Eröffnung und Einführung in das Buch Jesaja
Bevor wir beginnen, wollen wir noch zusammen beten.
Herr Jesus, wir preisen dich, den Sohn Gottes, dass du uns auch heute Nachmittag diese Gelegenheit schenkst, dein Wort miteinander zu studieren – unter dem Schutz der Obrigkeit. Wir danken dir für die Freiheit des Glaubens, die wir bis heute genießen dürfen.
So bitten wir dich, diesen Nachmittag zu segnen. Schenke uns Kraft, Konzentration und innere Spannkraft, damit wir deine Herrlichkeit und Größe in deinem Wort erkennen dürfen. Wir danken dir dafür. Amen.
Wir haben uns in der Vergangenheit mit allen zwölf kleinen Propheten beschäftigt – als Einführung. Einige haben wir detaillierter durchgenommen, andere mehr in der Übersicht.
Heute möchte ich mit den großen Prophetenbüchern beginnen. Es folgt ein erster Teil einer Einführung in das Buch Jesaja. Dieses Buch ist das größte prophetische Buch in der Bibel überhaupt, mit 66 Kapiteln. Daher wollen wir uns heute auf die ersten zwölf Kapitel konzentrieren. Diese bilden auch für sich einen geschlossenen ersten Block im Buch.
Auch wenn wir nur einen Teil betrachten, müssen wir uns zuerst mit den Einleitungsfragen zum ganzen Buch beschäftigen. Denn immer wieder müssen wir uns fragen, wann das Buch verfasst wurde und unter welchen Umständen.
Das erfahren wir gleich im ersten Vers: Jesaja 1,1: „Die Vision Jesajas, des Sohnes Amots, die er über Juda und Jerusalem geschaut hat, in den Tagen Usias, Jothams, Ahas, Hiskias, der Könige von Juda.“
Diese Datierungsangaben sind sehr hilfreich, weil wir im Alten Testament eine durchgängige Chronologie vorfinden. Nach dieser Chronologie fällt die Zeit von Usia bis Hiskia in die Periode von 810 bis 698 v. Chr.
In dieser Epoche hat Jesaja gewirkt. Es war die Blütezeit der assyrischen Weltherrschaft. Das Kerngebiet Assyriens liegt im heutigen Nordirak mit den Städten Ninive, Assur und Kalach. Durch militärische Aggressionen breitete sich dieses Kerngebiet im 9. und 8. Jahrhundert v. Chr. über den ganzen Nahen Osten aus.
Alle Völker zitterten vor Assyrien.
Genau in dieser schwierigen und politisch sehr umwälzenden Zeit wirkte Jesaja. Das assyrische Reich hat eine besondere Bedeutung für Israel. Das Nordreich der zehn Stämme Israels wurde durch Assyrien im Jahr 722 v. Chr. vollständig zerschlagen.
Von diesem Ereignis spricht Jesaja auch schon im Voraus.
Jesaja: Herkunft, Name und Botschaft
Nun, wir haben gesehen, dass der Autor dieses Buches Jesaja, der Sohn Amots, ist.
Zuerst zum Namen Jesaja: Auf Hebräisch wird er Jeschajahu ausgesprochen. Das ist die Langform. Es gibt auch die Kurzform Jeschaja oder Jeschajahu. Diese Endung kennen wir auch aus der Zeitgeschichte, zum Beispiel bei Netanjahu. Das „Jahu“ ist die Langform, während „Netanjah“ die Kurzform ist. So verhält es sich auch mit Jeschaja und Jeschajahu.
Der Name bedeutet so viel wie „Heil, Rettung des Ewigen“. Darin steckt das Wort „Jascha“, was „retten“ bedeutet. Es ist auch das Wort, das im Namen Jesus, auf Hebräisch Jeshua, enthalten ist.
Dieser Name Jesaja kommt sechzehnmal im Buch vor, wie man hier sieht: in Kapitel 1, 2, 7, 13, 20, 37 und 38.
Was ebenfalls auffällt, ist, wie oft Wörter wie „retten“, „Rettung“, „Retter“ oder „Heil“, „Heiland“ vorkommen. Diese gehören alle zur Wortfamilie mit „Jascha“.
Man erkennt, dass das, was der Name des Propheten ausdrückt, auch eine zentrale Botschaft im gesamten Jesaja-Buch ist.
Und nicht umsonst: Welcher Prophet schreibt am meisten über den kommenden Erlöser? Das ist eben Jesaja.
Die Autorschaft wurde eindeutig überliefert: Es ist Jesaja.
Kein Zweifel besteht in der alten rabbinischen jüdischen Tradition aus der Antike. Erst die liberale Theologie in Europa, in der geschichtlich gesehen jüngeren Vergangenheit, begann, dies zu leugnen.
Diskussion um die Autorschaft und Prophetie im Buch Jesaja
Und wie kam man auf die Idee, dass Jesaja nicht von Jesaja selbst stammt, sondern von mehreren Autoren? Der Einstieg dazu kam durch die Prophetie in Kapitel 44, Vers 28 und folgende. Dort wird Chores erwähnt. Ich schlage kurz auf. Da heißt es: „Von Gott, der von Chores spricht, mein Hirte, und der all mein Wohlgefallen vollführt, indem er von Jerusalem sprechen wird: Es werde aufgebaut, und vom Tempel er werde gegründet. So spricht der Herr zu seinem Gesalbten, zu Chores, dessen Rechte ich ergriffen habe, um Nationen vor ihm niederzuwerfen, und damit ich die Lenden der Könige entgürte, um Pforten vor ihm aufzutun und damit Tore nicht verschlossen bleiben.“
„Ich, ich werde vor dir herziehen und werde das Höckerichte eben machen. Ich werde dir Pforten zerbrechen und eisene Riegel zerschlagen, und ich werde dir verborgene Schätze und versteckte Reichtümer geben, auf dass du wissest, dass ich der Herr bin, der dich bei deinem Namen gerufen hat, der Gott Israels. Um Jakobs, meines Knechtes, und Israels, meines Auserwählten, Willen rief ich dich bei deinem Namen.“
Und dann erklärt Gott in Vers 5: „Ich bin der Herr, und sonst ist keiner; außer mir ist kein Gott.“
Ja, da hat man sich gesagt: Das geht doch nicht. Jesaja kann doch nicht von Chores sprechen. Das ist ja ein König, der erst im Jahr 539 so bedeutungsvoll auf der Weltbühne der Geschichte aufgetreten ist, mit der Eroberung Babylons. Wenn Jesaja aber viel früher gelebt hat, wäre das ja Prophetie. Und Prophetie ist nicht möglich. Also muss das jemand geschrieben haben, nachdem diese Ereignisse stattgefunden haben. Folglich können diese Kapitel hier um Kapitel 40 gar nicht von Jesaja stammen.
Und überhaupt: Das Jesajabuch hat doch einen ersten Teil, so bis Kapitel 39, und dann ab Kapitel 40 kommt ja so ein neuer Block. Dann muss das von einem anderen sein. Später hat man noch gesagt, ab Kapitel 55 müsse man einen dritten Autor annehmen. Also gibt es Jesaja, dann den Deutero-Jesaja, das ist dieser unbekannte Fälscher ab Kapitel 40, und dann einen Trito-Jesaja, also nochmals einen Fälscher ab Kapitel 55.
Später wurde das Ganze nochmals zerpflückt. Auch im ersten Teil ist natürlich nicht alles original, und so hat man das Jesajabuch immer weiter zersägt.
Aber wieso soll es keine Prophetie geben? Das hat man in der Aufklärung erkannt: Prophetie und alles Übernatürliche gibt es nicht. Der mittelalterliche Mensch glaubt an Wunder und Übernatürliches, aber der rationale Mensch, der nur wirklich glaubt, was man messen und sehen kann, kann das nicht akzeptieren. Also gibt es keine Prophetie.
Ja gut, und was ist denn mit der Prophetie, die sich heute aus der Bibel erfüllt? Die Rückkehr der Juden aus aller Welt ins Land der Väter, die Wüste, die wieder aufblüht, der Staat, der wieder gegründet werden sollte, die umliegenden Völker, die die Vernichtung Israels suchen, und so weiter und so fort.
In unserer heutigen Zeit können wir über 160 erfüllte Prophezeiungen nachweisen. Da kann ja niemand sagen, die Bibel sei erst im Nachhinein geschrieben worden. Also sehen wir, dass die Bibel echte Prophetie im Voraus geschrieben hat. Darum ist natürlich das Argument, das könne nicht von Jesaja sein, völlig unsinnig, weil es nur aus der Philosophie herauskommt, dass Prophetie nicht existiert.
Aus der Antike, hier im Judentum, wo man noch viel näher bei den Ereignissen war, wird einhellig überliefert, dass das ganze Buch von Jesaja stammt. Diese Teilung Jesajas in drei Jesajas ist also allein aus Unglauben und Materialismus entstanden.
Am wichtigsten ist natürlich das Zeugnis des Neuen Testaments. In Johannes 12, Vers 39 zitiert Jesus aus Jesaja 6,10 und sagt: „Jesaja hat gesagt.“ In diesem Zusammenhang wird auch Jesaja 53,1 zitiert. Dort in Johannes 12 wird gesagt: Das Wort Jesajas – ja, das wäre ja schon aus dem zweiten Jesaja.
Paulus schreibt in Römer 10,20, indem er aus Jesaja 65,1 zitiert: Jesaja erkühnt sich. Das heißt, im Neuen Testament wird ausdrücklich aus allen sogenannten drei Teilen von Jesaja zitiert und ihnen ausdrücklich Jesaja zugeschrieben.
Wer also die Einheit Jesajas leugnet, greift den Sohn Gottes an. Das ist keine rein akademische Sache, sondern es geht um das Zentrum des Glaubens, des christlichen Glaubens.
Jesajas Familie und sein Tod
Nun, wir sind immer noch dabei: Wer ist Jesaja? Aus seinem Buch erfahren wir, dass Jesaja verheiratet war (Jesaja 8,3) – und zwar mit einer Prophetin. Ein schönes Paar, nicht wahr?
Sie hatten Kinder, von denen zwei Söhne namentlich erwähnt werden. Die Namen sind etwas ungewöhnlich. Der Ältere hieß Sche'ar-jashuv, was bedeutet: „Ein Überrest wird umkehren“. Dieses Thema zieht sich durch das ganze Buch Jesaja hindurch. Es zeigt, dass Gott ein gerechter Gott ist, der Gericht über den Sünder bringt, aber den, der umkehrt, rettet und bewahrt. Wir sehen immer wieder, dass Gott im Gericht einen Überrest für sich bewahrt – eine Minderheit, die treu ist, umkehrt und dem Namen Gottes die Treue hält.
Der zweite Sohn, vielleicht als Anregung für jemanden, der bald die Wahl hat, heißt Maher Schalal Chazbas (Jesaja 8,3). Das bedeutet: „Es eilt der Raub, bald kommt die Beute“. Doch davon später mehr.
Gemäß der jüdischen Tradition wurde Jesaja unter dem gottlosen König Manasse schließlich zersägt. Die rabbinische Überlieferung erzählt, dass Jesaja vor seinen Feinden geflohen ist und sich in einem hohlen Baum versteckte. Die Feinde sägten den Baum um und töteten so Jesaja.
