Einführung in die Auseinandersetzung mit der Bibelkritik
Heute Morgen werden wir uns mit dem Thema Kritik an der Bibelkritik auseinandersetzen. Auf der Einladung war das Thema wie folgt umschrieben:
Vor 293 Jahren, also im Jahr 1711, begann der Pfarrer Witter aufgrund des Wechsels der Gottesnamen in 1. Mose 1 und 2, den Anfang der Bibel bezüglich seiner Echtheit anzuzweifeln. In der Folge entwickelte sich dieser Angriff und erstreckte sich schließlich unter Mithilfe eines Heeres von liberalen Theologen über das ganze Alte Testament und auch das Neue Testament hinweg.
Heute steht man vor einem totalen Scherbenhaufen. Die großen Kirchen leeren sich, weil alle Substanz des Evangeliums verloren gegangen ist. Die islamische Mission in Europa beruft sich im Kampf gegen das Christentum auf angebliche wissenschaftliche Ergebnisse der liberalen Theologie.
Vor ein paar Jahrzehnten begannen gewisse theologische Lehrer, dieselbe Kritik an der Bibel behutsam in die evangelikalen Kirchen und Gemeinden einzuschleusen. Zunächst geschah dies über die theologischen Ausbildungsstätten, zum Beispiel der Methodistenkirche, später über Sankt Chisona und heute auch über die Liebenzell Mission. Das geschah, während die meisten schliefen oder feierten.
Gemäß 2. Korinther 10, Vers 4 sind wir nun gefordert, mit göttlichen Waffen, die mächtig zur Zerstörung von Festungen sind, Vernunftschlüsse zu vernichten. Ich möchte diese Stelle nochmals ganz lesen und an den Anfang stellen:
2. Korinther 10, Verse 3 bis 5:
Denn obwohl wir im Fleisch wandeln, kämpfen wir nicht nach dem Fleisch, denn die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern göttlich, mächtig zur Zerstörung von Festungen. Indem wir Vernunftschlüsse zerstören und jede Höhe, die sich erhebt gegen die Erkenntnis Gottes, und jeden Gedanken gefangennehmen unter den Gehorsam Christi, und bereitstehen, allen Ungehorsam zu rächen.
Heute Morgen werden wir uns insbesondere mit der Bibelkritik an den fünf Büchern Mose beschäftigen. Dort hat die Bibelkritik nämlich eingesetzt und sich, wie gesagt, dann über das Alte Testament ausgebreitet. Erst später kam so richtig die neutestamentliche Bibelkritik hinzu.
Wenn wir uns jetzt mit der Anfangskritik im Blick auf die fünf Bücher Mose besonders auseinandersetzen, dann werden wir zugleich die Denkfehler in der Wurzel erkennen. So können wir schließlich das ganze Gebäude, das darüber gebaut worden ist, umschlagen.
Historischer Hintergrund und Entwicklung der Bibelkritik
Wir beginnen die Betrachtung der Entwicklung mit einem Rückblick auf die Reformation. Diese begann Ende Oktober 1517, genauer am 31. Oktober, dem Tag, an dem Martin Luther die 95 Thesen angeschlagen hatte. Dies markierte den Beginn der Reformation. Ein ganz wichtiges Grundprinzip, das in dieser Zeit entdeckt wurde, war sola scriptura – allein durch die Schrift.
Die Wahrheit können wir demnach nicht durch Konzile von Menschen oder Beschlüsse von Päpsten erkennen. Auch die Philosophie, die in der katholischen Theologie eine große Rolle gespielt hatte, ist nicht die Grundlage. Vielmehr ist allein die Heilige Schrift die Basis für den Glauben. Die Bibel ist Gottes Wort und die einzige Grundlage für Leben, Glauben, aber auch für Wissenschaft, Kunst und vieles mehr.
Man kann also sagen: In der Reformation im 16. Jahrhundert hat Gott seinem Volk die Bibel neu geschenkt. Es war auch die Zeit, in der die Bibel endlich in Landessprachen übersetzt wurde und so weite Verbreitung fand. Nicht nur das: Sie wurde auch weit gelesen und intensiv studiert.
Doch Satan startete eine Gegenoffensive durch die Gegenreformation. Diese äußerte sich in grausamen Religionskriegen, die Europa total verwüsteten. Besonders zu nennen sind der Schmalkaldische Krieg 1546/47, die langen Hugenottenkriege von 1562 bis 1598 in Frankreich sowie der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648. Am Ende dieses Krieges lag Deutschland am Boden zerstört. Die evangelischen Christen waren sehr erschöpft.
In dieser Zeit wurden jedoch die Philosophen wach. Voltaire, ein französischer Philosoph (1694–1778), sagte im Blick auf all diese Religionskriege: „Le Dogme aborte le Fanatisme“ – das Dogma führt zum Fanatismus. Er fragte: Was soll all diese Religion? Man wollte sich nicht mehr auf das stützen, was die Kirche sagte, und auch die Bibel als Autorität wurde abgelehnt.
Richtig sei nur das, was vernünftig ist. Maßstab sei die Vernunft des Menschen. Was vernünftig ist, ist richtig; was unvernünftig ist, ist falsch. So entstand aus dieser Gegenreaktion gegen die Katastrophe der Religionskriege die Aufklärungsphilosophie.
Diese ist durch folgende Punkte gekennzeichnet:
Erstens: Die Bibel als Gottes Wort wird abgelehnt und verworfen. Früher war der allgemeine Glaube der Christen, dass die Bibel vom Heiligen Geist inspiriert ist. Dies wurde in der Philosophie breit verworfen. Es gebe so etwas nicht, dass Gott sich durch ein Buch offenbare.
Zweitens: Die Vernunft des Menschen ist die höchste Instanz. Darum nennt man diese Haltung Rationalismus, weil die Ratio, also die Vernunft, alles beherrschen soll.
Drittens: Gott greift nicht in den Lauf der Welt ein. Man äußerte die Überzeugung, dass Gott nie konkret in die Geschichte eingreife. Zwar leugnete man nicht, dass es einen Schöpfer gibt – schließlich muss ja alles von irgendwoher kommen –, aber man betrachtete Gott in der Philosophie als ein höheres Wesen, das am Anfang die Welt in Betrieb gesetzt hatte und sich dann völlig zurückgezogen hat. Deshalb offenbare er sich auch nicht dem Menschen durch die Bibel oder Wunder. Das sei alles unmöglich.
Man betonte sehr die Toleranz. Dabei ging es nicht um christliche Nächstenliebe, die den Nächsten achtet, auch wenn er anders denkt, sondern um die Überzeugung, dass man ja nicht wissen könne, was wahr ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt war der Glaube an das Gute im Menschen. Das ist eigentlich sehr erstaunlich, nachdem die Bosheit des Menschen in den Religionskriegen so deutlich geworden war. Dieser Optimismus ist wirklich verwunderlich. Im Kern sei der Mensch gut, müsse aber durch Bildung gefördert werden. Die Vernunft müsse in ihm geweckt werden, und dann werde er schon gut.
Damit war verbunden, dass man sich nicht so sehr auf den Glauben stützte, sondern auf steten Fortschritt in Wissenschaft, Gesellschaft und anderen Bereichen. Hier finden wir schon den Ansatz eines starken Evolutions- und Entwicklungsdenkens: Alles entwickelt sich.
Die Anfänge der Bibelkritik und die Urkundehypothese
In den Jahren 1650 bis 1700 lehnten aufklärische Philosophen wie Thomas Hobbes, Spinoza und Locke – also englischsprachige Philosophen – die Inspiration der Bibel ab. Sie wiesen insbesondere die mosaische Verfasserschaft des Pentateuch zurück. Der Pentateuch, wenn dieser Begriff noch oft verwendet wird, bedeutet einfach das Fünfbuch, also die Gesamtheit der fünf Bücher Mose. Diese Philosophen vertraten die Auffassung, dass Mose die fünf Bücher Mose nicht geschrieben habe.
Bis zu diesem Zeitpunkt bewegen wir uns noch im Bereich der Philosophie. Nun kommen wir unter einem neuen Titel auf das Thema der älteren Urkundehypothese zu sprechen. Um 1711 schloss Pfarrer Witter aufgrund unterschiedlicher Gottesnamen und stilistischer Unterschiede zwischen 1. Mose 1 und 2 auf zwei verschiedene Autoren. Das heißt, 1. Mose 1 müsse von einem anderen Autor stammen als Kapitel 2.
Später, im Jahr 1753, behauptete der Medizinprofessor Astruc, Mose habe zwei Hauptquellen und zehn bruchstückhafte Quellen, also Fragmente, verwendet. Allerdings ging er zumindest noch von Mose als Urheber aus.
Von 1780 bis 1883 trat Eichhorn, ein Alttestamentler, mit einer neuen Theorie auf. Hier befinden wir uns nun eindeutig im Bereich der evangelischen Theologie. Eichhorn gilt als der Vater der alttestamentlichen Bibelkritik. Er teilte das erste Buch Mose in zwei Quellen auf. Die eine Quelle nannte er J, die andere E, von Elohist. Zudem glaubte er, verschiedene kurze, also fragmentarische Quellen darin zu finden.
Wie kommt diese Bezeichnung der Quellen zustande? In 1. Mose 1 wird Gott stets als Elohim bezeichnet. Zum Beispiel heißt es in 1. Mose 1, Vers 1: „Im Anfang schuf Gott, hebräisch Elohim, die Himmel und die Erde.“ Weiter heißt es: „Die Erde war wüst und leer, und Finsternis war über der Tiefe. Und der Geist Gottes schwebte über den Wassern.“ Auch in Vers 3 wird Gott als Elohim bezeichnet: „Und Gott, Elohim, sprach: Es werde Licht! Und es wurde Licht. Und Gott, Elohim, sah, dass das Licht gut war, und schied das Licht von der Finsternis.“
Im Gegensatz dazu klingt es in Kapitel 2 etwas anders. Dort heißt es in Vers 4: „Dies ist die Geschichte des Himmels und der Erde, als sie geschaffen wurden, an dem Tag, da der Herr, Yahweh, Gott, Elohim, Erde und Himmel machte.“ Weiter in Vers 5: „Denn Yahweh Elohim hatte nicht Regen auf die Erde fallen lassen, und kein Mensch war da, um den Erdboden zu bebauen.“ In Vers 7 steht: „Ein Dunst stieg von der Erde auf und befeuchtete die ganze Oberfläche des Erdbodens, und Yahweh Elohim bildete den Menschen aus Staub vom Erdboden.“ Und in Vers 8: „Yahweh Elohim pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten und setzte dorthin den Menschen, den er gebildet hatte.“
Hier finden wir also ständig den Namen Yahweh, den wir im ersten Kapitel nicht finden. Deshalb erklärte Eichhorn, dass in Kapitel 2 ein anderer Schreiber am Werk sei. Weil dieser Gott Yahweh nennt, bezeichnete er ihn als Jahwist. Der Schreiber von Kapitel 1, der Gott Elohim nennt, ist der Elohist. So führte er die Bezeichnungen Quelle J und Quelle E ein.
