Einführung in die Errettung und das Erbe der Heiligen
Wir fahren mit Vers 12 fort. Im Skript habe ich dazu vermerkt: Durch die Errettung wurden die Gläubigen passend gemacht für das Erbe der Heiligen im Licht.
Dieses Erbe soll sie zur Anbetung des Vaters führen. Bereits in Vers 5 wurde von dieser Hoffnung gesprochen, die im Himmel aufbewahrt ist. Nun erfahren wir, dass dieses Erbe als „das Erbe der Heiligen im Licht“ bezeichnet wird.
Paulus sagt, dass der Vater uns durch die Errettung fähig gemacht hat, daran Anteil zu haben. Das ist ein Grund zur Anbetung und zum Danksagen an den Vater.
Die Errettung aus dem Reich der Finsternis
Weiter wird in Vers 13 erklärt, was mit der Errettung des einzelnen Menschen geschieht.
Der Errettete wird aus dem Königreich der Schlange, aus dem Reich Satans, herausgerettet. Er wird in einen ganz neuen Herrschaftsbereich versetzt, nämlich in das Königreich des Sohnes seiner Liebe.
Ich lese nochmals vor: Der uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis – das ist das Reich der Schlange, das Reich Satans – und versetzt hat in das Reich. Im Griechischen steht hier Basileia, was eigentlich Königreich bedeutet.
Wenn im Neuen Testament von einem Reich die Rede ist, könnte man immer Königreich einsetzen, weil in Basileia das Wort Basileus enthalten ist. Basileus bedeutet König, Basileia heißt Königreich.
Es ist hier also das Königreich des Sohnes seiner Liebe.
Die Bedeutung der griechischen Zeitformen im Errettungswerk
Und nun ist etwas ganz Wichtiges zu beachten: Der Apostel Paulus verwendet hier Zeitformen im Aorist. Es ist sehr wichtig, dass man ein wenig Ahnung von den Besonderheiten des griechischen Verbalsystems hat.
Im Griechischen werden nicht nur Zeiten wie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ausgedrückt – das habe ich heute schon erwähnt – sondern auch Aspekte. Das ist etwas, das wir im Deutschen nicht haben. Für Deutschsprachige ist das fremd und muss richtig gelernt werden.
Es gibt im Griechischen den Aspekt des Punktuals, des Durativs und des Resultativs. Der Punktual beschreibt eine Handlung als Akt, also als punktuelles Ereignis. Diese Zeitform benutzt man im Griechischen, wenn man eine Geschichte erzählt. Zum Beispiel: „Am Morgen ging er in den Wald. Er nahm seine Axt, schlug einen Baum und trug ihn danach nach Hause.“ So erzählt man. Dabei würde man jedes Mal einen Aorist verwenden. Es wird also ausgedrückt: Das geschah, das geschah, das geschah.
Wenn man hingegen einen Durativ verwenden würde, wäre das im Deutschen etwa so: „Ich war am Lesen, und da läutet das Telefon.“ Man merkt, ich war am Lesen. So beschreiben wir im Deutschen etwas Fortdauerndes. Im Griechischen gibt es dafür eine feste Verbform, die das ganz einfach ausdrückt. Im Deutschen müssen wir das irgendwie umschreiben.
Das kann man also so ausdrücken: „Ich war am Lesen.“ Das drückt das Fortdauernde aus. Dann beginnt plötzlich punktuell das Telefon zu läuten. Das wäre dann Aorist.
Jetzt ist es hier wichtig: „Der uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis“ – das ist ein Aorist. Es handelt sich um eine abgeschlossene Handlung in der Vergangenheit, keinen Prozess. Langsam wird der Gläubige zwar immer mehr aus dem Reich Satans herausgeführt und befreit, aber hier ist etwas abgeschlossen.
Es gibt ja ganz verheerende Dinge: Leute gehen in die Seelsorge, Dämonen werden ausgetrieben, dann kommen sie wieder, dann wieder ein bisschen mehr, und es bleibt immer noch etwas. Da soll noch mehr ausgetrieben werden – wie bitte?
„Der uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis“ – im Glauben darf man das in Anspruch nehmen. Ich habe mich bekehrt, und damit hat Satan kein Anrecht mehr auf mich. Natürlich versucht er, mich zurückzuholen und zu Fall zu bringen, aber er hat kein Anrecht mehr.
Ich bin errettet aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe. Das ist also kein Prozess, sondern etwas, das geschehen ist. Es ist eine abgeschlossene Handlung, eine vollzogene Realität. Ganz wichtig!
Man kann sich Psalm am Rand einschreiben: „Er rettet“ – Aorist, mit einem Punkt kann man das symbolisieren – und „versetzt hat“, auch Aorist, ein Punkt, punktuelle Handlung.
Solche Feinheiten sind natürlich ganz entscheidend wichtig, um die Bibel richtig zu verstehen.
Die Bedeutung des Durativs und die Herausforderung des Griechischlernens
Darum ist es auch wichtig, zum Beispiel den Durativ zu verstehen. Kürzlich habe ich in einem anderen Video 1. Johannes 1,9 erklärt: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“
Hier finden wir einige Durative. Wenn wir immer wieder unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden immer wieder vergibt und uns immer wieder reinigt von aller Ungerechtigkeit. Das drückt aus, dass wir jedes Mal, wenn Sünde in unser Leben eingetreten ist und ich sehe, dass ich versagt habe, dies dem Herrn bekennen dürfen.
Manchmal denkt man vielleicht: „Jetzt vergibt er wahrscheinlich nicht mehr, das war schon zum wiederholten Mal.“ Nein! Wenn wir unsere Sünden immer wieder bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns immer wieder vergibt und immer wieder reinigt. Das ist der Durativ.
