Heute Nachmittag steht das Buch des Propheten Haggai vor uns. Bald sind wir mit allen zwölf kleinen Propheten durch. Es fehlen dann noch Zacharia und schließlich Malachi.
Haggai, Zacharia und Malachi gehören zu den Prophetenbüchern aus der Zeit nach der babylonischen Gefangenschaft. Dadurch bilden diese drei eine eigene Gruppe innerhalb der zwölf kleinen Propheten.
Der Zeitpunkt der Entstehung des Buches fällt in die Ereignisse hinein, die uns im Buch Esra beschrieben werden. Ich lese ganz kurz aus Esra 1, da haben wir den Abschluss der babylonischen Gefangenschaft der Juden:
Im ersten Jahr Chores, des Königs von Persien, damit das Wort des Herrn aus dem Mund Jeremias erfüllt würde, erweckte der Herr den Geist Chores, des Königs von Persien. Er ließ einen Ruf ergehen durch sein ganzes Königreich, und zwar auch schriftlich, indem er sprach:
So spricht Chores, der König von Persien: Alle Königreiche der Erde hat der Herr, der Gott des Himmels, mir gegeben, und er hat mich beauftragt, ihm ein Haus zu bauen zu Jerusalem, das in Juda ist. Wer unter euch aus seinem Volk ist, mit dem sei sein Gott, und er ziehe hinauf nach Jerusalem, das in Juda ist, und baue das Haus des Herrn, des Gottes Israels, der in Jerusalem ist.
Und jeder, der übrig bleibt, an irgendeinem Ort, wo er sich aufhält, den sollen die Leute seines Ortes unterstützen – mit Silber, mit Gold, mit Habe und mit Vieh – nebst den freiwilligen Gaben für das Haus Gottes in Jerusalem.
Es machten sich auf die Häupter der Väter von Juda und Benjamin sowie die Priester und die Leviten, an jedem, dessen Geist Gott erweckte, hinaufzuziehen, um das Haus des Herrn in Jerusalem zu bauen. (Esra 1)
Die historische Einordnung und der Auftrag zum Tempelbau
Das erste Jahr von Chores markiert die Zeit, in der die Perser und Meder das babylonische Weltreich eroberten. Damit endete die babylonische Gefangenschaft der Juden. Dieser persische König Chores, in der Geschichte eher als Kyrus bekannt, gab den Juden die Erlaubnis, zurück ins Land ihrer Väter zu kehren. Dort sollten sie den salomonischen Tempel wiederaufbauen, den sogenannten zweiten Tempel.
Als Perser unterstützte er die Juden umfassend. Die weiteren Abschnitte im Buch Esra zeigen, dass über 40 Männer zurückkehrten. Zählt man Frauen und Kinder hinzu, waren es etwa 200 Juden, die damals aus Babylonien – dem heutigen Irak – zurück ins Land ihrer Vorväter kamen. Persien war den Juden gegenüber also sehr wohlwollend gesinnt. Vergleicht man das mit heute, wo Persien, der Iran, zu den Erzfeinden Israels zählt, ist das ein eindrücklicher Gegensatz.
Gott hatte den Geist von Kyrus erweckt. Ebenso hatte er die Juden erweckt, damit sie den Wunsch entwickelten, nach Jerusalem zurückzukehren und dort das Haus Gottes wieder aufzubauen. Salomo hatte viele Jahrhunderte zuvor den ersten Tempel aus Stein errichtet. Dieser sollte die transportable Stiftshütte, die seit dem Auszug aus Ägypten benutzt wurde, ablösen.
Israel durfte nur einen Tempel haben (1. Könige 8,13-14). Dieser eine Tempel war ein Zeugnis dafür, dass es nur einen Gott gibt. Die Heiden hingegen hatten viele Götter und dementsprechend viele Tempel. Israel sollte mit seinem Tempel in Jerusalem ein Zeugnis unter den heidnischen Völkern setzen, in deren Mitte sie wohnten, dass es nur einen wahren Gott gibt.
Doch die Juden waren nach Salomo vom wahren Gott abgefallen. Deshalb ließ Gott den Tempel in Jerusalem, den Salomontempel, zerstören. Auch die Stadt Jerusalem wurde zerstört, und die Juden mussten nach Babylon verschleppt werden. Diese Katastrophe und der Untergang führten jedoch dazu, dass Zehntausende innerlich zur Umkehr fanden. Nach Jahren der Gefangenschaft in Babylon waren sie bereit, zurückzukehren und ganz von vorne zu beginnen. Sie wollten das eine Zeugnis für den einen wahren Gott wieder aufrichten.
Dieser Heimkehredikt von Kyrus fällt in das Jahr 539 oder 538 v. Chr. In der Folge kamen die Juden nach Jerusalem. Bevor sie Häuser bauten, errichteten sie zuerst den Altar wieder (Esra 3,3): „Und sie richteten den Altar an seiner Stätte auf; denn ein Schrecken war auf ihnen vor den Völkern der Länder. Und sie opferten auf ihm Brandopfer dem Herrn, die Morgen- und Abendopfer.“
Das erste war also der Bau des Altars, und die stellvertretenden Opfer wurden wieder eingeführt. Noch bevor das Tempelhaus gebaut wurde, kam der Altar. So konnte der Opferdienst wieder beginnen, auch ohne Tempelhaus.
Der Wiederaufbau des Tempels und politische Widerstände
Erst im nächsten Jahr wurde dann der Grund gelegt, das entspricht etwa 536 v. Chr. In Esra 3,8 heißt es: „Im zweiten Jahr, im zweiten Monat, begannen Serubbabel, der Sohn Schealtiels, Jeshua, der Sohn Jozadaks, und die übrigen Brüder, die Priester und Leviten, sowie alle, die aus der Gefangenschaft nach Jerusalem gekommen waren, mit der Arbeit am Haus Gottes in Jerusalem. Sie bestellten die Leviten von zwanzig Jahren an und darüber, um Aufsicht zu führen über das Werk des Hauses des Herrn.“
Als die Bauleute den Grund zum Tempel des Herrn legten, ließen sie die Priester in ihrer Kleidung hintreten. So wurde zunächst der Altar errichtet. Im zweiten Jahr begann dann der eigentliche Wiederaufbau des Tempelhauses.
Übrigens wird in Esra 3,3 erwähnt, dass sie den Altar an seiner Stätte aufrichteten. Das bedeutet, dass der Altar genau auf den gleichen Quadratmetern oder Quadraten gebaut wurde, auf denen auch der Altar des salomonischen Tempels stand. Auch das Tempelhaus selbst wurde ausdrücklich an der Stelle des alten Tempels aufgebaut.
Ich zitiere dazu nur Esra 5,15: Dort sagt der persische König Darius in einem Brief, er zitiert damit, was Kyrus einst den Juden als Auftrag gegeben hatte: „Nimm diese Geräte, ziehe hin, lege sie nieder in dem Tempel, der zu Jerusalem ist, und das Haus Gottes werde wieder aufgerichtet an seiner früheren Stätte.“
Der hebräische Text, der Urtext, ist nicht hebräisch, sondern aramäisch. Das Wort bedeutet „auf der Spur des Alten“. Das finden wir auch in Esra 6,7: „Lasst die Arbeit geschehen an diesem Haus Gottes! Der Landpfleger der Juden und die Ältesten der Juden mögen dieses Haus Gottes an seiner früheren Stätte wieder aufbauen.“ Das meint sogar eine Fußspur, also genau auf der Spur des Alten.
So haben sie den neuen Tempel exakt auf den Grundmauern des salomonischen Tempels aufgebaut, auf den Steinen, die noch übrig waren. Darum ist es auch heute sehr wichtig, wenn in Israel darüber nachgedacht wird, einen dritten Tempel zu bauen, dass dieser nicht irgendwo auf dem Tempelplatz errichtet wird, sondern exakt an der gleichen Stelle, an der der alte stand.
Lange Zeit war jedoch nicht eindeutig klar, wo genau diese Stelle war. Erst seit den 1990er Jahren hat ein Archäologe, Lane Rittmeyr, anhand archäologischer Überreste so eindeutig und unwiderlegbar bewiesen, wo das war. Heute weiß man ganz genau, an welchem Standpunkt der Altar stand und wo das eigentliche Tempelhaus war.
Erst jetzt wäre es theoretisch wieder möglich, den Tempel „auf der Spur des Alten“ wieder aufzubauen. Das ist wichtig, weil im Jahr 70 n. Chr. der zweite Tempel durch die Römer zerstört wurde. Im zweiten Jahrhundert gab Kaiser Hadrian den Juden die Erlaubnis, den Tempel wieder aufzubauen. Das löste große Euphorie aus.
Doch schließlich wurde Kaiser Hadrian, so wird überliefert, durch die Samariter umgestimmt. Sie schickten eine Delegation zu ihm und warnten, dass die Juden bei einem Wiederaufbau des Tempels wieder rebellieren würden. Hadrian sagte daraufhin, er habe es versprochen, aber er forderte, dass der Tempel ein paar Ellen versetzt gebaut werden solle.
Daraufhin begruben die Juden den Tempelbau selbst und blieben bis heute tempellos. Dies zeigt, wie wichtig es ist, „auf der Spur des Alten“ zu bauen.
Der zweite Tempel wurde genau so errichtet: der Altar an seiner Stätte und das Tempelhaus auf der Spur des Alten.
In dieser Zeit befinden wir uns in Esra. Doch wenn man Esra 4 liest, sieht man, dass die nichtjüdischen Menschen, die sich inzwischen im Land Israel angesiedelt hatten, zu Feinden der Juden wurden. Sie wollten um jeden Preis verhindern, dass die Juden den zweiten Tempel fertigbauen konnten.
Sie starteten Intrigen und versuchten, die persische Führung dazu zu bringen, die Erlaubnis, die Kyrus den Juden gegeben hatte, wieder zu entziehen. Das gelang schließlich. In Esra 4,23-24 lesen wir, wie König Artaxerxes den Juden mitteilte, dass sie den Tempel nicht mehr bauen dürften.
So verhinderten diese nichtjüdischen Menschen im Land Israel mit Gewalt, dass die Juden den Tempel fertigbauen konnten. Es kam im Jahr 522 v. Chr. zu einem Baustopp.
Die prophetische Ermutigung durch Haggai und Zacharja
Übrigens gibt es in den meisten Bibelkommentaren einen chronologischen Fehler. Dieser entsteht, weil sie nicht erkennen, dass der Artasasta, der den Weiterbau des Tempels verhindert, nicht mit einem anderen Artasasta aus Nehemia 2 verwechselt werden darf.
Der Artasasta in Esra 4 ist in der Geschichte als Pseudosmerdis bekannt. Dieser Pseudosmerdis hatte sich an die Macht geputscht und regierte nur wenige Monate über Persien. Er wird hier Artasasta genannt. Während seiner kurzen Regierungszeit im Jahr 522 entzog er den Juden die Erlaubnis zum Weiterbau des Tempels. Das war eine sehr schwierige Zeit, denn nun war das Bauen verboten.
Trotzdem berief Gott die Propheten Sacharja und Haggai, um die Juden zu ermutigen, weiterzubauen – trotz des staatlichen Verbots. Ich lese jetzt aus Esra 4, Vers 23:
"Sobald die Abschrift des Briefes des Königs Artasasta, also dieses Pseudosmerdis, vor Rechum und Schimschei, dem Schreiber, und ihren Genossen gelesen war, gingen sie eilends nach Jerusalem zu den Juden und wehrten ihnen mit Gewalt und Macht."
Damals hörte die Arbeit am Haus Gottes in Jerusalem auf und blieb bis zum zweiten Jahr der Regierung des Königs Darius von Persien unterbrochen. Auch dieser Usurpator Artasasta wurde später von Darius abgelöst. Unter Darius bauten die Juden bis zu dessen zweitem Regierungsjahr nicht weiter am Tempel.
Nun lese ich weiter aus Esra 5, Vers 1:
"Und Haggai, der Prophet, und Sacharja, der Sohn Iddos, die Propheten, weissagten den Juden, die in Juda und Jerusalem waren, im Namen des Gottes Israels. Daraufhin machten sich Serubbabel, der Sohn Schaltiels, und Jeschua, der Sohn Jotzadaks, auf und begannen, das Haus Gottes in Jerusalem zu bauen. Mit ihnen unterstützten auch die Propheten Gottes die Arbeit."
In dieser Zeit, in der das Bauen verboten war, begannen Haggai und Sacharja zu prophezeien. Sie ermutigten die Juden, zivilen Ungehorsam zu leisten und den Tempel trotz des Verbots weiterzubauen.
Die ersten, die mit dem Bau begannen, waren Serubbabel und Jeschua. Serubbabel war der Führer der Juden seit der Heimkehr aus Babylon. Er war ein Nachkomme des letzten jüdischen Königs aus der direkten Linie Davids. Der letzte König aus dieser Linie war Jojachin. Später regierte noch sein Onkel Zedekia, bevor Jerusalem zerstört wurde.