Etwas später, im Jahr 1805, behauptete De Wette, ebenfalls ein Theologieprofessor in Deutschland, dass das fünfte Buch Mose aus einer weiteren Quelle stamme. Diese Quelle nannte er D, eine Abkürzung für Deuteronomium, das fünfte Buch Mose. Er datierte diese Quelle auf das Jahr 621 v. Chr.
Wie kam er auf diese Zeit? Das lässt sich in 2. Chronik 34,14-33 nachlesen. König Josia erfährt eine Umkehr zu Gott und bewirkt eine Reformation in Juda. Er lässt den Tempel renovieren, und während dieser Arbeiten wird das Gesetzbuch Mose entdeckt. De Wette behauptete, dass dieses Gesetzbuch damals nicht als bereits bestehendes Buch gefunden wurde, sondern dass es zu dieser Zeit verfasst wurde – und zwar so, als wäre es von Mose selbst.
Das gefundene Gesetzbuch war demnach eine Fälschung aus dieser Zeit, die man Mose zugeschrieben hatte, um dem Buch mehr Gewicht zu verleihen. Mit anderen Worten: ein bewusster Betrug. Dieses Ergebnis stammte aus einer Habilitationsschrift, mit der sich De Wette zum Professor habilitierte.
Weiterentwicklung der Bibelkritik: Fragmenten- und Ergänzungstheorie
Nun, das wäre also die ältere Urkunden-Hypothese. Schauen wir uns nun eine andere Theorie an, die etwas andere Ideen vertritt: die Fragmenten-Hypothese. Diese wurde in der Zeit von 1792 bis 1800 von Goethes veröffentlicht.
Goethes lehnte die Vorstellung ab, dass es eine eigenständige Quelle J und eine Quelle E in den Mosebüchern gibt. Stattdessen meinte er, es existieren nur Fragmente, die verwendet wurden. Die fünf Bücher Mose seien einfach eine Zusammensetzung durch einen Redaktor, der viele völlig unabhängige Fragmente benutzt habe. Diese Fragmente widersprechen sich teilweise sogar. Später habe ein Redaktor das Ganze irgendwie zusammengefügt.
Auch der Theologe Jott Vater folgte dieser Auffassung in den Jahren 1802 bis 1805. Das ist also die Fragmenten-Hypothese.
Kommen wir nun zu einer weiteren Theorie: der Ergänzungstheorie. Diese entstand später und basiert auf folgendem Grund: Beim Lesen der fünf Bücher Mose fällt auf, dass sie nicht einfach eine zusammengewürfelte Sammlung verschiedener Texte sind. Vielmehr gibt es einen planmäßigen Aufbau und einen inneren Zusammenhang.
Es kann also nicht sein, dass das Werk aus widersprechenden Fragmenten einfach so zusammengefügt wurde. Die Ergänzungstheorie lehnt daher die Fragmenten-Hypothese ab.
Ein bekannter Vertreter dieser Theorie war der Theologe Ewald. Im Jahr 1823 schrieb er, dass die fünf Bücher Mose folgendermaßen entstanden seien: Es gab eine elohistische Grundschrift, die den Grundstock bildet. Dieser Grundstock wurde später durch javistische Zusätze ergänzt. Dabei handelte es sich nicht um kleine Fragmente, sondern um einen zusammenhängenden Grundstock.
Im Jahr 1840 formulierte Ewald seine Ansicht etwas anders. Er meinte, alle Verfasser, die Material zu den Mosebüchern hinzufügten, hätten das Ganze auch überarbeitet. Das macht die Sache noch schwieriger, weil man kaum noch entscheiden kann, was Überarbeitung und was ursprüngliche Quelle ist. Nun,
Moderne Quellenscheidungstheorie und ihre Probleme
Die Entwicklung setzte sich fort und führte schließlich zur modernen Quellenscheidungstheorie. Diese Theorie wird in der Theologie bis heute an den Universitäten gelehrt. Was wir bisher betrachtet haben, waren alles Vorläufer.
Zu nennen ist 1853 Hupfeld, der die Ergänzungsidee ablehnte. Er sagte, „Jott“, also der Javist, sei eine vollständige Quelle, nicht einfach eine Ergänzung, wie Ewald es verstanden hatte. „E“, also der Elohist, sei eigentlich eine Zusammensetzung aus zwei verschiedenen Quellen. Er spaltete den Elohisten nochmals auf in „E1“ und „E2“. Später wurde E1 als P bezeichnet, heute spricht man in der Theologie nicht mehr von E1, sondern von P, was für Priesterschrift steht. E2 wurde später einfach als E bezeichnet.
Diese drei Quellen – J, P und E – ergeben zusammen die Bücher Erste bis Vierte Mose. Das Fünfte Mose wird als Quelle D bezeichnet, nach De Wette, der das so gelehrt hat. Die Entstehung dieser Quellen wird zeitlich folgendermaßen eingeordnet: Die älteste Quelle ist P, die Priesterschrift, danach wurde der Elohist verfasst, dann der Javist, und das späteste ist der Deuteronomist D. Also lautet die Reihenfolge P, E, J, D.
Reuss und dann sein Schüler Graf (1866) sowie Kühlen (1869) widersprachen dem und behaupteten, die Reihenfolge sei anders. Sie sagten, der Javist sei die älteste Quelle. Also nicht P, E, J, D, sondern J, E, D, P. Diese Chronologie ist noch von Bedeutung, darauf komme ich später zurück.
Ein ganz wichtiger Name in diesem Zusammenhang ist Wellhausen. Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der liberalen Theologie. Zwischen 1876 und 1878 brachte er die Hypothese von Graf und Kühlen in die klassische Form, so wie sie heute in Deutschland und der Schweiz gelehrt wird. Seine Darstellung eroberte in kurzer Zeit, quasi im Eiltempo, die alttestamentlichen Studien in Europa und Amerika.
Wellhausen datierte den Jot auf etwa 850 v. Chr., also etwa 700 Jahre nach Mose. E sei um 750 v. Chr. geschrieben worden. J und E wurden dann zu JE zusammengesetzt, und zwar um das Jahr 650 v. Chr. Die Quelle P, die Priesterschrift, sei im 6. oder 5. Jahrhundert vor Christus verfasst worden. D, der Deuteronomist, sei eine Fälschung aus der Zeit von Josia, also um 621 v. Chr.
An dieser Stelle treten bereits einige Probleme und Widersprüche auf. Anfangs wurde gesagt, dass man anhand verschiedener Gottesnamen unterschiedliche Quellen erkennen könne. Kapitel 1 verwendet Elohim, Kapitel 2 spricht immer von Yahweh. Doch wir haben gesehen, dass E in zwei Quellen aufgespalten wurde: P und E. Beide verwenden den Namen Elohim. Trotzdem sollen sie zwei verschiedene Quellen sein.
Das bedeutet, die unterschiedlichen Gottesnamen sind keine klaren Unterscheidungsmerkmale, denn zwei verschiedene Quellen können denselben Gottesnamen benutzen. Man unterscheidet E und J, doch es ist sehr schwierig, sie zu unterscheiden, da sie sich in Thematik, Stil und Wortschatz sehr ähneln.
Wo sind also die eindeutigen Kriterien, um die Quellen unterscheiden zu können? Bereits in Kapitel 1 ist klar, dass Elohim verwendet wird. In Kapitel 2, das als Javist-Text gilt, wird jedoch nicht ausschließlich Yahweh verwendet, sondern auch die Kombination Yahweh-Elohim. Das ist nicht eindeutig.
Warum ist das der Javist, wenn er auch Elohim benutzt? Diese Probleme wurden oft umgangen, indem man sagte, spätere Redaktoren hätten Teile überarbeitet, sodass nicht alles konsequent ist. Doch es wird immer deutlicher, dass die Unterscheidung der Quellen nicht so klar ist.
Ältere Kritiker behaupteten, Jot, der Javist, sei jünger als E, der Elohist. Der Grund: Jachwe sei ein Name, der erst später in der Geschichte auftauchte. Andere behaupteten das Gegenteil, nämlich dass J viel älter sei als E.
Man sagt, P unterscheide sich am meisten in Thematik und Wortschatz von J. Die älteren Kritiker sahen P als das älteste Dokument überhaupt an. Graf, Kühlen und Wellhausen hingegen meinten, P sei das jüngste Dokument.
Warum? Immer wenn Abschnitte in den fünf Büchern Mose vorkommen, die sich besonders mit Opfern und bestimmten Gesetzen zum Gottesdienst beschäftigen, wird gesagt, das sei typisch für die Priesterschrift. Weil die gesamte Geschichte Israels als evolutionär betrachtet wurde, vertrat Wellhausen die Auffassung, dass diese hochentwickelten Gesetze und detaillierten Angaben über Opfer und Riten erst spät entstanden sein können. Sie könnten nicht in die Frühzeit gesetzt werden, denn die Entwicklung habe sich evolutionär vollzogen.
Daraus folgte die Überzeugung, dass P das jüngste Dokument ist. Wellhausen lehrte, die Israeliten hätten früher einen primitiven Vielgötterglauben gehabt. Dieser habe sich allmählich entwickelt, und erst ganz spät seien sie in einem Evolutionsprozess zum Eingottglauben gelangt. Dieses Thema werde ich noch einmal aufgreifen.
Weiterentwicklung und Komplexität der Quellentheorien im 20. Jahrhundert
Jetzt wenden wir uns dem zwanzigsten Jahrhundert zu. Theologen wie Smith, Driver und Briggs übernehmen aus Deutschland die Quellentscheidungstheorie von Wellhausen und machen sie im englischsprachigen Raum populär. Diese Bibelkritik wurde also erst später in den englischen Sprachraum eingeführt.
