
Schluss mit lustig – das Ende der Spaßgesellschaft, so lautet der Titel des Buches von Peter Hane, das kurz nach seinem Erscheinen auf den Bestsellerlisten stand. In diesem Buch rechnet der ehemalige ZDF-Journalist mit der Spaßgesellschaft ab.
Ich möchte dazu jetzt kein Statement zu Peter Hane abgeben. Aber er behauptet in diesem Buch, dass nach dem 11. September 2001 das Ende der Spaßgesellschaft eingeläutet wurde. Außerdem ruft er neu zu christlichen Werten auf.
Ich denke, an sich ist es lobenswert, mal so einen Weckruf zu machen, der uns dazu bringt, uns in der Spaßgesellschaft neu zu besinnen. Leider, und da werdet ihr mir sicherlich zustimmen können, ist unsere Gesellschaft nach dem 11. September 2001 nicht unbedingt frommer geworden – eher nicht, eher genau in die andere Richtung.
Dennoch halte ich es für gut, dass man mal den Finger in die Wunde legt und aufzeigt, in welcher Spaßgesellschaft wir eigentlich leben. Und das ist das Thema des letzten Vortrags heute Abend: Wenn Gott mit der Spaßgesellschaft abrechnet.
Wir leben in einer Spaßgesellschaft. Zugegeben, zu Corona-Zeiten ist das mit dem Spaß ein bisschen eingedämmt – das ist vielleicht auch mal ganz gut. So kommen die Leute auch mal zur Besinnung, wenn sie sich nicht durch sämtliche anderen Dinge von den entscheidenden Lebensfragen distanzieren, sondern zum Nachdenken kommen.
Denken wir mal an die MediaMarkt-Werbung: „Hauptsache, ihr habt Spaß.“ Also leben wir definitiv im Westen zumindest in einer Spaßgesellschaft, in der der Spaß das Maß aller Dinge ist.
Genau das ist die Situation, in die Amos hineinpredigt. Das habe ich heute Morgen schon erwähnt. Jetzt kommt es in dem Text, den wir uns anschauen wollen, richtig zum Tragen. Der Text stammt aus Amos Kapitel 3, Vers 9 bis Kapitel 4, Vers 3.
Amos spricht hier gegen die Oberschicht aus Samaria. Wir müssen wissen: Samaria – wenn man das heute irgendwie modern beschreibt – ist so eine Mischung aus Broadway, Las Vegas und Hollywood. Hier tummeln sich die Reichen und Schönen. Rote Teppiche, Glanz und Glamour – so ähnlich müssen wir uns Samaria vorstellen. Zumindest wäre Samaria so in unserer heutigen Zeit, wenn man es aus dem Alten Testament überträgt.
Eine reine Spaßgesellschaft, die mit Gott abgeschlossen hat.
Jetzt müssen wir natürlich festhalten, dass Gott grundsätzlich nichts gegen Freude hat – überhaupt nicht.
In der Bibel finden wir einige Aussagen, die uns auf den ersten Blick vielleicht sogar überraschen. So heißt es im Buch Prediger: Genieße das Leben, aber genieße es mit Gottesfurcht. Genieße das Leben mit der Frau, die du liebst. Genieße das, was Gott dir schenkt. Doch lebe dabei in Gottesfurcht. Vor Gott dürfen wir dankbar das genießen, was er uns schenkt.
Das Problem in Samaria war jedoch, dass die Menschen das Leben genießen wollten, aber die Gottesfurcht über Bord geworfen hatten. Das ist das eigentliche Problem. Dagegen predigt Amos.
Wir kommen zum ersten Punkt: Wenn Gott mit der Spaßgesellschaft abrechnet, dann betrifft es die soziale Ungerechtigkeit. Auch das ist ein ganz aktuelles Thema in der heutigen Zeit.
Ich lese die Verse 9 und 10 einmal vor:
„Lasst es hören in den Palästen von Aschtot und denen im Land Ägypten! Versammelt euch auf den Bergen um Samaria herum und seht euch das wilde Treiben dort an, die Unterdrückung im Inneren der Stadt! Sie treten das Recht mit Füßen, spricht Yahweh, mit Misshandlung und Gewalt sammeln sie Schätze in ihren Palästen.“
Was hier passiert, ist eigentlich eine Sensation. Da heißt es am Anfang: „Lasst es hören in den Palästen von Aschtot.“ Weiß jemand von euch, wo Aschtot liegt? Könnt ihr reinrufen? Aschtot von den Philistern? Danke, sehr gut! Und in den Palästen von Ägypten.
