse kurz beschrieben, und es heißt, von welchen Dingen nicht im Einzelnen die Rede sein soll. Später im Hebräerbrief wird das nicht alles weiter ausgeführt. Warum? Damit wir wissen, dass es etwas zu entdecken gibt. Also gehen wir auf die Suche.
Ich lese weiter in Richter 7, Vers 23: „Nachdem also diese Posaunen geblasen wurden und die Krüge zerschmettert wurden...“ In Vers 19 geht der Sieg weiter, und in Vers 23 heißt es: „Und es versammelten sich die Männer von Israel, von Naftali und von Aser und von ganz Manasse, und sie jagten Midian nach. Und Gideon sandte Boten in das ganze Gebirge Ephraim und sprach: Kommt herab Midian entgegen und nehmt ihnen die Gewässer bis Bet Bara und den Jordan!“
Da versammelten sich alle Männer von Ephraim und nahmen ihnen die Gewässer bis Bet Bara und den Jordan. Sie fingen die zwei Fürsten von Midian, Oreb und Seheb. Oreb erschlugen sie an dem Felsen Oreb, und Seheb erschlugen sie bei der Kälte Seheb. Sie jagten Midian nach und brachten die Köpfe Orebs und Sehebs zu Gideon auf die andere Seite des Jordan.
Man sieht, dass die Midianiter aus der Ebene Hamagedon geflohen sind, durch ein Tal, das die Ebene mit dem Jordantal verbindet. Dort kommt man an der Quelle Harrot vorbei, genau auf diesem Weg. Die Midianiter wollten schließlich über den Jordan in das Gebiet jenseits des Toten Meeres und weiter nach Süden fliehen. Deshalb schnitten die Israeliten ihnen den Übergang über den Jordan ab.
Wenn man sich überlegt, wie die Midianiter gerannt sind – ich bin den Weg schon mit dem Auto gefahren, und das dauert eine Weile – dann stellt man sich vor, wie die Israeliten alles zu Fuß und in großer Eile den Midianitern nachgegangen sind. Das ist beeindruckend.
Nun versteht man besser, was in Kapitel 8, Vers 1 folgt: „Und die Männer von Ephraim sprachen zu ihm: Was ist das für eine Sache, die du uns getan hast, dass du uns nicht gerufen hast, als du hinzogst, um gegen Midian zu streiten?“ Sie zankten heftig mit ihm.
Wir sehen: Nach dem ersten Sieg mit den dreihundert wurden viele Männer aus verschiedenen Stämmen zusammengerufen. Die Leute von Ephraim sind beleidigt, weil sie nicht von Anfang an angerufen wurden. Es entsteht Streit.
Wie reagiert Gideon? In Vers 2 sagt er: „Was habe ich nun getan im Vergleich mit euch? Ist nicht die Nachlese Ephraims besser als die Weinlese Abiesas? In eurer Hand hat Gott die Fürsten von Midian, Oreb und Seheb gegeben. Und was habe ich tun können im Vergleich mit euch?“ Da ließ ihr Zorn von ihm ab, als er diese Worte sprach.
Das ist eine Illustration von Sprüche 15: „Eine gelinde Antwort wendet den Grimm ab, aber ein kränkendes Wort erregt den Zorn.“ Gideon zeigt Demut und sagt, dass die Nachlese im Weinberg ein schönes Beispiel ist, aber das ist nicht die einzige Auseinandersetzung.
Es wird noch schwieriger. In Vers 4 weigerten sich Succot und Pnuel zu helfen. Gideon kam an den Jordan, ging hinüber – er und die dreihundert Männer, die bei ihm waren – ermattet und nachjagend. Das war ein unglaublicher Weg, den sie zurückgelegt hatten.
Er sprach zu den Männern von Succot, einer Ortschaft auf der anderen Seite des Jordans: „Gebt doch dem Volk, das mir nachfolgt, einige Laibe Brot, denn sie sind ermattet, und ich jage den Königen von Midian, Sebach und Salmunna, nach.“ Die Obersten von Succot antworteten: „Ist die Faust Sebachs und Salmunnas schon in deiner Hand, dass wir deinem Heer Brot geben sollen?“ Das war eine Beleidigung. Sie sagten, er rühme sich schon, als hätte er den Sieg errungen, und erwarteten Unterstützung, ohne ihn zu respektieren.
Auch Pnuel reagierte ähnlich. In Vers 8 heißt es: „Und er zog von dannen nach Pnuel hinauf und redete zu ihnen auf dieselbe Weise. Die Männer von Pnuel antworteten ihm wie die Männer von Succot.“ Gideon sagte ihnen, wenn er im Frieden aus dem vollendeten Krieg zurückkomme, würden sie dran sein. Und er setzte das um – er bestrafte sie.
In einem Fall antwortete Gideon mit Sanftmut, im anderen ging er auf Konfrontation. Ein Sieg garantiert also nicht, dass man zukünftige Probleme immer gut löst.
In Vers 18 sprach er zu Sebach und Salmuna: „Wie waren die Männer, die ihr zu Tabor erschlagen habt?“ Sie antworteten: „Wie du, so waren sie, jeder an Gestalt gleich einem Königssohn.“ Er sagte: „Das waren meine Brüder, die Söhne meiner Mutter. So wahr der Herr lebt, wenn ihr sie am Leben gelassen hättet, so würde ich euch nicht erschlagen.“ Dann richtete er auch diese Führer hin.
Man sieht, wie sie mit ihm sprachen: Sie schmeichelten ihm und sagten, er sei wie ein Königssohn. Doch Gideon war ein Richter, kein König. Er war eher eine Art König, und das war gefährlich für ihn.
Er besiegte die Midianiter vollständig, aber nun zeigen sich Nachwehen des Sieges: In Vers 22 sagten die Männer Israels zu Gideon: „Herrsche über uns, sowohl du als auch dein Sohn und deines Sohnes Sohn, denn du hast uns aus der Hand Midians gerettet.“ Gideon antwortete: „Nicht ich will über euch herrschen, und nicht mein Sohn soll über euch herrschen; der Herr soll über euch herrschen.“
Dann bat er sie in Vers 24: „Gebt mir von jedem die Ohrringe seiner Beute.“ Die Midianiter hatten goldene Ohrringe, weil sie Ismaeliter waren. Sie gaben sie gerne her. Daraus fertigten sie ein Oberkleid, einen sogenannten Ephod, den Gideon in seiner Stadt Ophra aufstellte.
Ganz Israel hurrte diesem Ephod nach, und er wurde Gideon und seinem Haus zum Fallstrick. So führte Gideon Israel, das durch ihn aus dem Götzendienst herausgeführt worden war, wieder zurück in den Götzendienst. Er war ein Richter, der ausdrücklich gegen den Götzendienst kämpfte, indem er den Ba'al-Altar und die Aschera vernichtete. Doch am Ende führte er das Volk zurück in den Götzendienst.
Das zeigt eine Spiegelachse in der Geschichte von Gideon: Im ersten Teil führt er Israel aus dem Götzendienst heraus, am Schluss führt er sie wieder hinein. Die Leute hatten ihm gesagt: „Herrsche über uns, werde unser König!“ Das Problem mit einem König gab es also schon vor Samuel. Für Gideon war klar: Israel ist eine Theokratie, Gott ist der König. Die Richter sind keine Könige, sie weisen nur auf die Bibel hin.
Obwohl er das sagte, ließ er ein besonderes Symbol herstellen – ein Oberkleid mit Gold –, das bei seinem Wohnort aufgestellt wurde. Das wurde zum Anlass für Götzendienst.
Ein weiteres Problem war, dass Gideon viele Söhne hatte. Einer hieß Abimelech. Im Folgenden wird erklärt, was das bedeutet.