Da fragt man sich: Soll ich nicht vielleicht doch Griechisch lernen? Das Problem ist aber, dass das nicht richtig funktioniert, wenn man nur halb Griechisch gelernt hat. Diejenigen, die nur halb Griechisch gelernt haben, sind oft die gefährlichsten. Das sind wahrscheinlich manche im Internet, die mit Griechisch operieren und so weiter, aber es nur halb gelernt haben. Sie behaupten Dinge, die einfach nicht haltbar sind und nicht stimmen.
Also, wenn schon, dann muss man es ganz gründlich lernen und nicht nur halbherzig. Das können nicht alle, das ist ja klar. Aber es gibt eine Bibelausgabe von Gleason Archer – man spricht den Namen wirklich „Archer“ aus, aber schreibt ihn A-R-C-H-E-R. Gleason Archer, The Discovery Bible.
Das ist eine Bibelausgabe des Neuen Testaments, und bei jedem Verb zeigt er mit einem Symbol an, ob es sich um einen Punktual-, Durativ- oder Resultativ-Aspekt handelt. Wunderbar, nicht wahr?
Was er auch noch macht, ist, dass er zeigt, welche Wörter in einem Satz betont sind. Das Griechische ist eben so reich an Formen. Ich habe schon gesagt: Allein das Verb hat im Altgriechischen 450 Formen. Wenn man bedenkt, im Schweizerdeutschen haben wir etwa zwanzig Formen, im Hochdeutschen ein bisschen mehr, ungefähr dreißig. Aber im Griechischen sind es 450. Das ist schon Wahnsinn.
Man fragt sich, warum Gott eben nicht Schweizerdeutsch als Grundtext des Neuen Testaments genommen hat. Ja, alle Sprachen sind fähig, die Bibel in sie zu übersetzen, aber die Präzision des Ausdrucks im Griechischen ist einfach fantastisch. Das Altgriechische ist die komplizierteste europäische Sprache, die wir kennen.
Ich muss sagen, es ist die komplizierteste indoeuropäische Sprache, denn Ungarisch und Finnisch haben schon unglaubliche Formen, aber das sind keine indoeuropäischen Sprachen, sondern eine ganz andere Sprachfamilie.
Das hat einen Grund, warum Gott eben diese Sprache für die Präzision der Lehre im Neuen Testament gewählt hat. Weil es so viele Formen gibt, kann man auch sehr stark im Satzbau spielen: Wann ein Wort vorhersteht oder nachher in einer anderen Reihenfolge steht. So kann man feine Nuancen ausdrücken.
Das wird jetzt gerade für uns sehr wichtig sein, um die Betonung im folgenden Text gut zu verstehen. Darauf kommen wir noch. In dieser Discovery Bible sind auch die betonten Wörter im Satz speziell hervorgehoben. Das ist sehr wichtig, auch beim Vorlesen der Bibel.
Das Vorlesen ist ganz entscheidend, damit man die Bibel versteht. Wenn man falsch betont, verhüllt das irgendwie den Sinn und die Bedeutung.
Vielleicht erinnert man sich: Als ich am Anfang vorgelesen habe, habe ich mir Mühe gegeben, zum Beispiel ab Vers 16: „Denn durch ihn sind alle Dinge geschaffen worden, die in den Himmeln und die auf der Erde, die sichtbaren und die unsichtbaren, es seien Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten. Alle Dinge sind durch ihn und für ihn geschaffen, und er ist vor allen, und alle Dinge bestehen zusammen durch ihn. Er ist das Haupt des Leibes, der Gemeinde, der Anfang ist, der Erstgeborene aus den Toten, damit er in allem den Vorrang habe. Denn es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in ihm zu wohnen und durch ihn alle Dinge mit sich zu versöhnen, indem er Frieden gemacht hat durch das Blut seines Kreuzes, durch ihn, es seien die Dinge auf der Erde oder die Dinge in den Himmeln.“
Diese Wörter, die ich jetzt ein bisschen übertrieben betont habe, sind im Griechischen betont. Wenn man das weiß, sieht man, dass es um Jesus Christus und sein einzigartiges Wesen geht.
Darum ist in diesem ganzen weiteren Abschnitt so zentral, was in Vers 18 am Schluss steht: „Damit er in allem den Vorrang habe.“ Hier wird eben diese kolossale Größe vorgestellt, im Kolosserbrief.
Die Erlösung und Vergebung in Christus
Ja, und wie kommt es dazu? Wir sollen dem Vater danken, dass er uns errettet hat, indem er uns aus dem Reich der Finsternis herausgenommen und in das Reich des Sohnes seiner Liebe versetzt hat.
Dabei wird betont, dass wir in diesem Sohn seiner Liebe die Erlösung und die Vergebung der Sünden haben. Denn der Sohn ist in die Welt gekommen und hat das Erlösungswerk am Kreuz vollbracht. Deshalb besitzen wir die Erlösung und auch die Vergebung der Sünden in ihm.
Ohne das Erlösungswerk des Sohnes am Kreuz gäbe es keine Vergebung und keine Erlösung.
Wir haben gesehen, dass Jesus in Vers 13 als „der Sohn seiner Liebe“ bezeichnet wird. Diese Formulierung würden wir im Deutschen normalerweise nicht so verwenden. Die natürliche Sprache im Deutschen wäre eher „in das Reich seines geliebten Sohnes“.
Aber wir würden nie auf die Idee kommen, in einem Buch oder Text zu schreiben „der Sohn seiner Liebe“. Warum schreibt Paulus also so?