Man könnte sagen: „Ja gut, das ist jüdische Überlieferung, aber davon lesen wir ja nichts in der Bibel.“ Doch schauen wir einmal in Hebräer 11, das Kapitel über die Glaubenshelden. Dort heißt es in der Zusammenfassung ab Vers 32:
„Und die Propheten, welche durch Glauben Königreiche bezwangen, Gerechtigkeit wirkten, Verheißungen erlangten, den Löwenrachen verstopften, die Kraft des Feuers auslöschten, der Schärfe des Schwertes entgingen, aus der Schwachheit Kraft gewannen. Simson wurde an den Säulen angebunden, ohne Kraft, doch plötzlich bekam er wieder Kraft und wurde im Kampf stark. Sie trieben fremde Heerscharen zurück. Frauen erhielten ihre Toten durch Auferstehung wieder, bei Elia und Elisa. Andere aber wurden gefoltert, weil sie die Befreiung nicht annahmen, damit sie eine bessere Auferstehung erlangen sollten. Wieder andere wurden durch Verhöhnung und Geißelung versucht, dazu durch Bande und Gefängnis. Sie wurden gesteinigt, zersägt, versucht, starben durch das Schwert. Sie gingen umher in Schafpelzen und Ziegenfellen, hatten Mangel, Drangsal und Ungemach. Die Welt war ihrer nicht wert. Sie irrten umher in Wüsten, Gebirgen, Klüften und Höhlen der Erde.“
Hier finden wir also den Hinweis darauf, dass Jesaja zersägt wurde. Die liberalen Theologen konnten Jesaja nicht mehr zersägen, also haben sie wenigstens sein Buch zersägt. Das ist genau auf der gleichen Linie.
Die Handschriften von Qumran und ihre Bedeutung
Nun etwas zu den Handschriften in Qumran: In den Jahren 1947 bis 1956 wurden am Toten Meer in elf Höhlen Handschriften entdeckt. Darunter befinden sich einundzwanzig Handschriften des Jesajabuches.
Besonders erwähnenswert ist Höhle eins, die 1949 entdeckt wurde. Dort fand man zwei Jesajarollen. In Höhle vier, die achtzehn genannt wird und als die reichste Höhle gilt, wurden 18 Überreste von Jesajarollen gefunden. Diese Höhle sieht man übrigens gut vom Plateau der Qumran-Gemeinschaft mit den Ruinen aus. Ganz in der Nähe sieht man die Höhle Römisch 4. Außerdem wurde in Höhle 5 noch eine weitere Jesajarolle gefunden.
Alle diese Rollen werden auf die Zeit von 125 v. Chr. bis 60 n. Chr. datiert. Im Jahr 68 n. Chr. wurde die Qumran-Gemeinschaft zerstört. Noch vor der Zerstörung nahm man alle Rollen aus der Bibliothek der Siedlung und verteilte sie in den Höhlen, um sie vor den Römern zu retten. Die Siedlung wurde danach zerstört und verbrannt, was man an der Ascheschicht nachweisen konnte. So konnten die Rollen auf diese Weise überleben.
Die berühmteste Rolle ist natürlich die vollständige Jesajarolle aus Höhle eins. Ich habe hier eine Kopie in Originalgröße ausgestellt, die man in der Pause bewundern und lesen kann. Sie beginnt dort rechts mit Jesaja 1,1. Im Prinzip könnte jedes Schulkind in Israel diesen Text lesen: „Chazon Jeschajahu ben Amotz, Asher Chazal Yehuda Wirushalayim, Bimei Uzziah, Yotam, Achaz, Jezkiyahu Malchei Yehuda, Shim'u Shemayim, Veha Sinu Erez, Ki Adonai Diber“ usw. Und so weiter. Das verstehen die Schulkinder, wenn man es ihnen vorliest.
In den Gemeinden und Versammlungen in Israel liest man bei Predigten nach wie vor den Grundtext des Alten Testaments vor und predigt dann darüber auf Neuhebräisch. Man hat also nicht eine moderne Ausgabe des Alten Testaments. Interessant ist, dass 90 Prozent der Wörter aus dem Alten Testament auch in der modernen Sprache vorkommen. Die Grammatik des Neuhebräischen ist dabei etwas einfacher als die des biblischen Hebräisch.
Es ist bemerkenswert, dass man den Text also immer noch lesen und verstehen kann, obwohl die Bibel schon über 2000 Jahre alt ist. Das zeigt, wie lebendig die sprachliche Bibel in der heutigen Zeit ist. Ich habe es in Israel besonders genossen, wenn man so direkt aus dem Grundtext vorlesen und darüber predigen kann.
Die Länge dieser Rolle beträgt sieben Meter und zweiunddreißig Zentimeter, die Höhe neunundzwanzig Komma neun Zentimeter. Die Rechtschreibung, die Orthographie, ist etwas modernisiert. Dabei sind die Vokale teilweise durch Konsonanten angedeutet.
Jeder weiß vielleicht, dass Hebräisch nur mit Konsonanten, also Mitlauten, geschrieben wird. Die Vokale muss man sich beim Lesen denken. Weil die Sprache auf einem Konsonantengerüst aufgebaut ist, ist das ganz natürlich und nicht ungewöhnlich, dass man sie trotzdem lesen kann. Auch die Zeitungen in Israel sind heute nur mit Konsonanten geschrieben, und das funktioniert.
Wenn man jedoch nicht so sicher im Hebräischen ist, braucht man Hinweise für die Vokale. Das wurde bereits im zweiten Jahrhundert vor Christus gemacht, indem man gewisse Konsonanten verwendete, um Vokale anzudeuten. Zum Beispiel das Jod, das im Hebräischen den J-Laut darstellt. J ist ein Konsonant, I ein Vokal. Das Jod wurde benutzt, um einen I-Laut anzudeuten.
Das Aleph ist eigentlich nur ein Knacklaut, etwa vergleichbar mit dem Unterschied zwischen „verreisen“ und „vereisen“. Man hört dann ein Knacken. Das Aleph ist ein Konsonant, den wir im Deutschen beim Schreiben oft weglassen. Es wurde auch oft verwendet, um einen A-Laut anzudeuten.
In dieser Rolle sind viele solche Lesemütter, wie man sie nennt, eingefügt. Erstaunlich ist, dass man bis dahin praktisch nur Handschriften aus dem Mittelalter kannte. Kritiker hatten gesagt, diese mittelalterlichen Handschriften seien sicher stark verändert gegenüber dem ursprünglichen Text. Nun wissen wir, dass die masoretischen Texte aus dem Mittelalter in der Orthographie deutlich altertümlicher sind als die Jesajarolle aus dem zweiten Jahrhundert vor Christus.
Heute wissen wir sogar, wann in welcher Zeit man wie geschrieben hat, also die Orthographie. Die Texte, die wir schon immer hatten, stammen aus der Zeit des sechsten oder siebten Jahrhunderts vor Christus. Das ist noch die Zeit der Propheten, die Autorität hatten und inspiriert waren, den Text weiterzugeben.
So konnten die Propheten auch im Gesetz Mose die Orthographie leicht anpassen. Danach wurde sie nicht mehr verändert, da mit Malachi die Zeit der Propheten vollständig endete. Das Wort Gottes war so vollständig abgeschlossen und durch Inspiration überliefert. Das können wir heute nachvollziehen, und es ist tatsächlich so.
Nun noch eine gute Mitteilung: In Höhle eins gibt es eine unvollständige, aber sehr umfangreiche Jesajarolle, die nicht modernisiert ist. Sie entspricht dem Text, wie wir ihn aus dem Mittelalter kennen. Es ist genau derselbe Texttyp. Das zeigt uns, wie genau das Wort Gottes überliefert worden ist.
Das bestätigt Jesaja 40,8, wo steht: „Das Gras ist verdorrt, die Blume ist abgefallen, aber das Wort unseres Gottes besteht in Ewigkeit.“ Das, was man zu Recht immer geglaubt hat, können wir den Kritikern heute mit starken Argumenten demonstrieren.
Die vollständige Jesajarolle ist etwas modernisiert in der Orthographie. Sie besteht aus siebzehn zusammengenähten Ziegenhäuten. Man sieht, wie wertvoll das war. Es brauchte schon eine kleine Herde, um nur dieses Buch aufzuschreiben. Auf der Kopie kann man die Nahtstellen sehen, an denen die verschiedenen Häute zusammengenäht sind. Es lohnt sich, diese zu suchen.
Der Anfang ist dort drüben, von euch aus rechts, das Ende links. Das Buch ist natürlich etwas früher fertig als der Raum der Ziegenhäute, deshalb gibt es am Schluss noch einen Leerraum. Die erste Zeile von Kapitel 40 beginnt als letzte Zeile in der Kolumne des Textes von Kapitel 39.
Die Kapiteleinteilung gab es damals noch nicht; sie kam erst viel später. Interessant ist, dass Kritiker und Liberale, die behaupten, sie wüssten zweieinhalbtausend Jahre nach Jesaja besser, wer geschrieben hat oder nicht, sagen, ab Kapitel 40 beginne ein neuer Teil von einem anderen Propheten.
Dummerweise beginnt in dieser Rolle aus dem zweiten Jahrhundert vor Christus die erste Zeile von Kapitel 40 gerade noch als letzte Zeile in der Kolumne mit Kapitel 39. Das zeigt klar, dass es eine Einheit ist, die man nicht trennen darf.
Noch eine schöne Beobachtung: Das Kapitel über den leidenden Messias, Jesaja 53, beginnt eigentlich schon in Jesaja 52,13: „Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln, er wird erhoben und erhöht und sehr hoch sein, und wie sich viele über dich entsetzt haben, so entstellt war sein Aussehen und seine Gestalt mehr als der Menschenkinder.“ Dort beginnt dieses Kapitel über den leidenden Messias, und es beginnt auf einer neuen Kolumne als Zeile eins.
Ich habe hier ein Buch mitgebracht, in dem der gesamte Jesaja-Text aus dieser Schriftrolle Kolumne für Kolumne fotografiert ist. Dort habe ich gerade die Stelle mit Jesaja 53 geöffnet. Man sieht genau, wie es oben beginnt mit „Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln.“
Schon im alten Judentum sagten die Rabbiner, dass Jesaja 53 vom Messias spricht, der für unsere Sünden leiden würde.
Das also zur vollständigen Jesajarolle, die man I, Q, Isa, a nennt – die erste Höhle von Qumran, Jesaja. Dann gibt es noch eine Rolle I, Q, Isa, b, die unvollständig ist, aber den gleichen Text hat wie der masoretische Text aus dem Mittelalter. Sie wird die proto-masoretische Rolle genannt, weil es derselbe Text ist, aber viel älter.
Thema und Charakteristika des Buches Jesaja
Nun, wie gesagt, das Thema des Buches ist Gottes Rettung für Israel und die Völker durch den Messias. So haben wir das Thema des Messias, der als Retter kommen wird, bereits in den ersten Kapiteln und dann hindurch bis zum Schluss von Jesaja. Es gibt also keine Aufteilung in einen ersten und einen zweiten Jesaja. Dieses Thema zieht sich gleichmäßig durch das gesamte Buch.