Im zwanzigsten Jahrhundert wird die Sache noch etwas komplizierter. Die Theologen Butte und Sment teilen 1912 die Quelle J nochmals in zwei verschiedene Quellen auf, nämlich J I und J II. Sie stellten fest, dass in J zwei Autoren enthalten sind, die man separat betrachten muss.
Eichrott (1916) und Eisfeld (1922) unterscheiden in Jot noch eine bestimmte Quelle, die sie entdeckt haben. Diese nannten sie die Laienquelle und gaben ihr den Namen El. Diese Quelle sei in der Zeit von Elias entstanden und findet sich auch im Richterbuch sowie in den Samuelbüchern.
1927 entdeckt Morgenstern eine weitere Quelle im Buch Zweiter Mose, die er Quelle K nennt, die kinetische Quelle. 1934 teilt Gerhard von Rath die Quelle P in zwei parallele Quellen auf. Er bemerkte, dass P nicht nur eine einfache Quelle ist, sondern ebenfalls aus verschiedenen Autoren besteht.
Der Theologieprofessor Pfeiffer entdeckt 1941 noch eine Quelle S, die er die Seeir-Quelle nennt, daher das Kürzel S. Diese Quelle sei zwischen 600 und 400 vor Christus entstanden. Man findet sie in den J- und E-Teilen der fünf Bücher Mose.
Man erkennt, dass das Ganze nun etwas komplizierter wird. Das zuvor noch relativ einfache Schema J, E, D, P wird plötzlich zu einem Schema mit J I, J II, E, D, P I, P II, L, K und S.
Hölscher datiert 1922 die Quelle D deutlich jünger als 621 v. Chr. Im Gegensatz dazu datieren Kegel (1919), Welch (1924) und Robertson (1936 bis 1944) D deutlich früher als 621 v. Chr. Warum erwähne ich das alles? Um zu zeigen, wie uneinheitlich die Meinungen sind und wie sich die verschiedenen Theologieprofessoren diametral widersprechen.
Ein anderer Theologe, Loehr (1924), behauptet sogar, die Quelle P existiere gar nicht. Er sagt, der Pentateuch, also die fünf Bücher Mose, seien von Esra zusammengestellt worden – und zwar mit Material, das man nicht mit J und E identifizieren könne.
Volks und Rudolf bringen 1933 in einem gemeinsamen Buch eine umgekehrte Ergänzungstheorie vor. Früher wurde angenommen, E sei die Haupturkunde und J die Ergänzung dazu. Sie behaupten jedoch, das sei falsch. J sei die Grundurkunde, und E die Ergänzung.
Man muss sagen, dass diese Aufsplitterung so weit ging, dass ein einzelner Vers in bis zu drei Quellen aufgeteilt werden konnte. Wenn etwas nicht passte, erklärte man das damit, dass ein späterer Redaktor es geändert habe. Deshalb konnte man die Theorie nicht immer konsequent durchziehen.
Das Tragische ist, dass diese Theorie heute in theologischen Fakultäten einfach als Tatsache gelehrt wird. Auch an Orten wie Neuenburg oder Lausanne gilt diese Quellentscheidung als gesichertes Wissen. Dieses Wissen wird dann im Religionsunterricht weitergegeben.
Mein Religionslehrer in der Gymnasialzeit erklärte uns beispielsweise, dass das erste Kapitel von Genesis (1. Mose 1) eine Priesterschrift sei und deutlich jünger als Kapitel 2, das eine Javist-Quelle sei. Man könne das am Hebräischen erkennen; das Hebräisch in Kapitel 2 sei älter. Allerdings erklärte er nicht, worin genau der Unterschied bestehe.
Für mich war das eine interessante Entdeckung, als ich ein Jahr später mit ihm telefonierte und ihn fragte, was für eine Verbform „teda“ in Daniel 9 sei, wenn der Engel zu Daniel sagt: „Du sollst wissen, teda…“. Er antwortete, das könne er nicht mehr sagen, da er alles Hebräisch vergessen habe.
Es wird also als Fakt dargestellt, dass es ein ganz anderes Hebräisch gibt. Oft ist es in der Theologie so, dass Hebräisch heute im Eiltempo gelernt wird und danach kaum noch genutzt wird. Die meisten sind schon ein Jahr später nicht mehr in der Lage, gründlich mit Hebräisch umzugehen. Trotzdem werden solche Behauptungen als wissenschaftliche Ergebnisse weitergegeben.
Ich habe später selbst Hebräisch gelernt und konnte keinerlei Hinweise darauf finden, dass das Hebräisch in 1. Mose 2 jünger sei als in Kapitel 1.
Überlieferungsgeschichtlicher Lösungsversuch und theologische Bedeutung der Texte
Jetzt wenden wir uns dem nächsten Thema zu. Es geht weiterhin um das zwanzigste Jahrhundert, doch es entwickelt sich eine neue Richtung, die als überlieferungsgeschichtlicher Lösungsversuch bezeichnet wird.
Gunkel um 1900 und Gessmann 1920, Vertreter der sogenannten Zweitdialogen, lehnten die JEDP-Quellenkritik ab. Sie argumentierten, es sei nicht möglich, solche Quellen im Text eindeutig festzulegen. Stattdessen müsse man anders vorgehen und verschiedene literarische Gattungen im Text erkennen. So solle man beispielsweise bestimmte Legenden unterscheiden, die mit bestimmten Orten verbunden sind. Zum Beispiel sind die Legenden um Abraham mit Hebron oder Sichem verknüpft.
Man müsse auch verschiedene Texte identifizieren, die in Israel einen bestimmten Sitz im Leben hatten. Das bedeutet, es handelt sich um Texte, die in ganz bestimmten Situationen besonders gebraucht wurden und dann über Generationen mündlich überliefert wurden. Gerade durch diese mündliche Überlieferung habe sich der Inhalt ständig gewandelt.
Kurz vor oder nach der babylonischen Gefangenschaft, die von 605 bis 538 v. Chr. dauerte, seien diese mündlichen Überlieferungen – bei denen man unterscheiden müsse, ob es sich um Lieder, Legenden oder Geschichten handelt, die beispielsweise einen Ursprung erklären wollen, wie die Schöpfung – erst schriftlich fixiert worden. Man könne nicht zwischen Quellen und Fragmenten unterscheiden, wohl aber zwischen verschiedenen Überlieferungseinheiten oder Traditionseinheiten. Diese seien später zu einem einheitlichen Text zusammengeführt worden.
Zu dieser Richtung gehört auch die Uppsala-Schule in Schweden, die dort sehr populär wurde. Man nennt sie die Oral Traditionalisten, wobei „oral“ für mündlich steht, also für mündliche Überlieferung. Wichtige Vertreter sind Pedersen (1931) und Engnell (1954). Sie legten noch stärkeren Wert auf die mündliche Tradition als die zuvor genannten Forscher.
Engnell bezeichnet 1. Mose 1-4 als eine Quelle, die er mit P bezeichnet. Für ihn hat P eine andere Bedeutung als bisher. 5. Mose bis 2. Könige bezeichnet er als eine weitere Quelle, die er mit D kennzeichnet. P stamme aus Judäa, D aus dem Nordreich. Engnell konnte sogar den Aufenthaltsort des Schreibers bestimmen.
Die Leipziger Schule baute auf der Arbeit von Theologieprofessor Alt (1929) auf. Sie legte weniger Wert auf die Traditionseinheiten, sondern vielmehr auf den Sitz im Leben. Es ging darum, zu erforschen, welche Bedeutung die Texte für die Israeliten in ihrem damaligen Umfeld hatten. Mit anderen Worten: Was war die theologische Bedeutung der Texte für Israel?
Beispielsweise wurde gefragt: Welche Bedeutung hatte die Schöpfungsgeschichte für die Israeliten? Für diese Forscher war weniger die Frage wichtig, aus welcher Quelle ein Text stammt, sondern vielmehr, welche Bedeutung die jeweilige Traditionseinheit, etwa der Schöpfungsbericht, hatte. Damit betonten sie die theologische Bedeutung des Textes und stellten das Historische in den Hintergrund.
Pannenberg (1961) meinte, man müsse in den Texten den theologischen Impuls suchen. Es gehe darum, den Antrieb zu finden, der das Verfassen des Textes bewirkt habe. Man betonte, im Text das Kerygma zu suchen, also die zentrale Verkündigung.
Hier sei noch angemerkt: Zu dieser Zeit, im zwanzigsten Jahrhundert, war man bereits weit fortgeschritten. Dies ist die Zeit von Rudolf Bultmann, der die „Gott-ist-tot“-Theologie prägte. Bultmann war jedoch Neutestamentler, kein Alttestamentler. Er übte vor allem Kritik am Neuen Testament.
Bultmann vertrat die Auffassung, Christus sei nicht leiblich auferstanden. Ein moderner Mensch könne das nicht akzeptieren. Die frühen Menschen hätten dies noch mythologisch und legendenhaft verstanden. Aber man müsse die Bibel nicht einfach ablehnen. Stattdessen müsse man in der Bibel herausfinden, was die Aussage der Auferstehung sei.
So entstand die Idee, dass, wenn ich an die Auferstehung Christi glaube, ich meinen Nächsten als Christus erkennen müsse, der gewissermaßen im Nächsten weiterlebt. Bultmann betonte, im Neuen Testament müsse man das Kerygma, die Grundaussage, suchen. Obwohl vieles historisch nicht haltbar sei, enthalte der Text doch eine wichtige Aussage, die es zu vermitteln gelte. Diese müsse dann auch in der Predigt verkündet werden.
Damit wurden zwar alle Grundlagen des Christentums aufgegeben, doch auf dieser Basis konnte man weiterhin predigen und sagen: „Christus ist am dritten Tag auferstanden.“ Die Zuhörer in der Kirche dachten: „Aha, schön, der glaubt das alles.“ Tatsächlich glaubte der Prediger nicht an die historische Wahrheit, sondern an die Bedeutung der Legende. Die Aussage der Auferstehung müsse in uns weiterleben.