Das heißt, hier wird ein internationales Ermittlungsteam eingeladen. Vielleicht könnt ihr euch noch an den Flugzeugabsturz MH17 über der Ukraine erinnern. Da wurde die ganze Zeit debattiert, wer das jetzt abgeschossen hat. Waren es die Russen? Wer ist dafür zuständig? Man hat ein internationales Ermittlungsteam eingeladen, unabhängig von diesen beiden angeblich beschuldigten Nationen. Ich will dazu jetzt kein Urteil treffen an dieser Stelle, aber ein internationales Ermittlungsteam musste das aufklären.
Und Amos lädt hier ein internationales Ermittlungsteam ein, nach Samaria zu kommen. Er sagt: „Kommt her, schaut euch das mal an, was in Samaria passiert.“
Und wisst ihr, wen er als Ermittlungsteam einlädt? Die Philister und die Ägypter. Das waren nicht gerade die moralischen Hochburgen in der damaligen Zeit. Auch bei ihnen wurden Menschen unterdrückt.
Die Logik ist: Wenn sie kommen müssen, um das Unrecht in Israel zu beurteilen, heißt das, in Samaria geht es schlimmer zu als bei den Heiden. Das haben wir auch im Neuen Testament im 1. Korinther 5. Paulus sagt, bei euch in der Gemeinde wird eine Sünde geduldet, die noch nicht mal bei den Heiden vorkommt.
Auch hier im Alten Testament sehen wir es: Das ist eine schallende moralische Ohrfeige für Israel. Die Philister werden eingeladen: „Schaut euch das Unrecht in Samaria an!“
Wie wird das Unrecht hier im Text beschrieben? Da ist vom wilden Treiben die Rede. Die Elberfelder Übersetzung verwendet das Wort „Verwirrung“. Das heißt, sie wissen nicht mehr, was gut und richtig ist. Sünde vernebelt unsere klare Sicht für das, was richtig und falsch ist.
Hier ist von Unterdrückung die Rede. Das heißt, hilflose Menschen werden unterdrückt. Weiter heißt es, sie treten das Recht mit Füßen.
Ich will euch das mal ein bisschen illustrieren, wie das damals wirklich so vor sich ging: Da wurde eine Witwe, eine wehrlose Witwe beispielsweise, auf dem Marktplatz beraubt. Was hat diese Witwe für Möglichkeiten? Sie geht zum Richter und sagt: „Ich wurde beraubt von diesem Reichen.“ Der Reiche hat genug Geld, um den Richter zu bestechen, und der Richter spricht ihn frei.
So müssen wir uns das praktisch vorstellen, wenn es heißt, sie treten das Recht mit Füßen. Das wird uns in Kapitel 5 noch etwas klarer beschrieben.
Dann ist hier von Misshandlung und Gewalt die Rede. Wisst ihr, welches Wort hier für Misshandlung steht? Im Hebräischen lautet dieses Wort „Hamas“. Schon mal gehört? Hamas? Hamas heißt Misshandlung. Wer nennt sich Hamas? Misshandlung. Dabei geht es vor allem um Gewalt gegen Menschen.
Das andere Wort „Schot“, das hier mit Gewalt übersetzt wird, richtet sich auf Gewalt gegen Besitz. Beides trifft in Samaria zu: Sie gehen gegen Menschen vor und gegen den Besitz der Menschen. Das machen sie, um sich selbst zu bereichern.
Dann heißt es am Ende: Sie sammeln sich Schätze in ihren Palästen. Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer. Die Reichen werden reicher auf Kosten der Armen. Damit hat Gott immer ein Problem.
Gott ist ein Gott, der soziale Ungerechtigkeit sehr, sehr ernst nimmt. Die Starken fressen die Schwachen. Sie wollen das Vergnügen in einer Spaßgesellschaft, und die Armen müssen dafür herhalten.
Deswegen rechnet Gott ab. Schaut mal, in den nächsten Versen wird das Gericht geschildert. Darum – das ist die Folge – spricht Yahwe, der Herr:
„Feinde werden euer Land umzingeln.“ Wir wissen, wer das war: die Assyrer, 30 Jahre später. „Feinde werden euer Land umzingeln, sie reißen eure Festung nieder und plündern eure Paläste.“ Die Luxusgüter der Spaßgesellschaft werden geplündert.
Dann heißt es in Vers 12, und der Text ist schwer zu verstehen:
„So spricht Yahweh: Wie ein Hirt aus dem Rachen des Löwen vom Lamm nur zwei Unterschenkel rettet und einen Zipfel vom Ohr, so werden Israels Söhne gerettet, die in Samaria in ihren Sesseln sitzen, auf Ruhepolstern in Damaskus.“
Im ersten Moment könnte man denken, hier ist von Rettung die Rede. Also jetzt doch Gnade?