In Vers 28 heißt es: „Das Land hatte in den Tagen Gideons Ruhe vierzig Jahre.“ Vers 29: „Jerupal, der Sohn Joas, ging hin und wohnte in seinem Haus. Gideon hatte siebzig Söhne, die aus seinen Lenden hervorgegangen waren, denn er hatte viele Frauen. Eine von ihnen war auch die zu Sichem, die ihm einen Sohn gebar. Er gab ihm den Namen Abimelech.“
Gideon, der Sohn Joas, starb in gutem Alter und wurde begraben im Grab seines Vaters Joas zu Ophra, dem Ort der Richter.
Siebzig Söhne – das ist schon eine große Zahl. Es wird erklärt, dass er nicht nur eine Frau hatte. Polygamie, also Vielweiberei, ist in der Bibel von Anfang an eine Sünde. Manchmal wird gesagt, im Alten Testament sei das möglich gewesen. Möglich war es zwar, aber es war nie Gottes Wille.
In der Schöpfung sehen wir Gottes Plan ganz klar: Ein Mann und eine Frau. Der Erste, der das durchbrach, war Lamech, der siebte in der Linie von Kain, einem Brudermörder und Mörder. Von ihm heißt es, dass er frech zwei Frauen genommen hatte, Ada und Zillah. Er brach die Schöpfungsordnung.
Das nächste Beispiel für Polygamie in der Bibel ist Abraham, der in seinem Unglauben fiel und Hagar heiratete. Er nahm sie als zweite Frau, nicht nur als Konkubine. Das muss man klar wissen, wenn es heißt, er habe sie genommen – auf Hebräisch „lakach ischa“ bedeutet heiraten. Gott sprach dreizehn Jahre lang nicht mehr mit ihm, so ernst war das.
Diese Sünde setzte sich fort. Auch Gideon hatte viele Frauen. Er führte sich auf wie ein König. Das war das Problem, auch bei David. Die nahöstlichen Könige hatten viele Frauen als Statussymbol. Das war Heidentum pur.
Das muss man auch Muslimen sagen: Polygamie ist Heidentum pur. David dachte, das sei angemessen, weil er König war. Salomo erst recht, und das brachte ihn zu Fall.
Polygamie war nie etwas Gutes. Im Königsgesetz in 5. Mose 17 heißt es, der König solle Silber und Gold nicht mehren. Bei den Frauen heißt es, die Frauen solle er nicht mehren. Mehrzahl bedeutet zwei und mehr. Gott sagt also, er soll die Frauen nicht mehren.
Die Versuchung, so zu sein wie die nahöstlichen Könige, war da und führte zur Polygamie – auch bei Gideon. Es wird gesagt, er hatte noch eine Nebenfrau. Das bedeutet nicht, dass sie keine richtige Ehefrau war, sondern im Erbrecht war sie nicht erbberechtigt. Es ist wie ein Ehevertrag ohne Erbberechtigung. Sie war eine geheiratete Frau, aber in einem besonderen Verhältnis. Sie lebte in Sichem, und Sichem spielt später eine zentrale Rolle in Verbindung mit diesem Sohn, Abimelech.
Der Name Abimelech bedeutet „Mein Vater ist König“. Wie passt das zusammen, wenn Gideon sagt, er wolle nicht herrschen, sondern dass der Herr über Israel herrsche? Dann gibt er seinem Sohn den Namen Abimelech, sodass dieser sagen kann: „Ich heiße Abimelech, mein Vater ist König.“ Abimelech macht sich zum König oder lässt sich zum König machen.
Dieses Problem wird im nächsten Buch weiter erzählt. In der hebräischen Bibelordnung ist das Buch Ruth unter den Schriften eingeordnet, im dritten Teil. Nach Richter kommt 1. Samuel, und dort haben wir das Problem mit einem König anstatt dem Herrn. Der Wurm ist also schon längst drin.
Nun kommen wir zur nächsten Abfallsgeschichte, dem fünften Abfall, in Richter 8, Vers 33 und folgende: „Und es geschah, als Gideon tot war, da hurrten die Kinder Israel wiederum dem Baal nach und machten sich den Baal Berit zum Gott. Die Kinder Israel gedachten nicht des Herrn, ihres Gottes, der sie errettet hatte aus der Hand aller ihrer Feinde ringsum. Sie erwiesen keine Güte an dem Haus Jerub-Baal Gideons nach all dem Guten, das er an Israel getan hatte.“
Abimelech, der Sohn Jerupals, ging nach Sichem zu den Brüdern seiner Mutter und redete zu ihnen und zum ganzen Geschlecht des Hauses des Vaters seiner Mutter. Er sprach: „Redet doch vor den Ohren aller Bürger von Sichem: Was ist besser für euch, dass siebzig Männer über euch herrschen, alle Söhne Jerupaals, oder dass ein Mann über euch herrsche? Bedenkt, dass ich euer Gemeiner und euer Fleisch bin!“
Die Brüder seiner Mutter sprachen von ihm vor den Ohren aller Bürger von Sichem alle diese Worte, und ihr Herz neigte sich zu Abimelech. Sie sagten: „Er ist unser Bruder.“ Sie gaben ihm siebzig Schekel Silber aus dem Haus des Baal Berit. Abimelech mietete damit lose und übermütige Männer, und sie folgten ihm nach.
Er kam in das Haus seines Vaters nach Ophra und ermordete seine Brüder, die Söhne Jerupals, siebzig Mann auf einem Stein. Abijotham, der jüngste Sohn Jerupals, blieb übrig, weil er sich versteckt hatte.
Alle Bürger von Sichem und das ganze Haus Millo versammelten sich, gingen hin und machten Abimelech zum König.
Was der Vater nicht vollendet hatte, setzte der Sohn nun um. In Richter 9, Vers 6 heißt es: „Und alle Bürger von Sichem und das ganze Haus Millo, das ist die Steinaufschüttung, versammelten sich dort, gingen hin und machten Abimelech zum König bei der Terebinte des Denkmals.“
Dieses Krebsgeschwür geht weiter. Abimelech will König werden, und das in einer Zeit, in der die Israeliten dem Baal dienen. Sie machten den Baal Berit zum Gott.
Baal Berit heißt „Baal des Bundes“ oder einfach „Herr des Bundes“. Baal bedeutet „Herr“, aber es ist nicht das Wort, das im Alten Testament für Gott verwendet wird. Für Gott sagt man „Adonai“. Dieser falsche Gott wurde ebenfalls Herr genannt, aber mit einem anderen Wort: Baal.
Dieser Baal Berit ist quasi der Baal des Bundes. Man wird sehen, dass sie mit diesem Bund den Bund meinten, den Gott mit Abraham geschlossen hatte. Und wo? Natürlich in Sichem.
In 1. Mose 12, Vers 6 heißt es: „Und Abram durchzog das Land bis zu dem Ort Sichem, bis zur Terebinte Mores. Die Kanaaniter waren damals im Land. Der Herr erschien Abram und sprach: Deinem Samen will ich dieses Land geben.“ Abram baute dort dem Herrn, der ihm erschienen war, einen Altar.
Sichem ist die erste Ortschaft im Land, die genannt wird, nachdem Abraham ins verheißene Land gekommen war. Das ist heute Nablus, eine der größten palästinensischen Städte im sogenannten besetzten Westjordanland.
Die UNO sagt, dort hätten Israelis nichts zu suchen. Doch im Bezirk Nablus gibt es bis heute viele israelische Siedlungen. Genau dorthin kam Abraham. Dort erschien Gott zum ersten Mal im Land und sagte: „Deine Nachkommenschaft werde ich dieses Land geben.“ Das war Jahrtausende vor der UNO.
Abraham baute seinen ersten Altar, um Gott für diese Verheißung zu danken, und zwar bei der Terebinte Mores.