Unter Besonderheiten und charakteristischen Ausdrücken habe ich noch erwähnt, dass Jesaja der im Neuen Testament am häufigsten zitierte Prophet ist. Fünfundzwanzig Mal wird Gott als „der Heilige Israels“ bezeichnet. Das beginnt schon in Kapitel 1. Ich habe Vers 1 bereits gelesen, jetzt komme ich zu Vers 2.
Wir sehen, dass wir mit diesen 66 Kapiteln ziemlich schnell vorankommen:
„Hört ihr Himmel und horcht, du Erde, denn der Herr hat geredet: Ich habe Kinder großgezogen und auferzogen, aber sie sind von mir abgefallen. Ein Ochse kennt seinen Besitzer und ein Esel die Krippe seines Herrn. Israel hat keine Erkenntnis, mein Volk hat kein Verständnis.“
„Wehe der sündigen Nation, dem Volk belastet mit Ungerechtigkeit, dem Samen der Übeltäter, den verderbthandelnden Kindern! Sie haben den Herrn verlassen, haben den Heiligen Israels verschmäht, sind rückwärts gewichen.“
Nun, dieser Name „der Heilige Israels“ ist ein ganz typischer Ausdruck für Jesaja. Er kommt fünfundzwanzig Mal vor. Ich habe hier alle Stellen auf dem Skript aufgeführt. Auffällig ist, dass diese Bezeichnung ziemlich gleichmäßig verteilt ist auf den ersten Teil, Kapitel 1 bis 39, und den zweiten Teil, Kapitel 40 bis 66.
Wenn das verschiedene Autoren wären, würde man erwarten, dass es bei so typischen Gottesbezeichnungen Unterschiede gibt. Aber nein, „der Heilige Israels“ und das Thema ziehen sich durch den gesamten zweiten Teil ebenso.
Gott ist heilig und muss den Menschen richten, aber Gott ist auch Liebe und will darum retten. So zeigt Jesaja den Retter, den Messias, den Erlöser – nicht nur für Israel, sondern auch für die Völker der Welt. Deshalb beginnt das Buch auch so universell:
„Hört ihr Himmel und horcht, du Erde, höre Israel oder höre Jerusalem!“ Die ganze Welt wird da angesprochen. Dann spricht Gott aber zunächst über sein Volk, das von ihm abgefallen ist, obwohl es Gottes Wort hatte.
Auf Seite zwei ist der Titel Vers 1 der inspirierte Titel. Er sagt auch gleich, wer das Buch geschrieben hat und in welcher Zeit. Danach folgt Großrömisch I: Prophetie des Gerichts, das sind die Kapitel 1 bis 39. Dann kommt Römisch II: Prophetie des Trostes, Kapitel 40 bis 66.
Kritiker haben gesagt: „Ja, man sieht doch, das ist ein ganz anderes Thema in den ersten 39 Kapiteln. Da geht es um Gericht, und eben der zweite Jesaja und dann auch der dritte sprechen mehr von Gnade.“ So ein Unsinn!
Das ist ja, als ob man sagen würde, der böse Gott ist der Gott des Alten Testaments, und der gute Gott ist der Gott im Neuen Testament. Alles, was mit dem Alten Testament und den Juden zusammenhängt, sei böse und schlecht.
Das war die Zeit von Pfarrer Wilhelm Busch in Essen, Jugendpfarrer und Evangelist. Er hat mit jemandem gesprochen und gesagt: „Ja, hören Sie mal, es steht in der Bibel: ‚Ja, mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt, darum habe ich fortdauern lassen meine Güte.‘“
Der Mann antwortete: „Sehen Sie, das ist der Gott des Neuen Testaments.“ Wilhelm Busch erwiderte: „Guter Mann, das steht im Alten Testament, Jeremia 31.“
Dann hat er ihm noch zitiert: „Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.“ Das sei altes Testament. Nein, das ist Hebräer 10.
Natürlich liegt im Alten Testament ein starker Akzent auf der Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes sowie auf dem Gericht. Denn in der Vorbereitung auf den Erlöser muss dem Menschen bewusst gemacht werden: Du brauchst einen Erlöser, sonst gehst du verloren, du bist ein Sünder.
Das können wir nur sehen, wenn wir die Gerechtigkeit Gottes erkennen. Darum hat Gott das Gesetz Mose gegeben, um den Menschen zu beweisen, dass er einen Erlöser braucht, weil er unheilig und sündig ist.
Im Neuen Testament wird gezeigt, wie Gott den Erlöser gesandt hat und gnädig jedem vergibt, der seine Schuld reuig im Gebet bekennt und die Vergebung durch den Herrn Jesus annimmt.
Das Alte Testament ist ja voll von Gnade, weil es auf den kommenden Erlöser hinweist. Das Neue Testament hingegen ist voll von Gericht, weil es zeigt, dass die Ablehnung des Erlösers ewige Konsequenzen hat.
Im Neuen Testament wird die ewige Verdammnis noch stärker betont als im Alten Testament.
Man kann das also so nicht sagen. Auch bei Jesaja ist es so: Im ersten Teil liegt ein Akzent auf dem Gericht, aber wir finden die Gnade Gottes ständig. Wir werden das gleich in den ersten zwölf Kapiteln sehen.
Im zweiten Teil ist es genauso. Dort finden wir auch das Gericht Gottes über die Gottlosen, aber der Schwerpunkt liegt auf der Gnade.
So beginnt das Trostbuch in Jesaja 40, Vers 1 ganz auffällig:
„Nachamu, nachamu, Ammi! Yomar Eloheichem: Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott!“
Das hat ja Händel auch schön in seinem Messias vertont.
Gut, jetzt schauen wir uns diese Teile noch ein bisschen genauer an.
Gliederung des ersten Teils: Kapitel 1 bis 39
Jetzt können wir den ersten Teil, Kapitel 1 bis 39, wieder unterteilen.
Erstens: Prophetie über Juda und Israel, Kapitel 11 bis 12. Das wird uns heute beschäftigen.
Zweitens: Prophetie über die Heiden, Kapitel 13 bis 27. Hier geht es um die nichtjüdischen Völker. Das Ganze beginnt übrigens mit Babylonien in der Endzeit, also dem heutigen Irak. Es wird eine Invasion aus aller Welt beschrieben, die das ganze Land verderben soll.
Drittens: Israel in der großen Drangsalzeit, ein Block von Kapitel 28 bis 35. Hier liegt der Schwerpunkt auf den dreieinhalb Jahren der größten Drangsal für diese Welt. Diese Zeitspanne ist die Zeit vor der Wiederkunft Jesu als Richter der Welt.
Viertens: Rettung von Assyrien als Bestätigung der Prophetie, Kapitel 37 bis 39. Dort wird die Zeit von König Hiskia beschrieben, zu dessen Zeit Jesaja lebte. Hiskia war der letzte König in Jesajas Dienstzeit. In dieser Zeit wurde Jerusalem von den Assyrern angegriffen und belagert. Hiskia schrie zum Herrn als treuer, gläubiger König, und Gott griff ein, um Jerusalem zu befreien. Diese Ereignisse können wir auch in den Chroniken und in den Königsbüchern nachlesen.
Warum ist das wichtig? Assyrien hat eine ganz besondere prophetische Bedeutung in Jesaja. Es bezeichnet den großen Feind Israels in der Endzeit im Norden. Dieser Feind wird Israel von Norden her vollkommen überrennen und verwüsten. Er wird als der König des Nordens bezeichnet, wie auch im Propheten Joel beschrieben. Joel spricht von einer Armee, die so groß ist wie nie zuvor und gegen Israel kommt.
Im Propheten Daniel ist es ebenfalls hilfreich, daran zu denken, dass der König des Nordens in der erfüllten Prophetie immer Syrien war, allerdings Großsyrien. Das bedeutet das Gebiet von Libanon, Syrien bis nach Pakistan. Heute ist das ein islamischer Block. Dieser Assyrer der Endzeit wird unter Führung Syriens Israel in der großen Drangsalszeit, gerade am Anfang, überrennen und das Land verwüsten.
Am Ende dieser Zeit wird der Herr Jesus auf dem Ölberg kommen und sein Volk befreien. Die Geschichte von Hiskia ist ein kleiner Vorgeschmack darauf, wie Gott eingreifen wird. Damals vernichtete er die Armeen, die gegen Jerusalem kamen, und befreite die Stadt sowie den Überrest.
So ist dieser Block „Rettung von Assyrien als Bestätigung der Prophetie“ (Kapitel 37 bis 39) ein ganz wichtiger historischer Teil. Er ist gewissermaßen ein Pfand dafür, dass Gottes Verheißung, Israel in der Endzeit von Assyrien zu retten, in Erfüllung gehen wird – genauso wie er damals in der Treue zur Zeit von Hiskia Jerusalem gerettet hat.
Dann folgt ganz natürlich der zweite Hauptteil: die Prophetie des Trostes. Auch dieser Teil kann weiter unterteilt werden.
Fünftens: Trost durch Gottes Größe, Kapitel 40 bis 48. Dieser Teil beginnt mit den Worten: „Tröstet, tröstet mein Volk!“
Sechstens: Trost durch Gottes Gnade, Kapitel 48 bis 57. Hier ist auch unser berühmtes Kapitel Jesaja 53 enthalten. Dieses Kapitel spielt eine Schlüsselrolle im Teil „Trost durch Gottes Gnade“.
Man muss bedenken, dass es heute wohl mehr als 400 bekehrte Juden gibt. Man nennt sie heute oft messianische Juden, früher Judenchristen. Korrekt ist eigentlich beides, solange man das Richtige damit meint. Diese Juden haben sich bekehrt, erkannt, dass der Herr Jesus der Messias ist, und bekennen ihn als Gott und Mensch in einer Person. Sie gehören zur Gemeinde, genauso wie alle nichtjüdischen Gläubigen.
Für die meisten dieser über 400 Juden spielte Jesaja 53 eine Schlüsselrolle in ihrer Bekehrungsgeschichte. Das ist sehr eindrücklich. Dieses Kapitel gehört eben zum Teil „Trost durch Gottes Gnade“.
Siebtens: Trost durch Gottes Herrlichkeit, Kapitel 58 bis 66.
Der Heilige Geist hat selbst einen Refrain eingefügt, der die Kapitel 40 bis 66 in diese drei Teile schön unterteilt. Dies können wir kurz nachlesen.
Nach dem ersten Teil (Kapitel 40 bis 48) kommt der Refrain in Kapitel 48, Vers 22. Dort heißt es überraschend im Zusammenhang: „Kein Friede den Gesetzlosen, spricht der Herr.“
Dann folgt der neue Teil „Gnade durch den Messias“. In Kapitel 57, Vers 19 steht: „Die Frucht der Lippen schaffend, spricht der Herr: Friede, Friede den Fernen und den Nahen, und ich will es heilen.“
Darauf folgt ein weiterer Refrain: „Aber die Gesetzlosen sind wie das aufgewühlte Meer; denn es kann nicht ruhig sein, und seine Wasser wühlen Schlamm und Kot auf. Kein Friede den Gesetzlosen, spricht mein Gott.“
Dieser Refrain markiert das Ende dieses Teils. Danach beginnt der neue Teil, eben „Trost durch Gottes Herrlichkeit“.