So war es auch mit dem Alten Testament. Man suchte nach der Aussage, obwohl man den historischen Sinn ablehnte. Daraus entstand eine theologische Philosophie ohne geschichtliches und damit auch ohne göttliches Fundament. Die Bibel als Gotteswort war längst völlig aufgegeben worden.
Liberale Sicht auf die Geschichte Israels und deren Kritik
Nun möchte ich noch erklären, wie die Bibelkritik die Geschichte Israels sieht. Ich gehe davon aus, dass wir alle wissen, wie die Geschichte Israels ab dem Auszug aus Ägypten verlaufen ist. Das haben wir bei anderen Bibelstudentagen bereits gemeinsam betrachtet.
Mit Wellhausen und anderen wurde die Geschichte jedoch völlig umgekrempelt. Dabei unterscheidet man drei Hauptperioden. Man spricht von der Urzeit – ich meine nicht die Zeit Abrahams, sondern die Urzeit, weil in der liberalen Theologie Abraham als eine Legende, als eine legendäre Figur angesehen wird. Die Urzeit reicht bis etwa 760 v. Chr.
Diese Zeit wird als die Phase betrachtet, in der die Israeliten noch Animisten waren. Animismus muss ich erklären: Das ist eine Art des Glaubens, wie sie in Stammesreligionen vorkommt, zum Beispiel in Afrika oder bei Indianern. Dort sieht man überall Seelen und Geister in der Natur. In der liberalen Theologie glaubt man also, die Israeliten hätten Steine angebetet. Dabei wird gern auf 1. Mose 28,18 verwiesen, den Stein von Jakob, den er dort aufgestellt hatte. Oder man sagt, sie hätten damals noch Bäume angebetet und verweist auf 1. Mose 12,6.
Ich lese das: „Da kam Abraham, ausgezogen aus Ur in Chaldäa, ins Land Kanaan. Abraham durchzog das Land bis zu dem Ort Sichem, bis zur Terebinte Mores.“ Die Kanaaniter waren damals im Land, und der Herr erschien Abraham und sprach: „Deinem Samen will ich dieses Land geben.“
Hier wird die Terebinte Mores erwähnt, auch an späterer Stelle wieder. Daraus wird einfach geschlossen: Aha, Abraham war damals ein Baumverehrer. Weiter heißt es, die Israeliten seien damals noch Tieranbeter gewesen, man verweist auf 2. Mose 32, das goldene Kalb. Sie hätten noch Kinder geopfert und an viele Götter geglaubt. Der Name Elohim sei ein Überrest davon.
Ich muss erklären: Elohim ist im Hebräischen eine Mehrzahlform. Im ist die männliche Mehrzahl. Eloah ist die Einzahl, Elohim die Mehrzahl. Ich erkläre ein paar andere Wörter: Seraph ist Einzahl, der Seraph; Seraphim ist Plural. Cherub ist Einzahl, Cherubim ist Mehrzahl.
Elohim ist also ein Plural, und Gott wird im Alten Testament weiterhin Elohim genannt. Doch das sei nur ein Überrest eines Vielgötterglaubens. Das ist natürlich Unsinn. Denn Elohim, der Plural, kann bei Hauptwörtern im Hebräischen eine Ausdehnung ausdrücken. Zum Beispiel der Saurier in Hiob 41, der seinen Schwanz biegt wie eine Zeder. Er heißt Behemoth.
„-ot“ ist die weibliche Mehrzahl. Behemah heißt das Tier, Behemoth die Tiere. Dieses eine Tier wird im Plural bezeichnet als Behemoth. Warum? Das ist ein pluralis extensionis, also eine Mehrzahl der Ausdehnung. So ist es auch mit dem Wort Himmel.
Himmel ist im Hebräischen immer in der Mehrzahl: Schamayim. Das drückt die Ausdehnung des Himmels aus. So ist Elohim ein Plural, der die unendliche Größe Gottes zeigt. Wenn im ersten Satz der Bibel Elohim verwendet wird, muss man beachten: Bereschit heißt „im Anfang“, Barach, Schuf, „Elohim“ – Gott.
„Bara“ ist in der Einzahl, also dritte Person Einzahl. Das Verb ist Einzahl, und das Wort Elohim wird als Einzahlwort verwendet. Die Pluralendung bedeutet seine Ausdehnung und hat nichts mit Polytheismus zu tun.
Übrigens fällt mir ein: Als die Philister Simson gefangen nahmen, in Richter 16, da haben sie zu Ehren ihres Gottes Dagon ein Gedicht verfasst: „Natan Eloheinu bejadenu et Shimshon oiweinu“, also „Hat in unserer Hand gegeben den Simson, unseren Feind.“
Das Gedicht zeigt, dass sie ihren Gott Dagon auch Elohim nannten, aber nicht als eine Person betrachteten. Auch die Heiden konnten einen einzelnen Gott als Elohim bezeichnen, was einfach die Größe ihres Gottes ausdrückte.
Nun, was noch schlimmer ist, in der liberalen Theologie wird gesagt, Yahweh sei ursprünglich ein Lokalgott gewesen, wie viele andere Götter, und erst später von den Israeliten zum Hauptgott erhoben worden. Das ist die schlimmste Gotteslästerung, die man sich vorstellen kann.
Man muss sich darüber im Klaren sein: So etwas wird an Universitäten gelehrt. Hier wird im Grundsatz der christliche Glaube zerstört und vernichtet. Das wäre die Urzeit bis 760 v. Chr.
Dann unterscheidet man die prophetische Periode von 760 bis 587 v. Chr. In dieser Zeit sei die Idee des Monotheismus – also der Glaube an einen Gott – durch Amos eingeführt worden. Amos habe feurige Anhänger gehabt, nämlich Hosea, Jesaja, Micha. Auch sie hätten den Eingottglauben leidenschaftlich in ihren Schriften vertreten.
Der Monotheismus sei im fünften Buch Mose um 621 v. Chr. festgelegt worden. Dieses Buch sei als Fälschung verfasst und Mose zugeschrieben worden, um ihm Gewicht zu verleihen – einer Person aus uralten Zeiten.
In dieser Zeit sei der Stamm Levi zur Priesterschaft gekommen, und das Gottesbild habe sich gewandelt – von einem hartherzigen, eifersüchtigen Gott hin zu einem liebenden Gott.
Das ist natürlich alles Unsinn. Denn auch in den späteren Prophetenbüchern finden wir Gott als den Rächer über die Sünde, der sich aber über den Bußfertigen erbarmt.
Das war auch ein großes Argument in der Hitlerzeit: Da wurde gesagt, das Alte Testament sei jüdisch und habe mit einem rächenden Gott zu tun, während das Neue Testament der liebende Gott sei.
Wilhelm Busch, ein Jugendpfarrer aus Essen, hat einmal jemandem einen Vers aus der Bibel zitiert:
„Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.“
Ja, sagte er, das ist dieser Jahwegott der Juden! Dann zitierte er noch einen anderen Vers:
„Ja, mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt. Aus lauter Güte habe ich dich zu mir gezogen.“
Das sei das Neue Testament, der Gott des Neuen Testaments. Dann sagte Wilhelm Busch: „Also der erste Vers, ‚Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen‘, ist aus dem Neuen Testament, Hebräer 10, und der andere Vers ist aus Jeremia 31.“
Ja, es ist Zeit für eine Pause. Wir machen Pause bis Viertel nach.
Fortsetzung nach der Pause: Priesterliche Periode und Kritik am liberalen Theologiestudium
Vor der Pause haben wir bei Israels Religionsgeschichte aus bibelkritischer Sicht stehen geblieben. Nun kommen wir zur dritten Periode, die dabei unterschieden wird: die sogenannte priesterliche Periode ab 587 v. Chr.
Mit der babylonischen Gefangenschaft kam das Königtum in Juda zum Ende. Es wird hier behauptet, dass nach dem Ende des Königtums das Priestertum immer wichtiger wurde. Erst ab dieser Zeit habe man die Priesterschaft auf die Sippe, auf die Familie Aarons, beschränkt. Dabei wird auf Hesekiel 44,7-16 verwiesen, wo es um das Priestertum im Tausendjährigen Reich geht.
Weiter wird behauptet, Aaron selbst sei eine erfundene Person. Man habe die Priesterschaft quasi auf eine Sippe innerhalb des Stammes Levi eingeschränkt, nämlich auf die Familie Aarons. Erst in dieser Zeit seien all die Opfer- und Gottesdienstordnungen in den fünf Büchern Mose im sogenannten P-Dokument festgelegt worden.
Das, was in der Bibel steht, wird überall als falsch dargestellt. Es sei genau anders gewesen, wenn man andere Bücher so lesen würde, wie man eine Zeitung liest. Das Schlimme daran ist, dass hier eine ganz mutwillige Verdrehung stattfindet, die sich nicht auf Fakten stützt. Weder auf außerbiblische Dokumente noch auf Ausgrabungen. Es ist wirklich eine bloße Behauptung, indem man das, was in der Bibel steht, auf den Kopf stellt.
Wie wir gesehen haben, ist diese Verdrehung sogar gotteslästerlich.
Ein paar Bemerkungen zum Thema liberales Theologiestudium heute: Im deutschsprachigen Raum wird hauptsächlich eine Verbindung gelehrt, nämlich die Quellentscheidungstheorie (also die Wellhausen-Theorie, wie wir sie gesehen haben) in Verbindung mit dem überlieferungsgeschichtlichen Ansatz.
Im skandinavischen Raum, zum Beispiel in Schweden, wird hingegen hauptsächlich der überlieferungsgeschichtliche Ansatz gelehrt, nicht die Quellentscheidungstheorie.
Im englischsprachigen Raum, etwa in England oder an liberalen Schulen in den USA, wird vor allem die Quellentscheidungstheorie gelehrt.
Es kommt also ganz darauf an, in welchem Land man studiert, was man als Wahrheit zu hören bekommt. Die Wahrheit ist von Land zu Land unterschiedlich.
Das Tragische ist, dass die liberale Theologie sich eigentlich selbst überholt hat. Gerade durch ihre totale Widersprüchlichkeit hat sie gezeigt, wie unhaltbar sie ist. Dennoch besteht keine Bereitschaft zur Umkehr. Auf dem Grundansatz „Die Bibel ist nicht Gottes Wort“ wird einfach weitergewurstelt, möchte ich sagen.