Hebraismen und die besondere Sprachwahl im Neuen Testament
Das ist aus dem Hebräischen. Im Hebräischen gibt es erstaunlich wenig Adjektive. Adjektive sind Eigenschaftswörter wie gut, schön, lieblich, gerecht und so weiter. Im Hebräischen gibt es davon relativ wenige. Deshalb drückt man Eigenschaften in dieser Sprache anders aus, wenn gewisse Möglichkeiten fehlen.
Man macht das zum Beispiel so, dass man im Genitiv ein Hauptwort anhängt. Zum Beispiel „der Sohn der Liebe“ – das bedeutet dann „der geliebte Sohn“. Oder wie Paulus sagt in Hebräer 1,2, dass der Herr Jesus alle Dinge trägt durch das Wort seiner Macht. Auf Deutsch klingt das durchaus mächtig. Im Hebräischen sagt man jedoch oft „Wort“ und dann „Macht“ im Genitiv angehängt als Nomen. Das bedeutet dann „das mächtige Wort“. Das ist eine typische hebräische Ausdrucksweise.
Im Griechischen gibt es dagegen viele Adjektive. Trotzdem finden sich im Neuen Testament viele solche Ausdrücke, die auf Hebräisch typisch wären. Das Neue Testament ist voll von sogenannten Hebraismen. Hebraismen sind Ausdrücke, die eigentlich typisch hebräisch sind, aber im Deutschen oder Griechischen verwendet werden.
Im Deutschen ist das ähnlich. Schon als Kind habe ich manchmal gesagt: „Das sagt man doch nicht so auf Deutsch!“ Das lag daran, dass ich gewisse Galizismen verwendete. Ein Galizismus ist ein Ausdruck aus der französischen Sprache. Die Muttersprache meiner Mutter war nämlich Französisch. So habe ich im Deutschen bestimmte Wendungen verwendet, und andere Kinder haben mich darauf aufmerksam gemacht, dass man das so nicht sagt. Das war also von meiner Herkunft beeinflusst.
Der Apostel Paulus hätte es auch anders ausdrücken können. Aber man empfand diese Sprache als besonders würdig. Das merkt man auch im Deutschen, wenn man Bibeltexte liest. Zum Beispiel: „Er rettet, der uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe.“ Das klingt erhabener, als einfach zu sagen „in das Reich seines geliebten Sohnes“. Das Nomen „Liebe“ verstärkt das Wort noch mehr als ein Adjektiv es könnte.
Darum heißt es auch in Hebräer 1,2: „Der Jesus trägt alle Dinge durch das Wort seiner Macht“ – nicht einfach „das mächtige Wort“, sondern „das Wort seiner Macht“. Im Neuen Testament sieht man also die Bemühung, eine würdige Sprache zu verwenden, wenn man über den Herrn Jesus spricht.
Das steht im Gegensatz zu mancher Sprache, die manche Jugendpastoren verwenden. Diese sprechen flippig und flapsig, um dadurch einen Teil der Jugend anzusprechen. Aber die Bibel spricht nie flippig oder flapsig, sondern würdig und doch verständlich.
Das Griechisch des Neuen Testaments ist nämlich kein klassisches Griechisch der Gelehrten. Diese orientierten sich am sogenannten attischen Griechisch. Das Koine-Griechisch war dagegen die Alltagssprache, die auch einfache Leute auf der Straße sprachen. Die Sprache des Neuen Testaments ist also eher einfach.
Das bedeutet, das Neue Testament im Griechischen zu lesen ist im Allgemeinen weniger schwierig als philosophische Schriften von Platon oder Aristoteles. Gott wollte alle Menschen erreichen, auch die einfachen. Trotzdem ist die Sprache niemals, auch nur im Anschein, unwürdig.
Die verschiedenen Wörter für Liebe im Neuen Testament
Ein weiteres Beispiel: Im Neuen Testament gibt es verschiedene Wörter für Liebe. Dazu gehören Agape, besonders für die Liebe Gottes, und das Wort Philia sowie das Verb Phileo, die freundschaftliche Liebe ausdrücken.
Was man jedoch im Neuen Testament nie findet, ist das Wort Eros. Bei den alten Griechen bedeutete Eros „Liebe“ – und zwar im guten Sinn des Wortes, aber auch bis hin zur perversen Bedeutung. Mit diesem Wort war also alles möglich. Es war an sich nicht unanständig, sondern richtig gebraucht durchaus anständig. Gleichzeitig konnte es aber auch ganz unanständig sein.
Der Heilige Geist hat dieses Wort im gesamten Neuen Testament nie verwendet. Das liegt einfach daran, dass das Wort belastet war. Erstaunlich ist auch die Geschichte des Wortes Agape. Früher nahm man in der griechischen Sprachwissenschaft an, dass Agape eine Erfindung aus dem jüdisch-christlichen Bereich sei, weil man es in der altgriechischen Literatur nicht fand. Später konnte man jedoch belegen, dass es das Wort auch bei den alten Griechen gab. Es wurde dort aber einfach nicht oft verwendet.
Genau dieses Wort hat der Heilige Geist genommen, um die Liebe Gottes zu beschreiben. Es war ein Wort, das nicht durch einen negativen Gebrauch belastet war. So konnte er es mit der Botschaft von dem Gott füllen, der rein, heilig und gerecht ist und eine ewige Liebe hat.
Auf diese Weise wurde Agape zu einem ganz wichtigen Hauptwort im Neuen Testament, eben weil es unbelastet war. Wir sehen also: Die Wortwahl und die Sprache sind nicht dem Zufall überlassen, sondern haben alle ihre Bedeutung.