So ergeben sich insgesamt sieben Teile für das Buch Jesaja.
Erste Kapitel: Anklage und Aufruf zur Umkehr
Jetzt sind wir vorbereitet, um die ersten zwölf Kapitel wenigstens in der Übersicht etwas genauer anzuschauen. Ich habe bereits bis Vers vier gelesen: Das jüdische Volk war zur Zeit Jesajas vom wahren Gott abgefallen, und Gott sagt, sie seien törichter geworden als Tiere. Ein Ochse kennt seinen Besitzer, und ein Esel weiß, woher er sein Futter bekommt, nicht wahr? Er kennt die Krippe seines Herrn. Aber mein Volk kennt mich nicht.
Wir sehen hier auch eine Aktualität für uns heute. Wir müssen nicht nur verstehen, was dieses Buch und jeder Abschnitt prophetisch genau bedeutet, sondern uns auch immer fragen: Was bedeutet das für uns? Denn in Römer 15 wird ausdrücklich gesagt, dass alles, was zuvor im Alten Testament geschrieben wurde, zu unserer Belehrung geschrieben ist.
Wir leben in einer Kultur des Abfalls. So wie das Volk Israel früher das Wort Gottes hatte und die Masse sich davon abwandte, so leben wir heute im sogenannten christlichen Abendland. Es gab einmal einen christlichen Konsens, und die Bibel hatte eine zentrale, bestimmende Bedeutung. Doch die Masse, Millionen von Menschen, sind in unserer Zeit, besonders seit der 68er-Revolution, völlig von allen biblischen Grundlagen weggegangen.
Heute haben wir genau dieses Problem: Die Masse ist törichter geworden als ein Ochse. Der Ochse weiß noch, wer sein Herr ist. Aber die Menschen wissen nicht mehr, dass Gott unser Herr ist, der uns geschaffen hat. Wenn sie essen, stürzen sie sich vielleicht auf das Fleisch, ohne zu wissen, woher die Nahrung kommt.
Früher sagte man in Deutschland zum Beispiel „Gott segne die Mahlzeit“ als guten Appetit, später nur noch „Mahlzeit“, und dann kam der Krieg, und man sagte nicht mal mehr das. Es ist wichtig, dass wir wissen, woher wir unseren Lebensunterhalt haben.
Hier steht: Sie haben den Herrn verlassen, den Heiligen Israels verschmäht und sind rückwärts gewichen. In Vers 5 heißt es: Warum solltet ihr weiter geschlagen werden, da ihr nur den Abfall mehren würdet? Interessant ist, dass Gott den Menschen schlagen kann, um sie zur Buße zu führen. Aber Gott sieht auch, dass es geschehen kann, dass er den Menschen züchtigt und sie dennoch weiter von ihm weggehen.
Ich habe mich mit dem Darwinjahr 2009 beschäftigt: Bevor Darwin 1859 seine Evolutionslehre veröffentlichte, geschah etwas Entscheidendes in seinem Leben. 1851 starb seine zehnjährige Tochter Anne, und dort vollzog er den Bruch mit Gott. Man könnte sagen, das war Gottes züchtigende Hand, um ihn zur Buße zu leiten. Doch Darwin nahm dies zum Anlass, Gott erst recht zu verleugnen.
Hier lesen wir weiter: Warum solltet ihr weiter geschlagen werden, da ihr nur den Abfall mehren würdet? Das ganze Haupt ist krank, das ganze Herz siech. Von der Fußsohle bis zum Haupt ist nichts Gesundes an ihm, Wunden und Striemen und frische Schläge, die nicht verbunden und nicht erweicht worden sind mit Öl.
Euer Land ist eine Wüste, eure Städte sind mit Feuer verbrannt, eure Flur verzehren Fremde vor euren Augen, und eine Wüste ist es gleich – eine Umkehrung durch Fremde. Die Tochter Zion ist übrig geblieben wie eine Hütte im Weinberg, wie eine Nachthütte im Gurkenfeld, wie eine belagerte Stadt.
Jesaja beschreibt hier, dass Israel, weil es die Zucht Gottes verwirft, unter das Gericht Gottes kommen wird. Das ist nicht dasselbe. Menschen verwechseln oft die Zucht Gottes mit dem Gericht Gottes. Wenn Gott uns züchtigt, dann aus Liebe, um uns zu sich zu ziehen. Aber es gibt auch das Gericht, und das ist definitiv.
Man kann das ein wenig vergleichen mit dem Jugendstrafrecht und dem Erwachsenenstrafrecht. Der Jugendanwalt in der Schweiz ist zugleich auch der Richter. Das finden manche im Ausland merkwürdig, aber es funktioniert dort gut. Der Jugendrichter verurteilt den Jugendlichen, aber nicht, um Gericht zu üben, sondern um ihn zurechtzubringen. Im Erwachsenenstrafrecht geht es nicht mehr in erster Linie um Zurechtbringung, sondern um Vergeltung.
So ist es auch bei Gott: Die Zucht ist Ausdruck seiner Liebe, das Gericht ist endgültig. Hier wird in prophetischer Vergangenheitsform ein wichtiger Aspekt der biblischen Prophetie beschrieben. Oft werden zukünftige Dinge in der Vergangenheitsform dargestellt.
Euer Land ist eine Wüste, aber die Leute zur Zeit Jesajas konnten noch sehen, dass das Land von Milch und Honig floss. Sie waren sich nur nicht mehr bewusst, woher das kam. Jesaja beschreibt, wie das Land verwüstet wird. So geschah es für die zehn Stämme im Jahr 722, als die Assyrer den Norden zerstörten. Später kamen die Babylonier um 600 v. Chr. und zerstörten den Süden. Auch nach der Kreuzigung Jesu verwüsteten die Römer das Land um das Jahr 70 und um das Jahr 135 n. Chr.
Das Gericht wird auch in der Endzeit wiederkehren, wenn die Masse Israels den Antichristen nach der Entrückung der Gemeinde annimmt. Dann wird Gott zulassen, dass der zukünftige Assyr, der König des Nordens, das Land verwüstet. Hier wird nicht spezifiziert, sondern einfach gesagt: Euer Land ist eine Wüste, eure Städte sind mit Feuer verbrannt. Es geht darum, dass das abgefallene Volk unter das Gericht Gottes kommt. In der Heilsgeschichte hat sich das an mehreren ausgeprägten Zeitpunkten wiederholt, aber der Grundsatz bleibt.
Vers 9 sagt: Wenn der Herr der Heerscharen uns nicht einen gar kleinen Überrest gelassen hätte, wären wir wie Sodom und Gomorra geworden. Gott hat in seiner Heilsgeschichte den Grundsatz, dass er im Gericht immer einen Überrest bildet, der ihm die Treue hält. Das war zu allen Zeiten so und wird auch in der Zukunft so sein, wenn der künftige Assyr kommt.
Wir können kurz Jesaja 37 lesen, das den Überrest beschreibt, der umkehren wird. In Vers 31 heißt es: Das Enttronnene vom Hause Juda, das übrig geblieben ist, wird wieder Wurzel schlagen und Frucht tragen. Von Jerusalem wird ein Überrest ausgehen, und ein Enttronnener wird vom Berg ziehen. Der Eifer des Herrn der Heerscharen wird solches tun.
Hier sehen wir, es gibt einen Überrest, genannt das Enttronnene vom Haus Juda. In Vers 32 wird nochmals von einem Überrest und einem Enttronnenen vom Berg Zion gesprochen. Interessant ist, dass dieser Überrest von Jerusalem ausgeht, vom Berg Zion, dem Tempelberg. Heute ist das besonders interessant, weil Israel den Tempelberg erst im Sechstagekrieg zurückeroberte. Man plant dort, einen Tempel zu bauen.
Der Überrest wird also nicht von Amerika kommen, wo heute die meisten bekehrten Juden leben. Diese werden bei der Entrückung mitgehen. Aber im Land Israel bekehrt sich prozentual deutlich weniger als in der Diaspora. Es ist einfacher, sich als Diasporajude zu bekehren als im Land Israel. Trotzdem bekehren sich viele, und es ist ein großes Fragen im ganzen Land feststellbar. Die große Entrückung wird nach dieser großen Bekehrung geschehen, nach der Entrückung. Das ist nicht das Verdienst des Menschen, sondern der Eifer des Herrn der Heerscharen wird solches tun. Gott tut das zu seiner Ehre.
Wir kommen immer wieder auf dieses Thema zurück. Vers 10 sagt: Hört das Wort des Herrn, Vorsteher von Sodom, horcht auf das Gesetz unseres Gottes, Volk von Gomorra. Hier spricht Gott zum König von Juda und bezeichnet ihn als Vorsteher von Sodom. Man könnte das auch auf einige Bürgermeister heute übertragen, die sich so outen. Es ist höchst aktuell: Wenn man den Schöpfergott aufgibt, wird man zu Sodom und Gomorra.
Im Weiteren wird der verdorbene Charakter des jüdischen Volkes zur Zeit Jesajas aufgezeigt. Dieser steht auch für den verdorbenen Charakter des Volkes zu allen Zeiten, wenn Gott gerichtet hat – bei Nebukadnezar, bei der Zerstörung Jerusalems durch die Römer und in der Endzeit bei einem abgefallenen Volk.
Manche sagen, das habe heute nichts mit Israel zu tun, da viele Juden Atheisten und Agnostiker seien, etwa 80 Prozent. Aber hier wird gezeigt, wie Gott im Gericht handeln wird. Gott verwirft auch die Religiosität, wenn das Leben voller Sünde ist und nicht in Ordnung gebracht wird. Er sagt, ich habe genug von euren Festen im Tempel. Auch heute wird gerne gefeiert, auch unter Christen. Aber man muss sich fragen: Wie sieht das Leben aus? Ist es geordnet vor Gott, oder lässt man die Dinge einfach stehen?
Vers 18 sagt: Kommt, lasst uns miteinander rechten, spricht der Herr. Wenn eure Sünden wie Scharlach sind, sollen sie weiß werden wie Schnee. Wenn sie rot sind wie Karmesin, sollen sie werden wie Wolle. Wenn ihr willig seid und hört, so sollt ihr das Gute des Landes essen. Wenn ihr euch aber weigert und widerspenstig seid, so sollt ihr vom Schwert verzehrt werden, denn der Mund des Herrn hat geredet.
Gott spricht zu Jerusalem, die er als Blutstadt darstellt (Kapitel 1). Er sagt, eure Sünden sind blutrot. Ich erinnere mich, wie ich mich als Kind fragte, warum nicht „schwarz“ steht, so wie wir es mit dem wortlosen Büchlein gelernt hatten. Dort wird das Herz als schwarz dargestellt, die nächste Seite zeigt, wie es weiß werden kann, wenn Gott durch das Blut Jesu vergibt.