In der Pause hat jemand gefragt: Wie kann dann jemand, der wiedergeboren ist, heute noch Theologie an einer solchen Universität studieren? Das sei doch unmöglich.
Und tatsächlich ist es so, dass junge Leute aus dem Gymnasium, die vielleicht in der Bibelgruppe waren und die Bibel geliebt haben, sich für ein Theologiestudium entscheiden – sagen wir in Zürich. Doch im ersten, zweiten oder dritten Semester kippt einer nach dem anderen. Es ist praktisch unmöglich, dieses Studium durchzuführen, ohne den Glauben an das unverbrüchliche Wort Gottes zu verlieren.
Das ist tragisch, aber es ist eine Tatsache.
Es gibt Alternativen: In der Schweiz ist das beispielsweise die STH Basel, in Deutschland zum Beispiel die FTA in Gießen. Im englischsprachigen Raum gibt es noch mehr bibeltreue Schulen.
Von der Seite der Bibelkritik werden diese Schulen jedoch alle zutiefst verachtet. Alle, die das nicht glauben, gelten als unwissenschaftlich.
Wie wissenschaftlich das ist, was die Bibelkritik bringt, haben wir gerade gesehen. Und das werden wir noch deutlicher sehen, wenn wir das Ganze jetzt einmal kritisch betrachten.
Erste Kritikpunkte an der Bibelkritik: Zeugnisse Jesu Christi
Ein erster ganz wichtiger Kritikpunkt an der Bibelkritik ist, dass Jesus Christus, der Sohn Gottes, dem Pentateuch Mose zuschreibt.
Ich habe dazu eine ganze Reihe von Bibelstellen aus den Evangelien auf einem Blatt zusammengestellt. Schlagen wir zum Beispiel Matthäus 8, Vers 4 auf. Dort geht es um die Heilung eines Aussätzigen. Er wird geheilt, und der Herr sagt in Vers 4: „Und Jesus spricht zu ihm: Siehe, sage es niemandem, sondern gehe hin, zeige dich dem Priester und bringe die Gabe dar, die Mose angeordnet hat, ihnen zum Zeugnis.“
In 3. Mose 13 wird beschrieben, wie Aussatz diagnostiziert wird und wie die Priester das beurteilen mussten. Kapitel 14 gibt genaue Anweisungen, welche Opfergaben jemand darbringen muss, wenn er wirklich von Aussatz geheilt worden ist.
Nach der Bibelkritik ist das ein P-Dokument aus einer viel späteren Zeit, nämlich der babylonischen Gefangenschaft oder danach. Doch Jesus sagt, dass Mose diese Gaben angeordnet hat. So gibt es eine ganze Reihe von Stellen, die das belegen.
Vielleicht noch ein Beispiel aus Matthäus 19, Vers 8. Dort geht es um die Frage der Ehescheidung, und der Herr Jesus nimmt Bezug auf ein Gebot aus 5. Mose. Ich lese Matthäus 19, Vers 7: „Sie sagen zu ihm: Warum hat denn Mose geboten, einen Scheidebrief zu geben und sie zu entlassen?“ Er spricht zu ihnen: „Mose hat wegen eurer Herzenshärtigkeit euch gestattet, eure Frauen zu entlassen; von Anfang aber ist es nicht so gewesen.“
Diese Gesetzesregelung zur Ehescheidung, wie man sie in 5. Mose 24 findet, erklärt der Herr Jesus so, dass Mose den Scheidebrief nicht geboten, sondern nur gestattet hat. Er sagt also nicht, dass der Deuteronomist diese Regelung als Fälschung im Jahr 621 vor Christus geschrieben hat, sondern Mose hat diese Anordnungen gegeben.
Man könnte durch all diese Stellen hindurchgehen, die ich angegeben habe, aber ich möchte noch speziell auf Johannes 5, Vers 46 hinweisen. Dort bezieht sich der Herr Jesus auf die fünf Bücher Mose. Er sagt zu den Pharisäern: „Denn wenn ihr Mose glauben würdet, so würdet ihr mir glauben, denn er hat von mir geschrieben. Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubt, wie werdet ihr meinen Worten glauben?“
Hier wird ganz klar Mose als Autor der bekannten fünf Bücher Mose hingestellt. Der Herr Jesus spricht sogar in der Mehrzahl von seinen Schriften, also in Bezug darauf, dass es nicht nur ein Buch Mose gibt, sondern mehrere. Er sagt: Wenn ihr seinen Schriften nicht glaubt, könnt ihr auch meinen Worten nicht glauben.
Daran sieht man, dass es kein Zufall ist, dass die Bibelkritik genau mit den ersten Büchern der Bibel begonnen hat. Danach hat man auch in weiteren Büchern immer wieder verschiedene Quellen ausgemacht und versucht, diese zu zersetzen – zum Beispiel bei den Prophetenbüchern.
Man hat etwa bei Jesaja gesagt: Kapitel 1 bis 39 stammt von Jesaja selbst, Kapitel 40 bis 55 von einem zweiten Schreiber, dem sogenannten Deutero-Jesaja, und der Rest von einem dritten Verfasser. Später wurde sogar der erste Jesaja in viele Quellen aufgeteilt. So hat sich das fortgesetzt bis zum Neuen Testament.
Wenn man bei den ersten Büchern Mose beginnt, das Wort Gottes zu zersetzen, dann nimmt das kein Ende. Und wenn man Moses Schriften nicht glaubt, kann man auch nicht den Worten Jesu glauben. Es ist eine Einheit.
Der Herr Jesus sagt ja auch in Johannes 10, Vers 35 am Schluss: „Und die Schrift kann nicht aufgelöst werden.“ Man kann die Heilige Schrift nicht auflösen; sie ist eine Einheit. Man kann also nicht menschliche Dinge und menschliche Quellen herausfiltern.
Noch möchte ich auf Johannes 7, Vers 19 hinweisen. Dort sagt der Herr Jesus im Tempel zu Jerusalem: „Hat nicht Mose euch das Gesetz gegeben? Und keiner von euch tut das Gesetz.“ Der Herr Jesus spricht hier von der Tora, dem Gesetz. Alle verstanden darunter die fünf Bücher Mose, die Tora. Mose hat euch die Tora gegeben.
In Vers 22 heißt es: „Deswegen gab Mose euch die Beschneidung. Nicht, dass sie von Mose sei, sondern von den Vätern.“ Also hat Mose auch die Anordnung über die Beschneidung im Gesetz gegeben, die bis auf Abraham zurückgeht (1. Mose 17).
Nun merken wir: Wer an Jesus Christus als Sohn Gottes glaubt, kann der Bibelkritik nicht glauben. Umgekehrt: Wer der Bibelkritik glaubt, lästert den Sohn Gottes. Denn er muss ihn lästern, als hätte er hier nicht die Wahrheit gesagt.
So weit geht das. Letztlich ist das ein Angriff auf die Person des Erlösers, des Sohnes Gottes.
Weitere Belege für die mosaische Verfasserschaft des Pentateuch
Ein zweiter Punkt: Der Pentateuch und der Rest des Alten Testaments bezeugen die mosaische Verfasserschaft. So lesen wir zum Beispiel schon in 2. Mose 24, wie Mose selbst geschrieben hat während der Wüstenwanderung.
In 2. Mose 24, Vers 4 heißt es: „Und Mose schrieb alle Worte des Herrn nieder.“ Vers 7 ergänzt: „Und er nahm das Buch des Bundes und las es vor den Ohren des Volkes; und sie sprachen: Alles, was der Herr geredet hat, wollen wir tun und gehorchen.“
Weiter könnte man auf 2. Mose 34 verweisen, wo wir ebenfalls das Schreiben sehen. Auch in 4. Mose 33 lesen wir: „Dies sind die Züge der Kinder Israel, welche aus dem Land Ägypten ausgezogen sind nach ihren Heeren unter der Hand Moses und Aarons. Und Moses schrieb ihre Auszüge auf, nach ihren Zügen, nach dem Befehl des Herrn.“
Darüber hinaus könnte man auf 5. Mose 31,9 und 11 verweisen.
Über die fünf Bücher Mose hinaus wird in Josua 1 bezeugt, dass die Bücher Mose von Mose stammen. In Josua 1, Vers 7 spricht Gott zu Josua nach dem Tod Moses: „Nur sei sehr stark und mutig, dass du darauf achtest zu tun nach dem ganzen Gesetz, welches mein Knecht Mose dir geboten hat. Weiche nicht davon ab, zu rechten noch zu lenken, auf dass es dir gelinge, überall wohin du gehst. Dieses Buch des Gesetzes soll nicht von deinem Mund weichen, und du sollst darüber sinnen, Tag und Nacht, auf dass du darauf achtest zu tun nach allem, was darin geschrieben ist.“
Was Kapitel 34 des 5. Mose betrifft – dort stirbt Mose. Wer hat das geschrieben? Niemand behauptet, dass Mose das selbst geschrieben hat. Auch im Judentum wird der Tod Moses und die Beschreibung im 5. Mose Josua zugeschrieben. Das war nie ein Problem und ist keine Frage. Aber alles Übrige stammt aus der Verfasserschaft von Mose.
Weiter habe ich auf folgende Stellen verwiesen: 1. Könige 2,3; 2. Könige 14,6; 2. Könige 21,8; Esra 6,18; Nehemia 13,1; Daniel 9,11-13; Maleachi 3,22. Dies ist eine Auswahl von Stellen im Alten Testament, die alle ganz klar das Gesetz Mose Mose zuschreiben.
Und dreieinhalbtausend Jahre später wollen Leute dann kommen und sagen: „Wir wissen es besser, die haben sich alle früher geirrt.“
Bedeutung der unterschiedlichen Gottesnamen in der Bibel
Ein weiterer Punkt auf dem Blatt: Unterschiedliche Gottesnamen besitzen eine geistliche Aussage und weisen nicht auf verschiedene Autoren hin. Das ist ganz wichtig.
Übrigens ist es interessant, dass es in der Bibel nicht nur zwei Gottesnamen gibt – Jahweh und Elohim –, sondern über 300 verschiedene Namen Gottes. Es ist eigentlich erstaunlich, dass man die anderen Namen nicht ebenfalls benutzt hat, um verschiedene Quellen zu identifizieren. Das wäre doch konsequent gewesen. Aber warum beschränkt man sich auf Yahweh und Elohim? Und nicht einmal da kann man konsequent sein, denn in den Javist-Texten findet man auch Elohim, sodass man das gar nicht so durchziehen kann.