Dies ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie sich die Bibel selbst auslegt. Ich habe diesen Text nicht an der Wand, aber ich möchte mit euch mal das Gesetz anschauen, das der Hintergrund für Vers 12 ist.
Im 2. Buch Mose, Kapitel 22, lese ich mal die Verse 9 bis 12 vor:
„Hört gut zu! Ein Gesetz, das die Erstattungspflicht regelt: Wenn jemand seinem Nächsten einen Esel oder ein Rind oder ein Schaf oder irgendein Stück Vieh in Obhut gibt und es stirbt oder zu Schaden kommt oder ihm weggetrieben wird, ohne dass jemand es sieht, soll er unter Eid vor dem Herrn kommen, ob er nicht etwa seine Hand an des Nächsten Habe gelegt hat. Und der Besitzer soll es hinnehmen, sodass jener nicht Ersatz leisten muss.
Stiehlt es ihm aber ein Dieb, so soll er es dem Besitzer ersetzen. Wird es zerrissen, so soll er es zum Zeugnis herbeibringen und nicht ersetzen.“
Ich mache das jetzt mal mit einfachen Worten.
Hier gibt es drei Fälle, die ich modernisiert erzähle:
Ein Hirte will Urlaub machen und Abstand von seinen Schafen gewinnen. Was macht er mit den Schafen? Man braucht immer jemanden, der auf die Schafe aufpasst. Er übergibt seine Herde einem anderen Hirten.
Nun gibt es drei Fälle, wenn etwas passiert, und wie die Erstattung geregelt wird:
Erstens: Der Hirte kommt aus dem Urlaub zurück und seine Herde hat nicht mehr hundert Schafe, sondern nur noch 99. Was passiert mit dem einen Schaf?
Dann wird per Gesetz genau geregelt: Wenn es unachtsam war oder einfach gestorben ist – das ist der erste Fall in Vers 9 – dann stellt sich die Frage, ob es wirklich wahr ist oder ob der Hirte nur vorgibt, das Schaf sei gestorben. Deswegen soll er unter Eid vor Gott kommen.
Zweitens: Wenn der Hirte, der während der Urlaubszeit auf die hundert Schafe aufgepasst hat, einen Diebstahl nicht verhindern konnte und ein Schaf gestohlen wurde, hat er die Aufgabe, es zu ersetzen, sobald der andere Hirte zurückkommt. Ein Schaf darf nicht gestohlen werden. Wenn es gestohlen wird, hast du nicht gut aufgepasst, bist schuld und musst ersetzen.
Drittens: Was passiert, wenn ein Löwe kommt? Das ist der dritte Fall. Wenn das Schaf zerrissen wird, soll der Hirte die Überreste als Beweis vorzeigen. Er muss nicht ersetzen.
Das heißt, du kannst nichts dafür, wenn ein Löwe kommt. Du passt auf die hundert Schafe auf, und es kommt ein Löwe. Wenn du David heißt, erledigst du vielleicht den Löwen. Aber das ist nicht der Normalfall.
Der Hirte kommt aus dem Urlaub zurück, es sind nur noch 99 Schafe, und er sagt: „Da kam ein Löwe und hat ein Schaf genommen.“ Jetzt muss er das beweisen. Wie? Indem er die Überreste vorzeigt.
Und das ist Amos Kapitel 3, Vers 12:
Hier geht es nicht darum, dass Gott Israel retten wird, sondern es ist ein Beweis der Vernichtung. So wie ein Hirte aus dem Rachen eines Löwen vom Lamm nur zwei Unterschenkel rettet, um den Beweis zu bringen, dass ein Löwe gerissen hat.
„Ich habe mir nicht heimlich ein Schaf eingesteckt, sondern es war wirklich ein Löwe.“ So wird der Herr Israel retten.
Das ist keine Gnade, das ist der Beweis der Vernichtung. Gott sagt, es wird Beweise geben, dass er Samaria gerichtet hat.
Es ist ein sehr krasses Bild. Aber hieran sehen wir, wie sehr Gott es hasst, wenn Arme und Hilfsbedürftige unterdrückt und ausgebeutet werden, damit Reiche ein schönes Leben im Luxus führen können.