Später, nachdem das ganze Land erobert war, versammelte Josua das Volk erneut an diesem Ort. Er bestätigte dort den Bund vom Sinai und sagte: „Ihr müsst diesen Bund, den Gott mit euch geschlossen hat, einhalten, sonst wird das Gericht über euch kommen.“
An diesem Ort, wo Gott den Bund mit Abraham gemacht hatte, bestätigte Josua den Bund vom Sinai.
In Josua 24, Vers 25 heißt es: „Und Josua machte einen Bund mit dem Volk am selben Tag und stellte ihnen Satzung und Recht zu Sichem. Er schrieb diese Worte in das Buch des Gesetzes Gottes, nahm einen großen Stein und richtete ihn unter der Terebinte auf, die beim Heiligtum des Herrn steht.“
Josua sprach zum ganzen Volk: „Siehe, dieser Stein soll Zeuge gegen uns sein, denn ihr habt alle Worte des Herrn gehört, die er mit uns geredet hat, und er soll Zeuge gegen euch sein, damit ihr euren Gott nicht verleugnet.“ Danach entließ Josua das Volk, jeden in sein Erbteil.
Es wird also wieder von der Terebinte gesprochen, in Sichem, die beim Heiligtum des Herrn steht. Was ist das für ein Heiligtum in Sichem? Die Stiftshütte stand damals in Schilo (Josua 18,1). Das Heiligtum des Herrn bei der Terebinte ist der Ort, an dem Abraham seinen Altar baute und Gott den Bund mit Abraham schloss, dass Israel dieses Land bekommen werde.
Dieser Bund war bedingungslos. Gott versprach es und wird es erfüllen. An diesem Ort bestätigte Josua den Bund vom Sinai, der an Bedingungen geknüpft war. Der Bund vom Sinai sagte: Wenn Israel Gott untreu ist, wird Israel das Land verlieren und unter alle Völker zerstreut werden, von einem Ende der Erde bis zum anderen (5. Mose 28,64).
Es sind zwei Bündnisse an demselben Ort. Dort richtete Josua ein Denkmal auf, beim Heiligtum des Herrn. Aus diesem Ort, an dem Abraham einen Altar gebaut hatte, wurde ein Heiligtum gemacht.
Das wurde im 20. Jahrhundert ausgegraben. Man fand mächtige Heiligtumsmauern, die einen Bezirk an dieser Stelle umgaben.
Wir machen nun einen kleinen Ausflug nach Sichem. Heute ist das mitten im Großraum von Nablus.
Man sieht dort eine Mauer, die in der Archäologie mit einer Zahl bezeichnet wird, und eine weitere Mauer. So ergibt sich ein großer Bezirk. In diesem Bezirk hatte Abraham seinen Altar gebaut.
Auf der Steinaufschüttung oben sieht man das Denkmal von Josua. Das wurde gefunden.
Wir haben gerade gelesen, dass Abimelech in Richter 9 zum König gemacht wurde. Wo? Bei der Terebinte des Denkmals, Vers 6. Alle Bürger von Sichem und das ganze Haus Millo versammelten sich dort.
Millo bedeutet „Steinaufschüttung“. Die Bürger von Sichem, die zum Haus Millo gehörten, waren verbunden mit diesem Bezirk in Sichem.
Dort wurde nun Abimelech zum König gemacht.
Von oben, vom Berg Garizim, sieht man diesen ausgesparten Bereich zwischen den Häusern im Großraum von Nablus. Im 20. Jahrhundert wurde dort ausgegraben und vieles entdeckt.
Man fand auch den Tempel für Baal Berit, der später noch beschrieben wird. Es ist ein mächtiger Festungstempel mit fünf Meter dicken Mauern.
Dort wurde Geld aus dem Haus genommen (Richter 9, Vers 4). Sie gaben Abimelech siebzig Schekel Silber aus dem Haus des Baal Berit. Damit kaufte Abimelech Mörder, um alle seine Brüder umzubringen und Alleinherrscher in Israel zu werden.
Man sieht die Steinaufschüttung, das erklärt, warum in Richter wiederholt von den Leuten des Millo oder Hauses Millo gesprochen wird. Sie waren verbunden mit der Steinaufschüttung, dem Zentrum von Sichem, dem schrecklichen Festungstempel für Baal, der mit dem Bundesgott Israels identifiziert wurde.
Man sieht den Tempel von hinten, eine Übersicht mit dem Denkmal, dem Festungstempel und dem Heiligtum des Herrn.
Der Festungstempel wurde schräg in das Rechteck des heiligen Bezirks gebaut, aber genau vor dem Stein inmitten des Heiligtums Abrahams.
Der Computer macht es möglich, die Situation so darzustellen.
Man sieht auch das Stadttor von Sichem mit mächtigen Steinen, die vielleicht neun bis zehn Tonnen schwer sind. Wie konnte man sie tragen? Auf den Torseiten gibt es noch mehr solcher riesigen Steine. Vielleicht haben die Riesen der Kanaaniter beim Bau geholfen.
Warum zeige ich das Bild? Weil auch in der Geschichte vom Stadttor von Sichem die Rede sein wird.
Sichem liegt auf der Karte im Norden des Westjordanlandes, heute Nablus. Es liegt genau zwischen den zwei Bergen Garizim, dem Berg des Segens, und Ebal, dem Berg des Fluches.
Das ist wichtig, weil im nächsten Vers, Richter 9, Vers 7, von einem Sohn die Rede ist, der das Massaker überlebte.
Man berichtet es Jotham. Er ging auf den Gipfel des Berges Garizim, dem Berg des Segens, und erhob seine Stimme.
Nach 5. Mose 27, als die Israeliten ins Land kamen, standen sie zwischen den Bergen mit der Bundeslade. Ein Teil der Stämme war auf dem Berg Garizim und sprach den Segen über Israel aus, wenn sie gehorsam waren.
Andere Stämme standen auf dem Berg Ebal und verkündeten den Fluch, der über Israel kommen würde, wenn sie ungehorsam waren.
Jotham stand auf dem Berg Garizim und rief zu den Bürgern von Sichem: „Hört auf mich, Bürger von Sichem! So wird Gott auf euch hören!“
Er erzählte eine Fabel: Die Bäume wollten einen König über sich salben. Sie sprachen zum Olivenbaum: „Sei König über uns!“ Der Olivenbaum antwortete: „Sollte ich meine Fettigkeit aufgeben, die Götter und Menschen an mir preisen, und zu den Bäumen schweben?“
Die Bäume sprachen zum Feigenbaum: „Komm, sei König über uns!“ Der Feigenbaum antwortete: „Sollte ich meine Süßigkeit und gute Frucht aufgeben und zu den Bäumen schweben?“
Die Bäume sprachen zum Weinstock: „Komm, sei König über uns!“ Der Weinstock antwortete: „Sollte ich meinen Most aufgeben, der Götter und Menschen erfreut, und zu den Bäumen schweben?“
Da sprachen alle Bäume zum Dornstrauch: „Komm, sei König über uns!“ Der Dornstrauch antwortete: „Wenn ihr mich wahrhaft zum König salben wollt, vertraut euch meinem Schatten an! Wenn nicht, soll Feuer von mir ausgehen und die Zedern des Libanon verzehren!“
Jotham fährt fort: „Wenn ihr in Wahrheit und Redlichkeit gehandelt habt, indem ihr Abimelech zum König gemacht habt und Gutes getan habt an Jerub-Baal und seinem Haus, denn mein Vater hat für euch gestritten und sein Leben hingegeben, euch aus der Hand Midians errettet, so habt ihr euch heute gegen das Haus meines Vaters erhoben und seine Söhne ermordet.“
Er erzählt eine Fabel. Darf man Fabeln erzählen? Wir wissen, dass Bäume nicht sprechen können. Man kennt zum Beispiel die Fabeln von La Fontaine, einem großen französischen Fabeldichter. Dort sprechen Tiere. Zum Beispiel die Fabel vom Fuchs und Raben: Der Fuchs schmeichelt dem Raben, um ihn zum Singen zu bringen, damit der Käse aus dem Maul fällt.