Jeder Gottesname drückt etwas vom Wesen Gottes und seiner Herrlichkeit aus. Die inspirierten Schreiber haben die Gottesnamen ganz gezielt gewählt und benutzt. Warum steht zum Beispiel in Kapitel 1 immer Elohim und in Kapitel 2 Yahweh Elohim?
Wenn wir dem Namen Elohim in der Bibel nachgehen, wie wird er verwendet? Dann kommen wir zum Schluss: Elohim bezeichnet Gott speziell als den Schöpfer und Erhalter des Weltalls. Er ist der Mächtige, der über allem steht. Darum ist Elohim ein Plural, der die Ausdehnung ausdrückt.
Yahweh hingegen ist der Name, den Gott benutzt, wenn er mit Israel den Bund eingeht. Da stellt er sich ihnen ganz speziell als Yahweh vor. Ich möchte das an 2. Mose aufschlagen.
Gott erscheint in 2. Mose 3 dem Mose im Feuerbusch und stellt sich vor als „Ich bin, der ich bin“ (2. Mose 3,14). „Ich bin“ ist die Umschreibung der Bedeutung von Yahweh. Yahweh heißt nämlich wörtlich „der Seiende“, also „Ich bin, der ich bin“.
In 2. Mose 3,14 lesen wir: Da sprach Gott zu Mose: „Ich bin, der ich bin.“ Er sagte weiter: „So sollst du zu den Kindern Israel sagen: ‚Ich bin hat mich zu euch gesandt.‘“ Und Gott sprach weiter zu Mose: „So sollst du den Kindern Israel sagen: ‚Yahweh, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name in Ewigkeit.‘“
Dann führt dieser Yahweh das Volk Israel aus Ägypten, schließt am Sinai einen Bund mit ihnen, und so ist der Name Yahweh ganz besonders der Name des Bundesgottes, also Gottes in Beziehung zu den Menschen.
Jetzt können wir das schon einmal auf 1. Mose 1 und 2 anwenden. In 1. Mose 1 wird die Schöpfung als Sechstagewerk beschrieben. Dort finden wir eine umfassende Übersicht der Schöpfung.
In Kapitel 2 wird die Schöpfung nicht mehr einfach so beschrieben, sondern es geht ganz speziell um die Schöpfung des Menschen. Diese wird ausführlich geschildert: wie Mann und Frau geschaffen wurden, wie die Frau geschaffen wurde und wie Gott einen Bund mit Adam schließt und ihm Gebote gibt.
Kapitel 2 handelt also nicht mehr von der Schöpfung als Ganzes, sondern speziell von der Schöpfung des Menschen und der Bundesbeziehung Gottes zu Adam. Deshalb wundert es uns nicht, warum Gott dort Yahweh genannt wird – Gott in Beziehung zum Menschen, in Bundesbeziehung zum Menschen.
Aber warum dann Elohim? Es ist in der Bibel oft nicht üblich, dass Yahweh und Elohim zusammenstehen. Hier ist es beides, weil Gott auch als Schöpfer vorgestellt wird – als Gott in Beziehung zum Menschen, aber auch als Schöpfer. Darum steht hier Yahweh Elohim. Die Namen werden also ganz bewusst und gewählt verwendet.
Ich greife ein ganz anderes Beispiel heraus: Gehen wir zu 2. Chronik 18. Dort finden wir König Josaphat im Krieg. Er wird angegriffen, weil die feindliche Armee meint, Josaphat sei der König von Israel, vom Nordreich, und sie wollten ihn umbringen. Sie greifen ihn an, und der gläubige König beginnt in der Not zu beten.
In 2. Chronik 18,31 lesen wir: „Und es geschah, als die Obersten der Wagen Josaphat sahen, denn sie sprachen: ‚Das ist der König von Israel!‘, da umringten sie ihn, um zu streiten, und Josaphat schrie. Und Yahweh half ihm, und Elohim lenkte sie von ihm ab.“
Hier finden wir in einem Vers beide Namen: Yahweh und Elohim. Sollten wir daraus nun zwei Quellen machen, den Javisten und den Elohisten? Das ist Unsinn.
Wir haben Yahweh, den Gott in Bezug zum Menschen – Yahweh half ihm. Und Elohim, den mächtigen Gott und Erhalter des Weltalls – Elohim lenkte die feindlichen Armeen von ihm ab. Die Namen sind also ganz bewusst verwendet worden.
Ein ganz anderes Beispiel ist Salomo. Von ihm haben wir drei Bücher in der Bibel: Prediger, Sprüche und das Hohelied.
Im Prediger steht vierzigmal Elohim, aber kein einziges Mal Yahweh. In den Sprüchen, von denen der größte Teil von Salomo stammt, gibt es auch andere Teile. Dort finden wir siebenundachtzigmal Yahweh, fünfmal Elohim und einmal Eloah, die Einzahlform.
Ist das jetzt vom Javisten? Und im Hohelied finden wir weder Yahweh noch Elohim. Von wem ist das also?
Im Prediger finden wir Salomo, der sich von Gott abgewandt hatte und in seiner Gottesferne versuchte, den Sinn des Lebens zu finden. Dort steht Elohim, nicht Yahweh, denn er steht nicht in Beziehung zu Gott in diesen Erfahrungen. Darum ist Elohim das treffende Wort. Er ist kein Atheist geworden, aber die Bundesbeziehung zu Gott hatte er gebrochen.
In den Sprüchen finden wir die Weisheit eines Vaters, göttliche Weisheit, die er seinen Söhnen weitergibt. Gewissermaßen die Weisheit, die Gott seinem Volk gibt, um in diesem Leben bestehen zu können. Dort ist der charakteristische Name Yahweh, Gott in Beziehung zum Menschen.
Das Hohelied hat wieder einen ganz speziellen Charakter. Ich habe am letzten biblisch-würdigen Tag in Herzmacht das Hohelied behandelt. Man kann also eine Kassette darüber hören. Auch dort zeigt sich ein ganz anderer Charakter in der Botschaftsübermittlung.
Es lohnt sich also, auf die Namen Gottes genau zu achten. Beim Bibellesen habe ich das immer so gemacht: Ich habe eine spezielle Farbe genommen und mir die Namen Gottes im Text farbig angestrichen, zum Beispiel orange. So findet man die Namen Gottes sehr schnell wieder. Wenn man die Bibelseiten durchblättert, hat man bald 300 Namen beieinander.
Jeder Name sagt etwas über Gottes Herrlichkeit aus. Es lohnt sich also sehr, das Studium der Namen Gottes zu betreiben. So lernt man Gott immer besser kennen.
Kritik an den angeblichen Widersprüchen in den fünf Büchern Mose
Jetzt wenden wir uns einem weiteren Punkt in unserer Kritik an der Kritik zu. Immer wieder wird als Argument angeführt, dass es verschiedene Quellen gebe, weil der Text in sich widersprüchlich sei. So sollen sich beispielsweise die fünf Bücher Mose innerlich widersprechen, was auf verschiedene Autoren hindeute.
Doch wo genau widersprechen sie sich? Zum Beispiel in Kapitel eins und zwei. In Kapitel eins wird die Schöpfung als Ganzes beschrieben. Kapitel zwei stellt das jedoch ganz anders dar. Das ist kein Widerspruch, sondern eine andere Sichtweise.
Zuerst werden die Tiere erschaffen und dann der Mensch – so steht es am fünften und Anfang des sechsten Tages. In Kapitel zwei dagegen wird zuerst der Mensch erschaffen und dann die Tiere. Ist das ein Widerspruch?
Lesen wir 1. Mose 2,7: „Und der Herrgott bildete den Menschen Staub von dem Erdboden und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens, und der Mensch wurde eine lebendige Seele.“ In Kapitel 2, Vers 18 heißt es: „Der Herrgott sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, seinesgleichen. Und der Herrgott bildete aus dem Erdboden alles Getier des Feldes und alles Gevögel des Himmels und brachte sie zu dem Menschen, um zu sehen, wie er sie nennen würde. Und wie irgendein Mensch ein lebendiges Wesen nennen würde, das sollte sein Name sein.“
Man sagt dann: Ja, gut, da war der Mensch zuerst da, und dann sucht Gott eine Entsprechung, indem er zuerst die Tiere erschafft, also macht er die Tiere anschließend. Ist das ein Widerspruch?
Was kann man da machen? Man muss wieder einmal über das Hebräische nachdenken. Die hebräischen Zeitformen unterscheiden sich von den deutschen. Die Zeitform, die hier verwendet wird, kann man mit Präteritum übersetzen, also in 2,19: „Und der Herrgott bildete aus dem Erdboden alles Getier des Feldes“, oder man kann sie – was an verschiedenen Stellen zwingend ist – mit Plusquamperfekt übersetzen, also Vorvergangenheit. Dann heißt es: „Der Herrgott hatte aus dem Erdboden alles Getier des Feldes und alles Gevögel des Himmels gebildet und brachte sie zu dem Menschen, um zu sehen, wie er sie nennen würde.“
Der vermeintliche Widerspruch hängt also nur von der Übersetzung ab, ob man Imperfekt (Präteritum) oder Plusquamperfekt wählt. Der Widerspruch ist nicht im Text selbst enthalten, sondern entsteht in unseren Köpfen, je nachdem, wie wir übersetzen.
Man muss den Bibeltext nicht so übersetzen, dass ein Widerspruch entsteht, sondern entsprechend der Grammatik so, dass er in sich schlüssig ist. An anderen Stellen, wo dieselbe Zeitform verwendet wird, sieht man, dass eine Übersetzung mit Präteritum nicht möglich ist, weil der Text sonst keinen Sinn ergibt.
Ein anderes Beispiel ist die Sintflutgeschichte. Dort wird behauptet, es seien zwei Texte, die ein Redaktor ineinander verwoben habe. Es gäbe also eine javistische und eine elohistische Schicht.
Ich erinnere mich noch an das Gymnasium. Ein Kollege von mir war Jude, der mit Glauben nichts zu tun hatte. Seine Mutter war übrigens Rabbinerin. Mit ihm habe ich oft diskutiert. Er belegte das Fach Archäologie. Was macht man in Archäologie? Man lernt die Quellentscheidungstheorie.