Da sind wir beim Thema soziale Ungerechtigkeit. Für mich ist es manchmal etwas kompliziert, das anzuwenden, aber lassen Sie uns gemeinsam überlegen. Wie können wir heute mit dem Thema soziale Ungerechtigkeit umgehen? In unseren Gemeinden wird am Sonntagmorgen selten darüber gesprochen, oder? Oft denken wir dabei direkt an die Linken, die Linksparteien, für die soziale Ungerechtigkeit ein zentrales Thema ist. Oder an Aktivisten, mit denen wir weniger zu tun haben. Leider predigt die Landeskirche heute oft nicht mehr das Evangelium, sondern fokussiert sich auf Themen wie Krankenversicherung. Das ist dann ihre Predigt über soziale Gerechtigkeit.
Wenn wir jedoch einfach in die Bibel schauen und nicht an aktuelle gesellschaftliche Strömungen denken, kommen wir zu einem klaren Ergebnis: Sowohl im Alten als auch im Neuen Testament – zum Beispiel in Jakobus 5 – wird deutlich, dass Gott soziale Ungerechtigkeit hasst. Als Christen müssen wir uns daher fragen: Wo findet soziale Ungerechtigkeit heute statt und wie können wir dem begegnen?
Ein großes Thema in Deutschland ist die Zwangsprostitution. Hier geschieht pure Unterdrückung, Menschenhandel ist ein dramatisches Problem. Deutschland ist die Hauptdrehscheibe in Europa für diesen Menschenhandel. Wussten Sie das? Als Gemeinde überlegen wir, eine Arbeit zu starten, um betroffenen Frauen herauszuhelfen. Im Moment ist das vor allem ein Gebetsanliegen, aber es wäre ein Ansatz, um zu sagen: Soziale Ungerechtigkeit, wie sie hier geschieht, darf nicht sein. Als Gemeinde haben wir auch einen gewissen Auftrag, wenn wir das sehen.
Ich möchte jedoch klarstellen: Der Schwerpunkt bleibt immer das Evangelium. Es geht nicht nur darum, Friede, Freude und soziale Gerechtigkeit zu schaffen. Unser Hauptauftrag ist es, das Evangelium zu verkünden, denn die größte Not des Menschen ist geistlicher Natur. Dennoch, wenn Gott soziale Ungerechtigkeit so sehr ablehnt, sollten wir uns als Gemeinden Gedanken machen, wie wir Menschen praktisch helfen können.
Das ist der zweite Punkt: Gott ist gegen soziale Ungerechtigkeit, aber positiv formuliert freut er sich, wenn wir sozial helfen – immer Hand in Hand mit dem Evangelium. Leider sind viele Hilfsorganisationen, die früher christlich waren, heute oft nur noch sozial tätig und predigen das Evangelium nicht mehr. Was wir als Gemeinden brauchen, ist sowohl das Evangelium als auch praktische Hilfe für arme Menschen.
Auf der Predigerkonferenz in Lemgo – einige von Ihnen waren vielleicht schon dort – erzählte ein amerikanischer Pastor, wie er in einer sehr armen Gemeinde Pastor wurde. Er war nicht dort aufgewachsen, sondern ist zugezogen. Als erstes ging er zu den Nachbarn und fragte, was sie über die Gemeinde denken. Die Nachbarn sagten, die Gemeinde helfe ihnen gar nicht. Es würde keinen Unterschied machen, wenn sie nicht mehr da wäre.
Daraufhin stellte er sich die Frage: Würden unsere Nachbarn in Köln Ostheim merken, wenn wir als Gemeinde nicht mehr da wären? Was dieser Pastor dann tat, war, von Haus zu Haus zu gehen und festzustellen, dass viele alleinerziehende Mütter dort wohnen, die Hilfe brauchen. So startete die Gemeinde ein Projekt: Die Frauen der Gemeinde trafen sich mit diesen Müttern bei Kaffee und Kuchen, während die Männer die Autos der Frauen reparierten. Nach und nach kamen diese Frauen zum Gottesdienst, wurden bekehrt und errettet.
Die Gemeinde begann also, sich ganz um diese Menschen zu kümmern. Ja, ihre größte Not ist das Evangelium – denn was hilft es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber seine Seele Schaden nimmt? Aber es geht auch darum, ihnen zuerst etwas zu essen zu geben, damit sie überhaupt zuhören können, wenn wir ihnen das Evangelium bringen.
Ich möchte Sie ermutigen, dass wir als Gemeinde schauen, wie wir uns einsetzen können. In letzter Zeit hat Gott uns einige Türen geöffnet. Sie kennen sicherlich die Tafel in Deutschland, die immer wieder in den Nachrichten ist. Die Kölner Tafel sammelt Lebensmittel, die in Supermärkten wie Aldi oder Lidl nicht mehr verkauft werden, aber noch gut sind. Diese Lebensmittel werden dann an Ausgabestellen verteilt.