Solche schönen Fabeln sind Dichtungen. Wenn man die Bibel liest, könnte man denken, es gibt auch Fabeln darin.
Schauen wir in 1. Timotheus 4, Vers 3-4: „Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach ihren eigenen Lüsten sich selbst Lehren aufhäufen werden, indem es ihnen in den Ohren kitzelt, und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren und sich den Fabeln zuwenden.“
Wie kann Jotham eine Fabel erzählen, und die Bibel berichtet das so ausführlich, obwohl vor Fabeln gewarnt wird? Im Griechischen steht für Fabel „Mythos“. Das sind erfundene Geschichten, oft religiöse Geschichten mit Göttern und Geistern, die sich bekämpfen, wie in der griechischen Mythologie.
Der Ausdruck wird auch in Titus 1 verwendet, wo von jüdischen Mythen gesprochen wird. Das sind Phantasien der Rabbiner, die ihre Phantasie freien Lauf ließen und Dinge erzählten, die nicht mit dem Wort Gottes übereinstimmen.
Im Judentum nennt man das „Haggadah“, im Gegensatz zur verbindlichen Lehre „Halacha“. Man muss unterscheiden: Haggadah sind Erzählungen, bei denen viel spekuliert werden darf, Halacha ist die verbindliche Gesetzesauslegung.
Titus 1 warnt vor solchen Mythen. Im Christentum darf man nicht einfach spekulieren.
Im Judentum gibt es viele Meinungen über Prophetie und anderes nebeneinander. Im Christentum aber warnt Titus 1 vor solchen Mythen.
In der Endzeit sagt Paulus, dass die Menschen die gesunde Lehre nicht mehr ertragen und Fabeln hören wollen. Das sind Mythen.
Beispiele dafür sind zum Beispiel die Narnia-Bücher. Das sind Fabeln, religiöse Phantasien, die im Widerspruch zur Bibel stehen. Man sagt, sie hätten einen Bezug zur Bibel, der Löwe symbolisiere Christus, die böse Hexe das Böse und Satan.
Doch die Darstellung, dass der Löwe geopfert wird, ist gotteslästerlich. Nicht Satan hat Christus geopfert, sondern Gott hat seinen Sohn als Opfer gegeben.
Satan brachte die Menschen dazu, den Herrn in ihrer Bosheit zu kreuzigen. Gott gab aber das Opfer.
Es ist kein magisches Gesetz, das Erlösung bringt. Das sind Wahrheiten, die im Wesen Gottes begründet sind.
Solche Filme und Geschichten wie „Herr der Ringe“ sind Okkultismus in Form von Mythen, ähnlich wie bei den alten Babyloniern und Griechen. Davor wird gewarnt.
Die Geschichte von Jotham ist jedoch keine Mythologie, sondern eine Illustration. Das werden wir heute Nachmittag noch näher anschauen.
Die Bedeutung der Stiftshütte und der Bund
Das Gleiche gilt für die Stiftshütte. In Hebräer 9, den ersten Versen, wird die Stiftshütte kurz beschrieben. Danach heißt es, dass von diesen Dingen nicht im Einzelnen die Rede sein soll. Später im Hebräerbrief werden diese Details auch nicht weiter ausgeführt.
Warum steht das hier? Damit wir wissen, dass es etwas zu entdecken gibt. Also machen wir uns auf die Suche.
Ich lese weiter in Vers 23: „Nachdem also diese Posaunen geblasen wurden und die Krüge zerschmettert wurden.“ In Vers 19 geht der Sieg weiter. In Vers 23 heißt es: „Und es versammelten sich die Männer von Israel, von Naftali und von Aser und von ganz Manasse, und sie jagten Midian nach.“
Gideon sandte Boten in das ganze Gebirge Ephraim und sprach: „Kommt herab Midian entgegen und nehmt ihnen die Gewässer bis Bet-Bara und den Jordan.“ Da versammelten sich alle Männer von Ephraim und nahmen ihnen die Gewässer bis Bet-Bara und den Jordan.
Sie fingen die zwei Fürsten von Midian, Oreb und Seheb. Oreb erschlugen sie an dem Felsen Oreb, und Seheb erschlugen sie bei der Kälte Seheb. Danach jagten sie Midian nach. Die Köpfe Orebs und Sehebs brachten sie zu Gideon auf die andere Seite des Jordan.
Die Verfolgung der Midianiter und die Erschöpfung der Kämpfer
Hier sieht man: Da oben ist die Ebene Jezreel, im Hinterland von Haifa. Man sieht das von hier aus kaum.
Jetzt sieht man die Ebene Hamagedon, auch Ebene Israel genannt, ebenfalls im Hinterland von Haifa. Die Midianiter sind aus der Ebene Hamagedon durch ein Tal geflohen, das die Ebene mit dem Jordantal verbindet.
In diesem Tal kommt man an der Quelle Harrot vorbei. Das ist genau der Weg, den sie genommen haben. Dann gingen sie hinunter ins Jordantal, immer weiter hinunter. Die Midianiter wollten schließlich über den Jordan in das Gebiet jenseits des Toten Meeres und noch weiter nach Süden flüchten. Deshalb schnitten sie ihnen den Übergang über den Jordan ab.
Wenn man sich überlegt, wie schnell sie gelaufen sind – ich bin den Weg schon mit dem Auto gefahren, und das dauert schon eine Weile – dann ist es unglaublich, dass die Midianiter alles zu Fuß und in Eile zurückgelegt haben. So kann man besser verstehen, was dann in Kapitel 8, Vers 1 folgt:
„Und die Männer von Ephraim sprachen zu ihm: Was ist das für eine Sache, die du uns getan hast, dass du uns nicht gerufen hast, als du hinzogst, um gegen Midian zu streiten?“ Sie zankten heftig mit ihm.
Nach diesem ersten Sieg mit den dreihundert Mann wurden viele aus verschiedenen Stämmen zusammengerufen. Die Leute von Ephraim waren jedoch beleidigt. Sie fragten, warum sie nicht schon von Anfang an angerufen worden waren. So entstand Streit.
Der Umgang mit Zwietracht und Ablehnung
Wie reagiert Gideon?
Vers 2: Er sprach zu ihnen: „Was habe ich nun getan im Vergleich mit euch? Ist nicht die Nachlese Ephraims besser als die Weinlese Abiesas? In eurer Hand hat Gott die Fürsten von Midian, Oreb und Sebb gegeben. Und was habe ich tun können im Vergleich mit euch?“
Da ließ ihr Zorn von ihm ab, als er diese Worte redete. Unglaublich, das ist eine Illustration von Sprüche 15. Wir können das kurz aufschlagen, denn man selbst gerät immer wieder in solche Situationen. Dort heißt es: „Eine gelinde Antwort wendet den Grimm ab, aber ein kränkendes Wort erregt den Zorn.“
Und was sagt ihr? „Schaut doch, was ihr jetzt macht, das ist ja viel wichtiger als das, was wir gemacht haben.“ Die Nachlese ist im Weinberg ein wirklich schönes Beispiel, das wieder seine Demut zeigt.
Aber es ist nicht die einzige Auseinandersetzung. Es wird noch weiter schwierig.
In Vers 4 haben wir Succot und Pnuel, die wollten nicht helfen. Gideon kam an den Jordan, er ging hinüber, er und die dreihundert Mann, die bei ihm waren, ermattet und nachjagend. Das war ja ein unglaublicher Weg, den sie zurückgelegt haben. Jetzt ist er völlig erschöpft, ebenso seine Leute.
