Wir haben gerade am Ende von Kapitel 8 gesehen, wie die Regierung Davids zusammenfassend beschrieben wird. David regierte über ganz Israel und übte Recht und Gerechtigkeit an seinem ganzen Volk aus. Dabei könnte man den Eindruck gewinnen, dass Recht und Gerechtigkeit eine gewisse Kälte ausstrahlen. Wo bleiben Liebe, Barmherzigkeit und Gnade?
Diese Aspekte kommen jetzt gleich. Deshalb folgt auf Kapitel 8 das Kapitel 9, damit die Beschreibung vollständig wird.
David sprach: „Ist noch jemand da, der vom Haus Sauls übrig geblieben ist, damit ich ihm Güte erweise um Jonathans Willen?“ Es war aber ein Knecht vom Haus Sauls, sein Name war Ziba. Man rief ihn zu David, und der König fragte ihn: „Bist du Ziba?“ Er antwortete: „Dein Knecht.“ Der König fragte weiter: „Ist niemand mehr da vom Haus Sauls, dem ich Güte Gottes erweisen könnte?“ Ziba antwortete dem König: „Es ist noch ein Sohn von Jonathan da, der an den Füßen lahm ist.“
Der König fragte: „Wo ist er?“ Ziba antwortete: „Siehe, er ist im Haus Macchiels, des Sohnes Amiels, in Lodebar.“
Hier sehen wir, dass David nicht nur ein König von Recht und Gerechtigkeit ist, sondern auch von Güte. Wir werden außerdem sehen, dass er von Barmherzigkeit geprägt ist.
Das Wort „Güte“ kommt sehr häufig in der Bibel vor, sogar in der Mehrzahlform „Gütigkeiten“, was im Deutschen eigentlich ungewöhnlich ist. Es entspricht dem hebräischen Wort „Chesed“. Chesed bedeutet Liebe, Barmherzigkeit, aber auch in besonderer Weise Loyalität gegenüber Abmachungen. Es drückt aus, dass man sich in Liebe und Treue an das hält, was vereinbart worden ist.
David schloss mit seinem Freund Jonathan einen Bund. Diese Freundschaft war etwas ganz Besonderes. Jonathan stand David in den schwersten Stunden seines Lebens bei.
Obwohl Jonathan den Mut hatte, zu David zu halten, trotz familiärer Bindungen – denn Saul, Jonathans Vater, war Davids Todfeind – erkannte Jonathan, dass das Unrecht war. Deshalb unterstützte er David trotzdem.
Als David fliehen musste, was wir in früheren Serienfolgen im Detail gesehen haben, stand Jonathan vor einer wichtigen Entscheidung: Bleibe ich bei meiner Familie oder gehe ich mit David ins Exil? Er entschied sich, zu bleiben. Diese Entscheidung brachte ihm den Tod.
Jonathan war im Krieg involviert, als die Bedrängnis durch die Philister immer schlimmer wurde. Dort, auf den Höhen Gilboas, starben sowohl Saul als auch Jonathan. Hätte Jonathan David ins Exil begleitet, hätte er das Königtum Davids miterlebt. Er wusste, dass David König werden würde, und sein Wunsch war es, einer seiner höchsten Minister zu sein. Das war ein berechtigter Wunsch, denn Jonathan hielt wie ein Bruder zu David, der für Drangsal geboren schien. Doch so verpasste er diese Chance.
Nun sehen wir, dass David zur Macht gekommen ist. Das Haus Sauls hat wirklich ausgedient. Trotzdem will David Güte erweisen an dem Haus Sauls, dem Haus seines Todfeindes – aber im Zusammenhang mit Jonathan, der ihm so treu geblieben ist.
In diesem Kapitel zeigt sich Davids Liebe und Barmherzigkeit gegenüber Mephiboseth, einem behinderten Mann. Wie seine Behinderung zustande kam, wird uns in 2. Samuel 4 beschrieben. Dort finden wir eine kurze Notiz, die in den Bericht eingefügt ist:
Jonathan, der Sohn Sauls, hatte einen Sohn, der an den Füßen lahm war. Er war fünf Jahre alt, als die Nachricht von Saul und Jonathan aus Israel kam. Da nahm seine Amme ihn auf und floh. Während sie ängstlich floh, geschah es, dass er fiel und lahm wurde. Sein Name war Mephiboseth.
Alles geschah wegen der Amme, die zu hastig in ihrem Schritt war. In den Sprüchen werden wir vor zu hastigen Schritten gewarnt, weil man dann nicht kontrolliert geht und Unfälle oder Stürze passieren können.
Die Amme trug den kleinen Jungen in diesem dramatischen Moment, als sie hörte, dass der Vater tot war. Dabei kam es zu diesem Sturz. Mephiboseth fiel nieder und wurde gelähmt. Er war Paraplegiker, also gelähmt im unteren Teil des Körpers, den Beinen. (Tetraplegiker bedeutet, dass alle Extremitäten betroffen sind – man ist gelähmt bis zum Hals.)
Bei Mephiboseth war es nur der untere Teil, die Beine, die gelähmt waren. Im Hebräischen heißt es „raglaim“, was Füße und Beine meint.
Übrigens ist das ähnlich wie bei dem Mann in Bethesda, der in Johannes 5 gelähmt war. Er konnte sich zwar nicht bewegen, aber wenn die Bewegung des Wassers da war, versuchte er, dorthin zu robben. Das kann ein Tetraplegiker nicht, aber ein Paraplegiker kann sich mit den Armen ziehen. Doch der Mann bekennt, dass, wenn er dann am Wasser war, schon jemand anderes vor ihm da war – er hatte niemanden, der ihm half.
So war Mephiboseth halb gelähmt. Nun kommt David zum Königtum und erkundigt sich nach ihm.