Hier aber sagt Gott, eure Sünden sind rot wie Scharlach. Scharlach ist im Hebräischen Karmesin, eine Farbe, die durch das Zermahlen von Kermes-Würmern hergestellt wird und ein Blutrot ergibt. Das drückt aus, dass ihr schuldig geworden seid, Blutschuld auf euch geladen habt. Doch Gott sagt auch, es gibt Vergebung.
Aufgrund dieser Stelle hat der Hohepriester am Yom Kippur, dem großen Versöhnungstag, dem Sündenbock, der in die Wüste gehen sollte, einen Karmesinfaden um die Hörner gebunden. Nachdem der Hohepriester durch Handauflegung die Sünden Israels bekannt hatte, wurde der Sündenbock aus dem Tempel hinausgeführt und in die Wüste gejagt, bis er über eine Klippe stürzte.
Im Talmud, Traktat Sanhedrin 39b, wird berichtet, dass man immer wieder sah, wie der Faden weiß geworden war. Das verkündet: Gott hat unsere Schuld vergeben, sie sollen weiß werden wie Schnee. Doch in den vierzig Jahren vor der Zerstörung des Tempels blieb die Schnur rot. Das war ein Zeichen, dass Gott nicht vergibt.
Das Jahr siebzig war die Zerstörung des Tempels. Vierzig Jahre davor, also ab dem Jahr dreißig, geschah das nie mehr in Jerusalem. An jedem Jom Kippur blieb die Schnur rot. Man wusste, wir haben Blutschuld auf uns geladen, und Gott vergibt nicht.
Manche sagen, das sei eine Geschichte der Rabbiner, aber das wäre ein Eigentor. Es steht, dass in diesen vierzig Jahren vor der Zerstörung die Schnur rot blieb. Was hat die Volksmenge vor Pilatus geschrien? „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder.“ So blieb die Schnur rot.
Hier wird erklärt, dass Gott bereit ist, seinem Volk zu vergeben, sogar bei Blutschuld. Das ist eindrücklich. Ich erinnere mich, wie vor vielen Jahren eine Frau nach einem Vortrag in Deutschland zu mir kam und sagte: Meine Schnur war auch blutrot. Ich habe abgetrieben, aber ich habe Vergebung erlangt. Heute arbeite ich unter Frauen, die mit der gleichen Schuld belastet sind, und ich zeige ihnen, wie sie frei werden können, dass ihr Faden weiß wird wie Schnee.
Solche Worte bekommen eine unglaubliche Bedeutung, wenn Menschen Befreiung erleben von Dingen, die sie belasten. Das ist ein Tabu, das Postabortsyndrom, wie man es materialistisch nennt. Frauen, die abgetrieben haben, leiden oft sehr. Es gibt eine völlige Befreiung, und das müssen wir weitergeben.
In diesem ersten Kapitel, wo Gott die Schuld vorwirft, finden wir auf Schritt und Tritt Gnade und Vergebung Gottes.
Wir gehen weiter zu Kapitel 2, Vers 1: Das Wort, welches Jesaja, der Sohn Amots, über Juda und Jerusalem geschaut hat. Das ist ein neuer Teil, eine Überschrift. Auf dem Blatt steht: Gott widersteht dem Hochmütigen am Tag des Herrn, Kapitel 2,1-5,30. Das ist wieder ein Block, der eine Einheit bildet.
Es beginnt so: Es wird geschehen am Ende der Tage. Das ist ein Ausdruck, der in der Prophetie immer wieder vorkommt. Am Ende der Tage, das ist die Endzeit. Nicht die Zeit des Weltuntergangs, sondern die Zeit zwischen dem ersten und zweiten Kommen des Messias.
Die Endzeit ist die Zeit, wenn der Messias kommt, um auf dieser Erde zu herrschen. In der Prophetie ist es klar die Zeit, in der das jüdische Volk aus der weltweiten Zerstreuung heimkehrt ins Land der Väter, aber in unreinem Zustand. Gott wird dann einen Überrest herausbilden in der Not.
Es geht um die Endzeit, und es wird geschehen: Am Ende der Tage wird der Berg des Hauses des Herrn feststehen auf dem Gipfel der Berge und erhaben sein über die Hügel. Alle Nationen werden zu ihm strömen.
Wenn man in Israel eine Predigt hält und diesen Ausdruck „der Berg des Hauses“ vorliest, versteht jeder sofort, dass damit der Tempelberg gemeint ist. Auf Deutsch muss man das manchmal erklären: Der Berg des Hauses, das ist der Berg Zion, auf dessen Gipfel der Tempel Gottes gebaut war.
Alle Nationen werden zu ihm strömen, viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinaufziehen zum Berg des Herrn, zum Haus des Gottes Jakobs. Er wird uns belehren aus seinen Wegen, und wir wollen wandeln in seinen Pfaden, denn von Zion wird das Gesetz ausgehen und das Wort des Herrn von Jerusalem.
Er wird richten zwischen den Nationen und rechtsprechen vielen Völkern. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden und ihre Speere zu Winzermessern. Keine Nation wird gegen die andere das Schwert erheben, und sie werden den Krieg nicht mehr lernen.
Hier geht es um die Endzeit, wenn der Herr Jesus als König des Friedens kommen wird. Der Tempelberg wird erhaben sein, das heißt, der dritte Tempel wird gebaut werden. Das ist der Tempel, der in Hesekiel 40 bis 48 beschrieben wird, der Tempel im tausendjährigen Reich.
Alle Völker, der Überrest aus allen Völkern, der durch die große Drangsal hindurchgehen wird – das ist die unzählbare Schar in Offenbarung 7 – werden regelmäßig nach Jerusalem kommen. Der Herr Jesus wird König sein auf dem Thron Davids. So steht es auch in Lukas 1: Der Engel Gabriel sagte zu Maria, er wird auf dem Thron seines Vaters David sitzen und regieren.
So wird der Herr Jesus in Jerusalem regieren, wo vom Berg Zion die Weisung ausgehen wird. Auf dem Südabhang, der auffällig weit in Jerusalem reicht, war am oberen Ende der Davidstadt einst der Palast Davids, dessen Überreste vor einigen Jahren archäologisch gefunden wurden.
Dort wird der Herr Jesus regieren. Oben wird der Hesekiel-Tempel sein, und auf dem gleichen Berg auch sein Palast, wo er auf dem Thron Davids über die ganze Welt herrschen wird und Recht sprechen wird.
Es wird eine völlige Abrüstung geben, und es wird keine Rekrutenschule mehr geben, denn dort lernt man Krieg. Das wird endgültig vorbei sein.
Dann hört man das Volk Israel sprechen: Kommt, Haus Jakob, lasst uns wandeln im Licht des Herrn! Denn du hast dein Volk, das Haus Jakob, verstossen, denn sie sind voll dessen, was vom Morgenland kommt. Sie sind Zauberer gleich den Philistern und schlagen ein mit den Kindern der Fremden.
Ihr Land ist voll Silber und Gold, ihre Schätze sind unendlich, ihr Land ist voll Rosse, ihr Wagen ist kein Ende, und ihr Land ist voll Götzen.
Hier hört man den Überrest, der die anderen aufruft: Kommt aus Jakob, lasst uns wandeln im Licht des Herrn! Sie zählen ihre ganze Sündhaftigkeit auf.
Auch das ist sehr aktuell: Sie sind voll dessen, was vom Morgenland kommt. Was heißt das? Was ist das, was vom Morgenland kommt, vom Babylon? Dort ist die Wiege der Esoterik. Der Turm von Babel in 1. Mose 11 war ein abgöttischer Turm, eine Zikkurat, eine Rebellion gegen Gott und Hochmut: Lasst uns einen Namen machen!
Dort finden wir den Ursprung aller Abgötterei, Okkultismus, Wahrsagerei, Astrologie und so weiter. Sie sind voll von dem, was aus dem Morgenland kommt, könnte man auch heute sagen in unserer Gesellschaft.
Doch hier ist der Aufruf: Kommt aus Jakob, lasst uns wandeln im Licht des Herrn!
Weiter wird erklärt, wie das Gericht Gottes kommen wird. Vers 12: Denn der Herr der Heerscharen hat einen Tag über alles Hoffärtige und Hohe und über alles Erhabene. Es wird erniedrigt werden, über alle Zedern des Libanon, die Hohen und Erhabenen, über alle Eichen Basans, alle hohen Hügel, jeden hohen Turm, jede feste Mauer, alle Tarsischiffe und kostbaren Schauwerke.
Der Hochmut des Menschen wird gebeugt und die Hoffart des Mannes erniedrigt werden. Der Herr wird hocherhaben sein, er allein, an jenem Tag. Das ist der Tag des Herrn, der Tag des Gerichts.
Wenn der Herr Jesus kommt, wird er als Richter der Welt kommen und allen Stolz und Hochmut der Menschen erniedrigen.
Jetzt wieder die Anwendung: Wie ist das in meinem Leben mit Hochmut und Stolz, mit Ehre für sich selbst anstatt für Gott? Solche Abschnitte helfen uns, unser Leben im Licht eines heiligen Gottes zu ordnen, der Hochmut nicht erträgt.
So steht es auch in den Sprüchen und im 1. Petrusbrief: Gott widersteht dem Hochmütigen. Alles Stolze in dieser Welt wird gedemütigt werden.
In Kapitel 3 wird der Abfall in allen Farben beschrieben. Wir können nicht Vers für Vers durchgehen, sonst würden wir mit Jesaja jahrelang nicht fertig werden. Ich möchte aber einige Punkte herausgreifen.
Vers 4: Und ich werde Jünglinge zu ihren Fürsten machen, und Buben sollen über sie herrschen. Das Volk wird sich gegenseitig bedrücken, der eine den anderen und an jeder seinen Nächsten. Der Knabe wird frech auftreten gegen den Greis und der Verachtete gegen den Geehrten.
Hier wird beschrieben, dass die Ordnungen im sozialen Gefüge umgestürzt werden. Nicht mehr die Erfahreneren führen, sondern Jüngere herrschen und sagen, was die Alten sollen. Das ist eine Frechheit.
Natürlich sind ältere Menschen langsamer, aber Studien haben gezeigt, dass ältere Gehirne in einer Firma zwar langsamer entscheiden, aber meistens richtig. Die jüngeren sind schneller, aber oft falsch. Die Erfahrung des Lebens ist nicht immer bewusst, aber sie beeinflusst Entscheidungen.
Wir leben in einer Zeit, in der solche Umkehrungen stattfinden.
Vers 5: Der Knabe wird frech auftreten gegen den Greis, der Verachtete gegen den Geehrten. Die Unterschiede werden nicht mehr gesehen.
Das ist auch tief in der Ideologie der Linken verankert, die von unten her die Revolution machen und alles darüber stürzen wollen, egal was Gutes dabei verloren geht.
Über all dem kommt das Gericht am Tag des Herrn.
Vers 13: Der Herr steht da, um zu richten, er tritt auf, um die Völker zu richten. Er wird mit den Ältesten seines Volkes und dessen Fürsten Gericht halten.