Das Bild des unsichtbaren Gottes und die Unzugänglichkeit Gottes
Ja, jetzt gehen wir weiter, Vers 15: Von diesem geliebten Sohn, durch den wir die Erlösung haben, die Vergebung, heißt es dann in Vers 15, dass er das Bild des unsichtbaren Gottes ist, der Erstgeborene aller Schöpfung.
Das Bild des unsichtbaren Gottes – wir müssen uns Folgendes vor Augen halten: In 1. Timotheus 6 wird uns erklärt, dass Gott unsichtbar ist. Dort heißt es in Vers 15: „Der selige und alleinige Machthaber, der König der Könige und Herr der Herren, der allein Unsterblichkeit hat, der ein unzugängliches Licht bewohnt, den keiner der Menschen gesehen hat noch sehen kann, dem Ehre sei und ewige Macht, Amen.“
Hier wird ganz klar gesagt, dass Gott nicht gesehen werden kann. Das war früher so und wird auch in alle Ewigkeit so bleiben.
Jetzt haben wir ein Problem: Im Alten Testament gibt es doch viele Stellen, an denen Menschen Gott gesehen haben. Zum Beispiel Jesaja 6: Im Todesjahr des Königs Usija sah ich den Herrn auf hohem und erhabenem Thron, und Seraphim standen über ihm. Dann wird gesagt, sie sprechen: „Heilig, heilig, heilig ist der Herr, Yahweh Zebaoth.“ Jesaja erschrickt und sagt: „Ich habe den Herrn Jahweh Zebaoth gesehen.“
Wieso steht dann hier, man kann ihn nicht sehen, und dort hat Jesaja Jahweh gesehen? Wir können viele andere Stellen nehmen, wo Menschen Gott gesehen haben.
Es ist so: Gott in seiner absoluten Gottheit ist für Geschöpfe nicht wahrnehmbar, nicht sichtbar. So muss ich sagen: nicht sichtbar.
In Johannes 1, Vers 18 schreibt Johannes ganz in Übereinstimmung mit dem Apostel Paulus (vgl. 1. Timotheus 6): „Niemand hat Gott jemals gesehen. Der einzige Sohn oder der einzigartige Sohn, der im Schoß des Vaters ist, der hat ihn kundgemacht.“
Dort heißt es also auch, niemand hat Gott gesehen. Trotzdem steht im Alten Testament, dass Gott gesehen wurde.
Wie war das bei dem Vater von Simson? Der Bote des Herrn war erschienen, und er realisierte: „Wir haben Gott gesehen, wir müssen sterben“, weil Gott gesagt hatte, niemand könne ihn sehen und leben (vgl. 2. Mose).
Wie bringen wir das zusammen? Der Faule sagt: „Es ist Widerspruch. Ich habe es ja immer gesagt, die Bibel ist voller Widersprüche.“
Der Fleißige geht dahinter und fragt sich: „Wie muss man das verstehen?“
Da wird klar: Wie war das denn bei Manoa, dem Vater von Simson? Da kam ja ein Mann auf Besuch, zuerst zur Mutter, und hat die Geburt von Simson angekündigt. Die Frau ging dann zu ihrem Mann und besprach alles mit ihm. Es entstand der Wunsch, dass sie beide diesen Boten des Herrn einmal treffen könnten. Und das geschah.
Als dieser Bote dann ein Wunder tat, realisierte Manoa: „Das ist nicht ein Mensch, das ist Gott. Wir haben Gott gesehen, wir müssen sterben.“ Seine Frau sagt: „Nein, nein.“ Sie konnte ihm nicht kompliziert erklären, warum nicht, sondern sagte einfach: „Wenn Gott uns so eben begegnet ist und diesen Plan hat, dann kann es nicht sein, dass er uns sterben lassen will.“
Sie konnte das Problem nicht erklären. Man sieht, wie Frauen manchmal mit dem Herzen mehr verstehen als der Mann mit seinem Verstand. So hat es auch Blaise Pascal gesagt, der Erfinder einer Rechenmaschine und des Pascal-Dreiecks: „Le cœur a des raisons que la raison ne connaît pas.“ Das Herz hat eine Vernunft, die die Vernunft nicht versteht.
Merkt man das? So war das bei ihr, sie hat es verstanden.
Die Antwort ist: Gott kann eine Gestalt annehmen, die erträglich für den Menschen ist. Das begann schon im Garten Eden. Dort hören wir, wie Adam und Eva den Herrn Yahweh im Garten wandeln. Er war also im Garten unterwegs. Ja, aber dann hat er ja Füße – natürlich.
Das war eben dieser Bote des Herrn in Menschengestalt. Und das war immer der Sohn Gottes, denn alle diese Stellen beziehen sich auf Jesus Christus.
Das heißt also: Gott kann eine Gestalt annehmen, die für den Menschen erträglich ist. Und da er in Menschengestalt kam, war das schon ein Hinweis darauf, dass er einmal wirklich Mensch werden würde.
Johannes 1, Vers 14 sagt: „Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, die Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“
Und wie gesagt: „Niemand hat Gott jemals gesehen. Der einzigartige Sohn, der im Schoß des Vaters ist, der hat ihn kundgemacht.“
Das heißt also, Gott offenbart sich den Geschöpfen immer durch den Sohn. Der Sohn kann sich sichtbar machen und damit den dreieinigen Gott sichtbar machen. Darum hat er diesen Namen: „Das Bild des unsichtbaren Gottes.“
Jetzt wird auch klar, warum es so wichtig ist, dass der Herr Jesus sagt in Johannes 14, Vers 6: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich.“
Man kann also nicht zu Gott durch den Vater kommen. Nein, man kann nur durch den Sohn zum Vater kommen.