Der letzte rechtmäßige König war also Jojachin, der einen Sohn namens Schaltiel hatte. Schaltiel kam mit den anderen Juden in die babylonische Gefangenschaft. Dort wurde sein Sohn Serubbabel geboren – der Name bedeutet „Same aus Babylon“. Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft war Serubbabel der Führer der Juden. Zwar nicht mehr als König, denn das Königtum war beendet, aber als politischer Führer.
Serubbabel war der erste, der auf die Propheten Haggai und Sacharja hörte und mit dem Wiederaufbau begann. Die zweite Schlüsselperson war Jeschua, der Sohn Jotzadaks. Er war der erste Hohepriester des Zweiten Tempels.
Diese beiden Führer – der politische Führer Serubbabel und der priesterliche, geistliche Führer Jeschua – gingen mit gutem Beispiel voran und bauten am Haus Gottes weiter. Das war nach zwei Jahren Pause, in denen der Tempel nicht weitergebaut wurde.
Jeschua ist ebenfalls interessant, denn sein Geschlechtsregister ist in der Bibel bekannt. Er stammte von dem Priester Zadok ab. Zadok war der erste Hohepriester im Tempel Salomos. Alle Hohenpriester im ersten Tempel waren Zadokiden. Auch am Anfang des Zweiten Tempels war Jeschua ein Zadokide. Gott hatte alle anderen Hohenpriester verworfen und bestimmt, dass nur noch Zadokiden Hohepriester sein sollten.
Jeschua war somit ein legitimer Priester. Ich erwähne das, weil im zweiten Jahrhundert v. Chr., zur Zeit der Makkabäer, der letzte zadokidische Hohepriester vertrieben wurde. Als die makkabäische Bewegung zerfiel, übernahm ein Makkabäer, der Priester war, aber nicht aus der Zadokidenlinie stammte, das Hohepriestertum.
Von da an waren praktisch alle Hohenpriester illegal. Das setzte sich bis zur Zeit Kajafas fort. Kajafas, der Hohepriester zur Zeit Jesu, war kein Zadokide und somit eigentlich illegal. Dieser illegale Hohepriester verurteilte Jesus im Tempel zum Tod.
Man muss sich das so vor Augen halten: Jeschua war ein Zadokide und ein treuer Priester, der nach Gottes Plan diente.
Wenn wir die Zeitgeschichte betrachten, sehen wir, dass im zweiten Regierungsjahr Darius plötzlich wieder mit dem Bau begonnen wurde. Das Volk wurde durch das Beispiel ermutigt, ebenfalls mit dem Bau zu beginnen.
Es kam zu einer Korrespondenz mit dem persischen König, der den Vorgang untersuchen ließ. Dabei wurde in einem Archiv in Persien ein Erlass von Kyros gefunden. Darin war eindeutig festgelegt, dass der Tempel wieder aufgebaut werden durfte.
Darius bestätigte dies und erklärte, dass der Tempel auf den alten Fundamenten wiedererrichtet werden soll. So erhielten die Juden offiziell die Erlaubnis und konnten den Tempel schließlich in kurzer Zeit vollenden – im Jahr 516 v. Chr.
Ich lese noch aus Esra 6, Vers 14, wo die Vollendung beschrieben wird:
"Und die Ältesten der Juden bauten, und es gelang ihnen durch die Weissagung Haggais des Propheten und Sacharjas, des Sohnes Iddos. Sie bauten und vollendeten das Haus nach dem Befehl des Gottes Israels und nach den Befehlen Kyros', Darius' und Artasastas, der Könige von Persien."
Das Haus wurde bis zum dritten Tag des Monats Adar fertiggestellt, im sechsten Jahr der Regierung des Königs Darius.
So bauten sie von 520 bis 516 v. Chr. den Zweiten Tempel fertig und feierten anschließend ein großes Fest in Jerusalem.
Die zentrale Botschaft des Buches Haggai
Haggai, zusammen mit Zacharia, hatte eine ganz entscheidende Bedeutung dafür, dass der zweite Tempel in Jerusalem vollendet wurde. Man kann das Buch Haggai folgendermaßen zusammenfassen: Nach der babylonischen Gefangenschaft begann das Volk, den Tempel wieder aufzubauen. Schwere politische Spannungen führten jedoch zu einem Baustopp. Die daraus resultierende allgemeine Frustration führte zu einer Verschiebung der Prioritäten. Persönlicher Komfort wurde wichtiger als die Sache des Herrn.
Haggai bewegte das Volk zur Umkehr und motivierte es zu Liebe und Hingabe an den Herrn. Diese Hingabe zeigte sich in der aktiven Arbeit am Tempelbau. Wenn wir Haggai Kapitel 1 lesen, sagt Haggai: „Wieso baut ihr euch schöne Häuser, während der Tempel einfach brachliegt?“ Die Juden hätten antworten können, dass sie nicht am Tempel bauen dürfen. Doch Haggai sagt, dass ihnen ihre eigenen Häuser wichtiger seien als das Haus Gottes. Sonst würden sie ja bauen.
Es zeigte sich später, als Sebu Babel und Jeschua trotz Verbotes bauten, dass es ihnen dennoch gelang. Gott richtete es so ein, dass sie bauen konnten. Interessanterweise mussten sie zuerst gehorsam sein und der Sache Gottes den ersten Platz geben. Die Priorität lag vor ihren persönlichen Belangen und vor dem Bau ihrer eigenen Häuser.
Jetzt wird klar, warum man das Thema des Propheten Haggai in einem Satz zusammenfassen kann: Der Herr soll in unserem Leben den ersten Platz einnehmen. Dieses Thema passt sehr gut zu den Sendschreiben.
Im Sendschreiben an Ephesus wirft der Herr der Gemeinde vor, dass sie zwar in vielen Dingen treu ist, aber ihre erste Liebe verlassen hat. Die erste Liebe ist die Liebe, die dem Herrn im Leben und im Herzen den ersten Platz gibt. Das ist Gottes Wille.
Der Herr soll in unserem Leben den ersten Platz einnehmen. Dazu passt ein Vers aus Kolosser 1,18, den man als Überschrift über Haggai setzen kann. Dort heißt es von Jesus Christus am Ende des Verses: „auf dass er in allen Dingen den Vorrang habe.“ Es ist Gottes Wille, dass er in allen Dingen den Vorrang hat.
Auch Matthäus 6,33 kann als Titel dienen. Dort sagt der Herr Jesus in der Bergpredigt: „Trachtet aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, und dies alles wird euch hinzugefügt werden.“ Im Zusammenhang geht es um allgemeine Sorgen: Was sollen wir essen? Was sollen wir anziehen? Diese Dinge haben keine vorrangige Bedeutung.
Der Herr Jesus sagt, dass unser Denken nicht von diesen Sorgen erfüllt sein soll. An erster Stelle muss Gottes Reich und seine Gerechtigkeit stehen. Das bedeutet, wir sollen zuerst nach der Gerechtigkeit Gottes streben. Deshalb kam der Tempelbau Gottes vor dem Bau persönlicher, eigener Häuser.
Der Herr soll in unserem Leben den ersten Platz einnehmen. Er gibt sich nicht mit dem zweiten Platz zufrieden. Das sehen wir auch im Sendschreiben an Ephesus (Offenbarung 2). Der Herr sagt: „Du hast deine erste Liebe verlassen. Tue Buße! Wenn nicht, werde ich deinen Leuchter aus seiner Stelle wegrücken.“
Die Gemeinde sollte wie ein siebenarmiger Leuchter sein, der für Gott Licht verbreitet. Wenn die Gemeinde nicht zur ersten Liebe zurückkehrt, will Gott diesen Leuchter wegschieben und nicht mehr als Zeugnis gebrauchen. Das zeigt, dass es keine Alternative zum ersten Platz des Herrn in unserem Leben gibt. Der zweite Platz ist nicht akzeptiert.
Einführung in das Buch Haggai und erste Ermahnung
Nun lesen wir den Text von Haggai. Auf Seite zwei schlagen wir auf, dort habe ich den Propheten Haggai so wörtlich wie möglich übersetzt, sogar noch wörtlicher als die alten Elberfelder Übersetzungen. Da der größte Teil poetisch, also in Verszeilen geschrieben ist, habe ich das so dargestellt, dass jede poetische Verszeile für sich sichtbar auf dem Blatt steht. Das hilft effektiv, die hebräische Poesie besser zu erfassen.
Haggai 1,1 ist gewissermaßen die Titelüberschrift:
Im zweiten Jahr von Darius, dem König, im sechsten Monat, am ersten Tag des Monats, geschah das Wort des Ewigen durch Haggai, den Propheten, zu Serubabel, dem Sohn Shealtiels, dem Landpfleger von Juda, und zu Jehoschua, dem Sohn Jehozadaks, dem Hohenpriester, in dem er sprach.
Hier wird das Buch datiert: Jahr zwei von Darius, also das Jahr 520 v. Chr. Die erste Offenbarung kam am ersten Tag des sechsten Monats. Die Botschaft richtete sich ganz speziell an die beiden Führer, Zerubabel und Jehoschua. Übrigens habe ich Zerubabel mit Z geschrieben. Im Hebräischen entspricht dieses Z dem französischen stimmhaften Z wie in „Zero“. Zerubabel bedeutet „Spross aus Mordersame aus Babel“. Jehoschua ist die Langform von Jeshua. In Esra hatten wir die Kurzform Jeshua, hier Jehoshua. Er war der erste Hohepriester im zweiten Tempel.
Nun folgt der erste Teil im Buch, den ich überschrieben habe mit „Ermahnung zur Arbeit am Haus Gottes“, Haggai 1,2-11:
So spricht der Ewige der Heerscharen, indem er spricht:
„Dieses Volk sagt: ‚Es ist nicht die Zeit des Kommens, die Zeit des Hauses des Ewigen, dass es gebaut werde.‘“
Da geschah das Wort des Ewigen durch Haggai, den Propheten, indem er sprach – und jetzt kommt es poetisch:
Ist es die Zeit für euch, in euren getäfelten Häusern zu wohnen, während dieses Haus wüst dasteht?
Und nun, so spricht der Ewige der Heerscharen, richtet euer Herz auf eure Wege!
Ihr habt viel gesät, aber wenig eingesammelt.
Ihr habt gegessen, aber nicht bis zur Sättigung.
Ihr habt getrunken, aber nicht bis zum Vollsein.
Ihr habt euch gekleidet, aber nicht zum Warmwerden.
Und der Lohnarbeiter hat Lohnarbeit geleistet für einen durchlöcherten Beutel.
So spricht der Ewige der Heerscharen:
Richtet euer Herz auf eure Wege!
Steigt auf die Hügel und bringt Holz herbei!
Und baut das Haus, damit ich an ihm Wohlgefallen finde, und so werde ich verherrlicht werden, spricht der Ewige.
Ihr habt euch zu vielem zugewandt, und siehe, es ist zu wenigem geworden.
Weswegen? Spruch des Ewigen der Heerscharen:
Wegen meines Hauses, weil es wüst dasteht, während ihr jeder für sein Haus läuft.
Darum hat der Himmel den Tau zurückgehalten und die Erde ihren Ertrag.
Ja, ich habe eine Dürre herbeigerufen über das Land, über die Hügel, über das Korn, über den Most, über das Öl, über das, was der Erdboden hervorbringt, über den Menschen, über das Vieh und über alle Mühe der Handflächen.
Man merkt, die Übersetzung ist sehr wörtlich, aber ich denke, man versteht es trotzdem. Gerade die Verszeilen machen vieles klar. Das Erste, was Gott sagt, ist, dass er das Volk zitiert: Sie sagen, es sei jetzt nicht die Zeit, den Tempel zu bauen. Warum? Weil die persischen Könige es verboten hatten. Doch das bedeutet aus Gottes Sicht nicht, dass man nicht bauen sollte. Es war Gottes Befehl, den Tempel zu bauen. Dieses Gebot wurde schon durch Mose gegeben, in 2. Mose 25,8:
„Und sie sollen mir ein Heiligtum machen, dass ich in ihrer Mitte wohne.“
Nach dem Auszug aus Ägypten hatten die Israeliten die Stiftshütte gebaut. Aber dieses Gebot beschränkt sich nicht nur auf die Stiftshütte, es ist ein allgemeingültiges Gebot, das so lange gilt, wie das Gesetz gilt. So galt es auch später für den Bau des salomonischen Tempels. Da das Gebot nie aufgehoben wurde, galt es auch zur Zeit, als sie aus Babylon zurückkehrten.
Das Gebot lautete: „Ihr sollt mir ein Heiligtum machen, dass ich in ihrer Mitte wohne.“ Das Gebot war da, aber das Volk sagte: „Wir können es nicht umsetzen, weil die politischen Umstände es nicht erlauben.“ Gott akzeptiert dieses Argument jedoch nicht. Er macht vielmehr den Vorwurf: Ihr baut für euch Häuser, aber das Haus Gottes interessiert euch nicht.
Interessant ist: Sobald das Volk gehorsam ist und den Tempel baut, öffnet Gott die Tür, damit sie es auch wirklich tun können. So sehen wir einen Grundsatz: Gott will zuerst den Gehorsam von unserer Seite. Wenn dieser da ist, macht Gott Türen auf, die wir zuvor nicht gesehen hatten.