Dann folgt das Thema Stil und Mode ab Vers 16, das sehr interessant ist. Der Text spricht für sich:
Der Herr sprach: Weil die Töchter Zions hoffärtig sind und mit gerecktem Hals und blinzelnden Augen einhergehen, mit ihren Fußspangen klirren, wird der Herr den Scheitel der Töchter Zions kahl machen und ihre Scham entblößen.
An jenem Tag wird der Herr den Schmuck der Fußspangen, Stirnbänder, Halbmonde, Ohrgehänge, Armketten, Schleier, Kopfbunde, Schrittkettchen, Gürtel, Riechfläschchen, Amulette, Fingerringe, Nasenringe, Prachtkleider, Oberröcke, Umhänge, Beutel, Handspiegel, Hemden, Turbane und Überwürfe wegnehmen.
Statt Wohlgeruch wird Moder sein, statt des Gürtels ein Strick, statt des Lockenwerks eine Glatze, statt des Prunkgewandes ein Kittel aus Sacktuch, Brandmal statt Schönheit.
Deine Männer werden durch das Schwert fallen, deine Helden im Krieg.
Die Bibel kennt kein Schmuckverbot. In 1. Timotheus 2, Vers 9 sagt Paulus, dass Frauen sich schmücken sollen, aber nicht mit Gold und prächtigen Kleidern, sondern mit der inneren Schönheit des Herzens, die sichtbar wird.
Auch in 1. Petrus 3 wird das betont. Es geht um das Maß. Wenn Schmuck vordergründig wird, überdeckt er die innere Schönheit, den verborgenen Menschen des Herzens, der vor Gott kostbar ist.
Sarah wird als Beispiel genannt, die innere Schönheit hatte. Sie war schön, und die Rabbiner loben sie in ihren Schriften. Als Abraham mit 65 nach Ägypten kam, wollte der Pharao sie heiraten. Mit 90 wollte Abimelech, König von Philistäa, sie heiraten.
Hier geht es nicht um innere Schönheit, sondern um Übertreibung und Aufgebauschtsein, das Gottes Urteil hervorruft.
Es ist bereits halb vier, Zeit für Kuchen. Wir wollen weitermachen.
In Kapitel 3 haben wir Hochmut, Stolz und die moralische Verdorbenheit Israels gesehen, die unter das Gericht Gottes kommen müssen.
Kapitel 2,1-4 gab uns einen Ausblick auf das tausendjährige Reich. Ab Vers 5 beschreibt es Hochmut und Verdorbenheit Israels durch Kapitel 3 hindurch. Kapitel 4 schließt inhaltlich direkt an.
In Vers 2 heißt es: An jenem Tage wird der Spross des Herrn zur Zierde und Herrlichkeit sein und die Frucht der Erde zum Stolz und Schmuck für die Enttronnenen Israels.
Wer in Zion übrig geblieben und in Jerusalem übrig gelassen ist, wird heilig heißen, jeder, der zum Leben eingeschrieben ist in Jerusalem.
„An jenem Tag“ ist ein typischer Ausdruck für die Endzeit, wenn der Messias als König der Welt kommt.
Der Spross des Herrn ist ein interessanter Ausdruck, der an mehreren Stellen vorkommt, zum Beispiel in Sacharja 3, wo der Messias genannt wird: Siehe, ich will meinen Knecht, Spross genannt, kommen lassen.
In Sacharja 6,12 heißt es: Siehe, ein Mann, sein Name ist Spross.
Das ist ein Wortspiel im Hebräischen, denn Jesus war bekannt als Jesus der Nazaräer, weil er die meiste Zeit seines Lebens in Nazareth verbrachte. Nazareth heißt auf Deutsch „Sprosslingen“, „Naetzer“ bedeutet Spross. Nazareth ist also „Sprosslingen“, und Jesus der Nazaräer ist Jesus der Spross.
Es gibt also eine Verknüpfung zu den Stellen, wo der Messias Spross genannt wird.
Der Ausdruck in Sacharja ist im Hebräischen „Zähmach“, ein Synonym für „Näzel“. Die Hebräer lieben Wortspiele, und so verbindet sich „Jesus der Nazaräer“ mit „Spross“.
Auch Jeremia 23,5 nennt den Messias einen gerechten Spross vom Hause David, der als König regieren wird.
Im Matthäusevangelium 1 steht, dass Joseph und Maria mit dem Kind aus Ägypten zurückkehrten. In Kapitel 2, Vers 22 heißt es, dass Joseph, als er hörte, dass Archelaus über Judäa herrschte, sich fürchtete, dorthin zu gehen, und stattdessen in Galiläa wohnte, in der Stadt Nazareth.
Damit erfüllte sich, was die Propheten gesagt hatten: Er wird Nazarener genannt werden.
Manche fragen, wo diese Bibelstelle steht. Die Propheten haben es gesagt: Jesaja nennt ihn Spross, Sacharja nennt ihn Spross, Jeremia nennt ihn Spross. Das ist die Erfüllung.
Joseph wollte eigentlich nach Judäa gehen, aber Archelaus herrschte dort, und so ging er nach Galiläa.
Das bestätigt, was in den Psalmen steht: Die Wut des Königs kann Gott preisen.
Zurück zu Jesaja 4, Vers 2: An jenem Tag wird der Spross des Herrn, der Spross des Ewigen, zur Zierde und Herrlichkeit sein.
Das ist der König.
So wird Jesus vorgestellt, besonders im Matthäusevangelium als König Israels. Darum beginnt das Evangelium mit dem königlichen Geschlechtsregister. Die Weisen aus dem Morgenland kommen und fragen: Wo ist der neugeborene König?
Im Markus-Evangelium wird Jesus besonders als der Knecht beschrieben. Die Geburt und Kindheit werden ausgelassen, gleich im Kapitel 1 beginnt sein Dienst. Das entspricht Sacharja 3: Siehe, mein Knecht, Spross genannt, wird kommen.
Im Lukas-Evangelium wird die Geburtsgeschichte am ausführlichsten beschrieben, geschrieben von einem Arzt.
Jesus Christus ist ein vollkommener Mensch, ein wirklicher Mensch. Siehe, ein Mann, sein Name ist Spross, Sacharja 6.
Im Johannesevangelium wird besonders betont, dass Jesus Christus ewiger Gott ist: Am Anfang war das Wort, das bei Gott war und Gott war.
Das zieht sich durch das ganze Evangelium hindurch: die Gottheit Christi.
Das entspricht hier dem Spross des Ewigen, der zur Zierde und Herrlichkeit sein wird und die Frucht der Erde zum Stolz und Schmuck für die Enttronnenen Israels.
Der Überrest wird durch das Gericht bewahrt bleiben und sich im Erlöser rühmen.
In Kapitel 2 und 3 hörten wir vom Stolz des Menschen, aber in 1. Korinther 1 heißt es am Schluss: Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn.
Das ist genau das, was hier steht: Der Herr Jesus wird ihre Zierde und Herrlichkeit sein, im Gegensatz zum Abschnitt, in dem der Mensch sich selbst in den Vordergrund drängt.
Vers 3: Wer in Zion übrig geblieben und in Jerusalem übrig gelassen ist, wird heilig heißen, jeder, der zum Leben eingeschrieben ist in Jerusalem.
Das ist der gläubige Überrest, ein Drittel der Bevölkerung, der übrig bleiben wird, gemäß Sacharja 13, Vers 8.
Wenn der Herr den Unflat der Töchter Zions abgewaschen und die Blutschulden Jerusalems aus dessen Mitte hinweggefegt hat, durch den Geist des Gerichts und den Geist des Vertilgens.
Hier hat der Heilige Geist eigentümliche Namen. Beim Bibelstudium lohnt es sich, die Namen Gottes zu sammeln, auch die Namen des Heiligen Geistes, um sein Wesen und Wirken zu verstehen.
Der Heilige Geist, der an anderer Stelle Geist der Gnade genannt wird, wird hier Geist des Gerichts und Geist des Vertilgens genannt. Seine Gerechtigkeit und Heiligkeit, die im Gericht zum Ausdruck kommen, werden besonders hervorgehoben.
Vers 5: Der Herr wird über jede Wohnstätte des Berges Zion und seine Versammlungen eine Wolke und einen Rauch bei Tage schaffen und den Glanz eines flammenden Feuers bei Nacht.
Über der ganzen Herrlichkeit wird eine Decke sein, eine Hütte zum Schatten bei Tage vor der Hitze und zur Zuflucht vor Sturm und Regen.
Was ist diese Wolke, der Rauch bei Tag und das flammende Feuer bei Nacht, das über dem Tempelberg sein wird?
Die Propheten stimmen überein: In Hesekiel 40-48 wird der dritte Tempel im tausendjährigen Reich beschrieben. Kapitel 43 beschreibt, wie die Schechina, die Wolke der Herrlichkeit Gottes, zurückkehren wird.
Die Schechina war die Wolkensäule des Tages und die Feuersäule bei Nacht, die schon nach dem Auszug aus Ägypten über der Stiftshütte war und später am Einweihungstag des Salomonischen Tempels kam und ihn erfüllte.
Sie blieb bis kurz vor der Zerstörung des Tempels 586 v. Chr. Dann verließ sie den Tempel durch das Osttor, das heutige Goldene Tor, und kam nie mehr zurück.
Als die Juden aus Babylon zurückkehrten und den zweiten Tempel bauten, kam die Wolke der Herrlichkeit nicht mehr zurück.
Hesekiel verheißt, dass in der Endzeit die Schechina in den dritten Tempel zurückkehren wird.
Jesaja zeigt hier, wie über dem Berg Zion die Wolken und Feuersäule im tausendjährigen Reich die Gegenwart Gottes anzeigen.
Kapitel 5 wechselt das Thema. Es heißt: Wollan, ich will singen von meinem Geliebten, ein Lied meines Lieben von seinem Weinberg.
Mein Geliebter hatte einen Weinberg auf einem fetten Hügel, grub ihn um, säuberte ihn von Steinen, bepflanzte ihn mit Edelreben, baute einen Turm in seine Mitte und hieb eine Kelter aus.
Er erwartete Trauben, aber er brachte wilde Trauben.
In Vers 7 wird erklärt: Der Weinberg des Herrn der Heerscharen ist das Haus Israel, und die Männer von Juda sind die Pflanzung seines Ergötzens.
Er wartete auf Recht, und siehe da, Blutvergießen; auf Gerechtigkeit, und siehe da, Wegeschrei.
Israel wird hier mit einem Weinberg verglichen.
Weinstöcke haben nur eine Existenzberechtigung: Frucht zu bringen.
In Hesekiel wird erklärt, dass man mit dem Holz des Weinstocks nichts anfangen kann, außer es zu verbrennen.
Der Sinn des Menschen auf Erden ist, für Gott Frucht zu bringen.
Wenn er keine Frucht bringt, hat er die Bestimmung seines Lebens verpasst.
Israel war eine besondere Weinbergpflanzung Gottes. Von diesem Volk erwartete er Frucht, aber sie brachten wilde Trauben, ungenießbare Früchte.
Deshalb wird das Gericht über dieses Volk verkündet.
Es gibt hier ein sechsfaches Wehe:
Vers 8: Wehe denen, die Haus an Haus reihen, Feld an Feld rücken, bis kein Raum mehr ist, und ihr allein sesshaft seid inmitten des Landes.