Ziba ist wirklich ein Knecht, ein eher farbloser Knecht. Ich weiß, was Gott sagt, aber er war ein Knecht aus dem Haus Sauls, und sein Name ist Ziba. David ruft ihn: „Bist du Ziba?“ Doch er antwortet nicht einfach mit „Ja, ich bin Ziba“, sondern sagt: „Dein Knecht!“
In den weiteren Kapiteln werden wir noch eine große Enttäuschung im Zusammenhang mit diesem Mann erleben. Aber zumindest konnte er diese gute Auskunft geben: Ja, es gibt noch jemanden aus dem Haus Sauls, und das ist Jonathan. Er sagt sogar, dass dieser Jonathan an den Füßen lahm ist.
Er hätte auch einfach sagen können: „Jonathan ist da, ein Sohn von Jonathan ist da“, ohne gleich seine Behinderung zu erwähnen, als würde man durch die Behinderung quasi identifiziert sein. Doch er hat es so gemacht.
Der König erkundigt sich dann weiter: „Wo ist er?“ Er will alles genau wissen. Er möchte Gott sagen können: „Ja, dieser Sohn von Jonathan ist da.“ Deshalb fragt er genau nach, wo er sich befindet.
Siba antwortet dem König: „Siehe, er ist im Haus Markiers, des Sohnes Amiels, in Lodebar.“
Was sehen wir hier in dieser Geschichte? Etwas Grandioses.
David ist hier nicht nur ein Hinweis, ein Typos, wie man sagt, also ein Vorbild im Sinne einer Vorausschau auf den Messias, auf den Herrn Jesus, wie in vielen anderen Kapiteln, die wir bereits gesehen haben und noch sehen werden. Vielmehr ist er hier ein Hinweis auf Gott, den Vater, der Güte erweisen will um seines Sohnes willen.
David sagt nämlich: Es ist noch jemand übrig geblieben, dem ich Güte erweisen kann um Jonathans Willen. Übertragen heißt das: Gott will Güte erweisen um Jesu Willen.
Vielleicht kommt der Gedanke auf: Kann ein Mensch auch ein Bild sein für Gott, den Vater? Das geht insofern, als ein Mensch ein Hinweis auf den Herrn Jesus sein kann, weil dieser Mensch geworden ist. Ein Mensch kann also ein Hinweis sein auf den Mensch Jesus Christus.
Aber wie ist das mit Abraham in 1. Mose 22, der bereit war, seinen einzigen, geliebten Sohn als Opfer im Land Moria hinzugeben? Dort sehen wir einen Hinweis auf Gott, den Vater – wie in Johannes 3,16 beschrieben – diesen Gott, der die Welt so sehr geliebt hat, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht.
Ganz klar ist Abraham ein Hinweis auf Gott, den Vater, während Isaak ein Hinweis auf den Messias ist, der sterben sollte – im Land Moria. Golgatha liegt im Land Moria, und so hat sich dieses Bild erfüllt und bewahrheitet.
Wir sehen also, dass David die Güte Gottes erweisen möchte – und zwar an einem Mann, der an den Füßen lahm ist (Vers 3). Dazu lesen wir aus Römer 5.
Römer 5,6: Denn Christus ist, als wir noch kraftlos waren, zur bestimmten Zeit für Gottlose gestorben. Kaum wird nämlich jemand für einen Gerechten sterben; für den Gütigen könnte vielleicht noch jemand zu sterben wagen.
Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist. Wir waren alle kraftlos.
Mephiboseth ist somit ein wunderbares Bild, ein Hinweis auf uns alle, die kraftlos sind. Das bedeutet unfähig, gottgemäß zu wandeln. Er konnte nicht gehen, war unfähig zu wandeln. Wir sind von Natur aus unfähig, gottgemäß zu leben.
Darum sagt auch Römer 3,23: Es ist kein Unterschied, alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes.
Hier haben wir zusätzlich gelesen, was „kraftlos“ bedeutet: Es heißt, Sünder zu sein. Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist.
Wenn wir schon bei diesem Vers sind: Das ist eigentlich Gottes Antwort auf die freche Frage, die im letzten Buch des Alten Testaments gestellt wurde. Maleachi lebte um 400 vor Christus, und nach ihm begann die Zeit des Schweigens. Gott sandte keine Schriftpropheten mehr.
Diese freche Frage zu Beginn der 400 stummen Jahre findet sich in Maleachi 1. Das letzte Buch des Alten Testaments beginnt mit dem letzten Hinweis darauf, dass Gott den Messias senden wird. Maleachi weist wiederholt auf den kommenden Erlöser hin. Das beginnt schon mit dem Titel: „Ausspruch des Wortes des Herrn an Israel durch Maleachi“.
„Ich habe euch geliebt, spricht der Herr“, heißt es dort. Das letzte Prophetenbuch beginnt mit dieser Erklärung von Gottes Liebe: „Ich habe euch geliebt, spricht der Herr, aber ihr sprecht: Worin hast du uns geliebt?“ Nach der ganzen Heilsgeschichte des Alten Testaments, in der man Gottes Liebe durch alle Heilszeitalter hindurch so gewaltig und eindrücklich erleben konnte, kommt diese Frage: Woran können wir sehen, dass Gott uns liebt?
Nun, Gott hat geschwiegen. Es gibt manchmal Momente, in denen man einfach nicht mehr sprechen muss. Aber Gott ist nicht stumm geblieben. Dann kommt Römer 5,8: „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, da wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist.“
Über vierhundert Jahre später kommt der Messias, und er geht ans Kreuz. Gott gibt seinen Sohn und erweist so seine Liebe.
Nun gehen wir weiter zu 2. Samuel 9, Vers 5: Da sandte König David hin und ließ Mephiboseth aus dem Haus Markiers, des Sohnes Amiels von Lodebar, holen. Mephiboseth, der Sohn Jonathans, des Sohnes Sauls, kam zu David. Er fiel auf sein Angesicht und beugte sich nieder.
Was hat er wohl gedacht? Jetzt wird er zum König gebracht, er, aus dem Haus Sauls. Was habe ich von David zu erwarten? Das war sicher mit gemischten Gefühlen verbunden, um es vorsichtig auszudrücken. Vielleicht hatte er sogar Angst, dass dies sein Ende bedeuten könnte.