Wir haben bei uns in der Gemeinde eine solche Ausgabestelle. Woche für Woche kommen dort etwa hundert Menschen ins Gemeindehaus – darunter viele Muslime mit Kopftüchern. Wir wollen ihnen nicht nur das Brot geben, sondern auch das Brot des Lebens.
Zudem haben wir eine Obdachlosenarbeit gestartet. Einige Geschwister gehen regelmäßig auf die Straße, beten für Obdachlose und geben ihnen einen Kaffee. Ich möchte uns ermutigen: Gott freut sich, wenn wir Menschen praktisch helfen – immer mit dem Wissen im Hintergrund, dass die größte Not geistlicher Natur ist.
John Piper hat es einmal gut formuliert: Als Christen kümmern wir uns um jede Not, besonders um die geistliche Not. Aber wir kümmern uns um jede Not. Deshalb möchte ich uns anregen, darüber nachzudenken, wo wir der sozialen Ungerechtigkeit begegnen können und wie wir Jesu Wort und das Evangelium in diese Situationen hineinsprechen können.
Wir kommen zum zweiten Punkt: Wenn Gott mit der Spaßgesellschaft abrechnet, dann betrifft es die falschen Sicherheiten.
Ich lese die Verse 13 bis 15:
"Hört und schärft es dem Haus Jakob ein, spricht Yahweh, der allmächtige Gott: Es kommt der Tag, an dem ich Israel für seine Verbrechen zur Rechenschaft ziehe. Dann rechne ich ab mit den Altären von Bethel, schlage ihre Hörner ab und lasse sie am Boden liegen. Ich zertrümmere Winterhaus und Sommerpalast, die Elfenbeinhäuser werden verschwinden, spricht Yahweh."
Zunächst einmal erwähnt Amos hier religiöse Sicherheiten. Es wird gesagt, dass Gott die Altäre in Bethel zerschlagen wird, und zwar die Hörner. Was ist damit gemeint?
Einmal müssen wir festhalten: In Bethel stand ein Pseudo-Heiligtum, so nenne ich es mal – ein Götzenheiligtum. Ich müsste jetzt weiter ausführen, doch ich sehe, die Zeit läuft. Zur Zeit der Reichsteilung hat Jerobeam I. gesagt: "Ich will nicht mehr, dass ihr in den Tempel im Südreich geht." Deshalb baute er zwei Kälber auf, eines in Bethel und eines in Dan, und dort konnten die Menschen Opfer bringen. Das ist Bethel, das hier im Text erwähnt wird. Dort stand so ein Heiligtum in Anführungsstrichen, und Gott sagt: "Ich werde die Hörner abschlagen."
Wisst ihr, was es mit den Hörnern auf sich hat am Altar? Im 3. Mose, einem Buch, mit dem wir manchmal Mühe haben, wenn wir uns vornehmen, die Bibel durchzulesen – bis 2. Mose läuft alles glatt, und dann kommt 3. Mose, und wir müssen uns durchkämpfen. Aber manchmal ist es sehr interessant, den Hintergrund zu sehen. Und zwar waren die Hörner immer der Ort, an dem der Priester das Blut hinsprengte. Dort wurde Sühne vollzogen an den Hörnern des Altars.
Wenn Gott hier sagt, er schlage die Hörner ab, dann sagt er: Es gibt keine Vergebung mehr. Ihr klammert euch daran, lebt in Sünde, kommt aber pro forma zu den Heiligtümern, um euch ein ruhiges Gewissen zu machen.
Bei uns in Köln wird der Karneval groß gefeiert. Ich weiß nicht, ob es hier Fasching heißt oder auch Karneval. Köln ist die Hochburg, und wer nicht an Karneval durch Köln geht, verpasst etwas. Das ist Sodom und Gomorra pur, wirklich pur – ich übertreibe nicht. Sodom und Gomorra, was man da sieht.
Aber am Aschermittwoch gehen alle in die Kirche und tun pro forma Buße. Das, was es damals im Alten Testament gab, gibt es auch heute: Man will sich wieder ein reines Gewissen machen, aber das Herz ist nicht verändert. Man will wieder sündigen, und nächstes Jahr läuft dasselbe wieder ab. Keine wirkliche Umkehr.
Gott sagt: Genau das passiert bei euch. Ihr schafft euch religiöse Sicherheiten. Ihr denkt, ihr könnt in Sünde leben, weil ihr nach Bethel geht und betet. Aber deswegen schlage ich Bethel kaputt, damit ihr diese religiösen Sicherheiten, die sowieso falsch sind, nicht mehr habt.