Wenn man mit jemandem auf der Straße spricht und er sagt: „Na ja, Gott ist für mich okay, aber mit Jesus kann ich nichts anfangen“, dann hat er alles verspielt. Denn nur über den Sohn kann jemand zum Vater kommen, weil Gott sich durch den Sohn offenbart.
Das ist dieses Prinzip: Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes, und darum ist er der Weg zum Vater. Einen anderen Zugang zum dreieinigen Gott gibt es nicht als nur durch ihn.
Darum wird er hier in dieser Größe vorgestellt: der Sohn seiner Liebe, das Bild des unsichtbaren Gottes, ich streiche mir in der Bibel immer alle Namen Gottes an, auch wenn sie Wortketten sind, also „der Sohn seiner Liebe“, „das Bild des unsichtbaren Gottes“ und dann „der Erstgeborene aller Schöpfung“ – und dann kommen Ihre Lehrensagen.
Der Erstgeborene aller Schöpfung und seine Vorrangstellung
Seht ihr, wir haben es immer gesagt: Jehova hat als erste Schöpfung Jesus erschaffen, und dann hat Jesus alles andere erschaffen. Er ist der Erstgeborene aller Schöpfung.
Nun, was bedeutet das? Genau, weiterlesen! Der Erstgeborene aller Schöpfung ist derjenige, durch den alle Dinge geschaffen wurden – die in den Himmeln und die auf der Erde, die sichtbaren und die unsichtbaren. Das wird begründet: Warum ist er der Erstgeborene aller Schöpfung? Weil er die ganze Schöpfung ins Dasein gerufen hat, weil er der Schöpfer ist.
Es ist Folgendes zu beachten: Ich habe auf dem Blatt das Wort „Erstgeborener“ notiert. Das sieht man ganz unten bei Vers 15, der zweite Unterpunkt, der Erstgeborene. Der Ausdruck im Alten Testament für Erstgeborene ist „bechor“.
„Bechor“ bedeutet im Hebräischen erstens „der Erste, der geboren wurde“, also zeitlich. Unser Nathan war unser Erstgeborener, unser Bechor, weil er zuerst geboren wurde in der Familie. Zweitens kann „Bechor“ auch bedeuten „der Vorzüglichste in seiner Art“, nicht zeitlich, sondern im Rang.
Zum Beispiel wird in 2. Mose 4, Vers 22 Israel genannt. Gott sagt zum Pharao: „Lass mein Volk, meinen Erstgeborenen, ziehen!“ Doch Israel ist nicht die erste Nation, die entstanden ist. Es gab schon viele andere Nationen vorher. Man liest in 1. Mose 10 und 11 vom Turmbau und der Verteilung der Völker über die verschiedenen Kontinente. Erst später beruft Gott Abraham, und aus seiner Nachkommenschaft entsteht schließlich das Volk Israel.
Trotzdem nennt Gott Israel „mein Erstgeborener“. Warum? Weil es das auserwählte Volk war und den ersten Rang unter allen Völkern der Welt hatte. Also nicht zeitlich, sondern vom Rang her.
In Psalm 89, Vers 28 sagt Gott: „Ich will ihn zum Erstgeborenen machen.“ Jemand kann also den ersten Platz bekommen, obwohl er zeitlich nicht der Erste ist. Das sehen wir bei Esau und Jakob: Esau war der Erste, aber Jakob bekam das Erstgeburtsrecht und wurde der Bechor, obwohl er der Zweite war.
Das sehen wir an vielen anderen Beispielen: Sem war der Zweite, Ham der Jüngste, Japheth der Älteste. Trotzdem spricht die Bibel oft über Sem, Ham und Japheth, denn über die Linie von Sem sollte die Linie des Messias kommen. Sem bekam das Erstgeburtsrecht.
Bei den Söhnen Jakobs war Ruben der Erstgeborene. Doch weil er sich schwer versündigt hatte, bekam Joseph das Erstgeburtsrecht. Joseph war nicht der Erste, aber er erhielt den ersten Rang. Es war sogar etwas komplizierter: Teile des Erstgeburtsrechts wurden auch noch auf Levi und Juda weitergegeben.
Einfach gesagt: Bechor meint nicht immer das Zeitliche, sondern es geht um den Rang.
Nun zum Erstgeborenen aller Schöpfung: Das bedeutet, er hat den Vorrang in allem, denn er selbst ist der Schöpfer von allem. Er hat den ersten Rang, weil er schon immer da war und die ganze Schöpfung ins Dasein gerufen hat.
Man muss sich vorstellen: Jesus Christus kam als Mensch in diese Welt, reiste umher, und die Menschen beobachteten ihn. Sie dachten, er sei ein gewöhnlicher Mensch, doch in Wirklichkeit war er der Erstgeborene aller Schöpfung. Denn durch ihn ist die ganze Schöpfung ins Dasein gerufen worden. Das ist gemeint.
Ich schreibe auf dem Blatt: Der Herr Jesus ist der Schöpfer der sichtbaren und der unsichtbaren Welt. Das wird auch betont in Johannes 1, Vers 3, Johannes 1, Vers 11, 1. Korinther 8, Vers 16 und Hebräer 1, Vers 2. Verschiedene Stellen betonen, dass Jesus Christus, der Sohn, in der Erschaffung der Welt aktiv war.
Übrigens heißt es in 1. Korinther 8, Vers 16: „Alle Dinge kommen von Gott, dem Vater, durch unseren Herrn Jesus Christus.“ Das heißt, der Vater hat den Ratschluss und die Pläne gefasst, und der Sohn hat sie ausgeführt – und zwar in der Kraft des Heiligen Geistes.