Er kommt vor David, fällt auf sein Angesicht und beugt sich nieder. David spricht zu Mephiboseth ein Wort. In der Schule haben wir gelernt, dass man immer ganze Sätze machen muss. Ich weiß nicht, ob ihr das auch so gelernt habt, wenn ihr einen Aufsatz schreibt: Ganze Sätze.
Aber das ist nur eine Regel aus der Schule. Die Bibel hält sich nicht immer daran. Es gibt wichtige Aussprüche, die keine vollständigen Sätze sind, sondern zum Beispiel nur Hauptwörter.
Denkt an die schreckliche Hexe, die zur Zeit des kleinen Königs Josia den Thron Davids beanspruchte. Als sie sah, dass Josia zum König gesalbt worden war, schrie sie nur: „Verschwörung! Verschwörung!“ Aber alle wussten, was das bedeutete. Man muss nicht immer einen ganzen Satz sagen.
Auch David sagt nur einen Namen: Mephiboseth. Das lässt uns vielleicht an eine andere schöne Geschichte denken. In Johannes 20 steht eine Frau draußen vor dem Tor von Jerusalem, bei dem Steinbruch, wo Golgatha war. Dort war auch ein Garten.
Sie steht vor dem leeren Grab und weint. Sie meint, man habe ihren Herrn weggenommen – den toten Leib des Herrn. Sie ist so sehr verzweifelt, dass sie gar nicht sieht, wer der Mann ist, der erscheint. Sie meint, es sei der Gärtner.
Aber als sie endlich ihre Ohren schärft und hört, wie der Mann sie mit „Maria“ anspricht, erkennt sie ihn. Das ist so, dass der Eigenname eines der wichtigsten Wörter in unserem Vokabular ist.
Man kann irgendwo am großen Bahnhof sein, es lärmt, alle Leute sprechen, es herrscht Durcheinander. Man hört viele Wörter, aber das interessiert einen nicht wirklich. Man nimmt sie nicht bewusst wahr.
Wenn aber plötzlich ein Eigenname fällt, reagiert man sofort. Es ist unglaublich, wie wir auf den Namen reagieren. Und das war der Moment für Maria: Sie hat den Auferstandenen erkannt.
David nennt ihn nicht Lama oder etwas Ähnliches, sondern Mephibosheth. Doch was bedeutet dieser Name eigentlich? Mefi – ausgesprochen auf Hebräisch „Mefi“ – und Boschet. Boschet heißt Schande, und Mefi bedeutet anhauchen. Somit bedeutet Mephibosheth „der, der die Schande anhaucht“.
In der Bibel wird Boschet, also Schande, ganz speziell für Götzen verwendet. Besonders für den wichtigsten Gott der Kanaaniter, Baal, diesen schrecklichen Gott, der von den Kanaaniter als Sohn Gottes verehrt wurde. Er galt als Sohn von El, dem Göttervater.
Die Kanaaniter lehrten, dass Baal im Sommer stirbt, wenn die Natur vertrocknet und Israel und alles verdorrt. Nach der Regenzeit von Oktober bis April, wenn dann wieder alles grün wird, steht Baal im Frühjahr aus den Toten auf.
Diesen Gott verehrten die Kanaaniter auch durch Kinderopfer. In Verbindung mit diesem schrecklichen Gott wurde zudem Unmoral praktiziert. Rituelle Unzucht wurde auf abscheuliche Weise durchgeführt, angeblich, um die Fruchtbarkeit des Landes zu fördern.
Mephibosheth ist also jemand, der eine tiefe Verachtung für Götzendienst und für diese Götzenfiguren hat. Wir haben ja gesehen, dass David die Götzenfiguren hasst – die gelähmten Statuen –, aber nicht Mephibosheth.
Diese Götterfiguren haben Beine, können aber gar nicht gehen. Ich erinnere mich an eine Reise nach Südindien, zur Zeit des Götterfestes von Ganesch, dem beliebten Elefantengott mit dicken, fetten Beinen. Kurz vor dem Fest sah ich, wie diese Götterstatuen an verschiedene öffentliche Plätze transportiert wurden. Dort wurde Ganesch aufgestellt, aber irgendwie konnte dieser Gott nicht einmal gehen. Wie soll er die Menschen durchs Leben und durch ihre Nöte hindurchtragen? Er war lahm.
Das ist schon interessant. In der Gemeinde dort war es etwas anders als bei uns. Sie hatten eine riesige Lautsprecheranlage, auch nach außen. Ich erinnere mich, dass ich dort über Daniel sprach, insbesondere über den Traum von Nebukadnezar. Niemand von dessen Ministern, die mit der Götterwelt Babylons verbunden waren – Priester und Wahrsager –, konnte sagen, was der König geträumt hatte, geschweige denn, was es bedeutete.
Doch jemand, der nicht aus Babylon war, der den Gott Israels kannte, konnte dem König genau sagen, was er geträumt hatte, und was es bedeutete. So erfüllte sich die Geschichte auch. Das hörten natürlich auch die Leute draußen, was diese babylonischen Götter alles nicht konnten.
Mephibosheth hat diesen Namen von Jonathan bekommen. Jonathan wollte ihm damit diese Verachtung für Götzen weitergeben, die auch David hatte. David hasste die Lahmen und Blinden, also diese Götzenfiguren, aber nicht Mephibosheth.
Einen blinden Mann wollte er zu sich kommen lassen, und wir lesen nun weiter: David sprach zu Mephibosheth, und dieser antwortete: „Siehe, dein Knecht.“
Das ist fast dasselbe wie bei Ziba, aber Ziba stellte sich einfach vor. Mephibosheth war ein echter Knecht, ein Diener des Hauses Sauls. Als David fragte: „Wer bist du, dein Knecht?“ antwortete Mephibosheth mit „Siehe, dein Knecht“ – eine Bitte, auf ihn zu achten. Es ist eine Bitte um Gnade.
Mephibosheth kannte diese Gnade von David noch nicht. In seiner Haltung steckt ein Wunsch, und David weiß genau, was dieser Mann fühlt. Er liegt am Boden, unfähig, wieder aufzustehen.