Dieses Grundprinzip sehen wir auch in der Geschichte von Daniel. Daniel kam nach Babylon und musste am königlichen Hof eine Ausbildung machen. Dabei musste er unreine Speisen und Götzenopferfleisch essen, das dort serviert wurde. Doch in Daniel 1,8 steht:
„Daniel nahm sich vor, sich nicht zu verunreinigen mit dieser Speise.“
Er machte einen Vorstoß und fragte, ob es eine Ausnahme geben könne. Dann steht:
„Der Herr gab Daniel Gnade.“
Der Weg wurde geöffnet, dass Daniel nur noch Gemüse essen musste und so dem Götzenopferfleisch und dem Wein, der für Trankopfer verwendet wurde, ausweichen konnte.
Daniel kam nicht nach Babylon mit der Einstellung: „Wenn Gott wirklich will, dass ich keinen Götzenopfer esse, dann wird er schon einen Weg schaffen.“ Das klingt nicht so. Er musste die Initiative ergreifen und sagen: „Ich will das nicht tun.“ Dann gab Gott ihm die Gelegenheit, dies auch nicht tun zu müssen.
Hier haben wir dasselbe Prinzip: Ihr dürft nicht bauen, aber ihr wisst, Gott will es. Sobald ihr es tut, öffnet sich die Tür, dass ihr es auch könnt. Ein wichtiger Grundsatz: Der Mensch muss Gott gehorsam sein, und wenn er das tut, wirkt Gott von seiner Seite her.
Das können wir auch auf die Evangelisation übertragen: Wenn wir nichts tun, dürfen wir nicht erstaunt sein, dass nichts geschieht. Aber wenn wir etwas tun, stellen wir fest, dass der Herr in den Herzen wirkt und es zu Bekehrungen kommt. Wir können dann nicht sagen, dass wir es allein so gut gemacht haben. Nein, wir wissen, dass der Herr die Herzen geöffnet hat. Doch das wäre nicht geschehen, wenn wir nicht gehorsam gewesen wären.
Der Mensch muss bereit sein, nach Gottes Anordnung zu handeln, und dann wirkt Gott.
Diesen Grundsatz lernen wir hier aus Haggai 1.
Übrigens habe ich von zivilem Ungehorsam gesprochen. Das ist natürlich nur eine ganz kleine Ausnahme. In Römer 13 wird ausführlich erklärt, dass jeder Christ sich den obrigkeitlichen Einrichtungen unterwerfen muss. Auch in 1. Petrus 2 steht, dass man sich allen menschlichen Einrichtungen unterwerfen soll. Das war mir eine Hilfe, um Klarheit zu gewinnen.
Diese menschlichen Einrichtungen in 1. Petrus 2,13 zeigen, dass obrigkeitliche Anordnungen manchmal sehr menschlich behaftet sein können. Es gibt Stellen, wo man sagen könnte, man könne ohne Problem achtzig fahren, und warum soll man hier vierzig fahren? Aber das ist keine Begründung für zivilen Ungehorsam, denn es ist eine menschliche Einrichtung, und wenn man sagt, hier muss man vierzig fahren, dann müssen wir uns dem unterstellen.
Es gibt aber eine Ausnahme, die wir in Apostelgeschichte 4 finden. Der oberste Gerichtshof von Israel befahl Johannes und Petrus, nicht mehr zu evangelisieren. Sie antworteten vor Gericht in Apostelgeschichte 4,19:
„Petrus und Johannes antworteten: Ob es vor Gott recht ist, euch mehr zu gehorchen als Gott, urteilt ihr; denn es ist uns unmöglich, von dem, was wir gesehen und gehört haben, nicht zu reden.“
Sie wurden bedroht und entlassen, ohne dass man wusste, wie man sie bestrafen sollte.
Petrus sagt hier ganz klar: Wenn die Obrigkeit uns verbietet, Zeugnis abzulegen, müssen wir zuerst Gott gehorchen und nicht der Obrigkeit. Aber nur in diesem Punkt!
Das wird nochmals bestätigt in Apostelgeschichte 5,29:
„Petrus und die Apostel antworteten: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“
Daraus leiten wir ab: Wenn die Obrigkeit etwas verlangt, das direkt gegen Gottes Gebote verstößt, müssen wir nicht gehorchen.
Wichtig ist noch: Die Apostel erkannten in der Apostelgeschichte weiterhin den Sanhedrin als Obrigkeit an. Wir können also nicht zum Schluss kommen, dass wir eine Obrigkeit, die falsche, gottwidrige Beschlüsse erlässt, nicht mehr anerkennen müssen. Das wäre ein Fehlschluss. Nur in dem Punkt, wo sie Gottes Gebote verletzen, besteht das Recht auf Ungehorsam.
Das ist auch wichtig für das Verhältnis zu Eltern: Es gibt Kinder, die denken, wenn der Vater versagt, müssen sie ihm gar nicht mehr gehorchen. Das ist nicht wahr. Nur wenn der Vater oder die Mutter etwas verlangt, das klar gegen Gottes Gebote verstößt, besteht das Recht auf Ungehorsam. In allen anderen Punkten lehrt die Bibel Gehorsam gegenüber den Eltern.
Das Versagen einer Autoritätsperson berechtigt nicht, die Autorität an sich infrage zu stellen. Das gilt auch für Lehrer. Wenn ein Lehrer von Kindern etwas verlangt, das gegen Gottes Wort geht, darf das Kind in diesem Punkt ungehorsam sein, aber sonst nicht.
Das hilft auch, dass eine Obrigkeit erkennen muss: Christen sind nicht gefährlich, keine Revoluzzer. In der Sowjetunion wurden Christen über Jahrzehnte massiv verfolgt. Sie leisteten dort nur dort Ungehorsam, wo man verlangte, die Kinder nicht in der Bibel zu unterweisen oder nicht zu evangelisieren. Dort leisteten sie Widerstand, aber sonst beteten sie für die Obrigkeit. Es bestand nie ein Grund, dass der KGB Angst haben musste, die Christen würden die Sowjetunion stürzen. Sie waren loyale Bürger, wussten aber, wo die Grenze ist.
Wir kehren zurück zu Haggai 1,4, wo Gott sagt:
„Ist es Zeit für euch?“
Das Volk sagt in Vers 2: „Es ist nicht die Zeit, um das Haus zu bauen.“ Das ist im Hebräischen betont, darum habe ich es kursiv gesetzt:
„Ist es Zeit für euch, in euren getäfelten Häusern zu wohnen, während dieses Haus wüst dasteht?“
Sie sagten: Wenn man nicht am Tempel bauen kann, so kann man wenigstens unsere Häuser schön bauen. Aber Gott akzeptiert diese Prioritätenverschiebung nicht. Er hat nichts gegen Häuser an sich, aber wenn die eigenen Häuser wichtiger sind als das Haus Gottes, ist das falsch.
Was bedeutet der Tempel heute und der Tempelbau? In 1. Korinther 3,16 sagt Paulus zur Gemeinde in Korinth:
„Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn jemand den Tempel Gottes zerstört, wird Gott ihn zerstören, denn der Tempel Gottes ist heilig, und solcher seid ihr.“
Hier wird klar gesagt, die örtliche Gemeinde wird als Gottes Tempel bezeichnet. Der Geist Gottes wohnt in der Gemeinde. Wenn jemand diesen Tempel zerstört, kommt er unter das Gericht Gottes. Zerstören ist hier das Gegenteil von Bauen.
Wir haben also den Auftrag zu bauen. Paulus sagt in 1. Korinther 3,10:
„Nach der Gnade Gottes, die mir gegeben ist, habe ich als ein weiser Baumeister den Grund gelegt.“
Der Grund für den zweiten Tempel wurde im zweiten Jahr nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft gelegt, wie wir in Esra 3 gelesen haben. Paulus sagt weiter:
„Ein anderer baut darauf. Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut, denn einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher Jesus Christus ist.“
Der Grund wird gelegt, das hat Paulus als Gemeindegründer gemacht. Er nennt sich selbst einen weisen Baumeister, wörtlich im Griechischen einen weisen Architekten. Gemeindegründung ist also die Arbeit eines Architekten. Andere bauen weiter an der Gemeinde; Paulus warnt, dass man nur gottgemäß bauen darf.
Die Parallele ist klar: Tempelbau heute bedeutet Evangelisation, Mission und die Gründung von Gemeinden. Das Haus Gottes wird gebaut.
Es ist wichtig zu wissen, dass viele Missionare in der Dritten Welt über humanitäre Hilfsprojekte missionieren. In manchen Ländern kommt man gar nicht anders hinein, um zu evangelisieren. Aber der Blick muss darauf gerichtet sein, dass es nicht nur darum geht, Menschen zum Glauben zu bringen, sondern diese lebendigen Bausteine – so nennt 1. Petrus 2 jeden einzelnen Gläubigen – müssen auch vor Ort aufgebaut werden als ein Haus. Die Gründung von Gemeinden vor Ort ist absolut notwendig, dafür muss gesorgt werden. Das ist hier für uns der Tempelbau.
Wenn uns unsere privaten, persönlichen Belange wichtiger sind als das Werk Gottes, erklärt Gott in Haggai 1,6:
„Ihr habt viel gesät, aber wenig eingesammelt.“
Sie erlebten viel Enttäuschung in dieser Zeit: Sie hatten viel gesät, aber es brachte nichts. Sie konnten nicht einmal richtig bis zur Sättigung essen. Sie haben getrunken, aber nicht bis zum Vollsein – das heißt, nicht bis zum Betrunkensein, sondern bis zur Sättigung. Sie haben sich gekleidet, aber nicht zum Warmwerden. Sie leisteten Lohnarbeit, aber es war, als hätte das Portemonnaie ein Loch. Das Geld kam regelmäßig rein, aber es reichte nie. Das kennt man als Phänomen.
Hier erklärt Gott klar, dass das die Folge ihrer Prioritätenverschiebung war. Immer wieder findet sich der Ausdruck „Richtet euer Herz auf eure Wege“ in Vers 5 und am Schluss von Vers 7. Dieser Ausdruck bedeutet im Hebräischen, wie ich auf Seite 1 erklärt habe, charakteristische Ausdrücke und Besonderheiten, Punkt 4: „Richtet euer Herz auf“ kommt vor in 1,5; 1,7; dann wieder 2,15 und 2,18. Es kommt also ständig vor wie ein Refrain.
Das bedeutet: Richtet eure Aufmerksamkeit auf oder passt auf! Zum Beispiel steht im Straßenverkehr in Israel, wo es gefährlich wird, eine Tafel mit „Simlev“ – „Richtet dein Herz“, „Pass auf!“ Das ist ein normaler Ausdruck.
„Richtet euer Herz auf eure Wege“ heißt also: Überdenkt euer Leben, wie euer Lebensweg verlaufen ist. Passt auf, wie es um euren Lebensweg steht.
In Vers 8 macht Gott Mut:
„Steigt auf die Hügel, bringt Holz herbei, baut das Haus, damit ich Wohlgefallen finde und so verherrlicht werde.“
Er sagt in Vers 9:
„Aber weil ihr das nicht gemacht habt, habt ihr euch vielen Dingen zugewandt, aber es hat nichts gebracht, es war kein Segen Gottes darauf.“
Weswegen? Er erklärt:
„Wegen meines Hauses, weil es wüst dasteht, während ihr jeder für sein Haus läuft.“
Gott hat aktiv den Regen zurückgehalten und eine Dürre gebracht. Hätte es damals schon Ökologen gegeben, hätten sie gesagt, es gibt den Klimawandel. Ja, es gab den Klimawandel, der Regen kam nicht mehr. Aber das war Gottes aktives Werk in der Natur.
Wir dürfen uns die Natur nicht als eine Uhr vorstellen, die Gott am Anfang aufgezogen hat und die jetzt von selbst läuft. Die Bibel stellt uns Gott als einen Gott vor, der aktiv in der Natur wirkt.
Wenn kein Regen kommt, ist das Gottes Werk. Wenn zu viel Regen kommt, ist das auch Gottes Werk. Wenn man das heute sagt, ist das politisch nicht korrekt. Aber vieles, was politisch korrekt ist, ist einfach falsch.
Gott sagt ausdrücklich:
„Ich habe eine Dürre herbeigerufen über das Land“ (Vers 11) und sogar Krankheiten über die Pflanzen, wie wir noch sehen werden.
Hier gibt es ein Wortspiel: Bei Vers 11 habe ich eine Fußnote gesetzt. Im Hebräischen heißt es „Chorew“ (geschrieben Ch-r-f). Es ist ein Wortspiel, denn in Vers 9 am Schluss steht:
„Das Haus steht wüst da“ – „Charew“.
Man schreibt es genau gleich wie „Chorew“, man liest es nur anders. Das ist ein Wortspiel: Das Haus steht wüst da (Charew), und deswegen hat Gott „Chorew“ gerufen, die Dürre. Hier wird klar der Zusammenhang zwischen Gottes Werk und der Natur hergestellt.
Der Klimawandel und die Zunahme der Katastrophen, die seit den 1990er Jahren drastisch zunehmen, sind keine Märchen, sondern eine Tatsache. Es ist aber nicht einfach, weil die Menschen viel Auto fahren, sondern es ist wirklich ein Gericht Gottes.