Darum sagt Elihu in Hiob 32: „Der Geist Gottes hat mich gemacht.“ Der Geist Gottes ist Schöpfer, der Sohn ist Schöpfer, der Vater ebenso. Doch der Vater fasst die Pläne, der Sohn führt sie aus in der Kraft des Heiligen Geistes. So war es auch bei der Erlösung.
Gott hat den Ratschluss der Erlösung vor Grundlegung der Welt gefasst (Epheser 1). Der Sohn kam in die Welt und führte sie aus. In Hebräer 9 lesen wir, dass er sich selbst durch den ewigen Geist geopfert hat. Der dreieinige Gott handelt auf diese Weise.
Aber eben: Es ist der Sohn, der es ausgeführt hat. Das wird hier besonders betont. Und zwar ihn, denn durch ihn – nicht durch irgendjemand anders – sind alle Dinge erschaffen worden. Himmlische, irdische, sichtbare und unsichtbare.
Dann werden verschiedene Abstufungen der Rangordnungen in der Engelwelt erwähnt: Es gibt Throne, das sind Thronengel, die wie in Offenbarung 4 um den Thron Gottes sind, Cherubimengel, Herrschaften, Fürstentümer. Zum Beispiel Michael, der Erzengel (Archangelos im Judasbrief), was eigentlich „oberster Fürst“ bedeutet. Er ist der oberste von dieser Abteilung der Fürstentümer.
Dann gibt es noch eine weitere Ordnung: die Gewalten.
Und schließlich wird gesagt: Alle Dinge sind durch ihn und für ihn geschaffen.
Die Schöpfung in ihm, durch ihn und für ihn
Jetzt muss ich erklären, dass im Vers sechzehn am Anfang drei verschiedene Dinge stehen. Es heißt: „Denn durch ihn sind alle Dinge geschaffen.“ Im Griechischen steht wörtlich „in ihm“ und dann „durch ihn“. Das bedeutet „in“, „durch“ und „für“ ihn.
Wenn gesagt wird „in ihm geschaffen“, heißt das, dass er es in der Kraft seiner eigenen Person getan hat. Wird „durch ihn“ mit dem griechischen Wort „dia“ verwendet, bedeutet das, dass er auch persönlich der Ausführende war. „Für ihn“ bedeutet, dass alles zu seiner Ehre geschieht.
Jetzt verstehen wir auch, was Sünde ist. Das griechische Wort „hamartia“ bedeutet eigentlich „Zielverfehlung“. Im Griechischen kann das Wort „sündigen“ auch so verstanden werden wie ein Schütze, der mit dem Pfeilbogen daneben schießt und das Ziel verfehlt.
Wenn unser Leben und das, was wir tun und denken, nicht zur Ehre des Sohnes Gottes ist, dann sündigen wir. Wir schießen an ihm vorbei, am Ziel vorbei.
So wird hier die Größe des Sohnes Gottes als Schöpfer dargestellt: in ihm, durch ihn und für ihn.
Die Ewigkeit und Vorrangstellung Christi
Vers 17: Und er ist vor allen – dass „er ist“ betont wird, zeigt die Elberfelder CSV korrekt durch den kursiven Druck von „er“, um diese Betonung hervorzuheben: nicht „ein anderer“, sondern „er ist vor allen“. Grammatikalisch erscheint das im Deutschen jedoch ungewöhnlich. In der Schule würde man sagen, das sei falsch. Es müsste doch heißen: „er war vor allen“, nicht „er ist vor allen“.
Das Deutsche wurde im Laufe der Zeit stark systematisiert. Dazu haben der Duden und das Schulsystem beigetragen, indem sie die Sprache in ein gewisses Korsett zwangen. Schon als Kinder lernten wir, dass Aufsätze nicht mit „und“ beginnen dürfen. Das wurde uns immer wieder angestrichen, bis wir es verinnerlicht hatten: Ein Satz darf nicht mit „und“ anfangen. Ebenso gilt das für „dann, dann, dann“ – das ist kein korrektes Deutsch und wird nicht verwendet.
Doch wenn man die Bibel liest, sieht man etwas anderes: Dort heißt es oft „Und Gott sprach: Es werde Licht“, „und Gott sah das Licht“, „und Gott schied das Licht von der Finsternis“ – und so weiter. Das ist nicht das heutige Deutsch, sondern eine Erzählform im Hebräischen. Im Hebräischen wird häufig das „waw“ (das „und“) am Satzanfang verwendet, um Geschichten zu erzählen. Diese Form ist charakteristisch und grammatikalisch korrekt im Hebräischen.
Jede Sprache hat ihre Eigenheiten. Die Sprache des Alten Testaments ist viel freier als das heutige stilistisch korrekte Deutsch. Das muss man berücksichtigen. Die Bibelschreiber haben solche Mittel bewusst eingesetzt.
„Er ist vor allen“ bedeutet nicht „er war“. Letzteres wäre zwar auch richtig, wie es zum Beispiel in Johannes 1 heißt: „Im Anfang war das Wort“, nicht „wurde das Wort“. In 1. Mose 1,1 steht: „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde“. Dort hat Gott Raum und Zeit, also den Anfang der Zeit, geschaffen – und auch die Materie. Johannes 1 sagt: „Im Anfang war das Wort“. Es bedeutet, dass das Wort von Ewigkeit her existiert hat.
Er ist nicht irgendwann ins Dasein gekommen, sondern er war immer. Das ist ein Durativ, wie es im Griechischen heißt: Er war immer. Hier wird das Präsens verwendet, um noch mehr zu betonen, dass er der Ewige ist. Er ist. Gott ist nicht der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unterworfen, sondern er ist von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Deshalb sagen Paulus und andere: „Er ist vor allen“ – er hat ewig existiert, bevor die Welt entstand, bevor irgendetwas geschaffen wurde. Warum? Weil er Yahweh ist.