David spricht zu ihm: „Fürchte dich nicht.“ Er spricht genauso wie der Herr Jesus, der in den Evangelien zu Menschen in Not sagte: „Fürchtet euch nicht.“
David fährt fort: „Denn ich will dir Gutes erweisen um deines Vaters Jonathan willen und will dir alle Felder deines Vaters Saul zurückgeben.“
Mephibosheth soll also alle Immobilien des Prinzen Jonathan erhalten. Er soll in nichts eingeschränkt werden. Nicht nur das, er soll sogar alle Besitztümer bekommen, die dem König Saul gehörten. Wir werden später noch auf die Bedeutung dieser Felder zurückkommen.
David sagt weiter: „Du aber sollst beständig an meinem Tisch essen.“
Mephibosheth beugt sich nieder und sagt: „Was ist ein Knecht, dass du dich zu einem toten Hund gewandt hast, wie ich einer bin?“
Er hat keine Angst mehr und bekommt nicht nur Verschonung, sondern das höchste Angebot: Er soll beständig an Davids Tisch essen. Er wird in die Königsfamilie aufgenommen und bis ans Lebensende versorgt sein.
Unglaublich – das hätte er sich nie erwartet. Noch einmal beugt er sich nieder und sagt: „Was ist ein Knecht, dass du dich zu einem toten Hund gewandt hast, wie ich einer bin?“
Ich habe mir überlegt, wie ich die Verse in 2. Samuel 9 illustrieren soll. Schließlich habe ich mich entschieden: Ja, das Bild von einem toten Hund. Das ist ein toter Hund, und er sieht nicht so hässlich aus wie drei Tage später. Das geht wirklich schnell – ruckzuck, zack zack. Da ist er noch lieblich, als würde er schlafen.
Man muss aber daran denken: Hunde sind nach dem Gesetz für Israel, in 3. Mose 11, nicht koscher, also unrein. Aber nicht nur ein unreines Tier nimmt er als Bild, sondern ein totes und unreines Tier. Damit beschreibt er die Verdorbenheit seiner Natur. Er war ein Nachkomme von Saul, und Saul ist ein Bild von Adam, der auch ein König war. Gott hatte ihn eingesetzt, über die ganze Natur zu herrschen. Adam war ein König, aber ein gefallener König. Saul war ebenfalls ein gefallener König.
Lesen wir von Vater Adam in Römer 5: Vers 12 sagt: „Darum, so wie durch einen Mann die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod, und so der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben.“ Weiter im selben Kapitel, Vers 18: „Also nun, wie es durch eine Übertretung durch die Sünde von Adam gegen alle Menschen zur Verdammnis gereichte, so auch durch eine Gerechtigkeit alle Menschen zur Rechtfertigung des Lebens.“
Adam hat gesündigt, und dadurch kam seine ganze Nachkommenschaft in die Stellung von Sündern. Das wird gleich in Vers 19 noch gesagt, den ich ebenfalls lesen möchte: „Denn so wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen in die Stellung von Sündern gesetzt worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt werden.“
Das bedeutet, dass Adam gesündigt hat und seine sündige Natur von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Wir lesen in 1. Mose 5, dass Adam, als er gefallen war, einen Sohn zeugte in seinem Bild. Und was war das Bild Adams? Er war ein gefallener Mensch, die Sünde war in ihm, und das wurde weitergegeben von Generation zu Generation.
Schauen wir kurz in 1. Mose 5, Vers 3: „Und Adam lebte hundertdreißig Jahre und zeugte einen Sohn in seinem Gleichnis, nach seinem Bild.“ Das ist aber nicht das Gleiche, wie als Adam erschaffen wurde im Bild Gottes, im Gleichnis Gottes, um etwas von der Herrlichkeit Gottes widerzuspiegeln. Wenn er jedoch einen Sohn in seinem Gleichnis als Gefallener, in seinem Bild, also in seinem gefallenen Bild zeugte, dann war das eben im Bild eines Sünders.
Er gab ihm den Namen Seth, und Seth wiederum in Vers 7: „Und Seth lebte, nachdem er Enosch gezeugt hatte, 807 Jahre.“ Enosch heißt „böse“; es kommt von „Anasch“ auf Hebräisch, was „böse sein“, „sterblich sein“, „sündig sein“ bedeutet. Enosch heißt also eigentlich „Mensch“, aber mit dem Nebenbegriff „sündig“, „sterblich“, „böse“. Wie kann man einem kleinen Baby diesen Namen geben? Weil man gemerkt hat, dass seit dem Fall etwas nicht mehr gut ist. Und zwar nicht erst, wenn die Kinder vielleicht zwanzig oder fünfundzwanzig Jahre alt werden und sich entscheiden, böse oder gut zu sein.
Im orthodoxen Judentum wird heute gelehrt, dass es keine Erbsünde gibt. Mit Erbsünde ist die sündige Natur gemeint, die Adam von Generation zu Generation weitergegeben hat. Dort wird gesagt: Nein, der Mensch ist eigentlich in sich neutral. Er hat zwar einen Drang zum Guten, das nennt man „Jezer Tov“, die Neigung zum Guten, und „Jezer Ra“, die Neigung zum Bösen.
Es gab auch eine Sonderansicht, die nicht von allen geteilt wurde, aber im Talmud erwähnt wird: Wenn ein Baby im Mutterleib so ist, dass die Neigung zum Bösen überwiegt, dann kommt das Kind behindert auf die Welt. Das ist der Hintergrund von Johannes 9, als der Herr mit den Jüngern aus dem Tempel kam, bei der Schönen Pforte, und sie einen Blindgeborenen sahen – also nicht behindert seit fünf Jahren, sondern seit Geburt.
Sie fragten: „Wer hat gesündigt, er oder seine Eltern?“ Der Herr macht klar: Weder er noch seine Eltern. Hesekiel 18 macht ganz klar, dass Gott niemals Menschen für die Sünde der Väter bestraft. Aber Nachkommen bekommen manchmal die Folgen zu spüren. Ja, natürlich, wenn sie den bösen Weg ihrer Eltern weitergehen und das Maß der Sünde auffüllen, dann ist es, weil sie selbst das Böse tun. Aber es ist nicht so, dass Gott automatisch oder überhaupt die Tatssünde der Eltern den Kindern zurechnet. Das geht gar nicht.