Jesus sagt in Matthäus 24 viele Naturkatastrophen als Zeichen seiner Wiederkunft voraus. Übrigens stellt man heute auch einen Klimawandel auf dem Mars fest. Dort fahren ja ziemlich wenige Autos – ein paar wenige hat man hingeschickt, aber sie fahren weder mit Diesel noch mit Benzin. Trotzdem gibt es einen Klimawandel. Woher kommt das? Zur gleichen Zeit wie auf der Erde.
National Geographic hat vor einiger Zeit darauf hingewiesen, dass die Sonnenaktivität seit den 1990er Jahren drastisch zunimmt. Die Sonne spielt verrückt. Es gibt Ausbrüche und Explosionen, die so gewaltig sind, dass der Sonnenwind – das sind Teilchen, die die Sonne bei ihren Ausbrüchen ins Weltall schleudert – heute in drei Stunden die 150 Millionen Kilometer bis zur Erde zurücklegt, früher brauchte er drei Tage.
Jesus sagt in Lukas 21, dass in der Endzeit Zeichen an der Sonne geschehen werden. Diese Zeichen sind bereits da.
Ich will damit nicht sagen, man solle so viel Auto fahren, wie man will. Es hat nichts damit zu tun, aber es wird von anderen Tatsachen abgelenkt, die wir sehen müssen. Darin sehen wir Gottes Werk.
Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem, wie der Mensch handelt, und wie Gott in der Natur handelt. Ebenso besteht ein Zusammenhang, wie Gott in unserem Leben wirkt und Segen gibt, wenn wir uns ihm hingeben.
Wir müssen dem Herrn den ersten Platz geben. Die Bibel verheißt den Christen nicht, dass sie reich werden, wenn sie treu sind. Aber wir können sagen: Wenn wir dem Herrn treu sind und ihm den ersten Platz geben, nach dem Reich Gottes trachten, dann sagt Jesus:
„Diese Dinge werden euch hinzugefügt werden.“
Er spricht nicht von Mercedes und so weiter. Darauf haben wir keinen Anspruch. Ich meine nichts gegen Mercedes, aber wenn Leute denken, wir haben einen Anspruch, nein. Einfach das, was wir brauchen, gibt uns der Herr, wenn wir ihm den ersten Platz im Leben geben.
Jetzt kommen wir zum zweiten Hauptteil in Haggai, überschrieben mit „Erweckung unter dem Volk als Antwort auf die Botschaft“, Haggai 1,12-15.
Wir haben eine kurze poetisch gestaltete Botschaft von Haggai gesehen. Was ist nun die Reaktion?
Da hörten Serubabel, der Sohn Shealtiels, und Jeschua, der Sohn Jehozadaks, der Hohepriester, und all der Überrest des Volkes auf die Stimme des Ewigen, ihres Gottes, ja, auf die Worte Haggais, des Propheten, gemäß dem, wie der Ewige, ihr Gott, ihn gesandt hatte. Das Volk fürchtete sich vor dem Angesicht des Ewigen.
Da sprach Haggai, der Gesandte durch die Sendung des Ewigen, zu dem Volk, indem er sprach.
Das war alles wieder Prosa, darum habe ich es auch so gesetzt – gewöhnlicher Text. Nun folgt wieder eine kurze Botschaft von Haggai, aber das ist Poesie:
„Ich bin“ – Spruch des Ewigen.
Und der Ewige erweckte Serubabel, den Sohn Shealtiels, den Landpfleger von Juda, und den Geist Jehoschuas, des Sohnes Jehozadaks, des Hohenpriesters, und den Geist des ganzen Überrestes des Volkes. Sie kamen und führten das Werk am Haus des Ewigen der Heerscharen, ihres Gottes, aus, am 24. Tag des sechsten Monats im zweiten Jahr von Darius, dem König.
Mich überwältigt, dass dieser Prophet eine kurze Botschaft gab (Vers 4 bis 11) und alle hören. Sie kehren um. Unglaublich! So etwas möchte ich heute auch sehen: Jemand predigt, und alle kehren um. Aber damals geschah es.
Zuerst werden Serubabel und Jehoshua erwähnt. Dann der ganze Überrest, der zurückgekehrt war aus Babylon. Diese beiden Männer hatten eine besonders verantwortliche Position unter dem Volk Gottes. Man könnte sie heute mit Ältesten in der Gemeinde vergleichen.
Ihr Beispiel und alle Folgen zeigen genau, was Gott von Ältesten im Neuen Testament erwartet. In 1. Petrus 5 spricht Petrus die Ältesten an:
„Die Ältesten, die unter euch sind, ermahne ich, der Mitälteste und Zeuge der Leiden Christi und Teilhaber der Herrlichkeit, die offenbart werden soll: Hütet die Herde Gottes, die bei euch ist, nicht aus Zwang, sondern freiwillig; nicht um schändlichen Gewinn, sondern bereitwillig; nicht als Herrscher über die Herde, sondern als Vorbilder der Herde.“
Und wenn der Erzhirte offenbar wird, werden sie die unvergängliche Krone der Herrlichkeit empfangen.
Petrus spricht hier die Mitältesten an und sagt: Hütet die Herde Gottes! Hüten ist nicht dasselbe wie jagen und treiben. Hüten heißt pflegen. Er sagt nicht „eure Herde“. Mir wird jedes Mal schwül, wenn jemand sagt „meine Gemeinde“. Das gibt es gar nicht, außer im Sinne von „meine Gemeinde, wo ich hingehe“. Aber „meine Gemeinde“ im Sinne von „die Gemeinde, die ich hier stehe“, gibt es nicht. Hütet die Herde Gottes, die bei euch ist. Sie gehört nicht euch, sie ist bei euch.
Dann sagt Petrus: Führt die Aufsicht nicht aus Zwang, sondern freiwillig; nicht um schändlichen Gewinn, sondern bereitwillig; nicht als Herrscher über eure Besitztümer, sondern indem ihr Vorbilder der Herde seid.
Älteste sind keine Könige. Indem sie Vorbilder der Herde sind, motivieren sie andere zur Treue und Nachfolge. Das ist vergleichbar mit einem Offizier in der israelischen Armee.
Die israelische Armee funktioniert anders als die meisten Armeen der Welt. Sie sagen nicht „Geht, Soldaten!“, sondern „Lechu acherei!“ – „Folgt mir!“ Das ist ein Grund, warum die israelische Armee im Sechstagekrieg so erfolgreich war. Eine Übermacht an drei Fronten wurde in sechs Tagen geschlagen.
Bei der ägyptischen Armee zum Beispiel wurde ein riesiges Kontingent in der Sinaiwüste eingekesselt, abgeschnitten von der Kommandozentrale, und wusste nicht mehr, was es tun sollte. Sie konnten nichts machen und wurden gefangen genommen.
Bei israelischen Truppen ist es so, dass auch kleine Einheiten autonom handeln können. Ein Offizier mit wenigen Männern kann selbst entscheiden, was zu tun ist, und geht mit gutem Beispiel voran. Deshalb fallen überproportional viele Offiziere, weil sie vorangehen. Aber ihr Beispiel motiviert die Soldaten.
So ist es auch bei Ältesten: Indem sie Vorbilder der Herde sind, motivieren sie andere zur Treue und Nachfolge.
In Esra 5 haben wir gelesen, dass auf die Prophetie von Haggai und Sacharja hin zuerst Zerubbabel und Jeschua an die Arbeit gingen, dann alle anderen folgten.
Der Spruch von Haggai als Antwort auf die Umkehr ist nicht lang. In Fußnote 15 steht, dass dieser Vers im Hebräischen nur vier Wörter umfasst:
„Ich bin mit euch“ – „Ani itchem“ – Spruch des Ewigen, Ne’um Adonai.
Zwei Verszeilen, jeweils zwei Wörter. Das ist knapp!
In 1. Korinther 14,19 sagt Paulus:
„Es bringt nichts, wenn jemand in einer fremden Sprache zehntausend Wörter sagt.“
Das ist ein halbes Büchlein mit etwa zwanzigtausend Wörtern. Zehntausend Wörter in einer Fremdsprache bringen nichts, wenn die Leute nicht verstehen.
Er sagt:
„Lieber spreche ich in der Gemeinde fünf verständliche Wörter, die die anderen erbauen.“
Fünf Wörter im richtigen Moment zu den richtigen Personen können sehr erbauend sein. Zum Beispiel: „Der Herr ist mein Hirte.“
Haggai unterbietet das noch mit „Ani itchem Ne’um Adonai“ – „Ich bin mit euch, Spruch des Ewigen.“
In Vers 14 wird erklärt, dass diese Erweckung, diese Umkehr das Werk Gottes war:
Der Ewige erweckte Serubabel, den Sohn Shealtiels, den Landpfleger von Juda, den Geist Jehoshuas, des Sohnes Jehozadaks, des Hohenpriesters, und den Geist des ganzen Überrestes des Volkes. Sie kamen und führten das Werk am Haus des Ewigen der Heerscharen, ihres Gottes, aus.
Interessant ist hier: Der Geist des Menschen wird erweckt, nicht seine Seele. Manche denken, wenn man die Leute weich macht, bekehren sie sich. Dann kommen seelische Bekehrungen, doch am nächsten Tag die Ernüchterung.
Manche haben sich seelisch bekehrt und fragen sich: „Was war das jetzt? Jetzt spüre ich nichts mehr davon.“ Hier aber wird der Geist erweckt.
Der Geist des Menschen hat die Fähigkeit, zu verstehen, zu begreifen und Gottes Existenz wahrzunehmen.
Im Psalm 77 steht:
„Ich dachte nach über die Tage von alters her, und mein Geist forschte in mir.“
Der menschliche Geist kann über die Vergangenheit nachdenken, wie Gott gehandelt hat. In Römer 8 lesen wir:
„Der Geist bezeugt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.“
Tiere haben keine Geist, aber eine Seele, sagt die Bibel. Das merkt man: Ein Hund kann einem das Herz brechen, wenn er winselt und jault und ein seelisches Bedürfnis nach Gemeinschaft hat. Aber ein Hund hat keine Gotteserkenntnis und kann nicht über Gottes Handeln nachdenken. Das kann nur der Mensch, weil er Geist hat.
Der Mensch ist eine Einheit von Geist, Seele und Leib, nach 1. Thessalonicher 5,23.
Gott erweckt den Geist des Menschen, und durch den Geist kann man zum Beispiel lesen. Tiere können nicht lesen, weil sie keinen Geist haben.
Ohne Geist geht es nicht, Gottes Wort wahrzunehmen oder zu verstehen.
Man kann wie Franz von Assisi den Vögeln predigen, das bringt nichts. Wir können nur zu Menschen sprechen, die einen Geist haben und verstehen.
So kann der Geist Gottes unserem Geist auch bewusst machen, dass wir Sünder sind, wenn wir die Zehn Gebote lesen und überlegen: „Du sollst nicht stehlen.“ Jesus sagt in der Bergpredigt:
„Wer Ehebruch begeht, hat schon im Herzen Ehebruch begangen.“
Dann erkennt der Mensch, dass er schuldig vor Gott ist und zur Bekehrung kommen muss.
Der Mensch weiß dann auch, warum er sich bekehrt. Es ist eine bewusste Entscheidung, keine gefühlsmäßige.
Manche bekehren sich ohne besonderes Gefühl, andere erleben sofort Erleichterung und Freude. Das ist aber nicht notwendig.
Es geht darum, dass Gott den Geist des Menschen erreicht, sodass er zutiefst weiß, warum er sagen muss: „Ich bin ein Sünder“ und „Jesus Christus ist der einzige Retter.“
Die Botschaft von Haggai führte dazu, dass das Volk sich vor dem Angesicht des Ewigen fürchtete (Vers 12). Es entstand Gottesfurcht.
Ein Kennzeichen von Erweckung ist Gottesfurcht. Heute wird viel über Erweckung gesprochen, aber wenig Gottesfurcht erlebt. Das ist ein Widerspruch in sich.
Ein wesentliches Kennzeichen von Erweckung ist Gottesfurcht.
Ermunterung durch prophetischen Weitblick
Jetzt kommen wir schon zu Teil drei: Drittens, Ermunterung durch prophetischen Weitblick, Kapitel 2, Verse 1 bis 9.
Im siebten Monat, am einundzwanzigsten Tag des Monats, geschah das Wort des Ewigen durch Haggai, den Propheten. Er sprach: Sprich doch zu Zerubbabel, dem Sohn Shealtiels, dem Landpfleger von Juda, und zu Jehuschua, dem Sohn Jehozadaks, dem Hohenpriester, und zu dem ganzen Volk, in dem du sprichst.
Jetzt folgt wieder Poesie: Wer unter euch ist der Übergebliebene, der dieses Haus in seiner früheren Herrlichkeit gesehen hat? Und als was seht ihr es jetzt? Ist es nicht etwas wie nichts in euren Augen? Aber jetzt sei stark, Zerubbabel, Spruch des Ewigen, und sei stark, Jehoshua, Sohn Jehozadaks, und sei stark, ganzes Volk, Spruch des Ewigen, und arbeitet, denn ich bin mit euch, Spruch des Ewigen der Heerscharen!