Er zeigte mir: „Siehst du, das widerspricht sich im Sintflutbericht.“ In Kapitel 7 heißt es, dass es vierzig Tage und vierzig Nächte geregnet habe (Vers 12): „Der Regen fiel auf die Erde vierzig Tage und vierzig Nächte.“ Aber dann steht in Vers 24: „Und die Wasser nahmen zu auf der Erde 150 Tage.“
Siehst du, eine Schicht überliefert 40 Tage Regen, eine andere Schicht im Text spricht von 150 Tagen.
Dann habe ich mich ins Hebräische vertieft und bin auf eine Lösung gestoßen. Das Wort „Gawar“ in Vers 24 bedeutet laut Wörterbuch „stark sein“, nicht „stark werden“. Man muss also übersetzen wie die alten Elbefelder: „Und die Wasser hatten Überhand auf der Erde hundertfünfzig Tage.“
Der Text sagt also: Vierzig Tage und vierzig Nächte hat es geregnet, dabei nahmen die Wasser zu. Dann gab es eine Überschwemmung, die 150 Tage andauerte. Erst danach, wie in Kapitel 8 beschrieben, nahmen die Wasser nach und nach ab.
Wer an die Bibel mit der Voreinstellung herangeht, dass sie Widersprüche enthalten muss, findet sie auch ständig. Dann ist man aber nicht mehr bereit, sich zu überlegen, ob es eine Lösung gibt. Deshalb kommen viele gar nicht auf die Lösung.
Scheinbare Widersprüche zwischen angeblichen Dokumenten lösen sich durch gründliches Bibelstudium.
Weitere Kritikpunkte an der Bibelkritik
Ein weiterer Punkt ist, dass in der Bibelkritik oft westliches Denken vorherrscht. Man hat dabei wenig Verständnis für orientalische Texte.
Das Hebräische weist eine besondere Eigenart im Aufbau der Sprache auf. Man kann dort keine Nebensätze bilden, wie wir das im Deutschen tun. Zum Beispiel: „Fritz ging aus dem Hause hinaus, nachdem er zuvor noch seine Sachen geholt hatte, wobei er noch seine Mutter fragte.“ Diese Verschachtelung kennen wir im Deutschen.
Im Hebräischen werden in der Erzählung die Verben einfach immer mit „und“ verbunden. So sagt man: „Hans ging aus dem Haus hinaus, und er hatte die Sachen geholt, und er fragte seine Mutter.“ Man nennt das einen parataktischen Aufbau. Das hängt mit der Struktur der Sprache zusammen.
Diese Struktur ermöglicht es vielmehr, Texte auseinanderzunehmen. Weil jeder Satzteil für sich steht, kann man das im Hebräischen viel einfacher tun als im Deutschen. Doch man hat hier oft zu wenig Sinn für das typisch Hebräische.
In der ganzen Angelegenheit gab es keine objektiven Beweise, also keine außerbiblischen Inschriften. Man hatte auch nie irgendwelche javistischen oder elohistischen Fragmente gefunden – keine Spur! Es gibt also keine objektiven Beweise.
Man kann sagen, dass das Vorgehen in der Bibelkritik oft desintegriert ist. Man geht an die Bibel heran und nimmt an, dass es Widersprüche gibt. Dabei sucht man nicht nach Zusammenhängen und Linien, sondern will das Ganze zerreißen. Das ist ein Kreisdenken.
Wenn ich an die Bibel herangehe und sage, es gibt verschiedene Quellen, und dann alles auseinanderreiße, um zu beweisen, dass es verschiedene Quellen gibt, so ist das ein sich selbst bestätigender Zirkel.
Ein wichtiges Argument im 19. Jahrhundert gegen die mosaische Verfasserschaft war die Behauptung, damals hätte man noch gar nicht schreiben können. Die Israeliten seien zu primitiv gewesen, um die fünf Bücher Mose zu verfassen.
Im gleichen Jahrhundert wurden jedoch große Ausgrabungen im Irak gemacht. Teilschrifttafeln kamen ans Licht. Außerdem konnte man im 19. Jahrhundert die Hieroglyphenschrift Ägyptens entziffern. Eine ganz neue Welt tat sich auf.
Man stellte nach und nach fest, dass die Schreibkunst schon lange vor Abraham bekannt war – nicht erst vor Mose, sondern schon lange vor Abraham.
Man hätte damals immer noch sagen können: „Ja gut, aber die Keilschrift in Babylonien war eine Silbenschrift.“ Das heißt, ein Zeichen steht für eine Silbe. Man muss etwa sechshundert Zeichen kennen, um Texte lesen und schreiben zu können. Ähnlich war es in Ägypten.
Die ägyptische Schrift besteht aus Zeichen, die ganze Wörter, Silben oder einzelne Konsonanten bedeuten. Im Text ist das durchgemischt. Man muss etwa sechshundert Zeichen kennen, um Texte lesen zu können.
Die Bibel hingegen wurde in einer Buchstabenschrift geschrieben, mit etwas mehr als zwanzig Buchstaben.
Man hätte also immer noch sagen können: „Ja gut, aber zur Zeit von Mose gab es die Buchstabenschrift noch nicht.“ Man müsse noch etwas abwarten. Doch die Archäologie ist immer weiter zurückgegangen.
Archäologische Funde und die Buchstabenschrift zur Zeit Mose
Die Buchstabenschreibkunst war bereits in der Zeit von Mose bekannt. Immer wenn ich eine Gruppe nach Israel führe und mit ihnen ins Israelmuseum gehe, zeige ich ihnen dort die großartigen Funde. Das Israelmuseum ist natürlich das erstklassigste Museum für biblische Archäologie. Dort sind die bedeutendsten Originalfunde aus vergangenen Zeiten zu sehen.
Besonders zeige ich immer den Geser-Scherben. Es ist einfach ein Stück Scherben, aber ein sehr wertvolles Stück. Ich wünsche mir, ich hätte es zu Hause. Der Scherben stammt aus dem siebzehnten Jahrhundert vor Christus, und darauf stehen nur drei Buchstaben, die man als "Kaleb" lesen kann. Das ist die älteste datierte Inschrift.
Es gibt zwar noch ältere, aber nicht genau datierte Inschriften in der Sinaiwüste. In Serabit el-Chadim, einem antiken Ausgrabungsort für Bodenschätze, haben Kanaaniter gearbeitet. Sie haben dort in kanaanitischer, ich möchte sagen hebräischer Schrift, Dinge in die Felsen eingeritzt. Diese Inschriften stammen schätzungsweise aus der Mitte des zweiten Jahrtausends vor Christus, also etwa aus der Zeit von Mose. Eine genaue Datierung ist hier jedoch nicht möglich.
Der Geser-Scherben hingegen wurde auf das siebzehnte Jahrhundert vor Christus datiert. Er wurde im Land Israel gefunden – nicht im Libanon, nicht in Jordanien, nicht im Irak, sondern in Israel. Dort findet man den ältesten Hinweis auf die Buchstabenschrift. Das war eine sensationelle Entdeckung.
Die Buchstabenschrift vereinfachte vieles so sehr, dass selbst Kinder lesen können. Früher war das alles mit Keilschrift und Hieroglyphenschrift eine Angelegenheit von Berufsleuten, also professionellen Schreibern. Doch nun wurde es plötzlich möglich, mit wenigen Buchstaben zu schreiben, anstatt mit sechshundert Zeichen.
Das erleben wir auch bei unseren Kindern: Manche lernen schon vor der Schule lesen und schreiben. Es ist so einfach zu schreiben! Deshalb war die Erfindung der Buchstabenschrift so bedeutend. Diese wichtige Erfindung wurde von Anfang an in der Bibel verwendet.
Darin liegt ein Programm: Gott möchte sein Wort den Menschen weitergeben – nicht nur bestimmten Berufsständen oder professionellen Spezialisten, sondern auch Kindern. Kinder können diese Buchstabenschrift lernen! Darin steckt bereits ein göttliches Programm: Die Bibel ist nicht nur für alle Völker bestimmt, sondern auch für alle Altersklassen und Menschengruppen.
Schriftliche Überlieferung im Alten Orient und Bundesschlüsse
Ein weiterer Punkt ist die Bedeutung der Entdeckungen im Irak und in Ägypten. Dort zeigt sich, dass die Schreibkunst bis in die Zeit nach der Sintflut zurückreicht. Man hat festgestellt, dass die semitischen Völker stark von schriftlicher Überlieferung geprägt waren und nicht von mündlicher Tradition.
All diese Inschriften aus Sumerien, dem Südirak, Babylonien, Assyrien, dem Nordirak, Israel und anderen Regionen machen deutlich, dass die semitischen Völker nicht daran interessiert waren, wichtige Dinge mündlich von Generation zu Generation weiterzugeben, sondern schriftlich.
Schon die alten Babylonier haben beim Abschreiben wichtiger Tafeln Sicherheiten eingebaut. Zum Beispiel zählten sie die Zeilen, um zu verhindern, dass der Abschreiber beim Kopieren aus Versehen eine Zeile überspringt oder vergisst. So konnte der Abschreiber die Zeilen genau wiedergeben und mit dem Auszählen kontrollieren. Das ist eine ganz andere Vorgehensweise.
Im Vergleich dazu konnten die Helvetier damals nicht schreiben. Und die Barbaren weiter nördlich, die Germanen, überlieferten ihre Geschichten mündlich. Das älteste Schriftstück in deutscher Sprache ist das Nibelungenlied, das etwa um 700 nach Christus entstanden ist. In unserer Kultur wurden viele Dinge mündlich weitergegeben, aber das galt nicht für den Nahen Osten.
Auch die Babylonier gaben ihre wichtigen Texte sehr getreu weiter. Man hat zum Beispiel Keilschrifttafeln gefunden, die denselben Text mit einem Abstand von etwa tausend Jahren enthalten. Dabei stellte man fest, dass der Text über tausend Jahre hinweg exakt kopiert wurde.
Die Hebräer, Juden und Israeliten sind Semiten. Für sie war es, ganz unabhängig vom Glauben, kulturell sehr wichtig, wichtige Dinge schriftlich weiterzugeben und nicht mündlich. Die gesamte mündliche Überlieferung, die man manchmal als "Oraltradition" bezeichnet, kann man getrost vergessen. Sie entspricht nicht den Tatsachen im Alten Orient.