Sie haben sich aber auch materielle Sicherheiten aufgebaut, und das lesen wir vor allem in Vers 15: Gott sagt: "Ich zertrümmere Winterhaus und Sommerpalast."
Was ist damit gemeint? Damals gab es ja noch keine Klimaanlagen. Die Reichen konnten es sich leisten, zwei Häuser zu bauen: ein Haus für den Sommer und ein Haus für den Winter – so wie heute die Reichen ihre Finca auf Mallorca haben und im Winter dort leben oder in der Karibik. So etwas gab es damals schon. Sie hatten ihr Haus im Winter in den wärmeren Gegenden. Sie konnten sich Luxus pur leisten.
Hier ist von Elfenbein die Rede. Salomos Tempel war mit Elfenbein ausgestattet. Das heißt, sie lebten wie die Könige – auf Kosten der Armen.
Ich will damit nicht sagen, dass Reichtum automatisch Sünde ist. Ich kenne Christen, die reich sind und sehr vorbildlich mit Geld umgehen und viel ins Reich Gottes geben. Aber es ist eine Sünde, unser Herz daran zu hängen.
Es ist eine Sünde, aufgrund unseres materiellen Wohlstandes zu denken, wir seien sicher und unsere Sicherheiten und Erfüllung aus materiellen Dingen zu beziehen.
In unserem Land sprechen wir häufig von finanzieller Unabhängigkeit. Schon mal gehört? Dieses Wort "finanzielle Unabhängigkeit".
Wenn man genau darüber nachdenkt, ist dieses Wort eigentlich Gotteslästerung: finanzielle Unabhängigkeit. Wir sind nie finanziell unabhängig. Wenn wir Arbeit haben, können wir das nur dem Herrn verdanken.
Selbst wenn wir Hartz IV beziehen, können wir es in gewisser Weise dem Herrn danken, dass wir in einem Land leben, wo der Staat hilft, wenn wir unverschuldet arbeitslos werden.
Wir haben uns nichts selbst verdient. Nichts. Wir sind nie finanziell unabhängig.
Man hört manchmal auch unter Christen so Sätze wie: "Na ja, Geld macht nicht glücklich, aber Geld beruhigt." Im ersten Moment scheint das sogar richtig zu sein. Wir können zumindest nachvollziehen, dass es beruhigend ist, wenn wir auf den Kontostand schauen und genug Geld da ist.
Aber die Gefahr ist, dass wir unsere Sicherheit darauf bauen. Und das ist das Problem.
Wenn wir denken, wir sind abgesichert, für den Fall, dass etwas passiert, und alles ist sicher, weil wir zwei oder drei Lebensversicherungen abgeschlossen haben.
Gott ist so sehr dagegen. Er zertrümmert Winterhaus und Sommerpalast, weil sie materielle Sicherheiten darstellen. Er sagt: "Die werde ich euch nehmen, damit ihr wieder zu mir kommt."
Es ist so schwer, für einen Reichen in das Himmelreich zu kommen, sagt Jesus, weil er sich so sicher fühlt.
Ich wünsche mir, dass unsere Sicherheit allein in Christus liegt. Allein in Christus ist unser ganzer Halt.
Der Psalmist sagt: "Wenn ich nur dich habe, so frage ich nicht nach Himmel und Erde." Es geht nur um dich. Darum geht es dem Herrn.
Ich komme zum letzten Punkt: Wenn Gott mit der Spaßgesellschaft abrechnet, dann betrifft es den egoistischen Lebensgenuss.
Vers 1: „Hört dies Wort, ihr Kühe von Baschan, die auf dem Berg Samarias wohnen! Ihr unterdrückt die Schwachen und schindet die Bedürftigen. Ihr sagt zu euren Männern: ‚Los, schafft uns zu trinken herbei!‘“
Amos spricht hier Frauen an, denn er sagt: „Ihr sagt zu euren Männern.“ Damit sind die Frauen gemeint. Er richtet sich an die reichen Frauen aus Samaria und nennt sie Kühe. Amos kommt vom Land, wie wir heute Morgen festgestellt haben, und er verwendet eine Sprache vom Land. Hat jemand von euch eine Luther-Übersetzung dabei? Walter, Amos sagt: „Hört dies Wort, ihr fetten Kühe!“ Luther hatte die Angewohnheit, sinngemäß zu übersetzen. Die Kühe von Baschan sind fette Kühe, und so nennt er diese Frauen: fetten Kühe. Das steht in der Bibel.