Wenn wir zusammen in Esra 3 gelesen hätten, als das eigentliche Tempelhaus gebaut wurde, dann hätten wir Folgendes gesehen: Die Leute jubelten und jauchzten, als dieses Haus gebaut wurde. Aber es wird erklärt, dass es alte Leute gab, die noch bis zum Jahr 586 v. Chr. den Salomonischen Tempel kannten. Diese hatten den Salomonischen Tempel in seiner früheren Herrlichkeit gesehen, und als sie sahen, was jetzt aufgebaut wurde, da weinten sie.
Esra 4 erklärt, dass das Jauchzen und Weinen sich so miteinander vermischt hatten. Und jetzt spricht eben Haggai diese alten Leute an, obwohl sie schon so alt waren. Sie hatten also das Jahr 586 v. Chr. mindestens noch erlebt, und jetzt sind wir im Jahr 520 v. Chr. Denen sagt er: Wer ist von euch, der das noch erlebt hat, der dieses Haus, das heißt dieses Tempelhaus, in seiner früheren Herrlichkeit gesehen hat? Und jetzt, was hier steht, das ist nichts. Man hatte ja nicht diese Reichtümer wie Salomo, man konnte nur ein schlichtes Haus bauen.
Übrigens muss ich erklären: Wir haben so oft den Ausdruck "Haus", Bayit, im Hebräischen. Das ist eigentlich der üblichste Ausdruck, um "Tempel" zu sagen. Bayit. Es gibt auch noch einen anderen Ausdruck, Hechal, aber Bayit ist der übliche Ausdruck. Wenn man heute im modernen Hebräisch sagt „der Tempelberg“, dann sagt man Har Habayit, der Berg des Hauses. Und das ist ein biblischer Ausdruck, zum Beispiel aus Micha 4, Har Habayit.
Oder wenn man sagt, der erste Tempel, dann sagt man Habeid Harishon, das erste Haus; der zweite Tempel heißt Habeid Hasheni, das zweite Haus; und der dritte Tempel, der noch gebaut werden soll, ist Habeid Hashelishi, das dritte Haus. Darum ist dieser Ausdruck "Haus" oder "mein Haus", wie wir ihn schon in Kapitel 1 hatten, der technische Ausdruck für das Tempelhaus.
Also: Wer unter euch ist der Übergebliebene, der dieses Haus, das heißt dieses Tempelhaus, in seiner früheren Herrlichkeit gesehen hat? Es ist wie nichts. Aber in Vers 4 macht Gott durch Haggai Mut, dass sie stark sein sollen: Sei stark, Zerubbabel, sei stark, Jehoshua, sei stark, ganzes Volk, und arbeitet, denn ich bin mit euch.
Es geht nicht darum, dass es den gleichen Glanz haben soll wie am Anfang, aber ich bin mit euch – und das genügt ja, das reicht. Wir haben heute Morgen bei den Sendschreiben Sardes, Philadelphia und Laodizea gesehen, dass Philadelphia ganz deutlich die Erweckungszeit des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts zeigt. Dort hat man wieder neu die Perspektive bekommen: Wir wollen Gemeinde bauen nach Gottes Bauplan, so wie es im Neuen Testament beschrieben ist. Nicht das, was der Mensch daraus gemacht hat, dieses Machtgebäude von Rom und so weiter, sondern wirklich wie das Haus Gottes, so wie in der Bibel.
Aber wenn man das vergleicht mit dem, was in der Apostelgeschichte ist, sagt man: Ja, dieser Glanz, diese Ausstrahlung, wie die ersten Christen in den ersten drei Jahrzehnten – wo ist das geblieben? Aber da sagt Gott: Wenn ihr die Herrlichkeit am Anfang gesehen habt, sollt ihr euch nichts daraus machen. Seid stark, arbeitet einfach mit den Möglichkeiten, die ihr habt, und das Wichtigste ist: Denn ich bin mit euch.
Also wird hier wiederholt: Ich bin mit euch – das, was Haggai schon gesagt hat in seiner kürzesten Botschaft von vier Wörtern: Ich bin mit euch, Spruch des Ewigen (1,13).
Jetzt kommt eine ganz interessante Ermutigung, Vers 5: Das Wort, welches ich mit euch eingegangen bin bei eurem Auszug aus Ägypten, und mein Geist bleibt in eurer Mitte – fürchtet euch nicht.
Hier sagt Gott, sein Wort und sein Geist seien in ihrer Mitte. Was heißt das nun ganz konkret? Das heißt, der Tempel sollte der Aufbewahrungsort für das Wort Gottes sein. Das Wort, welches ich mit euch eingegangen bin bei eurem Auszug aus Ägypten, das ist die Tora, die fünf Bücher Mose. Und Gottes Geist soll da in der Mitte sein.
Ich muss erklären: Der Tempel war in vielerlei Hinsicht eine Enttäuschung, der zweite Tempel. Wir haben gesehen, das Haus selbst war natürlich nicht so ein herrliches Haus wie der Salomonische Tempel mit all dem Gold, das Salomo verwenden konnte. Aber es gibt noch viel mehr Dinge.
Ich habe das in meinem Buch "Der Messias im Tempel" auf Seite 90 zusammengestellt: Das Allerheiligste des zweiten Tempels war ein leerer Raum, die Bundeslade befand sich nicht mehr dort. Die Bundeslade fehlte.
Zweitens: Mit der Bundeslade wurde auch der mosaische siebenarmige Leuchter verborgen. Die Menorah im zweiten Tempel war demnach nicht die originale. Dieser Leuchter von Mose war in der Stiftshütte und im ersten Tempel, aber im zweiten war er nicht mehr im Heiligtum.
Drittens: Der Babylonische Talmud, Joma 52b, spezifiziert, dass neben der Bundeslade auch der goldene Krug mit dem Manna (2. Mose 16,33-34; Hebräer 9,4), das Gefäß mit dem heiligen Salböl für die Hohenpriester (2. Mose 29,7), der Stab Arons, der gesprosst hatte (4. Mose 17; Hebr. 9,4), und die philistäische Kiste mit den goldenen Mäusen aus 1. Samuel 6,4 und 18 nicht mehr vorhanden waren – sie fehlten.
Weiter: Die von Mose gebildete ehrende Schlange aus 4. Mose 21,8 wurde durch König Hiskia zerstört (2. König 18,4). Somit fehlte auch sie im zweiten Tempel. Aber sie war vorher noch da, bis zu Hiskia.
Aus Avod de Rabbanan 42 geht hervor, dass auch der Stab Moses im zweiten Tempel nicht mehr vorhanden war.
Und weiter: Die Schechina, das ist diese herrliche Wolkensäule, die über der Stiftshütte war und auch über dem Salomonischen Tempel. Die Schechina, welche einst die Gegenwart Gottes in Israel sichtbar angezeigt hatte, zog nie in den zweiten Tempel ein.
Weiter: Bei der Stiftshütte und im ersten Tempel wurde jeweils das erste Opfer durch einen Blitz vom Himmel entzündet (3. Mose 9,24; 2. Chronika 7,1). Dieses Feuer von Gott wurde anschließend fortdauernd auf dem Altar erhalten (3. Mose 6,5). So etwas geschah beim zweiten Tempel nie. Als sie zurückkamen und den Altar bauten, kam kein Blitz. Das Altarfeuer war dort menschliches Feuer.
Und schließlich: Im Brustschild des Hohenpriesters wurden zur Zeit der Stiftshütte des ersten Tempels die Urim und Tumim, das heißt wörtlich Lichter und Vollkommenheiten, aufbewahrt. Nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil besaß man diese Einrichtung, um den Willen Gottes zu erfragen, nicht mehr (Esra 2,63; Nehemia 7,65). Nehemia drückte damals noch die Hoffnung aus, dass die Möglichkeit der göttlichen Urteilsfindung durch dieses Mittel wieder zurückkehren würde. Doch rückblickend müssen wir sagen, dass es bis ins Jahr 70 nach Christus nie mehr Hohenpriester mit den Urim und Tumim gegeben hatte.
Also sehen wir diese Unterschiede, und das gibt noch mehr Gewicht: Wer übrig geblieben ist, hat das Haus in seiner frühen Herrlichkeit gesehen – es ist wie nichts. Und trotzdem sagt Gott: Seid mutig, arbeitet, ich bin mit euch.
Jetzt machen wir Pause.
Wir haben uns noch vor der Pause mit dieser Verheißung Gottes beschäftigt: Sein Wort und sein Geist sollen in ihrer Mitte sein. Das bedeutet, dass die Bibel im zweiten Tempel aufbewahrt wurde. Viele Dinge haben gefehlt, sogar die Schechina, die Wolkensäule Gottes, war nicht da. Aber Haggai macht Mut, Gott sagt: Mein Wort soll in neuer Mitte bestehen und auch mein Geist. Das heißt, das Wirken des Geistes Gottes war in Jerusalem im Tempel auf besondere Weise erfahrbar, alttestamentlich.
Dieses Aufbewahren der Bibel hat schon seine ganz besondere Bedeutung. Die rabbinische talmudische Überlieferung spricht ausdrücklich über drei Torarollen, die im Tempel aufbewahrt wurden. Ich schreibe darüber in meinem Buch „Der Messias im Tempel“ auf Seite 93, dort kann man auch die Quellen nachschauen.
Von besonderer Bedeutung ist die Erwähnung einer Torarolle, die das Buch Esras genannt wurde, das heißt eine Kopie der fünf Bücher Mose, die offensichtlich auf Esra, den Bibelschreiber Esra, zurückgeht. Diese wurde im zweiten Tempel aufbewahrt.
Die rabbinischen Quellen bezeugen, dass nicht nur die Tora, die fünf Bücher Mose, sondern offensichtlich alle kanonischen Bücher des Alten Testaments im Tempel aufbewahrt worden sind.
Aus dem Tempelschatz wurden ferner professionelle sogenannte Magihim beschäftigt. Sie hatten die Aufgabe, die Präzision beim Abschreiben und Übermitteln des Bibeltextes zu überwachen.
Die Sorgfalt, die beim Abschreiben des Zentraltextes im Tempel zur Anwendung kam, sieht man sehr schön bei den Ermahnungen an Abschreiber von Rabbi Jischmael um 130 n. Chr.: Er sagt: „Mein Sohn, sei vorsichtig, denn dein Werk ist das Werk des Himmels. Wenn du einen Buchstaben weglässt oder einen Buchstaben hinzufügst, so findest du dich in der Funktion eines Zerstörers der Welt.“
So sieht man, mit welcher Ehrfurcht man den Bibeltext abgeschrieben hat.
Der Tempel spielte daher eine ganz wesentliche Rolle in der Bewahrung und Überlieferung der Bibel.
Im Tempel zu Jerusalem wurde also der beste Bibeltext aufbewahrt. Heute können wir beweisen, dass der Bibeltext im Alten Testament, der schon immer als Grundlage für Übersetzungen ins Deutsche, Englische, Französische usw. benutzt wurde, der sogenannte masoretische Text aus dem Mittelalter ist. Dieser geht in seiner Tradition zurück auf diesen Zentraltext im Tempel.
Wir haben alle von Qumran gehört. Die Qumran-Leute, die Bibelrollen in den Höhlen am Toten Meer aufbewahrt hatten, waren Leute, die sich im zweiten Jahrhundert vor Christus vom Judentum abgesondert hatten, und zwar in der Zeit, als plötzlich illegale Hohepriester an die Macht kamen. Da sagten sie: Wir können nicht mehr im Tempel sein, wir gehen. Sie nahmen natürlich alle möglichen Schriftrollen mit, die sie hatten, aber sie hatten dadurch nicht mehr den Zugang zu dem besten Text im Tempel in Jerusalem.
Darum findet man bei den Qumran-Handschriften eine Gruppe von hebräischen Handschriften, die entsprechend dem masoretischen Text aus dem Tempel sind. Aber es gibt auch Handschriften, die mehr dem Text der Samariter entsprechen, die sowieso keinen Kontakt zum Tempel in Jerusalem hatten. Und eine dritte Gruppe entspricht mehr dem Text der ägyptischen Septuaginta-Bibel, die im dritten Jahrhundert in Ägypten übersetzt wurde.
Man kann sagen: Je weiter die Handschriften von Jerusalem und dem Tempel entfernt sind, desto schlechter wurden sie.
Aber man hat nicht nur Funde in Qumran in den elf Höhlen gemacht, sondern südlich von Qumran hat man weitere Höhlen mit Texten im Wadi Murabba'at gefunden, mit Texten, die Juden dort versteckt hatten, die nicht vom Judentum abgesondert waren. Dort, zum Beispiel im Wadi Murabba'at, gibt es Fragmente, also Buchstücke der fünf Bücher Mose, die aus der Zeit vor 66 n. Chr. stammen und in jedem Buchstaben mit dem Text übereinstimmen, den wir schon immer aus dem Mittelalter kannten.