Das sind die Raffgierigen, die sich auf Kosten der anderen großen Reichtum anhäufen.
Das ist sehr aktuell.
Die Wirtschaftsordnung Israels war über jeden Kapitalismus und Kommunismus erhaben.
Kommunisten sagen: Eigentum ist Diebstahl – außer für hohe Funktionäre.
Die Bibel schützt das Privateigentum. Schon in den Zehn Geboten steht: Du sollst nicht stehlen.
Gott will das Privateigentum schützen.
Gleichzeitig hat Gott das Land Israel so verteilt, dass jede Familie ein Grundstück bekam.
Wenn jemand gezwungen war, Land zu verkaufen, galt das Gesetz des Jubeljahres (alle 50 Jahre), wonach das Land an die ursprüngliche Familie zurückgegeben werden musste.
Das verhinderte die Entstehung eines Proletariats, einer verarmten Masse ohne Land.
In den Jahren bis zum Jubeljahr konnte man zwar anhäufen, aber danach musste man wieder abgeben.
Das verhinderte bleibende Verarmung und übermäßigen Großgrundbesitz.
Natürlich kann man diese Wirtschaftsordnung nicht einfach auf die Schweiz übertragen.
Diese Gesetze galten für das auserwählte Volk Israel.
Gott zeigte damit seine Weisheit und lehnte sowohl Kommunismus als auch bösartigen Kapitalismus ab.
Das gibt uns eine andere Haltung gegenüber Reichtum und Armut.
Vers 11: Wehe denen, die des Morgens früh sich aufmachen, um starkem Getränk nachzulaufen und bis spät am Abend bleiben.
Der Wein erhitzt sie, und bei ihrem Gelage sind Laute, Harfe, Tamburin, Flöte und Wein.
Aber auf das Tun des Herrn schauen sie nicht.
Hier wird vor Alkoholmissbrauch gewarnt, der eine Form von Drogenmissbrauch ist.
Gott sagt nicht: „Ach, ihr armen Kranken“, sondern: Wehe!
Alkoholismus ist eine Verantwortungssünde.
Der Mensch wird dadurch schuldig vor Gott und muss umkehren, sonst gibt es keine wirkliche Heilung.
Vers 18: Wehe denen, die Ungerechtigkeit mit strickender Falschheit und Sünde wie mit Wagenseilen einherziehen und sagen: Er beeile sich, er beschleunige sein Werk, damit wir es sehen.
Der Ratschluss des Heiligen Israels möge herannahen und kommen, damit wir ihn erfahren.
Das sind die Übelsten, die spotten und sagen, Gott soll das Gericht bringen.
Solche Menschen kennen wir auch heute, die über die Wiederkunft Christi und ein kommendes Gericht spotten.
Vers 20: Wehe denen, die das Böse gutheißen und das Gute böse machen, Finsternis zu Licht und Licht zu Finsternis, Bitteres zu Süßem und Süßes zu Bitterem.
Das ist hochaktuell heute, diese Verdrehung der Werte.
Ich habe auf der Homepage der Atheisten „Freidenken“ gelesen, wie sie christliche Fundamentalisten als üble Leute darstellen, die für Todesstrafe sind und gegen Abtreibung.
Die Bibel sagt: Wer Menschenblut vergossen hat, dessen Blut soll vergossen werden.
Es geht um Mord.
Die Regierung trägt das Schwert nicht umsonst (Römer 13).
Vor kurzem hat ein Jugendlicher an einem Gymnasium einen Anschlag verübt. Die Polizei schoss fünfmal in seine Brust, tötete ihn nicht, setzte ihn außer Gefecht.
Hat die Regierung das Recht? Ja.
Ohne Schwertgewalt der Regierung würde Gesetzlosigkeit überhandnehmen.
Abtreibung ist etwas anderes.
Hier werden unschuldige Menschen getötet.
Die WHO gibt an, dass jährlich weltweit 40 Millionen Babys abgetrieben werden, ein Viertel aller Schwangerschaften.
Seit 1973 sind weltweit mehr als eine Milliarde Babys getötet worden.
Das ist wirklich Wehe denen, die das Böse gutheißen und das Gute böse machen.
Fundamentalistische Christen sind gegen Homosexualität – eine weitere Verdrehung von Licht und Finsternis.
Vers 21: Wehe denen, die in ihren Augen weise und selbstverständlich sind.
Vers 22: Wehe denen, die Helden sind, um Wein zu trinken, und tapfere Männer, um starkes Getränk zu mischen, die den Gesetzlosen um ihres Geschenkes willen gerecht sprechen und die Gerechtigkeit der Gerechten entziehen.
Auch hier wird Ungerechtigkeit angeprangert, wenn man sich Vorteile verschafft und nicht nach Wahrheit und Gerechtigkeit handelt.
Vers 24: Denn sie haben am Schluss das Gesetz des Herrn der Heerscharen verworfen und das Wort des Heiligen Israels verschmäht.
Darum ist der Zorn des Herrn gegen sein Volk entbrannt.
Sie haben das Wort Gottes verworfen. Das kann man eins zu eins auf das christliche Abendland übertragen.
Es kommt zu einer Verdrehung von Moral und Recht, weil die Bibel verworfen wurde.
Das Gericht Gottes muss kommen.
Das wird in den weiteren Versen beschrieben.
Damit schließt dieser Teil: Gott widersteht dem Hochmütigen am Tag des Herrn.
Jetzt kommt drittens die Vision von der Herrlichkeit des Herrn, Kapitel 6,1-13.
Im Todesjahr des Königs Usija sah ich den Herrn sitzen auf hohem und erhabenem Thron, und seine Schleppen erfüllten den Tempel.
Seraphim standen über ihm, jeder von ihnen hatte sechs Flügel: Mit zweien bedeckte er sein Angesicht, mit zweien seine Füße, und mit zweien flog er.
Einer rief dem anderen zu: Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heerscharen! Die ganze Erde ist voll seiner Herrlichkeit.
Die Grundfesten der Schwellen erbebten von der Stimme der Rufenden, und das Haus wurde mit Rauch erfüllt.
Dieser Rauch ist die Schechina, die im salomonischen Tempel war.
Jesaja hatte eine Vision des Herrn im Tempel, im Allerheiligsten.
Obwohl er kein Hoherpriester war und niemand ins Allerheiligste gehen durfte, hatte er eine Schau, in der er Gott über der Bundeslade sah.
Im salomonischen Tempel gab es Cherubim, zwei Engel aus einem Stück, aus dem Deckel der Bundeslade gearbeitet.
Salomo ließ zwei weitere Cherubim aus Olivenholz machen, überzogen mit Gold, insgesamt vier Cherubim um den Thron Gottes.
Die Bibel sagt, Gott thronte zwischen den Cherubim.
Psalm 80, Vers 1 und 2 sind hilfreich: Hirte Israels, nimm zu Ohren, der du Josef leitest wie eine Herde, der du thronst zwischen den Cherubim, strahle hervor.
Im Allerheiligsten war Licht zu sehen, obwohl der Raum dunkel war. Gott strahlte zwischen den Cherubim hervor.
Hier werden die Cherubim Seraphim genannt, was „brennende“ bedeutet.
Seraphim sind brennende Engel, die die Heiligkeit Gottes ausdrücken.
Cherubim oder Seraphim sind Engel, die Gottes Gerechtigkeit verteidigen.
Schon im Garten Eden versperrten Cherubim mit flammendem Schwert den Weg zum Baum des Lebens für den Sünder.
Sie kämpfen für Gottes Gerechtigkeit und verkünden sie.
Vers 3: Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heerscharen! Die ganze Erde ist voll seiner Herrlichkeit.
Dieses Heilig, heilig hat Schubert wunderbar vertont.
Jesaja war Prophet und erhielt diese Vision der Herrlichkeit Gottes im Allerheiligsten.
Das war überwältigend.
Vers 5 zeigt die Reaktion: Wehe mir, denn ich bin verloren! Ich bin ein Mann unreiner Lippen, und inmitten eines Volkes unreiner Lippen wohne ich, denn meine Augen haben den König, den Herrn der Heerscharen, gesehen.
Jesaja sieht die Herrlichkeit Gottes und wird sich seiner Unreinheit bewusst.
Das ist wichtig im Leben des Gläubigen.
Es geht hier nicht um Bekehrung, sondern um einen Moment, in dem Jesaja die größte Majestät und Heiligkeit Gottes erkennt.
Solche Erfahrungen finden wir auch bei anderen Menschen in der Bibel: Johannes auf Patmos fällt vor Jesus wie tot zu Boden, als er ihn sieht.
Saulus sieht bei seiner Bekehrung ein Licht, das den Glanz der Sonne übertrifft.
Hesekiel sieht in Kapitel 1 die Herrlichkeit des Herrn und fällt auf den Boden, betet an.
Auch im Buch Daniel gibt es Beispiele von Menschen, die von Gottes Herrlichkeit überwältigt werden.
Diese Erfahrungen prägen ihren Dienst.
Wir brauchen heute keine Visionen mehr zu suchen, denn die Bibel ist abgeschlossen.
Petrus sagt in 1. Petrus 1, dass wir Jesus lieben, obwohl wir ihn nicht gesehen haben.
Schon in biblischer Zeit war es nicht normal, den Herrn zu sehen.
Heute ist das Wort Gottes abgeschlossen, und wir können durch das Lesen der Heiligen Schrift mit den inneren Augen des Herzens die Herrlichkeit des Herrn sehen.
So können wir überwältigt werden, wie Jesaja.
Dann sehen wir uns selbst: Wehe mir, ich bin verloren, ein Mann unreiner Lippen.
Plötzlich merkt der Prophet, dass nicht alle seine Worte gottgemäß sind.
Ein aktuelles Wort aus Titus 2: Der Apostel Paulus erklärt, wie Titus die Gläubigen anweisen soll.
Vers 6: Die Jünglinge ermahne, besonnen zu sein, indem du dich selbst als Vorbild guter Werke darstellst, in der Lehre unverderblich, würdig, ernst, gesund in der Rede, damit der Gegner sich schäme, nichts Schlechtes über uns zu sagen hat.
Der Ausdruck „gesunde, nicht zu verurteilende Rede“ ist interessant.
Manche Prediger sprechen heute unflätig, was nicht zu Gottes Größe passt.
Jesaja sieht Gottes Größe und sagt: Wehe mir, ich bin unreiner Lippen.
Vers 6: Einer der Seraphim flog zu mir, hatte in der Hand eine glühende Kohle, die er mit der Zange vom Altar nahm, berührte meinen Mund damit und sprach: Siehe, dieses hat deine Lippen berührt. Deine Ungerechtigkeit ist gewichen, deine Sünde gesühnt.
Der Altar ist der Ort der Opfer, wo Feuer die Opfer verzehrt.
Das Opferfeuer wird nun auf Jesaja angewandt; er braucht Vergebung der Lippen.
Vers 8: Ich hörte die Stimme des Herrn: Wen soll ich senden? Wer wird für uns gehen?
Ich sprach: Hier bin ich, sende mich!