Das ist übrigens auch das falsche Verständnis von Augustinus über die Erbsünde gewesen. Er hat Römer 5 falsch ausgelegt und gelehrt, die Erbsünde sei eine böse Tat gewesen, die nun den Nachkommen zugerechnet wird, als hätten sie sie begangen. Aber das haben wir nicht. Die Erbsünde ist vielmehr die böse Natur, die Adam seit dem Fall in sich hatte und die er durch Zeugung von einer Generation an die nächste weitergegeben hat.
Der Herr sagt also nichts davon, dass das Baby einen stärkeren Drang zum Bösen gehabt hätte und deshalb blind geboren wurde. Vielmehr sagt Jesus, diese Behinderung hat Gott so zugelassen, damit schließlich seine Herrlichkeit sichtbar wird. Das gibt einen ganz anderen Blick auf Behinderung: Die Herrlichkeit Gottes soll dadurch sichtbar werden.
Die ersten Generationen merkten, dass irgendetwas nicht stimmte – von Anfang an nicht. Darum gab man dem kleinen Baby den Namen Enosch. Er war lieblich, sagte kein böses Wort, und dennoch nannte man ihn „böser, sterblicher, sündiger Mensch“. Das ist eben diese Abstammung.
Wir haben in Römer 5 gelesen, dass durch den Ungehorsam, also durch die böse Tat Adams (Römer 5,19), die vielen in die Stellung von Sündern versetzt worden sind. Die Bibel bezeichnet den Menschen als Sünder von Anfang an, weil er die sündige Natur hat. Aus dieser sündigen Natur kommen die Sünden hervor.
Römer 5,12 sagt: „Darum, so wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist.“ Und ab diesem Vers im Römerbrief meint „Sünde“ nicht eine einzelne Tat, sondern die sündige Natur. Die Sünde wird auch „Fleisch“ genannt.
„Die Sünde ist in die Welt gekommen, und durch die Sünde der Tod, und so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben.“ Gott macht uns verantwortlich, nicht dafür, dass wir eine sündige Natur haben. Das haben wir ja nicht gewählt und konnten nichts dafür. Aber wir haben dieser sündigen Natur gefolgt.
Dann kann einer sagen: „Das ist Schicksal, ich bin einfach böse und kann nichts anders.“ Aber wir wissen ganz genau, wie wir uns da und dort entschieden haben, sogar gegen das Gewissen. Wir hätten uns anders entscheiden können. Wir sind verantwortlich. Wir sind nicht einfach Schicksal. Wir haben uns alle vor Gott ganz bewusst schuldig gemacht.
Nun sind wir in die Stellung von Sündern versetzt worden. Römer 5,18 sagt nochmals: „Also nun, wie es durch eine Übertretung gegen alle Menschen zur Verdammnis gereichte“ – das heißt, weil Adam gesündigt hat und die sündige Natur zu allen durchgedrungen ist – „hat das schließlich für alle zur Verdammnis gereicht, denn wir sind alle schuldig geworden vor Gott, sodass wir unter dem Verdammungsurteil stehen.“
Aber nicht einfach, weil uns eine Tatssünde angerechnet wurde, als hätten wir sie begangen. Die Schrift sagt das so nicht. Es wird auch gesagt, „die vielen sind in die Stellung von Sündern gesetzt worden.“ So werden auch durch den Gehorsam des Einen die vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt werden.
Also alle, die sich bekehren, werden durch das, was der Herr Jesus am Kreuz getan hat, errettet und kommen in die Stellung von Gerechten. Aber es ist auch unsere Verantwortung, dieses Werk für uns in Anspruch zu nehmen.
Nun sehen wir Mephiboseth, einen Nachkommen Sauls, einen Ben Saul. Er bezeichnet sich selbst als einen toten Hund. Das muss David auch etwas bewirkt haben, denn wir erinnern uns vielleicht, als er auf der Flucht vor Saul war, bezeichnete er sich selbst auch als toten Hund.
Ich lese weiter: Da rief der König Ziba, den Diener Sauls, und sprach zu ihm: „Alles, was Saul in seinem ganzen Haus gehört hat, habe ich dem Sohn deines Herrn gegeben. Du sollst ihm das Land bebauen, du und deine Söhne und deine Knechte, und den Ertrag einbringen.“
Ein riesiges Erbe bekommt Mephiboseth, und das erinnert uns an Römer 8, Vers 31: „Was sollen wir nun hierzu sagen? Wenn Gott für uns ist, wer gegen uns? Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für uns alle hingegeben hat, wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken?“
Gott hat uns so geliebt, und um Jesu Willen schenkt er uns alles. Was bedeutet das? Man kann mal in Römer 4 nachschlagen, wo schon von Vater Abraham gesagt wird, dass er der Erbe der Welt werden sollte, dass also die ganze Welt ihm gegeben wird.
Wenn Gott uns alles gibt, dann heißt das: die ganze Erde, das ganze Weltall und auch den neuen Himmel und die neue Erde. Alles wird Gott uns mit seinem Sohn zusammenschenken. Das ist gewissermaßen die Parallele dazu, dass Mephiboseth alles bekommt.
Ziba hat den Auftrag, all diese Ländereien zu verwalten. Er war natürlich sehr froh darüber, denn er hatte eine riesige Familie, die davon leben konnte.
Wir lesen weiter in Vers 10: „Und den Ertrag einbringen, damit der Sohn deines Herrn Brot zu essen habe. Und Mephiboseth, der Sohn deines Herrn, soll beständig an meinem Tisch essen.“ Ziba hatte fünfzehn Söhne und zwanzig Knechte. Wie gesagt, er hatte schon eine große Familie und war froh, davon profitieren zu können.