Wie ist das möglich? Eben, weil sie Zugang zu dieser fixen Vorlage im Tempel hatten. Das zeigt, mit welcher Präzision der Bibeltext, den wir schon immer benutzt haben, überliefert wurde. Man kann sagen, Qumran hat nichts Neues gebracht, sondern nur bestätigt, wie genau der Text war, den wir schon immer hatten.
Das hat noch eine Bedeutung: Im Judentum durften nur biblische Handschriften in den Tempel mitgenommen werden. Was es noch gab, waren Geschlechtsregister für die Priester usw. Das durfte man auch in den Tempel nehmen. Aber alle anderen Schriften waren verboten.
Das zeigt, dass die Behauptung liberaler Theologen, der Kanon des Alten Testaments, also die Bücher, die zum Alten Testament gehören, seien erst 90 n. Chr. festgelegt worden, völliger Unsinn ist. Im zweiten Tempel durften ja nur biblische Handschriften auf den Tempelplatz gebracht werden. Da musste man sich von Anfang an entscheiden, welche Schriften dazugehören und welche nicht.
Mit anderen Worten: Apokryphen hätte man nicht auf den Tempelplatz nehmen dürfen. Es war also nicht möglich, die Frage offen zu lassen. Man war gezwungen, schon seit der Zeit Haggais ganz klar zu unterscheiden, was biblisch ist und was nicht.
Eine interessante Stelle ist 2. Timotheus 3, Vers 16, dort haben wir eine schöne Stelle über die Inspiration der Bibel. Der Apostel Paulus erklärt Timotheus:
„Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast, und wovon du völlig überzeugt bist, da du weißt, von wem du gelernt hast, und weil du von Kind auf die Heiligen Schriften kennst. Diese vermögen dich weise zu machen zur Seligkeit durch den Glauben, dessen Christus Jesus ist. Alle Schrift ist von Gott eingegeben.“
Paulus spricht hier vom Alten Testament, das Timotheus von Kind auf kannte durch seine Mutter und Großmutter.
Aber der Ausdruck „die heilige Schrift“ ist hier ein ganz ungewöhnlicher Ausdruck, denn Paulus verwendet nicht das übliche Wort für heilig, hagios, sondern ein Wort, das verwandt ist mit dem Tempel, Hieron. Das heißt eigentlich „die heiligen Schriften, die der Heiligkeit des Tempels entsprechen“.
Ich habe das auf dem Skript auf Seite 1 aufgeführt, unter charakteristische Ausdrücke und Besonderheiten. Dort steht: Das Wort Gottes im Tempel, Haggai 2, Vers 5. Vergleiche 5. Mose 31,26, wo schon zu Zeiten Moses gesagt wurde, dass man das fünfte Buch Mose im Allerheiligsten aufbewahren müsse, 2. Chronika 34,14, wo in der Zeit Josias die Bibel im Tempel, im Salomonischen Tempel, entdeckt wurde, und jetzt 2. Timotheus 3, Vers 16 heißt Tahira Gramata, hier verwandt mit Hieron, Tempel.
„Hiera Grammata“ heißt „die der Tempelheiligkeit entsprechenden Schriften“, also diese Schriften, die würdig sind, im Tempel aufbewahrt zu werden. Das wird hier erwähnt.
Das ist wichtig für uns, weil es zeigt: Man wusste genau, welcher Bibeltext der richtige Bibeltext ist und an welchem Text man die Handschriften immer wieder eichen musste. Man wusste auch genau, welche Schriften zur Bibel gehören und welche nicht. Das wäre nicht so eine lange unklare Angelegenheit, wie es liberale Theologen heute behaupten.
Man kann einen Test machen: Wenn jemand so etwas sagt, wird man feststellen, dass er diese Dinge gar nicht kennt. Das ist also sehr wichtig.
Wir gehen weiter.
Wir sind gekommen bis Kapitel 2, Vers 5. Wir sind immer noch in diesem dritten Abschnitt, betitelt mit „Ermunterung durch prophetischen Weitblick“.
Vers 6: Denn so spricht der Ewige der Heerscharen: Noch einmal, eine kurze Zeit ist da, dann werde ich den Himmel und die Erde erschüttern, und das Meer und das Trockene. Ich werde die Nationen erschüttern, und das Ersehnte der Nationen wird kommen.
Ich werde dieses Haus erfüllen mit Herrlichkeit, spricht der Ewige der Heerscharen. Mir gehört das Silber und mir das Gold, Spruch des Ewigen der Heerscharen.
Größer wird die Herrlichkeit dieses Hauses sein, die letzte größer als die erste, spricht der Ewige der Heerscharen.
Und an diesem Ort werde ich Frieden geben, Spruch des Ewigen der Heerscharen.
Hier prophezeit Haggai über die Endzeit. Er sagt: In der Endzeit, wenn einmal alles erschüttert wird, da wird dieses Haus, dieser Tempel, mit Herrlichkeit erfüllt werden. Diese Herrlichkeit wird größer sein als die Herrlichkeit des Salomonischen Tempels.
Wovon spricht er hier? Vom Endzeit-Tempel, so wie er in Hesekiel 40 bis 48 beschrieben wird, im Tausendjährigen Reich.
Jetzt sehen wir, dass Haggai 2 über alle drei Tempel der Geschichte Israels spricht.
Über den ersten Tempel: Haggai 2, Vers 3: Wer ist unter euch Übergebliebene, der dieses Haus in seiner früheren Herrlichkeit gesehen hat? Das ist der Salomonische Tempel.
Und als was seht ihr es jetzt? Das ist der zweite Tempel.
Und dieses Haus wird mit Herrlichkeit erfüllt werden, mehr als die erste, das ist der dritte Tempel in der Endzeit.
Hier haben wir alle drei Tempel – mehr gibt es nicht in der Geschichte Israels.
Was uns auffällt: Der Text sagt nicht erster Tempel, zweiter Tempel, dritter Tempel, sondern es wird immer als dasselbe Haus gesehen.
Der Prophet sagt: Wer hat dieses Haus gesehen? Das war der zweite Tempel, gesehen in seiner früheren Herrlichkeit. Es wird identifiziert mit dem Tempel, der zerstört wurde, mit dem Salomonischen Tempel.
Wenn er sagt, dieses Haus wird in der Zukunft einmal mit mehr Herrlichkeit erfüllt werden als früher, dann ist es immer noch dasselbe Haus, aber es ist der dritte Tempel.
Es gibt noch ein Kapitel in der Bibel, das alle drei Tempel enthält, unter charakteristische Ausdrücke und Besonderheiten, viertletzter Punkt habe ich geschrieben: Die drei Tempel in Jerusalem gesehen als Einhaus.
Der erste Tempel: 2, Vers 3a; der zweite Tempel: 2, Vers 3b; und der dritte Tempel: 2, Verse 7–9.
Das andere Kapitel ist Daniel 9.
In Daniel 9, Vers 17 wird der erste Tempel erwähnt. Daniel ist in der Gefangenschaft in Babylon, der Salomonische Tempel war zerstört, und wir lesen in Daniel 9, Vers 17:
„Und nun höre, unser Gott, auf das Gebet deines Knechtes und auf sein Flehen, und um des Herrn Willen lass dein Angesicht leuchten über dein verwüstetes Heiligtum.“
Das ist der Salomonische Tempel, der damals noch in Schutt und Asche lag.
Aber danach bekommt er die Prophetie mit den Jahrwochen.
Von dem Moment an, wo ein Erlass ausgeht, Jerusalem zu bauen, das sollte sich erfüllen im Jahr 445 v. Chr. unter König Artaxerxes.
Bis der Messias kommt, vergehen siebenundsechzig Jahrwochen, das heißt 69 Jahrwochen.
Eine Jahrwoche dauert in der Bibel sieben Jahre, und zwar sind es immer Jahre zu 360 Tagen.
Wenn man das umrechnet, kommt man von diesem Erlass, Jerusalem zu bauen, bis zum Messias auf 173.000 Tage, das hat sich auf den Tag genau erfüllt, als der Herr Jesus als Fürst am Palmsonntag im Jahr 32 n. Chr. nach Jerusalem und in den Tempel einzog.
Ich lese Daniel 9, Vers 25:
„So wisse denn und verstehe: Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen – das war im Jahr 445 v. Chr. – bis auf den Messias, den Fürsten, sind sieben Jahrwochen und zweiundsechzig Jahrwochen, zusammen 69.
Straßen und Gräben werden wiederhergestellt und gebaut werden, und zwar in Drangsal der Zeiten.“
Nach den 62 Jahrwochen, die auf die ersten sieben folgten, wird der Messias ausgerottet werden und nichts haben.
Wir wissen heute: Fünf Tage nach dem Einzug am Palmsonntag wurde der Herr Jesus ermordet durch Kreuzigung.
Das steht nach den 62 Jahrwochen, also nach den 69 Jahrwochen, die genau am Palmsonntag endeten.
Dann sagt der Prophet:
„Und das Volk des kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören.“
Hier haben wir den zweiten Tempel, der in der Zukunft zerstört wird, von Daniel aus gesehen, und zwar kurz nachdem der Messias ermordet wurde.
Deutsch ist schwierig.
Da haben wir also den zweiten Tempel, und wir erfahren: Am Ende seiner Existenz sollte der Messias zum zweiten Tempel kommen, und dann würde er zerstört werden.
Aber dieses gleiche Kapitel spricht noch weiter über die Zukunft.
Eine siebzigste Jahrwoche sollte ganz in der Endzeit, sieben Jahre vor der Wiederkunft Jesu, stattfinden.
Da sagt der Prophet, Daniel 9, Vers 24:
„70 Jahrwochen sind über dein Volk und über deine heilige Stadt bestimmt, um den Abfall zum Abschluss zu bringen und den Sünden ein Ende zu machen und die Ungerechtigkeit zu sühnen und eine ewige Gerechtigkeit einzuführen und Gesicht und Propheten zu versiegeln und ein Allerheiligstes zu salben.“
Ich will jetzt nicht Daniel 9 ausführlich durchnehmen, aber nur andeutungsweise:
Die 69 Jahrwochen gingen bis zum Kommen Jesu, und die 70. Jahrwoche sollte dann aufgespart werden für die Endzeit.
Es gibt also einen Einschub zwischen der 69. und der 70. Jahrwoche, das ist dann die Zeit der Gemeinde.
Nach der 70. Jahrwoche wird alles vollkommen werden, das ist das Tausendjährige Reich.
Die Sünden werden zum Ende kommen, der Abfall wird zum Ende kommen, und ein Allerheiligstes wird gesalbt werden.
Dann haben wir wieder einen Tempel, und zwar in der Endzeit. Das ist der dritte Tempel in der Endzeit.
Alle drei Tempel sind im gleichen Kapitel erwähnt.
Noch etwas Interessantes:
Die Stiftshütte wurde ja gesalbt durch das Salböl von Mose. Das hatte man auch noch beim Salomonischen Tempel, das habe ich ja in der vorigen Stunde erklärt.
Aber beim zweiten Tempel hatte man dieses Salböl nicht mehr.
Deswegen wurde der zweite Tempel auch nie gesalbt.
Hier wird gesagt: In der Endzeit wird das Allerheiligste gesalbt werden.
Das ist nicht der zweite Tempel, das ist der dritte Tempel in der Endzeit.
Alle drei Tempel werden auch hier erwähnt.
Wir leben eben in der Zeit zwischen dem zweiten und dem dritten Tempel, allerdings ganz am Schluss.
Wir sehen heute, wie das Judentum riesige Anstrengungen macht, um den dritten Tempel vorzubereiten.
Ich habe das schon oft gesagt. Ich habe auch die Tempelgeräte für den dritten Tempel schon gesehen, und viele andere auch: Schaubrot, Tisch aus Gold, den goldenen Leuchter – alles ist bereit für den dritten Tempel in der Zukunft.
Er wird gebaut werden, noch vor der Wiederkunft Christi als König.
Es wird oft gefragt: Vor der Entrückung oder erst nach der Entrückung?
Die Bibel sagt nicht, ob vor oder nachher.
Eines ist klar: Nach der Entrückung muss er stehen.
Der Antichrist wird ihn entweihen durch ein Götzenbild, und er wird sich selbst dort hineinsetzen (2. Thessalonicher 2; Matthäus 24, Vers 15).
Aber dann wird Jesus zurückkehren am Ende der Drangsalzeit, am Ende dieser sieben Jahre.
Dann wird er diesen geschändeten Tempel wieder neu weihen und ausbauen lassen nach den Plänen von Hesekiel.
Dann wird es ein Tempel werden von eineinhalb Kilometer auf eineinhalb Kilometer.
Ein solches Bauwerk hat es in der ganzen Geschichte der Architektur noch nie gegeben.
Ich habe an einem früheren Bibelstudientag diesen Tempel vorgestellt, auch mit 3D-Bildern eines Modells.
Darum will ich mich da nicht zu sehr wiederholen.
Vielleicht noch interessant:
Der Tempel zur Zeit des Herrn Jesus war schon so gewaltig groß – 144 Quadratkilometer.
Man hätte alle berühmten Kathedralen von England dort aufstellen können und hätte noch Platz übrig gehabt.
Aber dieser Tempelplatz wird, ich habe das mal ausgerechnet, 2.480.625 Quadratmeter ausmachen.