Er sprach zu den Männern von Sukkot, einer Ortschaft auf der anderen Seite des Jordans: „Gebt doch dem Volk, das mir nachfolgt, einige Laibe Brot, denn sie sind ermattet, und ich jage den Königen von Midian, Sebach und Salmunna nach.“
Die Obersten von Sukkot antworteten: „Ist die Faust Sebachs und Salmunnas schon in deiner Hand, dass wir deinem Heer Brot geben sollen?“
Unglaublich! Sie verhöhnen ihn, als würde er sich bereits des Sieges rühmen. „Du bist ja schön eingebildet! Also bitte, mach deine Sache fertig, und jetzt erwartest du, dass wir dich unterstützen?“ So eine Beleidigung.
Doch dann wird er nicht nur von Sukkot enttäuscht, sondern auch von Pnuel.
In Vers 8 heißt es: „Er zog von Dannen nach Pnuel hinauf und redete zu ihnen auf dieselbe Weise.“ Die Männer von Pnuel antworteten ihm, wie die Männer von Sukkot geantwortet hatten.
Gideon sagt: „Wenn ich zurückkomme im Frieden aus dem vollendeten Krieg, dann kommt ihr dran.“ Und das hat er auch umgesetzt.
In einem Fall hat er mit Sanftmut geantwortet, im anderen Fall ist er wirklich auf Konfrontation gegangen.
Die Bestrafung der Midianiterfürsten und die Gefahr der Macht
Ja, wenn man einmal einen Sieg errungen hat, ist das nicht unbedingt eine Garantie dafür, dass man beim nächsten Mal mit dem gleichen Problem ebenso gut umgeht.
Vers 18: Er sprach zu Sebach und zu Zalmuna: „Wie waren die Männer, die ihr zu Tabor erschlagen habt?“ Sie antworteten: „Wie du, so waren sie, jeder an Gestalt gleich einem Königssohn.“ Darauf sagte er: „Das waren meine Brüder, die Söhne meiner Mutter. So wahr der Herr lebt, wenn ihr sie am Leben gelassen hättet, würde ich euch nicht verschonen.“
Anschließend richtet er auch diese Führer hin. Doch wenn man sieht, wie sie mit ihm gesprochen haben, erkennt man, dass sie ihn geschmeichelt haben. Sie sagten ihm, er sei „gleich einem Königssohn, wie du“.
Gideon war jedoch ein Richter, kein König. Trotzdem wurde er in gewisser Weise wie ein König behandelt. Das konnte für Gideon später sehr gefährlich werden.
Er besiegt die Midianiter vollständig, doch wir wollen uns anschauen, welche Nachwirkungen dieser Sieg hat.
Der Wunsch nach Herrschaft und die Entstehung des Ephods
In Vers 22 sprechen die Männer von Israel zu Gideon: „Herrsche über uns, sowohl du als auch dein Sohn und deines Sohnes Sohn, denn du hast uns aus der Hand der Midianiter gerettet.“
Gideon antwortet ihnen: „Nicht ich will über euch herrschen, und auch nicht mein Sohn soll über euch herrschen. Der Herr soll über euch herrschen.“
Dann sagt Gideon zu ihnen: „Eine Bitte will ich von euch erbitten: Gebt mir von jedem die Ohrringe seiner Beute.“ Denn die Midianiter trugen goldene Ohrringe, da sie Ismaeliter waren. Die Israeliten antworteten: „Gern wollen wir sie geben.“
Sie bereiteten daraufhin ein Oberkleid vor und legten darauf die Ohrringe der Beute von jedem. Aus diesen Ohrringen wurde dann ein Ephod hergestellt – ein Oberkleid mit Gold.
In Vers 27 steht weiter: „Und Gideon machte daraus ein Ephod und stellte es in seiner Stadt, in Ofra, auf.“ Ganz Israel huldigte diesem Ephod dort. Es wurde für Gideon und sein Haus zum Fallstrick.
Dadurch brachte er Israel, das er durch seine Führung aus dem Götzendienst herausgeführt hatte, wieder zurück in den Götzendienst.
Dies ist ein Beispiel von einem Richter, der ursprünglich ausdrücklich gegen den Götzendienst kämpfte, indem er den Baal-Altar und die Aschera vernichtete. Nun aber führte er Israel wieder zurück in den Götzendienst.
Darum habe ich gesagt, es gibt eine Spiegelachse in der Geschichte von Gideon: Im ersten Teil führt er Israel aus dem Götzendienst hinaus, am Ende aber zurück hinein.
Natürlich hatten die Israeliten zu ihm gesagt: „Herrsche über uns, werde unser König!“ Man sieht, die ganze Sache mit einem König kam nicht erst bei Samuel auf, sondern war schon früher vorhanden.
Für Gideon war jedoch klar, dass sie eine Theokratie hatten. Gott ist der König, eine Gottesherrschaft. Die Richter waren keine Könige, sondern wiesen einfach auf die Bibel hin.
Er sagt deshalb: „Nein, nicht ich will herrschen.“ Doch man könnte ja doch irgendwie so ein besonderes Symbol herstellen – ein sehr vornehmes Symbol, ein Oberkleid mit Gold.
Dieses sollte dann an seinem Wohnort aufgestellt werden. Das wurde schließlich zum Anlass für Götzendienst.
Gideons Familie und die Problematik der Polygamie
Und dann gibt es noch ein Problem in dieser ganzen Sache: Gideon hatte viele Söhne. Einer von ihnen hieß Abimelech. Ich werde gleich erklären, was dieser Name bedeutet.
Wir lesen in Vers 28, dass das Land in den Tagen Gideons vierzig Jahre Ruhe hatte. In Vers 29 heißt es: Jerupal, der Sohn Joas, ging hin und wohnte in seinem Haus. Gideon hatte siebzig Söhne, die aus seinen Frauen hervorgegangen waren, denn er hatte viele Frauen. Eine davon war aus Sichem, und auch sie gebar ihm einen Sohn, den er Abimelech nannte. Gideon, der Sohn Joas, starb in gutem Alter und wurde im Grab seines Vaters Joas zu Ophra begraben.
Siebzig Söhne – das ist schon eine Menge. Aber es wird erklärt, dass Gideon eben nicht nur eine Frau hatte. Hier ist es wichtig zu betonen: Polygamie, also Vielweiberei, ist in der Bibel von Anfang an eine Sünde. Manchmal wird gesagt: Im Alten Testament war das möglich. Ja, es wurde gemacht, aber es war nie Gottes Wille.
In der Schöpfung sehen wir ganz klar Gottes Plan: ein Mann und eine Frau. Der Erste, der diese Ordnung durchbrach, war Lamech, der siebte in der Linie von Kain, dem Brudermörder. Lamech war selbst ein Mörder und hatte frech zwei Frauen, Ada und Zillah. Er brach damit die Schöpfungsordnung.
Das nächste Beispiel für Polygamie in der Bibel ist Abraham. Er kam schließlich in seinem Unglauben zu Fall und nahm Hagar als Frau. Das war nicht einfach eine Konkubine, sondern eine zweite Frau. Im Hebräischen heißt „eine Frau nehmen“ (lakach ischa) heiraten. Gott sprach dreizehn Jahre lang nicht mit Abraham – das zeigt, wie ernst diese Sünde war.
Wir sehen, dass sich diese Sünde weiter fortsetzt. Gideon hatte viele Frauen und führte sich auf wie ein König. Das war das Problem, auch bei David. Sie sahen, wie die nahöstlichen Könige lebten – als Statussymbol hatten sie viele Frauen. Das war Heidentum pur.
Das muss man auch Muslimen sagen: Polygamie ist Heidentum pur. David dachte, das sei angemessen, weil er ein König war. Salomo erst recht – er war ein großer König. Doch genau das brachte ihn zu Fall.