Vers 11: „Und Ziba sprach zum König: Nach allem, was mein Herr, der König, seinem Knecht gebietet, so wird dein Knecht tun.“ Mephiboseth sprach: „Der König wird an meinem Tisch essen wie einer von den Königssöhnen.“ Mephiboseth hatte einen kleinen Sohn, sein Name war Micha, und alle, die im Haus Zibas wohnten, waren Mephiboseths Knechte.
Mephiboseth wohnte in Jerusalem, denn er aß beständig am Tisch des Königs, obwohl er lahm an beiden Füßen war.
Ich habe gesagt, man soll immer auf Refrains im Text achten. In Kapitel 8, wo es um die Siege Davids ging, war der Refrain in Vers 6b und Vers 14: „Und der Herr half David überall, wohin er zog.“
Was ist der Refrain in Kapitel 9? Vers 7: „Du aber sollst beständig an meinem Tisch essen.“ Vers 10: „Soll beständig an meinem Tisch essen.“ Vers 11: „Wird an meinem Tisch essen wie einer von den Königssöhnen.“ Vers 13: „Denn er aß beständig am Tisch des Königs.“
Was fällt auf? Wenn er in Jerusalem im Palast in Zion am Königstisch saß, dann waren seine Füße unter dem Tisch. Seine Beine waren unter dem Tisch, niemand konnte sie mehr sehen. Aber man sah ihn am Tisch aufrecht sitzen wie ein Prinz, ein Königssohn.
Das ist das Wunderbare. Gott, der Vater, hat von Ewigkeit her, von der Vorgrundlegung der Welt, mit uns einen Plan gehabt. Epheser 1, Vers 3 sagt: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus, wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und tadellos sein vor ihm in Liebe und uns zuvor bestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Preis der Herrlichkeit seiner Gnade, womit er uns begnadigt hat in dem Geliebten, indem wir die Erlösung haben durch sein Blut.“
Hier heißt es, er hat uns zuvorbestimmt zur Sohnschaft durch Jesus Christus. In der englischen Übersetzung heißt es „zur Adoption“, in der französischen ebenfalls „Adoption“, aber auf Deutsch steht „Sohnschaft“. Das ist alles korrekt.
Das griechische Wort „Hyothesia“ setzt sich zusammen aus „Hyos“ (Sohn) und „Thesia“ (Stellung). Also bedeutet „Hyothesia“ das Setzen in die Stellung eines Sohnes, und zwar durch Adoption.
Das bedeutet, einmal war diese Beziehung nicht da, aber Gott hat die Erlösten adoptiert und zu seinen Söhnen gemacht. Dabei sind immer auch Töchter eingeschlossen. In 2. Korinther 6 wird das ausdrücklich betont: Paulus sagt, dass Gott uns als Söhne und Töchter aufnimmt.
„Hyothesia“, die Adoption, meint also die Adoption als Sohn und als Tochter. Das ist etwas ganz Wunderbares und gewissermaßen die andere Seite der Kindschaft.
In Johannes 1, Vers 12 heißt es: „So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu sein, die an seinen Namen glauben.“ Und dann wird erklärt, dass diese Kinder Gottes nicht aus Geblüt, noch aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes geboren sind, sondern aus Gott geboren wurden.
Kinder Gottes wird man durch Wiedergeburt, indem man das Leben Gottes bekommt. Das geschieht folgendermaßen: Jesus, der ewige Gott, der Sohn, sagt in Johannes 14: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Er ist das Leben.
Johannes 3, Vers 16 sagt: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“ Das heißt, durch die Bekehrung, durch den Glauben an den Sohn Gottes schenkt Gott das ewige Leben.
Aber das ist nicht einfach nur fortdauerndes Leben, sondern das ist das göttliche Leben, das Jesus selbst ist. Das ist Wiedergeburt, Christus in uns als das Leben.
Kinder Gottes zu sein ist also nicht Adoption, sondern wirkliche Geburt. Unsere Kinder waren nicht einmal keine Kinder, und dann wurden sie unsere Kinder. Im Moment der Befruchtung der Eizelle, wenn die Zygote entsteht und der halbe Chromosomensatz des Vaters und der halbe der Mutter kombiniert wird, entsteht ein Mensch. Vorher war kein Mensch da.
Bei der Adoption war man schon ein Mensch, und dann wurde man plötzlich in die Kindes-, Sohns- oder Tochterstellung gebracht. Esther war einmal nicht die Tochter von Mardochai, aber Mardochai entschied sich, sie zu adoptieren, und dann war sie seine Tochter – ein biblisches Beispiel für Adoption.
Bei der Adoption Gottes ist es so: Wir waren einmal fern, aber Gott hat uns in diese Stellung gesetzt, er hat uns adoptiert. Diese Adoption ist so perfekt, dass wir das nicht können. Wir können nicht jemandem, den wir adoptieren, unser Leben geben. Das geht nicht. Aber Gott kann das. So perfekt ist diese Adoption.
Wir sehen also: Mephiboseth wurde wie ein Königssohn für David in 2. Samuel 9,11 und durfte am Königstisch essen. In Offenbarung 1,5 lesen wir, dass wir zu einem Königtum gemacht worden sind: „Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in seinem Blut und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern, seinem Gott und Vater. Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“
Wir sind zu einem Königtum gemacht worden. In Kapitel 5 wird von den Ältesten im Himmel, die ein Bild der Gemeinde sind, gesagt: „Denn du bist geschlachtet worden und hast uns für Gott erkauft durch dein Blut aus jedem Stamm und jeder Sprache und jedem Volk und jeder Nation. Und hast sie unserem Gott zu Königen und Priestern gemacht, und sie werden über die Erde herrschen als Könige.“
Hier wird ausdrücklich gesagt, dass wir zu Königen gemacht sind – hier der Königssohn. Aber der letzte Satz überrascht vielleicht: Nachdem also viermal gesagt wird, dass er am Tisch des Königs sitzt und die Beine bedeckt sind, wird noch gesagt: „Er war aber lahm an beiden Füßen.“
Die Lähmung war also immer noch da, aber jetzt hat sie eine ganz andere Bedeutung.