Also der zweite Tempel, der gigantisch war, wird darin nur noch verschwinden.
In Hesekiel 43 wird beschrieben, wie am Anfang des Tausendjährigen Reiches die Schechina zurückkehren wird in den dritten Tempel.
Aber die Herrlichkeit am Schluss wird den Salomonischen Tempel völlig in den Schatten stellen.
Das wird den Bauenden vorgestellt, um ihm Mut zu machen, dieses so ohne Herrlichkeit dastehende Haus treu zu bauen.
Das Gleiche gilt für uns: Wenn wir sehen, welche Herrlichkeit die Gemeinde einmal ausstrahlen wird, wenn der Herr Jesus mit allen Gläubigen kommt.
Wir kommen mit allen Heiligen auf dem Ölberg, und es heißt in 2. Thessalonicher 1, dass Jesus dann in den Heiligen, in den Gläubigen bewundert werden wird.
Ich lese 2. Thessalonicher 1:
„Und euch, die ihr jetzt bedrängt werdet, Ruhe mit uns bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel mit den Engeln seiner Macht in flammendem Feuer!
Wenn er Vergeltung gibt denen, die Gott nicht kennen und denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorchen, welche Strafe leiden werden – ewiges Verderben, weg vom Angesicht des Herrn und von der Herrlichkeit seiner Stärke –
wenn er kommen wird, um an jenem Tage verherrlicht zu werden in seinen Heiligen und bewundert in allen, die geglaubt haben.“
Dann wird die Gemeinde von dieser Welt nicht mehr verachtet werden.
Sie werden den Herrn bewundern in allen Heiligen.
Das heißt: Die Herrlichkeit der Gemeinde wird ein Maß erreichen, da wird auch die Herrlichkeit der frühen Gemeinde in der Apostelgeschichte nichts mehr daneben sein.
So ist es wichtig, dass wir diesen Blick für die Gemeinde haben.
Es gibt eine herrliche Zukunft, und diese Welt wird einmal die Gemeinde in ihrer Vollkommenheit sehen.
Noch zuvor, bevor der Herr Jesus mit allen Gläubigen kommt, werden alle Gläubigen auch vor dem Richterstuhl Christi erscheinen (2. Korinther 5, Vers 10).
Wenn bis dahin ungeklärte Dinge zwischen den Gläubigen nicht schon geklärt worden sind, werden sie dann spätestens geklärt werden.
Es wird schließlich nichts mehr geben, was einen Schatten werfen könnte oder trübt.
So wird die Gemeinde in ihre Herrlichkeit kommen.
Diesen Blick für die Gemeinde müssen wir haben bei all dem, was man heute an Mangel in der Praxis sieht.
Wenn wir diese Sicht haben, dann haben wir die Sicht, wie die Leute damals, die bauten.
Die dachten: Dieses Haus wird einmal ganz herrlich sein.
Jetzt arbeiten wir an diesem schlichten Bau einfach mit den Mitteln und den Möglichkeiten, die wir haben.
So sehen wir, die Prophetie hat diesen Sinn, unter anderem unseren Blick auf die Zukunft zu richten, damit wir von der Zukunft her Mut bekommen für die Gegenwart.
Wir haben gelesen, Vers 8: Mir gehört das Silber und mir das Gold.
Sie hatten nicht viel Silber und nicht viel Gold, aber Gott sagt: Darauf kommt es ja sowieso nicht an.
Alle Goldschätze und Silberschätze der Welt gehören sowieso Gott, und er kann sie geben oder nicht geben, wie er will.
Aber diese letzte Herrlichkeit wird größer sein als alles.
In Vers 7 haben wir noch diese Verheißung: „Und ich werde die Nationen erschüttern, und das Ersehnte der Nationen wird kommen.“
Das Ersehnte der Nationen bedeutet all die geistlichen Reichtümer, die Christus, der Messias, bringen sollte.
Also haben wir hier einen Hinweis auf das Kommen des Herrn Jesus und seine Herrlichkeit.
Der Herr Jesus sollte zum zweiten Tempel kommen, und wir kommen zum dritten Tempel.
Aber wichtig ist Daniel 9, Vers 24, damit können wir Juden beweisen: Der Messias ist schon gekommen.
Ihr erwartet ihn für die Zukunft – er ist schon längst gekommen.
Er musste ja am Ende der zweiten Tempelzeit kommen.
Man kann sogar zeigen, dass die Rabbiner im Mittelalter Daniel 9, Vers 24 so auslegten: „Das Volk des kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören.“
Sie bezogen das auf die Zerstörung des Tempels im Jahr 70.
Dann sagen sie: Bitte, das ist Jahr 70. Das hat auch Rabbi Abrabanel gesagt im Mittelalter, er war einer der größten Ausleger.
Ja, dann ist der Messias, der ausgerottet wird, vorher gekommen. Noch vor der Zerstörung des Tempels musste er gekommen sein.
In Kapitel 2, Vers 9, noch eine kleine Perle:
„Und an diesem Ort werde ich Frieden geben, Spruch des Ewigen der Heerscharen.“
Das bezieht sich im Zusammenhang auf die Zukunft, das Tausendjährige Reich.
Aber schon beim zweiten Tempel ist das erlebt worden.
Denken wir an das Gleichnis in Lukas 18, Vers 13:
Der Zöllner, der im Tempel ist, aber von ferne, und es nicht wagt, seine Augen zum Himmel aufzurichten, und er sagt: „O Gott, sei mir Sünder gnädig!“
Der Herr Jesus sagt: Dieser Mann ist gerechtfertigt nach Hause gegangen.
Er hat im Tempel Frieden mit Gott gefunden.
Durch dieses schlichte Gebet: „Sei, o Gott, sei mir Sünder gnädig.“
Und an diesem Ort werde ich Frieden geben, Spruch des Ewigen der Heerscharen.
Übrigens haben wir gemerkt, wie oft „Ewiger der Heerscharen“ steht.
Das braucht auch eine Erklärung.
Unter charakteristische Ausdrücke und Besonderheiten habe ich aufgeführt, unter Punkt 2: Vierzehnmal steht in diesen drei Kapiteln „Der Ewige der Heerscharen“, Adonai Zebaot.
Das heißt „Herr Zebaot“.
Der Ewige, das ist klar, ist der Gott, der keinen Anfang und kein Ende hat, der auch nicht dem Verlauf von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unterworfen ist.
Aber „Herr der Heerscharen“, Zebaot, bedeutet Armeen in der Mehrzahl.
Zawah ist Armee, Zebaot ist Armeen.
In der Bibel wird über die Sternenwelt gesprochen als ein Sternenheer.
Unser Sonnensystem gehört ja zu einer Galaxie mit etwa hundert Milliarden oder zweihundert Milliarden Sonnen – so genau weiß es niemand.
Man hat festgestellt: Im sichtbaren Weltall mit einem Radius von 13 Milliarden Lichtjahren, also einem Durchmesser von 26 Milliarden Lichtjahren – das heißt, das Licht wäre theoretisch 26 Milliarden Jahre unterwegs, um von einem Ende des sichtbaren Universums zum anderen zu gelangen – gibt es etwa hundert Milliarden Galaxien.
Und etwa hundert Milliarden Sterne.
Das ist gewaltig.
Entspricht ungefähr der geschätzten Zahl von Sandkörnern am Strand aller Weltmeere zusammen.
Es ist interessant, dass Gott Abraham verspricht, seine Nachkommenschaft werde unzählbar sein, und er vergleicht sie mit dem Sand am Meer und den Sternen des Himmels.
Ja, aber Adonai Zebaot heißt also „Der Gott, der das ganze Weltall in der Hand hat.“
Da haben wir den überwältigendsten Eindruck von der Macht, Größe und Allgegenwart Gottes.
Denn er ist überall gleichzeitig, nicht nur hier im sichtbaren Weltall, sondern auch im Jenseits.
Zebaot wird auch für die Armeen der Engel gebraucht, die werden so in der Bibel bezeichnet.
Gott ist der Gott, der alle Engelmächte, auch die Gefallenen, in seiner Hand hat.
Sie können nichts machen ohne sein Wort.
Schließlich wird mit Zebaot oder Zawah auch die Armee Israels bezeichnet in der Bibel, und die Armeen aller Völker.
Gott ist der Gott, der alle Streitkräfte der Welt in seiner Hand hat und die Weltgeschichte zu seinem Ziel führen wird.
Wir sehen: Wir sind in einer Zeit, in der sich die gläubigen Juden so schwach fühlten, sie waren entmutigt, man darf nicht bauen.
Jetzt sollen sie doch bauen und ermutigt sein.
Das sagt Haggai ständig: Der Herr der Heerscharen, der Herr der Heerscharen.
Das zeigt: Dieser Gott, der alle Macht hat im Himmel und auf der Erde, ist der Gott, der uns beisteht beim Bauen.
Und genau das ist der Punkt in Matthäus 28 im Missionsauftrag.
Jesus sagt: Geht hin, macht alle Nationen zu Jüngern.
Zuvor sagt er: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf der Erde.
Das hilft uns zu sehen: Auch wenn wir uns schwach fühlen und wenn Länder für das Evangelium geschlossen sind, arbeiten wir für diesen Gott, der der Herr der Heerscharen ist, der alles in seiner Hand hat und Türen öffnen kann, die verschlossen scheinen.
Wenn man das so sieht, versteht man die kürzeste Botschaft von Haggai wieder ganz neu:
Ani etchem ne'om Adonai – Ich bin mit euch, Spruch des Ewigen.
Reinheit und Segen
Jetzt kommen wir zum vierten Hauptteil: Reinheit und Segen, Kapitel 2, Verse 10-19.
Am 24. Tag des neunten Monats im zweiten Jahr von Darius geschah das Wort des Ewigen zu Haggai, dem Propheten. Er sprach: So spricht der Ewige der Heerscharen: Frage doch die Priester über das Gesetz, die hebräische Torah, und sprich zu ihnen: Wenn ein Mann heiliges Fleisch im Zipfel seines Gewandes trägt und er mit diesem Zipfel an Brot, Gekochtem, Wein, Öl oder irgendeiner Essware rührt, wird diese dadurch heilig?
Eine biblische Frage, nicht wahr? Die Priester antworteten: Nein. Dinge, die nach dem Gesetz Mose rituell heilig waren, wurden nicht dadurch heilig, dass sie mit etwas Unreinem in Kontakt kamen. Das Unreine wurde dadurch nicht rein.
In Vers 13 sprach Haggai weiter: Wenn ein Unreiner wegen einer Leiche an all diese Dinge rührt, werden sie unrein? Die Priester antworteten: Ja, sie werden unrein.
Wer einen Toten berührt hatte, war unrein. Alles, was er berührte, wurde durch diesen Kontakt unrein. Das Prinzip ist ähnlich wie bei Äpfeln: Wenn man eine Kiste voller schöner, gesunder Äpfel hat und einen faulen Apfel hineinlegt, wird der faule Apfel nicht gesund, sondern die guten Äpfel werden schlecht. Genau dieses Prinzip gilt hier.
Warum diese Bibelfrage? In Vers 14 antwortete Haggai: So ist dieses Volk, ja, so ist diese Nation vor meinem Angesicht, spricht der Ewige. So ist all das Werk ihrer Hände, und was sie darbringen, ist unrein.
Nun richtet euer Herz auf die Zeit von diesem Tag an und zurück bis zu dem Tag, bevor Stein auf Stein am Tempel des Ewigen gelegt wurde. Damals kam man zu einem Getreidehaufen von zwanzig Seah – ein Seah entspricht übrigens 7,3 Litern, hier waren es zehn. Man kam zur Kälterkufe, um fünfzig Pressungen abzuschöpfen, doch es waren nur zwanzig.
Ich habe euch geschlagen mit Getreidebrand und Getreiderost, mit verschiedenen Krankheiten für das Getreide und mit Hagel – all die Werke eurer Hände. Ihr aber seid nicht zu mir zurückgekehrt, spricht der Ewige.
Richtet euer Herz auf die Zeit von diesem Tag an und zurück. Vom 24. Tag des neunten Monats bis zu dem Tag, an dem der Grundstein für den Tempel des Ewigen gelegt wurde, richtet euer Herz darauf. Ist noch Saatgetreide im Vorratshaus? Und bis zum Weinstock, Feigenbaum, Granatapfelbaum und Olivenbaum: Sie haben nicht getragen.
Von diesem Tag an will ich segnen.
Gott erklärt hier: Schaut zurück auf die Zeit, in der ihr nicht mit ganzem Herzen für den Herrn gebrannt und für seine Arbeit da gewesen seid. Das war eine Zeit, in der Gott den Segen zurückgehalten hat. Weil diese Hingabe fehlte, war das Volk unrein.
Jetzt wird erklärt, dass diese rituelle Unreinheit im Gesetz Mose eine geistliche Bedeutung hat. Sie symbolisiert eine wirkliche Unreinheit und fehlende Liebe zum Herrn. Wenn wir ihm nicht den ersten Platz geben, macht uns das unrein. Diese Unreinheit steckt an. Es wird also gewarnt: Dem Herrn den zweiten Platz im Leben zu geben macht uns unrein und beeinflusst auch andere.