Weiterhin hat man die Bundesschlüsse entdeckt, wie sie in 1. Mose 17 beschrieben sind. Dort schließt Gott einen Bund mit Abraham. Auch das fünfte Buch Mose ist eine Bundesbestätigung. Am Ende der Wüstenwanderung schließt Mose mit der jungen Generation Israels, die ins Land ziehen soll, einen Bund.
Das fünfte Buch Mose ist also ein Bundesbuch. Die Art und Weise, wie dieses Bundesbuch aufgebaut ist, und der Bundesschluss in 1. Mose 17 entsprechen genau den Bundesschlüssen um 1500 vor Christus.
Man hat hethitische Inschriften gefunden, die zeigen, wie die Hethiter Bündnisse im Nahen Osten in der Mitte des zweiten Jahrtausends vor Christus schlossen. Dabei folgt das Bundesschema einem bestimmten Muster. Dieses Muster findet sich genau so auch in 1. Mose 17. Das fünfte Buch Mose ist ebenfalls nach dem hethitischen Bundesschlussschema aufgebaut.
Wie sollen diese Texte dann aus der Mitte des ersten Jahrtausends vor Christus stammen? Ein Schlaumeier könnte sagen, dass man vielleicht auch im ersten Jahrtausend vor Christus manchmal noch Bündnisse so schloss, auch wenn das nicht mehr üblich war. Doch die Hethiter als Volk sind am Ende des zweiten Jahrtausends vor Christus untergegangen, und damit auch ihre Art der Bundesschlüsse.
Es passt einfach nicht, die Texte aus einer späteren Zeit zu datieren. 1. Mose 17 und das fünfte Buch Mose gehören in die Zeit des zweiten Jahrtausends vor Christus.
Hier verweise ich auf Külling und Kitschen in der Bibliographie. Külling hat in seiner Doktorarbeit die Datierung der Genesis-P-Stücke behandelt und geht dabei intensiv auf 1. Mose 17 ein. Kitschen, K. A., behandelt in seinem Buch "Ancient Orient and Old Testament" die Bundesschlüsse und zeigt, dass die sogenannte Quellenentscheidungstheorie Unsinn ist.
Noch eine Erklärung zu Kitschen: Er ist heute der anerkannte Ägyptologe schlechthin, einer der führenden weltweit. Er ist gläubig und hat als Altorientalist dieses Buch geschrieben. Er sagt, dass die Theologen im 19. Jahrhundert Schreibtischtheorien entwickelt haben, ohne das Material zu berücksichtigen, das wir im Nahen Osten gefunden haben. Hätten sie das getan, wären sie nie auf diese Ideen gekommen.
Kitschen führt in seinem Buch Beispiele an: In Ägypten wurden Texte gefunden, bei denen man weiß, dass sie von einem einzigen Autor stammen. Dort findet man verschiedene Götternamen für denselben Gott. Das kann unmöglich von zwei Quellen stammen.
Außerdem findet man ein bestimmtes Schema: Ein Thema wird zunächst im Überblick beschrieben und dann in einem zweiten Abschnitt noch einmal detailliert behandelt. Genau so ist es auch bei 1. Mose 1 und 2. Kapitel 1 gibt die Übersicht, Kapitel 2 geht auf Details ein und nimmt Bezug auf Kapitel 1.
Dieses Schreibschema war im Nahen und Mittleren Osten üblich. Die Theologen haben das alles nicht berücksichtigt.
Kritik am Umgang mit Quellen und Widersprüchen in der liberalen Theologie
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Quellen oft nicht ernst genommen werden und man ihnen Betrug unterstellt. In der Geschichtswissenschaft und Archäologie geht man grundsätzlich davon aus, dass ein gefundener Text glaubwürdig ist. Das entspricht dem Prinzip „in dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklagten –, wie es auch vor Gericht gilt. Man darf nicht vorverurteilen. Wenn man jemanden als Zeugen in Frage stellt, muss man den Beweis dafür erbringen.
So verfährt man auch in der Geschichtswissenschaft: Man nähert sich den Quellen zunächst mit einer positiven Haltung. Das ist der übliche Umgang. Nur die Theologen – insbesondere die liberalen Theologen – handhaben das anders. Sie erlauben sich etwas, was in anderen Wissenschaftszweigen niemals akzeptabel wäre. Aus diesem Grund habe ich geschrieben, dass ein solches Vorgehen in der Geschichtswissenschaft und Archäologie nicht erlaubt ist.
Ein weiterer Punkt betrifft die verschiedenen liberaltheologischen Schulen, die sich gegenseitig widerlegen. Das wurde in den über 250 Jahren Geschichte der Bibelkritik eindrücklich gezeigt.
Dann zum drittletzten Punkt, den ich bereits erläutert habe: Es wurden nie irgendwelche Quellen wie JEDP gefunden.
Der zweitletzte Punkt betrifft die liberaltheologische Geschichtsdarstellung Israels. Sie steht im Widerspruch zur Archäologie und zu den Fakten der Altorientalistik. Die Geschichte wurde einfach revidiert – ähnlich wie es die Kommunisten getan haben. Dort, wo die Geschichte nicht passte, wurde sie verdreht. Wer aus Osteuropa oder Russland kommt, kennt das aus eigener Erfahrung.
Genau dasselbe ist in der liberalen Theologie mit der biblischen Geschichte geschehen. Das, was dort dargestellt wird, widerspricht völlig dem, was man im Nahen Osten ausgräbt.
Schließlich ein ganz wichtiger Punkt: Der übernatürliche Ursprung des Pentateuch ist durch erfüllte Prophetie belegt. Nehmen wir zum Beispiel 5. Mose 28,64. Dort sagt Mose: Wenn ihr, Volk Israel, euch nicht an Gottes Gebote haltet, werden alle diese Gerichte über euch kommen. Vers 64 ist nur ein Beispiel von vielen.
Dort heißt es: „Der Herr wird dich unter alle Völker zerstreuen, von einem Ende der Erde bis zum anderen.“ Wann sind die Juden über die ganze Welt zerstreut worden? Ab dem Jahr 70 nach Christus. Zu diesem Zeitpunkt war der Pentateuch, nach den Kritiken, schon längst zusammengestellt, angeblich als Fälschung.
Ab dem Jahr 70 wurde diese Prophezeiung erfüllt. In einem jahrhundertelangen Prozess wurden die Juden aus ihrem Land herausgerissen und über alle fünf Kontinente zerstreut. Dort wurden sie ständig verfolgt, wie es in Vers 65 heißt: „Unter jenen Nationen wirst du nicht rasten, und deine Fußsohle wird keine Ruhestätte finden.“ Der Herr wird dir dort ein zitterndes Herz geben, erlöschende Augen und verschmachtende Seele.
Dreizehn Millionen Tote und das jüdische Volk, über alle fünf Kontinente zerstreut, wurden über zweitausend Jahre lang gehasst und verfolgt.
Wenn man weiterliest, könnte man meinen, der Text stamme von jemandem, der in den Konzentrationslagern des Dritten Reichs zur Zeit Hitlers geschrieben hat. In Vers 66 heißt es: „Und dein Leben wird schwebend vor dir hängen, und du wirst dich fürchten Nacht und Tag und deinem Leben nicht trauen. Am Morgen wirst du sagen: Wäre es doch Abend, und am Abend wirst du sagen: Wäre es doch Morgen, wegen der Furcht deines Herzens, womit du dich fürchten musst, und wegen des Anblicks deiner Augen, den du erblicken wirst.“
Das ist genau Auschwitz.
Und das fünfte Buch Mose soll eine Fälschung sein, eine Lüge? Wie konnte dann dieser vermeintliche Lügner die Zukunft so präzise bis ins zwanzigste Jahrhundert beschreiben? Das kann kein Mensch als Autor gewesen sein, sondern nur Gott, Yahweh, der ewig ist und über Zeit und Raum steht.
Solche Prophetien finden wir nur in der Bibel und in keiner anderen Religion.
Wie hat die Bibelkritik begonnen? Man sagte: Gott gibt es, aber es gibt keinen Gott, der zu den Menschen spricht und sich durch sein Wort offenbart. Gerade die erfüllte Prophetie, beginnend mit dem Pentateuch, erschüttert diese ganze philosophische Grundlage.
Es stimmt einfach nicht, was die Aufklärer behauptet haben: Es gibt kein Wort Gottes, keine echte Prophetie.
Das wurde auch so verfolgt. Warum hat man Jesaja in mehrere Quellen aufgespalten? Ich habe das schon erklärt. In Kapitel 44 wird der König Kyros von Persien vorausgesagt, der die Juden aus der Gefangenschaft zurückkehren lässt und den Tempel sowie die Stadt wieder aufbauen lässt.
Die Kritiker sagten: Das ist unmöglich. Jesaja konnte das um 720 v. Chr. nicht geschrieben haben, weil das erst 538 v. Chr. geschah. Wie kann man 170 Jahre im Voraus eine solche Prophetie machen und dann noch den Namen des Mannes nennen?
Das geht nicht! Also müsse ein anderer diese Stelle später geschrieben haben. Er habe es so verfasst, als wäre es eine Prophetie, und sie Jesaja zugeschrieben, um den Leuten zu zeigen: Seht, wir haben alles vorausgesagt, und jetzt ist es eingetroffen.
Sie sagen also, echte Prophetie sei unmöglich. Deshalb müsse es eine spätere Quelle sein.
So haben sie immer wieder gearbeitet. Aber wir können ihnen immer wieder zeigen: Halt, die Prophetie hat sich erfüllt – und zwar über die Zeit hinaus, obwohl man das Alter der Texte um tausend Jahre nach unten korrigieren wollte.
Das fünfte Buch Mose kann man nicht ins zwanzigste Jahrhundert versetzen, das geht nicht.
Wir können sagen: Die Prophetie geht weiter bis in unsere Zeit und erfüllt sich ganz genau. Damit wird eure materialistische, gottlose Philosophie in ihren Fundamenten erschüttert.
Wir bauen auf Fakten auf, aber ihr müsst die Augen vor diesen Fakten verschließen.
Damit sind wir am Ende – oder besser gesagt, die Bibelkritik ist am Ende. Wir sind am Schluss.