Jesaja, bereits ein Prophet, nimmt die Vergebung an und gibt sich neu zum Dienst hin.
Interessant ist, dass es heißt: Wer wird für uns gehen? Das „uns“ weist auf die Dreieinigkeit Gottes hin.
Wie in 1. Mose 1: Lasst uns Menschen machen in unserem Bild.
Gott spricht nicht zu Engeln, sondern als Vater, Sohn und Heiliger Geist.
So haben wir im Alten Testament zahlreiche Hinweise auf die Trinität.
Vers 9: Der Herr sagt: Dein Auftrag ist schwierig, denn das Volk, zu dem ich dich sende, ist schwierig.
Gehe hin und sprich zu diesem Volk: Hörend hört es und versteht nicht, sehend sieht es und erkennt nicht.
Mache das Herz dieses Volkes fett, die Ohren schwer, verklebe die Augen, damit es nicht sehe, höre, verstehe, umkehre und geheilt werde.
Gott kündigt an, dass Israel verstockt sein wird.
Sie können Gottes Wort hören, aber nicht verstehen, sehen, aber nicht wahrnehmen; sind blind.
Diese Prophetie nimmt Jesus im Neuen Testament auf, in Matthäus 12.
Jesus hatte öffentlich gepredigt und Wunder getan.
In Matthäus 12,22 heilte er einen Besessenen, der blind und stumm war.
Das Volk reagierte: Das kann nicht der Sohn Davids sein, der Messias.
Die Pharisäer sagten, er tue das durch Beelzebub, den Obersten der Dämonen.
Das war schwerwiegend, denn die Pharisäer versuchten Exorzismus, wie wir aus dem Talmud wissen.
Sie sagten, man müsse den Dämon nach seinem Namen fragen, um ihn auszutreiben.
Jesus tat das bei dem Gadarener, der von einer Legion besessen war.
Bei einem stummen Besessenen war das nicht möglich.
Die Pharisäer lehnten Jesus ab und bezeichneten sein Werk als Teufelswerk.
Jesus sagte, wer den Heiligen Geist lästert, dem wird nicht vergeben, weil es eine endgültige Ablehnung der Gnade ist.
Das kann ein Kind Gottes nicht tun, man muss keine Angst haben.
Kapitel 13, Vers 10: Die Jünger fragten Jesus, warum er in Gleichnissen zu ihnen spricht.
Jesus antwortete: Euch ist gegeben, die Geheimnisse des Himmelreichs zu wissen, ihnen aber nicht.
Wer hat, dem wird gegeben, wer nicht hat, dem wird genommen.
Darum rede ich in Gleichnissen, weil sie sehend nicht sehen und hörend nicht hören und nicht verstehen.
So wird Jesajas Weissagung erfüllt: Mit Gehör hört ihr und versteht nicht, sehend seht ihr und nehmt nicht wahr, denn das Herz ist dick geworden, die Ohren schwer, die Augen geschlossen, damit sie nicht umkehren und geheilt werden.
Den Jüngern aber ist es gegeben, zu sehen und zu hören.
Viele Propheten und Gerechte haben begehrt, zu sehen und zu hören, was die Jünger sehen und hören, konnten es aber nicht.
Jesus macht einen Bruch gegenüber den Ablehnenden.
Diese Verse aus Jesaja 6 werden auch in der Apostelgeschichte zitiert.
Das Gericht über die Ablehnung des Messias ist die Verblendung.
Paulus schreibt in Römer 11,25, dass Israel zum Teil Verstockung widerfahren ist.
Das betrifft den größeren Teil, der den Messias ablehnt.
Das setzte sich fort im ersten bis fünften Jahrhundert.
Judenmission war frustrierend, es kamen immer wieder Juden zum Glauben, aber wenig.
Paulus ist ein Überrest, der umkehrt.
Diejenigen, die nicht wollen, werden verstockt.
In der Reformation, als die Gnade Gottes leuchtete, verließen viele Nonnen und Mönche ihre Klöster.
Luther hoffte auf ein Wunder bei den Juden, wurde aber frustriert.
Er versündigte sich schwer durch unflätige Auswüchse gegen Juden.
Das war Frustration über die mangelnde Bekehrung.
Heute muss man das erklären und einordnen.
Im 19. Jahrhundert begann die zionistische Bewegung.
Viele Juden, auch Rabbiner, bekehrten sich.
Sie schrieben Bücher und argumentierten aus den eigenen Schriften, dass Jesaja 53 vom leidenden Messias spricht.
Das führte zu vielen Bekehrungen unter Juden, wie seit der frühen Zeit nicht mehr.
Das geht heute weiter.
In der Schweiz ist das weniger sichtbar, aber in Kanada und den USA gibt es viele bekehrte Juden.
Jesaja 6,11: Jesaja fragt, wie lange die Verstockung Israels dauert.
Gott antwortet: Bis die Städte verwüstet sind ohne Bewohner, die Häuser ohne Menschen, das Land öde verwüstet ist.
Der Herr hat die Menschen weit entfernt, viele verlassene Orte sind im Land.
Ist noch ein Zehntel darin, wird er wieder vertilgt, gleich der Terebinthe und der Eiche.
Wenn sie gefällt sind, bleibt ein Wurzelstock, ein heiliger Same ist sein Wurzelstock.
Jesaja will wissen, wie lange die Verblendung dauert.
Gott sagt, sie dauert, bis das Land entvölkert wird.
Jesus nennt Jesaja 6 die Erfüllung der Verstockung.
Paulus zitiert Jesaja 6 in der Apostelgeschichte 28, um den Widerstand der Judenmission zu erklären.
Im Jahr 70 zerstörten die Römer Jerusalem. Über eine Million Juden starben.
Es gab Fluchtwellen nach Babylonien, dem heutigen Irak.
Der zweite Aufstand unter Bar Kochba wurde brutal niedergeschlagen, mit weiteren hohen Verlusten.
Wieder flüchteten viele Juden nach Babylonien.
Im 3. und 4. Jahrhundert gab es noch jüdische Gemeinden mit gewissem Wohlstand.
Sie hatten keine Autonomie, waren unterdrückt von Fremdvölkern.
Im 7. Jahrhundert kamen die Muslime kurz nach dem Tod Muhammads.
Dann kamen die Kreuzzüge mit Massakern an Juden.
Das Land wurde immer mehr entjudaisiert und entvölkert.
Der Tiefpunkt war um 1800 mit nur 5000 Juden im Land.
Das war auch die Zeit des Zionismus.
1882 kam die erste Alija-Welle aus Russland, gefolgt von weiteren bis heute.
Jesaja sagt, wie lange die Verstockung dauert: Bis die Städte verwüstet sind ohne Bewohner, die Häuser ohne Menschen, das Land öde verwüstet.
Der Herr hat die Menschen weit entfernt bis nach Amerika.
Viele verlassene Orte sind im Land.
Ein Zehntel ist noch zu viel.
Dann wird es wieder vertilgt.
Der Wurzelstock bleibt, die Hoffnung für die Zukunft.
Es gab immer eine jüdische Bevölkerung im Land, auch wenn die Masse zerstreut war.
Die wichtigsten Orte waren Jerusalem, Hebron, Tiberias und Safed.
Der Kontakt zum Land ist nie abgebrochen.
So ist es wie bei einem Baum, der abgeschnitten wird, aber ein Wurzelstock bleibt.
Die Einwanderer ergänzten den Wurzelstock, der wieder ausschlagen konnte.
Jesaja fragt, wie lange die Verstockung dauert, und Gott sagt: Solange, wie das Land entvölkert wird.
Im 19. Jahrhundert begann die Rückkehr der Juden weltweit und viele Bekehrungen.
Das ist die Erfüllung der biblischen Prophetie.
Zum Schluss ein Beispiel, was Verstockung bedeutet.
In Daniel 9 gibt es die Prophetie mit den Jahrwochen, in der genau berechnet wird, dass Jesus Christus im Jahr 32 n. Chr. kommen musste, getötet wird und Jerusalem und der Tempel zerstört werden.
Was sagen Juden dazu?
Mosche ben Maimon, ein großer Rabbi des 12. Jahrhunderts, schrieb einen Brief an die Gemeinde in Jemen, die Probleme mit einem falschen Messias hatte.
Er schrieb, dass Daniel die Wissenschaft der Zahlen mitgeteilt hat, die Jahrwochen.
Die Weisen segneten, dass man diese Zahlen nicht nachrechnen soll, um den einfachen Leuten keinen Fallstrick zu legen.
Sie beteten, dass, wer es doch rechnet, dass seine Rechnung zunichte geht und sein Gemüt zerspringe.
Statt zu sagen, die Zeiten sind abgelaufen und der Messias ist gekommen, herrscht Verblendung.
Das ist zermürbend, wenn man mit Menschen über den Glauben spricht.
Man kann alles schön erklären, aber sie sagen: Ich glaube an Evolution.
Es ist keine Frage der Vernunft, sondern geistlicher Verblendung.
Das kann uns ruhiger machen.
Manchmal möchte man explodieren: Wieso sehen sie es nicht?
Aber wir müssen es akzeptieren.
Gott gibt Licht, wenn er will, aber wenn das Herz nicht will, kommt Verblendung.
Ein Mitschüler sagte mir einmal ehrlich: Ich würde es auch nicht glauben, selbst wenn es wahr wäre.
Später bestritt er das.
Das ist der Punkt: Es geht nicht.
Wir dürfen stoppen.
Gott gibt das Licht, wenn er will.
Wenn sein Herz nicht will, sieht man nichts.
Blaise Pascal schrieb in seinem Buch „Pensées“: Es gibt genügend Licht für die, die sehen wollen, und genügend Finsternis für die, die nicht sehen wollen.
So lernen wir in Jesaja 6 etwas Wichtiges: Das Geheimnis der Verblendung bei Menschen, die nicht wollen und nichts mehr sehen.
Wir müssen ruhig werden.
Denken wir an heute Morgen, Matthäus 11: Schild, Bethsaida, Chorazin und Kapernaum, die Städte, wo die meisten Wunder geschahen.
Sie glaubten nicht, und Jesus sagte: Wehe euch!
Damit möchte ich schließen.
Kapitel 6 bis 12 machen wir beim nächsten Mal.
Es wäre schade gewesen, einfach so darüber zu eilen.
Matthäus 11, Vers 25: Zu jener Zeit hob Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde.
Jesus betet als Mensch auf der Erde.
Können wir dann noch anbeten? Ja, wir lernen warum.
Er sagt: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies vor Weisen und Verständigen verborgen hast und es den Unmündigen geoffenbart hast.
Vater, so war es wohlgefällig vor dir.
Jesus sagt, die Stolzen und Weisen werden verblendet.
Die Unmündigen, die merken, dass sie Gottes Hilfe brauchen, denen wird es offenbart.
So entsteht die Scheidung.
Der Herr Jesus sagt: Alles ist mir übergeben von meinem Vater.
Niemand erkennt den Sohn außer dem Vater, und niemand den Vater außer dem Sohn und denen, denen der Sohn ihn offenbaren will.
Der Sohn offenbart den Vater denen, die wollen.
Amen.