Doch Gott sagt jetzt: Ab diesem Tag soll eine Wende kommen. Von nun an will ich segnen. So wurde all das Gericht über die Natur umgedreht. Das hatte Haggai vorausgesagt, und es hat sich offensichtlich erfüllt.
Darum wurde Haggai auch als ein biblisches Buch angenommen. Ein biblischer Prophet sprach nicht nur über zukünftige Dinge, die damals nicht überprüfbar waren, sondern musste auch kurzfristige Ereignisse vorhersagen, die man überprüfen konnte. Wenn etwas nicht eintraf, war er ein falscher Prophet – nach 5. Mose 18 verworfen.
Jeder biblische Prophet, der in den Kanon der alttestamentlichen Bücher aufgenommen wurde, war ein Prophet, der geprüft wurde. Seine Prophezeiungen trafen immer hundertprozentig ein. Einmal falsch – und er galt als falscher Prophet.
Haggai gab die Wende, durch die das Volk zum Herrn umkehrte. Dafür wurde ihm auch der Segen zugesichert.
Israels Zukunft ist gesichert
Nun kommen wir zum fünften Punkt: Israels Zukunft ist gesichert, Haggai 2,20-23.
Das Wort des Ewigen geschah zum zweiten Mal zu Haggai am vierundzwanzigsten Tag des Monats, an dem er sprach. Er sagte: „Sprich zu Serubbabel, dem Landpfleger von Juda, und sprich: Ich erschüttere den Himmel und die Erde. Ich werde den Thron der Königreiche umstürzen und die Macht der Königreiche der Nationen vernichten. Ich werde Streitwagen und die darauf Fahrenden umstürzen, und Rosse und die darauf Reitenden werden fallen, jeder durch das Schwert seines Bruders.“
An jenem Tag sprach der Ewige der Heerscharen: „Ich nehme Serubbabel, den Sohn Schealtiels, meinen Knecht“, spricht der Ewige, „und ich werde dich machen wie einen Siegelring, denn dich habe ich erwählt“, spricht der Ewige der Heerscharen.
Die ganze Welt soll erschüttert werden. Der Hebräerbrief erklärt uns, was das bedeutet. Schlagen wir Hebräer 12,25-27 auf: „Seht zu, dass ihr den nicht abweist, der da redet. Denn wenn jene nicht entgingen, die den abwiesen, der auf Erden die göttlichen Aussprüche gab – in Bezug auf die Gesetzgebung am Sinai bei Mose –, wie viel mehr werden wir nicht entgehen, wenn wir uns von dem abwenden, der von den Himmeln her redet, dessen Stimme damals die Erde erschütterte bei der Gesetzgebung bei Mose (2. Mose 19)?“
Jetzt aber hat er verheißen und gesagt – und nun wird aus Haggai 2 zitiert: „Ich werde nicht allein die Erde bewegen, sondern auch den Himmel.“ Das deutet auf die Verwandlung der Dinge hin, die erschüttert werden, als solche, die gemacht sind, damit die, welche nicht erschüttert werden, bleiben.
Diese Erschütterung von Erde und Himmel weist laut Hebräerbrief auf das Ende der Welt hin, an dem Gott das ganze Weltall erschüttern wird, um es dann zu verwandeln. Diese Erschütterung hat auch Petrus beschrieben in 2. Petrus 3. Dort sagt er etwas Sensationelles über die Zeit nach dem Tausendjährigen Reich. In 2. Petrus 3,10 heißt es: „Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb, an welchem die Himmel vergehen werden mit gewaltigem Geräusch, die Elemente aber im Brande werden aufgelöst, und die Erde und die Werke auf ihr verbrannt werden.“
Da nun alles aufgelöst wird, sollen wir „in heiligem Wandel und Gottseligkeit“ leben, erwartend und beschleunigend die Ankunft des Tages Gottes. Denn „die Himmel werden in Feuer geraten, werden aufgelöst, und die Elemente im Brande zerschmelzen werden.“ Wir erwarten aber nach seiner Verheißung neue Himmel und eine neue Erde, „in welcher Gerechtigkeit wohnt“. Deshalb, Geliebte, da ihr dies erwartet, „befleißigt euch, ohne Flecken und tadellos vor ihm zu erscheinen in Frieden.“
Petrus sagt also, dass Himmel und Erde aufgelöst werden, und zwar so, dass die Elemente aufgelöst werden. Das ist sensationell, denn bis ins zwanzigste Jahrhundert glaubte man, dass die Elemente der Materie, die Atome, nicht weiter aufgespalten werden können. Dann kamen Wissenschaftler wie Einstein und andere und zeigten, dass es doch möglich ist, allerdings mit einem enormen Energieaufwand.
Doch Petrus schrieb das schon zweitausend Jahre früher: Das ganze Weltall wird im Brande untergehen, die Elemente – im Griechischen „Stoicheia“, die Grundeinheiten der Materie – werden im Feuer aufgelöst. Gott wird dann einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen.
Noch etwas: Petrus sagt nicht nur „aufgelöst“, sondern in 2. Petrus 3,12 heißt es, „die Elemente im Brande werden zerschmelzen“. Das haben die Physiker erst im zwanzigsten Jahrhundert entdeckt: Neben der Atomspaltung gibt es auch die Kernverschmelzung, bei der ebenfalls Energie freigesetzt wird. Hier sind also beide Prozesse erwähnt – Kernspaltung und Kernverschmelzung –, durch die Energie freigesetzt wird.
So wird Gott das ganze Weltall mit allen Galaxien auflösen. Was dachten die Menschen zur Zeit von Petrus, wenn er sagte, die Erde werde verbrannt? Sie dachten wohl, die Erde könne nicht brennen. Doch natürlich kann sie das – wenn alle Atome aufgelöst werden. Das kann nur der Herr der Heerscharen vollbringen.
Haggai weist also auf diese letztendliche Erschütterung der ganzen Schöpfung hin und deutet damit die Verwandlung der Dinge an. Die Schöpfung wird nicht ins Nichts aufgelöst, sondern umgewandelt – genauso wie der Körper der Gläubigen bei der Entrückung, 1. Korinther 15,51. Dort heißt es, dass die Gläubigen verwandelt werden, wenn sie auferstehen und die, die übrig bleiben, verwandelt werden.
Das bedeutet: Dieser Körper ist Teil der Schöpfung und besteht aus Atomen. Doch derselbe Körper wird umgewandelt in einen neuen Körper, der aus der gleichen Substanz besteht. Das ganze Weltall wird also nicht vernichtet, sondern aufgelöst und dann verwandelt in einen neuen Himmel und eine neue Erde.
Alles wird erschüttert werden. Doch Haggai sagt, der Ewige hat gesagt, er wird Serubbabel nehmen. Er ist wie ein Siegelring, den Gott erwählt hat. Warum gerade Serubbabel? Ich habe bereits erklärt, dass Serubbabel von König David abstammte, aus der Königsreihe Salomos. Diese Linie führte später bis zu Josef, dem Mann Marias.
Dadurch, dass Josef Maria heiratete, erhielt der Herr Jesus, der über Maria ebenfalls von David abstammte, aber nicht aus der Königslinie, juristisch Anspruch auf die Königslinie. So hat Jesus Anspruch auf den Thron Davids.
Was sagte der Engel Gabriel zu Maria in Lukas 1,31? „Und siehe, du wirst im Leib empfangen und einen Sohn gebären. Du sollst seinen Namen Jesus nennen. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Der Herr Gott wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird über das Haus Jakobs herrschen in alle Ewigkeit. Sein Reich wird kein Ende haben.“
Hier sehen wir, dass das Tausendjährige Reich nach tausend Jahren vorbei ist. Doch es wird angedeutet, dass Jesus ein ewiges Königreich haben wird. Das wird auch in 2. Petrus 1 erwähnt, wo von unserem Eingang in das ewige Königreich unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus die Rede ist.
So wird Jesus im Tausendjährigen Reich über diese Welt herrschen, aber auch, wenn Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde erschafft (Offenbarung 21), wird er König über diese neue Schöpfung sein.
Ein solcher Ausblick wird in Haggai gegeben. Er führt bis zum letzten Tempel im Tausendjährigen Reich, aber jetzt sogar darüber hinaus. Indem er Serubbabel herausgreift, der aus der Königslinie des Messias stammt, weist er auf das ewige Königreich Jesu Christi hin.
Zum Schluss lese ich noch eine interessante Stelle aus Offenbarung 22. Dort heißt es in Vers 3: „Und keinerlei Fluch wird mehr sein. Der Thron Gottes und des Lammes wird in ihr sein, und seine Knechte werden ihm dienen. Sie werden sein Angesicht sehen, und sein Name wird an ihren Stirnen sein.“
Weiter heißt es: „Nacht wird nicht mehr sein, und kein Bedürfnis nach einer Lampe und dem Licht der Sonne, denn der Herr Gott wird über ihnen leuchten. Sie werden herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit.“
Die Gläubigen der Gemeinde werden also nicht nur im Tausendjährigen Reich mit Christus herrschen, sondern in alle Ewigkeit. Über wen? Offenbarung 21 beschreibt die neue Erde und die Menschen darauf. Das sind nicht die Gemeinde, denn die Gemeinde wohnt nach Johannes 14 im Haus des Vaters im Himmel.
Doch die Gemeinde wird in der Ewigkeit auf der Erde regieren, über all die Gläubigen, die nicht zur Gemeinde gehören und nicht im Haus des Vaters wohnen – die alttestamentlichen Gläubigen und die Gläubigen nach der Entrückung der Gemeinde.
So wird die Gemeinde in Ewigkeit mit Christus herrschen in diesem ewigen Reich. Dies deutet bereits etwas an, was im Neuen Testament weitergeführt wird.
Bereits die Verwandlung der Dinge, wie es Hebräer 12 beschreibt, weist auf eine gewaltige Dimension hin. Es wird also nie langweilig werden.
Manche stellen sich vor, in der Ewigkeit müsse man auf einer Wolke stehen und Posaune spielen. Für manche mag das interessant sein, aber nicht für alle. Nein, wir werden im Haus des Vaters wohnen und mit Christus über diese neue Erde herrschen.
Was bedeutet das Herrschen? Es gibt ja kein Böses mehr. In Offenbarung 21 wird die Gemeinde als eine Stadt beschrieben, das neue Jerusalem, voller Edelsteine. Das Licht in dieser Stadt ist Jesus Christus, das Lamm.
Das Licht wird durch die Edelsteine in verschiedensten Facetten ausgestrahlt. Das deutet an, dass wir in alle Ewigkeit die Herrlichkeit des ewigen Sohnes Gottes den Menschen ausstrahlen und vermitteln werden in dieser ewigen Regierung.
Das deutet Dimensionen an, die uns einen Vorgeschmack auf die Ewigkeit geben. Wir wissen, dass Jesus der Ewige, der Unendliche ist. Er hat das Herz des Vaters von Ewigkeit her erfreut.
Auch als er als Mensch auf der Erde war, hat der Vater den Himmel geöffnet und gesagt: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“
So ist Jesus unerforschlich. Johannes sagt in Johannes 21, dass, wenn man alle Herrlichkeiten des Herrn Jesus einzeln aufzählen würde, selbst der Kosmos und die Welt dieser Bücher nicht ausreichen würden.
Er ist nach 2. Korinther 9,15 die unaussprechliche Gabe. Darum werden wir in Ewigkeit immer neue Herrlichkeiten in der Person Jesu sehen.
Wenn der Vater nie genug bekommen konnte von seinem Sohn, wird es uns nie langweilig werden.
Gott wird in 1. Timotheus 1 und 6 als der selige Gott bezeichnet. Viele Übersetzer haben sich nicht getraut, das wirklich so zu sagen. „Selig“ heißt im Griechischen „makarios“ und bedeutet eigentlich „glückselig“, der glückliche Gott.
Gott ist glücklich in seinem Sohn, und sein Herz wurde von Ewigkeit her erfüllt. Dieser ewige Vater wollte diese Freude an seinem Sohn mit uns teilen.
Diese Herrlichkeit werden wir als das neue Jerusalem ausstrahlen und weitergeben an die Menschen in diesem ewigen Reich Jesu Christi.
Zum Schluss wollen wir beten:
Herr Jesus, wir danken dir, dass wir durch dein Wort Ausblicke erhalten, die unsere Vorstellungskraft übersteigen. Sie machen unsere Herzen glücklich und festigen sie in dir. Sie geben uns Mut, in dieser Zeit für dich zu arbeiten – ohne auf uns selbst zu schauen oder entmutigt zu sein, wenn es nicht so glänzend ist, was wir sehen und tun.
Wir wollen alles für dich tun, im Bewusstsein, dass du wirkst, mit uns bist und uns deinen Segen schenkst, wenn wir dir gehorsam sind und dir von ganzem Herzen nachfolgen.
Wir preisen dich, Herr Jesus, denn in dir haben wir alles gefunden. Niemand ist mit dir vergleichbar.
Hilf jedem von uns, dir wirklich den ersten Platz in unserem Leben zu geben, damit der Ratschluss Gottes erfüllt wird und du in allen Dingen den Vorrang hast.
Amen.