Polygamie war also nie etwas Gutes. Im Königsgesetz, 5. Mose 17, heißt es, dass der König Silber und Gold nicht sehr mehren soll. Auch bei den Frauen wird gesagt, dass er sie nicht mehren soll. „Mehrzahl“ bedeutet zwei oder mehr, während „Einzahl“ Dinge bezeichnet, die nur einmal vorkommen. Gott sagt, der König soll die Frauen nicht mehren.
Die Versuchung, so zu sein wie die Könige im Nahen Osten, war jedoch da und führte zur Polygamie – auch bei Gideon. Es wird erwähnt, dass er noch eine Nebenfrau hatte. Das bedeutet nicht, dass sie keine richtige Ehefrau war. Der Begriff „Nebenfrau“ bezieht sich auf das Erbrecht; sie war nicht erbberechtigt. Es ist also eine Sache des Ehevertrags ohne Erbberechtigung. Dennoch war sie eine geheiratete Frau.
Diese Nebenfrau stammte aus Sichem. Sichem wird in der nächsten Geschichte eine ganz zentrale Rolle spielen, und zwar in Verbindung mit ihrem Sohn Abimelech. Der Name Abimelech bedeutet „Mein Vater ist König“.
Wie passt das zusammen? Wenn man sagt: „Ich will kein König sein, der Herr soll über euch herrschen“, warum gibt man dann einem Sohn den Namen Abimelech? Damit kann der Sohn sagen: „Ich heiße Abimelech, mein Vater ist König.“
Dieser Abimelech macht sich dann selbst zum König oder lässt sich zum König machen. Dieses Problem taucht im nächsten Buch auf. In der hebräischen Bibel ist das Buch Ruth unter den Schriften im dritten Teil eingeordnet. Nach dem Buch der Richter kommt der erste Samuel. Dort haben wir das Problem mit einem König anstelle des Herrn. Aber wir sehen: Der Wurm ist schon längst drin.
Der Abfall Israels nach Gideons Tod und die Machtergreifung Abimelechs
Und nun kommen wir zur nächsten Abfallgeschichte, dem fünften Abfall. Es geht um die Verse 33 und folgende:
Und es geschah, als Gideon tot war, dass die Kinder Israel wiederum dem Baal nachhurten und sich den Baal Berit zum Gott machten. Die Kinder Israel gedachten nicht des Herrn, ihres Gottes, der sie aus der Hand aller ihrer Feinde ringsum errettet hatte. Sie erwiesen auch keine Güte an das Haus Jerub-Baals, Gideons, nach all dem Guten, das er an Israel getan hatte.
Abimelech, der Sohn Jerupaals, ging nach Sichem zu den Brüdern seiner Mutter. Er redete zu ihnen und zum ganzen Geschlecht des Hauses seines mütterlichen Vaters. Er sprach: „Redet doch vor den Ohren aller Bürger von Sichem, was ist besser für euch? Dass siebzig Männer über euch herrschen, alle Söhne Jerupaals, oder dass ein Mann über euch herrsche? Bedenkt, dass ich euer Gemein und euer Fleisch bin!“
Die Brüder seiner Mutter berichteten vor den Ohren aller Bürger von Sichem alle diese Worte. Ihr Herz neigte sich zu Abimelech, denn sie sagten: „Er ist unser Bruder.“ Sie gaben ihm siebzig Schekel Silber aus dem Haus des Baal Berit. Abimelech gedachte damit, lose und übermütige Männer zu gewinnen, und sie folgten ihm nach.
Er kam in das Haus seines Vaters nach Ofra und ermordete seine Brüder, die Söhne Jerupaals, siebzig Mann auf einem Stein. Abijotham, der jüngste Sohn Jerupaals, blieb übrig, denn er hatte sich versteckt.
Alle Bürger von Sichem und das ganze Haus Millow versammelten sich, gingen hin und machten Abimelech zum König.
So setzte Abimelech um, was sein Vater nicht vollendet hatte, aber mit seinem Namen angedeutet war. Dann lesen wir weiter: „Sie machten Abimelech zum König über die Trebiner, das Denkmal, das zu Sichem ist.“ Man berichtet es Jotham.
Dieses Krebsgeschwür geht also weiter: Abimelech will König werden, und das in einer Zeit, in der die Israeliten allgemein wieder dem Baal dienen.
Die Bedeutung von Baal Berit und der Bund in Sichem
Wir haben gesehen, dass sie Baal-Berith zum Gott machten. In Kapitel 8, Vers 33, heißt es Baal-Berith. Baal-Berith bedeutet „Baal des Bundes“ oder einfach „Herr des Bundes“. Baal bedeutet „Herr“, aber es ist nicht das Wort, das im Alten Testament für Gott verwendet wird, wenn man „Herr“ sagt. Für Gott sagt man Adonai.
Dieser falsche Gott wurde ebenfalls „Herr“ genannt, jedoch mit einem anderen Wort: Baal. Baal-Berith ist also der Baal des Bundes. Wir werden gleich sehen, dass sie mit diesem Bund den Bund meinten, den Gott mit Abraham geschlossen hatte.
Wo? Natürlich in Sichem. In 1. Mose 12 wird die erste Ortschaft genannt, nachdem Abraham ins verheißene Land gekommen war. Dort heißt es in Vers 6: „Und Abram durchzog das Land bis zu dem Ort Sichem, bis zur Terebinte Mores, und die Karaniter waren damals im Land. Und der Herr erschien Abram und sprach: Deinem Samen will ich dieses Land geben.“ Abram baute dort dem Herrn, der ihm erschienen war, einen Altar.
Die erste Ortschaft im Land ist also Sichem. Das ist heute Nablus, eine der größten palästinensischen Städte im sogenannten besetzten Westjordanland. Die UNO sagt, dort hätten Israelis nichts zu suchen. Dennoch gibt es im Bezirk Nablus bis heute zahlreiche israelische Siedlungen.
Genau dorthin kommt Abraham, und dort erscheint Gott ihm zum ersten Mal im Land. Gott sagt: „Deine Nachkommenschaft werde ich dieses Land geben.“ Das ist eine gewaltige Verheißung, die Jahrtausende vor der Gründung der UNO gegeben wurde. Gott verspricht das Land, während die UNO dies ablehnt.
Ausgerechnet an diesem Ort baut Abraham seinen ersten Altar, um Gott für diese Verheißung zu danken – und zwar bei der Terebinte Mores.
Später, nachdem das ganze Land erobert war, versammelte Joshua das Volk erneut an diesem Ort. Er bestätigte dort den Bund vom Sinai. Er sagte: „Ihr müsst diesen Bund, den Gott mit euch geschlossen hat, einhalten. Sonst wird das Gericht über euch kommen.“
An diesem Ort, wo Gott den Bund mit Abraham geschlossen hatte, bestätigte Joshua also den Bund vom Sinai. Dieser Ort ist ein Bund-Ort, an dem zwei Bündnisse zusammenkommen.
Ich lese noch etwas aus Josua 24, Vers 25: „Und Joshua machte einen Bund mit dem Volk am selben Tag und stellte ihm Satzung und Recht zu Sichem.“ Mit diesem Bund bestätigte er den Bund vom Sinai nochmals. Es war kein neuer Bund, sondern ein Bestätigungsbund.
Joshua schrieb diese Worte in das Buch des Gesetzes Gottes. Er nahm einen großen Stein und richtete ihn dort auf, unter der Terebinte, die beim Heiligtum des Herrn steht. Joshua sprach zum ganzen Volk: „Siehe, dieser Stein soll Zeuge gegen uns sein, denn ihr habt alle Worte des Herrn gehört, die er mit uns geredet hat. Er soll Zeuge gegen euch sein, damit ihr euren Gott nicht verleugnet.“
Anschließend entließ Joshua das Volk, jeder in sein Erbteil.