Zum Schluss schlagen wir noch 2. Korinther 12 auf. Der Apostel Paulus sagt, wie er mit einem Leiden zu kämpfen hatte, das sehr speziell war. Er nennt es einen Dorn im Fleisch, ausgelöst durch einen Engel Satans, der ihn mit Fäusten schlagen durfte.
2. Korinther 12, Vers 7: „Und damit ich mich nicht überhebe, wurde mir ein Dorn im Fleisch gegeben, ein Engel Satans, der mich mit Fäusten schlagen sollte.“ Vers 8: „Für dieses flehte ich dreimal zum Herrn, damit er von mir abstehe.“
Doch der Herr sagte zu ihm: „Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht.“
Paulus hätte am liebsten dieses Leiden nicht mehr gehabt – und das verstehen wir. Es ist nicht so, dass wir an Leiden gefallen haben müssen. Das ist ein falsches Verständnis. Wir müssen das Leiden, durch das der Herr uns gehen lässt, nicht gefühlslos ertragen.
Hebräer 12 sagt, dass die Züchtigung für die Gegenwart nicht ein Gegenstand der Freude ist, sondern der Traurigkeit. Es ist eigentlich unchristlich, zu denken, man müsse das Leiden gefühllos ertragen. Das war die Philosophie der Stoiker, die sagten, man überwinde das Leiden, indem man gar nicht darauf eingeht. Mit stoischer Miene, ausdruckslos, werde das Leiden hinweggehen.
Das ist nicht biblisch. In Klageliedern 3 lesen wir, dass wir unser Herz ausschütten sollen wie Wasser vor dem Herrn. Diese Wasserbäche sind die Tränen, die wir vor Gott vergießen dürfen. Wir dürfen das Leiden empfinden.
Hebräer 12 sagt, dass diese Leiden von Gott gegeben werden zur Erziehung, zum Guten. Daraus wird die Frucht der Gerechtigkeit entstehen. Die Folgen werden zum Guten sein, aber das Leiden an sich muss man nicht angenehm finden.
Darum hat Paulus auch dreimal gebetet, dass der Herr dieses Leiden wegnehmen möge. Der Herr sagte: Nein, jetzt nicht. „Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht.“
Der Apostel Paulus sagt: „Darum will ich mich am allerliebsten vielmehr meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft Christi über mir wohne. Deshalb habe ich Wohlgefallen an Schwachheiten, an Schmähungen, an Nöten, an Verfolgungen, an Ängsten für Christus; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“
Wir dürfen das immer wieder erleben, wenn wir merken, dass wir begrenzt sind und Schwachheit haben. Nicht Sünde ist gemeint mit Schwachheit, sondern die Begrenztheit, Leiden und Schmerzen. Aber gerade dann kann der Herr umso mehr in unserem Leben wirken und uns Kraft geben.
Darum heißt es: Mephiboseth am Königstisch – er war lahm an seinen Beinen. Das spricht von dieser Schwachheit, von der Paulus sagt, er habe Wohlgefallen daran, damit die Kraft Christi über ihm wohne.
Damit wollen wir hier schließen.
Ich habe ja gesagt, man soll immer darauf achten, auf Refrains im Text. Wir hatten in Kapitel 8, wo es um die Siege Davids ging, den Refrain in Vers 6b: „Und der Herr half David überall, wohin er zog“, und auch in Vers 14 am Schluss: „Und der Herr half David überall, wohin er zog.“
Was ist der Refrain in Kapitel 9? Vers 7: „Du aber sollst beständig an meinem Tisch essen.“ Vers 10: „... soll beständig an meinem Tisch essen.“ Vers 11: „Wird an meinem Tisch essen wie einer von den Königssöhnen?“ Vers 13: „Denn er ass beständig am Tisch des Königs.“
Was fällt auf? Wenn er da in Jerusalem im Palast in Zion am Tisch, am Königstisch saß, dann waren seine Füße unter dem Tisch, seine Beine unter dem Tisch – niemand konnte sie mehr sehen. Aber man sah ihn da am Tisch aufrecht sitzen wie ein Prinz, ein Königssohn.
Und das ist das Wunderbare: Gott, der Vater, lesen wir im Epheserbrief Kapitel 1, hat von Ewigkeit her, von der Vorgrundlegung der Welt, mit uns einen Plan gehabt.
Epheser 1, Vers 3: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus, wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und tadellos sein vor ihm in Liebe und uns zuvor bestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens zum Preis der Herrlichkeit seiner Gnade, womit er uns begnadigt hat in dem Geliebten, indem wir die Erlösung haben durch sein Blut.“
Also hier heißt es, er hat uns zuvorbestimmt zur Sohnschaft durch Jesus Christus. In der englischen Übersetzung heißt es „vorausbestimmt zur Adoption“, in der französischen auch „Adoption“, aber da steht ja „Sohnschaft“ auf Deutsch. Das ist alles korrekt.
Das griechische Wort Hyothesia setzt sich zusammen aus „Hyos“ (Sohn) und „Thesia“ (Stellung). Hyothesia bedeutet also das Setzen in die Stellung eines Sohnes, und zwar durch Adoption. Das bedeutet: Einmal war diese Beziehung nicht da, aber Gott hat die Erlösten adoptiert und sie zu seinen Söhnen gemacht. Dabei sind immer auch die Töchter eingeschlossen.
In 2. Korinther 6 wird das dann ausdrücklich so betont. Paulus sagt, dass Gott uns aufnimmt als Söhne und Töchter. Also meint Hyothesia, Adoption die Adoption als Sohn und als Tochter.
Und das ist etwas ganz Wunderbares. Es ist gewissermaßen die andere Seite von der Kindschaft.
In Johannes 1, Vers 12 heißt es: „So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu sein, die an seinen Namen glauben.“ Und dann wird erklärt, dass sie nicht aus Geblüt sind, noch aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
Also Kinder Gottes wird man durch Wiedergeburt, indem man das Leben Gottes bekommt. Und zwar geschieht das folgendermaßen: Der Jesus, der ewige Gott, der Sohn, sagt in Johannes 14: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Er ist das Leben.