Ich sage nicht, dass wir dieses Wort in irgendeiner Weise so verwenden sollten, aber wir müssen erst einmal verstehen, wie Amos es meint. Da fällt mir ein Beispiel ein: Ein Missionar in Ostdeutschland, den ich gut kenne, hat seiner jetzigen Frau beim ersten Date gesagt: „Du hast Augen wie eine Kuh.“ Eine Kuh hat schöne, große Augen, und das meinte er als Kompliment. Die Frau verstand es in dem Moment nicht als Kompliment, aber sie haben trotzdem geheiratet.
Nun, Amos verwendet hier auch den Kuhvergleich. Für uns klingt das wie eine Beleidigung: „Hört dies Wort, ihr fetten Kühe!“ Aber wir müssen feststellen, dass hohe Tiervergleiche in der damaligen Zeit nicht unbedingt immer anstößig waren. Ich denke hier vor allem an Pharaos Traum. Das Schönheitsideal damals war XXL und nicht S. Und wie war Pharaos Traum? Die sieben mageren Kühe, die aus dem Wasser aufstiegen, waren hässlich, und die sieben fetten Kühe waren die schönen.
Wir dürfen das vielleicht nicht so verstehen, dass Amos hier gerade Komplimente ausspricht, wenn er die Frauen „fette Kühe“ nennt oder ihre Schönheit bewundert. Aber ich glaube, er spricht die Frauen gemäß ihrem Selbstverständnis an. Sie hielten sich für die Schönen, und damals war XXL schön.
Amos spricht sie an, denn das sind die Reichen. Meistens sind die Reichen auch diejenigen, die es sich leisten können, sich nach außen hin als schöner darzustellen. Amos spricht diese Frauen an, aber er richtet sie, denn Gott richtet sie durch Amos.
Hier wird deutlich: Diese Frauen führen einen absolut egoistischen Lebensstil. Sie stellen sich über ihre Männer. Das waren die Feministinnen von damals, denn hier heißt es: „Ihr sagt zu euren Männern: Los, schafft uns zu trinken herbei!“ Im Hebräischen steht eigentlich: „Ihr sagt zu euren Herren.“ Damit macht der Text deutlich, dass der Mann die Hauptverantwortung trägt, doch die Frau befiehlt ihrem Mann, was er jetzt tun soll.
„Schafft uns zu trinken herbei“ bedeutet offensichtlich Alkohol. Denn immer, wenn im Buch Amos von Trinken die Rede ist, geht es um Alkoholmissbrauch. Das heißt, diese Frauen unterordnen sich nicht. Sie haben die Hosen an, sie sind stark emanzipiert.
Aber das ist nicht der einzige Punkt, den Amos hier anklagt. Sie leben egoistisch. Alle müssen für sie herhalten. Arme werden ausgenutzt, damit es ihnen gut geht. Ihre Männer müssen für sie springen, damit es ihnen gut geht. Irgendwie muss jeder herhalten, damit diese Frauen das bekommen, was sie so gerne wollen. Ein absolut egoistischer Lebensstil, und Gott hasst so etwas.
Deswegen folgt das Gericht in den Versen zwei und drei: „Ja, wie der Herr schwört bei seiner Heiligkeit: Passt auf, es werden Tage kommen, da schleppt man euch mit einem Haken weg. Wie beim Fischeangeln werdet ihr die Letzten von euch sein. Durch Mauern müsst ihr hinausbrechen, eine nach der anderen, und ihr werdet zum Bannort gejagt, Spruch JHWHs.“
Bis hierhin: Wenn Gott etwas sagt, dann setzt er es um. Hier schwört Gott sogar, das heißt, es wird hundertprozentig eintreffen. Die Wegführung der Frauen in die Gefangenschaft wird hier geschildert. Amos benutzt das Bild von Fischerangeln. Wahrscheinlich ist das eine Anspielung darauf, dass man damals den Gefangenen tatsächlich einen Ring an die Nase gelegt hat, um sie in die Gefangenschaft zu führen.
Was wir hier sehen, ist: Gott rechnet mit der Spaßgesellschaft ab, und es betrifft den egoistischen Lebensgenuss.
Der deutsche Journalist Theodor Fontane sagte einmal sehr treffend: „Unsere gesamte Gesellschaft ist aufgebaut auf dem Ich. Das ist ihr Fluch, und daran wird sie zugrunde gehen.“
Der Egoismus ist immer die treibende Kraft in einer Spaßgesellschaft. Man steht schon auf mit der Frage: Wie geht es mir? Wie kann ich mein Lebensglück finden? Wie finde ich meine Freude? Was kann ich tun, damit es mir besser geht? Wie kann ich mein Lebensglück maximieren?