Wir sehen hier erneut die Terebinte in Sichem, die beim Heiligtum des Herrn steht. Was ist das für ein Heiligtum in Sichem? Vielleicht die Stiftshütte? Nein, die Stiftshütte stand damals in Schilo (Josua 18, Vers 1).
Was ist also das Heiligtum des Herrn bei der Terebinte? Es ist der Ort, an dem Abraham seinen Altar gebaut hatte und Gott den Bund mit Abraham geschlossen hat, dass Israel dieses Land bekommen wird. Dieser Bund war bedingungslos. Gott hat es versprochen und wird es erfüllen.
An diesem Ort bestätigte Joshua den Bund vom Sinai. Dieser Bund war jedoch nicht bedingungslos, sondern an Bedingungen geknüpft. Der Bund vom Sinai sagte, wenn Israel Gott untreu wird, wird Israel das Land verlieren und unter alle Völker zerstreut werden – von einem Ende der Erde bis zum anderen (5. Mose 28,64).
Zwei Bündnisse am gleichen Ort. Dort errichtete Joshua ein Denkmal beim Heiligtum des Herrn. Aus dem Ort, an dem Abraham seinen Altar gebaut hatte, wurde ein Heiligtum gemacht. Im 20. Jahrhundert wurden an dieser Stelle mächtige Mauern eines Heiligtums ausgegraben, die einen Bezirk umschließen.
Archäologische Funde in Sichem und ihre Bedeutung
Ja, gehen wir gleich hin, ein kleiner Ausflug nach Sichem. Jetzt sind wir mitten im Großraum von Nablus. Was man hier sieht, ist diese Mauer. In der Archäologie wird diese Mauer mit einer Zahl bezeichnet. Zusammen mit weiteren Mauern ergibt sich so ein großer Bezirk. In diesem Bezirk hatte Abraham seinen Altar gebaut.
Was sieht man hier auf dieser Steinaufschüttung oben? Das Denkmal von Joshua. Dieses wurde dort gefunden. Wir haben gerade davon gelesen im Richterbuch, Kapitel 9. Wo haben sie Abimelech zum König gemacht? In Vers 6.
Und alle Bürger von Sichem und das ganze Haus Millo – Millo bedeutet übrigens „Steinaufschüttung“ – versammelten sich dort. Die Bürger von Sichem, die zum Haus Millo gehörten, gingen hin und machten Abimelech zum König. Da sind wir wieder an diesem selben Ort, nicht wahr?
In 1. Mose 12, in Josua 24 und im Richterbuch Kapitel 9 wird immer wieder von Therabinte gesprochen. Dann steht hier: „bei der Therabinte des Denkmals“. Dort muss man also ein Denkmal finden. Ja, da ist es, oben auf dieser gigantischen Steinaufschüttung, die man auf Hebräisch Millo nennt. Die Leute des Hauses Millo gehörten zu diesem speziellen Bezirk in Sichem.
Schauen wir uns das mal von oben an: Vom Berg Garizim aus sieht man diesen ausgesparten Bereich zwischen den Häusern des Großraumes von Nablus. Im 20. Jahrhundert wurde hier ausgegraben und viele Dinge entdeckt. Unter anderem fand man den Tempel für Ba'al Berit, der noch weiter beschrieben wird. Es ist ein Festungstempel, ein mächtiger Festungstempel.
Man hat Geld aus diesem Haus genommen. In Vers 4 heißt es: „Und sie gaben ihm siebzig Schekel Silber aus dem Haus des Ba'al Berit.“ Abimelech kaufte damit Mörder, um alle seine Brüder umzubringen. Eine unglaubliche Sache.
Jetzt werden wir gleich sehen: In diesem heiligen Bezirk von Abraham wurde später ein mächtiger Festungstempel gebaut. Wenn man den Grundriss studiert, erkennt man, dass er schräg in das schöne Rechteck des heiligen Bezirkes hineinragt. Architektonisch ist das ein Fremdkörper. Er ist so ausgerichtet, dass das Denkmal von Joshua quasi vor dem Haus steht.
Man sieht hier diesen Festungstempel mit Mauern, die fünf Meter dick sind. Unglaublich! Ich gehe nochmals zurück: Wenn man gute Augen hat, sieht man vom Garizim oben herab einen leuchtenden Stein. Sieht man das? Das ist das Denkmal vor dem Ba'al Berit-Tempel, der daneben steht.
Jetzt zeige ich noch einmal den Ba'al Berit-Tempel. Man sieht, wo Sichem liegt, im Norden des Westjordanlandes. Dort hat Abraham seinen Altar gebaut. Hier sieht man nochmals den heiligen Bereich, wo der Altar von Abraham war, und hier den Stein von Joshua, oben auf dieser Steinaufschüttung. Und das ist der Tempel des Ba'al Berit.
Warum hat man ihn Ba'al Berit genannt? Weil sie den wahren Gott der Bibel, der den Bund mit Abraham und den Bund mit Israel am Sinai geschlossen hat, mit Ba'al identifizierten. Das ist Religionsvermischung.
Das Gleiche passiert heute, sowohl in der evangelistischen Kirche als auch sehr verbreitet in der katholischen Kirche: Allah wird gleichgesetzt mit dem Gott der Bibel. Das ist jedoch nicht möglich. Denn der Koran lehrt, dass Allah keinen Sohn hat. Die Bibel sagt hingegen, dass der wahre Gott einen einzigen Sohn hat, den ewigen Sohn, den Herrn Jesus, den er uns gegeben hat. Das ist nicht derselbe Gott!
Diese Religionsvermischung, wenn man es genau sagen will, nennt man Synkretismus – alles wird zusammen gemischt. Das haben sie damals schon gemacht und den schrecklichen, abstoßenden Ba'al-Gott mit dem heiligen Gott der Bibel in Verbindung gebracht.
Hier sieht man nochmals das Denkmal von Joshua. Aus diesem Haus holte man die siebzig Schekel Silber aus dem Tempelschatz, um die Söhne Gideons töten zu können. So wurde Abimelech der Alleinherrscher, der König in Israel.
Man sieht jetzt schön die Steinaufschüttung. Das erklärt, warum in Richter immer wieder von den Leuten des Millo oder des Hauses Millo gesprochen wird. Das sind die Leute, die mit dieser Steinaufschüttung verbunden waren. Sie war quasi das Zentrum von Sichem, mit diesem abscheulichen Festungstempel für Ba'al, der mit dem Bundesgott Israels identifiziert wurde.
Hier sieht man den Tempel von hinten, dann eine Übersicht: Hier das Denkmal, hier der Festungstempel, dort das Heiligtum des Herrn. Der Festungstempel wurde schräg in dieses Rechteck gebaut, aber gerade vor diesem Stein, mitten im Heiligtum von Abraham.
Der Computer macht es möglich! So hat das etwa ausgesehen.
Hier sieht man noch das Stadttor von Sichem. Man erkennt die mächtigen Steine, die vielleicht neun oder zehn Tonnen schwer sind. Wie hat man die tragen können? An den Torseiten gibt es noch mehr solcher gigantischen Steine. Vielleicht haben auch die Riesen der Kanaaniter eine Rolle beim Bau gespielt.
Warum zeige ich das Bild? Weil in unserer Geschichte vom Stadttor von Sichem die Rede sein wird. So sieht man sehr schön, wo Sichem auf der Karte liegt. Das ist heute Nablus. Es liegt genau zwischen den zwei Bergen Garizim, dem Berg des Segens, und Ebal, dem Berg des Fluches.
Warum sage ich das? Im nächsten Vers, Richter 9, Vers 7, wird von einem Sohn berichtet, der das Massaker überlebt hatte. Man berichtete es Jotham. Er ging hinauf und stellte sich auf den Gipfel des Berges Garizim.