In 2. Mose 3,14 sagt Gott zu Mose und erklärt dabei den Namen Yahweh. Dieser wird als J-H-W-H geschrieben. Das „J“ ist ein Nomen, ein Hauptwort, und „H-W-H“ ist die Wurzel „ha-wa“, was „sein“ bedeutet. Yahweh heißt also „der Seiende, der da ist“. Er wurde nie geschaffen, sondern ist immer.
Gott beschreibt das in 2. Mose 3,14 gegenüber Mose mit den Worten: „Ich bin, der ich bin.“ Was bedeutet das? „Ich bin“ ist die erste Person Singular des Verbs „sein“. Dieses Verb ist unregelmäßig, daher ist es anders konjugiert. Im Spanischen ist es regelmäßig: „ser“ (sein), „soy“ (ich bin) usw. Im Deutschen ist es komplizierter: „ich bin“, „du bist“, „er ist“, „wir sind“ – sehr unregelmäßig und schwierig für Ausländer.
„Ich bin, der ich bin“ erklärt also das Wort „Yahweh“, das vom Verb „sein“ kommt. „Ich bin, der ich bin“ ist im Hebräischen ein Durativ. „Echje“ bedeutet „ich bin der, der fortdauernd ist“.
Aber warum heißt es „Echje ascher echje“ – „ich bin, der ich bin“? Im Althebräischen, nicht im modernen Hebräisch, muss man zwei Sprachformen lernen. „Echje“ kann bedeuten: „Ich war fortdauernd“, „ich bin fortdauernd“ oder „ich werde fortdauernd sein“. Man kann „Echje ascher echje“ auf neun verschiedene Arten übersetzen, und alle sind korrekt:
- Ich bin, der ich bin
- Ich war, der ich bin
- Ich werde sein, der ich bin
- Ich werde sein, der ich sein werde
- Ich werde sein, der ich war
- Ich war, der ich war
- Ich war, der ich sein werde
- und weitere Variationen.
All diese Möglichkeiten zeigen: Ich bin immer derselbe. Ich hatte nie einen Anfang und werde nie ein Ende haben. Das ist die Bedeutung dieses Namens.
„Er ist vor allen“ drückt genau das aus.
Die Selbstoffenbarung Jesu und seine göttliche Identität
Und jetzt möchte ich noch auf Johannes hinweisen. Dort hat der Herr Jesus zu den Schriftgelehrten, zu den Rabbinern, gesprochen. Er spricht in Johannes 8, im Tempel in Jerusalem. Dort sprach man damals nicht Aramäisch, sondern Hebräisch. In Jerusalem war es üblich, Hebräisch zu sprechen; es kam auf die Region an.
Dann sagte der Herr Jesus in Johannes 8, Vers 56: „Abraham, euer Vater, freute sich darauf, meinen Tag zu sehen. Er sah ihn und freute sich.“ Hier erklärt Jesus, dass Abraham sich auf den Tag des Messias, wenn er kommen würde, gefreut und ihn erwartet hat. Jesus ist dieser Messias.
Daraufhin antworteten die führenden Juden: „Du bist doch noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen, der zweitausend Jahre vor Christus lebte?“ Jesus erwiderte: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham wurde, bin ich.“
Diese Aussage bedeutet, dass Jesus schon immer existierte, also auch schon vor zweitausend Jahren vor Christus da war. Man könnte es auch so übersetzen: „Lifne Abraham“ – „Ehe Abraham war“ – „Echje bin ich“. Er benutzt hier den Ausdruck aus 2. Mose 3, Vers 14.
Das war natürlich ein Schock für die Zuhörer, denn jemand, der „Echje“ sagt, nimmt den Namen Gottes an. Die Folge war, dass sie Steine aufhoben, um auf ihn zu werfen. Jesus aber verbarg sich und ging aus dem Tempel hinaus.
Sie hatten vollkommen verstanden, was er meinte, als er „Echje“ sagte, nämlich „Ich bin Yahweh“. Das war für sie völlig klar.
Der Glaube an die Gottheit Jesu als Grundlage des Heils
Und jetzt noch etwas: Wenn wir schon in Johannes Kapitel 8 sind, sagte Herr Jesus in Vers 24: „Daher sagte ich euch, dass ihr in euren Sünden sterben werdet, denn wenn ihr nicht glaubt, dass ich bin, so werdet ihr in euren Sünden sterben.“ Da fragten sie ihn: „Wer bist du?“ und so weiter.
Also, er sagt ihnen: „Wenn ihr nicht glaubt, dass ich bin.“ In der deutschen Übersetzung bei mir steht „dass ich es bin“, ja? Das „es“ steht jedoch nicht im Grundtext, dort steht nur „ich bin“, ego eimi. Und wenn man zurückübersetzt, wie der Herr Jesus im Tempel gesprochen hat, auf Hebräisch, dann hat er gesagt: „Imatem, Adonai Amino, wenn ihr nicht glaubt, sche'ch je! Tamutu Bechadu Teichem.“ Das bedeutet: Wenn ihr nicht glaubt, dass ich der Echjeh bin, werdet ihr in euren Sünden sterben.
Das zeigt, dass es ganz grundsätzlich ist: Der Glaube an die ewige Gottheit des Herrn Jesus und damit auch der Glaube an die Dreieinigkeit Gottes. Wenn man das nicht glaubt, wird man in seinen Sünden sterben und verloren gehen. Das ist schrecklich.
Die Zeugen Jehovas glauben an einen anderen Jesus. Sie sagen, er sei das erste Geschöpf von Jehova gewesen, und darum dürfe man auch nicht zu ihm beten, obwohl in der Bibel Jesus eher angebetet wird.