Aber ich möchte jetzt nicht nur über die Frauen hier sprechen. Ich möchte nicht nur über unsere Spaßgesellschaft sprechen, sondern auch über uns. Wenn Gott Egoismus hasst, dann tun wir gut daran, uns auch mal zu fragen: Wie viel Egoismus steckt eigentlich in uns drin? Sind wir wirklich so weit entfernt von diesen Frauen?
Nietzsche hat ausnahmsweise mal etwas Richtiges gesagt, als er meinte: „Wo immer ich gehe, folgt mir ein Hund namens Ego.“ Ich denke, hierin hat er Recht. Der Egoismus ist unser Problem.
Schaut mal: Es ist doch so häufig, dass wir so gerne im Mittelpunkt des Geschehens stehen, oder? Da ist eine Gruppe von Leuten, wir kommen dazu, und jemand erzählt eine schlimme Geschichte. Wir holen dann die dramatischere Geschichte heraus. Worum geht es? Dass wir im Mittelpunkt stehen.
Wir wollen bedient werden, statt zu dienen. Wir wollen das größte Stück vom Kuchen. Wir regen uns auf, wenn wir nicht gefragt werden.
Auch in der Gemeinde: Warum hat niemand uns gefragt? Es geht uns so viel um uns. Wir wollen so gerne, dass unser Name öffentlich positiv erwähnt wird. Wir denken häufig nur an unseren Vorteil, manchmal nehmen wir sogar den Nachteil des anderen in Kauf.
Hier wird es so wichtig, was Johannes der Täufer sagt: „Ich muss abnehmen, aber er muss zunehmen.“ Jesus muss in meinem Leben zunehmen, und ich muss immer kleiner werden.
Ich schließe mit einer Geschichte von einem Bildhauer. Es war einmal ein Bildhauer, der aus einem Stein einen wunderbaren Löwen herausgemeißelt hat. Er saß am Fußgängerweg und vollbrachte dieses Kunstwerk. Da kam ein Passant vorbei, der total fasziniert von dem Kunstwerk war. So ein wunderbarer Löwe, aus dem Stein herausgehauen! Der Passant sagte: „Wow, wie haben Sie das hinbekommen?“
Der Bildhauer antwortete: „Das war ganz einfach. Ich habe einfach nur das weggehauen, was nicht wie ein Löwe aussah. Dann bleibt ein Löwe übrig.“
Das möchte ich auf uns anwenden: Wir können sagen, Herr, hau du in meinem Leben alles weg, was nicht aussieht wie du. Hau alles weg, was nicht aussieht wie Christus. Dann bleibt Christus übrig. Die Menschen sollen nicht uns sehen, sondern Christus in uns sehen.
Das verträgt sich überhaupt nicht mit Egoismus. So möchte ich uns ermutigen, dass wir auch heute Abend ins Gebet gehen. Wir machen gleich eine Gebetsgemeinschaft und beten: Herr, arbeite du an uns, hau den Egoismus aus unserem Leben heraus und mach uns deinem Sohn Jesus Christus immer ähnlicher.
Wenn ich den letzten Text noch einmal kurz zusammenfasse, die Anwendung, dann nehmen wir mit: Einmal vermeide Ausbeutung von Hilfsbedürftigen. Lass Gott die alleinige Quelle deiner Sicherheit sein. Bitte Gott darum, dass du immer kleiner wirst und Jesus in deinem Leben immer größer wird. Amen!
Lass uns aufstehen und noch eine Gebetsgemeinschaft machen. Wer möchte, kann gerne beten. Aber wir wollen uns nicht so lassen, wie wir sind, sondern uns verändern lassen, Herr.
Herr, wir wollen abschließend am heutigen Abend noch einmal deine Gnade preisen und dir sagen, dass wir mit Dankbarkeit und voller Hingabe darauf antworten wollen. Wir wollen deine Gnade nicht mit Füßen treten, Herr.
Herr, wir möchten die Dringlichkeit erkennen, in der wir leben, dass Alarmstufe Rot herrscht. Wir möchten dich bitten: Brich du unser Herz für die Verlorenen, damit wir die Dringlichkeit erkennen und nicht schweigen können, Herr. Bewirke du das durch deinen Geist, Herr.
Und ich möchte dich bitten, dass du jeden Egoismus in uns weghaust, Herr, dass wir kleiner werden und du immer größer wirst in unserem Leben. Amen.
Wir nehmen noch einmal kurz Platz, und ich denke, wir hören noch ein Lied.