Er ist also dorthin gegangen, wo wir vorhin heruntergeschaut haben. Dort, auf dem Garizim, dem Berg des Segens. Nach 5. Mose 27, als die Israeliten ins Land kamen, mussten sie dorthin gehen. Zwischen den Bergen stand das Volk mit der Bundeslade.
Ein Teil der Stämme war auf dem Berg Garizim und musste den Segen über Israel aussprechen, wenn sie gehorsam waren. Vertreter anderer Stämme standen auf dem Berg Ebal und mussten den Fluch verkünden, der über Israel kommen würde, wenn sie dem Wort Gottes ungehorsam sein sollten.
Jothams Fabel vom König der Bäume
Jetzt geht Jotham auf den Berg Garizim und ruft von dort hinunter. Das ist akustisch eine sehr besondere Situation, da sich der Ort geografisch zwischen zwei Bergrücken befindet. Das hebräische Wort für Bergrücken ist „Schulter“. Der Ort heißt Sichem, weil er genau zwischen diesen zwei „Schultern“ liegt.
Dort erzählt Jotham eine Fabel. Er stellte sich auf den Gipfel des Berges Garizim, erhob seine Stimme und rief zu den Menschen hinunter: „Hört auf mich, Bürger von Sichem! So wird Gott auf euch hören.“
Er begann: „Einst gingen die Bäume hin, um einen König über sich zu salben. Sie sprachen zum Olivenbaum: ‚Sei König über uns!‘ Der Olivenbaum antwortete: ‚Sollte ich meine Fettigkeit aufgeben, die Götter und Menschen an mir preisen?‘ Hier bedeutet ‚Götter‘ Engel, denn ‚Elohim‘ kann auch für Engel verwendet werden. ‚Sollte ich hingehen, um über den Bäumen zu schweben?‘
Da sprachen die Bäume zum Feigenbaum: ‚Komm du, sei König über uns!‘ Der Feigenbaum antwortete: ‚Sollte ich meine Süßigkeit und meine gute Frucht aufgeben und hingehen, um über den Bäumen zu schweben?‘
Dann sprachen die Bäume zum Weinstock: ‚Komm du, sei König über uns!‘ Der Weinstock antwortete: ‚Sollte ich meinen Most, das ist der frische Traubensaft, aufgeben, der Götter, Engel und Menschen erfreut? Und sollte ich hingehen, um über den Bäumen zu schweben?‘
Da sprachen alle Bäume zum Dornstrauch: ‚Komm du, sei König über uns!‘ Der Dornstrauch antwortete: ‚Wenn ihr mich in Wahrheit zum König über euch salben wollt, dann kommt und vertraut euch meinem Schatten an! Wenn aber nicht, soll Feuer von dem Dornstrauch ausgehen und die Zedern des Libanon verzehren.‘
Und nun, wenn ihr in Wahrheit und Redlichkeit gehandelt habt, dass ihr Abimelech zum König gemacht habt und wenn ihr Gutes getan habt an Jerubbaal und an seinem Haus, wenn ihr ihm getan habt nach dem Tun seiner Hände – denn mein Vater hat für euch gestritten, sein Leben dahin geworfen und euch aus der Hand Midians errettet – ihr aber habt euch heute gegen das Haus meines Vaters erhoben und seine Söhne ermordet.“
So erzählt Jotham diese Fabel.
Fabeln in der Bibel – Warnung und Illustration
Darf man Fabeln erzählen? Ich kenne eine Geschichte, in der Bäume sprechen können. Aber wir wissen ja, dass Bäume nicht sprechen können. Man kennt zum Beispiel die Fabeln von de La Fontaine. Er war ein großer Fabeldichter in der französischen Literatur und hat schöne Gedichte verfasst. In seinen Fabeln sprechen die Tiere.
Zum Beispiel gibt es die Fabel vom Fuchs und dem Raben, der Käse im Maul hat. Der Fuchs sagt: „Du kannst so wunderbar singen, könntest du nicht ein Lied singen?“ Bis der Rabe überzeugt ist und anfängt, schön zu singen. Dabei fällt der Käse herunter, und genau das wollte der Fuchs erreichen. Solche schönen Fabeln hat de La Fontaine gedichtet.
Wenn man aber die Bibel liest, könnte man denken, es handele sich um Fabeln. Schlagen wir zum Beispiel 1. Timotheus oder 2. Timotheus auf. Nehmen wir 2. Timotheus 4,3: „Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach ihren eigenen Lüsten sich selbst Lehre aufhäufen werden, indem es ihnen in den Ohren kitzelt. Und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren und sich den Fabeln zuwenden.“
Wie kann denn Jotham eine Fabel erzählen, wenn die Bibel doch vor Fabeln warnt? Hier steht für Fabel „Mythos“, und das sind erfundene Geschichten. Zum Beispiel religiöse Geschichten mit Göttern und Geistern, die sich bekämpfen, so wie in der griechischen Mythologie.
Der Ausdruck „Mythos“ wird auch weiter verwendet. In Titus 1 wird von jüdischen Mythen gesprochen. Das sind Phantasien der Rabbiner, die ihrer Fantasie freien Lauf ließen und Dinge erzählten, die überhaupt nicht mit dem Wort Gottes übereinstimmen. Das nennt man im Judentum „Haggadah“, im Gegensatz zu den verbindlichen Geboten im Talmud, der „Halacha“ genannt wird.
Man muss immer gut unterscheiden, was Haggadah ist – einfach Erzählungen, bei denen spekuliert werden kann. Das ist erlaubt. Halacha hingegen sind verbindliche Regeln, bei denen man ganz genau sein muss.
Haggadah sind also jüdische Fabeln, und davor warnt Titus 1. Im Christentum darf man nicht einfach spekulieren. Im Judentum hingegen darf man über Prophetie und vieles mehr spekulieren. Der Rabbi denkt so, der andere so, und man lässt diese verschiedenen Meinungen nebeneinander stehen. Nur bei der Halacha, also bei verbindlichen Regeln wie der genauen Einhaltung des Sabbats oder der koscheren Ernährung, gibt es keine Diskussion.
Titus 1 warnt also vor solchen Mythen, vor jüdischen Mythen. Paulus sagt in der Endzeit, es wird eine Zeit kommen, in der die Menschen die gesunde Lehre nicht mehr ertragen. Stattdessen wollen sie Fabeln hören – das sind Mythen.
Genau in diese Richtung gehen zum Beispiel die Geschichten von Narnia. Das sind Fabeln, religiöse Phantasien, die im Widerspruch zur Bibel stehen. Man sagt dann: „Nein, das hat einen schönen Bezug zur Bibel.“ Der Löwe in Narnia steht für Christus, und die Hexe, die das ganze Land in Eis hüllt, symbolisiert das Böse, den Satan. Dann wird der Löwe geopfert. Warum? Weil es ein magisches Gesetz gibt, das auf diese Weise Narnia erlösen kann.
Und dann opfert die Hexe – ich nenne diese böse Frau einfach Hexe – den Löwen. Das ist gotteslästerlich. Nicht Satan hat Christus als Opfer dargebracht. Das ist widerlich. Gott hat seinen Sohn als Opfer gegeben. Natürlich hat Satan die Menschen dazu gebracht, den Herrn in ihrer Bosheit zu kreuzigen. Aber Gott hat dieses Opfer gegeben. Es ist nicht ein magisches Gesetz, das auf diese Weise Erlösung bringt. Das sind Wahrheiten, die im Wesen Gottes begründet sind.
Hier merken wir, dass Narnia ein Beispiel für Mythen ist. All diese Filme, die heute so populär sind, wie „Herr der Ringe“ und andere, sind Okkultismus in der Form von Mythen. Genau wie es die alten Babylonier und Griechen erfunden haben. Davor wird gewarnt.
Die schöne Geschichte von Jotham aber ist kein Mythos, sondern einfach eine Illustration. Das werden wir heute Nachmittag noch anschauen.