Und wenn Johannes 3, Vers 16 sagt: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“, dann heißt das: Durch die Bekehrung, durch den Glauben an den Sohn Gottes schenkt Gott das ewige Leben.
Aber das ist nicht einfach nur fortdauerndes Leben, sondern das ist das göttliche Leben, das Jesus selbst ist. Und das ist Wiedergeburt: Christus in uns als das Leben.
Kinder Gottes zu sein, das ist also nicht Adoption, sondern das ist wirklich Geburt.
Nicht wahr, unsere Kinder – die waren nicht einmal nicht unsere Kinder, und dann wurden sie unsere Kinder. Sondern im Moment der Befruchtung der Eizelle, da, wo die Zygote entsteht und der halbe Chromosomensatz des Vaters und der halbe Chromosomensatz der Mutter kombiniert wird, da ist ein Mensch. Vorher war kein Mensch.
Aber bei der Adoption war man ein Mensch, und dann wurde man plötzlich in die Kindesstellung oder Sohnesstellung oder Tochterstellung gebracht.
Esther war einmal nicht die Tochter von Mardochai, aber Mardochai hat sich entschieden: „Ich adoptiere Esther“, und dann war sie seine Tochter – ein biblisches Beispiel für Adoption.
Und bei der Adoption Gottes ist es so: Wir waren einmal fern, aber Gott hat uns in diese Stellung gesetzt, er hat uns adoptiert. Aber diese Adoption ist so perfekt, dass wir das nicht können.
Wir können nicht jemandem, den wir adoptieren, unser Leben geben. Das geht nicht. Aber Gott kann das. So perfekt ist diese Adoption.
Nun sehen wir also: Er wurde wie ein Königssohn für David in 2. Samuel 9,11 und durfte am Königstisch essen.
Und wir lesen in Offenbarung 1,5, dass wir zu einem Königtum gemacht worden sind.
Offenbarung 1,5b: „Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in seinem Blut und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern seinem Gott und Vater. Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“
Wir sind zu einem Königtum gemacht worden.
Und in Kapitel 5 wird von den Ältesten im Himmel, die ein Bild der Gemeinde sind, von der ganzen Gemeinde gesagt in ihrem Gebet:
Offenbarung 5, Vers 9: „Denn du bist geschlachtet worden und hast uns für Gott erkauft durch dein Blut aus jedem Stamm und jeder Sprache und jedem Volk und jeder Nation. Und hast sie unserem Gott zu Königen und zu Priestern gemacht, und sie werden über die Erde herrschen als Könige.“
Also da wird ausdrücklich gesagt: zu Königen – hier der Königssohn.
Aber der letzte Satz überrascht vielleicht.
Nachdem also viermal gesagt wird: „Er war am Tisch des Königs“ – und da sind die Beine ja bedeckt – wird noch gesagt: „Er war aber lahm an beiden Füßen.“
Ja, die Lähmung war immer noch da, aber jetzt hat das eine ganz andere Bedeutung.
Zum Schluss schlagen wir noch 2. Korinther 12 auf. Der Apostel Paulus berichtet, wie er mit einem ganz besonderen Leiden zu kämpfen hatte. Er nennt es einen Dorn im Fleisch, der durch einen Engel Satans verursacht wurde, der ihn mit Fäusten schlagen durfte (2. Korinther 12,7).
In Vers 8 sagt Paulus: „Für dieses flehte ich dreimal zum Herrn, damit er von mir abstehen möge.“ Doch der Herr antwortete ihm: „Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht.“
Paulus hätte dieses Leiden am liebsten losgehabt, und das können wir gut verstehen. Es ist nicht so, dass wir Leiden lieben oder daran Gefallen finden müssten. Das ist ein falsches Verständnis. Wir müssen nicht an den Schmerzen und Leiden, die der Herr uns auferlegt, Gefallen finden. Nein, das ist unangenehm.
Paulus schreibt auch im Hebräerbrief, Kapitel 12, dass Züchtigung für die Gegenwart kein Gegenstand der Freude, sondern der Traurigkeit ist. Es ist eigentlich unchristlich zu denken, man müsse Leiden gefühllos ertragen. Das war die Philosophie der Stoiker, die glaubten, man überwindet Leid, indem man es einfach ignoriert. Mit einer stoischen Miene, also ohne Gefühl, würde das Leiden vorübergehen. Das ist jedoch nicht biblisch.
In den Klageliedern, Kapitel 3, lesen wir, dass wir unser Herz wie Wasser vor dem Herrn ausschütten sollen. Diese Wasserbäche stehen für die Tränen, mit denen wir dem Herrn zeigen dürfen, dass wir das Leiden empfinden. Gleichzeitig sagt Hebräer 12, dass diese Leiden von Gott gegeben werden – zur Erziehung und zum Guten. Daraus entsteht die Frucht der Gerechtigkeit. Die Folgen sind zum Guten, aber das Leiden an sich muss nicht angenehm sein.
Deshalb hat Paulus auch dreimal gebetet, dass der Herr dieses Leiden von ihm nehmen möge. Doch der Herr sagte: „Nein, jetzt nicht. Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht.“ Daraufhin sagt Paulus:
„Daher will ich mich am allerliebsten vielmehr meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft Christi über mir wohne. Deshalb habe ich Wohlgefallen an Schwachheiten, an Schmähungen, an Nöten, an Verfolgungen, an Ängsten für Christus; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“
Wir dürfen das immer wieder erleben: Wir merken, dass wir begrenzt sind und Schwachheiten haben. Dabei ist nicht Sünde mit Schwachheit gemeint, sondern unsere Begrenztheit, Leiden und Schmerzen. Gerade darin kann der Herr umso mehr wirken und uns seine Kraft schenken.
So heißt es auch von Mephiboseth, der am Königstisch saß, obwohl er lahm an seinen Beinen war. Das steht symbolisch für die Schwachheit, von der Paulus spricht und an der er Wohlgefallen hat, damit die Kraft Christi über ihm wohne.
An dieser Stelle wollen wir schließen.
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