Die Mormonen sagen, er sei ein geschöpfter Bruder von Luzifer. Das ist schrecklich, gotteslästerlich – das ist ein anderer Jesus!
Darum warnt Paulus im 1. Korintherbrief in den ersten Versen: Wenn jemand kommt und einen anderen Jesus verkündet. Auch der Jesus des Korans ist ein anderer Jesus. Im Koran heißt er Issa, und dort steht, dass Jesus von Allah im Mutterleib von Maria aus dem Nichts erschaffen wurde. Es steht so im Koran, ich kann es zeigen.
Also glauben sie nicht an diesen Jesus, der von Ewigkeit her ist. Und darum sind sie verloren. Wir müssen allen Menschen das Evangelium bringen – und zwar den Jesus der Bibel.
Es ist in keinem anderen das Heil, und es ist uns kein anderer Name gegeben unter dem Himmel, in dem wir errettet werden müssen, steht in Apostelgeschichte 4,12.
Herr Jesus möchte Paulus hier vor die Augen und die Herzen der Kolosser und auch vor unsere Herzen stellen. Er ist vor allen. Darum ist er der Erstgeborene aller Schöpfung. Er ist und hat alles ins Dasein gerufen.
Die Erhaltung der Schöpfung durch Christus
Und dann wird noch gesagt: „Und alle Dinge bestehen durch ihn.“ Das ist das Letzte für heute, und zwar habe ich das auf dem Skript vermerkt.
Man kann das auch übersetzen mit: „Alle Dinge werden durch ihn zusammengehalten.“ Das griechische Wort „Synistemi“ bedeutet zusammenhalten, zusammenbestehen, zusammenbleiben.
Im CERN in Genf forscht man, um herauszufinden, was die Materie im Innersten zusammenhält. Deshalb sucht man nach dem Higgs-Boson. Man sagt, man habe es gefunden, aber wenn man es ganz korrekt ausdrückt, sagt man, man habe es mit großer Wahrscheinlichkeit gefunden.
Außerdem möchte man noch weitere Teilchen entdecken, um besser zu verstehen, wie das alles funktioniert. Das Higgs-Boson verleiht anderen Teilchen Masse, was etwas ganz Eigenartiges ist. Was hält das im Innersten zusammen? Wir wissen es: Alle Dinge werden durch ihn zusammengehalten.
Der Herr Jesus ist nicht nur der Schöpfer, sondern auch der Erhalter der ganzen Welt. Die ganze Welt ist in seiner Hand.
Warum fallen die Atome hier bei diesem Tisch nicht auseinander? Weil es Bindungskräfte gibt, kovalente Verbindungen und so weiter – chemisch gesehen. Aber das ist nicht alles. Was steckt dahinter? Warum gibt es diese kovalenten Verbindungen? Weil der Sohn Gottes alles zusammenhält.
Warum zerfallen manche Atome nicht wie radioaktive Atome? Weil er alles zusammenhält. Das ist unglaublich. Und das ist unser Herr, der uns durchs Leben führt, der alles in der Hand hat – bis auf die letzte Sekunde.
Wenn man an das Buch Esther denkt: Im letzten Moment kam Mordechai zum König und die Juden wurden gerettet. Bis auf die letzte Sekunde hat er alles in der Hand. Das ist unser Herr.
Das bedeutet auch, dass unser Leben in seiner Hand ist. Daniel sagt zu Belsazar in Daniel 5: „Der Gott, in dessen Hand dein Odem ist“ – das heißt, Gott hält unseren Lebensatem. Wenn er ihn loslässt, dann sterben wir.
Und wenn jemand eine Herzattacke bekommt, warum passiert das? Weil der Sohn Gottes eben den Atem losgelassen hat.
In Hebräer 1,2 heißt es: „Er hält alle Dinge, er trägt alle Dinge durch das Wort seiner Macht.“ Das geschieht aktiv.
Die Welt ist keine Uhr, die aufgezogen wurde und jetzt autonom läuft. Nein, er hält alles in seiner Hand. Wenn man das bedenkt, betrachtet man das Leben ganz anders.
Die Menschwerdung und das Leiden Christi
Man kann sich auch überlegen: Damals, als Maria dieses kleine Baby auf den Armen trug, hat sie es gestillt. In Psalm 22 heißt es: „Du ließest mich Vertrauen fassen an meiner Mutterbrüste.“ Stillen ist ganz wichtig, denn Kinder lernen dadurch, Vertrauen zu fassen. Jesus hat das auch so erlebt, als er ein richtiger Mensch wurde.
Wir müssen jedoch sagen, dass er im gleichen Moment, weil er nie aufgehört hat, der ewige Sohn Gottes zu sein, Maria die Kraft gegeben hat, ihn als Baby zu tragen. Das ist unglaublich – das Wunder der Gottheit und Menschheit in einer Person!
Am Kreuz müssen wir daran denken: Er war dort, und die Menschen sagten: „Wenn du Gottes Sohn bist, so steig vom Kreuz herab.“ Natürlich hätte er es gekonnt. Aber im gleichen Moment – wer hat den Atomen der Nägel die Kraft gegeben, ihn zu halten, und dem Holz? Er hat alle Dinge durch das Wort seiner Macht getragen.
In diesem Moment hat er die Kraft gegeben, dass das Kreuz ihn trägt. So hat er Sühnung für unsere Sünden getan. Das ist unser Herr.
Wenn wir den Kolosserbrief studieren, lernen wir wirklich so viel über diese unfassliche, grandiose Größe des Herrn Jesus, die uns eben durch die kolossalen Felsen von Koloss symbolisiert wird.
Wollen wir hier schließen?